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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 29.04.2008
Aktenzeichen: 12 LB 48/07
Rechtsgebiete: BauGB, NBauO, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 5
NBauO § 74
NBauO § 75
VwGO § 91
1. Privilegierung von Windenergieanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB schließt nicht aus, dass eine derartige Anlage als untergeordnete Anlage eines landwirtschaftlichen Betriebs nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert zulässig sein kann.

2. Auch einer Windkraftanlage mit einer Gesamthöhe von annähernd 100 m und einer Leistung von 600 kW kann im Einzelfall eine dienende Funktion im Verhältnis zu einem landwirtschaftlichen Betrieb zukommen, wenn der weit überwiegende Teil der erzeugten Energie zur Versorgung dieses Betriebs bestimmt ist und nur ein geringerer Teil in das öffentliche Netz eingespeist werden soll.


Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Erteilung eines Bauvorbescheides für eine Windkraftanlage.

Er ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetriebs mit dem Schwerpunkt Schweine- und Hähnchenmast am nördlichen Ortsrand von F.. Genehmigt ist die Haltung von 83.900 Masthähnchen in drei Ställen und 270 Mastschweinen. Die nördlich der Hofstelle gelegenen Hähnchenmastställe befinden sich noch innerhalb und am Rand des nach Osten ausgreifenden Landschaftsschutzgebietes "G.". Der Abstand zum Standort der geplanten Windenergieanlage beträgt von der nächstgelegenen Stallanlage etwa 170 m Richtung Osten.

Unter dem 7. Juni 2003 - bei der Beigeladenen am 10. Juni 2003 und dem Beklagten am 25. Juni 2003 eingegangen - beantragte der Kläger (zunächst), ihm die Baugenehmigung für die Errichtung einer Windkraftanlage des Typs H. mit einer Nabenhöhe von 77,70 m, einem Rotordurchmesser von 43,7 m und einer Nennleistung von 600 kW im Außenbereich der Gemeine I., Gemarkung J., Flur 50, Flurstück 37, zu erteilen. In ihrer Stellungnahme gemäß § 73 Abs. 1 NBauO wies die Beigeladene unter dem 17. Juni 2003 u. a. darauf hin, dass der Standort der Windenergieanlage im Randbereich des Überschwemmungsgebietes der Ems und innerhalb des im Flächennutzungsplan dargestellten Natur- und Landschaftsschutzgebietes sowie außerhalb der mit Wirksamwerden der 40. Änderung des Flächennutzungsplans im Jahre 1998 dargestellten Sonderbaufläche Windpark im Ortsteil K. liege. Das Einvernehmen werde nur unter der Voraussetzung erteilt, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine privilegierte Einzelanlage außerhalb der Sonderbaufläche vorlägen. Nachdem der Beklagte den Kläger auf die planungsrechtliche Situation hingewiesen hatte, machte dieser mit Schreiben vom 27. August 2003 geltend, die 40. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen leide an erheblichen Abwägungsmängeln und sei deshalb nicht geeignet, die Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeizuführen, denn in die gebotene Standortanalyse seien nicht sämtliche in Betracht kommenden Flächen eingestellt, sondern die Suchräume in nicht begründbarer Weise von vornherein fehlerhaft verengt worden.

Mit Bescheid vom 1. Oktober 2003 lehnte der Beklagte den Bauantrag des Klägers ab, weil der vorgesehene Standort außerhalb der in der 40. Änderung des Flächennutzungsplans dargestellten Sonderbaufläche für Windenergienutzung liege und besondere Umstände, die eine Ausnahme von der regelmäßigen Ausschlusswirkung geböten, nicht gegeben seien. Im Übrigen liege der Standort innerhalb des Tieffluggebietes der militärischen Streitkräfte und in der Einflugschneise des militärischen Flugplatzes Nordhorn-Range. Im Luftkorridor des Luft-Boden-Schießplatzes Nordhorn-Range bestehe wegen des erheblichen Risikos für die Flugsicherheit ein Bauverbot für Windkraftanlagen. Somit stünden auch öffentliche Belange der Landesverteidigung dem geplanten Bauvorhaben entgegen.

Dagegen legte der Kläger am 9. Oktober 2003 Widerspruch ein und wiederholte sein bisheriges Vorbringen. Während des Widerspruchsverfahrens teilte die Wehrbereichsverwaltung Nord mit Schreiben vom 10. Februar 2004 der Bezirksregierung Weser-Ems unter Bezugnahme auf eine gleichlautende Stellungnahme an den Rechtsbeistand des Klägers mit, der Standort der geplanten Windenergieanlage befinde sich innerhalb des Sektors "F" eines Flugbeschränkungsgebietes für den Luft-Boden-Schießplatz Nordhorn-Range. Zur Einhaltung der Flugsicherheit sei eine Bauhöhenbeschränkung auf 120 m über Grund einzuhalten. Darüber hinaus sei die Windkraftanlage mit einer Tages- und Nachtkennzeichnung zu versehen.

