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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 23.06.2004
Aktenzeichen: 10 LB 165/01
Rechtsgebiete: RSVO, VO (EG) Nr. 2419/2001, VO (EWG) Nr. 3886/92, VO (EWG) Nr. 3887/92


Vorschriften:

RSVO § 5 Abs. 4
VO (EG) Nr. 2419/2001 Art. 13 Abs. 1
VO (EWG) Nr. 3886/92 Art. 59 Buchst. b
VO (EWG) Nr. 3887/92 Art. 8 Abs. 1
Zu den Rechtsfolgen, wenn der Antragsteller dem Antrag auf Rinderprämie nicht oder nicht fristgerecht ein aktuelles Bestandsverzeichnis beigefügt hat.

Zu den Anforderungen an den Altersnachweis von Rindern (hier zweite Altersklasse).


NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG URTEIL

Aktenz.: 10 LB 165/01

Datum: 23.06.2004

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Sonderprämie für männliche Rinder.

Der Kläger bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb bei E.. Am 26. Januar 1995 erklärte er gegenüber der Landwirtschaftskammer J., Kreisstelle E., seine Beteiligung an der Gewährung einer Sonderprämie für männliche Rinder. Danach beabsichtigte er im Kalenderjahr 1995 für acht männliche Rinder der ersten Altersklasse und für neun männliche Rinder der ersten und zweiten Altersklasse die Sonderprämie zu beantragen. Der Beteiligungserklärung fügte er u.a. eine Fotokopie eines Bestandsverzeichnisses für das Kalenderjahr 1994 bei.

Am 28. August 1995 beantragte der Kläger eine Sonderprämie für acht Bullen der ersten und zweiten Altersklasse. Dem Antrag fügte er Schlachtbescheinigungen der Groß- und Versandschlachterei K. GmbH & Co. KG und der Westfleisch, Vieh- und Fleischzentrale L. EG bei. Den Antrag leitete die Landwirtschaftskammer J., Kreisstelle E., nach der von ihr am 20. September 1995 durchgeführten Verwaltungskontrolle mit dem Vermerk: "Antrag vollständig und fehlerfrei" an den Beklagten weiter. Bei einer erneuten vom Beklagten veranlassten Überprüfung der Antragsvoraussetzungen am 25. April 1996 stellte die Landwirtschaftskammer fest, dass für den Bullen mit der Ohrmarkennummer SFA 1862112 der Nachweis für die zweite Altersklasse fehlte, weil er in dem ihr im Jahr 1994 vorgelegten Bestandsverzeichnis nicht aufgeführt worden war.

Mit Bescheid vom 21. Juni 1996 bewilligte der Beklagte dem Kläger eine Sonderprämie in Höhe von 4.837,00 DM. Eine Sonderprämie für das Tier mit der Ohrmarkennummer SFA 1862112 lehnte er mit der Begründung ab, dass der Nachweis für die zweite Altersklasse fehle. Gleichzeitig kürzte der Beklagte die Sonderprämie um 12,5 % für die übrigen Tiere als Folge des fehlenden Altersnachweises für das vorgenannte Tier.

Den dagegen vom Kläger eingelegten Widerspruch wies die Bezirksregierung M. mit Bescheid vom 31. März 1998 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Nach der derzeitigen Erlasslage des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten reiche das vom Kläger mit der Beteiligungserklärung vorgelegte Bestandsverzeichnis als Altersnachweis für das Tier mit der Ohrmarkennummer SFA 1862112 nicht aus. Das Schlachtgewicht von 392,5 kg könne ebenfalls nicht als Altersnachweis dienen; denn es lasse keine eindeutige und genaue Identifizierung des Alters zu. Etwaige Schätzungen könnten für einen zweifelsfreien Altersnachweis nicht herangezogen werden. Für die übrigen Tiere sei die Sonderprämie nach Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 um 12,50 % zu kürzen.

Der Kläger hat am 29. April 1998 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen:

