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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 10.10.2008
Aktenzeichen: 5 OA 320/08
Rechtsgebiete: BDG, GKG, NDO, NDiszG, ZPO


Vorschriften:

BDG § 6 Abs. 2
GKG § 52 Abs. 1
GKG § 53 Abs. 3 Nr. 1
NDO § 6 Abs. 2
NDO § 124
NDiszG § 7
NDiszG § 18 Abs. 2 S. 1 Nr. 2
NDiszG § 32 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
ZPO § 78 b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Antragsteller hatte begehrt, der Antragsgegnerin im Weg der einstweiligen Anordnung zu untersagen, eine schriftliche Missbilligung, in der ihm ein Dienstvergehen zur Last gelegt wird, vor einer rechtskräftigen Hauptsacheentscheidung über deren Rechtmäßigkeit in seine Personalakte aufzunehmen.

Die gemäß den §§ 32 Abs. 2 RVG, 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthafte Beschwerde seiner Prozessbevollmächtigten gegen die in erster Instanz vorgenommene Streitwertfestsetzung auf 300 EUR ist zulässig, aber unbegründet.

Zu Unrecht meinen die Beschwerdeführer, der Streitwert hätte deshalb nicht auf der Grundlage der §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG, sondern gemäß § 52 Abs. 2 GKG [i. V. m. § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG] festgesetzt werden müssen, weil es sich im vorliegenden Falle um keine disziplinarrechtliche, sondern um eine beamtenrechtliche Streitigkeit handele, sodass die Festsetzung dieses Wertes - anders als in Disziplinarverfahren (vgl. Teil 6, Abschnitt 2, des Vergütungsverzeichnisses [Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG]) - auch Bedeutung für die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren habe, die bei einem Streitwert von 300 EUR in Anbetracht des hier gegebenen Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit unwirtschaftlich gering seien. Die Wertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG hat nämlich trotz ihrer Auswirkungen auf die anwaltliche Vergütung in erster Linie mit Blick auf die Gerichtsgebühren zu erfolgen. In gerichtlichen Disziplinarverfahren der Landesbeamten ist sie gemäß § 71 Abs. 1 NDiszG nach denselben Grundsätzen vorzunehmen wie in denjenigen Verfahren, die das Landesbeamtenrecht betreffen. Deshalb ist eine beide Rechtsgebiete übergreifende Stimmigkeit der Wertfestsetzungen anzustreben. Weil eine schriftliche Missbilligung, in der dem Beamten ein Dienstvergehen zur Last gelegt wird, ebenfalls ein Mittel darstellt, das im weiteren Sinne der Disziplinierung dient, dieses Mittel aber im Verhältnis zu einem Verweis das mildere ist, kann folglich nicht beanstandet werden, dass sich das Verwaltungsgericht für seine Wertfestsetzung an der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 30. 4. 2008 - 20 AD 7/07 -, veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit) orientiert hat, die den Streitwert im Falle der Anfechtung eines Verweises betrifft. Das gilt umso mehr, als fraglich ist, ob Missbilligungen, in denen einem niedersächsischen Landesbeamten ein Dienstvergehen zur Last gelegt wird, seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung des niedersächsischen Disziplinarrechts vom 13. Oktober 2005 (Nds. GVBl. 2005, 296) weiterhin als eine zulässige Handlungsform angesehen werden können (verneinend: Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, Stand: Juli 2008, § 6 BDG Rn. 31 unter Hinweis auf die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, LT-Drucks. 15/1130, S. 49, Zu § 7), und ob nicht vielmehr seit der Neuordnung in denjenigen Fällen, in denen eine schriftliche Rüge wegen eines Dienstvergehens als unverzichtbar erscheint, als mildestes Mittel nur noch der Verweis in Betracht kommt. Nicht wenig spricht nämlich dafür, dass der Landesgesetzgeber, indem er - trotz entgegenstehender Vorschläge im Anhörungsverfahren - auf eine den §§ 6 Abs. 2, 124 NDO oder dem § 6 Abs. 2 BDG entsprechende Regelung in dem Niedersächsischen Disziplinargesetz verzichtet hat, zum Ausdruck bringen wollte, dass in denjenigen Fällen, in denen in der Vergangenheit trotz Feststellung eines Dienstvergehens das Disziplinarverfahren eingestellt wurde (§ 27 Satz 1 NDO), künftig neben einer solchen Einstellung eine schriftliche Missbilligung nicht mehr zulässig sein soll, in der dem Beamten ein Dienstvergehen zur Last gelegt wird. Wäre aber eine schriftliche Missbilligung, in der dem Beamten ein Dienstvergehen zur Last gelegt wird, namentlich in den Fällen des § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NDiszG unzulässig, so dürfte für die Fälle des § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 NDiszG nichts anderes gelten, weil die Breite der Reaktionsmöglichkeiten des Dienstherrn nicht davon abhängen kann, ob schon vor einem Disziplinarverfahren oder erst in dessen Verlaufe feststeht, dass eine Disziplinarmaßnahme nicht angezeigt erscheint. Soweit aus den Gesetzesmaterialien (a. a. O.) ersichtlich ist, dass es weiterhin möglich sein soll, außerhalb des Disziplinarrechts ein Verhalten nach allgemeinen beamtenrechtlichen Regelungen zu rügen, und dabei vorausgesetzt wird, dass Unterlagen in die Personalakte aufgenommen werden, deren Entfernung aus derselben sich nach § 101f Abs. 1 NBG beurteilt, müsste das dann allerdings nur auf schriftliche Missbilligungen bezogen werden, in denen dem Beamten ein Dienstvergehen nicht zur Last gelegt wird, sowie auf solche Unterlagen, aus denen ein Verhalten oder Dienstvergehen erkennbar wird, welches lediglich zu einer mündlichen Rüge geführt hat. Dies alles bedarf hier aber keiner abschließenden Klärung.

Ohne Erfolg machen die Beschwerdeführer des Weiteren geltend, Streitwertfestsetzungen in der beanstandeten Höhe führten zu einer "faktischen Rechtsschutzverweigerung", da ein Beamter bei einem Streitwert von 300 EUR keinen Rechtsanwalt finden werde, der bereit sei, ihn in einem Verfahren wegen einer schriftlichen Missbilligung zu vertreten. Denn zum einen bleibt es den betroffenen Beamten unbenommen, mithilfe einer Vergütungsvereinbarung (§ 3a RVG), die sich beispielsweise an die gesetzlichen Bestimmungen über die Höhe der anwaltlichen Vergütung für die Tätigkeit in einem Disziplinarverfahren anlehnen könnte, einen Rechtsanwalt für ihre Vertretung zu gewinnen, und zum anderen ist - soweit ein Vertretungszwang besteht - gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 78b ZPO die Möglichkeit der Beiordnung eines Notanwalts gegeben (vgl. Hartmann, in: Baumbach u. a., ZPO, 65. Aufl. 2007, § 78b Rn. 9).

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