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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 07.07.2008
Aktenzeichen: 1 ME 131/08
Rechtsgebiete: BauGB, BauNVO, NNatG, NROG, RoV, UmwRG, UVPG, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 2 Abs. 4
BauNVO § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
NNatG § 60
NROG § 13 Abs. 3
NROG § 14 Abs. 2 S. 3
NROG § 16 Abs. 5 S. 3
RoV § 1 S. 2
RoV § 1 Nr. 15
RoV § 1 Nr. 19
UmwRG § 1 Abs. 1
UmwRG § 1 Abs. 1 S. 3
UmwRG § 2 Abs. 1
UmwRG § 2 Abs. 5 S. 1 Nr. 2
UmwRG § 4 Abs. 2
UVPG § 16 Abs. 3
UVPG § 17
UVPG § 2 Abs. 3 Nr. 2
VwGO § 44a
VwGO § 47
Zum vorbeugenden Rechtsschutz für einen Naturschutzverein auf Einstellung eines Bauleitplanverfahrens, bis ein von ihm für erforderlich gehaltenes Raumordnungsverfahren durchgeführt ist.
Gründe:

Der Antragsteller, ein nach eigener Darstellung in Niedersachsen anerkannter Verein im Sinne von § 60 NNatG, will erreichen, dass der Antragsgegnerin das weitere Betreiben des Verfahrens zur Aufstellung eines Bebauungsplanes für einen Autohof an der Bundesautobahn A 7 bei C. im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt wird, bis ein Raumordnungsverfahren eingeleitet und abgeschlossen ist.

Die Antragsgegnerin hält ein Raumordnungsverfahren nach § 13 Abs. 3 NROG nicht für erforderlich.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, für eine Verbandsklage nach § 60 a NNatG fehle die Antragsbefugnis, weil § 60 c Abs. 2 Nr. 1 NNatG bei den Klagerechten von Verbänden nicht den Fall der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens (§ 60 a Ziffer 3 NNatG) aufführe und im Übrigen nur Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte einräume. Aus letzterem Grunde greife auch § 60 c Abs. 2 Nr. 2 NNatG nicht ein. Für eine analoge Anwendung auf nicht durchgeführte Verfahren fehle es an einer ungewollten Regelungslücke. Für ein Vorgehen nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz könne offen bleiben, ob der vom Antragssteller dargestellte Sachverhalt als Verletzung des "Rechtes Einzelner" anzusehen sei und ob § 44 a VwGO dem Antrag entgegenstehe. Jedenfalls fehle es an einem subjektiven Recht, weil § 14 Abs. 2 Satz 3 NROG Rechtsansprüche auf die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens ausschließe. Subjektive Rechte könnten danach nur im Rahmen eines bereits eingeleiteten Raumordnungsverfahrens bestehen (siehe die Beschlussgründe im Einzelnen unter www.dbovg.niedersachsen.de und in juris).

Der Antragsteller hat zwischenzeitlich beim Verwaltungsgericht Klage erhoben, u.a. mit dem hilfsweise gestellten Antrag, den Rechtsstreit gemäß Art. 234 EG-Vertrag auszusetzen und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die folgende Frage vorzulegen:

Steht Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABI. EG L 175 S. 40), geändert durch die Richtlinie 97/11/EG vom 3. März 1997 (ABI. EG L 73 S. 5) und durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 (ABI. EG L 156 S. 17), sowie Art. 15a der Richtlinie 96/61 EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABI. EG L 257 S. 26), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 166/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 (ABI. EG L 33 S. 1), einer nationalen Rechtsvorschrift wie § 14 Abs. 2 Satz 3 NROG, wonach auf die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens kein Rechtsanspruch besteht, insoweit entgegen, als diese nationale Rechtsvorschrift das Recht eines anerkannten Umweltverbandes auf Beteiligung an einem Raumordnungsverfahren gemäß Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABI. EG L 175 S. 40), geändert durch die Richtlinie 97/11/EG vom 3. März 1997 (ABI. EG L 73 S. 5) und durch die Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 (ABI. EG L 156 S. 17), sowie Art. 15a der Richtlinie 96/61 EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABI. EG L 257 S. 26), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 166/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Januar 2006 (ABI. EG L 33 S. 1), praktisch unmöglich machen würde?