Die Bezirksregierung Weser-Ems wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2004 zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Mit der 40. Flächennutzungsplanänderung habe die Beigeladene eine Sonderbaufläche für die Windenergienutzung im Ortsteil K. in der Größe von 35 ha abwägungsfehlerfrei ausgewiesen. Ein atypischer Fall, der es rechtfertigen würde, das geplante Vorhaben ausnahmsweise an dem vorgesehenen Standort zuzulassen, liege nicht vor. Die Wehrbereichsverwaltung habe zwar gegen die Errichtung einer Einzelanlage des Klägers an dem geplanten Standort bis zu einer maximalen Höhe von 120 m über Grund keine Bedenken; trotzdem habe sie darauf hingewiesen, dass die jetzige und künftige Nutzung des Luft- und Bodenschießplatzes Nordhorn-Range weiterhin Einschränkungen bei der Errichtung von Luftfahrthindernissen erfordere. Ein gewisses Gefahrenpotential bleibe bestehen. Da die Voraussetzungen für eine privilegierte Einzelanlage nicht vorlägen, gelte das Einvernehmen der Gemeinde entsprechend der von ihr abgegebenen Erklärung als nicht erteilt.

Am 29. Januar 2004 hatte der Kläger bereits Untätigkeitsklage erhoben.

Zur Begründung seiner Klage hat er sein Widerspruchsvorbringen wiederholt und im Übrigen darauf hingewiesen, dass nach der Stellungnahme der Wehrbereichsverwaltung Nord Belange der Landesverteidigung dem Vorhaben nicht entgegenstünden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat er ferner erklärt, er beabsichtige, 60 bis 65 % der durch die Windenergieanlage geschaffenen Energie im eigenen Betrieb zu verbrauchen, und nur den Rest in ein öffentliches Netz einzuspeisen; sein Betrieb habe auch die Größe, dass die genannte Menge tatsächlich darin verwertbar sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 1. Oktober 2003 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 10. November 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm die beantragte Baugenehmigung zur Errichtung einer Windenergieanlage auf dem Flurstück 37, Flur 50, Gemarkung J. zu erteilen,

hilfsweise die genannten Bescheide aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über die beantragte Baugenehmigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat seine Auffassung bekräftigt, dass die 40. Änderung des Flächennutzungsplans ein in sich schlüssiges Planungskonzept darstelle und wirksam sei mit der Folge, dass das beantragte Vorhaben an dem vorgesehenen Standort bauplanungsrechtlich unzulässig sei.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Mit Urteil vom 8. Juli 2005 hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung bzw. auf erneute Bescheidung seines Bauantrags, weil sein Bauvorhaben planungsrechtlich unzulässig sei und deshalb dem öffentlichen Baurecht widerspreche. Die beabsichtigte Errichtung einer Windenergieanlage sei nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert, weil es sich insoweit - unabhängig davon, welcher Prozentsatz der damit zu gewinnenden Energie innerhalb des landwirtschaftlichen Betriebes des Klägers tatsächlich verbraucht werden solle - lediglich um die Angliederung eines an sich landwirtschaftsfremden Betriebsteils an den bestehenden Betrieb handele, die keinen erkennbaren Bezug zur Erzeugung und zum Absatz landwirtschaftlicher Güter aufweise, sondern letztlich aus kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Gründen erfolgen solle. Eine derartige Nutzung aber werde von der Privilegierung des landwirtschaftlichen Betriebes als solcher nicht "mitgezogen". Im Übrigen handele es sich zwar um ein nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB im Außenbereich privilegiertes Vorhaben, dem jedoch öffentliche Belange entgegenstünden, weil für ein derartiges Vorhaben durch entsprechende Darstellungen in der 40. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt sei. Diese Planung leide (wie näher begründet wird) nicht an durchgreifenden Abwägungsmängeln und begründe deshalb eine entsprechende Ausschlusswirkung hinsichtlich der Errichtung von Windenergieanlagen in anderen Teilen des Gemeindegebiets. Der Kläger habe auch keinen Anspruch darauf, dass die von ihm geplante Windenergieanlage im Rahmen einer Ausnahme genehmigt werde. Für die Annahme eines atypischen Sachverhalts reiche insbesondere die in der mündlichen Verhandlung bekundete Absicht, ca. 60 bis 65 % der durch Windkraft gewonnenen Energie im Rahmen seines landwirtschaftlichen Betriebes verbrauchen zu wollen, noch nicht aus. Zum einen handele es sich bei der geplanten Windenergieanlage um einen "gängigen" Anlagetyp, der dem entspreche, was heutzutage in der Außenbereichslandschaft häufig vorzufinden sei. Gerade insoweit aber habe die Beigeladene die weitere bauliche Entwicklung im Außenbereich durch die streitige Änderung des Flächennutzungsplanes planerisch steuern wollen. Zum anderen stelle auch die vom Kläger beabsichtigte Verwendung der Energie jedenfalls in einem flächenmäßig sehr ausgedehnten und in weiten Teilen durch intensive landwirtschaftliche Nutzung geprägten Landkreis wie dem Beklagten keine "Besonderheit" dar. Wollte man es insoweit bereits ausreichen lassen, dass eine außerhalb einer ausgewiesenen Sonderbaufläche geplante Windenergieanlage einem vorhandenen landwirtschaftlichen Betrieb "in irgendeiner Weise diene" bzw. eine Verwendung der gewonnenen Energie im Rahmen eines solchen Betriebes "betriebswirtschaftlich sinnvoll" sei, würde dies zu einer negativen Vorbildwirkung für Dritte führen und damit die Gefahr begründen, dass auch andere Bauwillige in mehr oder weniger großer Anzahl vergleichbare Bauwünsche äußerten, denen sich der Beklagte dann etwa unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nur schwer entziehen könnte. Damit aber würde die in § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB vorgesehene "Ausnahme" letztlich (wenn auch vielleicht nicht zur "Regel", aber zumindest) zum "Normalfall" und die von der Beigeladenen mit ihrem Flächennutzungsplan bezweckte planerische Steuerung der Errichtung von Windenergieanlagen im Außenbereich im Ergebnis konterkariert. Sei das Vorhaben des Klägers mithin schon aus den vorgenannten Gründen nicht genehmigungsfähig, so könne im Ergebnis offenbleiben, ob ihm darüber hinaus auch Belange der Landesverteidigung entgegenstehen würden.

