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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.08.2008
Aktenzeichen: 1 KN 153/06
Rechtsgebiete: BauNVO, NBauO
Vorschriften:
BauNVO § 22 Abs. 4 | |
NBauO § 7 | |
NBauO § 8 Abs. 3 | |
NBauO § 43 Abs. 1 |
2) Für ein grenzständiges Gebäude mit ungenehmigtem (nicht notwendigem) Fenster kann auch bei diffuser Bauweise nicht ohne weiteres in Anspruch genommen werden, dass kein vergleichbares Gebäude an die Grenze geplant wird, wenn für ein "Heranrücken" in der Abwägung gute Gründe sprechen.
Tatbestand:
Die Antragstellerin - ein Einzelkaufmann unter seinem Firmennamen - wendet sich gegen einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan der Antragsgegnerin für ein Einkaufs- und Dienstleistungszentrum "Südlicher Stadteingang", das bei einer Geschossfläche von 26.600 m² auf etwa 7.700 m² Verkaufsflächen für einen Verbrauchermarkt mit etwa 4.050 m² und verschiedenen weiteren Einzelhandelsflächen mit etwa 3.650 m² aufweisen soll. Vorhabenträgerin ist die E. Bauunternehmung GmbH und Co. KG aus F..
Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks Brückstraße 19 (Flurstück 52, Flur 31, Gemarkung Norden, aufgelassen am 13. März 2006 und eingetragen am 18. Juli 2006), das an seiner Südseite und im Wesentlichen entlang der Straße "In der Gnurre" an das Plangebiet angrenzt. Im Südwesten reicht das Grundstück mit einem schmalen Streifen in den Fußweg der Straße "In der Gnurre" und damit auch in das Plangebiet hinein, ist aber von der straßenrechtlichen Widmung ausgespart. Es ist bis auf diesen schmalen Streifen vollständig bebaut. Jedenfalls das Erdgeschoss der nördlichen Hälfte war von der ehemaligen Gaststätte "Bengens Gasthof" eingenommen; im Übrigen wird es nach den Angaben der Antragstellerin wohngenutzt.
Nach den Bauakten stand an der Stelle, die jetzt der südliche, mit einer Dachterrasse versehene Gebäudeteil einnimmt, ursprünglich ein Stall, der 1908 mit Baugenehmigung erneuert wurde und ein Flachdach aufwies. In der Grenzwand ist in der Bauzeichnung ein Fenster eingezeichnet. Zur Straße hin waren links eine Doppeltür und im Übrigen zwei Fenster vorgesehen. Das damals benachbarte Haus Nr. 40 hielt einen Abstand von etwa 2 m ein. 1912 wurde die Ersetzung der Doppeltür durch ein Fenster genehmigt. 1931 folgte die Genehmigung für die Aufstockung des rückwärtigen Gebäudeteiles und die Anlegung der Dachterrasse. Danach wurde der ehemalige Stall im Erdgeschossbereich bereits als "Privatzimmer" und Waschküche genutzt. Genehmigt wurden u.a. der Einbau einer Außentür an der rechten Seite und die Abtrennung eines Flurs von dem Privatzimmer als Zugang zur Waschküche. Die Südansicht weist in der Bauzeichnung kein Fenster auf; in die Rückseite der Waschküche ist mit Grüneintrag ein Fenster eingezeichnet als "altes Fenster". 1959 wurde der Einbau einer Ölfeuerungsanlage im ehemaligen Waschraum genehmigt; der neue Heizraum umfasste danach auch den alten Flur. Die Bauzeichnung zeigt zwei Fenster an der Rückseite, aber keines in der Grenzwand. Tatsächlich befindet sich dort derzeit ein vermauertes Fenster und ein kleineres, nicht zu öffnendes Fenster zum Heizraum.
Das südlich benachbarte, relativ neue Haus In der Gnurre 1 hält bei 6,5 m Höhe (Flachdach) einen Abstand von 1,55 (vorn) bis 2 m ein; die Fläche zwischen den Häusern wird als Durchgang zum Grundstück 18 a genutzt.
Die Planung für das Zentrum wurde mit Aufstellungsbeschluss vom 24. Juni 2002 begonnen. Zeitlich parallel zum weiteren Verfahrensablauf fand im Rahmen der Regionalen Strukturkonferenz Ost-Friesland ein Moderationsverfahren zur interkommunalen Abstimmung sowie nachfolgend ein Raumordnungsverfahren statt. Im Planungsverfahren selbst erfolgte die Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 3 Abs. 1 BauGB) und die Beteiligung der Fachbehörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange (§ 4 Abs. 1 BauGB). Am 4. Dezember 2003 beschloss der Rat über den Entwurf und die öffentliche Auslegung der Planung, die vom 14. Mai 2004 bis zum 14. Juni 2004 stattfand (§ 3 Abs. 2 BauGB).
Eine zweite öffentliche Auslegung mit geändertem, nämlich gemäß Raumordnungsverfahren reduzierten Entwurf folgte vom 20. März 2006 bis 21. April 2006 sowie Beteiligung der Fachbehörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange (§ 4 Abs. 1 BauGB).
Im Planungsverlauf wurden abgesehen vom Themenkreis der Einzelhandelsentwicklung folgende weitere Fachgutachten zugrunde gelegt (Beiakte K Bl. 1457 ff.):
- Konzept zur verkehrlichen Erschließung (Planungsgem. G., November 2002)
- Ergänzung zur Verkehrsuntersuchung (Planungsgem. G., Juni 2003)
- Lärmschutzgutachten (Büro H., März 2006)
- Ergänzung der Verkehrsuntersuchung (Planungsgem. G., März 2006)
- Ergänzung des Lärmschutzgutachtens (Büro H., Mai 2006)
- Ergänzung des Lärmschutzgutachtens (Büro H., März 2007)
Der Rat der Antragsgegnerin beschloss den Bebauungsplan als Satzung am 11. Juli 2006. Am gleichen Tag schloss die Antragsgegnerin mit der Vorhabenträgerin einen Vorhabendurchführungsvertrag (Beiakte K Bl. 1695 ff.).
Auszugsweise heißt es darin:
"§ 1
Der Vorhabenträger wird Eigentümer folgender Flurstücke: ...
Es ist beabsichtigt, die auf den genannten Flurstücken befindlichen Gebäude abzubrechen, ausgenommen der "Weerda-Mühle" (Sondergebiet 2) und auf der Grundlage eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes ein Einkaufs- und Dienstleistungszentrum zu errichten.
§ 2
Der Vorhabenträger hat einen Vorhaben- und Erschließungsvertrag vorgelegt, in dem das Projekt näher beschrieben ist. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan einschließlich des Vorhaben- und Erschließungsplanes für das Einkaufs- und Dienstleistungszentrum trägt die Bezeichnung 130 V "Südlicher Stadteingang" und ist diesem Vertrag beigefügt (Anlage 1).
...
§ 4
Der Vorhabenträger verpflichtet sich, nach Inkrafttreten des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes mit der Durchführung des Vorhabens zu beginnen. Die Finanzierung muss sichergestellt sein.
...
§ 5
Der Vorhabenträger verpflichtet sich ferner,
1. das im Vorhaben- und Erschließungsplan beschriebene Bauvorhaben innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren (vom Zeitpunkt der Wirksamkeit dieses Vertrages an gerechnet) fertig zu stellen. Ausgenommen von dieser Durchführungspflicht ist das im östlichen Plangebiet als Bestandteil des Gesamtprojektes vorgesehene Verwaltungsgebäude. Diesbezüglich besteht eine Durchführungsoption; eine schnellstmögliche Verwirklichung sollte jedoch angestrebt werden.
Aus wichtigem Grund kann diese Frist verlängert werden. Die Verlängerung bedarf der Zustimmung der Stadt Norden.
2. die unter Ziffer 1 genannte Bauverpflichtung im Falle des Grundstücksverkaufs an den Käufer des Grundstücks weiterzugeben,
3. die dem Bauvorhaben dienenden Flurstücke zu einem Baugrundstück zu vereinigen,
4. bezüglich der Höhe des Gebäudes - richtet sich jeweils nach der Höhe des Punktes über der gewachsenen Geländeoberfläche - zu den Grenzen des Baugrundstücks den bauordnungsrechtlich erforderlichen Abstand einzuhalten; gegebenenfalls durch Beibringung einer entsprechenden Grenzabstandsbaulast,
5. zur Übernahme sämtlicher durch das Vorhaben entstehenden Kosten (wie z.B. Kosten für die Planung, das Verfahren, den Grunderwerb und die Investition),
6. Das Gestaltungskonzept spätestens bis zur Inbetriebnahme des Objektes zu verwirklichen,
7. mit dem Eigentümer der Weerda-Mühle hinsichtlich der Außenanlagengestaltung eine integrierende Gesamtlösung anzustreben,
8. sich zusammen mit den bestehenden Gewerbetreibenden für ein gesamtstädtisches Marketingkonzept einzusetzen und ein solches gemeinsam zu betreiben und
9. das vorgelegte Nutzungskonzept gemäß § 1 Baunutzungsverordnung (BauNVO) durchzuführen und zu gliedern.
..."
Am 23. November 2006 beschloss der Verwaltungsausschuss die Durchführung eines ergänzenden Verfahrens zur Behebung von Fehlern (§ 214 Abs. 4 BauGB). Hierzu wurde eine Umweltprüfung durchgeführt, ein Scopingverfahren nach § 4 Abs. 1 BauGB (28. November 2006 bis 15. Dezember 2006) und die Beteiligungsverfahren nach den §§ 3 Abs. 2 und 4 Abs. 2 BauGB (29. Januar 2007 bis 2. März 2007). Auf Grund von Stellungnahmen der Deutschen Bahn AG und des Landkreises Aurich wurde das Lärmschutzgutachten um eine Untersuchung der Lärmvorbelastung infolge von Schienenverkehrslärm auf der Bahnstrecke Norddeich-Emden ergänzt.
Unter dem 27. Juni 2007 schlossen der Vorhabenträger und die Antragsgegnerin einen Änderungsvertrag hinsichtlich der Durchführungsverpflichtung aus dem vorgenannten Vertrag. Nach Hinweis auf das ergänzende Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB heißt es darin weiter:
"Es war beabsichtigt, der Vorhabenträgerin eine Ausführungsfrist von mindestens 3 Jahren zur Verfügung zu stellen. Um den Sinn und Zweck dieser Regelung zu erreichen, wird der Beginn der Ausführungsfrist mit erfolgreichem Abschluss des Heilungsverfahrens und der Rechtswirksamkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. 130V festgesetzt."
In seiner Sitzung vom 27. Juni 2007 beschloss der Rat der Antragsgegnerin:
1. Der Entwurf des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes Nr. 130 V der Stadt Norden mit Stand vom Januar 2007 wird beschlossen.
2. Die Verwaltung wird beauftragt, die Beteiligung der Öffentlichkeit gem. § 3 Abs. 2 BauGB (öffentliche Auslegung) sowie die Beteiligung der Behörden und sonstige Träger öffentlicher Belange gem. § 4 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 4a Abs. 2 BauGB durchzuführen.