Mit der Beschwerdebegründung vertieft er seine Auffassung, die Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht werde den genannten europarechtlichen Vorgaben nicht gerecht. Zumindest sei die Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie mangels hinreichender Umsetzung unmittelbar anzuwenden.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Soweit sich das Verwaltungsgericht mit der Rechtslage nach den §§ 60 ff NNatSchG befasst hat, werden seine Ausführungen mit der Beschwerdebegründung nicht gesondert angegriffen; die genannten Vorschriften werden allenfalls am Rande erwähnt. Wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO prüft der Senat diesen Teil des erstinstanzlichen Beschlusses deshalb nicht weiter nach.

Im Übrigen, d.h. soweit Vorschriften des Umweltrechtsbehelfsgesetzes in Rede stehen, verweist der Senat ergänzend auf die (in Ausfüllung der Art. 10a Abs. 3 der Richtlinie 85/337/EG und Art. 15 Abs. 3 der Richtlinie 96/61/EG, beide in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG, geschaffene) Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 3 UmwRG: Danach bleiben (im Falle eines Unterlassens nach Satz 2 dieser Vorschrift) u.a. § 16 Abs. 3 UVPG und § 44 a VwGO unberührt. Mit letzterer Bestimmung hat der Gesetzgeber ersichtlich auf die über die Anwendbarkeit des § 44 a VwGO in europarechtlichen Zusammenhängen (vgl. dazu Berkemann/Halama, Handbuch zum Recht der Bau- und Umweltrichtlinien der EG, 2008, Rdnrn. 486 f.) geführte Diskussion reagiert. Beide Vorschriften schließen jedenfalls eine isolierte Überprüfung der Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens aus. Die nationale Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben lässt damit den von der Antragstellerin eingeschlagenen Weg nicht zu, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat.

Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz geht damit nicht hinter den Stand der auf bisherigen Rechtsgrundlagen beruhenden Rechtsprechung zurück. Abgesehen vom Beschluss des Bayerischen VGH vom 15.10.1999 (- 1 CE 99.2148 -, DVBl. 2000, 207), den das Verwaltungsgericht erwähnt hat, hat z.B. der Senat mit Beschluss vom 23.12.1998 (- 1 M 4466/98 -, NVwZ 1999, 1241) entschieden, ein nach § 29 BNatSchG anerkannter Verein könne einen Bebauungsplan nicht mit der Behauptung im Normenkontrollverfahren angreifen, er sei entgegen § 6 Abs. 1 NNatSchG nicht durch einen Grünordnungsplan vorbereitet worden, bei dessen Aufstellung der Verband zu beteiligen gewesen wäre. Im Zusammenhang mit vorbeugendem Rechtsschutz hat das Bundesverwaltungsgericht den an einem luftverkehrsrechtlichen Genehmigungsverfahren beteiligten Gemeinden keinen Anspruch darauf zugebilligt, dass im Zuge des Genehmigungsverfahrens ein Raumordnungsverfahren durchgeführt wird (Beschl. v. 21.2.1973 - IV CB 69.72 -, DVBl. 1973, 448, in Bezug genommen wiederum im Urt. v. 9.11.2006 - 4 A 2001.06 - Rdnr. 29, BVerwGE 127, 95 = NVwZ 2007, 445). Eine geschützte Rechtsposition komme ihnen - wenn überhaupt - nur in Bezug auf nachbarschützende Vorschriften des Luftverkehrsgesetzes und ihrer Planungshoheit zu, nicht aber in Bezug auf die gesetzlichen Regelungen zur Raumordnung und Landesplanung, deren Trägerinnen sie nicht seien. Die sog. Umgehungsrechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. Urt. v. 7.12.2006 - 4 C 16.04 -, BVerwGE 127, 208 = NVwZ 2007, 576) kann demgegenüber nicht unmittelbar fruchtbar gemacht werden. Anders als bei den Alternativen Planfeststellung - Plangenehmigung z.B. nach dem Luftverkehrsgesetz steht neben dem Bebauungsplanverfahren keine weitere Handlungsmöglichkeit zur Verfügung; in Bezug auf das letztlich maßgebliche Verfahren hat hier keine unzutreffende Auswahl stattgefunden. Die Nichtdurchführung eines Raumordnungsverfahrens bedeutet auch nicht zugleich, dass die Umweltverträglichkeit des Planungsvorhabens nicht geprüft wird; sie erfolgt vielmehr nach § 17 UVPG nach den Vorschriften des Baugesetzbuches, in das die UVP-Richtlinie durch das EAG Bau integriert worden ist (vgl. Schrödter, LKV 2008, 109).