Auf den fristgerecht gestellten Antrag des Klägers hat der vormals zuständige 1. Senat des erkennenden Gerichts mit Beschluss vom 24. Mai 2006 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts wegen ernstlicher Zweifel an dessen Richtigkeit und mit Blick auf das Vorbringen des Klägers, die geplante Windkraftanlage solle seinem privilegierten landwirtschaftlichen Betrieb zu 60 bis 65 % dienen, zugelassen.

Zur Begründung seiner nunmehr auf die Erteilung eines Bauvorbescheids zielenden Berufung macht der Kläger geltend: Für seinen landwirtschaftlichen Betrieb (Ackerbaufläche 85 ha, davon 52 ha in seinem Eigentum), der Schweine- und Hähnchenmast in erheblichem Umfang umfasse (83.900 Hähnchenmastplätze in drei Ställen und 270 Schweinemastplätze sowie 18 Pensionspferde), benötige er große Energiemengen. Der Energieverbrauch belaufe sich derzeit umgerechnet auf insgesamt rd. 858.000 kWh pro Jahr und verteile sich auf Heizenergie in Form von Propangas, Erdgas und Heizöl sowie auf elektrische Energie. Derzeit werde der Großteil der verbrauchten Energie als Heizenergie in Form von Erdgas bezogen. Angesichts der gestiegenen Erdgaspreise beabsichtige er im Falle der Genehmigung der Windenergieanlage, kurzfristig die Energieversorgung umzustellen und mit dem erzeugten Strom dann auch zu heizen. Das sei wirtschaftlich höchst sinnvoll, weil die Bezugsstrompreise, die er an die RWE AG zu zahlen habe, sich auf mittlerweile mehr als 13 Cent pro kWh beliefen, während die Erlöse aus dem Verkauf des mit der Windenergieanlage erzeugten Stroms zur Zeit nur ca. 8,3 Cent je kWh betrügen. Durch die Umstellung werde sichergestellt, dass rechnerisch etwa 2/3 des gewonnenen Stroms seinem landwirtschaftlichen Betrieb zugute kämen und nur ca. 1/3 in das öffentliche Netz einzuspeisen wäre. Die in unmittelbarer Nähe seines Hofes geplante Windenergieanlage stehe im räumlichfunktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle und diene unmittelbar dem landwirtschaftlichen Betrieb; sie sei daher bereits gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB an dem gewählten Standort privilegiert zulässig. Einem solchen Vorhaben könnten Darstellungen im Flächennutzungsplan nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB nicht entgegen gehalten werden. Zwar befinde sich der vorgesehene Standort der Windenergieanlage - wie auch die großen Stallanlagen - am äußersten westlichen Rand des Landschaftsschutzgebietes "G.", welches eine Gesamtgröße von rund 270 km² aufweise, die Schutzziele der Landschaftsschutzgebietsverordnung würden durch die Errichtung der Windenergieanlage in unmittelbarer Hofnähe und in der Randlage des Landschaftsschutzgebietes aber nicht gefährdet. Darüber hinaus unterlägen nach der Landschaftsschutzgebietsverordnung Bauvorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB keinen Beschränkungen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Bescheid des Beklagten vom 1. Oktober 2003 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 10. November 2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm einen planungsrechtlichen Bauvorbescheid zur Errichtung einer Windenergieanlage gemäß dem Bauantrag vom 7. Juni 2003 auf dem Flurstück 37 der Flur 50 der Gemarkung J. zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert: Das Vorhaben des Klägers sei nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zulässig. Eine derartige ca. 100 m hohe landwirtschaftsfremde bauliche Anlage habe nicht an der Privilegierung des landwirtschaftlichen Betriebes teil. Es handele sich angesichts dieser Gesamthöhe nicht um eine untergeordnete Nebenanlage. Mit der Schaffung des Privilegierungstatbestandes in § 35 Abs. 1 Nr. 7 (jetzt 5) BauGB habe der Gesetzgeber die Absicht verbunden, einer ungeordneten baulichen Entwicklung von Windenergieanlagen im Außenbereich durch einen Planvorbehalt Einhalt zu gebieten. Wenn allein wirtschaftliche Gründe eines Einzelnen oder einer Personengruppe wie Inhabern von landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieben dafür ausschlaggebend sein sollten, die Genehmigungsfähigkeit im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu bejahen, dann widerspreche dies dem Rechtsgrundsatz der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass der Kläger in seinem Betrieb mehr als die Hälfte der erzeugten Windenergie würde verbrauchen können.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie der die 40. Änderung des Flächennutzungsplans betreffenden Planunterlagen der Beigeladenen, die in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach Zulassung durch den vormals zuständigen 1. Senat des erkennenden Gerichts statthafte Berufung ist mit dem auf die Erteilung eines Bauvorbescheides statt der zunächst beantragten Baugenehmigung gerichteten Antrag zulässig und begründet.

