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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 31.01.2008
Aktenzeichen: 10 ME 274/07
Rechtsgebiete: AufenthG, EMRK, GG
Vorschriften:
AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 2 | |
AufenthG § 27 Abs. 3 S. 2 | |
AufenthG § 31 Abs. 1 S. 1 | |
EMRK Art. 8 Abs. 1 | |
GG Art. 6 |
Die Ausländerbehörde kann bei ihrer Entscheidung über die Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 AufenthG nicht von den Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG absehen; § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist in diesen Fällen (zur Begründung eines eigenständigen, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängigen Aufenthaltsrechts des Ehegatten) nicht anwendbar (noch offen gelassen: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. September 2007 - 18 E 881/07 -, juris).
Zu den Anforderungen eines Ausnahmefalls von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG.
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts hat keinen Erfolg.
Der im April 1981 geborene Antragsteller ist serbischer Staatsangehöriger und reiste als unbegleiteter Minderjähriger im Juni 1998 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Nachdem das Asylverfahren und ein anschließendes Asylfolgeverfahren ohne Erfolg geblieben waren, schloss er im Juni 2000 die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen. Die Antragsgegnerin erteilte hierauf eine befristete Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG), die sie in der Folgezeit fortlaufend verlängerte, zuletzt bis zum 31. März 2005. Vor Ablauf der Gültigkeit der Aufenthaltserlaubnis, die seit dem 1. Januar 2005 als Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG fortgalt (§ 101 Abs. 2 AufenthG), beantragte der Antragsteller diese zu verlängern. Er erklärte hierbei, er lebe seit einem Jahr von seiner Ehefrau getrennt. Mit Bescheid vom 20. Juni 2007 wies die Antragsgegnerin nach vorheriger Anhörung den Antragsteller aus dem Bundesgebiet aus, lehnte die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ab und drohte seine Abschiebung nach Serbien an. Dagegen hat der Antragsteller am 4. Juli 2007 Klage erhoben. Im August 2007 hat er die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die ablehnende Entscheidung der Antragsgegnerin und gegen die Androhung seiner Abschiebung beantragt.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Juni 2007, soweit der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt und die Abschiebung des Antragsstellers nach Serbien angedroht worden ist, mit Beschluss vom 10. Dezember 2007 abgelehnt. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Antragsgegnerin habe den Antragsteller zu Recht ausgewiesen. Die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin sei nicht zu beanstanden. Unabhängig von der Frage, ob die Verurteilung wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln für sich einen schwerwiegenden Grund der öffentlichen Sicherheit für eine Ausweisung darstelle, sei ein solcher jedenfalls in der strafgerichtlichen Verurteilung des Antragstellers wegen gefährlicher Körperverletzung und in der im April 2007 angeklagten Straftat einer gefährlichen Körperverletzung zu sehen. Bei diesen Taten handele es sich um Gewaltdelikte schwerer Kriminalität. Neben spezialpräventiven Gründen begründeten diese Gewaltdelikte auch generalpräventive Gründe für eine Ausweisung des Antragstellers. Die ergänzten Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin seien nicht zu beanstanden. Ferner könne der Antragsteller nicht die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 AufenthG beanspruchen, weil nach § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG einem Ausländer, der ausgewiesen worden sei, kein Aufenthaltstitel erteilt werden dürfe. Die Androhung der Abschiebung sei rechtmäßig; die gesetzte Ausreisefrist von einem Monat sei angemessen.