Die Antragstellerin kann allerdings darauf verweisen, dass die Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz in der Literatur vielfach auf Kritik gestoßen ist (vgl. zuletzt etwa Berkemann/Halama, a.a.O., Rdnrn. 495 ff; Guckelberger, NuR 2008, 78; Genth; NuR 2008, 28; Koch, NVwZ 2007, 369; Kment, NVwZ 2007, 274; Ziekow, NVwZ 2007, 259). Auch soweit diese Kritik teilweise eher rechtspolitisch motiviert zu sein scheint, verkennt der Senat nicht, dass das genannte Gesetz bewältigungsbedürftige Rechtsfragen aufwirft. Dabei ist allerdings - im gleichem Sinne wie bei der "verfassungskonformen" Auslegung - eine "europarechtskonforme" Auslegung dieses Gesetzes und der damit im Zusammenhang anzuwendenden Vorschriften geboten, bevor einer Norm Europarechtswidrigkeit angelastet wird.

Für die vorliegende Fallgestaltung wendet sich die Kritik vor allem dagegen, dass § 2 Abs. 1 Nr. 1 UmwRG daran anknüpft, ob eine Entscheidung oder deren Unterlassung Rechtsvorschriften widerspricht, die dem Umweltschutz dienen, Rechte Einzelner begründen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können. "Rechte Einzelner" hat § 14 Abs. 2 Satz 3 NROG in Bezug auf die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens durch ausdrückliche Verneinung eines Rechtsanspruchs ausgeschlossen; flankiert wird dies durch § 16 Abs. 5 Satz 3 NROG, wonach das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens gegenüber dem Träger des Vorhabens und gegenüber Einzelnen keine unmittelbare Rechtswirkung hat, und bundesrechtlich durch § 16 Abs. 3 UVPG. Der Antragsteller argumentiert nun in weitgehender Übereinstimmung mit der aufgeführten Literatur, Art. 10a der Richtlinie 85/337/EG und Art. 15 der Richtlinie 96/61/EG, beide in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG, statuierten übereinstimmend das "Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren"; damit sei es nicht vereinbar, eine Verbandsklage davon abhängig zu machen, dass die umstrittene Rechtsvorschrift "Rechte Einzelner" begründe. Dies lässt sich den angeführten Vorschriften jedoch mit herkömmlichen Auslegungsmethoden nicht entnehmen. Offenbar gerade mit Rücksicht auf die Unterschiede der nationalen Rechtssysteme lassen Art. 10a der Richtlinie 85/337/EG und Art. 15 der Richtlinie 96/61/EG vielmehr alternativ zwei Umsetzungsmöglichkeiten zu. Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz fußt nicht auf der Alternative a) "ausreichendes Interesse", sondern auf der Alternative b) "eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert". Das Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, ist auf dieser Grundlage (nur) Maßstab dafür, was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung zu gelten hat. Es erfordert dagegen keine Abkehr von dem gewachsenen nationalstaatlichen Verständnis der "Rechtsverletzung", das ja gerade in dem Alternativenangebot seine europarechtliche Anerkennung gefunden hat.

Infolgedessen qualifiziert sich nicht jeder Verstoß gegen eine innerstaatlich aufgestellte Regel als "Rechtsverletzung" auch in europarechtlichem Sinne. Das nationale Recht kennt vielgestaltige Rechtsquellen, Regelungstypen und Regelungszwecke. Gerade im Bereich der Ordnung des Verfahrens könnten Rechtsnormen durchaus zu Verwaltungsvorschriften "abgestuft" werden, während andererseits Verwaltungsvorschriften wiederum "normkonkretisierende" Wirkungen und damit eine gewisse Bindungskraft entfalten können. Das nationale Recht differenziert überdies nach der Schutzwirkung von Normen ("nachbarschützend", "drittschützend", "allein im öffentlichen Interesse" u.ä.), worauf in bestimmten Konstellationen ("Vollprüfung") jedoch auch verzichtet wird. Wann "Rechte Einzelner" begründet sind, wird vor diesem Hintergrund für verschiedene Fallgruppen durch Auslegung zu ermitteln sein, wobei das oben angesprochene Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, im Auge zu halten ist.

Zu Recht weist die Antragstellerin auch darauf, dass das europäische Recht mit den genannten Bestimmungen den Mitgliedstaaten überlässt, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen und Unterlassungen angefochten werden können.

