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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 07.06.2004
Aktenzeichen: 9 LB 184/03
Rechtsgebiete: AO, BauGB, BauNVO
Vorschriften:
AO § 42 | |
BauGB § 131 I | |
BauGB § 133 I | |
BauNVO § 23 V |
Steht das Anliegergrundstück im Eigentum von Eheleuten, dagegen das Hinterliegergrundstück im Eigentum nur eines der Ehepartner, ist - entsprechend den vom BVerwG entwickelten Grundsätzen - von der Fallgruppe der Eigentümerverschiedenheit auszugehen.
In Fällen der Eigentümerverschiedenheit führt allein der Gesichtspunkt der einheitlichen Nutzung von Vorder- und Hinterliegergrundstück nicht dazu, auch das Hinterliegergrundstück in den Kreis der erschlossenen Grundstücke einzubeziehen.
Von einem Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 Satz 2 AO kann nicht ausgegangen werden, wenn ein Anliegergrundstück von einem Voreigentümer in ein Anlieger- und ein Hinterliegergrundstück aufgeteilt worden ist und Eheleute diese von ihnen vorgefundene Grundstücksgestaltung ausnutzen, um unterschiedliche Eigentumsverhältnisse an Vorder- und Hinterliegergrundstück zu begründen.
Tatbestand:
I.
Die Kläger wenden sich als (Mit-)Eigentümer des 3.110 m² großen Grundstücks "Auf der F. 12" (Flurstück G.) gegen ihre Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag für die erstmalige Herstellung eines weiteren Straßenabschnitts der Straße "Auf der F." in südwestlicher Richtung jenseits eines die Straße kreuzenden Gewässers in Delligsen.
An die Erschließungsanlage grenzen auf der nördlichen Straßenseite lediglich zwei bebaute Grundstücke an, und zwar das Grundstück der Kläger, Auf der F. 12, sowie das 925 m² große Nachbarflurstück H., Auf der F. 10, das im (Mit-)Eigentum der Eheleute I. steht. Das Flurstück H. (neu) war ursprünglich Teil des im Eigentum des Land Niedersachsen stehenden Flurstücks J. (alt). Das Altflurstück J. ist nach 1993 in die 3 Flurstücke H. mit 925 m², K. mit 906 m² sowie L. mit 70 m² aufgeteilt worden.
Das Grundstück der Kläger sowie das Nachbargrundstück der Eheleute I. liegen im Geltungsbereich des am 12. Mai 1995 als Satzung beschlossenen Bebauungsplanes Nr. M. "Auf der F.", der für den vorderen Planbereich bis etwa zu einer Tiefe von 35 m allgemeines Wohngebiet festsetzt. Daran schließen sich - getrennt durch eine Nutzungsgrenze - im rückwärtigen Bereich private Grünflächen an, für die in Ziff. 7.1.3 einer mitbeschlossenen örtlichen Bauvorschrift einzelne Anpflanzungsvorgaben aufgenommen worden sind. Die Ausnutzung der überbaubaren Flächen in dem festgesetzten allgemeinen Wohngebiet wird durch eine 5 m breite Baugrenze auf allen Seiten eingeschränkt.
Der Beklagte zog die Kläger mit Bescheid vom 9. November 1993 für die Erschließungsanlage "Auf der F." zu Vorausleistungen in Höhe von 68.420,- DM, das Land Niedersachsen - als damaligen Grundstückseigentümer des noch ungeteilten 1.807 m² großen Flurstücks J. - zu Vorausleistungen in Höhe von 39.754,- DM heran. Mit dem notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 26. Juni 1998 erwarben die Eheleute I. vom Land Niedersachsen ihr nunmehr aus 3 Flurstücken bestehendes Baugrundstück; die Eheleute I. erwarben das 925 m² große Flurstück H. als Miteigentümer zu einem Kaufpreis von 44.400,- DM, Käuferin der beiden anderen Flurstücke war Frau I. allein (Kaufpreis 46.848,- DM, jeweils also 48,- DM/m²).