Mit seiner fristgerecht erhobenen Beschwerde wendet der Antragssteller hiergegen ein, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung für eine Ausweisung in der strafgerichtlichen Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung und der Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung gesehen. Das Verwaltungsgericht habe die angeklagte Straftat nicht seiner Entscheidung zugrunde legen dürfen. Hinsichtlich der strafgerichtlichen Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung und Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge habe das Verwaltungsgericht das Gewicht dieser Straftaten nicht anhand der konkreten Umstände der Tatbegehung bestimmen können. Hierzu hätte es die Akten des Strafverfahrens beiziehen müssen. Diese Verurteilungen rechtfertigten unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit nicht seine Ausweisung. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht in Abweichung zu der strafgerichtlichen Einschätzung eine Wiederholungsgefahr strafbaren Verhaltens bejaht. Zudem sei die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin mit Blick auf die Achtung seines Privatlebens (Art. 8 EMRK) fehlerhaft. Er habe im Bundesgebiet schützenswerte Bindungen zu zwei Brüdern und einem Onkel. Seit Juni 2005 lebe er mit seiner deutschen Lebensgefährtin zusammen. Er sei mit Unterbrechungen durchgängig erwerbstätig gewesen. Seine Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland seien größer als die zu seinem Heimatland. Dort habe er keine wirtschaftlichen Perspektiven und sei auf die Hilfe seiner dort lebenden Eltern angewiesen. Erweise sich die Ausweisung als offensichtlich rechtswidrig, so stehe der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis auch § 11 AufenthG nicht entgegen. Dies müsse auch für die Abschiebungsandrohung geltend.
Die vom Antragsteller dargelegten Gründe rechtfertigen nicht eine Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage zu Recht abgelehnt. Es hat mit beachtlichen Gründen die Rechtmäßigkeit der Ausweisung des Antragstellers dargelegt. Ob die dagegen erhobenen Einwände des Antragstellers durchgreifen, bedarf jedoch keiner Entscheidung des Senats. Die angefochtene Entscheidung der Antragsgegnerin, die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abzulehnen, erweist sich aus anderen Gründen als offensichtlich rechtmäßig. Denn unabhängig von der Frage, ob der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegensteht, liegen jedenfalls die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach §§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 1 AufenthG nicht vor.
Dem Antragsteller steht ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nach §§ 28 Abs. 3, 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG nicht zu. Nach diesen Vorschriften ist im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft dem Ehegatten eines deutschen Staatsangehörigen, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, seine bisherige Aufenthaltserlaubnis als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht zu verlängern, wenn die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens zwei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat. Zwar hat die eheliche Lebensgemeinschaft des Antragstellers mit seiner deutschen Ehefrau zwei Jahre bestanden. Weitere Voraussetzung für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist jedoch, dass der Ausländer die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 AufenthG erfüllt (vgl. Bay. VGH, Beschlüsse vom 15. November 2007 - 19 CS 07.2126 - und 27. Juni 2007 - 24 CS 07.914 -, juris; Hess. VGH, Beschluss vom 17. Januar 2007 - 7 TG 2908/06 -, AuAS 2007, 122; Hailbronner, Ausländerrecht, § 31 Rdnr. 28; Renner, Ausländerrecht - 8. Auflage, 2005 -, § 31 AufenthG Rdnr. 37).
Dem Antragsteller kann nach §§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG die bisherige Aufenthaltserlaubnis nicht auf der Grundlage des § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG verlängert werden, weil bezogen auf seine Person mehrere Ausweisungsgründe vorliegen. Für den Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG genügt allein das Vorliegen eines abstrakten Ausweisungstatbestandes nach §§ 53 bis 55 AufenthG; nicht erforderlich ist, dass der Ausländer ermessensfehlerfrei ausgewiesen werden könnte. Ebenso unerheblich ist, ob der Ausländer sich auf einen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 berufen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Juli 2002 - BVerwG 1 C 8.02 -, BVerwGE 116, 378; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. September 2007 - 11 S 837/06 -, InfAuslR 2008, 24; Hailbronner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdnr. 20 f. mit weiteren Nachweisen; Bäuerle, in: GK-AufenthG - Stand: November 2006 -, § 5 Rdnr. 98; Renner, a.a.O., § 5 AufenthG Rdnr. 21).
Bezogen auf den Antragsteller liegen mehrere Ausweisungsgründe vor. Er leistete in den Monaten Januar bis August 2006 in drei Fällen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge; das Amtsgericht A. verurteilte ihn deshalb zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, wobei es die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aussetzte. Auf Grund dieser Taten ist der Ausweisungsgrund des § 54 Nr. 3 AufenthG gegeben. Des Weiteren beging der Antragsteller am 22. April 2006 eine gefährliche Körperverletzung. Das Amtsgericht A. verurteilte ihn deshalb zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Unter Einbeziehung der vorgenannten strafgerichtlichen Verurteilung hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten ausgesprochen, deren Vollstreckung es erneut zur Bewährung aussetzte. Durch die letztgenannte Tat hat der Antragsteller den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht, weil diese vorsätzlich begangene Straftat einen nicht geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften darstellt.
