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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 08.01.2008
Aktenzeichen: 10 ME 108/07
Rechtsgebiete: BGB, NöVersG


Vorschriften:

BGB § 1004 Abs. 1 S. 2
NöVersG § 1 Abs. 1
NöVersG § 3 Abs. 1
NöVersG § 3 Abs. 2
NöVersG § 4 Abs. 1
NöVersG § 16
1. § 3 Abs. 1 und 2 NöVersG verleiht einem öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen ein subjektiv-öffentliches Recht, sein Geschäftsgebiet gegen wettbewerblich relevante Tätigkeiten anderer öffentlich-rechtlicher Versicherungsunternehmen zu verteidigen.

2. Der Begriff des Geschäftsgebietes in § 3 NöVersG ist spartenbezogen, d.h. ein öffentlich-rechtliches Versicherungsunternehmen kann eine Beeinträchtigung seines Geschäftsgebietes durch andere öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen nur im Hinblick auf die von ihm nach eigenem Satzungsrecht wahrgenommenen Versicherungssparten abwenden.


Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung, der Antragsgegnerin u.a. zu untersagen, im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich selbst oder durch bestimmte Dritte Lebensversicherungen zu zeichnen. Die Antragstellerin wurde 1918 als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts der damaligen preußischen Provinz Hannover errichtet. Mit der Landschaftlichen Brandkasse Hannover - Antragstellerin im Verfahren 10 ME 109/07 - bildet sie die Versicherungsgruppe Hannover - VGH -. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 ihrer Satzung vom 11. Januar/21. Juni 1995 (Nds. MBl. S. 912) betreibt die Antragstellerin u.a. alle Arten der Lebensversicherung. Nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung ist das Geschäftsgebiet der Anstalt das Land Niedersachsen (ausgenommen die ehemaligen Verwaltungsbezirke Oldenburg und Braunschweig) und das Land Bremen. Träger der Antragstellerin sind die Landschaftliche Brandkasse Hannover und der Niedersächsische Sparkassen- und Giroverband. Seit ihrer Errichtung betreibt die Antragstellerin in ihrem Geschäftsgebiet die Lebensversicherung, seit 1922/1924 auch die Haftpflicht-, Unfall- und Kraftfahrtversicherung. Diese letzten Sparten übertrug die Antragstellerin 1983 im Zuge der sog. Spartentrennung nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz auf die Landschaftliche Brandkasse Hannover.

Die Antragsgegnerin, nach § 1 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 des Gesetzes über die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen vom 10. Januar 1994 - NöVersG - (Nds.GVBl. S. 5) eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, betreibt alle Arten der Lebensversicherung (§ 2 Satz 1 der Satzung vom 19. September 2001 (Nds. MBl. S. 947)). Nach § 3 der Satzung umfasst das Geschäftsgebiet des Unternehmens den ehemaligen Freistaat Braunschweig in den Grenzen, die vor Erlass der Verordnung über Gebietsbereinigungen im Raume Salzgitter vom 25. Juni 1941 (Nds. GVBl. Sb. II S. 18) bestanden, sowie die Orte Hornburg, Isingerode und Roklum.

Die Beigeladene ist aus der Vereinigung der Feuerversicherungsanstalten für die Städte und Flecken sowie für das platte Land des ehemaligen Fürstentums Ostfriesland hervorgegangen (§ 1 Abs. 1 der Satzung vom 25. März 1995, Nds. MBl. S. 692) und ist (ebenfalls) ein öffentlich-rechtliches Versicherungsunternehmen in der Rechtsform einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts. Nach § 1 Abs. 4 Satz 1 der Satzung ist Zweck des Unternehmens der Betrieb der Schadenversicherung mit Ausnahme der Kraftfahrtversicherung. Nach Satz 3 kann das Unternehmen u.a. Versicherungsverträge anderen Unternehmen vermitteln. Nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung ist das Geschäftsgebiet der Beigeladenen der ehemalige Regierungsbezirk Aurich.

Seit ihrer Errichtung zeichnete die Antragstellerin in der früheren preußischen Provinz Hannover und damit auch im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich Lebensversicherungen. Die Beigeladene bot im ehemaligen Regierungsbezirk (lediglich) die früher als Monopolversicherung vorgesehene Gebäudefeuerversicherung an; sog. Wettbewerbssachversicherungen, also diejenigen Sachversicherungen, die nicht als Monopolversicherungen anzubieten waren, zeichnete die Beigeladene zunächst nicht. Diese Sparte bot ab 1907 die Landschaftliche Brandkasse Hannover, die Partnerin der Antragstellerin in der VGH, an. Ab 1965 zeichnete auch die Beigeladene in Ostfriesland - in Abstimmung mit den Unternehmen der VGH - in den von der VGH nicht angebotene Versicherungssparten Versicherungen. Zu Beginn der 1990er Jahre vereinbarten die Beigeladene, die Landschaftliche Brandkasse Hannover und die Antragstellerin unter Mitwirkung des Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverbandes und der Ostfriesischen Landschaft (Trägerin der Beigeladenen) eine engere Zusammenarbeit. Die Landschaftliche Brandkasse Hannover und der Niedersächsische Sparkassen- und Giroverband wurden neben der Ostfriesischen Landschaft (Mit)Träger der Beigeladenen. Die Beigeladene übernahm über ihre Versicherungsagenturen den Vertrieb der von der VGH angebotenen Versicherungssparten. 1997 kündigte die VGH die vereinbarte Kooperation, weil Unstimmigkeiten in Bezug auf die Zusammenarbeit der Partner aufkamen; der Streit zwischen den ehemaligen Partnern mündete u.a. in Klagen der Ostfriesischen Landschaft gegen die Landschaftliche Brandkasse Hannover auf Aufgabe ihrer Trägerschaft an der Beigeladenen sowie der Beigeladenen gegen die Landschaftliche Brandkasse Hannover auf Unterlassung der Zeichnung von Versicherungen im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich. Beide Verfahren sind in der Berufung vor dem Senat anhängig (10 LB 63 und 98/07).

Bereits ab 2002 suchte die Beigeladene einen Produktgeber für die von ihr selbst nicht angebotenen Versicherungssparten im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich, für den die Beigeladene als Vermittlerin tätig werden wollte. Unter Leitung des Niedersächsischen Finanzministeriums - der Rechtsaufsichtsbehörde über die öffentlich-rechtlichen Versicherungen in Niedersachsen - gab es parallel dazu Gespräche zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen über die Abgrenzung der jeweiligen Geschäftsgebiete. Den Vorschlag des Niedersächsischen Finanzministeriums, die Öffentliche Versicherung Oldenburg als Produktgeberin für die von der Beigeladenen zu vermittelnden Versicherungen zu gewinnen, wies die Beigeladene zurück, weil u.a. die Landschaftliche Brandkasse Hannover Trägerin der Oldenburgischen Landesbrandkasse und der Öffentlichen Lebensversicherungsanstalt Oldenburg ist. Die Beigeladene favorisierte stattdessen eine Zusammenarbeit mit der Antragsgegnerin. Mit Schreiben jeweils vom 26. August 2003 (Bl. 75, 76 und 78 der Gerichtsakte) wandte sich die Beigeladene an das Niedersächsische Finanzministerium und den Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverband. Darin legte sie dar, dass eine Einigung mit der VGH zur Beilegung der Streitigkeiten nicht zustande gekommen sei und dass nunmehr "eine Lösung" mit der Antragsgegnerin angestrebt werde. Die Beigeladene bitte darum, sie bei dieser Produktgabe durch die Antragsgegnerin - zumindest als Interimslösung - zu unterstützen. Auf Bitte der Beigeladenen, des Niedersächsischen Finanzministeriums und des Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverbandes erklärte sich die Antragsgegnerin bereit, als Produktgeberin für die Beigeladene tätig zu werden. Mit Schreiben vom 3. September 2003 (Bl. 80 f. der Gerichtsakte) wandte sich der Präsident des Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverbandes an den Vorstand der VGH und teilte mit, dass der Verband der sog. "braunschweigischen Lösung" zugestimmt habe; gleichzeitig bat er die VGH, diese "verbundinterne Lösungsmöglichkeit" ebenfalls zu akzeptieren und die erforderliche Zustimmung baldmöglichst zu erteilen. In diesem Sinne wandte sich auch das Niedersächsische Finanzministerium an die Antragstellerin (vgl. das Schreiben des MF an den Vorstand der Beigeladenen vom 12. September 2003, Bl. 83 der Gerichtsakte). Der Vorstand der VGH teilte daraufhin unter dem 9. September 2003 (Bl. 86 der Gerichtsakte) dem Präsidenten des Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverbandes Folgendes mit:

"Wir wollen uns dem Wunsch nicht verschließen und erteilen unsere nach dem NöVersG notwendige Zustimmung, die wir bis zum 31. Dezember 2006 begrenzen möchten.

Diese Zustimmung fällt uns nicht leicht. Sie bedeutet materiell eine Inkaufnahme der Beeinträchtigung unserer Zeichnungsrechte. ..."

Jeweils eine Durchschrift dieses Schreibens übersandte die Antragstellerin dem Niedersächsischen Finanzministerium und der Antragsgegnerin.