Auf der Grundlage seiner Erschließungsbeitragssatzung vom 25. Mai 1988 in der Fassung der Nachtragssatzung vom 18. Mai 1994 zog der Beklagte die Kläger mit Bescheid vom 13. Juli 2000 zu einem (endgültigen) Erschließungsbeitrag in Höhe von 78.924,64 DM heran. Er forderte die Kläger unter Anrechnung der geleisteten Vorausleistungen zur Zahlung eines Restbeitrages in Höhe von 10.504,64 DM auf. Den überzahlten Beitrag für die heutigen Flurstücke K. und L. zahlte der Beklagte an das Land Niedersachsen zurück. Mit Bescheid vom 27. Juli 2000 setzte der Beklagte den von den Eheleuten I. für das Flurstück H. zu zahlenden Beitrag auf 0,00 DM fest.
Ihren gegen den Bescheid vom 13. Juli 2000 erhobenen Widerspruch begründeten die Kläger im Wesentlichen wie folgt: Das heutige Grundstück der Eheleute I. sei zwischen dem Zeitpunkt der Erhebung der Vorausleistungen und der Entstehung der Beitragspflicht nach endgültiger Herstellung der Erschließungsanlage veräußert worden. § 133 Abs. 3 Satz 2 BauGB sehe für derartige Fälle eine Sonderregelung vor. Danach habe die Teilung eines Grundstücks nach der Vorausleistungserhebung, aber vor der Entstehung der endgültigen Beitragspflicht, auf die Rechtmäßigkeit des Vorausleistungsbescheides und die Berechtigung der Gemeinde, die Vorausleistungen nicht nur zu behalten, sondern mit der endgültigen Beitragshöhe zu verrechnen, keinen Einfluss. Der Vorausleistungsbescheid bleibe nicht nur zum Zeitpunkt des Erlasses rechtmäßig, sondern auch für die Zukunft. Dann sei es aber unzulässig, nach erfolgter Grundstücksteilung nunmehr eine geringere Teilfläche des Grundstücks in den endgültigen Beitragsbescheid aufzunehmen und die Gesamtbeitragsflächen - zu Lasten Dritter - zu verringern und gleichzeitig auch noch empfangene Vorausleistungen zurückzuerstatten. Im Übrigen stelle die nachträgliche Grundstücksteilung und - vermutlich auch noch unentgeltliche - Übertragung des Eigentums auf eine dritte Person, nämlich auf den Ehegatten, in Kenntnis einer kurz bevorstehenden Beitragsverpflichtung einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne von § 42 AO dar. Dies bedeute für das vorliegende Verfahren, dass die Eheleute I. so zu stellen seien, als sei die Eigentumsübertragung nicht durchgeführt worden. Damit liege ein Fall der Eigentümeridentität von Vorderlieger- und Hinterliegergrundstück vor.
Der Beklagte wies den Widerspruch der Kläger mit Bescheid vom 5. November 2001 mit der folgenden Begründung zurück: Zum Zeitpunkt der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht sei das Nachbargrundstück bereits in zwei bürgerlich-rechtliche Grundstücke geteilt gewesen. Das durch das Anliegergrundstück von der Erschließungsanlage getrennte Hinterliegergrundstück werde deshalb nicht durch die abgerechnete Straße erschlossen und einbezogen, weil es nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht bebaut werden könne und weil es zusätzlich an einer rechtlich gesicherten Zugangsmöglichkeit fehle. Die einheitliche Nutzung des Grundstücks I. sei nur dann ein Kriterium für das Erschlossensein des rückwärtigen Grundstücks, wenn Eigentümeridentität bestehe. Das sei hier aber nicht der Fall. Den Eheleuten I. könne ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten auch nicht entgegengehalten werden. Da es sich nicht nur um einen schmalen Grundstücksstreifen handele, sondern etwa um die Hälfte des gesamten Grundstücks, könne es durchaus wirtschaftlich sinnvolle oder sonstwie einleuchtende Gründe für die getroffene Entscheidung des Eigentümers geben.
Mit ihrer am 3. Dezember 2001 erhobenen Klage haben die Kläger ihre im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Erwägungen vertieft. Ergänzend haben sie geltend gemacht, dass das Land Niedersachsen versucht habe, ein sonst unverkäufliches, übergroßes Grundstück durch Teilung und eine damit einhergehende Verringerung der Erschließungsbeitragslast marktgängiger zu machen. Die im Widerspruchsbescheid angeführten wirtschaftlich sinnvollen oder sonstwie einleuchtenden Gründe seien weder näher untersucht worden noch reichten derartig pauschale Erwägungen in Fällen der vorliegenden Art aus.
