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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.11.2008
Aktenzeichen: 10 LA 260/08
Rechtsgebiete: AufenthG, GG
Vorschriften:
AufenthG § 104a Abs. 1 S. 1 Nr. 6 | |
AufenthG § 104a Abs. 3 S. 1 | |
AufenthG § 104a Abs. 3 S. 2 | |
GG Art. 3 Abs. 3 S. 1 | |
GG Art. 6 Abs. 1 |
Der Versagungsgrund des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG ist mit höherrangigem Recht vereinbar. Zum Einwand der mittelbaren Diskriminierung von Frauen durch den Versagungsgrund des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG.
Strafgerichtliche Verurteilungen sind im Rahmen des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG so lange zu berücksichtigen, bis sie nach den Bestimmungen des BRZG getilgt sind und damit dem Verwertungsverbot unterliegen (keine Beschränkung auf strafgerichtliche Verurteilungen, die in den nach der Altfallregelung vorausgesetzten Voraufenthaltszeiten ergangen sind).
Gründe:
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil der von ihr geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vorliegt bzw. von der Klägerin nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt worden ist.
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts gewichtige Gründe sprechen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163). Dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ist genügt, wenn innerhalb der Antragsfrist aus sich heraus verständlich näher dargelegt wird, dass und aus welchen Gründen dieser Zulassungsgrund vorliegen soll. An die Darlegung sind nicht geringe Anforderungen zu stellen (Nds. OVG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 - 2 LA 413/03 -, NdsRpfl 2005, 80). Die dem Revisionsrecht nachgebildete Darlegungspflicht bestimmt als selbständiges Zulässigkeitserfordernis den Prüfungsumfang des Rechtsmittelgerichts. Sie verlangt qualifizierte, ins Einzelne gehende, fallbezogene und aus sich heraus verständliche, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogene und geordnete Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinander setzen.
Nach Maßgabe dessen kann die Berufung nicht zugelassen werden.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis lägen nicht vor. Der Klägerin habe insbesondere keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG, weil dem die Regelung in § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG entgegenstehe. Ihr in häuslicher Gemeinschaft mit ihr lebender Ehemann sei wiederholt strafgerichtlich verurteilt worden, so dass der Versagungsgrund des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG erfüllt sei. Auch könne eine Aufenthaltserlaubnis nicht nach § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG erteilt werden, weil Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Härte weder von der Klägerin vorgetragen worden noch sonst ersichtlich seien. Die Regelung in § 104a Abs. 3 AufenthG sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Dem Gesetzgeber sei bei der Regelung der Voraussetzungen für Altfallregelungen aus humanitären Gründen ein weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen.
Die Klägerin hat dagegen geltend gemacht, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine besondere Härte im Sinne des § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht vorliege. Bei verfassungskonformer Auslegung sei eine besondere Härte gegeben. Die eheliche Beistandsgemeinschaft unterliege dem Schutz der Verfassung. Auch im Interesse hochrangiger Rechtsgüter dürfe der Staat den Ehegatten kein Verhalten abfordern, das gegen die Ehe als solche bzw. gegen den eigenen Ehegatte gerichtet sei. Die durch die Zurechnungsregelung des § 104a Abs. 3 AufenthG geschaffene Zwangslage, in der der nicht straffällig gewordene Ehegatte sich zwischen einer durch ihn selbst erworbenen Rechtsposition einerseits und der Fortführung der ehelichen Lebensgemeinschaft andererseits entscheiden müsse, stelle eine kaum zumutbare Härtesituation im Sinne des § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG dar.
Aus diesem Vorbringen ergeben sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht das Vorliegen der Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage des § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG verneint. Nach dieser Bestimmung gilt der Versagungsgrund des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht, wenn der Ehegatte die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 AufenthG im Übrigen erfüllt und es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, ihm den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen. Aus dem Vorbringen der Klägerin kann eine besondere Härte im Sinne dieser Vorschrift nicht hergeleitet werden.