3. Die Stellungnahme zu den in den Beteiligungen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gem. § 4 Abs. 1 BauGB sowie gem. § 4 Abs. 2 BauGB und in der Beteiligung der Öffentlichkeit gem. § 3 Abs. 2 BauGB vorgebrachten Stellungnahmen und der Abwägungsvorschlag der Verwaltung dazu (s. Anlage 5) werden beschlossen.
4. Dem in der Anlage 6 beigefügten Entwurf eines Durchführungsplans zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 130 V der Stadt Norden wird zugestimmt.
5. Der Rat der Stadt Norden beschließt mit Rückwirkung nach Beratung der eingegangenen Stellungnahmen aufgrund § 214 Abs. 4 BauGB in Verbindung mit § 10 Abs. 1 BauGB, § 12 BauGB und § 40 der Niedersächsischen Gemeindeordnung (NGO) den Vorhaben- und Erschließungsplan und vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 130 V "Südlicher Stadteingang" nach der Plandarstellung von Juni 2007 als Satzung sowie die Begründung einschließlich Umweltbericht mit Stand von Juni 2007 und die dazugehörigen Fachgutachten.
Der Bebauungsplan in seiner danach maßgeblichen Gestalt erfasst das Gebiet im Winkel zwischen Bahnhofstraße (B 72) im Südwesten und der Straße Im Horst im (Süd-)Osten, jenseits derer die Bahnstrecke Norddeich-Emden verläuft. Im Nord-Osten schließt er die Heerstraße ein, verläuft dann südlich von den Wohnhäusern an der Brückstraße bis zur Straße "In der Gnurre" und folgt dieser (nur im Bereich des Straßenverlaufs selbst) wiederum bis zur Ecke Brückstraße. Am südlichen Ende der Straße "In der Gnurre" beschreibt er einen Bogen bis zur Bahnhofstraße, die ihrerseits von der Einmündung der Heerstraße bis zur Kreuzung Dammstraße/Brückstraße einbezogen ist. Dieser Teil der Bahnhofstraße ist als Fußgängerzone festgesetzt. Eine weitere Verkehrsfläche findet sich im Nordosten eingangs der Heerstraße. Im Übrigen ist der weit überwiegende Flächenanteil als Sonstiges Sondergebiet 1: Einkaufs- und Dienstleistungszentrum festgesetzt, eine kleine Fläche als Sondergebiet 2: Mühle, diese zugleich als Einzelanlagen (unbewegliche Kulturdenkmale), die dem Denkmalschutz unterliegen. Das Maß der baulichen Nutzung ist für das Sondergebiet mit der Grundflächenzahl 0,8, außerdem "abweichende Bauweise" festgesetzt; die Geschosszahlen liegen zwischen 1 und 3 und die Höhenfestsetzungen zwischen 6 m und 12,50 m. Festgesetzt sind ferner eine Fläche für Stellplätze sowie für Einfahrten und Einfahrtsbereiche. Der zu bebauende Bereich ist durch Baugrenzen und Baulinien strukturiert. Im nordöstlichen Bereich bei festgesetzter Bebauung mit 10 bzw. 12,50 m Höhe ist neben der Stellplatzfläche eine Fläche für Nutzungsbeschränkungen oder für Vorkehrungen zum Schutz gegen schädliche Umwelteinwirkungen umgrenzt.
Die textlichen Festsetzungen lauten:
"1. Art der baulichen Nutzung
(1) Das Sonstige Sondergebiet SO 1 dient der Unterbringung eines Einkaufs- und Dienstleistungszentrums mit einer Verkaufsfläche von bis zu 7.700 m².
Zulässig sind:
- Ein Verbrauchermarkt mit einer Verkaufsfläche bis zu 4.050 m², davon bis zu 2.430 m² Food-Sortimente und bis zu 350 m² sonstige nahversorgungsrelevante Sortimente (Drogerie/Parfümerie, Tabakwaren, Blumen)
- Fachmärkte/Geschäfte und sonstige Läden mit einer Verkaufsfläche bis zu 3.650 m², davon bis zu 650 m² Food-Sortiment und bis zu 590 m² sonstige nahversorgungsrelevante Sortimente (Drogerie/Parfümerie, Tabakwaren, Blumen)
- Einrichtungen und Gebäude für Büro und Verwaltung, Dienstleistungen, Gastronomie und Freizeit,
- ein Parkdeck.
(2) Das sonstige Sondergebiet SO 2 dient der Sicherung, Erhaltung und Nutzung eines historischen Mühlengebäudes mit Außenanlagen.
2. Maß der baulichen Nutzung
(1) Die Flächen im Sonstigen Sondergebiet SO 1 dürfen bis zu 100 % versiegelt werden.
(2) Die Gebäudehöhe wird auf die in der Planzeichnung gekennzeichneten Obergrenzen in den jeweiligen Abschnitten begrenzt. Eine Überschreitung der maximalen Gebäudehöhen ist zulässig für Brüstungselemente der parkdecks und kleinere Aufbauten (Technik, Eingangsbereiche, Treppenhaus- und Aufzugsschächte etc.).
3. Abweichende Bauweise
Innerhalb der abweichenden Bauweise sind Gebäudelängen über 50 m zulässig. Die Mindestgrenzabstände gemäß § 7 NBauO dürfen unterschritten werden.
4. Flächen für Stellplätze
Innerhalb der gekennzeichneten Flächen für Stellplätze sind Einstellplätze für das Büro- und Verwaltungsgebäude zulässig.
5. Maßnahmen zum Lärmschutz
Bei dem in einer Fläche für Vorkehrungen zum Lärmschutz belegten Gebäudeteil im Nordosten sind innerhalb der zum Zufahrts- und Andienungsbereich ausgerichteten Fassadenseite Schallschutzfenster der Schallschutzklasse II einzubauen."
Nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes gehört die Wegefläche "In der Gnurre", an der das Grundstück der Antragstellerin liegt, zu dem Sondergebiet "Einkaufs- und Dienstleistungszentrum"; sie ist mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Anlieger belastet. Die Fläche südlich des Grundstücks, die jetzt vom Haus In der Gnurre 1 eingenommen wird, liegt noch mit einem Streifen von etwa 10 m Breite in diesem Sondergebiet; südlich davon folgt inselartig das Sondergebiet Mühle. Der besagte Streifen weist zur Straße In der Gnurre und zum Sondergebiet "Mühle" hin Baugrenzen-Festsetzungen auf, nach Norden - an der Grundstücksgrenze der Antragstellerin - eine Baulinie. Die Höhe der Bebauung ist mit 7,50 m festgesetzt.
In der Begründung zum Bebauungsplan (Bl. 129 f.) werden in Bezug auf das Grundstück Brückstraße 19 mehrere Bedenken zurückgewiesen. Die Erschließung werde sowohl während der Bauphase als auch nach der Realisierung des Vorhabens gesichert sein. Zusätzliche Immissionen seien nicht zu befürchten, da die Brückstraße für den Individualverkehr durch die künftig verlängerte Fußgängerzone von dem westlichen Verkehrsnetz abgeschnitten werde. Durch Parkplatzverkehr, Andienungsverkehr und Lüftungsanlagen erzeugter Lärm unterschreite nach dem Lärmschutzgutachten die Richtwerte für Mischgebiete deutlich. Für das Grundstück selbst sei durch die Aufwertung der Umgebung eine Wertsteigerung zu erwarten. Die Baulinie an seiner Südseite rechtfertige sich, weil die nach § 7 NBauO erforderlichen Grenzabstände hier nicht eingehalten werden könnten. Deren Unterschreitung begründe sich in der besonderen städtebaulichen Situation. Es solle ein baulicher Rahmen für die Außengastronomie um die Mühle geschaffen und hierdurch der Mühlenplatz belebt werden. Das Gebäude auf dem Grundstück Brückstraße 19 sei an seiner Südseite bis auf die Grundstücksgrenze bebaut. Ein Anspruch auf Abstandsflächen in bauordnungsrechtlicher Hinsicht auf dem Nachbargrundstück zu dieser Grenzbebauung bestehe nicht.
Die Antragstellerin hat unter dem 4. August 2006 Antrag auf Normenkontrolle erhoben und hält daran nach Durchführung des ergänzenden Verfahrens fest.
Sie trägt vor:
Sie sei als Einzelkaufmann nach § 17 Abs. 2 HGB und Eigentümerin des Grundstücks Brückstraße 19 antragsbefugt. Dieses Grundstück werde zweiseitig vom Plangebiet umschlossen. Dort, wo jetzt an der Südseite eine Baulinie festgesetzt worden sei, habe sich historisch ein Grenzabstand entwickelt, der bei einer Verwirklichung der Planung entfallen würde. Damit werde der Zutritt von Licht und Luft gegenüber dem bisherigen Gebäudeabstand erheblich verringert, insbesondere durch Schließung des dortigen Fensters und durch Entstehung einer hohen Wand an der Dachterrasse. Außerdem drohe auf diesem Grundstück eine erhebliche zusätzliche Schallbelastung. Sie habe für das Grundstück und die Wohnnutzung einen neuen Mieter gefunden, der zusätzlichen Immissionen ausgesetzt werde. Die insoweit vorgenommene Abwägung verkenne, dass wegen vorherrschender offener Bauweise Abstand habe eingehalten werden müssen. Eine Belebung des Mühlenplatzes sei auch in anderer Weise als mit der beschlossenen Planung möglich gewesen.
Einwendungen und Bedenken seien bereits von seinem Rechtsvorgänger erhoben worden.
Der Bebauungsplan leide an schwerwiegenden Mängeln.
Die im Jahr 2006 erfolgte Auslegung habe nicht die erforderliche Anstoßwirkung gehabt, weil die "Hinweisbekanntmachungen" im Ostfriesischen Kurier und in der Ostfriesenzeitung den Geltungsbereich nicht beschrieben hätten. Es habe auch der Hinweis gefehlt, dass während der Auslegungsfrist Anregungen vorgebracht werden könnten. Die Hinweisbekanntmachungen entsprächen zudem nicht dem § 10 Abs. 3 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin. Die Auslegung habe schließlich nicht verkürzt erfolgen dürfen, weil sie erstmals den Vorhaben- und Erschließungsplan umfasst habe.
Der Vorhaben- und Erschließungsplan genüge nicht den Bestimmtheitsanforderungen des § 12 BauGB.
Der Bebauungsplan sei nicht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden. Der Beitrittsbeschluss zur Genehmigung des geänderten Flächennutzungsplanes sei ins Leere gegangen, weil er bereits vor der Genehmigung gefasst worden sei.
Dem Vorhabenträger fehle die Verfügungsbefugnis über die zur Planverwirklichung benötigten Grundstücke.
Die Planung verstoße gegen das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB und verletze das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB; insoweit werde auf die im Verfahren des Fleckens Hage aufgeführten Gründe Bezug genommen.