Es sind auch keine besonderen Gründe zu erkennen, die es ausnahmsweise rechtfertigen könnten, trotz Vorliegens mehrerer Ausweisungsgründe die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers zu verlängern. Ein vom Regelfall abweichender Ausnahmefall, der trotz Fehlens einer Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 AufenthG die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zu rechtfertigen vermag, liegt nur dann vor, wenn ein atypischer Sachverhalt gegeben ist, der sich von der Menge gleich gelagerter Fälle durch besondere Umstände unterscheidet, die so bedeutsam sind, dass sie das sonst ausschlaggebende Gewicht des der gesetzlichen Regelerteilungsvoraussetzung - hier das Fehlen eines Ausweisungsgrundes - zugrunde liegende öffentliche Interesse beseitigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. August 1996 - BVerwG 1 C 8.94 -, BVerwGE 102, 12 [17]; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15. September 2007, a.a.O.; Bäuerle, a.a.O., § 5 Rdnr. 27 mit weiteren Nachweisen). Der Sachverhalt muss so atypisch gelagert sein, dass eine Versagung des Aufenthaltstitels mit dem gesetzgeberischen Anliegen nicht mehr zu vereinbaren und als unverhältnismäßig anzusehen ist (vgl. Renner, a.a.O. § 5 AufenthG Rdnr. 36).
Ein Ausnahmefall in diesem Sinne liegt u.a. vor, wenn die Versagung der Aufenthaltserlaubnis mit verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen nicht vereinbar wäre. Dazu gehört insbesondere der grundrechtlich gebotene Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 GG). Im Hinblick hierauf lassen sich allerdings allein aus formal-rechtlichen familiären Bindungen keine ausländerrechtlichen Schutzwirkungen ableiten. Entscheidend ist vielmehr die tatsächliche Verbundenheit zwischen den Familienmitgliedern. Da der Antragsteller und seine Ehefrau jedoch seit mehreren Jahren voneinander getrennt leben, ergibt sich hieraus kein Ausnahmefall.
Die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis erweist sich auch mit Blick auf Art. 8 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2002, BGBl. II S. 1054 - EMRK -) nicht als unverhältnismäßig. Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens; Art. 8 Abs. 2 EMRK regelt die Zulässigkeit von Eingriffen von staatlichen Stellen in die Ausübung dieses Rechts. Wesentliches Ziel der Vorschrift ist der Schutz des Einzelnen vor willkürlicher Einmischung der öffentlichen Gewalt in das Privat- und Familienleben. Zwar können sich aus Art. 8 EMRK auch positive Verpflichtungen ergeben, deren Reichweite von der Lage der Betroffenen abhängt. Insoweit steht den Konventionsstaaten ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. die zusammenfassende Darstellung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 1996 - BVerwG 1 C 17.95 -, BVerwGE 101, 265 [272] und Urteil vom 3. Juni 1997 - BVerwG 1 C 18.96 -, NVwZ 1998, 189). Art. 8 EMRK wirkt demnach - nicht anders als Art. 6 Abs 1 GG - auf die Auslegung und Anwendung des Ausländerrechts ein, ohne jedoch unmittelbar Ansprüche auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung zu begründen (BVerwG, Urteil vom 4. Juni 1997 - BVerwG 1 C 9.95 -, BVerwGE 105, 35 [41]). Die EMRK und damit auch die Garantien des Art. 8 Abs. 1 EMRK enthalten nicht das Recht eines Ausländers, in einen bestimmten Staat einzureisen oder sich dort aufzuhalten und nicht ausgewiesen zu werden (EGMR, Urteil vom 16. September 2004 - 11103/03 [Ghiban ./. Deutschland] -, NVwZ 2005, 1046, 1047 und Urteil vom 16. Juni 2005 - 60654/00 [Sisojeva ./. Lettland] -, InfAuslR 2005, 349). Über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden, ist nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen vielmehr das Recht der Vertragsstaaten (EGMR, Urteil vom 16. September 2004, a.a.O., und Urteil vom 7. Oktober 2004 - 33743/03 - [Dragan u.a. ./. Deutschland] -, NVwZ 2005, 1043, 1044). Ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Familien- und Privatlebens lässt sich angesichts dieser Regelungskompetenz der Vertragsstaaten nicht schon allein mit dem Argument bejahen, ein Ausländer halte sich bereits seit geraumer Zeit im Vertragsstaat auf und wolle dort sein Leben führen (EGMR, Urteil vom 7. Oktober 2004, a.a.O., das eine Familie betraf, die seit 14 Jahren ihren Aufenthalt im Bundesgebiet hatte).
