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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.03.2008
Aktenzeichen: 7 KS 158/04
Rechtsgebiete: BImSchG, GG, VwVfG


Vorschriften:

BImSchG § 41
GG Art. 3 Abs. 1
VwVfG § 74 Abs. 2 S. 2
VwVfG § 75 Abs. 2 S. 2
1. Die nachträgliche Errichtung von Schallschutzbauten an einer Autobahn ist ihrerseits keine nach § 41 BImSchG potentiell Schallschutz auslösende Änderung einer öffentlichen Straße (wie BVerwGE 97, 367).

2. Ansprüche auf Verkehrslärmschutz nach § 41 BImSchG setzen grundsätzlich den Besitz einer dem dauernden Aufenthalt von Personen dienenden baulichen Anlage voraus.

3. Entscheidet sich die Planfeststellungsbehörde zu einer Lärmsanierung, unterliegt sie dabei dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung.

4. Voraussetzung eines Anspruchs auf Gewährung nachträglichen Lärmschutzes nach § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG unterhalb der Schwelle der Lärmsanierung ist, dass der Betroffene bereits nach der dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss zugrundeliegenden Rechtslage objektiv einen Anspruch auf Schutzvorkehrungen gehabt hätte (wie BVerwGE 128, 177). Ein Anspruch ist ausgeschlossen, wenn die Straße vor dem 7. Juli 1974 planfestgestellt worden ist.

5. Die Erheblichkeitsschwelle für die Beurteilung von Lärmauswirkungen liegt im Rahmen des § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG bei einer Überschreitung des ursprünglich korrekt ermittelten Beurteilungspegels um mindestens 3 dB(A).


Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Errichtung und Verlängerung einer 4,00 m hohen Lärmschutzwand auf der Südseite der Bundesautobahn (BAB) A 28 in Oldenburg-Osternburg im Bereich von Streckenkilometer 84,3000 bis 86,293. Er ist seit dem 19.02.1986 Eigentümer eines Grundstücks, das etwa 329 m südwestlich dieses Abschnitts der Fahrbahn liegt und auf dem ein Wohnhaus steht, das nach übereinstimmender Angabe der Beteiligten nach 1979 genehmigt und gebaut worden ist.

Mit Planfeststellungsbeschluss (PfB) vom 20.04.1971, geändert und ergänzt durch PfB vom 05.07.1973, stellte das (seinerzeitige) Niedersächsische Landesverwaltungsamt den vierspurigen Ausbau u.a. des zuvor bezeichneten Straßenabschnitts fest, der am 02.12.1974 für den Verkehr freigegeben wurde.

Durch PfB der (seinerzeitigen) Bezirksregierung (BR) Weser-Ems vom 28.05.1979 wurden die vorgenannten Planfeststellungsbeschlüsse durch Anordnungen von Lärmschutz - Errichtung einer 2,5 m hohen Lärmschutzwand - ergänzt. Der PfB enhält die Klausel: "Bei Inkrafttreten des Verkehrslärmschutzgesetzes werden die Schallschutzmaßnahmen (aktiver bzw. passiver Schallschutz) den dann geltenden Bestimmungen angepasst, sofern letztere geringere Immissionsgrenzwerte beinhalten sollten gegenüber denen, von denen der vorliegende Beschluss ausgeht".

Unter dem 11.08.2000 beantragte das (seinerzeitige) Straßenbauamt Oldenburg unter Bezugnahme auf den letztgenannten PfB die Planfeststellung ergänzender aktiver und passiver Schallschutzmaßnahmen (Lärmvorsorge) an der BAB A 28 im Abschnitt Str.-km 84,300 bis Str.-km 86,293.

Der Plan lag vom 22.01.2001 bis zum 23.02.2001 öffentlich aus; Einwendungen konnten bis zum 09.03.2001 erhoben werden. Mit einer am 06.03.2001 eingegangenen Sammeleinwendung, die auch von ihm unterzeichnet worden ist, machte der Kläger von dieser Möglichkeit Gebrauch. In dem Schreiben beklagte er wie die anderen südlich der Autobahn wohnenden Einwender die starke Verkehrszunahme auf der Autobahn sowie auf der nahen Bremer Heerstraße und forderte aktiven Schallschutz auch auf der Südseite.