Die Antragstellerin beantragt,
den vom Rat der Antragsgegnerin am 27. Juni 2007 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 130 V "Südlicher Stadteingang" für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegnerin beantragt;
den Antrag abzulehnen.
Sie trägt vor:
Der Antragstellerin, deren Grundstück im Wesentlichen außerhalb des Plangebietes liege, fehle die Antragsbefugnis. Durch die Planung entfalle zwar der Durchgang auf dem Nachbargrundstück und ein Heizraumfenster in der Grenzwand. Der Heizraum verfüge aber noch über ein weiteres Fenster. Die geplante Bauhöhe von 7,50 m stelle keine wesentliche Änderung der jetzigen Situation dar. In Wahrheit werde das Grundstück durch die Planung aufgewertet.
Die behaupteten Nachteile der Planung seien mit dieser nicht ursächlich verbunden. Auch so sei das Grundstück In der Gnurre 1 schon mit einer Grenzbebauung bebaubar, weil faktisch geschlossene Bauweise bestehe. Da ihr eigenes Grundstück ohne Grenzabstand bebaut sei, könne die Antragstellerin schon deshalb nicht die Einhaltung eines Grenzabstandes fordern. Dabei komme es nicht darauf an, wie diese Situation entstanden sei.
Soweit die Antragstellerin auf ein erhöhtes Verkehrsaufkommen hinweise, sei nicht nachzuvollziehen, wie dies für die konkrete Grundstücksnutzung nachteilig sein könne. Tatsächlich solle die Straße In der Gnurre und der Einmündungsbereich der Brückstraße dem fußläufigen Verkehr vorbehalten bleiben, in direkter Verbindung zur nördlich gelegenen Fußgängerzone.
Der Bebauungsplan sei nicht mängelbehaftet. Im Aufstellungsverfahren sei der Planentwurf dreimal ausgelegt worden. Art und Umfang der Auslegung seien in § 10 der Hauptsatzung geregelt. Da der Bekanntmachungstext umfangreich sei und Kartengrundlagen enthalte, sei berechtigterweise von § 10 Abs. 2 der Hauptsatzung Gebrauch gemacht worden. Danach erfolge die vollständige Bekanntmachung durch Aushang am Rathaus; in den Tageszeitungen erscheine lediglich eine Hinweisbekanntmachung. Die Textteile, die die Antragstellerin vermisst habe, seien in dem "Langtext" enthalten.
Der vollständige Vorhaben- und Erschließungsplan sei tatsächlich nur Gegenstand der verkürzten dritten Auslegung gewesen. Das habe jedoch die Grundzüge der Planung nicht berührt, denn auch die Entwürfe der vorhergehenden Auslegung hätten eine exakte Beschreibung des Vorhabens enthalten. Das letzte Auslegungsexemplar habe sich davon nur in einer Wiederholung der Beschreibung des Vorhabens und der gesonderten Darstellung in einem eigenen Kapitel unterschieden.
Der Umweltbericht sei dem Planentwurf zugrunde gelegt worden.
Der Rat habe schon vor Bekanntgabe der Genehmigung des Flächennutzungsplanes am 11. Juli 2006 einen Beitrittsbeschluss fassen dürfen. Der Inhalt der Maßgaben zur Genehmigung sei bereits vorab bekannt gewesen. Einen Rechtssatz des Inhalts, dass ein Beitrittsbeschluss nicht "auf Vorrat" gefasst werden dürfe, gebe es nicht.
Das Vorhaben sei ausreichend beschrieben. Was die Antragstellerin als "unkonkret" empfinde, habe gerade den konkreten Inhalt, dass der Vorhabenträger berechtigt sei, die Bandbreite des Möglichen auszufüllen.
Der Vorhabenträger sei aufgrund von Kaufverträgen mit privaten Grundeigentümern, dem Landkreis Aurich und der Antragsgegnerin Eigentümer der erforderlichen Flächen und daher in der Lage, das Vorhaben zu verwirklichen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Dafür spricht schon der Umstand, dass ihr Grundstück mit einer kleinen Teilfläche unmittelbar im Plangebiet liegt. Zwar drängt sich eine Bebauung dieser Fläche, die sich tatsächlich als Teil des Fußweges der Straße "In der Gnurre" darstellt, nicht auf; sie ist aber nach den Unterlagen der Antragsgegnerin straßenrechtlich nicht gewidmet. Im Übrigen kann auch der Eigentümer eines Grundstücks, das außerhalb des Plangebiets liegt, in einer seine Antragsbefugnis begründenden Weise betroffen sein (BVerwG, Beschl. v. 30.7.2001 - 4 BN 41.01 -, NVwZ 2002, 87 und Bezugnahme auf das Urt. v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 -, NJW 1999, 592). Das ist hier der Fall, weil bezweckt ist, ein vorhandenes, einen gewissen Abstand haltendes Gebäude durch neue, höhere Baulichkeiten unmittelbar an die Grundstücksgrenze zu ersetzen. Unabhängig davon, ob das private Interesse an einer Beibehaltung der bisherigen Situation wehrfähig ist, hat die Antragstellerin ein subjektives Recht darauf, dass ihr Belang seinem Gewicht entsprechend "abgearbeitet " wird.
Der Normenkontrollantrag ist jedoch unbegründet.
Zu Rügen, die im Parallelverfahren 1 KN 138/06 in ähnlicher Weise und teilweise ausführlicher erhoben waren, hat der Senat im Urteil vom gleichen Tage ausgeführt:
Durchgreifende Verfahrensfehler liegen nicht vor. Insbesondere durfte die Antragsgegnerin entgegen der Auffassung des Antragstellers ein ergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB durchführen. Nach dieser Vorschrift kann die Satzung durch ein ergänzendes Verfahren zur Behebung von Fehlern auch rückwirkend in Kraft gesetzt werden. Voraussetzung hierfür ist nicht, dass ein Gericht den fraglichen Fehler festgestellt hat; auch von ihr selbst festgestellte Mängel darf eine Gemeinde in diesem Verfahren beheben (vgl. Lemmel, in: Berliner Kommentar, Stand: Juli 2005, § 214 Rdnr. 90; OVG Münster, Urt. v. 28.6.2007 - 7 D 59/06 -, juris - insoweit in NuR 2008, 811 nicht abgedruckt).
Mit der Formulierung "zur Behebung von Fehlern" ist nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Fehlerhaftigkeit des vorangegangenen Verfahrens zur festen Überzeugung der Gemeinde geworden sein muss. Sie kann dieses Verfahren auch durchführen, wenn sie nur Zweifel daran hat, dass sich ihre gegenteilige Rechtsauffassung im gerichtlichen Verfahren durchsetzen wird. Der Antragsgegnerin ist die Fehlerhaftigkeit des Verfahrens schon in einem Anhörungsschreiben des Landkreises Aurich vom 6. Juli 2006 entgegengehalten worden, mit dem die Versagung der Genehmigung der 55. Änderung des Flächennutzungsplanes angekündigt wurde. Dagegen hat sie mit Schreiben vom 12. und 13. Juli 2006 Position bezogen, woraufhin die Genehmigung mit Bescheid vom 17. Juli 2006 ohne weitere Äußerung des Landkreises Aurich zur Rechtslage erteilt wurde. Infolgedessen mag sie sich zunächst in ihrer eigenen Beurteilung der Rechtslage sicher gefühlt haben. Sie hat dann aber die Auffassung ihres Prozessbevollmächtigten im Normenkontrollverfahren akzeptiert, dass möglicherweise die in der Antragserwiderung genannten formalen Mängel im Aufstellungsverfahren zur Unwirksamkeit des Planes führen könnten. Mehr an Überzeugung braucht es für die Anwendung des § 214 Abs. 4 BauGB nicht; die Gemeinde muss ihre Bauleitpläne keinem unnötigen Risiko aussetzen.
Auch unter dem Gesichtspunkt, dass das ergänzende Verfahren nur zur Behebung von Mängeln zur Verfügung steht, die nicht den Kern der Abwägungsentscheidung betreffen, bestehen hier keine Bedenken. In Rede stehen nur schlichte Auslegungsmängel, die nicht mit einer Änderung des Vorhabens verbunden waren, und Nachbesserungen der Verknüpfung von Bebauungsplan, Vorhaben- und Erschließungsplan und Durchführungsvertrag. Allein aus der Wiederholung öffentlicher Auslegungen kann deshalb kein Schluss dahingehend gezogen werden, dass das Vorhaben grundlegend verändert worden ist. Zwar ist mit Rücksicht auf die inzwischen geänderte Rechtslage zusätzlich ein Umweltbericht verfasst worden; auch dieser ändert aber das Vorhaben als solches nicht.
Soweit das ergänzende Verfahren durchgeführt worden ist, kommt es auf eventuelle Verfahrensfehler des ursprünglichen Verfahrens nicht mehr an.
Auch der Antragsteller selbst verweist insofern lediglich noch darauf, der Ratsbeschluss vom 27. Juni 2007 lasse darauf schließen, dass das Planungsverfahren nicht korrekt durchgeführt worden sei. Das reicht jedoch zum Beleg durchgreifender Verfahrensfehler nicht aus. Nach § 214 Abs. 1 BauGB ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des Baugesetzbuches für die Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplanes nur unter bestimmten Voraussetzungen beachtlich. Der Antragsteller führt keine dieser Voraussetzungen direkt an. Soweit er sich auf die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung bezieht, macht er nur geltend, dass der Rat der Antragsgegner bestimmte Beschlüsse nachträglich gefasst habe. Damit wird als selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Rat über die Öffentlichkeits- und Behördenentscheidung selbst und gesondert zu entscheiden habe. Das ergibt sich aus Bundesrecht indes nicht; hiernach ist regelmäßig nur der Sat-zungsbeschluss erforderlich (vgl. BVerwG, Beschl. v. 3.10.1984 - 4 N 1 und 2/84 -, NVwZ 1985, 487; Beschl. v. 15.4.1988 - 4 N 4.87 -, NVwZ 1988, 916; Urt. v. 25.11.1999 - 4 CN 12.98 -, NVwZ 2000, 676; vgl. auch Urt. v. 10.8.2000 - 4 CN 2.99 -, NVwZ 2001, 203). Landesrechtlich hatte der Senat aus der bis 1996 geltenden Fassung des § 40 Abs. 1 Nr. 5 NGO zwar gefolgert, dass der Rat alle im Bauleitplanverfahren anfallenden Beschlüsse selbst zu treffen habe (Urt. v. 8.12.1995 - 1 K 3304/94 -, NVwZ-RR 1996, 345; Urt. v. 22.4.1998 - 1 K 2132/96 -, BRS 60 Nr. 39). Mit der Neufassung der genannten Vorschrift vom 22. August 1996 wurde dies allerdings auf "die abschließende Entscheidung" beschränkt (vgl. Blum/Baumgarten u.a., NGO, § 40 Rdnrn. 51 ff.). Im Übrigen sieht der Senat es als unbedenklich an, wenn vorausgegangene Maßnahmen anderer Gemeindeorgane nachträglich vom Rat "genehmigt" werden (vgl. Urt. v. 10.4.1986 - 6 OVG C 3/83 -, BRS 46 Nr. 6; Urt. v. 22.4.1998 - 1 K 2132/96 -, a.a.O.).
