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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 31.10.2007
Aktenzeichen: 1 ME 277/07
Rechtsgebiete: VwGO
Vorschriften:
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6 |
NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG BESCHLUSS
Aktenz.: 1 ME 277/07
Datum: 31.10.2007
Gründe:
Der Antragsteller wendet sich als Eigentümer des mit einem Reihenhaus bebauten Grundstücks Birkenring 38 in B. -D. (Flurstück 77/97) gegen den seinem südlichen Nachbarn für das Grundstück Birkenring 37 (Flurstück 77/96) erteilten Bauvorbescheid vom 6. März 2007 für eine im westlichen Anschluss an deren Reihenhaus geplante Wohnhauserweiterung. Nachdem die Beigeladenen zunächst eine 7,35 m breite und 4,20 m tiefe rückwärtige Wohnhauserweiterung zur Genehmigung gestellt hatten, die die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 13. Dezember 2004 abgelehnt hatte, ist Gegenstand des angegriffenen Bauvorbescheides vom 5. März 2007 nunmehr nur noch ein Anbau in einer reduzierten Tiefe von 3,20 m.
Die Grundstücke des Antragstellers und der Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes TI 3 der früheren Gemeinde D., der seit dem 13. Juli 1965 rechtsverbindlich ist. In Ausnutzung seiner Festsetzungen sind westlich des Birkenweges drei zueinander versetzt angeordnete Reihenhausstränge mit zunächst drei bzw. dann vier Reihenhäusern entstanden, und zwar - soweit ersichtlich - ohne rückwärtige Anbauten. Der Bebauungsplan TI 3 setzt im hier maßgeblichen rückwärtigen Grundstücksbereich eine Baugrenze fest. Die mit dem angegriffenen Bauvorbescheid genehmigte eingeschossige Wohnhauserweiterung (Höhe 3,10 m) geht einen Meter über diese Baugrenze hinaus (ursprünglich 2 m).
Mit Beschluss vom 31. Juli 2007 hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit der Begründung abgelehnt, dass der Erweiterungsbau zwar die im Bebauungsplan TI 3 festgesetzte rückwärtige Baugrenze um 1 m überschreite, dadurch aber keine nachbarschützenden Vorschriften des Antragstellers verletzt würden. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den Beschluss Bezug genommen.
Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die im Hinblick auf § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die (rechtzeitig) geltend gemachten Beschwerdegründe zu beschränkende Prüfung führt nicht zu einem von der Entscheidung des Verwaltungsgerichts abweichenden Ergebnis.
Dem Verwaltungsgericht ist zunächst darin zu folgen, dass nachbarschützende Rechte des Antragstellers nicht dadurch verletzt werden, dass durch die genehmigte Wohnhauserweiterung die im Bebauungsplan TI 3 festgesetzte rückwärtige Baugrenze um einen Meter überschritten wird. Es entspricht - jedenfalls inzwischen - der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass Baugrenzen nicht - wie etwa Festsetzungen über die Art der Nutzung - von Gesetzes wegen uneingeschränkt Nachbarschutz entfalten, also mithin nicht allein schon auf die Feststellung eines entsprechenden Verstoßes auch Nachbarschutz zu gewähren ist. Vielmehr kommt der Festsetzung einer rückwärtigen Baugrenze nur dann nachbarschützende Wirkung zu, wenn dies dem Willen des Plangebers entspricht (so z. B. d. Sen. in seinem Beschl. v. 20.6.2000 - 1 M 2011/00 -, BauR 2000, 1844 = BRS 63 Nr. 188 u. v. 15.11.2006 - 1 ME 194/06 -, NdsVBl. 2007, 136 im Anschluss an die Rspr. d. BVerwG v. 19.10.1995 - 4 B 215.95 -, BauR 1996, 82 = BRS 57 Nr. 219 u. Beschl. v. 23.6.1995 - 4 B 52.95 -, ZfBR 1995, 329 = BRS 57 Nr. 209), und zwar in bewusster Abkehr von der vom Antragsteller angeführten Rechtsprechung des Ba.-Wü. VGH, etwa Beschluss vom 23. Oktober 1997 - 5 S 1596/97 -, BRS 59 Nr. 126 (vgl. in diesem Zusammenhang umfänglich und differenzierend auch Schmaltz, Zur drittschützenden Wirkung von Festsetzungen eines Bebauungsplanes in: Planung und Plankontrolle, Otto Schlichter zum 65. Geburtstag 1995, insbesondere S. 595 ff.).
Anhaltspunkte dafür, dass die im Bebauungsplan TI 3 festgesetzte rückwärtige Baugrenze nach dem Planungswillen der Gemeinde nachbarschützende Wirkungen entfalten soll, sind nicht ersichtlich. Die dem Bebauungsplan TI 3 beigefügte, allenfalls als spärlich zu umschreibende Begründung lässt nur einen gegenteiligen Schluss zu. Sie führt zum "Inhalt des Bebauungsplanes" im hier interessierenden Zusammenhang lediglich aus:
"Das Gelände ist als reines Wohngebiet ausgewiesen und vorwiegend dazu bestimmt, dem Wohnbedürfnis zu dienen.
Die Baufläche ist insgesamt rund 4,44 ha groß.
Die Bebauung erfolgt in offener Bauweise mit zwei- und dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern und in geschlossener Bauweise mit zweigeschossigen Einfamilienhäusern."
Daraus ist der Rückschluss auf einen von der Gemeinde beabsichtigten Nachbarschutz der festgesetzten Baugrenze nicht andeutungsweise ableitbar.
Der angegriffene Bauvorbescheid verletzt auch sonst keine schützenswerten Nachbarrechte des Antragstellers. Die rückwärtige Wohnhauserweiterung verstößt insbesondere nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Der Anbau überschreitet die rückwärtige Baugrenze lediglich um einen Meter; er wahrt nach Norden, also zum Grundstück des Antragstellers, den nach der Niedersächsischen Bauordnung erforderlichen Grenzabstand. Der südlich angrenzende Nachbar des Grundstücks Birkenring 36 (Flurstück 77/80) hat der genehmigten Grenzbebauung ausdrücklich zugestimmt. Die Überschreitung der Baugrenze um - lediglich - einen Meter kann nur als maßvoll eingestuft werden, dies umso mehr, als der Antragsteller auf seiner südlichen Grundstücksgrenze noch eine "Grenzmauer" in etwa der Tiefe des Anbaus gesetzt hat. Dabei ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung, dass diese Mauer nicht vollständig undurchsichtig ist. An der Bewertung des Anbaus des Beigeladenen als dem Antragsteller "zumutbar" ändert auch nichts der Umstand, dass der Antragsteller den Anbau von oben, also von seinem ersten Geschoss aus, sehen kann.
Ende der Entscheidung
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