Mit dem von ihm vorgelegten Bestandsverzeichnis und der Schlachtbescheinigung mit einem darin ausgewiesenen Schlachtgewicht von 392,5 kg habe er das Alter für den Bullen mit der Ohrmarkennummer SFA 1862112 nachgewiesen. Aus dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Recht ergebe sich nicht, welche Anforderungen an den Altersnachweis zu stellen seien. Nach Art. 4 g Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 idF der Verordnung (EWG) Nr. 2066/92 des Rates vom 30. Juni 1992 müsse das Tier, für das eine Sonderprämie beantragt werde, durch eine geeignete Markierung identifiziert sein. Gemäß Art. 14 der Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 müsse jedes im Betrieb gehaltene männliche Rind mit einer Identifizierungsnummer in das Bestandsregister des Erzeugers eingetragen werden. Das sei für den von ihm gehaltenen Bullen mit der Ohrmarkennummer SFA 1862112 geschehen. Nach § 5 der Rinder- und Schafprämien-Verordnung i.V.m. § 24 c der Viehverkehrversordnung sei in das Bestandsregister auch das Geburtsdatum einzutragen. Aus diesen Bestimmungen ergebe sich aber nicht, wie der Altersnachweis im Einzelnen zu führen sei. Das Bestandsregister könne zwar dazu dienen, das Alter nachzuweisen, in erster Linie sollten aber dadurch Manipulationen bezüglich des Besatzdichtefaktors vermieden und der vorgeschriebene Haltungszeitraum nachgewiesen werden. Auf Grund fehlender gemeinschaftsrechtlicher und nationaler Vorgaben müssten neben dem Bestandsregister für den Altersnachweis auch solche Unterlagen akzeptiert werden, die geeignet seien, das Alter nachzuweisen. Dafür komme insbesondere das Schlachtgewicht in Betracht. Zwar werde nach dem Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 25. Juli 1994 das Schlachtgewicht von 390 kg nicht mehr als Nachweis für Bullen der zweiten Altersklasse anerkannt, dieser Erlass entbehre jedoch jeglicher fachlicher Grundlage. Für Tiere der ersten Altersklasse werde das Schlachtgewicht als Altersnachweis akzeptiert. Bei einer durchschnittlichen täglichen Zunahme von 877 g habe ein Bulle im Alter von 23 Monaten (= 700 Tage) ein Lebendgewicht von 659 kg (700 Tage x 877 g/Tag + 45 kg Geburtsgewicht). Daraus ergebe sich bei einer Ausschlachtung von 54 % ein Schlachtgewicht von 356 kg. Dieses Gewicht habe der Bulle mit der Ohrmarkennummer SFA 1862112 bei Weitem überschritten. Andere Altersnachweise als das Bestandsverzeichnis und das Schlachtgewicht könne er nicht vorlegen. Er sei kein Mitglied im Milchkontrollverein und verfüge über keine Aufzeichnungen über die einzelnen Kälbergeburten in seiner betriebseigenen Milchviehherde im Jahre 1993. Der von ihm gestellte Antrag sei mit den Bediensteten der Landwirtschaftskammer durchgesprochen und von ihnen seien die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Sonderprämie nach der bisherigen Verwaltungspraxis des Beklagten als erfüllt angesehen und bestätigt worden. Auf die vom Beklagten gehandhabte Verwaltungspraxis habe er vertraut. Erst auf Grund des Erlasses des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 18. März 1996 habe der Beklagte seine Verwaltungspraxis geändert. Dadurch sei er in Beweisnot geraten.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 8. Juli 1996 i.d.F. des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Lüneburg vom 31. März 1998 insoweit aufzuheben, als ihm darin eine Sonderprämie für Rindfleischerzeuger für das Tier mit der Ohrmarkennummer SFA 1862112 abgelehnt und für sieben Tiere eine 12,5 %ige Kürzung der Prämie vorgenommen wird, und das beklagte Amt zu verpflichten, die am 28. August 1995 beantragte Sonderprämie für Rindfleischerzeuger für acht Rinder in vollem Umfang zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden Bezug genommen.

Durch Urteil vom 17. Februar 1999 hat das Verwaltungsgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben, soweit sie dem Begehren des Klägers entgegen stehen und den Beklagten verpflichtet, ihm auf seinen Antrag vom 28. August 1995 eine Sonderprämie für acht männliche Tiere der ersten und zweiten Altersklasse zu gewähren. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt: Der Kläger habe nachgewiesen, dass das Tier mit der Ohrmarkennummer SFA 1862112 das erforderliche Mindestalter von 23 Monaten erreicht habe. In den gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Vorschriften sei nicht ausdrücklich geregelt, wie der Altersnachweis zu führen sei. Nach Art. 59 b der Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 könnten die zuständigen Behörden, wenn sich das Alter des Tieres nicht an Hand von Papieren feststellen lasse, das vom Erzeuger angegebene Alter zu Grunde zu legen. In Zweifelsfällen seien sie jedoch verpflichtet, auf andere Informationsquellen zurückzugreifen, insbesondere, wenn eine Sonderprämie für nicht kastrierte Rinder der zweiten Altersklasse beantragt werde. Der Kläger habe in seinem Antrag vom 28. August 1995 angegeben, dass das betreffende Rind älter als 23 Monate gewesen sei. Zweifel an dieser Altersangabe habe es nachträglich nur gegeben, weil das Tier nicht bereits im Bestandsverzeichnis für 1994 enthalten gewesen sei. Nach der bis einschließlich 1995 beibehaltenen Verwaltungspraxis des Beklagten habe das aktuelle Bestandsverzeichnis, das mit der Beteiligungserklärung abgegeben worden sei, als Altersnachweis ausgereicht. Besondere Nachforschungen seien nur angestellt worden, wenn das Schlachtgewicht eines Tieres unter dem durchschnittlichen Schlachtgewicht gelegen habe. Nach dem Erlass des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 11. Mai 1994 habe das durchschnittliche Schlachtgewicht für Jungbullen im Jahre 1993 in Niedersachsen bei einer Schlachtung im Alter von 18 bis 20 Monaten bei 351,9 kg gelegen. Demzufolge könne erst bei einem Schlachtgewicht von 390 kg davon ausgegangen werden, dass das Tier zur zweiten Altersklasse gehöre. Diese Voraussetzung erfülle der streitige Bulle mit einem Schlachtgewicht von 392 kg. Die ab März 1996 von dem Beklagten angewendete Verwaltungspraxis, nach der Belege "zeitnah" erstellt sein müssten, das Schlachtgewicht bei der zweiten Altersklasse nicht mehr berücksichtigt werden dürfe und der Altersnachweis nur aus lückenlosen Bestandsverzeichnissen hervorgehen müsse, könne für Anträge im Jahr 1995 nicht berücksichtigt werden. Zwar sei der Beklagte nicht gehindert, eine als rechtswidrig angesehene Verwaltungspraxis zu ändern. Es werde aber von ihm nicht begründet, weshalb seine vorherige Praxis rechtswidrig gewesen sein solle. Eine Begründung sei auch nicht in den Erlassen vom 18. März und 24. Juni 1996, die erst nach Ablauf der Antragsfrist für 1995 ergangen seien, enthalten. Die rückwirkende Verschärfung der Nachweispflichten brauche der Kläger nicht gegen sich gelten zu lassen, zumal sie auch nicht mit Art. 59 b der Verordnung (EWG), 3886/92 zu vereinbaren sei. Im Merkblatt des Informationsdienstes der Landwirtschaftskammer für 1994 werde darauf hingewiesen, dass bei Bullen mit Schlachtgewichten von wenigstens 390 kg und entsprechenden Altersnachweisen im Bestandsverzeichnis unterstellt werden könne, dass diese Tiere zur zweiten Altersklasse gehörten.