Im Hinblick auf den Schutz des Privatlebens kommt einer aufenthaltsrechtlichen Entscheidung grundsätzlich Eingriffsqualität in Bezug auf Art. 8 Abs. 1 EMRK nur dann zu, wenn der Ausländer ein Privatleben, das durch persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen charakterisiert ist, faktisch nur noch im Aufenthaltsstaat als Vertragsstaat der EMRK führen kann. Ob eine solche Fallkonstellation für einen Ausländer in Deutschland vorliegt, hängt zum einen von der Integration des Ausländers in Deutschland, zum anderen von seiner Möglichkeit zur (Re-)Integration in seinem Heimatland ab. Gesichtspunkte für die Integration des Ausländers in Deutschland sind dabei eine zumindest mehrjährige Dauer des Aufenthalts in Deutschland, gute deutsche Sprachkenntnisse und eine soziale Eingebundenheit in die hiesigen Lebensverhältnisse, wie sie etwa in der Innehabung eines Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes, in einem festen Wohnsitz, einer Sicherstellung des ausreichenden Lebensunterhalts einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel und dem Fehlen von Straffälligkeit zum Ausdruck kommt. Mit zu berücksichtigen ist auch die Rechtmäßigkeit des bisherigen Aufenthalts.
Für eine Integration des Antragstellers in die hiesigen Lebensverhältnisse spricht, dass er sich seit mehr als neun Jahren im Bundesgebiet aufhält. Seit dem 27. Oktober 2000 ist der Antragsteller im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gewesen. Aus den Verwaltungsvorgängen lässt sich entnehmen, dass er die deutsche Sprache in Wort, nicht jedoch in Schrift hinreichend beherrscht. Er hat seinen Lebensunterhalt bisher nicht durch Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestritten, sondern durch eigene Erwerbstätigkeit oder durch Unterstützungsleistungen von Verwandten. Weiter bestehen verwandtschaftliche Bindungen zu zwei Brüdern sowie einem Onkel, die im Bundesgebiet leben. Ferner lebt er mit einer deutschen Staatsangehörigen zusammen.
Demgegenüber sprechen überwiegende Gründe gegen eine gefestigte Integration des Antragstellers in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist erst im Alter von 17 Jahren in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Er hat seine Schulausbildung nicht in der Bundesrepublik Deutschland erhalten. Auch eine berufliche Ausbildung kann der Antragsteller nicht vorweisen. Gegen eine gefestigte Integration des Antragstellers und die Annahme eines Ausnahmefalls von § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG spricht aber vor allem, dass er während seines Aufenthalts im Bundesgebiet als Erwachsener wiederholt und erheblich straffällig geworden ist. So hat er sich im Jahre 2006 des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, in drei Fällen der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie einer gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht. Bei der letztgenannten Tat handelt es sich um ein Gewaltdelikt schwerer Kriminalität. Dabei verkennt der Senat nicht, dass das Strafgericht bei der Bemessung der Freiheitsstrafen im unteren Bereich des Strafrahmens geblieben und die Vollstreckung der verhängten Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt hat. Hieraus kann aber nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich um unbedeutende Straftaten handelt. Ob der Antragsteller sich einer weiteren Straftat - die Staatsanwaltschaft A. hat im April 2007 Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung erhoben - schuldig gemacht hat, kann dahinstehen.