Unter dem 15. Oktober 2003 schlossen die Antragsgegnerin und die Beigeladene einen bis zum 30. September 2013 befristeten Vertrag (Bl. 209 ff. der Gerichtsakte), nach dem die Beigeladene Vermittlungsagent ist und sich verpflichtet, aktiv für die Antragsgegnerin tätig zu werden und ihr Lebensversicherungen aller Art zuzuführen, sofern die betreffenden Lebensversicherungen im Tarifwerk der Antragsgegnerin enthalten sind.

Als sich in der folgenden Zeit das Verhältnis zwischen den Unternehmen der VGH und der Beigeladenen nicht entspannte und es zu weiteren gerichtlichen Verfahren zwischen den Parteien kam, teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin am 27. November 2006 (Bl. 88 der Gerichtsakte) mit:

"Da unsere Erlaubnis bis zum 31. Dezember 2006 befristet ist, möchten wir der guten Ordnung halber bereits heute darauf hinweisen, dass eine Verlängerung unserer Zustimmung nicht beabsichtigt ist und wir davon ausgehen, dass Sie der Satzung- und Gesetzeslage entsprechend ab dem 1. Januar 2007 Ihre Tätigkeit im Geschäftsgebiet Ostfriesland beenden werden."

Die Antragsgegnerin erwiderte gegenüber der VGH unter dem 18. Dezember 2006 (Bl. 90 der Gerichtsakte), sie sei im Interesse der Versicherungsnehmer gehalten, die Kooperation mit der Beigeladenen auch über den 31. Dezember 2006 hinaus fortzusetzen, da die Beigeladene sie um die Erfüllung des Kooperationsvertrages gebeten habe. Auch nach Wegfall der Zustimmung der Antragstellerin ab dem 1. Januar 2007 lägen angesichts der Zustimmung der Beigeladenen alle rechtlichen Erfordernisse für eine Fortsetzung der Produktgeberschaft für die Beigeladene vor.

Am 29. Dezember 2006 hat die Antragstellerin um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht. Sie hat geltend gemacht, es bestehe für die von ihr begehrte einstweilige Anordnung ein Anordnungsgrund, denn die Antragsgegnerin habe angekündigt, ihre Geschäftstätigkeit im Gebiet des früheren Regierungsbezirks Aurich fortsetzen zu wollen. Im Falle einer Fortsetzung müsste sie erhebliche Nachteile hinnehmen, die nicht mehr zu kompensieren wären. Ihr entgingen pro Jahr ca. 225 Lebensversicherungsverträge mit einem jährlichen Beitragsvolumen von etwa 200.000,- Euro. Nach § 3 Abs. 2 NöVersG bestehe auch ein Anordnungsanspruch. Danach dürften öffentlich-rechtliche Versicherungsanstalten Versicherungen im Geschäftsgebiet anderer öffentlich-rechtlicher Versicherungsanstalten nur mit deren Einverständnis schließen. Diese Bestimmung gewähre ihr einen subjektiv-öffentlichen Anspruch darauf, der Antragsgegnerin die Geschäftstätigkeit in ihrem Geschäftsgebiet untersagen zu lassen. Denn die der Antragsgegnerin erteilte Zustimmung zur Zeichnung von Versicherungen im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich liege ab dem 1. Januar 2007 nicht mehr vor. Da der Begriff des Geschäftsgebiets zudem spartenbezogen sei, könne sich die Antragsgegnerin auch nicht darauf berufen, dass die Beigeladene ihr die Zustimmung zur Zeichnung von Versicherungen gegeben habe. Denn der ehemalige Regierungsbezirk Aurich sei in Bezug auf die Sparte "Lebensversicherung" niemals das Geschäftsgebiet der Beigeladenen gewesen. Die Beigeladene sei vielmehr nach ihrer Satzung ein sog. Schadenversicherer. Die Zustimmung der Beigeladenen allein reiche aber keinesfalls aus, die Geschäftstätigkeit der Antragsgegnerin in Ostfriesland rechtfertigen zu können. Die gesetzlichen Bestimmungen verböten außerdem nicht nur das Zeichnen von Versicherungen in einem fremden Geschäftsgebiet, sondern auch die Vermittlung von Versicherungen an ein drittes Unternehmen. Schließlich liege auch kein Fall der sog. Vorwegnahme der Hauptsache vor, der dem Erlass einer einstweiligen Anordnung entgegenstehen könnte. Sie begehre lediglich eine vorläufige Regelung. Es entstünden selbst bei Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung keine irreparablen Zustände. Falls sie im Hauptsacheverfahren unterliege, könne die Antragsgegnerin wieder Lebensversicherungen in Ostfriesland zeichnen und die Zusammenarbeit mit der Beigeladenen fortsetzen; im Übrigen blieben die bis Ende 2006 gezeichneten Versicherungen ohnehin unberührt.

Die Antragstellerin hat beantragt,

1. der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, es ab dem 1. Januar 2007 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu unterlassen, im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich

a. Lebensversicherungen selbst oder durch Dritte, an denen die Antragsgegnerin die direkte oder indirekte Mehrheit der Anteile und/oder Stimmen hält oder mit denen sie Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsverträge geschlossen hat, zu zeichnen,

b. Niederlassungen alleine oder mit Dritten zur Zeichnung von Lebensversicherungen durch die Antragsgegnerin oder durch Dritte, an denen die Antragsgegnerin die direkte oder indirekte Mehrheit der Anteile und/oder Stimmen hält oder mit denen sie Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsverträge geschlossen hat, zu betreiben,

c. Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler oder angestellte Versicherungsvermittler zwecks Zeichnung von Lebensversicherungen durch die Antragsgegnerin oder durch Dritte, an denen die Antragsgegnerin die direkte oder indirekte Mehrheit der Anteile und/oder Stimmen hält oder mit denen sie Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsverträge geschlossen hat, tätig werden zu lassen und/oder zu beschäftigen,

d. selbst oder durch Dritte für den Abschluss von Lebensversicherungen mit der Antragsgegnerin oder mit Dritten zu werben, an denen die Antragsgegnerin die direkte oder indirekte Mehrheit der Anteile und/oder Stimmen hält oder mit denen sie Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsverträge geschlossen hat,

2. und der Antragsgegnerin ein vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzendes Ordnungsgeld, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,- Euro; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu vollziehen an den Mitgliedern des Vorstandes der Antragsgegnerin, anzudrohen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hat erwidert: Zweifelhaft sei, ob ein Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung bestehe. Die Antragstellerin habe auch im Falle ihres Obsiegens keinen dauerhaften Vorteil, den ihr eine einstweilige Anordnung bringen könnte. Denn die Beigeladene könne sich mindestens mittelfristig einen anderen Produktgeber suchen und dessen Produkte im streitigen Geschäftsgebiet anbieten. Es liege auch kein Anordnungsgrund vor. Die Antragstellerin strebe eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache an. Die Antragstellerin weise selbst darauf hin, dass ihr ohne das begehrte Unterlassungsgebot ein nicht kompensierbarer Schaden entstünde. Dies gelte mindestens im gleichen Maße auch für sie, die Antragsgegnerin. Würde dem Unterlassungsantrag der Antragstellerin nicht stattgegeben, sei diese zudem nicht daran gehindert, weiter selbst im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich u.a. in der Versicherungssparte Lebensversicherung tätig zu werden. Ihr entgehe also allenfalls ein potentielles Geschäft, wobei dieses letztlich nur einen Bruchteil der derzeit von der Beigeladenen akquirierten und zum Abschluss von Versicherungsverträgen an sie vermittelten Versicherungskunden umfasse. Demgegenüber würde im Falle eines Erfolgs der Antragstellerin das von ihr aufgebaute Geschäft zerschlagen. Sie habe in Ostfriesland erheblich investiert und seit 2003 ca. 680 Lebensversicherungen abgeschlossen. Der Antragstellerin stehe auch der von ihr geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu. Sie selbst dürfe im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich schon aufgrund der ihr erteilten Genehmigung der Beigeladenen geschäftlich tätig werden. Denn Ostfriesland sei jedenfalls auch das Geschäftsgebiet der Beigeladenen. Diese dürfe in diesem Gebiet ohne jede Einschränkung Versicherungen an andere Versicherungsunternehmen vermitteln.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt, aber darauf hingewiesen, ein Unterlassungsanspruch der Antragstellerin bestehe nicht. Denn der ehemalige Regierungsbezirk Aurich sei zumindest auch ihr Geschäftsgebiet. Nach ihrer Satzung sei sie befugt, in allen Versicherungssparten Versicherungsverträge zu vermitteln. Auf eine Zustimmung der Antragstellerin komme es deshalb nicht an. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung hätte erhebliche Nachteile für sie zur Folge. Mit einem neuen Produktgeber müsse nämlich eine neue Datenverarbeitung aufgebaut werden. Zudem sei eine Marketingkampagne erforderlich, um den neuen Produktgeber am Markt einzuführen. Es entstünden hohe Organisations- und Schulungskosten, die insgesamt etwa 500.000 Euro betrügen. Die Antragstellerin habe durch die Zusammenarbeit zwischen der Antragsgegnerin und ihr keine erheblichen Nachteile, denn deren Geschäfte hätten sich in Ostfriesland überdurchschnittlich gut entwickelt.

