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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.02.2009
Aktenzeichen: 9 LA 323/07
Rechtsgebiete: NKAG, BGB
Vorschriften:
NKAG § 3 | |
BGB § 181 |
Gründe:
Der Kläger wendet sich dagegen, dass die Beklagte ihn für eine im Eigentum der D. GmbH & Co. KG stehende Ferienwohnung auf Norderney zu einer Zweitwohnungsteuer in Höhe von 2.654,16 EUR herangezogen hat. Die D. GmbH & Co. KG vermietet die Ferienwohnung an Feriengäste. Der Kläger ist alleiniger Kommanditist der Kommanditgesellschaft. Alleiniger Komplementär der Kommanditgesellschaft ist die D. Verwaltungs-GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Kläger ist.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger dürfe zur Zweitwohnungsteuer veranlagt werden, weil er die Ferienwohnung auf Norderney während der Veranlagungszeiträume im Sinne der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten innegehabt habe. Denn trotz der Eigentümerstellung der Kommanditgesellschaft habe er als Privatperson die tatsächliche Verfügungsgewalt und die rechtliche Verfügungsbefugnis über die Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf gehabt. Gegen das Vorliegen einer reinen Kapitalanlage sprächen die Aufenthalte des Klägers in der Ferienwohnung, die - wie sich aus ihrem Umfang und Anlass ergebe - nicht allein der Betreuung der Wohnung im Rahmen der Einkommenserzielung gedient hätten.
Der dagegen gerichtete und auf § 124 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 und 5 VwGO gestützte Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils, der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten und grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie des Vorliegens eines Verfahrensfehlers sind nicht erfüllt.
Zur Darlegung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils wendet sich der Kläger zunächst gegen die Ansicht des Verwaltungsgerichts, er habe eine eigene rechtliche Verfügungsbefugnis über die Ferienwohnung. Eine Verfügungsbefugnis habe nicht er, sondern nur die Kommanditgesellschaft. Es stehe dem Innehaben der Verfügungsbefugnis durch ihn nicht gleich, dass er die Verfügungsbefugnis als Geschäftsführer der Komplementärin der Kommanditgesellschaft auf sich übertragen könne. Die bloße Übertragungsmöglichkeit reiche als Rechtsgrundlage für eine Zurechnung nicht aus. Das Verwaltungsgericht habe willkürlich unterstellt, er, der Kläger, habe die rechtliche Verfügungsbefugnis über die Wohnung auch tatsächlich von der Kommanditgesellschaft auf sich als Privatperson in Form eines In-Sich-Geschäfts konkludent (schuldrechtlich) für den jeweiligen Fall einer privatrechtlichen Inanspruchnahme der Wohnung übertragen, ohne dass eine solche Inanspruchnahme in den Gesellschaftsverträgen ausdrücklich zu seinen Gunsten als Privatperson vorgesehen sei. Bei der Nutzung der Wohnung habe er immer nur vom Verfügungsrecht der Kommanditgesellschaft als einem fremden Recht Gebrauch gemacht. Die Ferienwohnung sei nicht Ausdruck seines Konsums und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit als Privatperson. Nach bürgerlichem Recht und Steuerrecht investiere und verdiene ausschließlich die Kommanditgesellschaft. Die Nutzung der Ferienwohnung durch ihn, den Kläger, sei als rein betrieblich ohne Privatbezug oder als Sachleistung für die erbrachten Dienste zu werten.