Die Kläger haben beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 13. Juli 2000 in der Fassung seiner Widerspruchsbescheides vom 5. November 2001 aufzuheben, soweit ein höherer Erschließungsbeitrag als 32.954,16 € festgesetzt worden ist.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat erneut bekräftig, dass das ehemalige Gesamtflurstück J. bereits bei Abschluss des Kaufvertrages vom 26. Juli 1998 in die 3 Flurstücke H., K. und L. aufgeteilt gewesen war.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 12. Dezember 2002 im Wesentlichen mit der folgenden Begründung stattgegeben: Der Bebauungsplan Nr. M. setze für das ansonsten als Grünfläche ausgewiesene Flurstück K. einen schmalen, etwa 1,5 m breiten Streifen innerhalb des allgemeinen Wohngebietes fest. Auch wenn er insoweit nur zu 1,8 m im Bereich der überbaubaren Fläche liege und sich ansonsten eine nicht überbaubare Fläche anschließe, könne auf der Fläche nach § 23 Abs. 5 BauNVO bauplanungsrechtlich und bauordnungsrechtlich durchaus ein kleineres Nebengebäude errichtet werden. Es sei daher prinzipiell Bauland. Da nicht von einer Eigentümeridentität des Vorderlieger- und des Hinterliegergrundstücks auszugehen sei, komme es bei der Frage der Bewertung der schutzwürdigen Erwartung der Eigentümer der anderen durch die Erschließungsanlage erschlossenen Grundstücke darauf an, ob im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht eine Zuwegung von dem Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück tatsächlich angelegt worden sei, beide Grundstücke einheitlich genutzt würden oder zu Gunsten des Hinterliegergrundstücks ein Notwegerecht über das Anliegergrundstück bestehe. Hier lägen die Voraussetzungen für die zweite Variante vor, also die der einheitlichen Nutzung. Ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse werde vorn gewohnt und hinten erholt und gespielt. Wegen der verwaltungsgerichtlichen Ausführungen im Einzelnen wird auf das Urteil Bezug genommen.
Auf den gegen das Urteil vom 12. Dezember 2002 gerichteten Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung hat der Senat mit Beschluss vom 11. Juli 2003 (9 LA 33/03) die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils und wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Im zugelassenen Berufungsverfahren haben die Beteiligten ihre gegensätzlichen Standpunkte vertieft. Der Beklagte verweist insbesondere darauf, dass dem Hinterliegerflurstück K. keine Baulandqualität zukomme. Auf dem - lediglich 1,50 m breiten - bebaubaren Grundstücksstreifen könne allenfalls ein "Hundezwinger" errichtet werden. Das wäre aber eine erschließungsrechtlich unterwertige Bebauung, die eine Erschließungsbeitragspflicht nicht auslösen könne. Bei Einbeziehung auch des 5 m breiten und von einer Bebauung freizuhaltenden Streifens könne ebenfalls nicht von einer Baulandqualität des Flurstücks K. ausgegangen werden, da dort keinerlei bauliche Anlagen errichtet werden könnten, und zwar auch nicht Garagen und sonstige Nebenanlagen. Dies folge daraus, dass eine bauliche Hauptnutzung auf dem Flurstück K. unzulässig sei und mangels Hauptnutzungsmöglichkeit der Bezug der Nebenanlage zur Hauptanlage fehle.
Der Beklagte beantragt,
unter Änderung des angegriffenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie sehen die einheitliche Nutzung der Flurstücke H. und K. als maßgeblich an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge und die Gerichtsakten verwiesen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
II.
Die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten hat Erfolg. Der angegriffene Erschließungsbeitragsbescheid des Beklagten vom 13. Juli 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. November 2001 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Die - im Verhältnis zu dem vorausgegangenen Vorausleistungsbescheid des Beklagten vom 9. November 1993 - höhere Beitragsforderung von 78.924,64 DM ist rechtmäßig. Zu Recht hat der Beklagte das 906 m² große rückwärtige Flurstück K. von Frau I. nicht in die Gesamtfläche der erschlossenen Grundstücke einbezogen. Bei dem Flurstück K. handelt es sich entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung nicht um ein Grundstück, dem Baulandqualität zukommt. Das Flurstück K. ist schon aus diesem Grunde nicht erschließungsbeitragspflichtig.
