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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.09.2007
Aktenzeichen: 11 LB 69/07
Rechtsgebiete: AufenthG, EMRK
Vorschriften:
AufenthG § 104 a Abs. 1 | |
AufenthG § 104 a Abs. 2 | |
AufenthG § 23 Abs. 1 S. 1 | |
AufenthG § 25 Abs. 5 | |
EMRK Art. 8 |
2. Der Bleiberechtserlass des Nds. Innenministeriums vom 18. Oktober 1990 erfasst nicht aus dem Libanon eingereiste Kurden mit türkischer Staatsangehörigkeit und libanesische Staatsangehörige, die erst nach der dem Erlass zugrunde liegenden Stichtagsregelung die libanesische Staatsangehörigkeit erworben haben.
3. Die Ausländerbehörde hat bei einer Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mehr als 50 Tagessätzen keinen Ermessensspielraum für eine Altfallregelung zugunsten des Ausländers.
4. Für den Fall, dass die Vorschriften des § 104a Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern nebeneinander anwendbar sind, wirkt sich im Rahmen der Prüfung des Absatzes 2 ein Versagungsgrund nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 regelmäßig ungünstig auf die Erwartung aus, der Ausländer könne sich in die hiesigen Lebensverhältnisse einfügen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, eine ihm aufgrund einer landesrechtlichen Bleiberechtsregelung erteilte Aufenthaltsbefugnis als Aufenthaltserlaubnis zu verlängern, hilfsweise ihm nach anderen aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen zu erteilen.
Der Kläger wurde nach eigenen Angaben am 20. März 1979 in Beirut (Libanon) geboren. Er reiste mit seinen Eltern Ghazi {B.} und Amine {E.} sowie weiteren sieben Geschwistern am 27. April 1985 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Die Eltern des Klägers stellten für sich und ihre Kinder am 1. Mai 1985 Asylanträge und gaben dabei zur Niederschrift der Grenzschutzstelle Helmstedt ihre Staatsangehörigkeit mit "ungeklärt" an. Die Eltern wiesen sich mit libanesischen Reiseausweisen (Laissez Passer) aus. In den Reiseausweisen war die Nationalität der Ausweisinhaber mit "a l' étude" (= Staatsangehörigkeit wird geprüft) angegeben. Der Vater des Klägers machte bei seiner Anhörung im Rahmen der Vorprüfung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge am 9. Juli 1986 in Nürnberg geltend, entgegen den Angaben in dem vorgelegten Reiseausweis sei er nicht Palästinenser, sondern im Libanon geboren und Araber. Die Asylanträge des Klägers und seiner Familie lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 12. Januar 1988 als offensichtlich unbegründet ab. Nach Abschluss des Asylverfahrens wurde der Aufenthalt des Klägers und seiner Familie im Bundesgebiet zunächst geduldet.
Am 2. November 1990 erteilte der Landkreis Hannover dem Kläger auf Antrag seiner Eltern eine befristete Aufenthaltserlaubnis auf der Grundlage der Bleiberechtsregelung in dem Runderlass des Niedersächsischen Innenministeriums (Nds. MI) vom 18. Oktober 1990. Diese galt nach Inkrafttreten des neuen Ausländergesetzes am 1. Januar 1991 als Aufenthaltsbefugnis fort. Die Aufenthaltsbefugnis wurde vom Landkreis Hannover und später von dem Beklagten mehrfach verlängert, zuletzt am 16. Juni 1999 bis zum 15. April 2001. Der erste Antrag der Eltern des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom 29. Oktober 1990 enthält unter der Rubrik "Staatsangehörigkeit" die Angabe "ungeklärt". Mit Ausnahme des ersten Verlängerungsantrags, in dem als Staatsangehörigkeit "Libanon" verzeichnet ist (Antrag v. 24.11.1991), wurde in den aktenkundigen Folgeanträgen vom 2. November 1992 und 27. Oktober 1993 auf eine ungeklärte Staatsangehörigkeit verwiesen.
Der Kläger, seine Eltern und seine Geschwister erwarben im Jahr 1994 im Wege der Sammeleinbürgerung aufgrund des Dekrets Nr. 5247 die libanesische Staatsangehörigkeit. Am 15. Juli 1996 wurde dem Kläger ein libanesischer Nationalpass ausgestellt.
Der Kläger ist mit der türkischen Staatsangehörigen Gazali {G.} nach islamischem Ritus verheiratet. Der Beklagte wies die Ehefrau des Klägers aus. Diese Entscheidung ist rechtskräftig. Am 10. Februar 2005 wurde die Ehefrau des Klägers zusammen mit einer gemeinsamen Tochter, geboren am 17. Dezember 2003, in die Türkei abgeschoben. Dort wurde am 31. August 2005 der Sohn des Klägers geboren. Der Kläger lebt im Bundesgebiet mit zwei am 18. April 1997 bzw. 12. August 1998 geborenen minderjährigen Kindern, die ebenfalls aus der Ehe mit Frau Gazali {G.} stammen.
Mit Bescheid vom 8. Oktober 2001 lehnte der Beklagte den vom Kläger am 9. April 2001 gestellten Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis ab. Der Beklagte forderte den Kläger unter Setzung einer Ausreisefrist zur Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland auf und drohte ihm für den Fall der Nichtbefolgung der Aufforderung zur fristgerechten Ausreise die Abschiebung in den Libanon oder in einen anderen Staat an. Zur Begründung führte er aus: Auf der Grundlage des Runderlasses des Nds. MI vom 16. August 2001 sei die Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis zu versagen, weil der Kläger die deutschen Behörden über seine Identität getäuscht und deshalb das Aufenthaltsrecht nach der Bleiberechtsregelung aus dem Jahr 1990 zu Unrecht erhalten habe. Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dem Runderlass des Nds. MI vom 18. Dezember 1990 hätten nicht vorgelegen. Der Kläger sei türkischer Staatsangehöriger. Nach dem vorliegenden Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister sei der Vater des Klägers türkischer Staatsangehöriger mit dem Namen Gazi F., geboren am 1. Januar 1945 in Ückavak. Wegen des in der Türkei herrschenden Abstammungsprinzips sei auch der Kläger türkischer Staatsangehöriger.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 9. November 2001 Widerspruch. Auf den Antrag des Klägers vom 12. November 2001 ordnete das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 6. Februar 2002 (6 B 4872/01) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Klägers gegen den Bescheid des Beklagten vom 8. Oktober 2001 an. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus: Es sei zweifelhaft, ob der Kläger türkischer Staatsangehöriger sei. Ein Registerauszug, der den Kläger als türkischen Staatsangehörigen ausweise, liege nicht vor. Soweit der Beklagte annehme, der Vater des Klägers sei türkischer Staatsangehöriger, müsse zugunsten des Klägers berücksichtigt werden, dass der Vater bestreite, mit der in dem türkischen Registerauszug aufgeführten Person identisch zu sein. Einmal unterstellt, der Kläger besitze objektiv die türkische Staatsangehörigkeit, lasse sich nicht feststellen, dass der Vater des Klägers die deutschen Behörden bewusst über diesen Umstand getäuscht haben könnte.
Auf die Beschwerde des Beklagten befristete das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 20. Juni 2002 (10 ME 39/02) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bis zum Erlass des Widerspruchsbescheides und lehnte im Übrigen den Antrag ab. Zur Begründung führte es aus: Die vom Beklagten dargelegten Gründe rechtfertigten lediglich eine teilweise Beschwerdestattgabe. Der von dem Beklagten ermittelten Übereinstimmung der vom Vater des Klägers genannten Vornamen seiner Eltern und Geschwister mit den Vornamen der in dem türkischen Registerauszug eingetragenen Personen habe zwar einen gewissen Beweiswert. Dieser sei aber angesichts der Tatsache, dass der Kläger bestreite, sein Vater sei mit der im Register eingetragenen Person identisch, mit Hilfe der im Verfahren des Vaters des Klägers in dem Beschluss vom 20. Juni 2002 - 10 ME 38/02 - aufgezeigten Ermittlungsmöglichkeiten im Widerspruchsverfahren weiter zu untermauern. Es sei auch zweifelhaft, ob dem Verwaltungsgericht hinsichtlich seines Verständnisses der Bleiberechtsregelung vom 18. Oktober 1990 zu folgen sei, wonach der Erlass nicht nur staatenlose Kurden aus dem Libanon, sondern auch Kurden türkischer Staatsangehörigkeit aus dem Libanon erfasse.
Den nach Abschluss der gerichtlichen Verfahren umfangreich begründeten Widerspruch des Klägers wies die Bezirksregierung Hannover mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2003 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Eine Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis scheide aus, weil der Kläger nicht zu dem durch die Bleiberechtsregelung von 1990 begünstigten Personenkreis gehöre. Der vorgenannte Erlass erfasse nur staatenlose Kurden bzw. Kurden mit unaufklärbarer Staatsangehörigkeit aus dem Libanon, nicht jedoch alle Kurden, sofern sie nur längere Zeit vor der Einreise in das Bundesgebiet im Libanon gelebt hätten. Der Kläger sei nicht staatenlos, sondern im Besitz der türkischen Staatsangehörigkeit, die er im Wege der Abstammung erworben habe. Bei dem Vater des Klägers handele es sich um den im türkischen Personenstandsregister eingetragenen Gazi F.. Sämtliche von dem Vater des Klägers angegebenen Vornamen seiner Geschwister stammten mit denen des türkischen Registerauszugs hinsichtlich der Kinder von Hasan und Peyrüze F. aus Ückavak in der Türkei überein. Die Feststellungen des Beklagten stützten sich auch auf Angaben von weiteren Familienangehörigen des Klägers. Zwar sei der Kläger im Zeitpunkt der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis im Jahr 1990 noch minderjährig gewesen. Er müsse sich jedoch die Kenntnis seiner Eltern von der türkischen Staatsangehörigkeit zurechnen lassen.
Der Kläger hat am 1. September 2003 Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 19. Dezember 2003 (6 B 3692/03) die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet.