I. Beim Übergang von der Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung auf eine Klage auf Erteilung eines Bauvorbescheides handelt es sich nicht um eine teilweise Klagerücknahme, sondern um eine Klageänderung (vgl. dazu überzeugend OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 15.1.1992 - 7 A 81/89 -, NVwZ 1993, 493; ebenso Kuntze, in: Bader, VwGO, 4. Aufl., § 91 RdNr. 13). Die Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält (§ 91 Abs. 1 VwGO). Die Einwilligung des Beklagten ist hier bereits gemäß § 91 Abs. 2 VwGO anzunehmen, weil er sich, ohne zu widersprechen, in einem Schriftsatz auf die geänderte Klage eingelassen hat. Zunächst geäußerte Bedenken betrafen nicht die Umstellung des Antrags auf die Erteilung eines Vorbescheids, sondern nur die Frage, ob im vorliegenden Verfahren noch ein Bauvorbescheid erlassen werden kann oder nunmehr allein die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides in Betracht kommt. Im Übrigen haben sich der Beklagte und die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen. Davon abgesehen ist die Klageänderung auch sachdienlich, weil sie zu einer Klärung der allein streitigen Frage der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens führen kann, die auch schon bisher Gegenstand des Streits über die Erteilung einer Baugenehmigung gewesen ist.

Der Klageänderung steht auch nicht entgegen, dass ein eigenständiges (erneutes) Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren mit dem nunmehr verfolgten Begehren, einen Bauvorbescheid zu erlassen, nicht durchgeführt worden ist. Ein solches Verfahren ist hier entbehrlich, denn der Beklagte hat den ursprünglich gestellten Bauantrag aus planungsrechtlichen Gründen abgelehnt und damit, wie auch die Widerspruchsbehörde, die maßgeblichen Rechtsfragen, wie sie sich auch im Bauvorbescheidsverfahren stellen, bereits behandelt. Unter diesen Umständen käme einem erneuten Vorverfahren wegen des geänderten Begehrens lediglich formale Bedeutung zu, ohne dass der Zweck des Vorverfahrens eine Wiederholung erforderte.