Zur Unwirksamkeit des Planes führt schließlich nicht, dass die vom Rat beschlossene Rückwirkung der Satzung in der Bekanntmachung des Bebauungsplanes (Amtsblatt Nr. 36 vom 5. Oktober 2007) nicht mit einer Datumsangabe versehen ist. Die Bekanntmachung besagt ausdrücklich nur, dass der Bebauungsplan mit dem Tag der Bekanntmachung, also dem 5. Oktober 2007 in Kraft trete. Das kennzeichnet den Zeitpunkt des Inkrafttretens nach § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB für sich genommen als "äußere Wirksamkeit" zutreffend, denn bis zu diesem Tage hätte sich niemand auf den Bebauungsplan berufen können. Die Bekanntmachung hätte allerdings zusätzlich angeben müssen, bis zu welchem Zeitpunkt die Rückwirkung reichen sollte ("innere Wirksamkeit"). Da die Anordnung der Rückwirkung kein Teil des Satzungsbeschlusses ist, sondern Bestandteil des Bekanntmachungsverfahrens (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.8.2000 - 4 CN 2.99 -, NVwZ 2001, 203), hätte eine Angabe des Rückwirkungszeitpunkts im Satzungsbeschluss nicht ausgereicht, ist im Übrigen aber auch dort unterblieben. Die Folgen eines insoweit unterlaufenden Fehlers lassen sich (entgegen der Auffassung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, Urt. v. 25.7.2006 - 25 N 01.410 -, NuR 2007, 425) jedoch zeitlich eingrenzen. Da es ersichtlich dem Willen der Antragsgegnerin entsprach, den Bebauungsplan zumindest mit seiner Bekanntmachung in Kraft treten zu lassen, ist allenfalls die Rückwirkung in Frage gestellt, nicht die Wirksamkeit ab Bekanntmachung. Fehler im Bekanntmachungsverfahren führen nicht um ihrer selbst willen zur kompletten Unwirksamkeit des Planes (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.5.1971 - IV C 76.68 -, BRS 24 Nr. 15). Hier ist auch weder geltend gemacht noch ersichtlich, dass die fortdauernde Wirksamkeit des Planes mit der Rückwirkung steht und fällt. Der gestellte Antrag erfordert eine genauere Befassung mit der Rückwirkung ebenfalls nicht, weil er nur die Frage der gegenwärtigen Wirksamkeit des Planes aufwirft.
Auch soweit der vorhabenbezogenen Bebauungsplan hier im Zusammenhang mit einem Vorhaben- und Erschließungsplan sowie einem Durchführungsvertrag steht, greifen die geltend gemachten Mängel nicht durch.
§ 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB führt in den maßgeblichen Fassungen seit dem 27. Juli 2001 drei Elemente auf, nämlich den vorhabenbezogenen Bebauungsplan selbst, den Vorhaben- und Erschließungsplan und den Durchführungsvertrag. Nach Wortlaut und Sinn der Norm sind der Vorhaben- und Erschließungsplan und der Durchführungsvertrag Gegenstand der Abwägung und müssen im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vorliegen (vgl. z.B. Busse, KommJur 2008, 1; OVG Bautzen, Urt. v. 7.12.2007, 1 D 18/06 -, SächsVBl. 2008, 115; ausführlich OVG Münster, Urt. v. 23.1.2006 - 7 D 60/04.NE -, BauR 2006, 1275; VGH München, Urt. v. 27.9.2005 - 8 N 03.2750 -, NVwZ-RR 2006, 381; insbesondere zum Zeitpunkt des Abschlusses des Durchführungsvertrages: Köster, ZfBR 2005, 147, 148; Menke, NVwZ 1998, 577, 580). Nur dieses Vorgehen erlaubt es der Gemeinde, nach § 12 Abs. 3 BauGB von den Festsetzungsmöglichkeiten nach § 9 BauGB und der Baunutzungsverordnung abzuweichen. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan hat typischerweise nicht den Charakter einer Angebotsplanung, sondern ist durch seine Vorhabenbezogenheit geprägt (OVG Münster, Urt. v. 3.12.2003 - 7a D 42/01.NE -, ZfBR 2004, 473).
Der Vorhaben- und Erschließungsplan weist hier das erforderliche Mindestmaß an Bestimmtheit auf (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.9.2003 - 4 CN 3.02 -, BVerwGE 119, 45 = NVwZ 2004, 229). Dabei kommt es nicht einmal darauf an, dass der Gesetzgeber in Reaktion auf diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts den "Freiheitsgrad" durch Einfügung des § 12 Abs. 3a BauGB wieder erhöht hat (vgl. Busse, a.a.O.). Denn die Unterlagen zum Vorhaben- und Erschließungsplan sind ohnehin nicht defizitär; jedenfalls im ergänzenden Verfahren sind sie hinreichend komplettiert worden.
Mangelnde Bestimmtheit ergibt sich insbesondere nicht aus der Verwendung des Begriffes "Verbrauchermarkt" in den textlichen Festsetzungen. Insoweit ist allerdings für eine begriffliche Abgrenzung weniger die von der Antragsgegnerin referierte Schrift "Handel aktuell" maßgeblich, sondern das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Juni 2003 (- 4 C 5.02 -, NVwZ 2003, 1387; vgl. auch ArbG Mannheim, Beschl. v. 8.4.2008 - 8 BV 27/07 -, juris). Zwar ist dieses zu einer älteren Fassung der Baunutzungsverordnung ergangen; in neueren Fassungen taucht der Begriff des Verbrauchermarktes nicht mehr auf. Gleichwohl bleibt diese Begriffsbestimmung für das Baurecht weiterhin maßgeblich. Trotz gewisser Weite fehlt es ihr auch nicht an der Eignung, ein Vorhaben zu konkretisieren.
Hier ist jedoch darüber hinaus eine weitere Konkretisierung dadurch eingetreten, dass ein bestimmter Sortiments-"Mix" in einer Weise zur Grundlage der Vorhabenplanung gemacht worden ist, die es nicht zulässt, dass sich der Betreiber des Verbrauchermarktes hiervon wieder löst. Die Begründung zum Bebauungsplan enthält auf Seite 4 detaillierte Verkaufsflächenvorgaben für den "Branchenmix", auf deren Grundlage auch die Verträglichkeitsuntersuchung durchgeführt worden war. Daraus bestätigt sich zunächst, dass die Antragsgegnerin mit dem Wechsel der Bezeichnung von "SB-Markt" in "Verbrauchermarkt" keine inhaltliche Planungsänderung vornehmen wollte, sondern lediglich Rücksicht auf den Sprachgebrauch des Ministeriums nahm. Abweichend vom Normalfall der "Angebotsplanung" hat diese Branchenmix-Festlegung in der Begründung aber auch unmittelbare Auswirkungen auf das Verständnis der Festsetzung selbst, weil sie einen wesentlichen Teil der Bestimmung des "Vorhabens" leistet, das Gegenstand sowohl des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes als auch des Vorhaben- und Erschließungsplanes und des Durchführungsvertrages ist. Die Genehmigung eines Vorhabens, das sich zwar allgemein innerhalb der Variationsbreite der Festsetzung "Verbrauchermarkt" hielte, nicht aber zugleich im Wesentlichen den vorgegebenen Branchenmix einhielte, käme deshalb nicht in Betracht.
Soweit der Antragsteller die Verlässlichkeit der Durchführung in Frage stellt, die § 12 Abs. 1 BauGB voraussetzt ("bereit und in der Lage") - wobei hier nicht die finanzielle Leistungsfähigkeit thematisiert worden ist (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 15.2.2006 - 3 K 35/04 -, BauR 2006, 1432), sondern der Bereich u.a. der Verfügbarkeit der Grundflächen und der Möglichkeit der Fristeinhaltung (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 23.6.2004 - 3 K 31/03 -, NordÖR 2005, 216) -, hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung ergänzende Unterlagen beigebracht, wonach der Antragsteller seine Zweifel an der Abdeckung durch entsprechende Grundstücksverkaufsverträge nicht mehr ausdrücklich aufrecht erhalten hat. Den danach verbleibenden Zweifeln, ob die in den Verträgen vorgesehenen Durchführungsfristen eingehalten werden können, ist im vorliegenden Verfahren nicht weiter nachzugehen. Der Senat geht davon aus, dass im Zusammenhang mit einer Planung nach § 12 BauGB im Normenkontrollverfahren nicht alles rügefähig ist, was diese Vorschrift an Anforderungen stellt. Das gilt im Regelfall jedenfalls für die vereinbarten Fristen. § 12 Abs. 6 BauGB sieht für den Fall der Fristüberschreitung eine besondere Rechtsfolge vor. Danach kann die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben, ohne dass der Vorhabenträger deshalb Ansprüche geltend machen darf. Die Gemeinde soll also in der Lage sein, auf Fristprobleme flexibel zu reagieren; sie darf an der (verzögerten) Durchführung des Vorhabens auch festhalten. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, ihr diese Möglichkeit nur für den Fall einzuräumen, dass die Fristüberschreitung auf Umständen beruht, die erst nach dem Satzungsbeschluss eintreten. Eine Fehleinschätzung vor diesem Zeitpunkt muss nicht um ihrer selbst willen - ohne Rücksicht auf die Sinnhaftigkeit einer Fortführung des Vorhabens - zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes führen. Dafür sprechen auch keine gewichtigen Interessen der Planbetroffenen. Deren abzuwägende Belange beziehen sich auf die realisierte Planung, nicht auf die allgemein bestehenden Risiken eines Scheiterns etwa mit der Folge, dass sie mit "Investitionsruinen" in ihrer Nachbarschaft leben müssen.
Im vorliegenden Fall besteht auch kein triftiger Grund, die Antragsgegnerin und den Vorhabenträger an der vereinbarten zeitlichen Planung festzuhalten. Es liegt auf der Hand, dass während der Dauer des Normenkontrollverfahrens feste Mieter für ein derartiges Objekt nur schwer gefunden werden können. Es wäre deshalb von vornherein sinnvoll gewesen, eine dies berücksichtigende Klausel in die Vereinbarung aufzunehmen. Im Übrigen kommt auch eine Fristverlängerung durch die Parteien aus wichtigem Grunde nach § 5 des Durchführungsvertrages in Betracht.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin lässt sich nicht feststellen, dass die zugrunde liegenden Grundstückskaufverträge und der Durchführungsvertrag nichtig sind. Dabei geht der Senat nicht auf die anhaltende und sehr umfangreiche Diskussion der Rechtsprechung insbesondere des Oberlandesgerichts Düsseldorf ein, wonach sich ein städte-baulicher Vertrag im Zusammenhang mit einem Grundstückskaufvertrag als "Baukonzession" darstellen kann und damit ausschreibungspflichtig sei (Beschl. v. 13.6.2007 - VII-Verg 2/07 -, NZBau 2007, 503; vgl. dazu z.B. Gartz, NZBau 2008, 473, Spannowsky, UPR 2008, 281).