Mit Beschluss vom 22. März 2007 hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragstellerin abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setze voraus, dass die Anordnung die Grenzen einer vorläufigen Regelung nicht überschreite und nicht die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehme. Etwas anderes gelte wegen des Gebots der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nur dann, wenn Rechtsschutz in der Hauptsache nicht rechtzeitig erlangt werden könne und dies für den Antragsteller zu schlechthin unzumutbaren Nachteilen führe, die sich auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr ausgleichen ließen. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Der Antrag der Antragstellerin sei auf eine (vorläufige) Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet. Die Zulässigkeit einer solchen Vorwegnahme verlange eine weitgehend positive Vorausbeurteilung der Erfolgsaussichten der Hauptsache. Dies könne derzeit bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Überprüfung nicht angenommen werden. Die Antragsgegnerin werde im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich aufgrund der ihr erteilten Genehmigung der Beigeladenen tätig. Ostfriesland sei jedenfalls auch insoweit Geschäftsgebiet der Beigeladenen, als diese nach ihrem Unternehmenszweck neben dem Betreiben der Schadenversicherung mit Ausnahme der Kraftfahrtversicherung u.a Versicherungsverträge anderen Unternehmen vermitteln könne. Eine derartige Vermittlung sei zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen vereinbart. Es werde nicht verkannt, dass nach Auffassung der Antragstellerin der Geschäftsbegriff nach § 3 NöVersG spartenbezogen sei. Folgte man dieser Auffassung, so wäre zustimmungsbefugt nur dasjenige öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen, dessen Versicherungssparte in einem bestimmten Gebiet von einer Zeichnungstätigkeit eines anderen öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmens in der gleichen Sparte betroffen wäre. Das wäre zwar vorliegend die Antragstellerin, doch liege es nicht auf der Hand, dass diese Rechtsauffassung zutreffend sei. Einer Vorwegnahme der Hauptsache stehe zudem entgegen, dass die Antragstellerin sich nicht darauf berufen könne, ihr entstünden ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung unzumutbare und irreparable Nachteile. Die Antragstellerin habe seit 2003 ihr Versicherungsgeschäft weiter betrieben und nicht glaubhaft gemacht, dass sie in den vergangenen drei Jahren unternehmensgefährdende Einbußen habe hinnehmen müssen. Aus den vorgelegten Geschäftsberichten ergebe sich nicht, dass die Tätigkeit der Antragsgegnerin als Produktgeberin in Ostfriesland das Geschäft der Antragstellerin unzumutbar beeinträchtigt habe. Die Beigeladene habe demgegenüber substantiiert vorgetragen, dass im Falle einer Beendigung der Zusammenarbeit mit der Antragsgegnerin ein Schaden von ca. 500.000 Euro entstehe. Nach Abwägung der gegenseitigen Interessen sei es nicht erforderlich, dass die Antragsgegnerin in Ostfriesland ihre geschäftliche Betätigung sofort aufgebe.

Die Antragstellerin macht mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde geltend, das Verwaltungsgericht habe die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruchs unzutreffend beurteilt. § 3 Abs. 2 NöVersG verleihe einem öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, dass ein anderes öffentlich-rechtliches Versicherungsunternehmen seine Geschäftstätigkeit nicht über die Grenzen des eigenen Geschäftsgebietes hinaus in sein Geschäftsgebiet ausdehne. Da der ehemalige Regierungsbezirk Aurich als Teil der ehemaligen preußischen Provinz Hannover zu ihrem Geschäftsgebiet gehöre, dürften in dieser Region nach § 3 Abs. 2 NöVersG nur mit ihrer Zustimmung Lebensversicherungen von anderen öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen gezeichnet werden. Diese Zustimmung liege seit dem 1. Januar 2007 nicht mehr vor. Die von ihr zu erteilende Zustimmung sei auch nicht durch die Zustimmung der Beigeladenen ersetzt worden. Weder der Wortlaut des § 3 Abs. 2 NöVersG noch der Sinn und Zweck dieser Bestimmung ließen eine solche Ersetzung der Zustimmung zu. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts lägen auch die Voraussetzungen für einen Anordnungsgrund vor. Die begehrte Regelungsanordnung sei dringlich; nicht erforderlich sei für die einstweilige Anordnung, dass sie durch die Tätigkeit der Antragsgegnerin in ihrer Existenz gefährdet werde. Da sie die Abwehr eines Eingriffs in ihre subjektiven Rechte erstrebe, sei ihre Rechtsposition mit der eines Anfechtungsklägers vergleichbar. Für eine solche eingriffsabwehrende Regelung reiche jeder dringliche Grund aus. Die beantragte Regelung solle im vorliegenden Falle in einem wettbewerbsähnlichen Verhältnis der öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen getroffen werden, in dem es genüge, dass der Gläubiger einen drohenden Verstoß gegen eine Unterlassungspflicht glaubhaft mache. Ein solcher Verstoß durch die Antragsgegnerin liege hier vor, weil diese seit dem 1. Januar 2007 ohne ihre Zustimmung im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich Lebensversicherungen zeichne. Dem Erlass der einstweiligen Anordnung stehe auch nicht entgegen, dass durch die Entscheidung die Hauptsache vorweggenommen werde. Sie begehre nicht eine irreversible Regelung, die vollendete Tatsachen schaffe. Denn die Antragsgegnerin könne ihre Tätigkeit in Ostfriesland ohne weiteres wieder aufnehmen, wenn sie in der Hauptsache obsiegen sollte. Im Übrigen greife der Einwand der Vorwegnahme der Hauptsache schon deswegen nicht durch, weil ein Anordnungsgrund vorliege und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache bestehe. Die beantragte Entscheidung sei auch dringlich, weil ihr Nachteile drohten, die sie sonst nicht kompensieren könne. Durch die Zeichnungstätigkeit der Antragsgegnerin entgingen ihr nach Maßgabe der bisher akquirierten Lebensversicherungen innerhalb von drei Jahren ca. 675 Versicherungsverträge, die einem jährlichen Beitragsvolumen von 200.000 Euro entsprächen. Es bestehe auch keine rechtliche Möglichkeit, von der Antragsgegnerin nach einem Obsiegen in der Hauptsache die Übertragung der von der Antragsgegnerin gezeichneten Lebensversicherungen zu verlangen. Den irreparablen Schäden stünden auch keine gleichwertigen Interessen der Antragsgegnerin gegenüber. Denn die Antragsgegnerin habe bei Abschluss des Kooperationsvertrages mit der Beigeladenen gewusst, dass die von ihr erteilte Zustimmung zur Geschäftstätigkeit der Antragsgegnerin im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich nur bis zum 31. Dezember 2006 befristet gewesen sei und von vornherein in Bezug auf die Vermittlung von Versicherungen an die Antragsgegnerin ohnehin nur an eine Interimslösung gedacht gewesen sei.

Die Antragstellerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und nach ihren erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts und erwidert: Das Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung fehle bereits deswegen, weil ein Erfolg in diesem Verfahren der Antragstellerin keinen dauerhaften Vorteil brächte. Denn die Beigeladene sei im Falle des Unterliegens der Antragsgegnerin nicht daran gehindert, einem weiteren Versicherungsunternehmen in Ostfriesland Versicherungsverträge zu vermitteln. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin entstünden durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung auch irreversible Schäden. Die von der Beigeladenen und ihr getätigten Investitionen gingen verloren und das Vertrauen zu den gewonnen Versicherungskunden würde zerstört, wenn sie für eine eventuell mehrjährige Dauer eines Hauptsacheverfahrens ihre Produktgeberschaft in Ostfriesland einstellen müsste. Dagegen sei es der Antragstellerin zumutbar, mit der Durchsetzung ihrer Ansprüche bis zu einem eventuellen Erfolg in der Hauptsache zu warten; denn die Antragstellerin sei nicht daran gehindert, während des laufenden Hauptsacheverfahrens ungeachtet ihrer, der Antragsgegnerin, Betätigung im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich selbst in diesem Geschäftsgebiet tätig zu werden. Der Antragstellerin stehe auch kein Anordnungsanspruch zu. Sie, die Antragsgegnerin, werde im streitigen Geschäftsgebiet aufgrund der ihr von der Beigeladenen erteilten Zustimmung tätig. Der ehemalige Regierungsbezirk Aurich sei der Beigeladenen durch deren Satzung als Geschäftsgebiet zugewiesen. Aus dem Unternehmenszweck ergebe sich keine Beschränkung des Geschäftsgebietes. Zwar sei nach § 1 Abs. 4 Satz 1 der Satzung der Beigeladenen der Zweck des Unternehmens der Betrieb der Schadenversicherung mit Ausnahme der Kraftfahrtversicherung, allerdings könne die Beigeladene nach Satz 3 in ihrem Geschäftsgebiet ohne Einschränkungen Versicherungen aller Art vermitteln. In diesem Rahmen bewege sie sich mit Zustimmung der Beigeladenen. Unter diesen Umständen benötige sie auch nicht die Zustimmung der Antragstellerin für ihre Tätigkeit in Ostfriesland. Unzutreffend sei auch die Auffassung der Antragstellerin, der Geschäftsgebietsbegriff nach § 3 Abs. 2 NöVersG sei spartenbezogen zu verstehen. Der Begriff des Geschäftsgebiets enthalte ausschließlich eine regionale Regelung, die nach der Begründung des Gesetzes den bei seinem In-Kraft-Treten bestehenden Rechtszustand im Hinblick auf die Geschäftsgebiete ungeschmälert habe festschreiben wollen. Der Geschäftsgebietsbegriff habe sich bei In-Kraft-Treten des o.g. Gesetzes nach § 8 des Sozietätengesetzes, der Vorgängerregelung zum Gesetz über die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen, auf alle Versicherungssparten bezogen und habe seine Entsprechung in den Satzungen der Beteiligten gefunden. Im Gegensatz zur Antragstellerin, die keine ehemalige Feuerversicherungsanstalt sei und sich daher nicht auf das Regionalprinzip nach dem Sozietätengesetz berufen könne, sei die Beigeladene als ehemalige Feuerversicherungsanstalt berechtigt, in ihrem Geschäftsgebiet in allen Versicherungssparten tätig zu werden. Der Antragstellerin sei nach ihrer Satzung zwar die ehemalige preußische Provinz Hannover als Geschäftsgebiet zugewiesen, so dass sie auch im Geschäftsgebiet ehemaliger Feuerversicherungsanstalten tätig werden dürfe. Dies schließe aber nicht das Recht ein, den ehemaligen Feuerversicherungsanstalten untersagen zu können, in deren ehemaligen Gebieten sich in allen Versicherungssparten nach Maßgabe der jeweiligen Satzung zu betätigen. Die Antragstellerin könne schließlich auch keinen Anordnungsgrund geltend machen. Zwar stünden die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen mit anderen Versicherungsunternehmen und - in engen Grenzen - auch miteinander in einem Wettbewerb. Gleichwohl sei der Hauptzweck der Unternehmen nach § 2 Satz 1 Halbsatz 2 NöVersG nicht die Gewinnerzielung. Hauptzweck sei vielmehr die Erfüllung der ihnen obliegenden öffentlichen Aufgaben. Unter diesen Voraussetzungen komme der von der Antragstellerin begehrte Rechtsschutz erst dann in Betracht, wenn die Gefahr bestehe, dass die öffentlichen Aufgaben nicht mehr erfüllt würden. Diese Voraussetzungen lägen aber nicht vor. Zudem drohe der Antragstellerin auch kein irreparabler Schaden; die Höhe der von der Antragstellerin geltend gemachten Schäden sei unzutreffend.