Gegen diese Entscheidung führt der Beklagte die durch Beschluss des ehemaligen 3. Senats des erkennenden Gerichts vom 5. Oktober 2000 zugelassene Berufung, zu deren Begründung er vorträgt: Der Kläger habe den ihm nach § 11 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisation obliegenden Nachweis für das nach Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 4 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3886/29 erforderliche Mindestalter von 23 Monaten für das Tier mit der Ohrmarkennummer SFA 1862112 nicht erbracht. Die Voraussetzungen für den Altersnachweis seien durch die Erlasse des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 18. März und 24. Juni 1996 präzisiert worden. Danach reiche das vom Kläger mit der Beteiligungserklärung vorgelegte Bestandsverzeichnis für 1995 nicht aus. Das Schlachtgewicht eines Tieres könne den erforderlichen Altersnachweis nicht ersetzen. Unterschiedliche Fütterungsarten könnten bei einem unterschiedlichen Alter zu einem unterschiedlichen Schlachtgewicht führen. Aus Art. 4 b Abs. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 805/96 i.d.F. der Verordnung (EWG) Nr. 2066/92 könne kein anderes Ergebnis hergeleitet werden. Das Schlachtgewicht sei eine zusätzliche Prämienvoraussetzung und könne nicht als Altersnachweis verwendet werden. Die in dem Erlass vom 11. Mai 1994 getroffene Regelung, dass der Altersnachweis mit einem Schlachtgewicht von mehr als 390 kg und weiteren Hinweisen aus dem Bestandsregister erbracht sei, sei aufgrund der abschließenden Regelungen durch die Erlasse vom 18. März und 24. Juni 1996 nicht mehr zugelassen worden. Das Schlachtgewicht habe sich für den Altersnachweis als falsch herausgestellt, so dass die rechtswidrige Verwaltungspraxis habe geändert werden müssen. Diese geänderte Verwaltungspraxis sei durch die Beschlüsse des erkennenden Gerichts vom 16. September 1998 (Az. 3 L 5303/98 und 3 L 5301/98) als Rechtens angesehen worden. Die Angaben des Tierarztes zum Alter der geschlachteten Tiere auf den Schlachtbescheinigungen könnten ebenfalls nicht als Altersnachweis dienen. Art. 7 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3886/92 in der für das Jahr 1995 geltenden Fassung stelle klar, dass nur für diejenigen Tiere eine Sonderprämie gewährt werden könne, die nach den nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften ordnungsgemäß identifiziert seien und für die ein den Anforderungen in § 5 der Rinder- und Schafprämien-Verordnung entsprechendes fehlerfreies und lückenloses Bestandsregister geführt worden sei. Im Falle des Klägers sei die Prämie unter Anwendung des Art. 10 Abs. 2 a VO (EWG) Nr. 3887/92 berechnet worden. Art. 10 c VO (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Änderungsverordnung (EG) Nr. 2801/1999 könne im vorliegenden Fall keine Anwendung finden, denn diese Verordnung sei erst am 1. Januar 2000 in Kraft getreten. Art. 39 iVm Art. 36 VO (EG) Nr. 2419/201 komme im Falle des Klägers ebenfalls nicht zur Anwendung, weil die Übergangsbestimmungen gemäß Art. 53 Abs. 1 VO (EG) Nr. 2419/2001 lex specialis gegenüber dem Rückwirkungsgebot in Art. 2 Abs. 2 VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/95 seien. Es könnten nur Eintragungen in dem Bestandsverzeichnis akzeptiert werden, die in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Geburt eines Tieres ständen. Nur auf diese Weise könne das Alter des Tieres zweifelsfrei ermittelt werden.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Er erwidert: Das Tier mit der Ohrmarkennummer SFA 1862112 sei zum Zeitpunkt der Schlachtung am 18. Juli 1995 älter als 23 Monate gewesen. Den dafür erforderlichen Nachweis habe er durch das Schlachtgewicht von 392,5 kg, die Angabe des Geburtsdatums 30. April 1993 im Bestandsverzeichnis von 1995 sowie durch die Angabe des Alters durch den Tierarzt auf der Schlachtbescheinigung erbracht. Nach Art. 59 b der Verordnung (EWG) und Nr. 3886/92 könnten die Behörden, wenn sich das Alter eines Tieres an Hand von Papieren nicht feststellen lasse, die Angaben des Erzeugers