Zunächst bedürfen im Hinblick auf die unterschiedlichen Angaben der Beteiligten die örtlichen Gegebenheiten einer Klarstellung. Dies ist gemeinsam mit den Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung mit den folgenden Ergebnissen geschehen: Der Bebauungsplan M. des Beklagten setzt - gemessen von der nördlichen Straßenbegrenzungslinie der abgerechneten Erschließungsanlage aus - ein allgemeines Wohngebiet bis zu einer Tiefe von insgesamt 35 m fest, und zwar zunächst einen nicht überbaubaren Bereich von 5 m, daran anschließend den überbaubaren Bereich mit 25 m, sodann einen weiteren 5 m-Streifen jenseits der rückwärtigen Baugrenze. Das Flurstück H. weist eine Tiefe zwischen 29,4 bzw. 29,5 m auf. Daraus folgt, dass ein insgesamt ca. 5,5 m breiter Steifen des Flurstücks K. innerhalb des festgesetzten WA-Gebietes liegt. Davon liegt der 5 m breite Streifen außerhalb des überbaubaren Bereiches. Ausgehend von diesen Feststellungen kommt dem rückwärtigen Flurstück K. entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Baulandqualität zu. Für eine Bebauung steht zunächst nämlich lediglich ein 0,5 m breiter Streifen zur Verfügung. Auf diesen kann aber nicht einmal der vom Beklagten angeführte "Hundezwinger" errichtet werden. Die Bebauungsmöglichkeiten des Flurstücks 241/12 werden für den sich anschließenden 5 m-Streifen auch nicht unter dem Blickwinkel des § 23 Abs. 5 Satz 1 BauNVO entscheidungserheblich erweitert. Nach dieser Vorschrift können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen zwar Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO zugelassen werden. Voraussetzung für die Zulassung einer Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO ist aber stets ihre Unter- bzw. Zuordnung zu einem Hauptgebäude (Fickert/Fieseler, BauNVO, Kommentar, 10. Aufl. 2002, § 23 Rdnr. 20), und zwar einem Hauptgebäude auf dem jeweiligen Baugrundstück, also hier dem Flurstück K.. Da auf dem Flurstück K. mangels einer im Bebauungsplan Nr. 5.4 festgesetzten überbaubaren Fläche ein Hauptgebäude nicht errichtet werden kann, kann damit auch ein dem Hauptgebäude zugeordnetes Nebengebäude nicht errichtet werden. Bebauungsrechtlich verbleibt damit lediglich ein über- bzw. bebaubarer Bereich von 0,5 m Breite. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Flurstück K. "prinzipiell Bauland" sei, ist daher nicht zu folgen.
Hinsichtlich dieses Ergebnisses bedarf es nicht einmal des Rückgriffes auf den Gesichtspunkt der "unterwertigen Bebauung". Das BVerwG (Urt. v. 25.10.1996 - 8 C 21.95 - KStZ 1998, 17 = ZMR 1997, 98 = DVBl. 1997, 497 = Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 104) erläutert dazu:
"Der Beitragspflicht nach § 133 Abs. 1 BauGB unterliegen Grundstücke nicht, die wegen ihrer Größe oder ihrer Gestalt nicht oder erst im Zusammenhang mit den im fremden Eigentum stehenden Grundstücken entsprechend den baurechtlichen Vorschriften genutzt werden können, also nicht abstrakt bebaubar oder erschließungsbeitragsrechtlich vergleichbar nutzbar sind. Diesen Grundstücken gleichgestellt sind Grundstücke, auf denen baurechtlich nur eine unterwertige Nutzung zulässig ist. Denn ihnen wird im Verhältnis zu den übrigen Grundstücken des betreffenden Abrechnungsgebietes durch die Erschließung ein derart geringer Vorteil ermittelt, dass eine Beitragsbelastung nicht gerechtfertigt ist. Grundstücke jedoch, die z.B. mit einem Wohnhaus oder einem Verkaufskiosk bebaut werden dürfen, unterliegen grundsätzlich ohne Weiteres der Erschließungsbeitragspflicht, sobald eine solche Bebauung zulässig ist. Gebäude dieser Art sind nicht von vornherein unterwertig. Entsprechendes trifft zu für Garagen oder garagenähnliche Gebäude, die wegen ihrer Funktion (Unterstellen eines Kraftfahrzeugs) in besonderem Maße auf die Verbindung mit einer die verkehrliche Erreichbarkeit dienenden Anlage angewiesen sind und deren Nutzung deshalb mit einem nicht unerheblichen Erschließungsverkehr verbunden ist. Angesichts dessen unterliegen zulässigerweise mit Garagen und garagenähnlichen Gebäuden bebaute Grundstücke regelmäßig der Erschließungsbeitragspflicht für die beitragsfähige Erschließungsanlage, die ihnen eine verkehrliche Erreichbarkeit vermittelt."