Die Beigeladene äußert sich im Beschwerdeverfahren nicht.

II.

Die nach § 146 Abs. 1 und 4 VwGO zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf deren Überprüfung sich die Entscheidung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Die Antragstellerin hat die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO glaubhaft gemacht. Es erscheint gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Abwendung wesentlicher Nachteile für die Antragstellerin nötig, der Antragsgegnerin bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren zu gebieten, die Zeichnung von Lebensversicherungen im ehemaligen Regierungsbezirk zu unterlassen.

Die Antragstellerin kann sich für ihr Begehren entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auf ein Rechtsschutzbedürfnis berufen. Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wenn die gerichtliche Entscheidung nicht von vornherein nutzlos ist, also geeignet erscheint, die subjektive Rechtsstellung des Antragstellers zu verbessern (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25. April 2007 - BVerwG 9 VR 4.07 -, juris; Beschl. v. 28. August 1987 - BVerwG 4 N 3.86 -, BVerwGE 78, 85, 91f.). Ein Rechtsschutzbedürfnis ist unter diesen Voraussetzungen ausnahmsweise (nur) dann zu verneinen, wenn der betreffende Antragsteller sein Begehren auf einem einfacheren und schnelleren Weg erreichen kann (vgl. dazu Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/v.Albedyll, VwGO, 4. Aufl. 2007, § 123 Rdnr. 44; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl. 1998, Rdnr. 125). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Die Antragstellerin kann durch einen Erfolg in diesem Verfahren ihre Rechtsstellung als Versicherungsunternehmen im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich verbessern, wenn der auf dem Gebiet der Lebensversicherung tätigen und dadurch mit der Antragstellerin konkurrierenden Antragsgegnerin u.a. das Zeichnen von Versicherungen in dieser Sparte in dem streitigen Geschäftsgebiet untersagt wird und sich die Antragstellerin daher in ihrem Geschäftsgebiet betätigen kann, ohne in einem Wettbewerb mit einem anderen Unternehmen zu stehen.

Soweit die Antragsgegnerin ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin damit bezweifelt, dass die Antragstellerin im Falle eines Erfolges ihrer Beschwerde keinen dauerhaften Vorteil erreiche, weil die Beigeladene wenigstens mittelfristig mit einem anderen (auch privaten) Produktgeber kooperieren könne, dem gegenüber die hier erstrebte einstweilige Anordnung keine Rechtswirkungen entfalte, greift dieser Einwand nicht durch.

Zutreffend ist zwar, dass die Beigeladene trotz des Erfolges der Antragstellerin in diesem Verfahren nicht gehindert wäre, zukünftig einem anderen Produktgeber Versicherungen zu vermitteln. Allerdings haben weder die Antragstellerin noch die Beigeladene konkrete Anhaltspunkte dafür genannt, dass eine solche Kooperation der Beigeladenen mit einem anderen (auch privaten) Versicherungsunternehmen alsbald oder möglicherweise auch nur mittelfristig geschlossen werden könnte. Sie haben auch nicht dargelegt, welches andere Versicherungsunternehmen als Produktgeber für die Beigeladene tätig werden könnte. Dies wäre im vorliegenden Falle jedenfalls mit Blick auf die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen geboten gewesen, weil die Beigeladene die Öffentliche Lebensversicherung Oldenburg wegen deren unternehmerischer Verflechtung mit der Landschaftlichen Brandkasse Hannover als Unternehmensteil der VGH als Kooperationspartnerin für die Vermittlung von Versicherungen im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich abgelehnt hat (vgl. dazu insgesamt auch das Schreiben des Präsidenten des Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverbandes an den Vorsitzenden des Vorstandes der VGH v. 3. September 2003, Bl. 80 der Gerichtsakte). Unter diesen Umständen braucht sich die Antragstellerin nicht auf ein Verfahren gegen die Beigeladene verweisen zu lassen, in dem sie sich möglicherweise dem Vorwurf ausgesetzt sähe, ihr fehle für ein solches Anordnungsverfahren das Rechtsschutzbedürfnis, weil eine Kooperation mit anderen Versicherungsunternehmen nicht in Aussicht stehe.

Weitere Voraussetzung für einen Erfolg der Antragstellerin ist, dass durch den begehrten Erlass der einstweiligen Anordnung nicht die Hauptsache vorweggenommen werden darf, d.h. es dürfen grundsätzlich nur vorläufige Regelungen getroffen und es darf dem betreffenden Antragsteller nicht schon in vollem Umfang das gewährt werden, was er in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte (vgl. z.B. Bay. VGH, Beschl. v. 21. November 2005 - 10 CE 05.1905 -, Juris; Beschl. v. 6. November 2000 - 4 ZE 00.3018 -, BayVBl. 2001, 500; Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 123, Rdnr. 13). Die einstweilige Anordnung darf danach die Grenzen einer vorläufigen Regelung nicht überschreiten, weil anderenfalls über die Erhaltung der Entscheidungsfähigkeit des Klageverfahrens hinaus vollendete Tatsachen geschaffen würden (vgl. Finkelnburg/Jank, aaO, Rdnr. 211). Wird durch die begehrte Maßnahme die Entscheidung in der Hauptsache insgesamt endgültig und irreversibel vorweggenommen, so kann die einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn ein Anordnungsanspruch mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit vorliegt und für den Fall, dass eine einstweilige Anordnung nicht ergeht, dem Antragsteller schwere und unzumutbare Nachteile entstünden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. August 1999 - BVerwG 2 VR 1.99 -, BVerwGE 109, 258, 262). Diese besonders strengen Maßstäbe sind hingegen dann abzumildern, wenn - wie hier - die begehrte Rechtsposition nur für den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung endgültig, weil faktisch nicht mehr rückgängig zu machen, eingeräumt werden soll, während über diesen Zeitpunkt hinaus keine vollendete Tatsachen geschaffen werden und die Rechtsstellung insoweit nur vorläufig gewährt wird. In dieser Situation können schon überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache genügen, und die zu befürchtenden Nachteile müssen nicht als schlechterdings unzumutbar eingestuft werden (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 12. Oktober 2007 - 1 S 2132/07 -, juris; v. 20. September 1994 - 9 S 687/94 -, DVBl. 1995, 160; Kopp/Schenke, aaO, § 123 Rdnr. 14 m.w.N.; hierzu auch Puttler, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 123 Rn. 102 ff. m.w.N.). Dies ist vorliegend der Fall.

Die Antragstellerin hat dargelegt und glaubhaft gemacht, dass ihr der tenorierte Unterlassungsanspruch entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 3 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen - NöVersG - vom 10. Januar 1994 (Nds. GVBl. S. 5) zusteht. Nach der zuletzt genannten Bestimmung behalten nach Absatz 1 die in § 1 Abs. 1 des Gesetzes genannten öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen ihre bisherigen Geschäftsgebiete bei (Regionalprinzip); sie können sie nur mit Genehmigung der Rechtsaufsicht ändern. Nach Absatz 2 dürfen im Geschäftsgebiet anderer öffentlich-rechtlicher Versicherungsunternehmen Versicherungsverträge nur mit deren Einverständnis geschlossen werden.