zu Grunde legen. Nur wenn seine Angaben zu Zweifeln Anlass gäben, könne die Behörde die Vorlage von weiteren Unterlagen verlangen. Derartige Zweifel habe der Beklagte nicht dargelegt. Die in Art. 59 b der Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 getroffene Beweislastverteilung gehe der nationalen Regelung in § 11 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen vor. Im Übrigen habe der Beklagte auch die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung nicht ausreichend berücksichtigt. Der Antrag sei von der zuständigen Landwirtschaftskammer geprüft und ohne Beanstandungen an den Beklagten weitergeleitet worden. Wegen der größeren Sachnähe sei der Beklagte auf Grund der Aufgabenzuweisung in § 1 Nr. 17 b der Verordnung über die Übertragung von Aufgaben auf die Landwirtschaftskammern an diese Feststellungen gebunden. Die vom Beklagten vorgenommene Änderung der Verwaltungspraxis stelle für ihn eine nicht vorhersehbare verschärfende Änderung des Antragsverfahrens dar. Da die Änderung rückwirkend erfolgt sei, habe er sich nicht darauf einstellen können. Er genieße Vertrauensschutz, so dass sein Antrag nach der früheren Erlasslage bearbeitet werden müsse. Die Auffassung des Beklagten, dass aus dem Schlachtgewicht nicht auf das Alter der Tiere geschlossen werden könne, stehe im Widerspruch zur gesetzlichen Neuregelung des Art. 4 b Abs. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 i.d.F. der Verordnung (EWG) Nr. 2066/92 und der Verordnung (EWG) 2222/96. Durch die geänderte Fassung habe der Verordnungsgeber die in Art. 4 b Abs. 2 niedergelegten Alterskriterien durch ein Mindestgewicht von 200 kg ersetzt. Demzufolge gehe der Verordnungsgeber selbst davon aus, dass das Schlachtgewicht konkrete Anhaltspunkte auf das Alter des geschlachteten Tieres enthalte. Im Übrigen beantrage er ein Sachverständigengutachten zu der Frage einzuholen, dass ein männliches Rind mit einem Schlachtgewicht von 392,5 kg im Zeitpunkt der Schlachtung mindestens 23 Monate alt gewesen sei. Die von ihm beantragte Sonderprämie könne auch nicht unter Hinweis auf § 5 der Rinder- und Schafprämien-Verordnung abgelehnt werden. Diese Vorschrift enthalte keine materiellen Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Sonderprämie. Das ergebe sich aus Art. 10 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3887/92. Diese Regelung beinhalte eine Sanktionsbestimmung für den Fall, dass ein Fehler in einem Bestandsverzeichnis enthalten sei. § 5 der Rinder- und Schafprämienverordnung könne mithin nicht dahingehend ausgelegt werden, dass ein Antragsteller keinen Anspruch auf die Gewährung einer Sonderprämie habe, wenn er das Bestandsverzeichnis nicht ordnungsgemäß geführt habe. Art. 10 VO (EWG) Nr. 3887/92 sei durch die Verordnung (EG) Nr. 2801/99 geändert worden. Art. 10 c VO (EG) Nr. 2801/99 sehe ebenfalls eine Art. 10 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3887/92 entsprechende Sanktionsbestimmung vor. Art. 10 c VO (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2801/99 sei wiederum durch Art. 39 VO (EG) Nr. 2419/01 ersetzt worden. Nach Art. 39 Abs. 1 Unterabsatz 3 VO (EG) Nr. 2419/01 könne eine Sanktion bei Fehlern im Bestandsverzeichnis nur dann verhängt werden, wenn derartige Fehler bei mindestens zwei Kontrollen innerhalb von 24 Monaten festgestellt würden. Diese Regelung komme über das sog. Günstigkeitsprinzip in Art. 2 Abs. 2 VO (EG, EURATOM) Nr. 2988/55 in seinem Fall zur Anwendung. Nach Art. 59 b VO (EWG) Nr. 3886/92 könne die zuständige Behörde in Zweifelsfällen auf andere Informationsquellen zurückgreifen. Dabei könne es sich nur um solche Informationsquellen handeln, die weder nach dem Gemeinschaftsrecht noch nach dem nationalen Recht im Rahmen der Antragstellung vom Antragsteller vorgelegt werden müssten. Demzufolge sei eine Schlachtbescheinigung als Altersnachweis zu akzeptieren. Davon gehe auch Art. 4 b Abs. 2 a VO (EWG) NR. 805/68 aus.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und das Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Beratung.