Zur Begründung der Klage hat der Kläger geltend gemacht: Er habe auch heute noch Anspruch auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels, weil die Grundvoraussetzungen des Erlasses vom 18. Dezember 1990 weiterhin vorlägen. Er sei "Kurde aus dem Libanon" im Sinne des Erlasses. Ferner ergebe sich seine Anspruchsberechtigung daraus, dass er Staatsangehöriger des Staates Libanon sei. Entgegen der Auffassung des Beklagten besitze er nicht die türkische Staatsangehörigkeit. Er selbst sowie seine Eltern und Geschwister seien alle im Libanon geboren worden. Sie hätten dort unter dem Namen {B.} bis zur Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland gelebt. Sein Vater sei im Libanon vor dem Jahr 1958 als staatenloser Libanese registriert worden. Deshalb hätten er und mit ihm die gesamte Familie anlässlich der Sammeleinbürgerung im Jahr 1994 die libanesische Staatsangehörigkeit erhalten. Die in dem von dem Beklagten vorgelegten türkischen Registerauszug vom 7. August 2001 aufgeführte Person Gazi F. sei nicht mit seinem Vater identisch. Sein Vater habe weder selbst eine Eintragung in ein türkisches Register vornehmen lassen noch jemanden damit beauftragt. Allein die Ähnlichkeiten zwischen den sehr gebräuchlichen Vornamen im Register und den Namen der Eltern und Geschwister seines Vaters bewiesen eine türkische Staatsangehörigkeit seines Vaters nicht. Angesichts zahlreicher offensichtlicher Unrichtigkeiten komme dem türkischen Registerauszug keine Beweiskraft zu.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 8. Oktober 2001 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Hannover vom 30. Juli 2003 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, seine Aufenthaltsbefugnis als Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG zu verlängern.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat erwidert: Unmaßgeblich sei, dass der Kläger seit 1994 (auch) libanesischer Staatsangehöriger sei. Während der Geltungsdauer des Bleiberechtserlasses aus dem Jahr 1990 sei der Kläger kein libanesischer Staatsangehöriger gewesen. Der Erwerb der libanesischen Staatsangehörigkeit nach Außerkrafttreten der Bleiberechtsregelung aus dem Jahr 1990 begründe keinen Anspruch auf Verlängerung einer erteilten Aufenthaltsbefugnis. Bei dem Kläger handele es sich um einen türkischen Staatsangehörigen. Angesichts der zahlreichen Übereinstimmungen der Eintragungen in dem türkischen Register mit den Angaben des Klägers und seiner Angehörigen bestünden an der türkischen Staatsangehörigkeit des Vaters des Klägers und damit des Klägers selbst keine Zweifel. Dass der vorgelegte Registerauszug die Familie des Klägers betreffe, ergebe sich auch aus weiteren Ermittlungsergebnissen. Bei dem in einem Brief, der augenscheinlich von dem Kläger verfasst worden sei, denunzierten Ismail F. handele es sich um einen Onkel des Klägers. Der Onkel sei in einem eigenen Registerauszug mit seiner Ehefrau und den Kindern aufgeführt. Wie in dem anonymen Brief ausgeführt, habe der Onkel tatsächlich im Jahr 1975 Wehrdienst in der Türkei geleistet. Es stelle sich die Frage, woher der Kläger das Wissen habe, dass sein Onkel Ismail in Wahrheit F. heiße, aus der Türkei stamme und dort seinen Wehrdienst geleistet habe. Bei einer im türkischen Register eingetragenen Person werde die türkische Staatsangehörigkeit bis zum Beweis des Gegenteils vermutet. Auf welche Weise die Eintragung im Einzelfall zustande gekommen sei bzw. durch wen diese veranlasst worden sei, müsse die Ausländerbehörde nicht nachweisen. Der Kläger werde nicht ausgewiesen. Es sei deshalb unmaßgeblich, ob er unrichtige Angaben hinsichtlich seiner Identität und Staatsangehörigkeit gemacht habe.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 21. Juni 2006 teilweise stattgegeben. Es hat den Beklagten verpflichtet, über die Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis des Klägers als Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt: Einer Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis des Klägers stünden zwingende Rechtsgründe nicht entgegen. Ob dem Kläger nunmehr eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen sei, richte sich nach den Regelungen des am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Maßgebliche Vorschrift für die Verlängerung des Aufenthaltstitels sei § 23 Abs. 1 AufenthG. Die Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis des Klägers nach der vorgenannten Vorschrift scheitere nicht daran, dass es gegenwärtig eine den Personenkreis ehemaliger Asylbewerber aus dem Libanon betreffende Anordnung des Nds. MI zu § 23 Abs. 1 AufenthG nicht gebe, nachdem der Runderlass des Nds. MI vom 18. Oktober 1990 zwischenzeitlich außer Kraft getreten und der Runderlass des Nds. MI vom 16. August 2001 ebenfalls nicht mehr anzuwenden seien. Für Entscheidungen von Ausländerbehörden, die vor dem 1. Januar 2005 ergangen seien und mit denen die Verlängerung von Aufenthaltsbefugnissen zu Unrecht abgelehnt worden sei, bestehe aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 3 Abs. 1 GG) weiterhin die Möglichkeit, den Runderlass vom 16. August 2001 rückwirkend anzuwenden. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen, unter denen der Runderlass des Nds. MI vom 16. August 2001 eine Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis anordne. Entgegen der Auffassung des Beklagten habe der Kläger sein Aufenthaltsrecht nicht zu Unrecht erhalten, weil er im Sinne der Nr. 3 des Runderlasses vom 16. August 2001 über seine Identität getäuscht habe. Der Kläger habe im Libanon unter seinem gegenwärtig geführten, libanesisch amtlichen Namen gelebt. Er stamme unstreitig von seinen Eltern Ghazi {B.} und Amine {E.} ab. Das Gericht sei auch überzeugt, dass der Kläger unter dem in seinem libanesischen Pass eingetragenen Namen im Libanon geboren worden sei. Der Kläger erfülle auch die nach Maßgabe der Bleiberechtsregelung vom 18. Oktober 1990 zu beachtenden Voraussetzungen für die Ersterteilung des Aufenthaltsrechts. Auch wenn der Kläger nach den jetzt vorliegenden Erkenntnissen durch Geburt von seinem Vater eine türkische Staatsangehörigkeit erworben haben sollte, zähle er als Staatsangehöriger des Staates Libanon weiterhin zu dem von der Bleiberechtsregelung aus dem Jahr 1990 begünstigten Personenkreis. Die Bleiberechtsregelung vom 18. Oktober 1990 erfasse auch diejenigen Ausländer, die - wie der Kläger - erst 1994 die libanesische Staatsangehörigkeit erworben hätten. Der Verpflichtungsantrag des Klägers sei abzuweisen. Beim Kläger lägen Ausweisungsgründe vor. Sie führten aber nicht zwingend zur Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis. Vielmehr könne die Behörde gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG nach pflichtgemäßem Ermessen von der Anwendung der Regelerteilungsvoraussetzung absehen. Der Kläger habe Ausweisungsgründe im Sinne des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG verwirklicht. Er habe nicht nur vereinzelt und auch nicht nur geringfügig gegen Rechtsvorschriften verstoßen, indem er im Jahr 1998 eine mittelbare Falschbeurkundung in Tateinheit mit einem Verstoß gegen § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG begangen sowie im Jahr 2004 gemeinschaftlich und vorsätzlich gegen das Fleischhygienegesetz in mindestens 100 Fällen verstoßen habe. Andere Ausweisungsgründe stünden einer Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis nicht entgegen.
Auf den Antrag des Beklagten hat der Senat mit Beschluss vom 5. Februar 2007 - 11 LA 9/07 - die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen. Zur Begründung der Berufung trägt der Beklagte vor: Der Kläger habe nach den Überleitungsvorschriften des Aufenthaltsgesetzes zur Fortgeltung von Aufenthaltstiteln keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis. Diese Vorschriften seien abschließend und regelten die vorliegende Fallgestaltung nicht. Es sei auch nicht gleichheitswidrig, den Kläger gegenüber den Ausländern schlechter zu behandeln, denen vor Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes eine Aufenthaltsbefugnis erteilt worden sei, deren Befristung erst nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes ende. Darüber hinaus scheide ein Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen aus, weil er nicht zu dem von den Bleiberechtsregelungen erfassten Personenkreis gehöre. Maßgeblich sei die Sach- und Rechtslage zu dem in dem Runderlass des Nds. MI vom 18. Oktober 1990 genannten Stichtag. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger nicht libanesischer Staatsangehöriger gewesen. Der Kläger sei auch nicht "Kurde aus dem Libanon" im Sinne des Runderlasses des Nds. MI vom 18. Oktober 1990. Nach den Ermittlungen der Ausländerbehörde sei der Kläger türkischer Staatsangehöriger.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger macht sich die erstinstanzlichen Urteilsgründe zu eigen. Er trägt weiter vor: ihm stehe ein Folgenbeseitigungsanspruch zu, weil der Beklagte die Verlängerung seiner Aufenthaltsbefugnis rechtswidrig verweigert habe. Er sei deshalb so zu stellen, als sei er bei Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis gewesen. Ferner habe er Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen auf der Grundlage der Bleiberechtsregelung des Nds. MI vom 6. Dezember 2006 bzw. der neu in das Aufenthaltsgesetz eingefügten Vorschrift des § 104 a (Altfallregelung).
In der mündlichen Verhandlung vom 27. September 2007 beantragt der Kläger darüber hinaus, festzustellen, dass die Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis über April 2001 hinaus rechtswidrig war und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. dem Bleiberechtserlass vom 18. Oktober 1990 und dem Verlängerungserlass vom 16. August 2001 zu erteilen,
hilfsweise, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. dem Bleiberechtserlass vom 6. Dezember 2006 zu erteilen, weiter hilfsweise, dem Kläger eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 104 a Abs. 2 AufenthG zu erteilen,
weiter hilfsweise, ihm eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 104 a Abs. 1 AufenthG zu erteilen,
sowie weiter hilfsweise, ihm eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25 Abs. 5 AufenthG zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die in der Berufungsverhandlung neu gestellten Anträge zurückzuweisen.
Er erwidert: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechtsregelung des Nds. MI vom 6. Dezember 2006 bzw. nach § 104 a AufenthG. Der Kläger erfülle einen Versagungstatbestand, weil er in erheblicher Weise straffällig geworden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbefugnis als Aufenthaltserlaubnis nach § 23 AufenthG in Verbindung mit Bleiberechtsregelungen des Landes Niedersachsen aus der Zeit vor 2005.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren über seinen erstinstanzlichen Antrag hinaus Folgenbeseitigung wegen eines rechtswidrigen Handelns des Beklagten, hilfsweise eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach weiteren in Betracht kommenden Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes bzw. nach der Bleiberechtsregelung des Nds. MI vom 6. Dezember 2006 beansprucht, hat die Klage keinen Erfolg. Die Klage ist deshalb insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beansprucht nach den in der ersten Instanz und im Berufungsverfahren gestellten Anträgen eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach dem AufenthG. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden, weil die vom Kläger ursprünglich begehrte Aufenthaltsbefugnis in dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Aufenthaltsgesetz nicht mehr vorgesehen ist. Diese Rechtsänderung ist zu beachten. Sie führt dazu, dass bei einem Begehren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen auf die neue Rechtslage nach dem Aufenthaltsgesetz abzustellen ist (BVerwG, Urt. v. 22.11.2005 - 1 C 18.04 -, BVerwGE 124, 326 = InfAuslR 2006, 272).
Der Kläger beansprucht mit seinem Hauptantrag vergeblich eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 23 AufenthG in Verbindung mit Bleiberechtsregelungen des Landes Niedersachsen aus der Zeit vor 2005. Soweit der Kläger mit seinem im Berufungsverfahren gestellten Hauptantrag die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 23 Abs. 1 AufenthG in Verbindung mit Bleiberechtserlassen des Landes Niedersachsen vom 18. Oktober 1990 und vom 16. August 2001 anstrebt, stellt der Senat Zulässigkeitsbedenken zurück, die sich daraus ergeben, dass lediglich der Beklagte, nicht aber der Kläger Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt bzw. Berufung eingelegt hat und deshalb das Begehren des Klägers (an sich) auf Neubescheidung begrenzt ist. Auch als Antrag auf Verpflichtung des Beklagten zum Erlass des begehrten Verwaltungsaktes wäre die Klage aus den nachstehenden Gründen unbegründet.
Die Voraussetzungen des § 23 AufenthG liegen nicht vor. Nach Abs. 1 Satz 1 der vorgenannten Vorschrift kann die oberste Landesbehörde aus humanitären Gründen anordnen, dass Ausländer aus bestimmten Staaten oder in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Eine fortgeltende (Bleiberechts-)Anordnung der obersten Landesbehörde, auf die sich der Kläger stützen könnte, liegt nicht vor. Der Kläger gehört nicht zu den nach der Bleiberechtsregelung des Niedersächsischen Innenministeriums (Nds. MI) vom 18. Oktober 1990 (52.31-12231/1-1-1; nicht veröffentlicht) begünstigten Personenkreis. Auch aus den nachfolgenden Runderlassen des Nds. MI vom 27. September 1992 (56.31-12230/1-1 <§ 54/§ 32>, Nds. MBl. 1992, 1336) und vom 16. August 2001 (45.31-12230/1-1 <§ 32>) lässt sich kein eigenständiger Anspruch herleiten.