Die (seinerzeitige) BR Weser-Ems stellte den Plan - Verlängerung der bestehenden 780 m langen und 2,50 m hohen nördlichen Lärmschutzwand und Gewährung von passivem Schallschutz im Übrigen - mit PfB vom 20.04.2004 fest ("2. Planfeststellungsergänzungsbeschluss für aktive und passive Lärmschutzmaßnahmen [Lärmvorsorge] an der BAB A 28 in Oldenburg-Osternburg von Str.-km 84,300 bis 86,293, Stadt Oldenburg"). Sie änderte das Konzept des Vorhabensträgers teilweise dahin, dass sie die Höhe der neuen Lärmschutzwand zwischen Str.-km 85,640 und Str.-km 86,040 einschließlich der Abschnitte an den Auf- und Abfahrten der Anschlussstelle (AS) Oldenburg-Osterburg (Nord) mit 4,00 m bestimmte. Die Forderung nach weitergehenden Schallschutzmaßnahmen, insbesondere einer Verlängerung und Erhöhung der auf der Südseite zwischen Str.-km 84,300 und Str.-km 85,700 vorhandenen 2,5 m hohen Lärmschutzwand, wies sie zurück.

Zur Begründung führte sie aus, der Vorhabensträger gewähre Lärmvorsorge für die Autobahn im hier angesprochenen Bereich wie bei einem Neubau der Strecke, wobei er in der Nachbarschaft die Bebauungssituation zugrunde lege, wie sie vor dem März 1979 bestanden habe. Rechtsansprüche von Nachbarn auf Lärmschutz gebe es nicht, weil die Autobahn in diesem Abschnitt bereits vor Inkrafttreten des 2. Fernstraßenänderungsgesetzes am 07.07.1974 bestandskräftig planfestgestellt gewesen sei, aber erst mit dem dann in Kraft getretenen damaligen § 17 Abs. 6 S. 2 FStrG nachträgliche Ansprüche auf Schallschutz eingeräumt worden seien. Die mit PfB vom 28.05.1979 festgestellten Schallschutzmaßnahmen seien freiwillig gewährt worden. Was die Auswirkungen der nunmehr auf der Nordseite vorgesehenen Schallschutzwand auf die südlich des Autobahnabschnitts gelegenen Anwesen anbelange, sei zusätzlicher wahrnehmbarer Lärm durch sie ausgeschlossen, weil die Wand hochabsorbierend ausgeführt werde. Die Kosten einer Lärmschutzwand auch auf der Südseite der Autobahn stünden außer Verhältnis zum Schutzzweck. Die meisten Gebäude lägen hier in einem Abstand von 300 bis 500 m zur Autobahn und wiesen lediglich nachts Grenzwertüberschreitungen von einigen Zehnteln dB(A) auf. Eine Wand entlang der Südseite der A 28 würde zwar den von ihr ausgehenden Lärm stärker abschirmen, hätte jedoch keinen Einfluss auf den von der stark befahrenen Bremer Heerstraße ausgehenden Lärm. Daher habe man für die 1979 bereits vorhandenen Häuser dieses Wohngebiets lediglich passiven Schallschutz vorgesehen. Das klägerische Anwesen gehöre nicht dazu.

An ihm werden, wie eine Nachberechnung ergeben hat, die Wohngebiets-Nachtwerte der Verkehrslärmschutzverordnung an vier Stellen um 1,8, 0,9, 3,3 und 1,7 dB(A) überschritten.

Gegen den ihm am 03.05.2004 zugestellten PfB hat der Kläger am 01.06.2004 Verpflichtungsklage erhoben.

Er trägt vor: Sein Anspruch gründe sich auf § 74 Abs. 2 S. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - i.V.m. § 41 Abs. 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - BImSchG - wie auch auf § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG und sei nicht verjährt. Abzustellen sei auf den PfB vom 28.05.1979, mit dem das Planfeststellungsverfahren aus den Jahren 1971/1973 "neu eröffnet" worden sei. Zu jener Zeit sei, worauf es insoweit ankomme, der die (spätere) Errichtung seines Wohnhauses gestattende Bebauungsplan bereits in Kraft gewesen. Die 1979 angestellte Lärmprognose sei fehlgeschlagen, so dass nunmehr ein Anspruch auf Anpassung bestehe. Dieser sei auch unter Lärmsanierungsaspekten begründet. Insbesondere bei Ostwind sei der Lärm inzwischen unerträglich.