Eine besondere Härte gemäß § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist nur dann anzunehmen, wenn im konkreten Einzelfall besondere Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die mit der Ausreisepflicht verbundenen Folgen den Ehegatten ungleich härter treffen als andere Ausländer in derselben Situation. Deshalb vermag ein langjähriger Aufenthalt für sich eine besondere Härte für den Ehegatten nicht zu begründen, denn dieser ist nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG bereits Voraussetzung für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis. Auch mit den regelmäßig eintretenden wirtschaftlichen, sozialen und gesellschaftlichen Folgen einer Rückkehr in sein Heimatland wird der Ehegatte nicht ungleich härter getroffen als andere Ausländer nach einem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Senatsbeschluss vom 24. September 2008 - 10 LA 260/07 -, n.v. und Beschluss des 11. Senats des erkennenden Gerichts vom 19. Februar 2008 - 11 ME 465/07, 11 PA 466/07-, n.v.; Maaßen, in: Kluth/Hund/Maaßen, Zuwanderungsrecht, § 4 Rdnr. 717). Eine besondere Härte kann hingegen vorliegen, wenn auf Grund schutzwürdiger persönlicher Bindungen im Bundesgebiet die Ablehnung des Bleiberechts als grob unbillig erschiene, etwa wenn Straftaten gegen den Ehegatten begangen worden sind oder es dem Ehegatten nicht zugemutet werden kann, mit dem straffällig gewordenen Ehegatten in den Heimatstaat zurückzukehren. Dabei muss es sich um Umstände handeln, die ein dauerhaftes Abschiebungsverbot begründen (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht - Stand: Februar 2008 -, § 104a AuslG Rdnr. 28). Schutzwürdige persönliche Bindungen in diesem Sinne setzen regelmäßig nachhaltige Integrationsleistungen voraus, die insbesondere Grundlage für eine günstige Zukunftsprognose im Hinblick auf die Sicherung des Lebensunterhalts der Familie sein können (vgl. Senatsbeschluss vom 24. September 2008, a.a.O.; Albrecht, in: Storr/Wenger, Kommentar zum Zuwanderungsrecht - 2. Auflage 2008 -, § 104a Rdnr. 25). Solche Gründe hat die Klägerin mit ihrem Zulassungsantrag nicht dargelegt.
Entgegen der Ansicht der Klägerin kann für Ehegatten eines im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG straffällig gewordenen Ausländers nicht stets eine besondere Härte nach Abs. 3 Satz 2 die Bestimmung bejaht werden, weil sie andernfalls gezwungen wären, die eheliche Lebensgemeinschaft zu beenden, um eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Denn diese Folgen sind nach § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG grundsätzlich hinzunehmen. Daher kann bereits aus gesetzessystematische Gesichtspunkten zugunsten von Ehegatten eines straffällig gewordenen Ehegatten nicht stets eine besondere Härte im Sinne des § 104a Abs. 3 Satz 2 AufenthG angenommen werden. Nach dieser Ausnahmebestimmung sollen gerade nicht alle Ehegatten eines straffällig gewordener Ausländer, sondern nur diejenigen begünstigt werden, bei denen auf Grund einer besonderen Härte es erforderlich ist, den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen. Folglich kann die von der Klägerin geltend gemachte Verfassungswidrigkeit des § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG nicht durch die Härtefallregelung des Absatzes 3 Satz 2 ausgeräumt werden (vgl. Funke-Keiser, in: GK-AufenthG - Stand: Januar 2008 -, § 104a Rdnr. 56).
Weiter sieht die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts darin begründet, dass es zu Unrecht von der Vereinbarkeit des § 104a Abs. 3 AufenthG mit höherrangigem Recht ausgegangen sei. Diese Bestimmung verstoße gegen Art. 3 GG, da sie Frauen wegen ihres Geschlechts mittelbar diskriminierten. Männer begingen in weit größerem Ausmaß Straftaten als Frauen, so dass es sich bei der tatbestandlichen Voraussetzung der Begehung von Straftaten um ein mittelbar geschlechtsspezifisches Merkmal handele. Im Fall des § 104a Abs. 3 AufenthG sei die mittelbare Diskriminierung nicht gerechtfertigt. Frauen verlören auf Grund eines typisch männlichen, mittelbar geschlechtsspezifischen Merkmals - nämlich der Kriminalität - eine Rechtsposition, ohne dass sie in der Lage wären, die Verwirklichung des Merkmals willentlich zu steuern. Für minderjährige Kinder habe der Gesetzgeber in § 104a AufenthG eine tragfähige Ausnahmeregelung geschafften. Für Ehegatten straffällig gewordener Ausländer gebe es lediglich die Regelung in § 104a Abs. 3 AufenthG.