Zu Unrecht macht der Beklagte allerdings geltend, ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AufenthG scheide schon deshalb aus, weil der Runderlass des Nds. MI vom 16. August 2001 und damit auch der Bezugserlass des Nds. MI vom 18. Oktober 1990 nach der Vorläufigen Nds. Verwaltungsvorschrift zum AufenthG - Vorl. Nds. VV - AufenthG vom 31. März 2005 (45.2-12230/1-8) nicht mehr anzuwenden sei. Dieser rechtlichen Wertung folgt der Senat nicht. Eine solche Handhabung der Verwaltungsvorschriften würde den Kläger in gleichheitswidriger Weise gegenüber einem Ausländer schlechter stellen, dem nach den vorzitierten niedersächsischen Bleiberechtsregelungen vor dem 1. Januar 2005 eine Aufenthaltsbefugnis erteilt wurde, deren Befristung erst nach Inkrafttreten des AufenthG endete. Dieser Personenkreis kann sich auf die Vorschrift des § 101 Abs. 2 AufenthG berufen. Dort wird geregelt, dass sonstige von Abs. 1 nicht erfasste Aufenthaltsgenehmigungen nach dem AuslG, zu denen die dem Kläger erteilte Aufenthaltsbefugnis gehört, als Aufenthaltserlaubnisse entsprechend dem ihrer Erteilung zugrunde liegenden Aufenthaltszweck und Sachverhalt fortgelten. Ein solcher Ausländer hat Anspruch auf die Verlängerung seiner Aufenthaltsbefugnis als Aufenthaltserlaubnis, falls die (Erst-)Erteilungsvoraussetzungen (fort-)bestehen. Der Kläger kann sich nicht auf § 101 Abs. 2 AufenthG stützen, weil die ihm zuletzt erteilte Aufenthaltsbefugnis bis zum 15. April 2001 befristet war und der Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis vom Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Oktober 2001 abgelehnt wurde.
§ 104 Abs. 1 AufenthG ist ebenfalls nicht anwendbar. Nach Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift ist über vor dem 1. Januar 2005 gestellte Anträge auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis oder einer Aufenthaltsberechtigung nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht zu entscheiden. Der Kläger hat weder einen Antrag auf Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis noch einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gestellt.
Auf Vorschriften des Ausländergesetzes kann der Kläger zur Begründung der von ihm geltend gemachten Rechtsposition nicht zurückgreifen. Dem Kläger wurde auf der Grundlage des Runderlasses des Nds. MI vom 18. Oktober 1990 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, die nach Inkrafttreten des neuen Ausländergesetzes am 1. Januar 1991 gemäß § 94 Abs. 3 Nr. 3 AuslG als Aufenthaltsbefugnis fortgalt. Sie wurde nach § 99 Abs. 1 Satz 1 AuslG mehrfach verlängert. Die Übergangsvorschrift des § 99 Abs. 1 Satz 1 AuslG hat der Gesetzgeber nicht in das Aufenthaltsgesetz übernommen.
Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass aus den vorbehandelten Überleitungsvorschriften nicht folgt, dass der Aufenthaltszweck, welcher der dem Kläger im Jahr 1990 erteilten Aufenthaltserlaubnis, die seit dem 1. Januar 1991 als Aufenthaltsbefugnis fortgalt und verlängert wurde, zugrunde lag, im Aufenthaltsgesetz nicht mehr vorgesehen wäre. Die Befugnis, aus humanitären Gründen eine Bleiberechtsregelung zu erlassen, war in § 32 AuslG vorgesehen und ist weiterhin in § 23 AufenthG geregelt, der in seiner Zielsetzung weitgehend mit der Vorgängervorschrift deckungsgleich ist. Eine Überleitungsregelung enthält § 101 Abs. 2 AufenthG.
Angesichts dieser Fortschreibung eines Aufenthaltszwecks aus humanitären Gründen nach den Vorgaben einer obersten Landesbehörde im Aufenthaltsgesetz wäre es mit dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot unvereinbar, dem Ausländer, der die Verlängerung einer Aufenthaltsbefugnis vor dem 1. Januar 2005 beantragt hat und dessen Antrag von der Ausländerbehörde nicht mehr bis zum Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes bestandskräftig beschieden worden ist, die Berufung auf eine ihn möglicherweise begünstigende Altfall-Regelung, die nach dem Willen der obersten Landesbehörde mit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes nicht mehr anwendbar sein soll, zu versagen. Einen sachlichen Grund für eine solche Benachteiligung eines Ausländers, der lediglich den Antrag auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbefugnis vor dem 1. Januar 2005 gestellt hat, bzw. dessen Antrag nicht unanfechtbar negativ beschieden worden ist, gegenüber dem Ausländer, dessen Verlängerungsantrag vor dem 1. Januar 2005 positiv entschieden wurde, vermag auch der Beklagte nicht zu benennen. Wäre die Auffassung des Beklagten richtig, hätte es die Ausländerbehörde in der Hand, ohne die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung ihrer Ablehnungsgründe ein aus humanitären Gründen gewährtes Bleiberecht durch die Versagung der Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis zu beenden.
Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass bei der gegebenen Fallkonstellation die angesprochenen landesrechtlichen Bleiberechtsregelungen weiterhin zu beachten sind. Der Kläger hat Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis als Aufenthaltserlaubnis, wenn er die Voraussetzungen für die Ersterteilung des Aufenthaltsrechts nach Maßgabe der Bleiberechtsregelung in dem Runderlass des Nds. MI vom 18. Oktober 1990 erfüllt. Das ist aber zu verneinen.
Der Kläger gehört nicht zu dem von der Bleiberechtsregelung begünstigten Personenkreis. Nach Ziff. 2.1 2. Spiegelstrich des Runderlasses vom 18. Oktober 1990 erhalten Flüchtlinge, die sich am 1. August 1990 legal in Niedersachsen aufgehalten haben, auf Antrag eine Aufenthaltserlaubnis, wenn sie Staatsangehörige der Staaten Afghanistan, Albanien, Irak, Iran, Libanon oder Sri Lanka, Palästinenser oder Kurden aus dem Libanon, Christen oder Yeziden aus der Türkei sind. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger als Angehöriger des Staates Libanon anspruchsberechtigt ist. Zwar erhielt der Kläger im Jahr 1994 im Wege der Sammeleinbürgerung aufgrund des Dekrets Nr. 5247 die libanesische Staatsangehörigkeit. Den für die Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Verwaltungsvorschriften lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass auch dieser Personenkreis in den Genuss der Bleiberechtsregelungen kommen sollte.
Der Runderlass des Nds. MI vom 18. Oktober 1990 scheidet als Rechtsgrundlage aus. Er enthält mit seinem Erlassdatum eine Stichtagsregelung in Bezug auf die Frage, welche Ausländer anspruchsberechtigt sein sollen. Ein Antragsteller wurde demnach von der Regelung nur dann begünstigt, wenn er am 18. Oktober 1990 tatsächlich die libanesische Staatsangehörigkeit besaß. Dies hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 22. Dezember 2004 - 11 LA 235/04 - ausgeführt, mit dem im Ausweisungsverfahren der Ehefrau des Klägers der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen die klagabweisende Entscheidung des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen wurde. Nicht erörterungsbedürftig ist, ob möglicherweise auch Ausländer, die der Staat Libanon in dem Zeitraum ab 19. Oktober bis zum 31. Dezember 1990 eingebürgert hat, noch unter Bezugnahme auf die Regelung des Erlasses zum bleiberechtsbegünstigten Personenkreis eine Aufenthaltserlaubnis hätten erhalten können. Dafür könnte sprechen, dass eine Antragstellung bis zum 31. Dezember 1990 möglich war. Da der Kläger erst im Jahr 1994 die libanesische Staatsangehörigkeit erhalten hat, kann die Frage auf sich beruhen.
Der Kläger leitet seinen Anspruch auch vergeblich aus dem Runderlass des Nds. MI vom 18. Oktober 1990 ab, weil diese Verwaltungsvorschrift bereits am 31. Dezember 1990 wieder außer Kraft getreten ist. Grund hierfür war, dass nach § 32 des am 1. Januar 1991 in Kraft getretenen Ausländergesetzes eine Bleiberechtsregelung des Einvernehmens mit dem Innenministerium des Bundes bedurfte, das nicht hergestellt war. Ein Anspruch auf Ersterteilung einer Aufenthaltserlaubnis konnte demnach nur im Geltungszeitraum unter den im Erlass genannten Voraussetzungen bestehen. Hierauf verweist auch der Runderlass des Nds. MI vom 16. August 2001, soweit er unter Ziff. 1 ausführt, dass die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nur bis zum 31. Dezember 1990 möglich war.
Der Runderlass des Nds. MI vom 27. September 1992 enthält ebenfalls keine Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Verlängerung einer Aufenthaltsbefugnis. Danach wird gemäß § 32 AuslG angeordnet, u. a. libanesischen Staatsangehörigen, die bis zum 31. Dezember 1988 in das Bundesgebiet eingereist sind, eine Aufenthaltsbefugnis zu erteilen. Für diese Regelung gilt das zum Runderlass des Nds. MI vom 18. Oktober 1990 Gesagte. Die Erteilungsvoraussetzung, Staatsangehöriger des Libanon zu sein, muss am 27. September 1992 vorliegen. Hinweise darauf, dass die Regelung auch diejenigen Ausländer erfassen soll, die erst zukünftig zu einem noch ungewissen Zeitpunkt die Staatsangehörigkeit des Libanons erwerben, sind der Verwaltungsvorschrift nicht zu entnehmen. Soweit in dem Runderlass des Nds. MI vom 16. August 2001 unter Ziff. 1 ausgeführt wird, der Runderlass vom 27. September 1992 enthalte keinen Stichtag, nach dem die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis ausgeschlossen ist, bezieht sich diese Klarstellung lediglich auf die Frage, in welchem Zeitpunkt der erste Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Bleiberechtsregelung gestellt werden kann, nicht aber darauf, zu welchem Zeitpunkt die Erteilungsvoraussetzungen erfüllt sein müssen.
Der Kläger wird auch nicht als "Kurde aus dem Libanon" im Sinne der Ziff. 2.1 2. Spiegelstrich des Runderlasses vom 18. Oktober 1990 von der Bleiberechtsregelung erfasst. Zu der von dem Runderlass begünstigten Personengruppe gehören nur staatenlose Kurden bzw. Kurden mit unaufklärbarer Staatsangehörigkeit aus dem Libanon, nicht aber Kurden aus dem Libanon mit türkischer Staatsangehörigkeit. Der Kläger ist der zuletzt genannten Volksgruppe zuzurechnen. Der Beklagte hat ihm deshalb zu Recht die Verlängerung seiner Aufenthaltsbefugnis verweigert.