Diese Bestimmungen verleihen dem Rechtsinhaber ein subjektiv-öffentliches Recht, sein Geschäftsgebiet gegen wettbewerblich relevante Tätigkeiten anderer niedersächsischer öffentlich-rechtlicher Versicherungsunternehmen in diesem Gebiet zu verteidigen. § 3 Abs. 1 NöVersG weist den öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen ein - zunächst - räumliches Betätigungsgebiet zu und schließt mit Blick auf § 3 Abs. 2 NöVersG andere öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen von der Zeichnung von Versicherungsverträgen in diesem Gebiet grundsätzlich aus. Bereits der Wortlaut sowie der Sinn und Zweck der o.g. Bestimmungen vermitteln dem jeweils berechtigten Versicherungsunternehmen ein subjektives Recht, auch mittels verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes eine Betätigung anderer öffentlich-rechtlicher Versicherungsunternehmen im eigenen Geschäftsgebiet zu verhindern (vgl. dazu die Gesetzesbegründung, Landtags-Drucksache 12/5190, S. 13; vgl. zum sparkassenrechtlichen Regionalprinzip Berger, Niedersächsisches Sparkassengesetz, 2. Aufl. 2006, § 4 Rdnr 28; Stern/Nierhaus, Das Regionalprinzip im öffentlich-rechtlichen Sparkassenwesen 1991, S. 62/63; siehe auch OVG Lüneburg, Urt. v. 21. November 1986 - 2 OVG A 83/85 -, NVwZ-RR 1989, 11 [S. 14 des Urteilsabdrucks]). Mit der gesetzlichen Regelung des Regionalprinzips soll - wie der Gesetzesbegründung (aaO) zu entnehmen ist - dem Wettbewerbsschutz der öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen untereinander Rechnung getragen werden. Dieser Wettbewerbsschutz dient der Erhaltung und der Konkurrenzfähigkeit der einzelnen öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen und vermittelt der Antragstellerin grundsätzlich ein Abwehrrecht, das in ihrer Verfügungsbefugnis steht. Denn nach § 3 Abs. 2 NöVersG kann die Antragstellerin durch ihr Einverständnis die Zeichnung von Versicherungsverträgen durch ein anderes Unternehmen in ihrem Geschäftsgebiet genehmigen, also über das ihr zustehende Abwehrrecht verfügen und ihrem Interesse gemäß einsetzen.

Der von der Antragstellerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch verlangt eine Verletzung des Geschäftsgebietes der Antragstellerin, d.h. eine Tätigkeit eines anderen öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmens im Geschäftsgebiet der Antragstellerin, das den Wettbewerbsschutz verletzt und nicht durch ein Einverständnis der Berechtigten gerechtfertigt ist.

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Denn die Antragsgegnerin zeichnet seit dem 1. Januar 2007 im Geschäftsgebiet der Antragstellerin, im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich, Versicherungen, ohne dass die Antragstellerin dieser Betätigung der Antragsgegnerin zugestimmt hätte.

Welches Geschäftsgebiet die Antragstellerin im Sinne des § 3 Abs. 2 NöVersG als ihr Geschäftsgebiet beanspruchen kann, ergibt sich gemäß § 4 Abs. 1 NöVersG aus den Regelungen des Gesetzes über die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen und den Satzungen dieser Unternehmen.

Wie oben bereits dargelegt, sieht einerseits § 3 Abs. 1 Halbsatz 1 NöVersG vor, dass die in § 1 Abs. 1 NöVersG genannten öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen ihre bisherigen Geschäftsgebiete beibehalten (Regionalprinzip). Diese gesetzliche Bestimmung knüpft an die vor dem In-Kraft-Treten des Gesetzes über die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen bestehenden Regelungen über die Gebietszuweisungen an. Andererseits nehmen die gesetzlichen Bestimmungen durch ihren Verweis in § 4 Abs. 1 NöVersG auf die bestehenden satzungsrechtlichen Festlegungen des Geschäftsgebietes auf die aktuell geltenden Vorschriften Bezug. Danach ist das Geschäftsgebiet der Antragstellerin das Land Niedersachsen (ausgenommen die ehemaligen Verwaltungsbezirke Oldenburg und Braunschweig) und das Land Bremen (vgl. § 2 Abs. 1 der Satzung der Antragstellerin vom 27. Juni 1995, Nds. MBl. S. 912; siehe dazu auch die Bekanntmachung des Ministeriums für Finanzen über die Geschäftsgebiete der öffentlichen Versicherungen mit Sitz in Niedersachsen vom 13. November 1981, Nds. MBl. S. 1320, Anlage 2). Zum Geschäftsgebiet der Antragstellerin gehört unter diesen Voraussetzungen auch der ehemalige Regierungsbezirk Aurich.

In diesem Geschäftsgebiet zeichnet die Antragsgegnerin Versicherungsverträge. Anknüpfungspunkt für die Beurteilung, ob ein Versicherungsunternehmen Versicherungsverträge "in einem Gebiet zeichnet" ist ausschließlich der Wohnsitz des Versicherungsnehmers. Denn maßgeblich für den Bestand der öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen ist nach der Begründung des Gesetzes über die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen die Erhaltung der historisch gewachsenen und mit der in ihrem Geschäftsgebiet lebenden Bevölkerung eng verbundenen Unternehmen in ihrer überkommenen rechtlichen und wirtschaftlichen Gestalt (Landtags-Drucksache 12/5190, S. 13 zu § 1 Abs. 2 des Gesetzentwurfs). Daraus wird die Absicht des Gesetzgebers deutlich, die bestehenden Geschäftsstrukturen zu bewahren, die sich unter anderem an der Versorgung der Bevölkerung eines Gebiets mit Versicherungsleistungen orientierten und die - hinsichtlich der ehemaligen Monopolbrandversicherer - durch die Pflicht der Feuerversicherungsanstalten geprägt waren, der Bevölkerung für die im jeweiligen Gebiet belegenen Gebäude Versicherung gegen Feuersgefahr zu gewähren (vgl. die in § 16 Nr. 1, 3 bis 5 und 7 bis 9 NöVersG genannten Gesetze und Verordnungen).

Die Zeichnung von Lebensversicherungsverträgen mit Versicherungsnehmern, die ihren Wohnsitz im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich haben, durch die Antragsgegnerin ist zwar von der Antragstellerin nicht im Einzelnen belegt und glaubhaft gemacht worden. Jedoch wird in der Begründung ihrer Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts hinreichend deutlich, dass die von der Antragsgegnerin gezeichneten Lebensversicherungen mit Versicherungsnehmern geschlossen worden sind, die ihren Wohnsitz im Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Aurich haben (vgl. S. 6/7 und S. 22 der Beschwerdebegründung vom 3. April 2007).

Die versicherungsgeschäftliche Betätigung der Antragsgegnerin im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich unterfällt dem grundsätzlichen Zustimmungsvorbehalt zugunsten der Antragstellerin. Denn der Antragsgegnerin ist der ehemalige Regierungsbezirk Aurich nicht als Geschäftsgebiet zugewiesen (§ 3 ihrer Satzung), so dass sie im Geschäftsgebiet eines anderen Versicherungsunternehmens Versicherungen zeichnet.

Das Zeichnen von Lebensversicherungen durch die Antragsgegnerin im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich ist seit dem 1. Januar 2007 auch nicht - mehr - durch ein Einverständnis der Antragstellerin gerechtfertigt. Zwar hatte die Antragstellerin durch ihre Erklärung vom 9. September 2003 an den Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverband (Bl. 86 der Gerichtsakte), der (Mit-)Träger der Antragsgegnerin und der Beigeladenen ist, "die nach dem NöVersG notwendige Zustimmung" für eine Produktgeberschaft der Antragsgegnerin im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich erteilt. Diese Zustimmung hatte die Antragstellerin jedoch bis zum 31. Dezember 2006 befristet. Hintergrund dieser Befristung war, dass die Beigeladene die von ihr angestrebte Produktgeberschaft der Antragsgegnerin, die die Beigeladene selbst zumindest als sog. "Interimslösung" - gegebenenfalls bis zu einer endgültigen Klärung der entstandenen Streitfragen - gegenüber dem Niedersächsischen Finanzministerium und dem Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverband jeweils mit Schreiben vom 26. August 2003 (Bl. 75/76 und 78 der Gerichtsakte) bezeichnet hatte und dass die Antragstellerin daraufhin ihre Zustimmung nach § 3 Abs. 2 NöVersG nur zeitlich begrenzt erteilt hatte.

Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Befristung des Einverständnisses der Antragstellerin rechtsmissbräuchlich zu kurz bemessen war oder ein Anspruch der Antragsgegnerin auf Verlängerung des Einverständnisses besteht. Einen Vertrauenstatbestand mit dem Inhalt, dass die Antragsgegnerin ein über den 31. Dezember 2006 hinausgehendes Einverständnis erwarten durfte, hat die Antragstellerin durch eigenes zurechenbares Verhalten nicht geschaffen. Vielmehr hat sie in ihrem o.g. Schreiben vom 9. September 2003 nicht nur die Befristung ihres Einverständnisses eindeutig erklärt, sondern darüber hinaus auch darauf hingewiesen, dass ihr die Erteilung der Zustimmung nicht leicht falle, weil sie eine Inkaufnahme der Beeinträchtigung ihrer Zeichnungsrechte bedeute. Die Antragsgegnerin konnte unter diesen Umständen nicht annehmen, die Antragstellerin werde die Geschäftstätigkeit der Antragsgegnerin im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich über den 31. Dezember 2006 hinaus genehmigen oder jedenfalls dulden.

Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die Beigeladene habe durch den zwischen ihnen geschlossenen Vertrag vom 15. Oktober 2003 (Bl. 209 ff. der Gerichtsakte) das Einverständnis erklärt, im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich u.a. Lebensversicherungen zeichnen zu dürfen, und dieses Einverständnis bestehe auf Grund des Vertrages fort.

Zutreffend geht die Antragsgegnerin zunächst davon aus, dass § 2 Abs. 1 der Satzung der Beigeladenen vom 8. Mai 1995 den ehemaligen Regierungsbezirk Aurich der Beigeladenen als Geschäftsgebiet zuweist, der deshalb grundsätzlich - auch - Betätigungsgebiet der Beigeladenen ist.

Gleichwohl ist daraus nicht zu schließen, dass die Zustimmung der Beigeladenen zur Zeichnung von Lebensversicherungen durch die Antragsgegnerin deren geschäftliche Tätigkeit im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich rechtfertigt. Die Antragsgegnerin kann nicht mit Rechtswirksamkeit die Zeichnung von Versicherungen durch sie im Geschäftsgebiet der Antragstellerin gegen deren Willen genehmigen.

Eine rechtfertigende Wirkung der Zustimmung der Beigeladenen zur geschäftlichen Tätigkeit der Antragsgegnerin im hier streitigen Geschäftsgebiet setzt voraus, dass die Beigeladene wirksam über die Zulässigkeit dieser Tätigkeit nach § 3 Abs. 2 NöVersG entscheiden, also über die Einhaltung des Verbots, in einem fremden Geschäftsgebiet Versicherungen ohne Zustimmung des nach dem Regionalprinzip zuständigen öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmens zu zeichnen, verfügen kann. Eine solche Verfügungsbefugnis steht der Beigeladenen jedoch nicht zu.

Wie oben bereits ausgeführt knüpfen die Bestimmungen des Gesetzes über die öffentlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen an die vor dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes bestehenden Regelungen über die Gebietszuweisungen an, verweisen aber gleichzeitig auf die Festlegungen der Geschäftsgebiete in den Satzungen der öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen. Diese Zuweisungen eines Geschäftsgebietes sind neben der regionalen Begrenzung zudem "spartenbezogen", wie die Antragstellerin zutreffend geltend macht. Das Geschäftsgebiet steht danach einem öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen als räumliches Gebiet für seine geschäftliche Tätigkeit mit der Befugnis, andere öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen von der Betätigung in diesem Gebiet auszuschließen oder ihnen dort eine Betätigung zu gestatten, nur insoweit zu, als dem Unternehmen die geschäftliche Tätigkeit in einer bestimmten Sparte der Versicherungen gestattet ist.

Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen: Die Änderungen der versicherungsaufsichtsrechtlichen Bestimmungen durch Artikel 1 des Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes vom 29. März 1983 (BGBl. I S. 377), das am 1. April 1983 in Kraft trat, dienten der Durchführung der Ersten Richtlinie 79/267/EWG des Rates vom 5. März 1979 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über die Aufnahme und Ausübung der Direktversicherung (Lebensversicherung) (ABl. Nr. L 63 S. 1) und der Richtlinie 78/473/EWG des Rates vom 30. Mai 1978 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet der Mitversicherung auf Gemeinschaftsebene (ABl. Nr. L 151 S. 25). Diese gemeinschaftsrechtlichen Regelungen hatten zum Ziel, die bisher bestehenden unterschiedlichen Regelungen und Praktiken der Mitgliedstaaten hinsichtlich des gleichzeitigen Betreibens der Lebensversicherung und der Schadenversicherung neu zu ordnen und neuen Unternehmen die Kumulierung der genannten Versicherungssparten nicht mehr zu gestatten (vgl. Erwägung 4 zur Richtlinie 79/267/EWG). Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 79/267/EWG sah deshalb u.a. unter bestimmten Voraussetzungen vor, dass neu zuzulassende Unternehmen nicht die Lebens- und Schadenversicherung zugleich betreiben dürfen. Mit diesem Grundsatz der sog. Spartentrennung wurde das Ziel verfolgt, zum Schutz der Lebensversicherten die Lebensversicherung von der risikoreicheren Schadenversicherung zu trennen und die Versicherungssparten zukünftig von rechtlich getrennten juristischen Personen betreiben zu lassen (vgl. die Begründung des Entwurfs eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes der Bundesregierung, Bundestags-Drucksache 9/1493, S. 15). Dieser Grundsatz der Spartentrennung war in der Bundesrepublik Deutschland zu diesem Zeitpunkt fast ausnahmslos verwirklicht; nur einige wenige Unternehmen, insbesondere öffentlich-rechtliche Versicherer, betrieben noch beide Versicherungszweige nebeneinander, im Wesentlichen bedingt durch die historische Entwicklung des Versicherungsaufsichtsrechts in Deutschland (Gesetzesbegründung, aaO, S. 15). Umgesetzt wurde dieses gesetzgeberische Ziel durch Artikel 1 Nr. 7 des Gesetzes vom 29. März 1983; danach bestimmte § 8 Abs. 1a Satz 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes nunmehr, dass sich die Erlaubnis zum Betrieb der Lebensversicherung und die Erlaubnis zum Betrieb anderer Versicherungssparten einander ausschließen.

Diese auf gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen zurückgehende Festlegung des Spartentrennungsprinzips wurde in Niedersachsen auch für die bestehenden öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen verwirklicht. Die Unternehmen beschränkten ihre Betätigung entsprechend der festgelegten Spartentrennung auf bestimmte Versicherungssparten; dies führte in den 80er-Jahren zum Teil zu Übertragungen von Versicherungsbeständen auf Schwesterunternehmen, denen die Betätigung in den nunmehr aufzugebenden Versicherungssparten gestattet war, und im Zuge der Neuordnung des öffentlich-rechtlichen Versicherungswesens in Niedersachsen zu einer Änderung des Zwecks der Unternehmen und später zu entsprechenden Satzungsänderungen (vgl. hier zum Beispiel die Bestimmung der Versicherungszweige im Rahmen des Unternehmenszwecks der Antragsgegnerin in § 3 Abs. 1 der Satzung vom 12. März 1979 (Nds. MBl. S. 816) und in § 2 der Satzung vom 4. August 1994 (Nds. MBl. S. 1299)). Inhalt der nunmehr den rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten angepassten Satzungen war es, dass bestimmte Geschäftsgebiete in regionaler Hinsicht mehreren öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen zugewiesen waren oder sich jedenfalls mit dem Geschäftsgebiet eines anderen Unternehmens überschnitten, eine wettbewerbliche und konkurrierende Betätigung der öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen wegen der nunmehr auch satzungsrechtlich festgeschriebenen Spartentrennung aber regelmäßig nicht eintreten konnte (vgl. den Fall des räumlich identischen Geschäftsgebietes in Braunschweig: §§ 2 und 3 Abs. 1 der Satzung der Öffentlichen Sachversicherung Braunschweig vom 4. August 1994 (Nds. MBl. S. 1304) und die vor 1994 geltenden Regelungen § 1 Abs. 3 Satz 1 und § 2 der Satzung vom 23. September 1958 (Nds. MBl. S. 709) und §§ 2 Abs. 1 und 3 Abs. 1 der Satzung vom 12. März 1979 (Nds. MBl. S. 818) sowie §§ 2 und 3 Abs. 2 der Satzung der Antragsgegnerin vom 4. August 1994 (Nds. MBl. S. 1299) und die vor 1994 geltenden Regelungen § 1 Abs. 3 Satz 1 und § 2 der Satzung vom 23. September 1958 (Nds. MBl. S. 711) und §§ 2 Abs. 1 und 3 Abs. 1 der Satzung vom 11. April 1979 (Nds. MBl. S. 816); für den Fall des räumlich identischen Geschäftsgebietes in Oldenburg: § 1 Abs. 3 und § 2 der Satzung der Oldenburgischen Landesbrandkasse vom 4. Juli 1997 (Nds. MBl. 1998 S. 699) und die vor 1994 geltende Regelung § 14 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Oldenburgische Landesbrandkasse vom 28. April 1910 (Nds. GVBl. Sb II S. 377) sowie § 1 Abs. 3 und § 2 der Satzung der Öffentliche Lebensversicherungsanstalt Oldenburg vom 4. Juli 1997 (Nds. MBl. 1998 S. 703) und die vor 1994 geltenden Regelungen § 3 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 des Gesetzes für den Freistaat Oldenburg betreffend die Öffentliche Lebensversicherungsanstalt Oldenburg vom 30. November 1933 (Nds. GVBl. Sb II S. 755) ; vgl. für den Fall des sich überschneidenden Geschäftsgebietes: § 1 Abs. 3 und § 2 Abs. 1 der Satzung der Landschaftlichen Brandkasse Hannover vom 11. Januar/21. Juni 1995 (Nds. MBl. S. 915) und § 1 Abs. 3 und § 2 Abs. 1 der Satzung der Antragstellerin vom 11. Januar/21. Juni 1995 (Nds. MBl. S. 912)).