Da hier kein Mitbewerber gegen die Vergabe vorgegangen ist und im Übrigen auch keinem anderen Unternehmen Gelegenheit zu Angeboten gegeben war (Fälle der sog. de-facto-Vergabe, vgl. BGH, Beschl. v. 1.2.2005 - X ZB 27/04 -, NZBau 2005, 290), kommt es allein noch auf § 138 BGB an. Insoweit geht das OLG Düsseldorf selbst davon aus, dass ein vergaberechtswidriger Grundstückskaufvertrag nicht stets nichtig ist. In seinem Beschluss vom 30. April 2008 (- Verg 23/08 -, NZBau 2008, 461) referiert es die bisherige Rechtsprechung vielmehr dahin, dass neben der Kenntnis der Tatsachen auch verlangt werde, dass sich die Vergabestelle der Vergabepflichtigkeit bewusst ist bzw. sich einer entsprechenden Erkenntnis verschließt; nachvollziehbare Rechtsirrtümer seien unschädlich. Die Ausschreibungspflichtigkeit solcher Verträge sei vor seiner Ahlhorn-Entscheidung in der veröffentlichten Literatur aber nicht angesprochen gewesen. Das trifft den hier vorliegenden Fall.
Die Antragstellerin leitet allerdings die Nichtigkeit des Grundstückskaufvertrages schon daraus her, dass der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 18. Juli 2007 (- C 503/04 -, NZBau 2007, 594 = NdsVBl. 2008, 224 = DVBl. 2007, 1165 = ABl. EU 2007, Nr. C 211, 2) den Grundsatz "pacta sunt servanda" bei einer Verletzung europäischen Vergaberechts nicht gelten lassen wolle. Insofern ist zunächst zu beachten, dass es in der genannten Entscheidung um Dienstleistungsaufträge mit einer Laufzeit von jeweils dreißig Jahren ging; ob die gleichen Rechtsfolgen auch für andere Rechtsverhältnisse (z.B. Bauaufträge oder Lieferaufträge) gelten, wird in der Literatur noch erörtert (vgl. Jennert/Räuchle, NZBau 2007, 555). Darüber hinaus hat sich der EuGH lediglich zu dem Fall der Folgenbeseitigungspflicht aus einem nach Art. 228 EG stattgebenden Urteil geäußert. Dabei hat er keineswegs angenommen, vergaberechtswidrige Verträge seien ipso jure nichtig, sondern ist auf die innerstaatlichen Möglichkeiten eingegangen, einen solchen Vertrag durch einen neuen Rechtsakt aufzuheben. Es spricht Einiges dafür, dass die einschneidenden Folgen der EuGH-Rechtsprechung überhaupt erst dann eingreifen, wenn ein Vertragsverletzungsverfahren durch eine mit Gründen versehene Stellungnahme der Europäischen Kommission gem. Art. 226 Abs. 1 EG eingeleitet worden ist (vgl. Jennert/Räuchle, a.a.O.).
Darüber hinaus hat der EuGH nicht dem Vertragspartner entgegengehalten, er könne sich auf die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und auf den Grundsatz pacta sunt servanda sowie das Grundrecht auf Eigentum nicht berufen - das hat er vielmehr ausdrücklich für möglich gehalten -, sondern nur dem Mitgliedsstaat. Wie dieser sich bzw. den Vertragspartner, für den er europarechtlich die Verantwortung hat, inner-staatlich sozusagen "aus der Schlinge zieht" - bei einem Dienstleistungsvertrag evtl. mit einer Kündigung aus besonderem Grunde -, hat er nicht vorgegeben. Denkbar wäre auch, dass sich der Mitgliedsstaat aus einem Vertrag, von dem man sich anders nicht mehr lösen kann, "herauskauft", zu welchem Preis auch immer. Bis zu einem solchen Beendigungsakt bleiben auch vergaberechtswidrige Verträge jedoch im Zweifel wirksam.
Dieses Ergebnis wird auch durch die sog. Rechtsmittelrichtlinie vom 11. Dezember 2007 (ABl. EU 2007, L 335/31) bestätigt, die bis zum 20. Dezember 2009 innerstaatlich umzusetzen ist. Dadurch wird u.a. in die Richtlinie 89/665/EWG ein Art. 2 d eingeführt, wonach die Mitgliedstaaten Sorge dafür zu tragen haben, dass Verträge in bestimmten Fällen auf einen Nachprüfungsantrag hin durch eine vom öffentlichen Auftraggeber unabhängige Nachprüfungsstelle für unwirksam erklärt werden können. Von einer automatischen Unwirksamkeit geht europäisches Recht mithin nicht aus.
Für eine Vertragsnichtigkeit wegen Verstoßes gegen europäisches Beihilferecht (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.2007 - IX ZR 256/06 -, BGHZ 173, 129) fehlt es schon an hinreichenden Anhaltspunkten, dass Leistung und Gegenleistung nicht in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Die Antragsgegnerin hat dargetan, dass bei der Bemessung des Kaufpreises übernommene Entsorgungspflichten für anfallenden Straßenaufbruch berücksichtigt worden sind. Das ist für sich genommen nicht zu beanstanden. Der Senat hat auch keinen Anlass, ohne substantiierten Vortrag zu gleichwohl verbleibenden Ungleichgewichten zwischen Leistung und Gegenleistung in eine "Preisprüfung" einzutreten.
Der Bebauungsplan ist auch nicht unter Verstoß gegen § 2 Abs. 2 Satz 1 BauGB zustande gekommen. Nach dieser Vorschrift sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Sie stellt nicht nur Anforderungen an das Verfahren, sondern auch an das Ergebnis der Abwägung.
Im Hinblick auf das eingeschlagene Verfahren hat die Antragsgegnerin mehr als das Erforderliche getan. Sie hat für die interkommunale Abstimmung das Moderationsverfahren der Regionalen Strukturkonferenz Ostfriesland genutzt und anschließend ein Raumordnungsverfahren eingeleitet, das auch Rückwirkungen auf die Dimensionierung des Vorhabens hatte. Dass sie den Vorstellungen des Antragstellers nicht in weitergehendem Umfang entgegengekommen ist, insbesondere die Thesen des von dort herrührenden CIMA-Gutachtens nicht übernommen hat, stellt keinen Mangel des Abstimmungsverfahrens dar. Sie hat hierzu eine erneute Stellungnahme von Lademann & Partner eingeholt (Mai 2005), was für eine ernsthafte Abwägung spricht. Sie hat im Übrigen die Untersuchung "Marktbedeutung von großflächigen Einzelhandelseinrichtungen im Einzugsbereich des Mittelzentrums Norden" (Lademann & Partner, März 2004) anfertigen lassen, sich also näher mit der Situation herausgehobener Einzelbetriebe in Hage befasst als der Antragsteller selbst.
Bezogen auf den Antragsteller ist auch das Ergebnis der Abwägung nicht zu beanstanden. Nach einer gängigen Faustformel hat eine interkommunale Abstimmung erst dann stattzufinden, wenn Umsatzverschiebungen von mindestens 10 % zu erwarten sind (OVG Lüneburg, Urt. v. 17.1.2008 - 1 LB 154/07 -, ZfBR 2008, 482). Bereits das ist hier zweifelhaft.
Der einzige Anhaltspunkt dafür, dass eine Überschreitung des genannten Wertes eintreten könnte, ergibt sich aus dem CIMA-Gutachten, und zwar nur für einen relativ kleinen Anteil des Einzelhandelsspektrums, nämlich das Sortimentsbündel "Bekleidung, Sport, Schuhe, Textilien", das nicht zum Kern des Nahversorgungsauftrags der Grundzentren gehört. Das Gutachten ist noch von 9.600 m² Verkaufsfläche ausgegangen, während das Vorhaben inzwischen auf 7.700 m² Verkaufsfläche reduziert worden ist. Setzt man den Wert von 12,5 % entsprechend herab, reduziert er sich auf knapp über 10 %. Tatsächlich dürfte sich der Kaufkraftabzug noch etwas mehr verringern, weil die Attraktivität des Vorhabens stark an seine Größe gebunden sein dürfte. Der weitere in dem Gutachten genannte Wert einer Umsatzverlagerung von 8,8 % in der Warengruppe Lebensmittel und Reformwaren schrumpft bei entsprechender Berechnung auf knapp über 7 %.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt kein Abwägungsausfall darin, dass die Antragsgegnerin auf das zentrenrelevante Segment keine besondere Rücksicht genommen habe. Sie hat sich im Gegenteil argumentativ mit dem Gutachtenbefund auseinandergesetzt und die Situation einzelner Betriebe im Bereich des Antragstellers selbst untersuchen lassen. Dass sie ihm keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen hat, beruht auf Erwägungen, die ihren Platz innerhalb der Abwägung haben und nicht zu beanstanden sind. Zunächst brauchte sie die ihr günstigeren Ergebnisse der von ihr selbst eingeholten Gutachten nicht ohne weiteres hintanzustellen. Zu Recht ist sie aber auch davon ausgegangen, dass die Werte für einzelne Sortimentsbündel grundsätzlich nicht für sich betrachtet werden dürfen, sondern nur als Teil des Gesamtumsatzes, der hier nicht in Gefahr gerät, mehr als 10 % Einbuße zu erleiden. Allenfalls dann, wenn es auf die Erhaltungsmöglichkeiten konkreter Geschäfte, insbesondere von "Magneten" geht, kann ein genauerer Blick auf die Sortimentsbündel geboten sein. Das hat das CIMA-Gutachten jedoch nur für den EDEKA-Markt getan, der wenig aus dem Sortimentsbündel "Bekleidung, Sport, Schuhe, Textilien" führen dürfte.