Hiermit hat die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht dargelegt. Der in § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG geregelte Versagungsgrund bewirkt eine in den Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG fallende Ungleichbehandlung nicht. Nach dieser Vorschrift darf niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden. Das Geschlecht darf grundsätzlich nicht zum Anknüpfungspunkt und zur Rechtfertigung für rechtliche Ungleichbehandlungen benachteiligender oder bevorzugender Art herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn eine Regelung nicht auf eine nach Art. 3 Abs. 3 GG verbotene Ungleichbehandlung angelegt ist, sondern vorrangig andere Ziele verfolgt. Wenn der Gesetzgeber eine Gruppe nach sachlichen Merkmalen bestimmt, die nicht in Art. 3 Abs. 3 GG genannt sind, so ist diese Regelung an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Etwas anderes gilt, wenn der vom Gesetzgeber gewählte, durch Art. 3 Abs. 3 GG nicht verbotene sachliche Anknüpfungspunkt in der gesellschaftlichen Wirklichkeit sich weitgehend nur für eine Gruppe im Sinne einer faktischen Benachteiligung auswirkt, deren Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 3 GG strikt verboten ist (mittelbare Diskriminierung). Eine Anknüpfung an das Geschlecht kann deshalb auch dann vorliegen, wenn eine geschlechtsneutral formulierte Regelung überwiegend Frauen trifft und dies auf natürliche oder gesellschaftliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurückzuführen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 -, DVBl. 2008, 1051 mit weiteren Nachweisen).
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die Klägerin mit ihrem Zulassungsantrag nicht dargetan. Hierzu genügt es nicht, lediglich auf die höhere Straffälligkeit von Männern hinzuweisen und daraus zu schließen, dass überwiegend Frauen wegen der Bestimmung in § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG von der Altfallregelung ausgeschlossen seien. Durch die Straffälligkeit des Ausländers wird die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung nicht allein für seinen Ehegatten, sondern zugleich für alle anderen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienmitglieder ausgeschlossen. Es kann deshalb nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass sich der angeführte Ausschlusstatbestand weitgehend nur für die Gruppe der Frauen im Sinne einer faktischen Benachteiligung auswirkt. Die Klägerin hat dies - unter Berücksichtigung aller von der Ausschlussregelung betroffenen Familienmitglieder - nicht dargelegt.
Unabhängig davon greifen die von der Klägerin dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den in § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG geregelten Versagungsgrund nicht durch. Der Gesetzgeber hat mit der Altfallregelung für Ausländer, die sich über einen längeren Zeitraum nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihrer bestehenden Ausreiseverpflichtung nicht freiwillig nachgekommen waren, aus humanitären Gründen eine Begünstigung geschaffen, die das Aufenthaltsgesetz ansonsten nicht vorsieht. Es liegt in der autonomen Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers, ob er überhaupt eine solche Altfallregelung schaffen und welche Gruppe ausreisepflichtiger Ausländer er mit einer Legalisierung ihres Aufenthalts begünstigen will. Er hat sich erkennbar dahin entschieden, straffällige ausreisepflichtige Ausländer im Sinne des § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG sowie deren in häuslicher Gemeinschaft lebende Familienmitglieder nicht zu begünstigen. Angesichts des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums ist es nicht willkürlich und deshalb verfassungsrechtlich nicht bedenklich, Familienmitglieder aufenthaltsrechtlich als Gemeinschaft zu behandeln und eine Aufenthaltserlaubnis zu versagen. Für minderjährige Kinder, deren Eltern straffällig geworden sind, entspricht dies dem Grundsatz, dass das minderjährige Kind das aufenthaltsrechtliche Schicksal der Eltern teilt. Hinzu kommt, dass auf Grund der häuslichen Gemeinschaft ein negativer Einfluss auf die übrigen Familienmitglieder nicht auszuschließen ist. Dies gilt auch für das Verhältnis von Geschwistern untereinander. Für die Fälle, in denen Kinder eine Straftat begangen haben, ist der Ausschluss der Eltern im Hinblick auf ihre Aufsichts- und Erziehungspflicht gerechtfertigt (BT-Drucks. 16/5065 S. 202). Wollte man dem nicht folgen, bliebe dem Gesetzgeber allein der Verzicht auf eine Altfallregelung, um die bestehende Ausreisepflicht dieser straffälligen Ausländer aufrecht zu erhalten und deren Aufenthalt im Bundesgebiet beenden zu können (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 18. Januar 2008 - 12 S 6.08 -, juris; Hailbronner, a.a.O., § 104a Rdnr. 26; Maaßen, a.a.O., Rdnr. 713 f.; für entsprechende Bleiberechtsregelung durch oberste Landesbehörde: Nds. OVG, Urteil vom 21. Februar 2006 - 1 LB 181/05 -, juris; in Teilen a. A. Funke-Keiser, a.a.O., § 104a Rdnr. 56; Huber/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht - 2. Auflage 2008 -, Rdnr. 615).