Der Runderlass vom 18. Oktober 1990 bezieht sich, soweit von Kurden aus dem Libanon die Rede ist, auf staatenlose Kurden bzw. Kurden mit ungeklärter Staatsangehörigkeit aus dem Libanon. Bei dem vorgenannten Runderlass handelt es sich um eine Regelung, die wie eine Verwaltungsvorschrift wirkt und auszulegen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 19.9.2000 - 1 C 19.99 -, NVwZ 2001, 210) sind Verwaltungsvorschriften - hier die Willenserklärung einer obersten Landesbehörde - unter Berücksichtigung des tatsächlichen Willens des Erklärenden und ihrer tatsächlichen Handhabung, d. h. der vom Urheber gebilligten oder geduldeten tatsächlichen Verwaltungspraxis auszulegen und anzuwenden. Daran gemessen bezog sich die Bleiberechtsregelung aus dem Jahr 1990 lediglich auf Kurden aus dem Libanon, die staatenlos waren oder deren Staatsangehörigkeit ungeklärt war (Urt. d. Sen. v. 20.5.2003 - 11 LB 35/03 -, veröff. in juris; die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Beschwerde verwarf das BVerwG mit Beschl. v. 16. 2. 2004 - 1 B 215.03 -). Maßgeblich für die Bleiberechtsregelung war der Umstand, dass der Aufenthalt der von dem Runderlass begünstigten Personengruppen aus rechtlichen, tatsächlichen oder humanitären Gründen bis zum Stichtag nicht beendet werden konnte (vgl. Ziff. 1 des RdErl.). Im Vordergrund stand die Überlegung, dass für die von der Bleiberechtsregelung erfassten Ausländer eine Rückkehr in ihren Heimatstaat nicht möglich war. Nur für diesen Fall sollte die Bleiberechtsregelung greifen. Nach den Erkenntnissen, die der Verwaltungsvorschrift zugrunde lagen, waren zahlreiche Kurden im Laufe der zurückliegenden Jahre und Jahrzehnte hauptsächlich aus der Türkei und aus dem Irak (zum Teil illegal) in den Libanon eingereist und hatten sich dort wegen der besseren Lebensbedingungen und auch wegen ihrer arabischen Herkunft niedergelassen. Sie verfügten regelmäßig nicht über einen gesicherten Aufenthaltsstatus im Libanon, sondern wurden lediglich geduldet. Den meisten Kurden blieb die Staatsangehörigkeit des Gastlandes verwehrt. Die niedersächsischen Behörden gingen deshalb zum Zeitpunkt der niedersächsischen Bleiberechtsregelung von 1990 davon aus, dass dieser Personenkreis nicht mehr die Staatsangehörigkeit seines ursprünglichen Herkunftsstaates besaß und deshalb eine Abschiebung in diesen Staat nicht in Betracht kam (vgl. Urt. d. Sen. v. 20.5.2003 - 11 LB 35/03 -, a. a. O.).
Es liegen keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Runderlass vom 18. Oktober 1990 das Verständnis zugrunde lag, auch Kurden aus dem Libanon mit türkischer Staatsangehörigkeit seien bleibeberechtigt. Ein solcher Wille der obersten Landesbehörde lässt sich der Regelung in Ziff. 2.1 2. Spiegelstrich nicht entnehmen. Die Regelung bezeichnet als eine von mehreren begünstigten Personengruppen "Kurden aus dem Libanon". Dass darunter auch im Libanon ansässige Kurden mit türkischer Staatsangehörigkeit fallen sollen, lässt sich aus dem Wortlaut nicht herleiten. Auch bei einer Einbeziehung der übrigen genannten Personengruppen in die Würdigung ergibt sich nichts anderes. Ziff. 2. 1 2. Spiegelstrich führt als begünstigt (sämtliche) Angehörigen der Staaten Afghanistan, Albanien, Irak, Iran, Libanon und Sri Lanka auf, ferner Christen und Yeziden aus der Türkei und Palästinenser und Kurden aus dem Libanon. Angesichts dieser Differenzierung überzeugt es nicht, dass auch Kurden aus dem Libanon mit türkischer Staatsangehörigkeit anspruchsberechtigt sein sollen. Denn hinsichtlich der Staatsangehörigen aus der Türkei wird der begünstigte Personenkreis ausdrücklich auf Christen und Yeziden begrenzt. Wie bereits in dem Beschluss des 10. Senats des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 20. Juni 2002 - 10 ME 39/02 - im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ausgeführt, erscheint es nicht nachvollziehbar, den Geltungsbereich des Runderlasses vom 18. Oktober 1990 hinsichtlich der Türkei auf Christen und Yeziden zu beschränken, andererseits Kurden türkischer Staatsangehörigkeit aus dem Libanon in die Regelung einzubeziehen.
Gegen das vom Verwaltungsgericht noch im vorläufigen Rechtsschutzverfahren für richtig gehaltene großzügige Verständnis der Formulierung "Kurden aus dem Libanon" spricht ferner, wie vom 10. Senat in dem vorgenannten Beschluss ebenfalls ausgeführt, die Rechtsfolge einer solchen Betrachtungsweise, die dazu führte, ohne sachlichen Grund aus dem Libanon einreisende Kurden gegenüber den nicht in die Regelung aufgenommenen Kurden aus dem Irak und Iran, die die Staatsangehörigkeit der genannten Staaten nicht nachweisen können, und gegenüber den ebenfalls nicht vom Geltungsbereich des Runderlasses erfassten Kurden aus der Türkei zu begünstigen.
Eine allgemeine Verwaltungspraxis, die dieser Auslegung entgegenstehen könnte und die Auffassung des Klägers stützt, lässt sich nicht feststellen. Es mag durchaus in Einzelfällen bei den Ausländerbehörden eine Verunsicherung in Bezug auf die Abgrenzung des begünstigten Personenkreises gegeben haben. Der Senat hat in seinem Urteil vom 20. Mai 2003 - 11 LB 35/03 - (a. a. O.) auf einen Fall hingewiesen. Daraus lässt sich nicht ableiten, dass Kurden aus dem Libanon mit einer zweifelsfrei feststehenden türkischen Staatsangehörigkeit im Geltungsbereich des Runderlasses vom 18. Oktober 1990 mit Billigung der obersten Landesbehörde generell in den Genuss der Bleiberechtsregelung gekommen sind. Das Gegenteil ist der Fall.
Bestätigt wird die vorstehende Sichtweise durch den Runderlass des Nds. MI vom 16. August 2001, in dem unter Ziff. 2 ausgeführt wird, dass Aufenthaltsbefugnisse, die Kurden aus dem Libanon nach dem Runderlass vom 18. Oktober 1990 erteilt worden sind, nur dann verlängert werden, wenn es sich um staatenlose Kurden handelt.
Es bestand auch keine Veranlassung, aus dem Libanon eingereiste Kurden mit türkischer Staatsangehörigkeit in die Bleiberechtsregelung einzubeziehen. Denn der Aufenthalt dieses Personenkreises im Bundesgebiet hätte durch eine Abschiebung in die Türkei beendet werden können.
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er ist deshalb von der Bleiberechtsregelung ausgeschlossen. Nach dem Ergebnis der Nachforschungen des Beklagten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Vater des Klägers türkischer Staatsangehöriger (gewesen) ist. Als Kind eines türkischen Staatsangehörigen hat der Kläger kraft Gesetzes durch Geburt die türkische Staatsangehörigkeit erworben (Art. 1 des Türkischen Staatsangehörigkeitsgesetzes Nr. 403 v. 11.2.1964 - tStAG -). Allerdings wurde der Vater des Klägers am 7. Mai 2001 wegen Nichtableistung des Wehrdienstes aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen. Dies führt aber nicht zum Verlust der türkischen Staatsangehörigkeit des Ehegatten und der Kinder (vgl. Art. 32 und 34 tStAG).
Der Beklagte stützt seine Überzeugung, der Vater des Klägers sei bis zu seiner Ausbürgerung türkischer Staatsangehöriger gewesen, auf mehrere ihm vorliegende Auszüge aus dem türkischen Personenstandsregister und weitere Beweistatsachen. Diese durch Fakten untermauerte Überzeugungsbildung hält einer Überprüfung anhand der allgemeinen Grundsätze zu Art und Umfang der Sachverhaltsermittlung und des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung stand.
Der Beklagte beruft sich auf einen ihm vorliegenden Auszug vom 7. August 2001 aus dem türkischen Personenstandsregister für das Dorf Ückavak, Provinz Mardin, Hane 35 (= kleinste Organisationseinheit im türkischen Personenstandswesen), in dem unter der laufenden Nr. 9 eine Person mit dem Namen Gazi F., geb. am 1. Januar 1945, verzeichnet ist. Nach den Untersuchungen des Beklagten handelt es sich bei dieser Person um den Vater des Klägers, der den Namen Ghazi {B.} führt. Die Annahme einer Personenidentität stützt der Beklagte auf Aussagen, die der Vater des Klägers im Rahmen einer Anhörung zu der Absicht, ihn auszuweisen, am 19. September 2001 in den Räumen der Ausländerbehörde des Beklagten gemacht hat. Der Vater des Klägers erklärte, seine Eltern hätten die Namen "Hasan" und "Peyrüze". Ferner benannte der Vater als Geschwister namentlich die Brüder Nejim, Hussein und Mohammed sowie die Schwestern Aysi, Fatmi, Semsi und Gazali. 9 Personen mit diesen Vornamen sind in dem 12 Namen umfassenden, oben erwähnten Registerauszug der Familie {G.} namentlich (Hasan, Peyrüze, Fatmi, Aysi, Semsi und Gazali) oder jedenfalls in ähnlicher bzw. abgewandelter Schreibweise (Naci statt Nejim, Hüseyin statt Hussein und Mehmet statt Mohammed) aufgeführt. Dieses hohe Maß an Übereinstimmung rechtfertigt die Annahme des Beklagten, bei Gazi F. handele es sich um den Vater des Klägers.
Dass die Eintragungen in dem Personenstandsregister nicht in vollem Umfang mit den Angaben des Vaters des Klägers deckungsgleich sind, beeinträchtigt den Beweiswert dieser Urkunde nicht. Es ist davon auszugehen, dass der Vater des Klägers nicht sieben - wie von dem Kläger im Klageverfahren angegeben -, sondern neun Geschwister hat bzw. hatte. Der Vater des Klägers hat selbst in seiner Anhörung vom 19. September 2001 neben den sieben namentlich benannten Geschwistern einen weiteren Bruder erwähnt, diesen aber nicht namentlich benannt, sondern lediglich ausgeführt, es handele sich um seinen ältesten Bruder, der bereits verstorben sei. Insoweit besteht bereits ein Widerspruch zu den Angaben in der Klagebegründung, wonach der Vater des Klägers lediglich sieben Geschwister habe. Abgesehen davon hat der Beklagte zu Recht angenommen, dass es sich bei dem von dem Vater des Klägers nicht namentlich benannten Bruder um den im Registerauszug aufgeführten Necim F. handelt. Necim F. ist das älteste von neun Kindern der Großeltern des Klägers Hasan und Peyrüze. Er wurde am 1. Januar 1926 geboren. Für die Annahme des Beklagten spricht auch, dass Necim F. nach einer Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 16. Dezember 2004 an den Beklagten bereits verstorben ist.