Das Begehren des Klägers ist nicht auf ein rechtlich unmögliches Ziel gerichtet. Zwar unterfallen seit dem 1. Juli 2005 alle Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV -) in Verbindung mit Nr. 1.6 des Anhangs zu dieser Verordnung (i.d.F. der Verordnung vom 20.6.2005, BGBl. S. 1687) der Genehmigungspflicht nach § 4 BImSchG. Im Hinblick darauf hat der Gesetzgeber die Übergangsregelung des § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG (eingeführt durch das Änderungsgesetz v. 25.6.2005, BGBl. I S. 1865) geschaffen. Danach werden Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung für Windkraftanlagen, die - wie hier - vor dem 1. Juli 2005 rechtshängig geworden sind, nach den Vorschriften der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen in der bisherigen Fassung abgeschlossen. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6 des Anhangs zu dieser Verordnung in der Fassung durch Art. 4 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juni 2001 (BGBl. I S. 1950) war für Anträge auf Genehmigung von ein oder zwei Windkraftanlagen ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen. Diese Überleitungsvorschrift erfasst entsprechend ihrem Sinn und Zweck nicht nur Klageverfahren, die auf Erteilung einer Baugenehmigung, sondern auch solche, die auf den Erhalt eines baurechtlichen Vorbescheides gerichtet sind (vgl. Senat, Urt. v. 11.7.2007 - 12 LC 18/07 -, DWW 2007, 381 m.w.N.; bestätigt durch BVerwG, Beschluss vom 14.4.2008 - 4 B 1.08 -; Feldhaus/Czajka, Bundesimmissionsschutzrecht, Bd. 1 Teil II, § 67 RdNr. 81 a). Davon ist unberührt, dass der Gesetzgeber nach § 67 Abs. 9 Satz 4 BImSchG ein Wahlrecht eingeräumt hat und auch die Fortführung des Verfahrens nach neuem Verfahrensrecht möglich wäre.

II. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheides über die planungsrechtliche Zulässigkeit der streitigen Windkraftanlage (§ 74 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 1 NBauO).

1. Das Vorhaben ist nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zu beurteilen. Der Umstand, dass der Gesetzgeber in § 35 Abs. 1 (jetzt) Nr. 5 BauGB Windenergieanlagen eine selbstständige Privilegierung gewährt hat, schließt nicht aus, dass derartige Anlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB als untergeordnete Anlagen eines landwirtschaftlichen Betriebes privilegiert zulässig sein können. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB stellt keine abschließende Regelung für die nach § 35 Abs. 1 BauGB zu beurteilenden Windenergieanlagen dar. Weder der Wortlaut noch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bietet für die gegenteilige Annahme einen hinreichenden Anhalt. Auch angesichts der besonderen Steuerungsmöglichkeit der Gemeinde und der Träger der Raumordnungsplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB für Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB ist davon auszugehen, dass § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB eine anderweitige Privilegierung, insbesondere als Nebenanlage eines landwirtschaftlichen Betriebs, nicht ausschließen soll (vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 35 RdNr. 58; Schmaltz, in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl., § 35 RdNr. 45; Niedersberg, AgrarR 1997, 417; in diesem Sinne auch die "Grundsätze für Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen" - WKA-Erl. -, Gem. RdErl. nordrhein-westfälischer Ministerien v. 21.10.2005, MBl. NRW, S. 1288, Nr. 5.2.1.1).

2. Die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB liegen vor. Danach ist ein Vorhaben im Außenbereich zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt.

a) Eine im Sinne dieser Vorschrift dienende Funktion hat eine Nebenanlage nur dann, wenn sie dem Betrieb unmittelbar zu- und untergeordnet ist und durch diese Zu- und Unterordnung äußerlich erkennbar geprägt wird. Dabei reicht es einerseits für die Privilegierung nicht aus, dass das Vorhaben für die Bodenbewirtschaftung und Bodennutzung des konkreten Betriebes bloß förderlich ist; andererseits kann nicht verlangt werden, dass das Vorhaben für den landwirtschaftlichen Betrieb zwingend notwendig oder unentbehrlich ist. Entscheidend ist vielmehr, ob ein vernünftiger Landwirt - auch und gerade unter Berücksichtigung des Gebotes größtmöglicher Schonung des Außenbereichs - das Bauvorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde und das Vorhaben durch seine Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 3.11.1972 - IV C 9.70 -, BVerwGE 41, 138, 141; Urt. v. 16.6.1994 - 4 C 20.93 -, BVerwGE 96, 95, 96).

Das Bestehen dieses Zusammenhangs lässt sich mit dem Verwaltungsgericht nicht deshalb verneinen, weil die Errichtung der Windenergieanlage lediglich die Angliederung eines an sich landwirtschaftsfremden Betriebsteils an den bestehenden Betrieb darstelle, die keinen erkennbaren Bezug zur Erzeugung und zum Absatz landwirtschaftlicher Güter aufweise, sondern letztlich aus kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Gründen erfolge. Vielmehr weist die geplante Anlage einen unmittelbaren Bezug zum landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers insoweit auf, als sie dafür dienstbar gemacht werden soll, das Wohngebäude und die Stallanlagen mit Strom (und Wärme) zu versorgen. Allerdings würde es an der dienenden Funktion fehlen, wenn das Vorhaben nach seiner Zweckbestimmung nicht überwiegend im Rahmen der landwirtschaftlichen Betriebsführung genutzt werden sollte. Dies wäre der Fall, wenn gemessen an der Gesamtkapazität der Windenergieanlage der betriebsbezogene Anteil der Energieerzeugung nicht erheblich ins Gewicht fiele und der überwiegende Teil von vornherein zur Einspeisung in das öffentliche Netz bestimmt wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.6.1994, a.a.O.). So liegt es hier nach den überzeugenden Darlegungen des Klägers nicht.