Auch mit einer Überschreitung des genannten Wertes von 10 % wäre aber erst die Schwelle für die Auslösung des interkommunalen Abstimmungsgebots erreicht; sie markiert nicht etwa schon die Fehlerhaftigkeit der Abwägung. Insofern ergeben sich Ähnlichkeiten mit der Bewertung von "schädlichen" Auswirkungen im Sinne von § 34 Abs. 3 BauGB, die der Senat zuletzt im Urteil vom 17. Januar 2008 (- 1 LB 154/07 -, ZfBR 2008, 482) erörtert hat. Das Bundesverwaltungsgericht verweist in diesem Zusammenhang in seinem Urteil vom 11. Oktober 2007 (- 4 C 7.07 -, BVerwGE 129, 307 = NVwZ 2008, 308) u.a. auf das Landesentwicklungsprogramm Bayern (Verordnung vom 16. Juli 2002, BayGVBl 2002, 341), das auf numerisch präzise Quoten der Kaufkraftabschöpfung zur Steuerung des großflächigen Einzelhandels zurück greift. Es legt fest, wieviel Prozent der sortimentsspezifischen Kaufkraft im jeweiligen Verflechtungsbereich des innerstädtischen Einzelhandels durch ein neues Einzelhandelsprojekt abgeschöpft werden darf, nämlich je nach Größe des Verflechtungsbereichs und je nach Sortiment zwischen 10 und 30 %. Bei "nur" 10 % sind danach schon handfeste zusätzliche Gesichtspunkte erforderlich, um die Abwägung als fehlerhaft charakterisieren zu können. Das Bundesverwaltungsgericht selbst ist in dem genannten Fall davon ausgegangen, dass die dort in Rede stehenden Zahlen schädliche Auswirkungen ohne weiteres ergäben, weil die vorgesehene neue Verkaufsfläche rund 75 % der in der Innenstadt bereits vorhandenen Verkaufsfläche betrage und der angestrebte Umsatz 60 % des in der Innenstadt bereits erwirtschafteten Umsatzes. Hier sprechen die Zahlen eine andere Sprache: Das Einzelhandelskonzept vom Januar 2000 hatte für die Antragsgegnerin eine Innenstadtverkaufsfläche von immerhin 21.450 m² ermittelt, wovon die jetzt vorgesehene Verkaufsfläche knapp 36 % darstellt. Der Antragsteller hat für den Bereich seiner Hauptstraße eine Verkaufsfläche von 17.737 m² angegeben, in Bezug hierzu kommt das streitige Vorhaben auf fast 43 1/2 %. Schon das reicht an die Verhältnisse in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall bei weitem nicht heran. Der für die Antragsgegnerin für das Jahr 2000 auf 361 Mio. DM = rund 185 Mio € ermittelte Umsatz bezieht sich offenbar nicht nur auf die Innenstadtverkaufsfläche, ebenso wie der davon im Verträglichkeitsgutachten vom März 2002 abgeleitete Umsatzwert für die vorhabenrelevanten Sortimente in Höhe von 152 Mio. €. Ihm wird auch nur der für 2010 erwartete Umsatz des Vorhabens gegenübergestellt, also zu einem Zeitpunkt, in dem sich das Marktpotential wiederum deutlich erhöht haben soll. Danach beträgt der prognostizierte Umsatz des Vorhabens 2010 knapp über 22 % des 2000 erzielten Umsatzes. Das ist im Übrigen nicht mit dem zu erwartenden Kaufkraftabzug identisch.
Da ernsthaft nur Umsatzeinbußen bis zu 10 % oder knapp darüber in Rede stehen und die Möglichkeit einer Aufgabe einzelner Einzelhandelsbetriebe eher abstrakt "in den Raum gestellt" als konkret belegt worden ist, kann von einem Abwägungsmangel zu Lasten des Antragstellers nicht ausgegangen werden.
Wieweit sich eine Gemeinde zur Abwehr von Vorhaben der vorliegenden Art nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB auf Ziele der Raumordnung berufen kann, ist eingehend diskutiert worden. Der Senat hat zur Zielqualität von Plansätzen des Landes-Raumordnungsprogramms wiederholt Stellung genommen, zuletzt im Urteil vom 1. September 2005 (1 LC 107/05 -, NdsVBl. 2006, 71). Auf die Fassung des Landes-Raumordnungsprogramm von 1994, die in den Entscheidungsgründen größeren Raum eingenommen hat, kommt es allerdings für das vorliegende Verfahren nicht mehr an, sondern auf die Fassung von 2002. Noch nicht einschlägig ist das Landes-Raumordnungsprogramm 2008 (GVBl. 2008, 132).
In der Fassung von 2002 lautet die Ziffer C 1.6 03 (auszugsweise):
"03 1 Neue Flächen für den großflächigen Einzelhandel sind den jeweiligen Zentralen Orten zuzuordnen. 2 Der Umfang neuer Flächen bestimmt sich aus dem zentralörtlichen Versorgungspotenzial, den vorhandenen Versorgungseinrichtungen und der innergemeindlichen Zentrenstruktur.
3 Die Ausweisung neuer Flächen für den großflächigen Einzelhandel ist interkommunal abzustimmen.
4 Die Ausweisung neuer Flächen für den großflächigen Einzelhandel sowie die Errichtung und Erweiterung von Einzelhandelsgroßprojekten mit innenstadtrelevanten Kernsortimenten sind grundsätzlich nur an städtebaulich integrierten Standorten zulässig. 5 Sie sind in das ÖPNV-Netz einzubinden.
6 Verkaufsfläche und Warensortiment von Einzelhandelsgroßprojekten im Sinne des § 11 Abs. 3 der Baunutzungsverordnung müssen der zentralörtlichen Versorgungsfunktion und dem Verflechtungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes entsprechen. 7 Ausgeglichene Versorgungsstrukturen und deren Verwirklichung, die Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte und integrierter Versorgungsstandorte sowie die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung dürfen nicht wesentlich beeinträchtigt werden.
8 Die Träger der Regionalplanung können in den Regionalen Raum-ordnungsprogrammen im Einzelfall Standorte für den großflächigen Einzelhandel jenseits der Grenze des privilegierten Zentrums in einem benachbarten Mittel- oder Grundzentrum festlegen, wenn damit den Anforderungen der Sätze 3 bis 7 in gleicher Weise entsprochen wird wie bei einer Lage innerhalb des Gemeindegebiets des privilegierten Zentrums; dies gilt nicht für die in den Sätzen 11 und 12 geregelten Vorhaben.
9 Einzelhandelsgroßprojekte mit nicht innenstadtrelevanten Kernsortimenten (wie Möbelmärkte, Bau- und Heimwerkermärkte, Gartencenter, Automärkte) sind grundsätzlich auch außerhalb der städtebaulich integrierten Lagen an verkehrlich gut erreichbaren Standorten im baulichen Zusammenhang mit dem Siedlungsbereich des jeweiligen Zentralen Ortes zulässig. 10 Dabei sind nicht mehr als 10 vom Hundert und maximal 700 m² der Verkaufsfläche für innenstadtrelevante Randsortimente zulässig.
11 Hersteller-Direktverkaufszentren sind Einzelhandelsgroßprojekte und aufgrund ihrer besonderen Ausprägung und Funktion nur in Oberzentren an städtebaulich integrierten Standorten zulässig. 12 Dies gilt auch für Erscheinungsformen des Handels in Verbindung mit Freizeit-, Kultur- und sonstigen Dienstleistungen, die in ihren Auswirkungen Hersteller-Direktverkaufszentren vergleichbar sind.
13 Zur Verbesserung der Grundlagen für regionalbedeutsame Standortentscheidungen von Einzelhandelsprojekten sollen regional abgestimmte Konzepte erstellt werden."
Durch eine diesen Plansätzen beigefügte Fußnote ist angemerkt, dass es sich - bis auf den Plansatz 13 - um (durch Fettdruck näher gekennzeichnete) Ziele der Raumordnung im Sinne von § 3 Nr. 2 des Raumordnungsgesetzes des Bundes handelt. Ob eine raum-ordnerische Vorgabe die Qualität eines Ziels oder eines Grundsatzes hat, hängt allerdings nicht von der Bezeichnung ab, sondern richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst (BVerwG, Urt. v. 18.9.2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226).
Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG müssen hinreichend bestimmt, jedenfalls aber bestimmbar, und rechtmäßig sein, um eine Planungspflicht der Gemeinde auf der Grundlage von § 1 Abs. 4 BauGB auslösen zu können (BVerwG, Urt. v. 17.9.2003 - 4 C 14.01 -, BVerwGE 119, 25 = NVwZ 2004, 220; Urt. v. 18.9.2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226; Bunzel, ZfBR 2008, 132). Ob diese Voraussetzung für alle der aufgeführten Plansätze erfüllt ist, bedarf hier keiner Entscheidung. Der Antragsgegner rügt insbesondere einen Widerspruch zu den Plansätzen 4, 5, 6 und 7. Ein solcher Widerspruch liegt für einen Teil der Plansätze eindeutig nicht vor. Andere Plansätze üben - ihre hinreichende Bestimmbarkeit unterstellt - jedenfalls Zurückhaltung in dem Sinne, dass der planerische Spielraum der nachfolgenden Planungsebene geschont wird (vgl. hierzu Urt. v. 18.9.2003 - 4 CN 20.02 -, BVerwGE 119, 54 = NVwZ 2004, 226), mit der Folge, dass ein Widerspruch erst dann festgestellt werden kann, wenn der vorgegebene Rahmen handgreiflich überschritten wird. Auch das ist nicht der Fall.
Die städtebauliche Integration des Standortes (Plansatz 4) und seine Einbindung in das ÖPNV-Netz (Plansatz 5) können nicht ernsthaft in Frage gestellt werden. Der südlich benachbarte Komplex des neuen Bahnhofs und des zentralen Busbahnhofs sind - wie sich aus dem Internetauftritt der Antragsgegnerin ergibt - seit dem 30. April 2007 in Betrieb. Das hat zugleich zur Folge, dass der Standort des Vorhabens stärker mit der Straße Neuer Weg verklammert werden kann, zumal mit der vorgesehenen Fußgängerzone.
Die Verkaufsfläche und das Warensortiment des Vorhabens stehen nicht im oben genannten Sinne handgreiflich im Widerspruch zur zentralörtlichen Versorgungsfunktion und dem Verflechtungsbereich der Antragsgegnerin (Plansatz 6). Dabei bedarf es keines Eingehens auf rechtliche Details des Kongruenzgebotes (vgl. dazu etwa Hoppe, NVwZ 2006, 1345).
Als Mittelzentrum ist die Antragsgegnerin für die Aufnahme von Vorhaben dieser Art ohne weiteres geeignet. Konträre Positionen werden insoweit nur hinsichtlich der Dimensionierung des Vorhabens vertreten, was jedoch durch die zwischenzeitliche Reduzierung der Verkaufsfläche nicht mehr die frühere Bedeutung hat.
Welcher Kundenkreis sich angesprochen fühlt, ist ohnehin mit von der Attraktivität des Gebotenen abhängig, was sich nicht allein aus bau- und planungsrechtlichen Einordnungen ergibt. Das Verhältnis von Verkaufsfläche zur Fläche des Verflechtungsbereichs kann deshalb nur ein grobes Raster abgeben, zumal es auch von infrastrukturellen Eigenarten des Verflechtungsbereiches und der Bevölkerungsdichte abhängt, welche Einzelhandelsgroßprojekte der Verflechtungsbereich aufnehmen kann. Wie auch die vorliegenden Gut-achten zeigen, sind eindeutige, trennscharfe Aussagen anhand allseits anerkannter Kennzahlen (noch) nicht in dem Sinne möglich, dass ein fachlicher Streit über die Richtigkeit des Ergebnisses ausbleibt. Auch ein durch das Gericht eingeholtes "Obergutachten" würde daran nichts ändern. Zwar ist im Zusammenhang mit der Frage der schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB anerkannt, dass Marktgutachten ein geeignetes Mittel zur Beurteilung der hier in Rede stehenden ökonomischen Zusammenhänge sind; der Umstand, dass die Beurteilung wirtschaftlicher Zusammenhänge schwer fallen mag, und die Erfahrung, dass Vorhabenbetreiber (und - wie zu ergänzen wäre - Vorhabengegner) in einzelnen Fällen unplausible Marktgutachten vorlegen, steht dem nicht entgegen (BVerwG, Urt. v. 11.10.2007 - 4 C 7.07 -, BVerwGE 129, 307 = NVwZ 2008, 308). Hier haben sich aber schon "führende" Gutachter für Fragen der in Rede stehenden Art gegenübergestanden; insgesamt ist über einen Mangel an Gutachten nicht zu klagen. Es spricht auch nichts dafür, dass ein weiteres Gutachten überlegene Methoden einsetzen könnte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit könnte nur noch zwischen den beiden schon besetzten Polen interpoliert werden, was sich zu Lasten des Antragstellers auswirken würde, weil der dann resultierende Wert deutlich unter der 10 %-Marke läge.