Dieser rechtliche und tatsächliche, seit 1983 sich entwickelnde Befund lag dem Entwurf des Gesetzes über die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen zugrunde, der - wie bereits angedeutet - neben der Neuordnung des öffentlich-rechtlichen Versicherungswesens und der damit einhergehenden Beseitigung der Brandversicherungsmonopole grundsätzlich auch den Erhalt der Unternehmen in ihrer überkommenen rechtlichen und wirtschaftlichen Gestalt verfolgte (Landtags-Drucksache 12/5190, S. 13 zu § 1 Abs. 2 des Gesetzentwurfs). Diesem Ziel, die betreffenden Unternehmen zu erhalten, diente die Festschreibung des Regionalprinzips und - damit verbunden - der Schutz vor Wettbewerb durch andere öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen, der durch § 3 Abs. 2 NöVersG ausgestaltet wurde (Landtags-Drucksache 12/5190, S. 13 zu § 3 Abs. 2 des Gesetzentwurfs). Das Festhalten am Regionalprinzip und der mit ihm verknüpfte Wettbewerbsschutz wurden als gesetzlich verfolgte Ziele in den Beratungen des Niedersächsischen Landtages besonders betont (vgl. Niedersächsischer Landtag, Stenographischer Bericht über die 85. Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18. August 1993, S. 7987, S. 7989; Niederschrift über die 102. Sitzung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen am 22. September 1993, S. 12 und S. 18), wobei der Niedersächsische Gesetzgeber - wie oben gezeigt - bei Erlass des Gesetzes sich räumlich (teilweise) überschneidende Geschäftsgebiete und in diesen Gebieten eine nach Sparten getrennte Geschäftstätigkeit der Versicherungsunternehmen vorfand. Dem Gesetz über die öffentlich-rechtlichen Versicherungen in Niedersachsen lag demzufolge das Konzept zum Teil von identischen, zum Teil von sich überschneidenden Geschäftsgebieten zugrunde, in denen der Wettbewerbs- und Konkurrenzschutz durch die verschiedenen, auf bestimmte Versicherungssparten ausgerichtete Unternehmenszwecke sichergestellt war (abweichend: Werber/Winter, Rechtsgutachten vom 11. November 2002, Anlage 14 zur Klageschrift im Verfahren 10 LB 98/07, S. 59/60, die von einer überschneidungsfreien Abgrenzung der Geschäftsgebiete in den Satzungen der öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen ausgehen). Voraussetzung des vom Gesetzgeber angestrebten Wettbewerbsschutzes durch § 3 Abs. 2 NöVersG ist unter diesen Umständen ein sog. spartenbezogener Geschäftsgebietsbegriff, d.h. nur dasjenige Geschäftsgebiet, in dem das jeweilige Versicherungsunternehmen seinen Unternehmenszweck verfolgt und satzungsrechtlich auch verfolgen darf, unterliegt der Verfügungsbefugnis des jeweiligen öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmens im Sinne des § 3 Abs. 2 NöVersG. Anderenfalls wäre der vom Gesetzgeber beabsichtigte Wettbewerbsschutz angesichts der identischen oder sich zum Teil überschneidenden Geschäftsgebiete der öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen unvollständig oder jedenfalls weitgehend wirkungslos. Denn im Falle eines nicht spartenbezogenen Geschäftsgebietsbegriffs wäre die Geschäftstätigkeit von Versicherungsunternehmen in ihren Geschäftsgebieten wechselseitig von der Zustimmung konkurrierender Unternehmen abhängig, was dem gesetzlich festgelegten Wettbewerbsschutz sowie der Pflicht zur Aufgabenerfüllung nach § 2 NöVersG widerspräche (vgl. dazu Werber/Winter, aaO, S. 61).

Unter diesen Voraussetzungen kann die Beigeladene nicht mit rechtfertigender Wirkung die Zeichnung von Lebensversicherungen durch die Antragsgegnerin im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich genehmigen. Denn der Zweck des Unternehmens der Beigeladenen ist nach § 1 Abs. 4 Satz 1 ihrer Satzung der Betrieb der Schadenversicherung mit Ausnahme der Kraftfahrtversicherung, also nicht der hier fragliche Betrieb der Lebensversicherung. Diese Sparte wird im vorliegenden Fall im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich grundsätzlich von der Antragstellerin angeboten, wie sich aus § 1 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 der Satzung der Antragstellerin ergibt.

Die dagegen von der Antragsgegnerin geltend gemachten Bedenken greifen nicht durch.

Zutreffend weist die Antragsgegnerin zunächst allerdings darauf hin, dass § 3 Abs. 1 Halbsatz 1 NöVersG die Geschäftsgebiete der öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen zunächst nur räumlich abgrenzt und an die vor dem In-Kraft-Treten des Gesetzes über die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen bestehenden Gebietszuweisungen anknüpft. Der Wortlaut der o.g. Bestimmung lässt insoweit einen "Spartenbezug" nicht erkennen. Die Antragsgegnerin übersieht jedoch, dass sich der Zweck des eben genannten Gesetzes nicht darin erschöpft, den bei seinem In-Kraft-Treten bestehenden Rechtsbestand im Hinblick auf die Geschäftsgebiete der Unternehmen festzuschreiben, sondern - wie oben bereits gezeigt - zur Erhaltung des Bestandes der Unternehmen und ihrer Konkurrenzfähigkeit einen Schutz gegen den Wettbewerb der öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen untereinander normativ - im Wesentlichen durch § 3 Abs. 2 NöVersG - festzulegen. Unter den oben gezeigten Umständen ergibt sich daher aus dem Sinn und Zweck der Regelung der beschriebene Bezug zur sog. Spartentrennung.

Die Antragsgegnerin macht weiter geltend, § 1 Abs. 4 Satz 3 der Satzung der Beigeladenen vom 25. März 1995 (Nds. MBl. S. 692) verleihe dieser als ehemaliger Feuerversicherungsanstalt die Befugnis, in ihrem Geschäftsgebiet in allen Versicherungssparten tätig zu werden und Versicherungen an andere Unternehmen zu vermitteln. Diese Befugnis unterliege nicht dem Zustimmungsvorbehalt der Antragstellerin nach § 3 Abs. 2 NöVersG. § 1 Abs. 4 Satz 3 der Satzung der Beigeladenen knüpfe nämlich an § 8 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die öffentlichen Feuerversicherungsanstalten vom 25. Juli 1910 - sog. Preußisches Sozietätengesetz - (Nds. GVBl. Sb II S. 362) an und gewährleiste auch im Rahmen des § 3 Abs. 2 NöVersG für die ehemaligen Feuerversicherungsanstalten die Befugnis, in ihrem Geschäftsgebiet in allen Versicherungssparten tätig zu werden. Diese Befugnis könne die Antragstellerin nicht durch die Verweigerung einer Zustimmung zur weiteren Vermittlungstätigkeit der Beigeladenen beschränken.

Diese Auffassung der Antragsgegnerin trifft nicht zu. Bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 2 NöVersG und der systematische Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 NöVersG lassen die von der Antragsgegnerin favorisierte einschränkende Auslegung der erstgenannten Bestimmung nicht zu. Die Formulierung des § 3 Abs. 2 NöVersG lässt eine Differenzierung zwischen Versicherungsunternehmen, die sich auf historische Wurzeln als Feuerversicherungsanstalt berufen können, und sonstigen Versicherungsunternehmen nicht erkennen. Vielmehr erstreckt sich die Bestimmung schon aufgrund ihres engen Zusammenhangs mit § 1 Abs. 1 NöVersG auf sämtliche in dieser Regelung gleichrangig genannte Unternehmen, für die das Gesetz über die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen gilt, ungeachtet einer früheren Errichtung und Betätigung als Feuerversicherungsanstalt. Das Fehlen der Eigenschaft eines öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmens als ehemalige Feuerversicherungsanstalt vermag in diesem Zusammenhang einem Versicherungsunternehmen ein subjektiv-öffentliches Recht nach § 3 Abs. 2 NöVersG nicht zu nehmen oder es gegenüber Ansprüchen der ehemaligen Feuerversicherungsanstalten zurückzudrängen.

Bestätigt wird dies durch die Intention des Gesetzes über die öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen. Anlass und Ziel der Neuordnung des Rechts der öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen ist nach der Begründung des Gesetzes einerseits, Art. 3 und 57 Abs. 1 der Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 (ABl. Nr. L 228 S. 1) umzusetzen und bestehende Versicherungsmonopole aufzuheben (Landtags-Drucksache 12/5190, S. 11). Ausdrücklich hat insoweit der Gesetzgeber darauf hingewiesen, dass durch diese Neuregelung die (früheren) Brandversicherungsanstalten in den Wettbewerb mit anderen Versicherungsunternehmen eingetreten sind (Landtags-Drucksache 12/5190, S. 13). Betroffen davon waren die damals noch bestehenden Brandversicherungsmonopole in den Bereichen Braunschweig, Oldenburg und Ostfriesland. Andererseits sollte das bisher geltende stark zersplitterte, lückenhafte und weitgehend überholte Recht der öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen in Niedersachsen insgesamt neu geordnet und den heutigen Gegebenheiten entsprechend so gestaltet werden, dass es den Versicherungsunternehmen auch für die absehbaren weiteren Entwicklungen im Versicherungswesen und auf den Versicherungsmärkten eine gesicherte und flexible Handlungsgrundlage bieten kann. Diese gesetzgeberischen Ziele sprechen dafür, dass zwar die Identität der einzelnen Unternehmen gewahrt werden (vgl. Landtags-Drucksache 12/5190, S. 11) und die Regelung des räumlichen Wirkungskreises der öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen sich an den bisherigen Gegebenheiten orientieren sollte (vgl. § 3 Abs. 1 NöVersG). Rechtswirkungen jedoch, die an die ehemalige Eigenschaft von Versicherungsunternehmen als Monopolbrandversicherer anknüpfen, sollten nach der Aufhebung der noch bestehenden Versicherungsmonopole und der Neuordnung der rechtlichen Grundlagen des öffentlich-rechtlichen Versicherungswesens nicht mehr bestehen bleiben.