Zum 01.01.2005 ist die Zuständigkeit auf der Beklagtenseite nach Auflösung der Bezirksregierungen auf die jetzige Landesbehörde übergegangen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Weser-Ems vom 20.04.2004 zu ergänzen und zu Lasten des Vorhabensträgers aktive Lärmschutzmaßnahmen durch Errichtung einer Lärmschutzwand auf der Südseite der A 28 in dem Bereich Str.-km 84,300 bis 86,293, Stadt Oldenburg, als neue Lärmschutzwand mit einer Höhe von 4,00 m festzusetzen und diese Lärmschutzwand über die bisherige Länge, nämlich über den km 85,700 hinaus, zu verlängern.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie entgegnet: Dem Kläger mangele es für sein Begehren an einer Anspruchsgrundlage. Die mit dem jetzigen PfB festgesetzten Lärmschutzmaßnahmen könnten als solche nicht wiederum Schallschutzansprüche auslösen. Ein Anspruch wegen nicht voraussehbarer Wirkungen des (Autobahn-)Vorhabens nach § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG scheide aus mehreren Gründen aus. Das gelte selbst dann, wenn man nicht, wie aber zutreffend, auf die PfB'e aus den Jahren 1971 und 1973 abstelle, sondern auf den PfB aus dem Jahr 1979. Aus den Grundsätzen der Lärmsanierung könne der Kläger schon deshalb für sein Begehren nichts herleiten, weil die insoweit anerkannten Eingreifwerte (Schwelle zu einer möglichen Gesundheitsgefährdung) von mindestens 70 dB(A) tags und mindestens 60 dB(A) nachts an seinem Haus weit unterschritten würden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge A bis C sowie der beigezogenen Planfeststellungsbeschlüsse vom 20.04.1971, 05.07.1973 und 28.05.1979 verwiesen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

Sie ist zulässig; insbesondere ist der Kläger mit seinem Vorbringen nicht nach § 17 Abs. 4 S. 1 FStrG i.d.F. v. 19.04.1994 (BGBl. I, 854) präkludiert. Die Klage ist aber unbegründet.

1. Ein Anspruch auf den geltend gemachten weiteren Schallschutz besteht nicht nach § 41 Abs. 1 BImSchG, der im Bereich des Verkehrslärmschutzes grundsätzlich an die Stelle der allgemeinen Regelung des § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG tritt.

Die Vorschrift erfordert, dass eine öffentliche Straße gebaut oder wesentlich geändert wird. Die mit dem angegriffenen PfB allein genehmigten aktiven und passiven Schallschutzmaßnahmen sind aber funktional keine Änderungen im Sinne des Gesetzes, weil sie nicht, wie dafür erforderlich, auf eine vermehrte Aufnahme von Verkehr gerichtet sind, sondern - im Gegenteil - Folgerungen aus dieser von selbst eingetretenen Entwicklung ziehen (BVerwG, Urt. v. 09.02.1995 - 4 C 26.93 -, BVerwGE 97, 367 = DVBl. 1995, 750 = NVwZ 1995, 907, vorgehend Nds.OVG, Urt. v. 16.09.1993 - 7 K 1875/92 -, juris).

2. Der Kläger hat weiter keinen Anspruch auf weitere Lärmschutzmaßnahmen nach § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG.

a. Danach hat die Planfeststellungsbehörde dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen aufzuerlegen, die u.a. zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Diese Vorschrift wird durch § 41 Abs. 1 BImSchG nicht verdrängt, wenn ein Sachverhalt besteht, den zu beurteilen diese Norm nicht in Anspruch nimmt. Das ist etwa der Fall, wenn mit der Errichtung der Lärmschutzwand (auch) nachteilige Wirkungen auf Rechte Dritter verbunden sind, durch das bauliche Eingreifen also der bereits vorhandene Verkehrslärm lediglich "umverteilt" wird (BVerwG, a.a.O., E 97, 367 <372>). In einem solchen Fall geht der Anspruch auf Gewährung dessen, was zur Vermeidung dieser nachteiligen Wirkungen nach den Umständen des Einzelfalls erforderlich ist (a.a.O., <373>).