Der Beklagte hat ferner nachvollziehbar dargelegt, dass es sich bei dem im Registerauszug aufgeführten Ismail F. um einen weiteren Bruder des Vaters des Klägers handelt. Der Kläger und sein Vater bestreiten dies zwar. Der Beklagte hat aber zahlreiche Indizien zusammengetragen, die seine Auffassung stützen. Er verweist zunächst darauf, dass der Kläger in einem an den Landkreis Schaumburg gerichteten - nicht abgesandten - anonymen Brief angegeben habe, bei der in Stadthagen unter dem falschen Namen Ismail B. lebenden Person handele es sich in Wahrheit um den türkischen Staatsangehörigen Ismail F.. Der Kläger hat (erstmals) in der Berufungsverhandlung zugegeben, das vorgenannte Schreiben, das bei einer Durchsuchung der Wohnung des Klägers im Jahr 2001 gefunden worden war, verfasst zu haben. Nach den Ermittlungen des Beklagten lebt in Stadthagen tatsächlich ein türkischer Staatsangehöriger mit dem Namen Ismail F.. Dem Beklagten liegt ein weiterer Auszug aus dem türkischen Personenstandsregister vor, in dem Ismail F., seine Ehefrau und seine Kinder aufgeführt sind. Danach ist Ismail F., geb. am 1. Januar 1950, der Sohn von Hasan und Peyrüze F.. Die in dem Auszug eingetragene Identifikationsnummer für Ismail F. deckt sich mit der Identifikationsnummer, die in dem Auszug vom 7. August 2001 betreffend die Familie des Hasan F. für Ismail F. angegeben ist (Nr. 59632237568).
Für die Annahme des Beklagten, es handele sich bei Ismail F. um einen Onkel des Klägers, spricht auch, dass Ismail F. laut Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 16. Dezember 2004 an den Beklagten in der Zeit vom 2. August 1973 bis zum 9. April 1975 Wehrdienst in der türkischen Armee geleistet hat. Diese Auskunft bestätigt die Behauptung des Klägers in dem vorzitierten anonymen Brief, Ismail F. sei in der Türkei Soldat gewesen. Laut Auskunft türkischer Polizeibehörden haben ferner Einwohner des Dorfes Ückavak Ismail F. anhand eines Lichtbildes identifiziert. Es lässt sich somit feststellen, dass der Beklagte die Familienverhältnisse des Klägers, soweit es seine Großeltern und seinen Vater und dessen Geschwister angeht, nahezu vollständig rekonstruiert hat.
Die dagegen von dem Kläger in dem Klageverfahren erhobenen Einwände greifen nicht durch. Der Kläger rügt vergeblich, die Übereinstimmung der Angaben seines Vaters in Bezug auf seine Familienverhältnisse mit dem vorgelegten türkischen Registerauszug rechtfertige nicht die Schlussfolgerungen des Beklagten, weil die aufgeführten Vornamen sehr gebräuchlich seien. Entgegen der Ansicht des Klägers ist angesichts der Vielzahl der Übereinstimmungen ein Zufall ausgeschlossen. Der Beklagte hat im Fall von Ismail F. zudem weitere Beweistatsachen ermittelt, die seine Annahme bestätigen. Der Beklagte hält dem Kläger zu Recht vor, woher dieser sein Wissen, wenn nicht über die Familienbande, d. h. über sein verwandtschaftliches Verhältnis, beziehe, Ismail B. heiße in Wahrheit Ismail F., stamme aus der Türkei und habe dort Wehrdienst geleistet. Hierzu verhält sich das Klagevorbringen nicht. In der Berufungsverhandlung hat der Kläger insofern lediglich behauptet, Ismail F. sei ein Verwandter seiner Schwiegereltern, nicht aber sein Onkel.
Soweit der Beklagte annimmt, der im Registerauszug des Familienoberhauptes Hasan F. aufgeführte Mehmet F. sei mit dem von dem Vater des Klägers bezeichneten Bruder Mohammed identisch, rügt der Kläger zu Unrecht in Bezug auf die unterschiedlichen Vornamen eine Ungereimtheit. Nach den nachvollziehbaren Angaben des Beklagten handelt es sich bei Mehmet um die türkische Schreibweise des Vornamens Mohammed. Es ist bezeichnend, dass der vom Vater des Klägers in der Anhörung mit dem Namen Mohammed erwähnte Bruder einen Umverteilungsantrag unter dem falschen Namen Mohammed Hassan B. am 20. November 1987 mit dem Vornamen "Mehmet" unterzeichnet hat.
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der Beklagte den vom Vater des Klägers genannten Bruder mit dem Vornamen Nejim der Eintragung im Registerauszug unter der laufenden Nummer 9 zuordnet. Die dort eingetragene Person mit dem Namen Naci F. ist mit Nejim (so die Angabe des Vaters des Klägers in der Anhörung vom 19.9.2001) oder Nagim (so die Angabe in der Klagebegründung) identisch. Die Abweichungen beruhen auf der unterschiedlichen Schreibweise der Vornamen im türkischen und arabischen Sprachraum, aus dem der Kläger und seine Familie stammen. Dass es sich bei Nejim um Naci F. handelt, ergibt sich auch aus Angaben des weiteren Bruders des Klägers Hussein B. alias Husseyin F. (laufende Nr. 12 in dem Registerauszug), der am 30. Oktober 2001 in Hameln erklärt hat, er habe einen ca. 50 Jahre alten Bruder Nejim. Dabei kann es sich nicht um den in dem Registerauszug der Familie des Hasan F. aufgeführten Necim F. handeln. Denn dieser wurde bereits am 1. Januar 1926 geboren, während hingegen für Naci F. das Geburtsdatum 1. Januar 1952 eingetragen ist und er somit annähernd das Alter hat, das Husseyin F. seinem Bruder zugeschrieben hat.
Der Kläger macht auch zu Unrecht geltend, dass der Registerauszug, einmal unterstellt, es handele sich bei Gazi F. um seinen Vater, unrichtig und damit unwirksam sei. Zum Zeitpunkt der Eintragung des Gazi F. in den Auszug am 7. November 1975 habe sich sein Vater bereits im Libanon aufgehalten. Die Registrierung könne deshalb nur von einem Nichtberechtigten veranlasst worden sein. Ein solcher Mangel führe zur Unwirksamkeit. Außerdem sei die Eintragung unrichtig, soweit zum Familienstand angegeben werde, Gazi F. sei ledig. Am 7. November 1975 sei sein Vater bereits im Libanon verheiratet und Vater mehrerer Kinder gewesen. Damit vermag der Kläger nicht durchzudringen.
Die Eintragungen in das türkische Personenstandsregister haben den Charakter einer öffentlichen Urkunde. Sie und ihre Auszüge gehören nach türkischem Rechtsverständnis zu den Strengbeweismitteln in Bezug auf den dokumentierten Sachverhalt (Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Stand: Juli 2007, Stichwort Türkei, S. 47). Zwar sind die Registereintragungen dem Gegenbeweis zugänglich (Art. 13 tPStG). Hierzu reicht es jedoch nicht aus zu behaupten, der Vater des Klägers habe zum Zeitpunkt der Eintragung in das Familienregister bereits im Libanon gelebt. Der Aufenthalt im Libanon schließt die Eintragung von Angaben zum Personenstand im türkischen Personenstandsregister nicht aus. Da maßgeblich auf die Rechtslage während des Geltungsbereiches des Runderlasses des Nds. MI vom 18. Oktober 1990 abzustellen ist, ist ohne rechtliche Bedeutung, dass - wie bereits erwähnt - der Vater des Klägers am 7. Mai 2001 wegen Nichtableistung des Wehrdienstes aus der türkischen Staatsangehörigkeit entlassen wurde.
Wäre die Auffassung des Klägers zutreffend, das Familienregister der Familie von Hasan F. enthalte hinsichtlich der Eintragung seines Vaters unrichtige Angaben, hätte im Übrigen die Stellung eines Antrags auf Berichtigung des Registers nahe gelegen. Eine Änderung des Registers kann mit Hilfe eines Beschlusses der Zivilkammer am Wohnsitz des Betroffenen erlangt werden (Bergmann/Ferid/Henrich, a. a. O., S. 48). Davon ist bisher offenkundig kein Gebrauch gemacht worden.
Der Beweiswert einer Registrierung im Familienregister ergibt sich auch aus dem tStAG, nach dessen Art. 38 die Eintragung in das Personenstandsregister der Republik Türkei bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung begründet, der Betreffende sei türkischer Staatsangehöriger. Es ist deshalb auch unerheblich, dass der Beklagte nicht den Beweis führen kann, dass der Vater des Klägers die Eintragung in das Familienregister selbst beantragt hat. Im Übrigen lässt sich - jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitpunkt der Eintragung im Jahr 1975 - nach einer dem Beklagten erteilten Auskunft des Türkischen Generalkonsulats in Hannover nicht (mehr) feststellen, wer Veranlasser von Eintragungen in das Register war. Abgesehen davon ist es nicht auszuschließen, dass Register hinsichtlich einzelner Umstände (z. B. Geburts- oder Eintragungsdatum) Fehler enthalten können. Dies liegt in der Natur von Registern, für deren sachliche Richtigkeit es nie eine absolute Sicherheit geben kann. Die mangelnde Plausibilität einzelner Daten gibt keinen Anlass, die inhaltliche Richtigkeit des von dem Beklagten vorgelegten Registerauszugs insgesamt in Frage zu stellen (vgl. hierzu auch OVG NRW, Beschl. v. 29.3.2004 - 17 B 928/03 -, veröffentlicht in juris).
Ob der zum Zeitpunkt der Stellung des ersten Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis im Jahr 1990 minderjährige Kläger Kenntnis von seiner türkischen Staatsangehörigkeit hatte, ist nach den vorstehend behandelten Rechts- und Verwaltungsvorschriften nicht entscheidungserheblich. Der Beklagte stützt seine ablehnende Entscheidung auf Ziff. 2.1 2. Spiegelstrich des Runderlasses des Nds. MI vom 18. Oktober 1990. Danach ist maßgeblich, ob der Kläger zu dem dort genannten Personenkreis gehört. Das ist nach den vorstehenden Ausführungen zu verneinen. Die Frage nach der Zurechenbarkeit von Erklärungen, die die Eltern des Klägers seit ihrer Einreise gegenüber den Behörden im Bundesgebiet abgegeben haben, stellte sich nur bei einer Versagung der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis bzw. Aufenthaltserlaubnis nach Ziff. 2.2 i. V. m. Ziff. 2.1 1. Spiegelstrich des Runderlasses vom 18. Oktober 1990. Danach erhalten Flüchtlinge, die sich am 1. August 1990 legal in Niedersachsen aufgehalten haben, auf Antrag eine Aufenthaltserlaubnis, wenn sie sich mindestens seit dem 1. Januar 1986 ununterbrochen rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten haben (Nr. 2.1 1. Spiegelstrich). Als rechtmäßiger Aufenthalt sind alle Zeiten eines erlaubten oder geduldeten Aufenthalts sowie die Aufenthaltsdauer während eines Asylverfahrens anzusehen (Nr. 2.2 Satz 1). Aufenthaltszeiten, die sich durch bewusste Täuschung der Behörden ergeben haben (z. B. zweites Asylverfahren unter Alias-Namen), sind kein rechtmäßiger Aufenthalt (Nr. 2.2 Satz 3). Auf diese Vorschriften hat der Beklagte die Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nicht gestützt. Es kann deshalb offen bleiben, ob der Kläger auch insoweit einen Versagungstatbestand erfüllt hat.