Der Kläger hat eine Aufstellung seines Gesamtenergieverbrauchs für sein Wohnhaus und den landwirtschaftlichen Betrieb vorgelegt, wonach sich der Energieverbrauch derzeit insgesamt auf etwa 858.000 kWh pro Jahr verteilt auf unterschiedliche Energieträger beläuft, deshalb die durch die Windkraftanlage zu gewinnende Energie bei entsprechenden Veränderungen an den Heizungsanlagen rechnerisch (mindestens) zu etwa zwei Dritteln seinem landwirtschaftlichen Betrieb zugute kommen und allenfalls ca. ein Drittel des Stromes in das öffentliche Netz eingespeist würde. Ob mit diesem Verhältnis die zu erwartenden Anteile exakt angegeben sind, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist hinreichend nachvollziehbar dargetan, dass der (weit) überwiegende Anteil der erzeugten Energie dem landwirtschaftlichen Betrieb zugeführt werden kann.

Was die Zusammenstellung des Gesamtenergieverbrauchs im Betrieb des Klägers angeht, haben sich durchgreifende Zweifel an der Richtigkeit der Aufstellung nicht ergeben; auch der Beklagte hat solche nicht geltend gemacht. Dabei fällt nicht entscheidend ins Gewicht, dass der Angabe des Energieverbrauchs für die Schweinestallheizung ein Bestand von 280 Schweinemastplätzen zugrunde gelegt worden ist, während tatsächlich die Haltung von (nur) 270 Mastschweinen genehmigt worden ist. Ebenso wenig ist von wesentlicher Bedeutung, dass die Angabe des Gasverbrauchs auf einem Bestand von ca. 95.000 Hähnchen mit einem Schlachtgewicht von 1,9 bis 2,0 kg beruht. Insoweit wird in der ergänzten Berechnung des Energieverbrauchs darauf hingewiesen, dass der Heizbedarf bezogen auf den genehmigten Bestand von 83.900 Masthähnchen mit einem Gewicht bis 2,4 kg, die allerdings nur bis zu einem Gesamtgewicht von 2,0 kg gemästet würden, noch höher läge. Das muss hier nicht vertieft werden. Jedenfalls kann bei einer Anlage der hier geplanten Größe keinesfalls mit einem Energieertrag gerechnet werden, der auch nur annähernd das Doppelte des angegebenen Energieverbrauchs erreichen würde.

Der Kläger hat die Größenordnung der beim Betrieb der geplanten Anlage zu erwartenden Energieerträge durch die Vorlage von Ertragsberichten gleichartiger Anlagen belegt. Danach beläuft sich der Ertrag einer Windkraftanlage des Typs E-40/6.44 (Turmhöhe 76 m, Nabenhöhe 77,70 m) im Emsland im Mittel bei ca. 1 Mio. kWh/a. Der Senat hat keinen Anlass an der Richtigkeit und Aussagekraft dieser Angaben auch für den vorliegenden Fall zu zweifeln. Vielmehr bestätigen die Betriebsergebnisse anderer Anlagen - wie sie etwa in der vom Bundesverband Windenergie herausgegebenen Broschüre "Windenergie 2003" für das Jahr 2002 und unterschiedliche Standorte wiedergegeben worden sind (a.a.O., S. 250) - die Plausibilität der vermerkten Erträge. Im Übrigen wird in der genannten Broschüre der Referenzertrag für eine Anlage dieser Größe mit (lediglich) 1.410.957 kWh pro Jahr angegeben. Wenn der Beklagte demgegenüber die Auffassung vertritt, eine Windenergieanlage mit einer Nennleistung von 600 kW produziere bei einer angenommenen Windhöffigkeit von 37 % eines Jahres (Wert des in ca. 7 km entfernt liegenden Windparks Twist) 1.944.720 kWh pro Jahr (37 % x 8.760 Stunden x 600 kW), so überzeugt diese Rechnung - wie auch deren Erörterung in der mündlichen Verhandlung ergeben hat - nicht. Derartige Ergebnisse wären nur erreichbar, wenn die Nennleistung der Anlage in diesem Umfang auch tatsächlich ausgeschöpft werden könnte. Das ist indes ganz unrealistisch, weil das Erreichen dieser Nennleistung wesentlich höhere Windgeschwindigkeiten erfordert, als sie unter realen Betriebsbedingungen und an dem vorgesehenen Standort im Mittel mit 5 - 6 m/s erwartet werden können. Demgegenüber wird die Nennwindgeschwindigkeit für die hier geplante Anlage in der bereits erwähnten Broschüre "Windenergie 2003" mit 12,0 m/s angegeben (S. 80).