Das Flurstück K. steht lediglich mit einem 0,5 m breiten Streifen - innerhalb des überbaubaren Bereiches der WA-Festsetzung - für eine Bebauung zur Verfügung. Der dadurch dem Flurstück K. vermittelte Erschließungsvorteil tendiert gegen 0 und rechtfertigt nicht dessen Erschließungsbeitragspflichtigkeit.
Der Senat sieht auch den Hinweis der Kläger auf die "einheitliche Nutzung" der Flurstücke H. und K. als nicht tragend an. Die maßgebliche Weichenstellung ist nach der Rechtsprechung des BVerwG dahingehend vorzunehmen, ob es sich um eine Fallgestaltung der Eigentümeridentität von Anlieger- und Hinterliegergrundstück handelt oder um einen Fall der Eigentümerverschiedenheit. Das BVerwG hat lediglich hinsichtlich der erstgenannten Fallgruppe festgestellt: "Steht ein Hinterliegergrundstück und das es von der Anbaustraße trennende, selbständig bebaubare Anliegergrundstück im Eigentum derselben Person, gehört auch das Hinterliegergrundstück zum Kreis der durch die Anlage im Sinne des § 131 Abs. 1 BBauG erschlossenen Grundstücke, wenn es entweder tatsächlich eine Zufahrt zu der Anlage besitzt oder zusammen mit dem Anliegergrundstück einheitlich genutzt wird. Eine die Grenze zwischen Anlieger- und Hinterliegergrundstück überschreitende Bebauung begründet deren einheitliche Nutzung." (Urt. v. 15.1.1988 - 8 C 111.86 - DVBl 1988, 896 = NVwZ 1988, 630 = BVerwGE 79, 1; vgl.ferner BVerwG, Urt. v. 30.5.1997 - 8 C 27.96 - ZMR 1998, 57 = Buchholz 406.11 § 131 BauGB Nr. 105 = NVwZ-RR 1998, 67). Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass im Hinblick darauf, dass die Eheleute I. jeweils Miteigentümer des Anliegerflurstücks 241/11 sind, dagegen Frau I. Alleineigentümerin des Hinterliegerflurstücks K. ist, von Eigentümerverschiedenheit auszugehen ist. Die vom Verwaltungsgericht gewissermaßen als eigenständige Fallgruppe subsummierte "einheitliche Nutzung" von Anlieger- und Hinterliegergrundstück ("2. Variante") gibt es bei Eigentümerverschiedenheit dagegen nicht. Das BVerwG hat in seinem Urteil vom 15.1.1988 (aaO) dazu ausgeführt:
"In Fällen, in denen Anlieger- und Hinterliegergrundstücke im Eigentum verschiedener Personen stehen, ist diese Erwartung - wie bereits gesagt - schutzwürdig lediglich, wenn eine Zufahrt vom Hinterliegergrundstück über das Anliegergrundstück zur Anbaustraße tatsächlich angelegt ist. Nur dann nämlich kann mit einer erschließungsbeitragsrechtlich (noch) relevanten Wahrscheinlichkeit typischerweise mit einer Inanspruchnahme der Anbaustraße (auch) durch das Hinterliegergrundstück gerechnet werden, die dessen Belastung mit einem Erschließungsbeitrag rechtfertigt. Insoweit gilt für Fälle der Eigentümeridentität nichts anderes. Unabhängig vom Vorhandensein einer Zufahrt vom Hinterliegergrundstück zur Anbaustraße gebietet bei Eigentümeridentität der das Erschließungsbeitragsrecht beherrschende Gedanke eines angemessenen Vorteilsausgleichs eine Berücksichtigung eines Hinterliegergrundstücks bei der Aufwandsverteilung aber auch dann, wenn dieses mit dem Anliegergrundstück einheitlich genutzt wird und sich infolge dieser einheitlichen, vom Willen des Eigentümer beider Grundstücke getragenen Nutzung der von der Anbaustraße dem Anliegergrundstück vermittelte Erschließungsvorteil auf das Hinterliegergrundstück erstreckt. Aus der - nach dem Gesagten wesentlichen - Sicht der übrigen Beitragspflichtigen "verwischt" eine einheitliche Nutzung von zwei Grundstücken deren Grenze und lässt sie in dieser Sicht als ein Grundstück erscheinen."