Diese Ausführungen sind nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils hervorzurufen. Der bisherigen Rechtsprechung des beschließenden Senats (Urt. v. 3.12.2007 - 9 LB 1/07 -) entspricht es, in Fällen der vorliegenden Art anzunehmen, dass der Kläger als geschäftsführender Gesellschafter einer Ein-Mann-GmbH, die Komplementärin einer Kommanditgesellschaft ist, die im Eigentum dieser Kommanditgesellschaft stehende Ferienwohnung zu Zwecken des persönlichen Lebensbedarfs innehat und daher der Zweitwohnungsteuer unterliegt. In dem genannten Urteil hat der Senat entschieden, dass die Verfügungsbefugnis des Eigentümers über seine Zweitwohnung durch einen Vertrag mit einer Kommanditgesellschaft, deren geschäftsführender Gesellschafter der Eigentümer ist, nicht wirksam ausgeschlossen wird (ähnlich Schl.-H. OVG, Urt. v. 27.4.2007 - 2 LB 12/06 - NVwZ-RR 2008, 279). Er hat insoweit zur Begründung ausgeführt:
Denn als geschäftsführender Gesellschafter der als Mieterin auftretenden Kommanditgesellschaft ist der Vater der Kläger in der Lage gewesen, die Willensbildung der KG maßgebend zu beeinflussen. Von dem gemäß § 181 BGB grundsätzlich bestehenden Verbot, als Vertreter der KG in deren Namen mit sich im eigenen Namen eine Vereinbarung zu schließen oder abzuändern, war der Vater der Kläger durch § 5 Ziff. 1 des Gesellschaftsvertrags ausdrücklich befreit. Im Innenverhältnis der KG war seine Befugnis zur Geschäftsführung weder durch den Gesellschaftsvertrag noch durch einen - nach dessen § 5 Ziff. 2 ausdrücklich zugelassenen - Beschluss der Gesellschafterversammlung begrenzt. Daher war er rechtlich uneingeschränkt befugt, jederzeit zu bestimmen, ob er seine Wohnung in Abänderung der Vereinbarung in § 2 des Mietvertrags vom 5. Oktober 1999 bei Leerstand im Einzelfall doch mehr als 30 Tage im Jahr zum Zwecke der Eigennutzung für sich und seine Angehörigen in Anspruch nimmt. Auf Grund objektiv erkennbarer Umstände, nämlich der Stellung als geschäftsführender KG-Gesellschafter, der von den Beschränkungen des § 181 BGB ausdrücklich befreit war, bestand für den Vater der Kläger somit jederzeit die legale Möglichkeit, die in § 2 des Vertrages vom 5. Oktober 1999 vorgesehene Nutzungsdauer von 30 Tagen entsprechend seinen Wünschen im Einzelfall zu verlängern. Bereits das darin liegende Offenhalten einer Eigennutzung von mehr als 30 Tagen begründet die Pflicht zur Zahlung des vollen jährlichen Steuersatzes.
Diese Ausführungen gelten im vorliegenden Fall trotz des Unterschieds entsprechend, dass nicht der Gesellschafter, sondern die Kommanditgesellschaft Eigentümerin der Ferienwohnung ist. Die Eigentümerstellung der Kommanditgesellschaft steht der Annahme, der Kläger habe die Ferienwohnung im Sinne von § 2 Abs. 1 der Zweitwohnungsteuersatzung der Beklagten inne, nicht entgegen. Innehaben bedeutet Dispositionsfreiheit über die Wohnung zum Zwecke der eigenen Nutzung, was eine tatsächliche Verfügungsmacht im Rahmen einer rechtlichen Verfügungsbefugnis über die Wohnung voraussetzt (vgl. Rosenzweig/Freese, NKAG, Stand: Dezember 2008, § 3 Rn. 112 m.w.N.). Wer Zugriff auf eine Wohnung hat, sie beispielsweise als Mieter oder unentgeltlich in rechtlich gesicherter Weise nutzt, also die Verfügungsmacht über sie besitzt, hat die Wohnung mithin auch dann inne, wenn er nicht deren Eigentümer ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.12.1983 - 2 BvR 1275/79 - BVerfGE 65, 325; BVerwG, Urt. v. 26.7.1979 - 7 C 53.77 - BVerwGE 58, 230, sowie Beschl. v. 26.10.1989 - 8 B 138.89 -). Diese Erweiterung der Steuerpflicht auf Nicht-Eigentümer ist sachgerecht, weil sich die besondere Leistungsfähigkeit des Inhabers der Zweitwohnung (bei einem Mieter) in der Entrichtung des Mietzinses und (bei einer unentgeltlichen Überlassung) in Ausgaben wegen des Aufenthalts in der Zweitwohnung - z.B. Fahrtkosten, Einrichtungskosten, erhöhte Lebenshaltungskosten - manifestieren kann (vgl. Birk, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2008, § 3 Rn. 222). Der Kläger betreibt somit bereits dadurch, dass er sich unentgeltlich in der Ferienwohnung der von ihm vollständig beherrschten Kommanditgesellschaft aufhalten kann, einen die Erhebung der Zweitwohnungsteuer rechtfertigenden Aufwand. Dass er als Privatperson weder in die Ferienwohnung investiert noch einen Gewinn aus ihr zieht, ist für die Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer demgegenüber rechtlich ebenso unerheblich wie die vom Kläger hervorgehobene Ausgestaltung der Rechtslage nach dem Steuerrecht und dem bürgerlichen Recht.
Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht uneingeschränkt in den Erwägungen, aus denen es eine rechtliche Verfügungsbefugnis des Klägers über die Ferienwohnung für den persönlichen Lebensbedarf angenommen hat. Das Verwaltungsgericht hat zur rechtlichen Verfügungsbefugnis - in jeder Hinsicht überzeugend - ausgeführt:
Diese findet ihren Grund darin, dass der Kläger als geschäftsführender Gesellschafter (der Komplementärin der KG) jederzeit und nach eigenem Belieben - rechtlich ungehindert - die Dispositionsfreiheit über die Wohnung zum Zwecke der eigenen Nutzung auf sich als Privatperson übertragen kann. Er kann insoweit ungehindert vorgehen, da er nach § 8 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages der D.-GmbH zum (alleinigen) Geschäftsführer bestellt ist und zudem die Geschäftsführer der beiden vom Kläger gegründeten Gesellschaften nach § 5 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der D.-KG und nach § 8 Abs. 1 Satz 4 sowie § 8 Abs. 4 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages der D.-GmbH von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -, wonach ein Vertreter ein Rechtsgeschäft grundsätzlich im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten nicht vornehmen kann, befreit wurde. Auch im Übrigen gibt es weder in der D.-GmbH noch in der D.-KG weitere Personen, die ein Mitsprache- oder ein Vetorecht besitzen, um auf die Geschäftsführung der GmbH und damit der KG Einfluss nehmen zu können. Auch haftungsrechtlich läuft der Kläger keine Gefahr, gesellschaftsintern für sein Handeln zur Rechenschaft gezogen zu werden. Insbesondere verfügt die D.-KG - neben dem Kläger - über keine weiteren Kommanditisten, die nach handelsrechtlichen Grundsätzen - z.B. nach § 164 Satz 1 2. Halbs. oder § 166 Handelsgesetzbuch (HGB) - eine Kontrolle über die Geschäftsführung dieser Gesellschaft ausüben könnten.
Dies alles zeigt, dass der Kläger als alleiniger Entscheidungsträger im Ergebnis berechtigt ist, ungehindert über die Inanspruchnahme der Ferienwohnung im Gebiet der Beklagten auch im eigenen Interesse zu entscheiden. Nach den gesellschaftsvertraglichen Vorgaben ist er nur sich selbst gegenüber verpflichtet und verantwortlich. Der Sache nach lässt sich aus der tatsächlichen Inanspruchnahme der Wohnung in den Veranlagungsjahren - auf die noch eingegangen wird - ableiten, dass der Kläger - ohne dass eine solche Inanspruchnahme in den Gesellschaftsverträgen ausdrücklich zu seinen Gunsten als Privatperson vorgesehen ist - die rechtliche Verfügungsbefugnis über die Wohnung von der D.-KG auf sich als Privatperson in Form eines Insichgeschäftes konkludent (schuldrechtlich) für den jeweiligen Fall einer privaten Inanspruchnahme der Räumlichkeiten übertragen hat.