Aus den vorgenannten Gründen ist somit hinreichend nachvollziehbar dargelegt, dass der durch die geplante Windkraftanlage erzeugte Strom (ganz) überwiegend unmittelbar dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers zugute kommen kann und soll und nur im Übrigen zu einem weitaus geringeren Teil in das öffentliche Netz eingespeist werden soll. Gleichwohl mag nicht gänzlich ausgeschlossen werden können, dass in einem eng begrenzten Rahmen zu bestimmten Zeiten und unter bestimmten Umständen ein höherer Anteil dem öffentlichen Netz zugeführt werden muss, ohne dass deshalb die Feststellung einer deutlich überwiegenden Eigennutzung in Zweifel gezogen wäre. Dabei kann es sich um Zeiten eines sehr hohen Energieertrags bei gleichzeitig geringem Eigenbedarf handeln. Eine solche Konstellation ist indes zum einen schon aus meteorologischen Gründen eher unwahrscheinlich. Vielmehr entsprechen die Zeiten, während derer hohe Erträge aus der Windkraftnutzung erwartet werden können, typischerweise den Jahreszeiten, in denen ein hoher Energiebedarf auftritt. Zum anderen spricht wenig dafür, dass der Kläger ein Interesse daran haben könnte, die Menge der in das öffentliche Netz einzuspeisenden Energie gewissermaßen künstlich zu erhöhen. Ein finanzieller Anreiz dürfte dafür auch angesichts steigender Erdgaspreise kaum bestehen, zumal der Kläger unbestritten darauf hingewiesen hat, dass die Erlöse aus der Einspeisung in das öffentliche Netz geringer ausfallen als die Kosten, die er aufwenden muss, um seinen Strombedarf zu decken. Im Übrigen hat es der Beklagte in der Hand, durch geeignete Nebenbestimmungen zur Genehmigung sicherzustellen, dass die Windkraftanlage unter Einhaltung ihrer Zweckbestimmung und damit der planungsrechtlichen Voraussetzungen betrieben wird.

Das streitige Vorhaben des Klägers lässt auch nicht die gebotene Zu- und Unterordnung im Verhältnis zu seinem landwirtschaftlichen Betrieb vermissen. In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist allerdings bei einem räumlichen Abstand der Windenergieanlage von dem zu versorgenden Betrieb in einer Größe von ca. 300 bis 400 m eine äußerlich erkennbare Zuordnung verneint worden (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 26.5.1994 - 1 A 11669/93 -; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 7.3.1995 - 1 L 191/94 -, jeweils juris). Demgegenüber ist bei dem hier gegebenen Abstand von rd. 170 m zwischen dem Standort der Windkraftanlage und der nächstgelegenen Stallanlage noch eine auch äußerlich erkennbare Zuordnung zu dem landwirtschaftlichen Betrieb gegeben, denn die Windkraftanlage ist auf diese Weise ihrem äußeren Erscheinungsbild nach noch als Teil des Betriebs des Klägers und der landwirtschaftlichen Nutzung des Außenbereichs erkennbar. Im Hinblick auf die Nähe der Anlage zu dem Wohnhaus des Klägers und zu der Ortslage insgesamt lässt sich auch nicht sagen, dass ein vernünftiger Landwirt im Interesse der Schonung des Außenbereichs die Windkraftanlage näher an die Hofstelle heranrücken würde. Vielmehr befindet sich der Standort aufgrund der hier vorhandenen örtlichen Gegebenheiten noch in angemessener räumlicher Nähe zu dem mit Energie zu versorgenden Betrieb.

Der Senat vermag auch nicht die Ansicht des Beklagten zu teilen, dass die Größe der streitigen Windkraftanlage schlechterdings die Annahme einer dienenden Funktion ausschließe. Es trifft allerdings zu, dass die veröffentlichten höchstrichterlichen und obergerichtlichen Entscheidungen zur Privilegierung von Windkraftanlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB kleinere als die hier in Rede stehende Anlage betrafen (BVerwG, Urteil vom 16.6.1994 - 4 C 20.93 -, BVerwGE 96, 95: Leistung 280 kW; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26.5.1994 - 1 A 11669/93 -, juris: Gesamthöhe 36,75 m; OVG Schleswig, Urteil vom 7.3.1995 - 1 L 191/94 -, juris: Leistung 250 kW, Gesamthöhe 41 m). Seither ist jedoch die Entwicklung im Bereich der Windkraftnutzung weit fortgeschritten. Eine Anlage, wie sie der Kläger plant, gehört nach heutigen Maßstäben zu den kleineren Anlagen. Abstrakte Maßstäbe und Größenverhältnisse reichen für die Beantwortung der Frage, ob eine Windkraftanlage als untergeordnete Nebenanlage einem nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegierten Betrieb dient, zur Beurteilung überdies nicht aus. Entscheidend kommt es vielmehr auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles an. Deshalb kann eine darauf bezogene Beurteilung auch nicht durch die Aufstellung einer Regel etwa des Inhalts, dass sich nur Anlagen bis zu 50 m Gesamthöhe einem im Außenbereich zulässigen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB unterordnen könnten (so allerdings der WKA-Erlass des Landes Nordrhein-Westfalen, a. a. O.), ersetzt werden. Abgesehen davon, dass Festlegungen in diesem Erlass keine rechtliche Verbindlichkeit zukommt, ist er zudem selbst für eine abweichende, den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung tragende Beurteilung offen.