Da hier aus den äußeren Zonen 3 a, 3 b und 4 ohnehin nur Marktanteile zwischen 1 % und deutlich unter 3 % erwartet wurden und spätere Gutachten der "Gegenseiten" überdies herausgestellt haben, dass die Antragsgegnerin ihren Blick zu weit gerichtet habe, kann eine handfeste Überschreitung des Verflechtungsbereiches hier aber auch ohne weitere fachliche Hilfe verneint werden. Im Übrigen bedeutet die Forderung nach Entsprechung in Bezug auf den Verflechtungsbereich weder, dass weitergehende räumliche Beziehungen bei der Untersuchung der Marktpotentiale und Auswirkungen auszublenden sind, noch dass die Gemeinde sicherstellen muss, dass Kunden außerhalb des Verflechtungsbereiches von dem Vorhaben überhaupt nicht angezogen werden.
Hinreichend gesichert ist schließlich auch, dass ausgeglichene Versorgungsstrukturen und deren Verwirklichung, die Funktionsfähigkeit der Zentralen Orte und integrierter Versorgungsstandorte sowie die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung nicht wesentlich beeinträchtigt werden (Plansatz 7). Dabei kann sich der Antragsteller im vorliegenden Verfahren ohnehin nicht auf Zentralörtlichkeit berufen. Grundzentrum war nach dem früheren Regionalen Raumordnungsprogramm des Landkreises Aurich von 1992 nicht der Antragsteller, sondern die Samtgemeinde Hage. Dieses Programm ist überdies durch Zeitablauf am 20. Juli 2006 außer Kraft getreten, also vor dem zweiten Satzungsbeschluss (27. Juni 2007). Nach fernmündlichen Auskünften des Landkreises Aurich war es - nach Genehmigung im Jahre 1992 - erst am 30. März 1996 in Kraft getreten. Nachdem die ursprüngliche gesetzliche Laufzeit von 7 Jahren (§ 8 Abs. 5 Satz 2 NROG 1982) in § 8 Abs. 5 Satz 1 NROG auf 10 Jahre verlängert und die Übergangsvorschrift des § 27 Abs. 1 NROG 2001 durch Art. 6 des Gesetzes zur Änderung der Niedersächsischen Besoldungsgesetzes und anderer dienstrechtlicher Vorschriften vom 30. Oktober 2001 (Nds.GVBl. 668) korrigiert worden war, endete der 10-Jahreszeitraum am 29. März 2006. Auf Antrag des Landkreises vom 21. März 2006 wurde die Geltungsdauer (nur) bis zum 20. Juli 2006 verlängert.
Selbst wenn man dem Antragsteller zugute hält, dass er jedenfalls faktisch die Position eines Grundzentrums ausfüllt, kann er sich auf die Zentralörtlichkeit jedenfalls nicht mit Erfolg berufen.
Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 17. Januar .2008 (- 1 LB 154/07 -, ZfBR 2008, 482) bemerkt, im Zusammenhang mit § 2 Abs. 2 Satz 2 BauGB könne auch berücksichtigt werden, ob sich die "Vorhabengemeinde" (Mittelzentrum) nur das an Umsatz "zurückhole", was ihr im Vergleich zu Umlandgemeinden, die "nur" Grundzentren darstellen, raum-ordnungsrechtlich an sich zustehe. Eine ähnliche Situation ist nach der Gutachtenlage insofern auch hier gegeben, als die Einzelhandelsausstattung des Antragstellers für ein Grundzentrum recht komfortabel ist. Er kann nicht verlangen, dass ein benachbartes Mittelzentrum aus Rücksicht darauf eigene Anstrengungen unterlässt, sich ebenfalls eine für ein Mittelzentrum gute Ausstattung zu verschaffen.
Der Senat orientiert sich ergänzend auch an den Ergebnissen des vorab durchgeführten Raumordnungsverfahrens. Zwar war auch dieses kein Garant für ein inhaltlich "richtiges" Ergebnis, wie sich aus dem Ablauf im Einzelnen ergibt; der Kompromissvorschlag des Ministeriums fußte im Übrigen nicht auf theoretisch besseren Erkenntnisquellen oder Beurteilungsmethoden. Gerade der Umstand, dass das Raumordnungsverfahren zu einer Änderung der ursprünglichen Planung geführt hat, zeigt aber, dass es die örtlichen Probleme ernsthaft aufgegriffen hat. Dafür, dass eine davon abweichende Entscheidung des Senats noch zu einem "gerechteren" Ergebnis führen könnte, spricht hier nichts.
Auch die weiteren Rügen verhelfen dem Antrag nicht zum Erfolg.
Im Hinblick auf die Verkehrslärmsituation konnte die neue Umgehungsstraße zwar nicht schon im Jahr 2008 Entlastung bringen, wie in der Begründung zum Bebauungsplan noch angenommen wurde (S. 25). Nach einer Pressemitteilung der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr vom 15. August 2008 ist an diesem Tage das erste Teilstück der Ortsumgehung von der Landesstraße 5 bis zur Hafenstraße in Norddeich für den Verkehr freigegeben worden. Insgesamt soll die Ortsumgehung im Herbst 2009 fertig gestellt werden. Gleichwohl bleibt die Abwägung tragbar, zumal angenommen werden kann, dass der Fertigstellungszeitpunkt ohnehin jenseits der Freigabe der Umgehungsstraße liegt.
Soweit der Antragsteller auf zusätzlichen Lärm hinweist, der bei der erneuten Abwägung zu Unrecht keine Beachtung gefunden habe, substantiieren die hierzu gemachten Angaben schon nicht hinreichend, dass von den hinzutretenden Firmen ein signifikant höherer Verkehr ausgelöst wird. Das gleiche gilt für den Busverkehr vom und zum neuen zentralen Omnibusbahnhof;
Der Vortrag hinsichtlich des Bahnlärms setzt - durch Unübersichtlichkeit der Begründung zum Bebauungsplan gefördert - auf einen veralteten Planungsstand auf. Zum Bahnlärm führt die Begründung zum Bebauungsplan unter Nr. 5.3.5.2 (S. 30) aus:
"Die Bahnlinie ist vom nächstgelegenen Gebäude im Plangebiet ca. 30 m entfernt. Am nächsten an der Bahn liegt der Dienstleistungsbereich, der vom Schutzanspruch als Gewerbegebiet eingestuft wird. Die Stadt stellt die Vorbelastung in die Abwägung ein und nimmt eventuelle Überschreitungen der Orientierungswerte für ein Gewerbegebiet in Kauf. Für mögliche Fensteröffnungen sollte gegebenenfalls Schallschutz vorgesehen werden."
Erst an anderer Stelle der gleichen Begründung, nämlich unter Nr. 5.5.3 (S. 135) wird die Information ergänzt, dass die Antragsgegnerin auf die Einwendungen der Deutschen Bahn im Schreiben vom 10. Dezember 2006 hin eine ergänzende Lärmuntersuchung in Auftrag gegeben hat, die im März 2007 vorlag. Danach werden mit Ausnahme des Immissionspunktes im Dienstleistungsbereich die Orientierungswerte tags und nachts um mehr als 6 dB(A) unterschritten, in diesem Ausnahmepunkt werden sie immerhin eingehalten.
Auch der Hinweis auf eine Feinstaubproblematik ist zu unsubstantiiert. Der Senat hat insoweit schon mit Beschluss vom 5. Juni 2008 (- 1 MN 328/07 -, juris sowie DVBl. 2008, 1000 und NVwZ-RR 2008, 769, jeweils nur Leitsatz) einen ins Einzelne gehenden Vortrag sowie die Darstellung als erforderlich angesehen, dass Anstrengungen unternommen seien, die Gemeinde zur Entwicklung eines Sanierungsplanes zu bewegen.
Soweit der Antragsteller hinsichtlich der vorgesehenen Ausgleichsmaßnahme Festsetzungsdefizite sieht, liegen diese hier nicht vor. Nach § 1 a Abs. 3 Satz 4 BauGB können auch vertragliche Vereinbarungen nach § 11 oder sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen werden. Dem genügt die vorliegende Planung. § 13 des Vorhabendurchführungsvertrages legt die hierfür vorgesehene Fläche fest, die im Eigentum der Antragsgegnerin steht (inzwischen aufgeteilt in Flurstücke 91/ 3 und 91/4) und nimmt zur Konkretisierung der vorzunehmenden Maßnahmen auf Nr. 2.4.2 des Umweltberichts Bezug. Höhere Anforderungen stellt die Rechtsprechung des Senats nicht, soweit die bisher zu entscheidenden Fälle überhaupt vergleichbare Züge aufweisen (Senatsurteile v. 5.4.2001 - 1 K 2758/00 -, BauR 2001, 1546 u.v. 25.6.2008 - 1 KN 132/06 -, NuR 2008, 714). Bei isolierter Betrachtung des § 13 des Vertrages könnte zwar zunächst der Eindruck entstehen, dass nicht klar geregelt ist, wer die Maßnahmen vorzunehmen hat, die auf Kosten des Vorhabenträgers gehen. Im Zusammenhang mit den für die anderen Bestimmungen des Vertrages gewählten Formulierungen ergibt sich jedoch eindeutig, dass diese Pflicht den Vorhabenträger trifft.
Die Abwägung weist auch hinsichtlich der Belange der Nachbarbebauung auf dem Grundstück der Antragstellerin, namentlich hinsichtlich der Abstandsfrage, keine durchgreifenden Mängel auf.
Der Senat bewertet die vorherrschende Bauweise allerdings entgegen der Auffassung der Beteiligten weder als offen noch als geschlossen, sondern als "diffus" (vgl. hierzu Boeddinghaus, BauR 2008, 1249). Soweit die historische Bausubstanz z.B. auf Luftbildern und Fotos noch erkennbar ist, dürfte früher eine geschlossene Bauweise prägend gewesen sein, die sich z.B. bei den Häusern Brückstraße 19, 18a und 18 sowie jenseits einer Einfahrt östlich davon entlang der Brückstraße erhalten hat. Die Luftbildaufnahme Bl. 1 der Beiakte A zeigt aber sehr deutlich, dass von der historischen Bebauung nur Rudimente übrig geblieben sind. Ein einheitliches Bild ist nicht mehr erkennbar.