Davon kann der Kläger jedoch rechtlich nicht profitieren, weil die Absorption der vorgesehenen bzw. errichteten Schallschutzwand an der Nordseite 10 dB(A) beträgt. Nach Tabelle VII der RLS 90 erhöht sich der Pegel damit um den reflektierten Wert von maximal 0.4 dB(A), der sich durch den längeren Weg noch einmal in etwa halbiert. Das ist als nicht wahrnehmbar zu vernachlässigen und stellt deshalb keine nachteilige Wirkung im beschriebenen Sinne dar.

b. Entscheidet sich die Planfeststellungsbehörde zu einer Lärmsanierung oder, wie hier, aus vergleichbaren Gründen zur nachträglichen Gewährung von Lärmschutz, unterliegt sie dabei allerdings dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung. Dieses Gebot lässt ihr einen erheblichen Spielraum. Sofern sie aus vernünftigen Gründen zu sachangemessenen Entscheidungen kommt, ist das Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden (BVerwG, Urt. v. 09.02.1995, a.a.O., E 97 <373>). Damit kann der Kläger auch nach Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. § 74 Abs.2 S. 2 VwVfG, auf die sich ein entsprechender Anspruch gründet, nichts für sich herleiten. Denn die im PfB auf der Grundlage des § 41 Abs. 2 BImSchG begründete Ablehnung von aktivem Schallschutz durch Errichtung einer verlängerten Wand auch an der Autobahnsüdseite ist in plausibler Weise an der Unverhältnismäßigkeit der aufzuwendenden Kosten und damit an gesetzlich anerkannten Kriterien ausgerichtet. Auch die Beschränkung der Gewährung passiven Schallschutzes auf diejenigen Eigentümer, die 1979 bereits ihre Häuser errichtet hatten, erscheint sachlich vertretbar, weil zu diesem Zeitpunkt (erstmals) eine Lärmschutzregelung mit dem Vorbehalt weiterer Maßnahmen zugunsten der seinerzeit vorhandenen Gebäude getroffen worden ist, um die es jetzt geht. Passiven Schallschutz begehrt der Kläger im Übrigen nicht.

3. Es besteht auch kein Anspruch nach § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG (zuvor § 17 Abs. 6 S. 2 FStrG). Treten nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen erst nach Unanfechtbarkeit eines Planes auf, so kann der Betroffene danach Vorkehrungen oder die Errichtung oder Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor.

a. Der Plan, von dessen "entsprechenden Anlagen" - nämlich dem vierstreifigen Ausbau des Straßenabschnitts - möglicherweise (damals) nicht voraussehbare (Lärm-) Wirkungen ausgehen, für deren Minderung sich der Kläger einsetzt, wurde mit den PfB'n vom 20.04.1971 und 05.07.1973 festgestellt. Mit PfB vom 28.05.1979 wurden diese PfB'e um Lärmschutzregelungen "ergänzt", das Straßenvorhaben also nicht insgesamt neu festgestellt. Lärmschutz wurde 1979 auch nicht in - nachträglicher - Erfüllung angenommener Ansprüche, sondern "freiwillig" im Vorgriff auf damals erwartete gesetzliche Regelungen gewährt. Einen Anknüpfungspunkt für einen objektiv nicht befriedigten Anspruch auf Schutzvorkehrungen bietet damit der PfB vom 28.05.1979 nicht. Das wäre aber eine der Voraussetzungen des Nachbesserungsanspruchs gemäß § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG (BVerwG, Urt. v. 07.03.2007 - 9 C 2.06 -, BVerwGE 128, 177 = DVBl. 2007, 698 = NVwZ 2007, 827, LS 3). Ist demgemäß an die "ursprünglichen" PfB'e aus den Jahren 1971 und 1973 anzuknüpfen, besteht ein Anspruch nach § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG schon deshalb nicht, weil die Straße dann vor Inkrafttreten von § 17 Abs. 6 S. 2 und Abs. 7 FStrG 1974, dem 07.07.1974, bestandskräftig planfestgestellt worden ist und eine rückwirkende Anwendung von § 17 Abs. 6 S. 2 FStrG 1974 oder von § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG nicht vorgesehen war oder ist (BVerwG, Urt. v. 12.09.1980 - 4 C 74.77 -, BVerwGE 61, 1 <3 f.>; Beschl. v. 24.08.1999 - 4 B 58.99 -, NVwZ 2000, 70; Urt. v. 07.03.2007, a.a.O.).