Soweit damit die Kläger (offensichtlich in Anknüpfung an die eine derartige Auslegung jedenfalls zulassenden Ausführungen in Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl. 2001, § 17 Rdnr. 81; derselbe, ZMR 2001, 424, 428) zum Ausdruck bringen wollen, dass allein das äußere Erscheinungsbild einer einheitlichen Nutzung von Anlieger- und Hinterliegergrundstück bereits ausreichend sei, unter dem Gesichtspunkt der schutzwürdigen Erwartung Dritter eine Beitragspflichtigkeit auch des Hinterliegergrundstücks zu begründen, ist dem daher nicht zu folgen. In Fällen der Eigentümerverschiedenheit muss der Gesichtspunkt der einheitlichen Nutzung vielmehr entweder durch weitere äußere Gegebenheiten wie etwa der Anlegung einer Zuwegung bzw. einer Zufahrt oder durch andere objektiv nachvollziehbare Fakten wie etwa der Bestellung einer Baulast bestätigt werden. Das ist hier nicht der Fall.
Der Senat sieht auch keine Anhaltspunkte dafür, mit dem emotional zwar auf den ersten Blick zunächst nachvollziehbaren, aber in der Sache weder beleg- noch haltbaren Vortrag der Kläger das Verhalten der Eheleute I. beim Kauf ihres Grundstücks im Jahr 1998 als einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 c NKAG iVm § 42 Satz 2 AO zu bewerten. Nach diesen Vorschriften entsteht bei missbräuchlicher Verwendung von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten der Abgabenanspruch so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht (vgl. dazu Beschl. d. Sen. v. 18.2.2000 - 9 M 4526/99 - NSt-N 2000, 200; BVerwG, Beschl. v. 14.1.1997 - 8 B 247.96 - NVwZ 1998, 76 = ZMR 1997, 203 = Buchholz 401.0 § 42 AO Nr. 15 ; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 1.4.2003 - 6 A 10098/03.OVG - KStZ 2003, 171 = DWW 2003, 198). Der Beklagte hat unter Vorlage des notariellen Grundstückskaufvertrages vom 26. Mai 1998 vorgetragen, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages die Flurstücke H. einerseits und K. und L. andererseits bereits geteilt waren. Es sind keinerlei Gesichtspunkte dafür ersichtlich, dass die Eheleute I. zielgerichtet diese bestimmte Vertragssituation in rechtlich vorwerfbarer Weise erst geschaffen haben, um einem sonst verwirklichten Beitragstatbestand zu entgehen. Die von Ihnen im Jahr 1998 angetroffene Grundstückssituation ist vielmehr dadurch gekennzeichnet gewesen, dass das alte Flurstück J. bereits in die drei Flurstücke H., K. und L. aufgeteilt war und sie diese vorgegebene Grundstückssituation dahin wahrgenommen haben, einmal gemeinsam Miteigentümer zu werden und andererseits Frau I. für die rückwärtigen Flurstücke allein als Käuferin auftreten zu lassen. Ihr Vorgehen entspricht der Rechtsordnung und ist daher legitim. Von einem Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten kann nicht ausgegangen werden.
Ende der Entscheidung
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