II.

Die Berufung des Beklagten, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg.

Nach Art. 4 b der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABl. L. 148/24) in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2066/92 des Rats vom 30. Juni 1992 (ABl. L. 215/49) - VO (EWG) Nr. 805/68 - können Erzeuger, die in ihrem Betrieb männliche Rinder halten, auf Antrag eine Sonderprämie für höchstens 90 Tiere der in Absatz 2 genannten Altersklassen erhalten. Die Prämie wird höchstens zweimal im Leben eines jeden männlichen Rindes gezahlt, und zwar zum ersten Mal nach Erreichen eines Alters von 10 Monaten und zum zweiten Mal nach Erreichen eines Alters von 22 Monaten (Art. 4 b Abs. 2 VO (EWG) Nr. 805/68). Art. 4 b Abs. 8 VO (EWG) Nr. 805/68 ermächtigt die Kommission Durchführungsbestimmungen zu erlassen. Von dieser Ermächtigung hat die Kommission mit der Verordnung (EWG) Nr. 3886/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsvorschriften für die Prämienregelung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1244/82 und EWG Nr. 714/89 (ABl. L. 391/20) - VO (EWG) Nr. 3886/92 - Gebrauch gemacht, deren Regelungen unbeschadet der Vorschriften für das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. L. 355/1) - VO (EWG) Nr. 3508/92 - und der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen (ABl. L. 391/36) - VO (EWG) Nr. 3887 - gelten. Nach Art. 8 VO (EWG) Nr. 3886/92 können die Mitgliedsstaaten die Sonderprämie für die erste Altersklasse oder für beide Altersklassen zusammen (Möglichkeit A) oder für die zweite Altersklasse (Möglichkeit B) gewähren. Der nationale Verordnungsgeber hat sich in § 12 der Verordnung über die Gewährung von Prämien für männliche Rinder, Mutterkühe und Mutterschafe (Rinder- und Schafprämien-Verordnung) vom 5. Februar 1993 (BGBl I S. 200) - RuSVO - in der dem vorliegenden Rechtsstreit zugrunde zu legenden 4. Verordnung zur Änderung der Rinder- und Schafprämien-Verordnung vom 17. Dezember 1994 (BGBl I S. 3846) für die Möglichkeit A entschieden. Damit wird die Sonderprämie für männliche Rinder als Schlachtprämie für die erste Altersklasse und für die erste und zweite Altersklasse zusammen gewährt.

Nach Art. 5 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3887/92 muss der Beihilfeantrag "Tiere" unbeschadet der in den Verordnungen für die einzelnen Sektoren enthaltenen Vorschriften alle erforderlichen Informationen enthalten, insbesondere die in dieser Vorschrift ausdrücklich genannten Informationen, wie z.B. die Identifizierungsnummer des Betriebsinhabers sowie die Zahl und Art der Tiere, für die eine Beihilfe beantragt wird. Nach Art. 2 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3886/92 enthält jeder Beihilfeantrag für Tiere neben den Angaben, die im Rahmen des integrierten Systems vorgesehen sind, zum einen eine Aufschlüsselung der Tiere nach Altersklassen und zum anderen die Verweise auf die amtlichen Begleitdokumente der Tiere, die Gegenstand des Antrags sind. Nach Art. 14 VO (EWG) Nr. 3886/92 muss unbeschadet der im Rahmen des integrierten Systems vorgesehenen Bestimmungen jedes im Betrieb gehaltene männliche Rind mit seiner Identifizierungsnummer spätestens am dritten Tag nach seinem Eintreffen im Betrieb in das besondere Register des Erzeugers eingetragen werden. Art. 3 Abs. 1 VO (EWG) Nr. 3886/92 ermächtigt die Mitgliedsstaaten, die notwendigen Vorschriften zu erlassen, um sicher zu stellen, dass für jedes Tier spätestens von der ersten Prämienbeantragung an ein amtliches Dokument ausgestellt wird. Mit diesem Dokument muss sichergestellt werden, dass je Tier und je Altersklasse nur eine Prämie gewährt wird. Art. 3 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3886/92 überlässt es den Mitgliedsstaaten, ob sie das Begleitdokument für jedes einzelne Tier oder, wofür sich der nationale Verordnungsgeber mit dem nach § 5 RuSVO zu führenden Bestandsregister entschieden hat, in der Form einer vom Erzeuger geführten Globalliste vorsehen, in der alle für das amtliche Dokument vorgesehenen Angaben enthalten sind. Dem nach § 5 RuSVO zu führenden Bestandsregister kommt mithin für die Gewährung der Sonderprämie und die Überprüfung der Antragsvoraussetzungen sowohl nach dem Gemeinschaftsrecht als auch dem nationalen Recht eine zentrale Bedeutung zu. Das ergibt sich aus Art. 5 der Richtlinie 92/102/EWG des Rates vom 27. November 1992 über die Kennzeichnung und Registrierung von Tieren (ABl. L 355/32) - RL 92/102/EWG -. Darin heißt es:

(1) Die Mitgliedsstaaten tragen dafür Sorge, dass

a) jeder Halter von Rindern ... ein Register führt, das Angaben über die Zahl der in seinem Betrieb vorhandenen Tiere enthält.

Dieses Register umfasst eine stets auf dem neusten Stand zu haltende Übersicht über die bei diesen Tieren zu verzeichnenden Geburten, Todesfälle und Bewegungen (Anzahl der Tiere bei jedem Zu- und Abgang) auf der Mindestgrundlage der Gesamtveränderungen des Bestands und unter Angabe des Ursprungs bzw. der Bestimmung der Tiere und des Zeitpunkts dieser Bestandsveränderungen.