Das als Hauptantrag verfolgte Begehren des Klägers festzustellen, dass die Nichtverlängerung der Aufenthaltserlaubnis (richtig wohl: Aufenthaltsbefugnis) über April 2001 hinaus rechtswidrig war, hat keinen Erfolg. Es kann auf sich beruhen, ob bei der gegebenen Fallkonstellation ein solches Begehren zulässig ist. Denn die Voraussetzungen eines Folgenbeseitigungsanspruches liegen nicht vor. Der genannte Anspruch richtet sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Wiederherstellung jenes rechtmäßigen Zustandes, der unverändert bestünde, wenn es zu dem rechtswidrigen Eingriff nicht gekommen wäre (Urt. v. 19.7.1984 - 3 C 81.82 -, BVerwGE 69, 366, 371; Beschl. v. 3.7.2007 - 9 B 9.07 u. a. -, veröff. in juris). Hier fehlt es bereits an einem rechtswidrigen Eingriff, der dem Beklagten zugerechnet werden könnte. Nach den vorstehenden Ausführungen könnte der Beklagte die Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis nicht allein darauf stützen, dass mit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes frühere Bleiberechtsregelungen nach Landesrecht nicht mehr anwendbar sind. Darauf kommt es letztlich aber nicht an, weil der Kläger bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Bleiberechtes nach den vorstehend behandelten Verwaltungsvorschriften des Landes Niedersachsen nicht erfüllt hat.
Die Hilfsanträge des Klägers sind zulässig. Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass die Anträge ohne Durchführung eines Verwaltungsverfahrens erst in der Berufungsverhandlung gestellt wurden. Nach den in den Haupt- und Hilfsanträgen zum Ausdruck gekommenen Anliegen beansprucht der Kläger eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Dieser Anspruch ist nach jeder in Betracht kommenden Vorschrift des Aufenthaltsgesetzes zu beurteilen (BVerwG, Urt. v. 27. 6. 2006 - 1 C 14.05 -, BVerwGE 126, 192 = NVwZ 2006, 1418).
Die Hilfsanträge sind unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 104 a Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG, nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit dem RdErl. d. Nds. MI vom 6. Dezember 2006 (- 45.11-12230/1-8 <§ 23>) und nach § 25 Abs. 5 AufenthG.
Der Kläger erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 104 a Abs. 1 AufenthG in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 19. August 2007 (BGBl. I S. 1970), das am 28. August 2007 in Kraft getreten ist. Nach dieser Vorschrift soll einem geduldeten Ausländer abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn er sich am 1. Juli 2007 seit mindestens 8 Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens 6 Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat und die in den Nrn. 1 bis 6 aufgeführten Anforderungen erfüllt. Der Kläger gehört zwar zu dem von dieser Vorschrift angesprochenen Personenkreis. Er hat sich als volljähriger Ausländer am 1. Juli 2007 wegen der ihm aus humanitären Gründen bis zum Jahr 2001 erteilten Aufenthaltsbefugnis und wegen der durch die Eilrechtsentscheidungen des Verwaltungsgerichts bewirkten Aussetzung der Vollziehung der Ausreisepflicht (Duldung) mindestens 8 Jahre im Bundesgebiet mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen bzw. geduldet aufgehalten. Unentschieden bleiben kann deshalb, ob nicht bereits eine Aufenthaltszeit von sechs Jahren ausreicht, weil der Kläger mit zwei minderjährigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt. Der Kläger ist aber nicht anspruchsberechtigt, weil er einen Versagungsgrund verwirklicht hat, der die Ablehnung des Antrages rechtfertigt.
Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis steht die Regelung in § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG entgegen. Danach ist Voraussetzung für das Bleiberecht, dass der Ausländer nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurde, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straftaten, die nach dem Aufenthaltsgesetz oder dem Asylverfahrensgesetz nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben. Der Kläger wurde mit dem rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Peine vom 4. Mai 2004 wegen einer vorsätzlichen Straftat zu 100 Tagessätzen in Höhe von je 20,-- Euro Geldstrafe verurteilt. Dem Kläger wurde zur Last gelegt, in der Zeit vom 30. Januar 2004 bis zum 1. Februar 2004 unter Verstoß gegen § 1 Abs. 1 des Fleischhygienegesetzes (FlHG) mit einem Mittäter mindestens 100 Schafe ohne vorherige Durchführung der vorgeschriebenen Schlachttieruntersuchung geschlachtet zu haben. Das Strafmaß von 100 Tagessätzen überschreitet die in § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG genannte Grenze von 50 Tagessätzen. Welche Gründe für das Strafmaß maßgeblich waren, ist nicht entscheidungserheblich. Die Ausländerbehörde ist an die Bemessung der Strafhöhe durch das Strafgericht gebunden. Der Kläger kann sich deshalb nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er härter als der Mittäter, den er als "Hauptverantwortlichen" bezeichnet, bestraft worden sei, der lediglich zu 70 Tagessätzen verurteilt worden sei. Ferner ist ohne Bedeutung, dass sich der Kläger nach seinen Angaben auf die Auskunft des Mittäters verlassen hat, das abgeurteilte Verhalten falle noch unter den Begriff der Hausschlachtung.
Die vorgenannte Verurteilung zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen kann auch nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben. Der Senat geht angesichts des Wortlauts der Regelung in § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG davon aus, dass die Ausländerbehörde bei einer Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mehr als 50 Tagessätzen keinen Ermessensspielraum für eine Entscheidung zugunsten des Ausländers hat. Dafür spricht, dass im begründeten Einzelfall selbst Geldstrafen, die die im Gesetz genannte Tagessatzschwelle nicht erreichen, als Versagungsgrund herangezogen werden können. Aber selbst bei einem Verständnis der Regelung, dass auch bei einer Bestrafung zu einer Geldstrafe, die die im Gesetz genannte Grenze überschreitet, im begründeten Einzelfall noch Raum für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung im Ermessenswege besteht, hat der Beklagte hier zu Recht eine ablehnende Entscheidung getroffen.
Die Regelung in § 104 a Abs. 1 AufenthG soll denjenigen Ausländer begünstigen, der faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert ist und sich rechtstreu verhalten hat (BT-Drs. 16/5065 S. 202). Der Kläger ist in erheblicher Weise straffällig geworden. Das Strafmaß seiner Verurteilung zu einer Geldstrafe wegen Verstoßes gegen das Fleischhygienegesetz übersteigt die in § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG genannte Grenze um das Doppelte. Dabei hat das Amtsgericht Peine nach den Ausführungen in dem Strafbefehl vom 4. Mai 2004 bereits zugunsten des Klägers angenommen, dass ihm die Pflicht zur Schlachttieruntersuchung nicht bekannt gewesen sei, er diesen Irrtum aber durch eine Nachfrage bei den Behörden oder bei einem Tierarzt hätte vermeiden können.
Der Kläger macht deshalb auch vergeblich geltend, er habe angenommen, bei der Schlachtung von 100 Tieren handele es sich noch um eine von der Schlachttieruntersuchung befreite Hausschlachtung im Sinne der fleischhygienerechtlichen Vorschriften.
Diese Annahme des Klägers ist in zweifacher Hinsicht unzutreffend. Nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Tathandlungen in der Zeit vom 30. Januar 2004 bis zum 1. Februar 2004 konnte die zuständige Behörde gemäß § 3 FlHG bei Schlachtungen außerhalb gewerblicher Schlachtstätten, wenn das Fleisch ausschließlich im eigenen Haushalt des Besitzers verwendet werden soll (Hausschlachtungen), im Einzelfall Befreiung von der Schlachttieruntersuchung erteilen. Nach dieser Bestimmung war die Hausschlachtung nicht allgemein von der Schlachttieruntersuchung befreit. Ferner war die Schlachtung von mindestens 100 Tieren nicht mehr als Hausschlachtung anzusehen. Nach der Aussage des Klägers vom 5. Februar 2004 gegenüber dem Veterinäramt des Beklagten wurden die Schlachttiere (nach Angaben des Klägers 105 Schafe) nicht im eigenen Haushalt verzehrt, sondern weit überwiegend an die 500 Personen umfassende Großfamilie des Klägers abgegeben. Wie bereits in der Begründung des Strafbefehls ausgeführt, hätte der Kläger seinen angeblichen Irrtum durch Nachfrage bei den zuständigen Behörden oder bei einem Tierarzt vermeiden können.
Zu Lasten des Klägers fällt weiter ins Gewicht, dass er nicht nur einmal, sondern mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Mit Urteil des Amtsgerichts Hildesheim vom 26. Februar 2004 wurde der Kläger u. a. wegen versuchter mittelbarer Falschbeurkundung zur Ableistung von 30 Stunden gemeinnütziger Arbeit verpflichtet. Dem Kläger wurde vorgeworfen, als Heranwachsender im Jahr 1998 eine Urkunde durch das Anbringen eines falschen Legitimationsvermerks der Deutschen Botschaft in Beirut verfälscht zu haben.
Ferner ist ergänzend zu berücksichtigen, dass der Kläger nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts in dem angegriffenen Urteil im Jahr 1998 eine weitere mittelbare Falschbeurkundung in Tateinheit mit einem Verstoß gegen § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG begangen hat.
Unabhängig von den vorgenannten strafrechtlichen Verfehlungen gehört der Kläger auch deshalb nicht zu dem von der Altfallregelung begünstigten Personenkreis, weil er seit Ergehen des Bescheides des Beklagten vom 8. Oktober 2001 wider besseren Wissens gegenüber der Ausländerbehörde daran festgehalten hat, er sei nicht türkischer Staatsangehöriger. Nach den vorstehenden Ausführungen hat der Beklagte eindeutige Hinweise dafür zusammengetragen, dass es sich bei dem Kläger um einen türkischen Staatsangehörigen handelt. Hervorzuheben ist noch einmal, dass auch dem Kläger spätestens im Jahr 2001 angesichts der in dem von ihm selbst verfassten anonymen Brief offenbarten Kenntnisse über die verwandtschaftlichen Beziehungen seiner Familie und deren Herkunft seine türkische Abstammung bewusst sein musste. Es ist bezeichnend, dass er beim Auffinden des Briefes durch Polizeibeamte versucht haben soll, ihn zu vernichten. Dass der Kläger gleichwohl bis heute auf seinem gegenteiligen Standpunkt beharrt, begründet ebenfalls durchgreifende Zweifel an seinem rechtstreuen Verhalten.
Da der Kläger bereits den Versagungstatbestand des § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG erfüllt, kann dahinstehen, ob - wovon der Beklagte ausgeht - auch der Versagungsgrund der Nr. 4 dieser Vorschrift vorliegt, weil der Kläger bisher seine Kinder nicht im Libanon habe nachregistrieren lassen.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Altfallregelung in § 104 a Abs. 2 AufenthG. Nach Satz 1 dieser Vorschrift kann dem geduldeten volljährigen ledigen Kind eines geduldeten Ausländers, der sich am 1. Juli 2007 seit mindestens 8 Jahren oder, falls er zusammen mit einem oder mehreren minderjährigen ledigen Kindern in häuslicher Gemeinschaft lebt, seit mindestens 6 Jahren ununterbrochen geduldet, gestattet oder mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen im Bundesgebiet aufgehalten hat, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 Satz 1 erteilt werden, wenn es bei der Einreise minderjährig war und gewährleistet erscheint, dass es sich aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann. Nach dieser Regelung kann erwachsenen Kindern von Ausländern im Sinne des § 104 a Abs. 1 AufenthG, die sich bereits als Minderjährige mit ihren Eltern langjährig im Bundesgebiet aufgehalten haben, nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Die erwachsenen Kinder müssen selbst die Vor-Aufenthaltszeiten nach Abs. 1 erfüllen. Darüber hinaus verlangt § 104 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG eine "positive Integrationsprognose" (BT-Drs. 16/5065 S. 202). Für die Frage, ob gewährleistet erscheint, dass sich der Ausländer in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland einfügen kann, ist neben dem Erfordernis einer ausreichenden Schul- bzw. Berufsausbildung sowie hinreichender Sprachkenntnisse von entscheidungserheblicher Bedeutung, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat. Ist er im Bundesgebiet zu einer Straftat verurteilt worden, darf diese bei der Zukunftsprognose berücksichtigt werden, auch wenn die in § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG genannte Tagessatzschwelle nicht erreicht wird (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 6.8.2007 - 1 B 315/07 -, veröff. in juris). Ist der Ausländer wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mehr als 50 Tagessätzen verurteilt worden (vgl. § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 1. Alt. AufenthG), hat diese Bestrafung erhebliches Gewicht und wird sich regelmäßig ungünstig auf die Erwartung auswirken, der Ausländer könne sich in die hiesigen Lebensverhältnisse einfügen. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 104 a Abs. 2 AufenthG in der Berufungsverhandlung ermessensfehlerfrei mit der Begründung abgelehnt, wegen des strafbaren Verhaltens des Klägers lägen die Voraussetzungen der Vorschrift nicht vor.