Unter diesen Voraussetzungen ist der Grund für die gesetzliche Festlegung von Geschäftsgebieten nach § 8 Abs. 1 des Preußischen Sozietätengesetzes, nämlich die Absicherung des Brandversicherungsmonopols und die Pflicht zur Gewährung von Versicherungsschutz gegen Brandschäden (vgl. dazu die Gesetzesbegründung: Haus der Abgeordneten, Periode III, Session 1910, Drucksache Nr. 360, Seite 3737 ff. zu § 2 und § 8), die eine Konkurrenz mehrerer Anstalten in einem Gebiet als unerwünscht erscheinen ließ, mit der Aufhebung der Monopole entfallen. Die früheren Brandversicherungsanstalten, die mit der Neuregelung des öffentlich-rechtlichen Versicherungswesens 1994 in den Wettbewerb mit anderen Versicherungsunternehmen eingetreten sind, unterliegen seither den rechtlichen Regelungen des spartenbezogenen Geschäftsgebietsbegriffs.

Soweit in diesem Zusammenhang § 1 Abs. 4 Satz 3 der Satzung der Beigeladenen keine ausdrückliche Beschränkung der Befugnis der Beigeladenen enthält, Versicherungsverträge nur in den von der Beigeladenen satzungsrechtlich wahrgenommenen Versicherungssparten zu vermitteln, ist diese Bestimmung als untergesetzliche und nachrangige Regelung den gesetzlichen Rahmenvorschriften entsprechend - einschränkend - auszulegen. § 1 Abs. 4 Satz 3 der Satzung der Beigeladenen kann daher dieser nicht die Befugnis verleihen, ohne das Einverständnis der Antragstellerin anderen Unternehmen in von der Beigeladenen nicht wahrgenommenen Versicherungssparten Versicherungsverträge zu vermitteln. § 1 Abs. 4 Satz 3 der Satzung der Beigeladenen ermöglicht also nur, entweder dritten Versicherungsunternehmen Versicherungsverträge im Rahmen des Unternehmenszwecks nach § 1 Abs. 4 Satz 1 der Satzung der Beigeladenen oder Versicherungsverträge nur im Einverständnis mit dem berechtigten Unternehmen zu vermitteln.

Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Sie hat zutreffend geltend gemacht, dass die Antragsgegnerin ihrer Mitteilung vom 18. Dezember 2006 zufolge ihre Geschäftstätigkeit im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich über den 31. Dezember 2006 hinaus fortsetzen und dort auf Vermittlung der Beigeladenen Lebensversicherungen zeichnen werde. Unter diesen Voraussetzungen ist der Erlass der von der Antragstellerin erstrebten einstweiligen Anordnung nötig, um wesentliche Nachteile von der Antragstellerin abzuwenden.

Bei der Bewertung der Interessenlagen und der hier erforderlichen Folgen- und Interessenabwägung, die grundsätzlich alle berührten Interessen mit in den Blick zu nehmen hat, ist bereits der hier einschlägigen Gesetzeslage eine Wertung zu entnehmen, die maßgeblich im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen ist. § 3 Abs. 2 NöVersG macht - wie gezeigt - den Abschluss von Versicherungsverträgen durch ein öffentlich-rechtliches Versicherungsunternehmen in einem Geschäftsgebiet eines anderen öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmens von dessen Einverständnis abhängig. Diese Regelung verfolgt einen Wettbewerbsschutz der öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen untereinander und schließt das Eindringen eines Versicherungsunternehmens in das Geschäftsgebiet eines anderen Unternehmens aus, wenn dieses nicht zustimmt. Der Abschluss von Versicherungsverträgen in fremdem Geschäftsgebiet ohne die erforderliche Zustimmung des berechtigten Versicherungsunternehmens impliziert also einen Wettbewerbsverstoß, der eine Bewertung möglicher Vor- und Nachteile für die Beteiligten beeinflusst. Unter diesen Voraussetzungen geht die Folgen- und Interessenabwägung zu Lasten der Antragsgegnerin aus.

Die Antragstellerin hat dargelegt, dass die Antragsgegnerin durchschnittlich ca. 225 Lebensversicherungen im Jahr in ihrem Geschäftsgebiet auf Vermittlung der Beigeladenen gezeichnet hat; ungeachtet der zwischen den Beteiligten im Einzelnen streitigen Höhe des wirtschaftlichen Verlusts der Antragstellerin bedeutet die Betätigung der Antragsgegnerin eine erhebliche Beeinträchtigung des der Antragstellerin zugewiesenen Geschäftsgebietes, die unter dem Gesichtspunkt des gesetzlich bezweckten Wettbewerbsschutzes für die Antragstellerin wesentlich nachteilig ist.

Nicht erforderlich ist, dass der Antragstellerin durch eine Ablehnung ihres Rechtsschutzbegehrens Nachteile in einem Umfang entstehen müssen, die eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung nach § 2 NöVersG zur Folge hätten. Voraussetzung für die Erteilung eines Einverständnisses nach § 3 Abs. 2 NöVersG ist es nicht, dass die Erfüllung der im öffentlichen Interesse liegenden Aufgaben in Frage steht, sondern es genügt, wenn der hinter der gesetzlichen Regelung stehende Schutz der öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen vor Wettbewerb untereinander beeinträchtigt ist. Dies ist - wie gezeigt - der Fall.

Soweit die Antragsgegnerin und die Beigeladene demgegenüber geltend machen, sie hätten erhebliche Investitionen getätigt, um die Geschäftstätigkeit im Zusammenhang mit der Produktgeberschaft der Antragstellerin auszubauen, und diese wären im Falle des Erlasses einer einstweiligen Anordnung - weitestgehend - verloren, rechtfertigt dies nicht die Versagung gerichtlichen Rechtsschutzes. Denn die Antragsgegnerin und die Beigeladene konnten angesichts der nur befristeten Zustimmung der Antragstellerin nicht davon ausgehen, die geschäftliche Betätigung im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich fortsetzen zu können. Die Antragstellerin hat deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie ihre Zustimmung befristet bis zum 31. Dezember 2006 erteilen wollte. Zudem hatte die Antragstellerin die Antragsgegnerin unter dem 27. November 2006 nochmals darauf aufmerksam gemacht, dass eine Verlängerung der Zustimmung nicht beabsichtigt sei. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Antragstellerin darauf, die geschäftliche Tätigkeit im Geschäftsgebiet der Antragstellerin fortsetzen zu können, konnte sich unter diesen Umständen nicht bilden. Im Übrigen wäre es der Antragsgegnerin nicht versagt, das Zeichnen von Versicherungsverträgen auf Vermittlung der Beigeladenen wieder aufzunehmen, sollte sie in der Hauptsache obsiegen. Irreparable Schäden zu Lasten der Antragsgegnerin und der Beigeladenen infolge der Unterbrechung der Geschäftstätigkeit im Geschäftsgebiet der Antragstellerin vermag der Senat insoweit nicht zu erkennen. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Antragsgegnerin und die Beigeladene - irrtümlich - angenommen hatten, dass für eine Fortsetzung der Vermittlung von Versicherungsverträgen im ehemaligen Regierungsbezirk Aurich das Einverständnis der Beigeladenen genüge. Diese Annahme kann sich nicht zu Lasten der Antragstellerin auswirken, weil diese - ebenso wie das Niedersächsische Finanzministerium und der Niedersächsische Sparkassen- und Giroverband - ihr Einverständnis mit der Betätigung der Antragsgegnerin - zutreffend - für erforderlich gehalten und ihre Auffassung eindeutig zu erkennen gegeben hat.

Unter diesen Voraussetzungen war der Antragsgegnerin das Zeichnen von Versicherungsverträgen in dem im Tenor bezeichneten Umfang zu untersagen. Darüber hinaus war der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht nötig im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Die angeordnete Regelung genügt, um den in § 3 Abs. 2 NöVersG verankerten Schutz der Antragstellerin vor wettbewerbsgefährdendem Verhalten der Antragsgegnerin zu erreichen. Der Senat geht davon aus, dass die Untersagung der Zeichnung von Versicherungen ausreicht, um die von der Antragstellerin im Übrigen begehrten Rechtsschutzziele ebenfalls zu erreichen.

Nicht geboten war es zudem, der Antragstellerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das angeordnete Unterlassungsgebot ein Ordnungsgeld oder Ordnungshaft anzudrohen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, die das Versicherungsgeschäft im Interesse ihrer Versicherungsnehmer und des gemeinen Nutzens betreibt und die der Aufsicht nach § 14 NöVersG unterliegt, der getroffenen Anordnung zuwider handeln wird.

Ende der Entscheidung

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