Aber selbst die Verfassungswidrigkeit der Ausschlussregelung in § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG unterstellt, vermag sie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht zu begründen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung lägen hier nur dann vor, wenn auf Grund der geltend gemachten Verfassungswidrigkeit eine für die Klägerin günstigere Entscheidung zu treffen wäre. Dies setzt aber voraus, dass die Ausschlussbestimmung in § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG für nichtig zu erklären wäre. Andernfalls bleibt offen, ob die Klägerin letztlich eine Aufenthaltserlaubnis beanspruchen kann. Wenn eine gesetzliche Regelung in verfassungswidriger Weise eine Personengruppe benachteiligt, so kann ein Gericht grundsätzlich die Gleichheit nicht dadurch herstellen, dass es selbst diese Gruppe in die begünstigende Regelung einbezieht. Darin läge ein Übergriff in die dem Gesetzgeber vorbehaltene Gestaltungsfreiheit. Etwas anderes gilt nur ausnahmsweise dann, wenn mit Sicherheit angenommen werden kann, der Gesetzgeber würde - hätte er den unterstellten Verfassungsverstoß erkannt - die Regelung auf alle zu berücksichtigenden Gruppen erstreckt haben, oder wenn es verfassungsrechtlich geboten ist, den Verstoß gerade auf diese Weise zu beseitigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Mai 1970 - 1 BvL 22/63 u.a. -, BVerfGE 28, 324; Beschluss vom 21. Mai 1974 - 1 BvL 22/71 u.a. -, BVerfGE 37, 217; Beschluss vom 25. September 1992 - 2 BvL 5/91 u.a. -, BVerfGE 87, 153; Beschluss vom 26. Januar 1993 - 1 BvL 38/92 u.a. -, BVerfGE 88, 87; Beschluss vom 17. Januar 2006 - 1 BvR 541 u.a. -, BVerfGE 115, 81; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2007 - BVerwG 3 C 10.06 -, BVerwGE 129, 116).
Hiernach kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG beanspruchen kann. Der Gesetzgeber ist weder auf Grund von Verfassungsrecht noch nach Völkervertragrecht verpflichtet, den von der Altfallregelung Betroffenen ein Aufenthaltsrecht zu gewähren. Es ist ihm unbenommen, unter Beachtung des Vertrauensschutzes bereits Begünstigter die gesamte Regelung zu streichen (vgl. Funke-Keiser, a.a.O., § 104a Rdnr. 58). Es kann fernerhin nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber die Begünstigung auf die von § 104a Abs. 3 Satz 1 AufenthG ausgeschlossenen Gruppen erstreckt hätte, um hierdurch den unterstellten Verfassungsverstoß auszuräumen.
Die Klägerin hat schließlich geltend gemacht, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei unrichtig, weil die von ihrem Ehegatten begangenen Straftaten lange vor dem Beurteilungszeitraum des § 104a Abs. 1 AufenthG begangen worden seien. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebiete deshalb, diese Straftaten nicht heranzuziehen.
Dieser Einwand vermag ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht zu begründen. Im Hinblick auf den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers in Bezug auf die Einführung einer aufenthaltsrechtlichen Altfallregelung unterliegt es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, bei der Entscheidung über die Legalisierung des Aufenthalts eines Ausländers strafgerichtliche Verurteilungen unter Beachtung der Tilgungsfristen und des Verwertungsverbots nach dem Bundeszentralregistergesetz zu berücksichtigen. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist jedenfalls durch die Regelungen über die Tilgungsfristen und das Verwertungsverbot nach §§ 46 Abs. 1 und 51 Abs.1 BZRG genügt, so dass auch Verurteilungen wegen Straftaten, die vor oder nach den Voraufenthaltszeiten (§ 104a Abs. 1 Satz 1 AufenthG) ergangen sind, mit einzustellen sind. Hätte der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Altfallregelung generell eine Ausnahme von der grundsätzlich anzunehmenden Verwertbarkeit noch nicht getilgter Verurteilungen gewollt, wäre zu erwarten gewesen, dass er dies erkennbar zum Ausdruck gebracht hätte (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. November 2007 - 17 B 1779/07 -, NVwZ-RR 2008, 493; Bay. VGH, Beschluss vom 6. September 2007 - 24 C 07.858 -, juris; Hailbronner, a.a.O., § 104a Rdnr. 14; Funke-Keiser, a.a.O., § 104a Rdnr. 51; Maaßen, a.a.O., § 104a Rdnr. 712; Huber/Göbel-Zimmermann, a.a.O., Rdnr. 605). Für eine Verwertbarkeit nicht getilgter strafgerichtlicher Verurteilungen spricht insbesondere, dass durch die Altfallregelung diejenigen begünstigt werden sollen, die während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet faktisch und wirtschaftlich integriert sind und sich rechtstreu verhalten haben (vgl. BT-Drucks. 16/5065 S. 201 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. November 2007, a.a.O.).
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
Ende der Entscheidung
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