Offen bleiben kann, ob der Kläger als "lediges Kind" eines geduldeten Ausländers im Sinne des § 104 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG anzusehen ist. Nach deutschem Recht ist er zwar nicht verheiratet. Der Kläger ist aber nach islamischem Ritus die Ehe eingegangen. Sein Begehren auf Familienzusammenführung mit seiner Ehefrau und den beiden minderjährigen Kindern, die in der Türkei leben, begründet er insbesondere damit, dass Ehe und Familie nach Art. 6 GG und nach Art. 8 EMRK einem besonderen Schutz unterlägen.
Offen bleiben kann ferner, in welchem Verhältnis § 104 a Abs. 1 und Abs. 2 AufenthG zueinander stehen, insbesondere ob sich beide Regelungen gegenseitig ausschließen oder sie in einem abgestuften System nebeneinander stehen, in dem dem geduldeten volljährigen ledigen Ausländer nach Abs. 2 der Bestimmung lediglich eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann, während Anspruchsberechtigten nach Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden soll.
Denn selbst bei Annahme, der Kläger sei ein lediges Kind eines geduldeten Ausländers, das seinen Anspruch auf Teilhabe an der Altfallregelung zulässigerweise auch auf § 104 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG stützen kann, scheidet ein Anspruch nach der genannten Vorschrift aus. Wie bereits zu § 104 a Abs. 1 AufenthG ausgeführt, erfüllt der Kläger zwar die erforderlichen Vor-Aufenthaltszeiten. Ihm ist jedoch eine ungünstige Integrationsprognose zu stellen. Der Kläger beherrscht zwar nach dem Eindruck, den der Senat in der Berufungsverhandlung gewonnen hat, die deutsche Sprache fließend. Er bemüht sich inzwischen auch, den eigenen Lebensunterhalt und den seiner beiden minderjährigen Kinder, mit denen er im Bundesgebiet in einem gemeinsamen Haushalt lebt, ohne öffentliche Leistungen sicherzustellen. Nach den Bekundungen in der Berufungsverhandlung arbeitet der Kläger seit Oktober 2006 in einem Schlachtbetrieb als Geschäftsführer. Für diese Tätigkeit steht ihm ein Gehaltsanspruch in Höhe von 1.600,-- Euro brutto zu. Diese Integrationsleistungen reichen jedoch für eine positive Zukunftsprognose nicht aus. Ihr steht entgegen, dass der Kläger in erheblicher Weise straffällig geworden ist. Der Senat verweist hierzu auf seine Ausführungen zu § 104 a Abs. 1 AufenthG. Die Verurteilung mit Strafbefehl des Amtsgerichts Peine vom 4. Mai 2004 zu 100 Tagessätzen und auch die anderen strafrechtlichen Verfehlungen belegen, dass der Kläger das deutsche Rechtssystem nicht hinreichend anerkennt. Darüber hinaus ist dem Kläger anzulasten, dass er in Kenntnis der Ermittlungsergebnisse des Beklagten daran festgehalten hat, dass er nicht die türkische Staatsangehörigkeit besitze.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen nach § 23 Abs. 1 Satz 1 AufenthG in Verbindung mit der Bleiberechtsregelung des Nds MI vom 6. Dezember 2006. Diese Verwaltungsvorschrift dürfte neben der Regelung in § 104 a AufenthG weiterhin anwendbar sein, auch wenn sie in verschiedenen Punkten hinter der mit dem Änderungsgesetz vom 19. August 2007 eingefügten Altfallregelung zurückbleibt (vgl. hierzu die vom Beklagten vorgelegte Niederschrift über die Dienstbesprechung des Referats 42 des Nds MI mit den Ausländerbehörden zur Anwendung der gesetzlichen Altfallregelung am 11. 9. 2007, dort Nr. 1). Der Kläger gehört zwar zum begünstigten Personenkreis, weil er sich seit dem 17. November 2000 im Bundesgebiet aufhält und als Personensorgeberechtigter in Haushaltsgemeinschaft mit mindestens einem minderjährigen Kind lebt, das spätestens am 30. September 2007 das 3. Lebensjahr vollendet hat (vgl. Nr. 1.1.1 des RdErl. d. Nds. MI). Er hat jedoch wegen seiner Verurteilung vom 4. Mai 2004 zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen einen Versagungsgrund nach Nr. 5.1.2 in Verbindung mit Nr. 5.3 Satz 1 des Runderlasses, der im Wesentlichen der Regelung in § 104 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG entspricht, verwirklicht. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach Nr. 1.1.3 Halbsatz 1 des Runderlasses vom 6. Dezember 2006. Danach wird eine Aufenthaltserlaubnis dem Ausländer erteilt, der spätestens am 30. September 2007 volljährig wird und unverheiratet ist, bei seiner Einreise jedoch minderjährig war und 6 Jahre im Bundesgebiet eine Schule besucht hat, wenn es gewährleistet erscheint, dass er sich aufgrund seiner bisherigen Ausbildung und Lebensverhältnisse dauerhaft integrieren kann. Wie bereits zu § 104 a Abs. 2 AufenthG ausgeführt, kann dem Kläger nicht eine günstige Integrationsprognose gestellt werden.
Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Die Ausreise des Klägers ist weder aus tatsächlichen noch rechtlichen Gründen auf unabsehbare Zeit unmöglich. Gründe für ein tatsächliches Ausreisehindernis sind weder dargelegt noch ersichtlich.
Ein rechtliches Ausreisehindernis liegt ebenfalls nicht vor. Eine freiwillige Ausreise ist im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich, wenn ihr rechtliche Hindernisse entgegenstehen, welche die Ausreise ausschließen (wie etwa das Fehlen erforderlicher Einreisepapiere für den Herkunftsstaat) oder als unzumutbar erscheinen lassen. Derartige Hindernisse können sich insbesondere aus inlandsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, zu denen u. a. auch diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind. Bei Bestehen solcher Abschiebungsverbote hat nach dem Gesetzeskonzept die zwangsweise Rückführung des betroffenen Ausländers zu unterbleiben. Dann aber ist ihm in aller Regel auch eine freiwillige Rückkehr in sein Heimatland aus denselben rechtlichen Gründen nicht zuzumuten und damit unmöglich im Sinne des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG (BVerwG, Urt. v. 27.6.2006 - 1 C 14.05 -, a. a. O.).
Ein rechtliches Ausreisehindernis ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger gegenwärtig nicht über einen gültigen libanesischen Reisepass verfügt. Die Gültigkeit des Reisepasses lief am 30. Mai 2006 ab. Es ist auch fraglich, ob der Reisepass des Klägers verlängert werden kann. Nach der in dem Verwaltungsvorgang des Beklagten vermerkten Auskunft der Libanesischen Botschaft setzt die Verlängerung eines libanesischen Reisepasses die Bestätigung der Ausländerbehörde voraus, dass ein Aufenthaltstitel erteilt wird. Darauf kommt es aber nicht an. Denn nach den dem Beklagten vorliegenden Informationen, die er dem Kläger mit Schreiben vom 25. April 2006 mitgeteilt hat, stellt die Libanesische Botschaft zum Zwecke der Abschiebung ein sogenanntes Laissez-Passer aus. Dies deckt sich mit Erkenntnissen des Senats aus anderen ausländerrechtlichen Verfahren (vgl. Beschl. d. Sen. v. 25.4.2007 - 11 LA 14/07 -, V. n. b.). Danach besteht die Möglichkeit, dass die Botschaft des Libanons aufgrund von glaubhaften Angaben nach Überprüfung durch Behörden im Libanon Passersatzpapiere für eine Rückkehr in den Libanon ausstellt, sofern der Ausländer gegenüber der Botschaft ernsthaft seinen Willen bekundet, freiwillig an einer Rückkehr in den Libanon interessiert zu sein. Zwar hat der Kläger diese Praxis der libanesischen Botschaft bestritten, doch hat er dafür keine Erkenntnismittel benannt.
Abgesehen davon ist der Kläger türkischer Staatsangehöriger. Ihm ist es deshalb zuzumuten, Einreisepapiere für die Türkei zu beschaffen. Es ist nicht ersichtlich, dass dementsprechende Bemühungen in absehbarer Zeit nicht erfolgversprechend sind.
Eine Beendigung des Aufenthalts des Klägers ist nicht im Hinblick auf die völkervertragsrechtliche Bestimmung in Art. 8 EMRK rechtlich unmöglich. Wie bereits aus der rechtlichen Anknüpfung ersichtlich, wirkt Art. 8 EMRK - nicht anders als Art. 6 Abs. 1 GG - auf die Auslegung und Anwendung des Aufenthaltsrechts ein, ohne unmittelbar Ansprüche auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zu begründen (BVerwG, Urt. v. 4.6.1997 - 1 C 9.95 -, BVerwGE 105, 35). Das Aufenthaltsgesetz enthält ein differenziertes Regelungswerk, das grundsätzlich in ausreichender Weise den Vorgaben des Art. 8 EMRK entspricht, insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung trägt (BVerfG, Beschl. v. 10.8.2007 - 2 BvR 535/06 -, V. n. b., zu §§ 53 ff. AufenthG; BVerwG, Urt. v. 17.6.1998 - 12 C 27.96 -, BVerwGE 107, 58). Nach Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens. Ein Eingriff in das Familienleben des Klägers scheidet von vornherein aus. Der Kläger soll nicht von seiner Familie getrennt werden. Die beiden minderjährigen Kinder des Klägers, die mit ihm im Bundesgebiet zusammenleben, teilen das aufenthaltsrechtliche Schicksal ihres Vaters. Die Ehefrau des Klägers und die beiden weiteren minderjährigen Kinder leben in der Türkei. Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährt nicht das Recht, den Ort zu wählen, der nach Ansicht der Betroffenen am besten geeignet ist, ein Familienleben aufzubauen (EGMR, Entscheidung vom 7.10.2004 - 33743/03 -, NVwZ 2005, 1043, Rs. Dragan). Der Kläger ist deshalb darauf zu verweisen, die Familieneinheit im Herkunftsstaat, also entweder im Libanon oder in der Türkei, (wieder-) herzustellen.