Infolgedessen muss nicht jede dem allgemeinen Wohl dienende gesetzliche Regelung des nationalen Gesetzgebers, die über europäische Standards hinausgeht, automatisch zugleich die Rechtsstellung der Verbände erweitern; der Gesetzgeber darf auch "überobligatorische" Planungsinstrumente schaffen, um seine Aufgabenerfüllung intern zu optimieren. Das ist gerade im Raumordnungsrecht keine rein theoretische Möglichkeit. Der Gesetzgeber hat bereits durch die angeführten Bestimmungen deutlich gemacht, dass er das Raumordnungsverfahren als verwaltungsinternes Planungsinstrument schaffen wollte, um sich vernünftiger Entscheidungsgrundlagen zu vergewissern, bevor er in konkretere Planungen eintritt. Solange für letztere damit nicht rechtsverkürzende Vorfestlegungen erfolgen, ist dies nicht zu beanstanden. Die Vorstellung, staatliche Planung müsse bereits angreifbar sein, bevor die Verwaltung noch selbst ein spruchreifes Konzept dafür hat, was sie überhaupt planen will, wäre verfehlt. Auch im Detail zeigt das Raumordnungsrecht, dass bewusst Spielräume für "überobligationsmäßige" Handhabungen dieses Handlungsinstruments geschaffen werden sollten. So lässt die Raumordnungsverfügung die Befugnis der für die Raumordnung zuständigen Landesbehörden, "weitere" raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen von überörtlicher Bedeutung nach landesrechtlichen Vorschriften in einem Raumordnungsverfahren zu überprüfen, "unberührt". Einen derartigen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht z.B. in seinem Beschluss vom 15. Mai 1996 (- 11 VR 3.96 -, DVBl. 1996, 925) erörtert und daran, dass die einschlägige landesrechtliche Vorschrift einen Rechtsanspruch auf die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens ausdrücklich ausschloss, keinen Anstoß genommen. Auch das NROG geht in seinem § 13 nicht davon aus, dass die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens in den Fällen der Absätze 1 und 2 dieser Vorschrift zwingend ist. Absatz 2 stellt die Durchführung eines solchen Verfahrens mit der Formulierung "können" frei. Die Formulierung "sollen" in Absatz 1 lässt darauf schließen, dass die Abweichungsregel in Absatz 3 nicht der einzige Grund ist, der für ein Absehen von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens herangezogen werden kann. Ob die sachlichen Voraussetzungen des Absatzes 3 erfüllt sind, unterliegt ohnehin einer weiten Einschätzungsprärogative.

Diese wird hier auch nicht durch die Raumordnungsverordnung (BGBl. I 1990, 2766) eingeschränkt. Die bisherige Entwurfsfassung des Bebauungsplans ergibt insbesondere mit ihrer textlichen Festsetzung Nr. 1.1 keine Anhaltspunkte dafür, dass hier ein Hotelkomplex, eine große Freizeitanlage (beides § 1 Nr. 15 RoV) oder ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb (§ 1 Nr. 19 RoV) in Frage steht. Ein Hotel für gewerbliche Kraftfahrer, die den Autohof nutzen, mag größer ausfallen; das allein reicht aber für § 1 Nr. 15 RoV nicht aus. Diese Vorschrift nennt nebeneinander Feriendörfer, Hotelkomplexe, sonstige große Einrichtungen für die Ferien- und Fremdenbeherbergungsbetriebe sowie große Freizeitanlagen. Das deutet darauf hin, dass jedenfalls keine schlichten Funktionsunterkünfte für Fernfahrer gemeint sind. Ebensowenig ist zu erwarten, dass für diesen Kundenkreis zur Ausgestaltung ihrer Pausenzeiten eine "große Freizeitanlage" entstehen soll, auch wenn man die Bedürfnisse "sonstiger Reisender" und den Umstand berücksichtigt, dass auch "Spielhallen mit Automaten" genannt werden. Das spricht eher für kleinere "Schlichtvorhaben". Schließlich drängt sich entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht auf, dass die "Tankstellen inkl. Tankstellenshops bis 400 qm Verkaufsfläche" und die "Einzelhandelsbetriebe neben den Tankstellenshops bis zu einer Gesamtverkaufsfläche von insgesamt 800 qm" dergestalt zu addieren sind, dass sie zusammen einen großflächigen Einzelhandelsbetrieb im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BauNVO ausmachen. Ob es sich um einen einzigen oder um mehrere Betriebe handelt, beurteilt sich nach baulichen und betrieblich-funktionellen Gesichtspunkten (BVerwG, Urt. v. 24.11.2005 - 4 C 8.05 -, ZfBR 2006, 253). Mit der Verwendung des Wortes "neben" in der genannten textlichen Festsetzung dürfte aber kaum eine räumliche Zuordnung zwischen Tankstelle und Einzelhandelsbetrieben gemeint sein; vielmehr dürfte dieses Wort hier in der Bedeutung von "abgesehen von" benutzt worden sein.