In der Präambel zu der Richtlinie 92/102/EWG heißt es weiter:

Im Rahmen bestimmter gemeinschaftlicher Beihilferegelungen für die Landwirtschaft ist bei bestimmten Nutztierarten die Kennzeichnung der einzelnen Tiere erforderlich. Das Kennzeichnungs- und Registriersystem muss daher für die Anwendung und Kontrolle solcher Maßnahmen geeignet sein.

Nach Art. 59 VO (EWG) Nr. 3886/92 haben die Mitgliedsstaaten bis zur Anwendung des alphanumerischen Systems für die Identifizierung und geeignete Erfassung der Tiere Sorge zu tragen, für die ein Antrag auf die Sonderprämie gestellt wird. Gegebenenfalls haben sie sich dabei an die Bestimmungen des Art. 7 der Verordnung (EWG) Nr. 714/89 der Kommission vom 20. März 1989 zur Durchführung der Sonderprämienregelung für Rindfleischerzeuger (ABl. L. 78/38) - VO (EWG) Nr. 714/89 - bzw. des Art. 1 Abs. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1244/82 der Kommission vom 19. Mai 1992 zur Durchführung der Prämienregelung für die Erhaltung des Mutterkuhbestandes (ABl. L. 143/20) - VO (EWG) Nr. 1244/82 - anzulehnen. Nach Art. 59 b VO (EWG) Nr. 3886/92 können die zuständigen Behörden das vom Erzeuger angegebene Alter zugrunde legen, wenn sich das Alter des Tieres anhand von Papieren nicht feststellen lässt. Sie sind jedoch verpflichtet, im Zweifelsfall auch auf andere Informationsquellen zurückzugreifen, insbesondere wenn Anträge auf die Sonderprämie für die zweite Altersklasse nicht kastrierter Rinder gestellt werden.

Nach § 4 RuSVO hat der Erzeuger, wenn er die Sonderprämie beantragen will, alle männlichen Tiere, die älter als 30 Tage sind, nach § 19 a Abs. 1 bis 3 und 5 der Viehverkehrsverordnung zu kennzeichnen und gemäß § 5 Abs. 1 RuSVO ein nach Prämienarten getrenntes Bestandsverzeichnis für die von ihm gehaltenen Tiere zu führen. Das Bestandsverzeichnis muss für jedes Tier mindestens folgende Angaben enthalten:

1. Die Kennzeichnung nach § 4,

2. beim Ersatz von Ohrmarken die neue Kennzeichnung nach § 4 sowie die Zuordnung der neuen zur verlorengegangenen oder unleserlich gewordenen Kennzeichnung,

3. bei Bestandsveränderungen die Kennzeichnung der betroffenen Tiere nach § 4 unter Angabe des jeweiligen Datums und der Person, von der die betroffenen Tiere übernommen oder an die sie abgegeben worden sind, und

4. bei männlichen Rindern deren Geburtsdatum und die Angabe, ob sie kastriert sind.

Das Bestandsverzeichnis ist für das Kalenderjahr zu führen, für das die in § 1 Nr. 1 - 3 genannten Prämien beantragt werden sollen (§ 5 Abs. 4 RuSVO).

Aus diesen gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Vorschriften ergibt sich in formalrechtlicher Hinsicht für Erzeuger, die eine Sonderprämie beantragen wollen, mit hinreichender Deutlichkeit, dass

1. alle über 30 Tage alten männlichen Tiere des Bestandes zu ihrer Identifizierung mit Ohrmarken zu kennzeichnen sind,

2. alle gekennzeichneten männlichen Tiere mit ihrer erstmaligen Kennzeichnung (Ohrmarke) bzw. bei einem Verlust der Ohrmarke mit der neuen Ohrmarke und deren Zuordnung,

3. Bestandsveränderungen mit dem Datum sowie dem Empfänger oder Lieferanten des Tieres und

4. das Geburtsdatum der männlichen Tiere sowie die Angabe, ob sie kastriert worden sind, in das Bestandsverzeichnis einzutragen sind.

Auf diese für ihre Beteiligung am Verfahren auf die Gewährung einer Sonderprämie zur Identifizierung und Registrierung zu erfüllenden Voraussetzungen sind die Antragsteller für das hier streitige Jahr in Niedersachsen mit dem Merkblatt für die Gewährung der Sonderprämie für männliche Rinder und der Saisonentzerrungsprämie für Ochsen im Jahre 1995, Stand: 30. November 1994 hingewiesen worden. Ferner ergibt sich aus dem für die Antragstellung auszufüllenden Formular "Bestandsverzeichnis Männliche Rinder: Bullen und Ochsen" welche antragserheblichen und gegebenenfalls vom Antragsteller nach § 11 MOG nachzuweisenden Angaben zu machen sind.