Weiter ist davon auszugehen, dass eine Integration des Antragstellers in seinem Heimatland nicht mit unzumutbaren Schwierigkeiten verbunden ist. Er hat sein Heimatland erst im Alter von 17 Jahren verlassen, den überwiegenden Teil seines Lebens dort verbracht und ist dort sozialisiert worden. Es ist deshalb davon auszugehen, dass er mit den sozialen und kulturellen Gegebenheiten seines Heimatlandes vertraut ist und sich dort ohne Weiteres verständigen und eingliedern kann. Hierfür spricht auch, dass nach seinem Vorbringen dort seine Eltern leben. Dass die wirtschaftlichen Verhältnisse in seinem Heimatland schwieriger sind, lässt eine Rückkehr dorthin nicht als unzumutbar erscheinen. Hiernach erweist sich die ablehnende Entscheidung der Antragsgegnerin als verhältnismäßig im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK.
Zusammenfassend erachtet der Senat die schutzwürdigen Belange des Antragstellers, insbesondere seine im Bundesgebiet bestehenden Bindungen, nicht für so bedeutend, dass sie das gesetzgeberischen Anliegen in § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG beseitigen. Mithin kann sich der Antragsteller nicht auf einen Aufnahmefall berufen, der abweichend von §§ 8 Abs. 1, 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis rechtfertigt.
Die Entscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis liegt bezogen auf die Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG nicht im Ermessen der Antragsgegnerin. In Fällen der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG eröffnet § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG der Ausländerbehörde kein Ermessen. In § 27 AufenthG werden die Anforderungen an die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft und zum Zwecke des Familiennachzugs näher geregelt. Zwar ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG auch im Abschnitt 6 des Aufenthaltsgesetzes ("Aufenthalt aus familiären Gründen") geregelt, jedoch wird nach dieser Bestimmung die Aufenthaltserlaubnis gerade nicht zum Zwecke des Familiennachzugs oder zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft verlängert, sondern - wie § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG hervorhebt - als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht. Für diese Auslegung spricht weiter, dass die bis 31. Dezember 2004 geltende Regelung in § 19 Abs. 3 AuslG noch vorsah, dass die Ausländerbehörde die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis als eigenständiges Aufenthaltsrechts für den Ehegatten bei Vorliegen von Ausweisungsgründen versagen konnte. Eine entsprechende Bestimmung ist in § 31 AufenthG aber nicht übernommen worden. Die Bestimmung in § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG folgte auch nicht § 19 Abs. 3 AuslG, sondern § 17 Abs. 5 AuslG nach. Dass die mit Blick auf Art. 6 GG und Art. 8 EMRK weniger strengen Anforderungen in § 27 AufenthG für die Erteilung und Verlängerung von Aufenthaltserlaubnissen zum Zwecke des Familiennachzugs auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG nicht übertragbar sind, lässt sich zudem den Gesetzesmaterialien entnehmen. Hiernach soll sich die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis auf Grundlage des § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG nach den allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen richten (BT-Drs. 15/420, S. 83). Sachliche Gründe für eine hiervon abweichende Handhabung in den Fällen des § 31 Abs. 1 AufenthG liegen nicht vor. Vielmehr sind sowohl in den Fällen des Absatzes 1 als auch des Absatzes 4 Satz 2 des § 31 AufenthG die schutzwürdigen Bindungen zum Ehegatten nach Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK entfallen (für die Anwendung der Regelerteilungsvoraussetzungen: Bay. VGH, Beschlüsse vom 15. November 2007 und 27. Juni 2007, a.a.O.; Hess. VGH, Beschluss vom 17. Januar 2007, a.a.O.; Hailbronner, a.a.O., § 31 Rdnr. 28; Renner, a.a.O., § 32 AufenthG Rdnr. 37; offengelassen: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14. September 2007 - 18 E 881/07-, juris).
Auf Grund der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Antragsgegnerin, die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers nicht zu verlängern, unterliegt die Androhung der Abschiebung des Antragstellers nach Serbien keinen rechtlichen Bedenken (§ 59 Abs. 1 bis 3 in Verbindung mit § 58 Abs. 1 AufenthG) und rechtfertigt insoweit auch nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Ende der Entscheidung
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