b. Legte man dennoch den bestandskräftigen PfB vom 28.05.1979 als maßgeblich zugrunde, weil damit immerhin Lärmschutzregelungen auf der Grundlage bestimmter, damals weniger strenger Annahmen getroffen worden sind und die jetzigen "Nachbesserungen" ausdrücklich an die Situation 1979 anknüpfen - die Einhaltung der Dreijahresfrist des § 75 Abs. 3 S. 2 VwVfG einmal unterstellt -, könnte der "Nachbesserungsanspruch" jedenfalls dem Grunde nach entstanden sein und wäre die Ausschlussfrist von 30 Jahren des § 75 Abs. 3 S. 2 VwVfG noch nicht verstrichen.

Zweifelhaft erscheint dann aber bereits, ob seitdem am (heute) klägerischen Grundstück auch eine Steigerung des Lärmpegels um mindestens 3 dB(A) - erst eine solche wird als erheblich und den Anspruch potentiell auslösend bewertet - eingetreten ist. Entgegen der von der Beklagten zunächst vertretenen Auffassung wäre insoweit zwar nicht auf den Prognosezeitraum 1990 (+1,9/+0,9 dB(A)), sondern nach neuerer Rechtserkenntnis auf die gesamte Dauer der 30-Jahre-Frist abzuheben (BVerwG, Urt. v. 07.03.2007 - 9 C 2.06 -, a.a.O., LS 1 u. 2). Nach der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schallpegelberechnung wäre eine derartige Erhöhung auch bis 2005 nicht eingetreten; vor allem wegen des aufgebrachten schallmindernden Fahrbahnbelags beträgt die Schallpegelerhöhung am Grundstück des Klägers gegenüber 1979 tagsüber nur 0,2 dB(A); nachts ergibt sich sogar eine Verminderung um 0,1 dB(A).

Selbst dann jedoch, wenn man dieser Berechnung nicht folgt und einen Anstieg um mindestens 3 dB(A) zugrundelegt, stünde dem Kläger der Anspruch nicht zu. Denn er hatte 1979 sein Haus noch nicht errichtet und behauptet auch nicht, dass es bereits bauaufsichtlich genehmigt war. Inhaber von Ansprüchen auf Verkehrslärmschutz nach § 41 Abs. 1 BImSchG sind aber nur, wie der damit im Regelungszusammenhang stehende § 42 Abs. 1 BImSchG belegt, der Eigentümer oder - nach neuerer Rechtsprechung - Mieter (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.2004 - 9 A 15.03 -, NVwZ 2004, 986) der "betroffenen baulichen Anlage". Denn der daran anknüpfende nach der 16. und 24. BImSchV zu bemessende Schallschutz geht von einem dauerhaften Aufenthalt aus und ist damit gebäude- bzw. raumabhängig ausgestaltet. Die bauliche Anlage muss zum Zeitpunkt der Planauslegung bereits vorhanden oder durch Baugenehmigung jedenfalls hinreichend konkretisiert gewesen sein. Den Eigentümern lediglich baureifer Grundstücke kommen die gesetzlichen Lärmschutzregelungen entgegen der Auffassung des Klägers nicht zugute (Jarass, BImSchG, 7. A., Rn. 14 u. 15 zu § 42; Feldhaus-Czajka, Bundesimmissionsschutzrecht, Rn. 25 u. 30 zu § 42 BImSchG; Hansmann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Rn 11 zu § 42 BImSchG). Bei ihnen kann nur ein Anspruch aus enteignendem oder enteignungsgleichem Eingriff zum Tragen kommen, der hier aber ernsthaft nicht zur Debatte steht, weil er erst bei Werten von etwa 70-75 dB(A) tags und 60-65 dB(A) nachts (vgl. Jarass, a.a.O., Rn 7 m.w.N.) diskutiert wird; solche Pegel werden hier um Größenordnungen unterschritten.

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