Der Senat sieht deshalb bei der vorliegenden Fallgestaltung keinen Anlass, die Wirksamkeit des § 14 Abs. 2 Satz 3 NROG unter europarechtlichen Gesichtspunkten in Zweifel zu ziehen. Das danach erforderliche innerstaatliche "Mindestprogramm" ist nach vorläufiger Einschätzung im Eilverfahren bereits dadurch erfüllt, dass die UVP-Richtlinie durch das EAG Bau in das Baugesetzbuch integriert worden ist (vgl. Schrödter, LKV 2008, 109) und dass die Bauleitpläne nach § 2 Abs. 4 BauGB den Zielen der Raumordnung anzupassen sind.

Unabhängig hiervon sieht der Senat keinen Anlass für die Gewährung gerade vorbeugenden Rechtsschutzes. Vorbeugendem Rechtsschutz gegen Maßnahmen der kommunalen Rechtssetzung stehen zwar nicht schlechthin durchgreifende prozessuale Hindernisse entgegen. Für ihn ist allerdings dort kein Raum, wo und solange der Betroffene zumutbarerweise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann, wo also ein gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse fehlt (BVerwG, Urt. v. 29.7.1977 - IV C 51.75 -, BVerwGE 54, 211 = DVBl. 1977, 897). Hier äußert sich der Antragsteller nur dahingehend, er werde nicht erst durch eine erteilte Baugenehmigung in seinen Rechten verletzt. Darauf käme es jedoch nur an, wenn zu erwarten wäre, dass Baugenehmigungen schon vor Erlass des Bebauungsplans wegen "Planreife" nach § 33 BauGB erteilt werden. Dafür ist jedoch wenige Tage vor dem Termin, an dem die Antragsgegnerin ihren Satzungsbeschluss fassen will, nichts ersichtlich. Einschlägiger nachträglicher Rechtsschutz, mit dem sich der vorbeugende Rechtsschutz einen Vergleich gefallen lassen muss, wären hier deshalb in erster Linie ein Normenkontrollverfahren etwa in Verbindung mit einem Antrag nach § 47 Abs. 6 VwGO, und eine Anfechtungsklage gegen eine nachfolgende Baugenehmigung, verbunden mit einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Insoweit ist jedoch nicht dargetan, dass diese nachträgliche Rechtsschutzmöglichkeit unzureichend wäre.

Grundsätzlich erlaubt das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz unter bestimmten Voraussetzungen eine Umwelt-Verbandsklage gegen Bebauungspläne (vgl. Berkemann/Halama, a.a.O., Rdnrn. 496 ff.; Schrödter, LKV 2008, 109, 112) und die Anfechtung von Baugenehmigungen. Nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers müsste es sich bei dem in Rede stehenden Bebauungsplan um eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a, S. 2 UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 Nr. 3 UVPG handeln, wenn er hier schon die Unterlassung eines Raumordnungsverfahrens als Entscheidung nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 UVPG i.V.m. den Nummern 18.4.1, 18.6.2, 17.2.2 und 18.1 der Anlage 1 ansieht. Dass die weiteren Voraussetzungen des § 1 Nr. 1 bis 3 UmwRG nicht erfüllt wären oder dass die Begrenzung der Begründetheitsprüfung durch § 2 Abs. 5 Nr. 2 UmwRG im vorliegenden Fall konkret zu Rechtsschutzproblemen führt, ist nicht dargetan. Das gilt auch in Ansehung des § 4 Abs. 2 UmwRG, wonach bei der gerichtlichen Überprüfung von Bebauungsplänen die §§ 214 und 215 BauGB maßgeblich bleiben. Eine für den Autohof erteilte Baugenehmigung unterfiele in gleichem Sinne dem § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwRG.

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