Die Situation an der Grenze des Bebauungsplanes kann auch nicht als "grenznahe Bebauung" (vgl. Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 8. Aufl. 2006, § 8 Rdnr. 5.1 mit Nachweisen) der geschlossenen Bauweise zugerechnet werden. Der Senat ist zwar nicht den Vorstellungen des VGH München gefolgt, dies sei bei Abständen von unter 1 m der Fall, sondern hat auch bei 1,20 m Abstand noch geschlossene Bauweise angenommen (Beschl. v. 20.8.1999 - 1 L 1515/99 -, juris). Hier beträgt der Abstand jedoch schon 1,55 bis 2 m, das ist zu weit.
Kommt eine Anwendung des § 8 Abs. 3 NBauO infolgedessen nicht in Betracht, war hier grundsätzlich ein Grenzabstand nach § 7 NBauO einzuhalten. Darauf hat allerdings die Antragstellerin selbst nachbarrechtlich keinen Anspruch, weil ihr eigenes Haus auf die Grenze gesetzt ist und damit den Bauwich in vergleichbarer Weise in Anspruch nimmt, wie das nach dem Plan für das Nachbargrundstück vorgesehen ist (vgl. ausführlich Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 8. Aufl. 2006, § 72 Rdnr. 30 mit Nachweisen). Der Annahme der Vergleichbarkeit, die eine wertende Betrachtung erfordert, steht nicht entgegen, dass der Plan mit 7,50 m eine Gebäudehöhe zulässt, die diejenige des Gebäudes der Antragstellerin übersteigt. Insoweit weist die Antragsgegnerin zu Recht darauf hin, diese Festsetzung habe nicht zur Folge, dass ein Gebäude durchgehend dieser Höhe an der Grenze errichtet werde. Bei einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan ist zu berücksichtigen, dass es sich um keine nach Belieben ausschöpfbare Angebotsplanung handelt. Das Vorhaben ist vielmehr durch den Vorhabenplan in einer Weise konkretisiert, die nachträgliche Veränderungen nur noch in Grenzen zulässt. Hier ergibt sich aus den maßgeblichen Ansichten, dass die Grenzbebauung grundsätzlich mit 6,77 m Höhe geplant ist und nur an einem einzelnen Giebel des zur Mühle hin weisenden Eingangs 7,11 m erreichen soll. Eine seitliche Abschlusswand an der Straße ist in den Zeichnungen nicht selbst bemaßt, möchte etwa die Höhe des Giebels haben und wird von der Antragsgegnerin mit 7 m Höhe "gelesen". Die Planfestsetzung stellt also einen Rahmen zur Verfügung, dessen völlige Ausnutzung nicht zu besorgen ist. Dass der Bebauungsplan etwas mehr zulässt, als der Vorhabenträger plant, stellt bei den hier in Frage stehenden Differenzen für sich genommen keinen Planungsmangel dar.
Gegenüber dem eigenen Gebäude der Antragstellerin ergibt sich zwar auch bei Zugrundelegung des konkreten Vorhabens ein deutlicher Versprung, zumal das dortige Obergeschoss zugunsten einer Dachterrasse zurückgesetzt ist. Auch der Lichteinfall zu dieser Dachterrasse wird von der Seite her geschmälert, weil die jetzt vorhandene Nachbarwand nur 6,5 m Höhe und etwas über 1,5 m Abstand hat. Gleichwohl kann hier noch von einer "entsprechenden" Bebauung ausgegangen werden; insoweit fällt nicht jede Abweichung ins Gewicht.
Auch der Umstand, dass die Grenzwand des Gebäudes der Antragstellerin ein Fenster aufweist, führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Allerdings hat der Senat mit Beschluss vom 20. Oktober 1986 (- 6 B 75/86 -, BRS 46 Nr. 179 = BauR 1987, 187) aufgrund Bestandsschutzes eines auf der Grenze stehenden Gebäudes seinem Eigentümer einen Abwehranspruch gegen eine Baugenehmigung für das Nachbargrundstück zugebilligt, durch die das Zumauern von Fenstern gestattet wurde (a.A. VGH München, Urt. v. 20.5.1985 - 14 B A 593 -, BauR1986, 193; OVG Münster, Beschl. v. 31.1.1991 - 7 B 241/91 -, BauR 1991, 728; VGH Mannheim, Beschl. v. 20.1.1997 - 5 S 3088/96 -, BauR 1998, 91; OVG Münster, Beschl. v. 17.2.2000 - 7 B 178/00 -, BauR 2000, 77; anders bei eingetragenem "Lichtrecht" OVG Münster, Urt. v. 17.1.2008 - 10 A 2795/05 -, juris), und zwar in einem Fall, in dem eine Baugenehmigung nicht mehr auffindbar war, weil das Gebäude offenbar schon vor 1888 errichtet worden war.
Im Unterschied hierzu kann aber eine Genehmigung des Fensters nicht unterstellt werden, was ihm seine Schutzwürdigkeit nimmt (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1992 - 7 C 6.92 -, BVerwGE 91, 92 = NJW 1993, 342). Denn trotz alter Bausubstanz ist die Genehmigungslage hier hinreichend deutlich. Zwar mag 1908 ein Stallaußenfenster von etwa 80 cm Breite und 60 cm Höhe zu dieser Seite hin genehmigt worden sein. Spätestens die Baugenehmigung von 1931 ging aber wieder von einer geschlossenen Wand aus. Hinzu kommt, dass der hinter dem Fenster liegende Heizungsraum nicht zu den Aufenthaltsräumen im Sinne des § 43 Abs. 1 NBauO gehört, so dass seine Fenster - anders als der Sachverhalt in den oben aufgeführten Entscheidungen (und bei BVerwG, Beschl. v. 12.1.1995 - 4 B 197.94 -, BauR 1995, 517) - im Sinne des § 43 Abs. 4 NBauO nicht "notwendig" sind. Im Übrigen verfügt er tatsächlich über ein weiteres Fenster an der Rückseite und müsste dort nach der Baugenehmigung für die Heizungsanlage zwei Fenster haben.
Diese Schwäche der nachbarlichen Abwehrposition würde zwar die Baugenehmigungsbehörde (bei Hinwegdenken des Bebauungsplanes) nicht berechtigen, eine Baugenehmigung unter Außerachtlassung der aktuell geltenden Abstandsbestimmungen zu erteilen. Demgegenüber ist die Gemeinde bei der Bauleitplanung nicht daran gehindert, die genannten Umstände bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen, jedenfalls im Sinne einer Schmälerung des Gewichts der an sich beachtlichen nachbarlichen Interessen.
Sie ist zunächst nicht generell daran gehindert, die vorgefundene Bauweise in davon abweichender Weise zu überplanen; das Bauordnungsrecht erfordert für sich genommen keine Perpetuierung des Bestehenden. Hier stellt sich die Situation so dar, dass das Heranbauen an die Grenze einen kleineren Teilbereich geschlossener Bebauung im Dreieck "In der Gnurre"/Brückstraße praktisch komplettiert und sich insoweit als Fortschreibung des Vorhandenen darstellt. Zwar setzt der Bebauungsplan selbst keine geschlossene Bauweise fest, sondern nach der textlichen Festsetzung Nr. 3 ausdrücklich "Abweichende Bauweise" (§ 22 Abs. 4 BauNVO) u.a. dahingehend, dass die Mindestabstände gemäß § 7 der NBauO unterschritten werden dürfen. Zusammen mit der Baulinie und der Höhenfestsetzung kommt das der Festsetzung einer geschlossenen Bauweise an dieser Stelle jedoch gleich. Erforderlich war dabei auch nicht, zur "Überwindung" des § 7 NBauO auch das Grundstück der Antragstellerin mit in das Plangebiet einzubeziehen und dort geschlossene Bauweise festzusetzen. Da das Gebäude der Antragstellerin bereits an die Grenzen gebaut ist, kommt ihm die bestehende diffuse Bauweise nur als Reflex ohne eigenen Beitrag zu dieser Situation zugute; die damit bestehende Vergünstigung kann deshalb auch ohne eigenes Zutun, d.h. allein durch Veränderungen auf den Nachbargrundstücken ohne eigene Überplanung wieder entfallen. Die Abwägung der damit einhergehenden Verschlechterung im Zusammenhang mit dem "nur" benachbarten Plangebiet reicht rechtlich aus.
In dieser Abwägung durfte die Antragsgegnerin vor allem berücksichtigen, dass bei Einhaltung des bei offener Bauweise vorgeschriebenen Abstands die Bebaubarkeit des Nachbargrundstücks beträchtlich eingeschränkt wäre. Dort steht mit der Mühle ein zentrales bauliches Element des Plangebiets, das um sich herum einen gewissen Freiraum erfordert, aber auch nicht "beziehungslos" wirken sollte. Die hier gewählte Lösung, die Mühle mit kleineren Läden sowie Restaurants u.ä. zu umgeben und den so entstehenden Platz auch für Außenrestauration nutzen zu lassen, d.h. ihn auch zu beleben, geht angemessen mit dieser planerischen Aufgabe um. Sie setzt allerdings zu Lasten der Antragstellerin voraus, dass auch zu deren Seite hin gebaut, d.h. das vorhandene Gebäude durch ein solches ersetzt wird, das an die Grenze aufschließt. Bei der Gewichtung dieser gegenläufigen Interessen hat die Antragsgegnerin keinen Fehler begangen. Das private Interesse der Antragstellerin daran, dass die Bebauung nicht an ihre Grenzwand heranrückt, ist nicht höher zu bewerten als das öffentliche Interesse an einer städtebaulich vernünftigen Lösung für die bauliche "Einrahmung" der Mühle.
Die die Verkehrszunahme betreffenden Rügen sind unsubstantiiert. Zunächst fehlt es schon an einer Konkretisierung der vorhandenen und beabsichtigten Nutzung. Die Antragstellerin hat das Gebäude ersteigert, nachdem seine Hauptnutzung als Gaststätte offenbar gescheitert war. Ein Konzept für die zukünftige Nutzung ist nicht ersichtlich; in welchem Umfang und mit welchen Zukunftsaussichten Wohnnutzung betrieben wird, ist nicht dargelegt. Nach dem gesamten Erscheinungsbild des Gebäudes entspräche eine Sanierung wirtschaftlicher Vernunft. Sollte an der Gaststättennutzung festgehalten werden, käme dieser eine Zunahme des Verkehrs eher zugute als dass sie ihr abträglich wäre. Durch die Festsetzung von Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Anlieger im Bereich der Straße "In der Gnurre" wird dort selbst allerdings keine massive Zunahme des Verkehrs ausgelöst; lagebedingt wird nur der weniger immissionsträchtige Fußgängerverkehr zunehmen. Im Übrigen verlangt die Situation eher nach architektonischer Selbsthilfe als nach planerischen Maßnahmen.
Ende der Entscheidung
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