Gegenüber diesen Erwägungen des Verwaltungsgerichts bleibt die Berufung des Klägers darauf, dass die rechtliche Verfügungsbefugnis nicht förmlich übertragen worden sei, erfolglos. Einer förmlichen Übertragung bedarf es nicht, weil der Kläger den bestimmenden Einfluss auf die Willensbildung der Kommanditgesellschaft und damit zugleich auf die Nutzung der Ferienwohnung schon kraft seiner Stellung als geschäftsführender Gesellschafter der GmbH ausüben kann und es daher einer Verleihung zusätzlicher Rechtspositionen in Bezug auf die Ferienwohnung nicht mehr bedarf. Da ausschließlich der Kläger das Handeln der Kommanditgesellschaft bestimmt, kann er, auch als Privatperson, uneingeschränkt auf die Ferienwohnung zugreifen. Die Möglichkeit zu deren Eigennutzung als Privatperson ist - anders als im vom Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 27. September 2000 (11 C 4.00, JZ 2001,603) entschiedenen Fall - vertraglich in keiner Weise wirksam ausgeschlossen. Von dem Verbot des Abschlusses von Rechtsgeschäften zwischen ihm im eigenen Namen und als Vertreter der Kommanditgesellschaft (sog. In-Sich-Geschäfte) nach § 181 BGB ist der Kläger ausdrücklich befreit. In solchen Fällen der uneingeschränkten tatsächlichen und rechtlichen Verfügungsgewalt über die Ferienwohnung nimmt der Senat an, dass Inhaber der Ferienwohnung der hinter der Kommanditgesellschaft stehende, auf diese einen maßgeblichen Einfluss ausübende Alleingesellschafter der Kommanditgesellschaft ist (ähnlich Birk/Tappe, JZ 2001, 604, 607).
Zur Darlegung ernstlicher Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wendet der Kläger gegen die angefochtene Entscheidung ferner ein, das Verwaltungsgericht habe seine Angaben zur betrieblichen Veranlassung seiner Inselaufenthalte unzutreffend gewürdigt. Es dürfe nicht zu seinen Lasten gehen, dass er bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht alle Nachweise über den betrieblichen Anlass vorgelegt habe. Es beinhalte eine unzulässige Überraschungsentscheidung, dass das Verwaltungsgericht auch für 2007 angenommen habe, die Ferienwohnung sei zu Zwecken der persönlichen Lebensführung genutzt worden.
Auch dieses Vorbringen vermag ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht hervorzurufen. Das Verwaltungsgericht hat auf den Seiten 13 ff. des angefochtenen Urteils detailliert und überzeugend dargelegt, weshalb die Aufenthalte des Klägers in der Ferienwohnung auch Zwecken der persönlichen Lebensführung gedient haben. Ferner hat es den Kläger auf seine steuerrechtlichen Mitwirkungspflichten hingewiesen. Gleichwohl ist der Kläger bis zum heutigen Tage den konkreten und plausiblen Angaben des Verwaltungsgerichts nicht durch substanziierte Darlegungen und konkrete Nachweise bezüglich einzelner Aufenthalte entgegengetreten. Sein Vorbringen bleibt vielmehr auch im Zulassungsverfahren derart vage, dass ihm nähere Anhaltspunkte, die für eine betriebliche Veranlassung seiner Aufenthalte sprechen, nicht mit der erforderlichen Zuverlässigkeit entnommen werden können. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger konkrete Beweisanträge in Bezug auf Tatsachen, die für seine Auffassung sprechen könnten, nicht gestellt. Dass das Verwaltungsgericht aus den früheren Veranlagungsjahren Rückschlüsse auf das Jahr 2007 gezogen hat, hält sich - wie schon die vom Verwaltungsgericht angeführten Rechtsprechungsnachweise belegen - im Rahmen des sachlich Vertretbaren und ist sogar eher nahe liegend, so dass von einer unzulässigen Überraschungsentscheidung nicht die Rede sein kann.
Das Vorliegen eines Verfahrensfehlers im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO oder besonderer rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wird vom Kläger nicht entsprechend den Anforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt. Die begehrte Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache scheitert bereits daran, dass sich die in Bezug auf den Alleingesellschafter einer Kommanditgesellschaft aufgeworfenen bzw. stellenden Fragen auch ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens im dargelegten Sinn beantworten lassen.
Ende der Entscheidung
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