Anspruchsvoraussetzung für die Bewilligung der Sonderprämie ist danach, dass alle im Betrieb gehaltenen männlichen Tiere mit einer fortlaufenden Nummer, ihrer Ohrmarke nach der Viehverkehrsverordnung, dem Tag des Zuganges (Geburt oder Zukauf), ihrer Herkunft (Name und Adresse des Erzeugers), Datum der Geburt bei Zukauf, Art der Nutzung (Bulle oder Ochse), Tag des Abganges (Name und Adresse des Käufers des Tieres) sowie sonstigen Bemerkungen in das Bestandsverzeichnis aufgenommen worden sind.

Neben diesen zur Identifizierung und Registrierung der männlichen Rinder für die Beantragung und Gewährung der Sonderprämie formalen Voraussetzungen bestimmt u.a. Art. 15 c VO (EWG) Nr. 3886/92 in materieller Hinsicht, dass der Haltungszeitraum für Tiere, für die ein Antrag für die erste Altersklasse gestellt wird, zwei Monate vor der Schlachtung oder der ersten Vermarktung der Tiere und für Tiere, für die ein Antrag für beide Altersklassen gestellt wird, vier Monate ab dem ersten Tag des 20. Lebensmonats der Tiere beträgt. Daraus folgt, dass ein Anspruch auf die Gewährung einer Sonderprämie für Tiere der ersten und zweiten Altersklasse zusammen nur besteht, wenn sie im Zeitpunkt der Schlachtung mindestens 23 Monate alt gewesen sind. Diese Prämienvoraussetzungen hat der Antragsteller nach § 11 des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) vom 20. September 1995 (BGBl I S. 1146) in der Fassung des Gesetzes vom 2. Mai 1996 (BGBl I S. 656) nachzuweisen. Wie der Nachweis im Einzelnen zu führen ist, regeln das nationale Recht und das Gemeinschaftsrecht zwar nicht ausdrücklich. Nach Art. 59b VO (EWG) Nr. 3886/92 können jedoch die zuständigen Behörden das vom Erzeuger angegebene Alter zugrundelegen, wenn sich das Alter des Tieres anhand von Papieren nicht feststellen lässt. Im Zweifelsfall haben die zuständigen Behörden auch auf andere Informationsquellen zurückzugreifen, insbesondere wenn Anträge auf die Sonderprämie für die zweite Altersklasse nicht kastrierter Rinder gestellt werden. Danach wird entsprechend dieser gemeinschaftsrechtlichen Regelungen der Altersnachweis regelmäßig durch die Altersangabe in einem ordnungsgemäßen, den gemeinschaftsrechtlichen und den nationalen Vorschriften entsprechendes Bestandsregister geführt, wenn sich das Alter des Tieres anhand von Papieren (z.B. Zuchtbucht) nicht feststellen lässt. Nur in einem Zweifelsfall, der von der zuständigen Behörde zu benennen und zu belegen ist und der sich begründen lässt, nicht durch im Erlasswege generell angeordnete verschärfte Kontrollen, sind die zuständigen Behörden verpflichtet, auf andere Informationsquellen zurückzugreifen. Als solche kommen z.B. im Falle des Zukaufs entsprechende Erklärungen der Kälbererzeuger in Betracht, die wegen des späteren Verlangens der zuständigen Behörde regelmäßig nicht zeitnah zur Geburt der Tiere ausgestellt sein können (vgl. auch Urt. d. Sen. v. 28.4.2004 - 10 LB 3969/01 -).

Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen für die Gewährung einer Sonderprämie für die im Antrag vom 28. August 1995 aufgeführten 8 Bullen nicht. Der Kläger hat mit der Beteiligungserklärung und dem Antrag kein Bestandsverzeichnis vorgelegt, das den Anforderungen des § 5 RuSVO Rechnung trägt. Ein Bestandsverzeichnis für alle im Betrieb gehaltenen männlichen Rinder entspricht, wie dargelegt, nur dann den Anforderungen, wie sich insbesondere aus dem auszufüllenden Vordruck selbst ergibt, wenn darin alle männlichen Tiere unter einer fortlaufenden Nummer entsprechend ihrem Zugang in den Betrieb (Geburt oder Zukauf), mit ihrer Ohrmarke, dem Tag der Geburt bzw. Zukaufs, ihrer Herkunft, dem Geburtsdatum bei einem Zukauf, Name und Adresse des Kälbererzeugers, der Nutzung (Bulle oder Ochse), dem Tag des Abganges, dem Namen und der Adresse des Käufers sowie sonstigen Bemerkungen z.B., dass ein Tier wegen des Verlustes oder der Unkenntlichkeit der Ohrmarke mit einer neuen Ohrmarke gekennzeichnet worden ist, aufgeführt worden sind. Dabei müssen die Eintragungen in zeitlicher Hinsicht unmittelbar nach dem Zugang des Tieres in den Betrieb (Geburt oder Zukauf) in das Betriebsverzeichnis vorgenommen oder übernommen worden sein. Nach Art. 14 VO (EWG) Nr. 3886/92 muss unbeschadet der im Rahmen des integrierten Systems vorgesehenen Bestimmungen jedes im Betrieb gehaltene männliche Rind spätestens am dritten Tag nach dem Eintreffen im Betrieb in das besondere Register des Erzeugers eingetragen werden.