Auf den Schutz des Familienlebens mit seinen Eltern beruft sich der Kläger nicht. Ungeachtet der Reichweite des Begriffs des Familienlebens wäre einer solchen Begründung entgegenzuhalten, dass auch die Eltern des Klägers keinen gesicherten Aufenthaltsstatus im Bundesgebiet haben, weil der Beklagte sie ausgewiesen und der Senat diese Entscheidung in den Urteilen vom heutigen Tag in den Verfahren des Vaters des Klägers - 11 LB 130/07 - und der Mutter des Klägers - 11 LB 131/07 - bestätigt hat.
Das Recht auf Achtung des Privatlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK begründet nicht ein rechtliches Abschiebungshindernis. Das genannte Recht umfasst die Summe der persönlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind und denen angesichts der zentralen Bedeutung dieser Bindungen für die Entfaltung der Persönlichkeit eines Menschen bei fortschreitender Dauer des Aufenthalts wachsende Bedeutung zukommt (BVerfG, Beschl. v. 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -, InfAuslR 2007, 275). Es ist fraglich, ob der Schutzbereich der Vorschrift eröffnet ist. Denn der Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK könnte möglicherweise voraussetzen, dass neben einer gewissen Dauer des Aufenthalts dieser durch ein entsprechendes Aufenthaltsrecht abgesichert ist (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.4.2007 - 11 S 409/06 -, InfAuslR 2007, 357; Hess. VGH, Beschl. v. 15.2.2006 - 7 TG 106/06 -, InfAuslR 2006, 217). Daran bestehen hier Zweifel.
Im vorliegenden Fall verfügte der Kläger zwar über einen längeren Zeitraum über eine Aufenthaltsbefugnis und damit über eine aufenthaltsrechtliche Verankerung im Bundesgebiet. Diesen Aufenthaltstitel hat der Kläger aber nur erhalten, weil seine Eltern im Jahr 1990 in dem Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und später in den Anträgen auf Verlängerung der Aufenthaltsbefugnis ihre wahre türkische Identität und Staatsangehörigkeit verschwiegen haben und der Kläger selbst als Erwachsener den bei der Ausländerbehörde entstandenen Irrtum aufrechterhalten hat. Es sprechen deshalb gute Gründe für die Erwägung, den Kläger den Ausländern gleichzustellen, die sich unerlaubt im Gaststaat aufhalten und wegen der damit verbundenen Unsicherheit ihres Aufenthaltsstatus nicht erwarten können, ihr Privatleben im Gaststaat fortsetzen zu können.
Die Rechtsprechung des EGMR stünde dieser rechtlichen Bewertung nicht entgegen. Der EGMR hat bisher nicht endgültig geklärt, ob ein rechtmäßiger Aufenthalt Voraussetzung für eine Verwurzelung im Gaststaat ist (Urt. v. 16.9.2004 - 11103/03 - NVwZ 2005, 1046, Rs. Ghiban). Die Entscheidung des EGMR vom 16. Juni 2005 (- 60654/00 -, InfAuslR 2005, 349, Rs. Sisojeva) betraf einen atypischen Sonderfall. Sie bietet keine Entscheidungshilfe für die maßgebliche Rechtsfrage (vgl. auch das Urteil der Großen Kammer in dieser Rechtssache vom 15.1.2007, InfAuslR 2007, 140).
Der Senat muss die vorstehend bezeichnete Rechtsfrage aber nicht abschließend entscheiden. Denn selbst bei Annahme, dass die sozialen Bindungen des Klägers wegen seines langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet und wegen der im Ansatz vorhandenen Integrationsleistungen nach Art. 8 Abs. 1 EMRK schutzfähig sind, ist der Eingriff nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt.
Die Beendigung des Aufenthalts des Klägers ist nicht unverhältnismäßig, unabhängig davon, ob sie neben Art. 8 Abs. 2 EMRK noch gesondert an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen ist (vgl. hierzu BVerfG, Beschl. v. 10.8.2007 - 2 BvR 535/06 -). Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung eines Rechts nach Absatz 1 nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Der Eingriff muss eine in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Maßnahme darstellen, die durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und mit Blick auf das verfolgte legitime Ziel auch im engeren Sinne verhältnismäßig ist (BVerfG, Beschl. v. 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 -, a. a. O.). Die in die Verhältnismäßigkeitsprüfung einzustellenden Belange sind zu ermitteln und zu gewichten. Die öffentlichen Belange, namentlich der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte Belang der "öffentlichen Ordnung", zu dem das Interesse an einer wirksamen Einwanderungskontrolle gehört (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 10.5.2006 - 11 S 2354/05 -, veröffentlicht in juris; OVG NRW, Beschl. v. 8.12.2006 - 18 A 2644/06 -, AuAS 2007, 8), sind im Rahmen der Abwägung in Bezug zu den privaten Interessen des Ausländers zu setzen. Dabei muss ein ausgewogenes Gleichgewicht der beiderseitigen Interessen gewahrt sein. Diese Abwägung fällt zu Lasten des Klägers aus.
Im Rahmen der Ermittlung der privaten Belange ist in Rechnung zu stellen, inwieweit der Ausländer unter Berücksichtigung seines Lebensalters in die hiesigen Lebensverhältnisse integriert ist. Als Gesichtspunkte für das Vorhandensein von anerkennenswerten Bindungen können von Bedeutung sein Integrationsleistungen in persönlicher, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht, der rechtliche Status, die Beachtung gesetzlicher Pflichten und Verbote, der Grund für die Dauer des Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland und Kenntnisse der deutschen Sprache. Diese Bindungen des Ausländers an die Bundesrepublik Deutschland sind in Beziehung zu setzen zu den (noch vorhandenen) Bindungen an seinen Heimatstaat. Hierzu gehört die Prüfung, inwieweit der Ausländer unter Berücksichtigung seines Lebensalters, seiner persönlichen Befähigung und seiner familiären Anbindung im Heimatland von dem Land seiner Staatsangehörigkeit bzw. Herkunft entwurzelt ist (OVG NRW, Beschl. v. 8.12.2006 - 18 A 2644/06 -, a. a. O.).
Der Kläger kann als privaten Belang ins Feld führen, dass er bereits seit 1985 im Bundesgebiet lebt. Dieser Tatsache kommt jedoch nur ein untergeordnetes Gewicht zu. Denn im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist nunmehr zu berücksichtigen, dass der Kläger den langjährigen Aufenthalt nur deshalb begründen konnte, weil seine Eltern bei der Einreise in das Bundesgebiet und auch später falsche Angaben zu ihrer Staatsangehörigkeit und der der Kinder gemacht haben. Dadurch haben die Eltern gegen deutsche Rechtsvorschriften verstoßen. Das hat der Senat im Einzelnen in seinen Urteilen vom heutigen Tag in den Berufungsverfahren der Eltern 11 LB 130/07 und 11 LB 131/07 ausgeführt. Dieses Verhalten seiner die elterliche Sorge im Sinne des § 1626 Abs. 1 BGB ausübenden und damit erziehungs- und aufenthaltsbestimmungsberechtigten Eltern muss sich der Kläger, der, als die Eltern die Angaben machten, noch minderjährig war, zurechnen lassen (st. Rspr. d. Sen., Urt. v. 20.5.2003 - 11 LB 35/03 -, a. a. O.; OVG NRW, Beschl. v. 8.12.2006 - 18 A 2644/06 -, a. a. O.). Darüber hinaus ist dem Kläger vorzuhalten, dass er selbst als Volljähriger an der Angabe, er sei nicht türkischer Staatsangehöriger, gegenüber der Ausländerbehörde des Beklagten wider besseren Wissens festgehalten hat. Dieses Verhalten spricht nicht für eine Integration des Klägers.
Dem Kläger ist ferner bisher die wirtschaftliche Integration in die Lebensverhältnisse der Bundesrepublik Deutschland nicht gelungen. Er hat über lange Zeiten seines Aufenthalts im Bundesgebiet öffentliche Sozialleistungen bezogen. Nach den Bekundungen in der Berufungsverhandlung ist er jetzt zwar bemüht, den Lebensunterhalt für sich und seine beiden minderjährigen Kinder mit Hilfe eines eigenen Verdienstes sicherzustellen. Der Kläger ist seit Oktober 2006 als Geschäftsführer bei einem Schlachtbetrieb beschäftigt. Es ist allerdings fraglich, ob das Bruttogehalt von 1.600,-- € den Bedarf der Haushaltsgemeinschaft vollständig abdeckt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger den Nachzug seiner weiteren Familienangehörigen, seiner Ehefrau und der beiden weiteren minderjährigen Kinder, die in der Türkei leben, betreibt. Für den Lebensunterhalt einer sechsköpfigen Familie reicht der Verdienst des Klägers nicht aus. Die vom Kläger in der Berufungsverhandlung geäußerte Aussicht auf eine zukünftige Gehaltserhöhung ist vage geblieben.
Bei dem Kläger fehlt es ferner an einer rechtlichen Integration. Er ist, wie bereits mehrfach ausgeführt, in erheblicher Weise straffällig geworden. Dabei ist zu seinen Lasten insbesondere zu berücksichtigen, dass er mit Strafbefehl des Amtsgerichts Peine vom 4. Mai 2005 zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen wegen eines Verstoßes gegen das Fleischhygienegesetz verurteilt worden ist. Zweifel an dem rechtstreuen Verhalten des Klägers begründet auch der Umstand, dass er gegenüber der Ausländerbehörde des Beklagten in Kenntnis des von dieser zusammengetragenen Beweismaterials hinsichtlich der türkischen Staatsangehörigkeit daran festgehalten hat, er sei nicht türkischer Staatsbürger.
Angesichts dieser mangelhaften Integrationsleistungen kommt der Tatsache, dass der Kläger die deutsche Sprache fließend beherrscht, kein entscheidungserhebliches Gewicht zu.
Da der Kläger nach den vorstehenden Ausführungen nur unzureichend in die deutsche Gesellschaft eingebunden ist, hat das Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen Einwanderungskontrolle ein überwiegendes Gewicht. Dass dem Kläger ein Leben im Staat seiner Staatsangehörigkeit nicht zugemutet werden könnte, ist nicht feststellbar. Der Kläger besitzt die libanesische Staatsangehörigkeit. Er kann deshalb in den Libanon zurückkehren. Der Kläger gehört zu einer Großfamilie, deren Mitglieder zwar überwiegend im Bundesgebiet leben, sich zum Teil aber auch noch im Libanon aufhalten. Er spricht arabisch. Wegen seines Alters und des in der Vergangenheit bereits bei dem Aufbau eines eigenen Gewerbes gezeigten Geschäftssinns wird es ihm möglich sein, seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie dort zu sichern. Der Kläger besitzt ferner die türkische Staatsangehörigkeit. Er hat deshalb die Möglichkeit, in das Heimatland seiner Familie auszureisen. Dort lebt bereits seine Ehefrau mit den beiden minderjährigen Kindern. Nach dem in das Verfahren eingeführten Bericht im Zeitmagazin Leben Nr. 38 vom 13. September 2007 mit dem Titel "Verstoßen aus Vaters Land" spricht die Ehefrau des Klägers inzwischen türkisch. Soweit der Kläger keine türkischen Sprachkenntnisse hat, wird es ihm deshalb auch möglich sein, Türkisch zu lernen. In der Übergangszeit kann er dabei auf die Sprachkenntnisse seiner Ehefrau zurückgreifen. Hinsichtlich der Sicherstellung des Lebensunterhalts gilt das zum Libanon Gesagte.
Ende der Entscheidung
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