Diesen Anforderungen entspricht das vom Kläger erstmals mit der Beteiligungserklärung in Fotokopie vorgelegte Bestandsverzeichnis, in dem der streitige Bulle mit der Ohrmarke Nr. 1862/112 aufgeführt worden ist, nicht. Die Fotokopie des Bestandsverzeichnisses weist unter der laufenden Nummer 20 bis einschließlich 32 die gleichen männlichen Tiere aus wie das im Zusammenhang mit der Antragstellung für das Jahr 1994 vorgelegte Bestandsverzeichnis für das Antragsverfahren 1994, jedoch sind in diesem Bestandsverzeichnis unter den laufenden Nummern 33, 34, 35 am 13. 9. und 22. 9. 1994 verkaufte Tiere aufgeführt, die in dem für das Antragsjahr 1995 vorgelegten Bestandsverzeichnis nicht enthalten sind, und in dem unter der laufenden Nummer 33 der streitige Bulle mit der Ohrmarkennummer 1862/112 aufgeführt worden ist. Von einem fortlaufend geführten Bestandsverzeichnis über die im Betrieb des Klägers gehaltenen männlichen Rinder, das den Anforderungen des § 5 RuSVO entspricht und das als Globalliste i.S.d. Art. 3 Abs. 2 VO (EWG) Nr. 3886/92 sicherstellen soll, dass die Prämie je Tier und Altersklasse nur einmal gewährt wird, kann mithin keine Rede sein.

Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich aus Art. 10 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3887/92 und den dieser Vorschrift nachfolgenden gemeinschaftsrechtlichen Regelungen (Art. 10 Abs. 4 VO (EWG) Nr. 3887/92 idF der Verordnung 1678/98 (ABl. L 212/23) und Art. 10c VO (EWG) Nr. 3887/92 idF der Verordnung 2801/99 (ABl. L 340/29) nicht, dass Fehler im Rahmen eines Bestandsverzeichnis allenfalls eine Kürzung, nicht aber die Versagung der Sonderprämie zur Folge haben. Das Gegenteil ist der Fall. Art. 10 Abs. 3 VO (EWG) Nr. 3887/92 hat folgenden Wortlaut:

Unbeschadet der Bestimmungen des vorstehenden Absatzes wird - sofern im Rahmen einer Kontrolle vor Ort gemäß Artikel 6 Absatz 6 festgestellt wird, dass die Zahl der im Betrieb vorhandenen und für eine Prämienbeantragung in Betracht kommenden Tiere nicht der Zahl der im besonderen Register geführten Tiere entspricht - der Gesamtbetrag der Sonderprämien, die dem Betriebsinhaber für das betreffende Kalenderjahr zu gewähren sind, außer im Fall höherer Gewalt entsprechend gekürzt.

...

Diese gemeinschaftsrechtliche Regelung, von der nicht nur die im Beihilfeantrag angegebenen Tiere, sondern alle im Betrieb vorhandenen Rinder erfasst werden, setzt sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrem Inhalt das ordnungsgemäße Führen des Bestandsregisters als Globalliste als selbstverständlich voraus. Ohne ein ordnungsgemäß den Anforderungen des § 5 RuSVO entsprechend geführtes Bestandsregister lässt sich eine Differenz zwischen den darin aufgeführten und den im Betrieb vorhandenen Tieren nicht feststellen.

Von der vom Kläger begehrten Einholung eines Sachverständigengutachtens konnte mithin abgesehen werden. Im Übrigen kommt entgegen der Auffassung des Klägers für den erforderlichen Altersnachweis auch nicht das Schlachtgewicht des streitigen Bullen in Betracht. Der Senat verkennt nicht, dass das Schlachtgewicht Anhaltspunkte für das Alter eines Tieres liefern kann. Aus diesen Anhaltspunkten lässt sich aber kein konkreter Nachweis auf ein bestimmtes Alter ableiten, weil das Schlachtgewicht eines Tieres von den persönlichen Anlagen eines jeden Tieres, seiner Rasse, Fütterung und Haltung abhängt.

Schließlich kann der Kläger auch aus der Bewilligungspraxis des Beklagten für die Jahre 1993 und 1994 keinen Anspruch auf die Bewilligung einer Sonderprämie für den Bullen mit der Ohrmarke Nr. SFA 1862112 im Jahr 1995 herleiten. Es ist anerkannt, und entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, eine Bewilligungspraxis aus willkürfreien, d.h. sachlichen Gründen geändert werden kann. So liegt der Fall auch hier, indem der Beklagte nach der Beanstandung der Verwaltungspraxis der Bewilligungsbehörden durch die Europäische Kommission bei der Bewilligung der Sonderprämie die nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften jedenfalls im Ansatz berücksichtigt hat. Daraus ergibt sich entgegen der Auffassung des Klägers keine unzulässige Verschärfung der Antragsvoraussetzungen oder eine unzulässige Rückwirkung. Insoweit wird von ihm übersehen, dass er nach den nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften, wenn er die Sonderprämie für die von ihm vermarkteten Bullen zusätzlich zum Kaufpreis als öffentliche Leistung erhalten wollte, zu einer lückenlosen Führung des Bestandsregisters mit den genannten Angaben verpflichtet war. Von ihm werden mithin nicht nachträglich Angaben verlangt, zu deren Angabe er nicht schon vorher verpflichtet war.

Ende der Entscheidung

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