Hier weist die geplante Anlage des Klägers zwar mit annähernd 100 m eine durchaus beachtliche Gesamthöhe auf, dem steht aber andererseits das Erscheinungsbild eines großen landwirtschaftlichen Betriebes gegenüber, der neben der Hofstelle mit Wirtschaftsgebäuden von den nördlich gelegenen zur Aufnahme von annähernd 85.000 Masthähnchen bestimmten drei großen Stallgebäuden in den Abmessungen von ca. 20 x 70 m (Stall 1 und 2) und ca. 21,50 x 65 m (Stall 3) baulich geprägt wird. Im Vergleich dazu sprengt die streitige Windkraftanlage nach ihrer äußeren Erscheinung noch nicht den Rahmen, der mit dem Erfordernis der Zu- und Unterordnung aufgestellt ist. Dass die Windkraftanlage aus der Umgebung hervorragt, kann für sich genommen insoweit nicht als schädlich angesehen werden. Das ist vielmehr Ausdruck der natürlichen Eigenart jeder (modernen) Windenergieanlage. Zweifel am Vorhandensein einer dienenden Funktion der streitigen Anlage treten erst recht zurück, wenn man auch deren Verwendungszweck in die Betrachtung einbezieht. Wie dargelegt ist die Anlage so dimensioniert, dass nur der weitaus geringere Teil der erzeugten Energiemenge nicht von dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers aufgenommen werden kann und in das öffentliche Netz eingespeist werden soll. Das lässt erkennen, dass auch einer größeren und leistungsfähigeren Anlage noch eine dienende Funktion im Verhältnis zu einem landwirtschaftlichen Betrieb zukommen kann, wenn dieser Betrieb seinerseits eine erhebliche Größe aufweist und deshalb - wie hier - auch einen großen Energiebedarf hat, der in der vorgesehenen Weise mit der Folge gedeckt werden kann, dass nur ein geringerer Teil der erzeugten Energiemenge in das öffentliche Netz eingespeist wird. In diesem Rahmen unterliegt es grundsätzlich der betriebswirtschaftlichen Entscheidung des Betriebsinhabers, welche Gestalt die untergeordnete Nebenanlage erhalten soll (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 18.2.1982 - 4 C 10.82 -, BVerwGE 67, 41).

b) Auch die übrigen Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sind gegeben. Es ist weder von dem Beklagten vorgebracht worden noch sonst erkennbar, dass etwa die ausreichende Erschließung nicht gesichert wäre. Auch stehen öffentliche Belange dem Vorhaben nicht entgegen.

Insbesondere ist nicht ersichtlich und von dem Beklagten auch nicht eingewandt worden, dass das Vorhaben Darstellungen des Flächennutzungsplan widerspricht (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB) oder schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB). Eine vom Kläger offenbar bei der Beigeladenen eingereichte und von dieser an den Beklagten weitergeleitete Schall- und Schattenwurfprognose (s. Bl. 39 BA "A") befindet sich nicht in den vorliegenden Verwaltungsvorgängen. Bedenken, denen im Übrigen gegebenenfalls durch Betriebsbeschränkungen Rechnung getragen werden könnte, hat der Beklagte insoweit jedenfalls zu keiner Zeit geäußert.

Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) sind hier nicht deshalb nachteilig berührt, weil die Windkraftanlage im Randbereich eines Landschaftsschutzgebietes errichtet werden soll. Zum einen weist der Kläger mit Recht darauf hin, dass zwar nicht sein gesamter Betrieb, aber wesentliche Teile, nämlich die drei Hähnchenmaststallanlagen, sich ebenfalls innerhalb des rd. 270 qkm großen Landschaftsschutzgebietes, wenn auch am äußersten westlichen Rand, befinden. Insofern ist bereits zweifelhaft, ob der Schutzzweck der Unterschutzstellung durch Verordnung vom 16. April 1981 (Amtsblatt des Regierungsbezirks Weser-Ems vom 15.5.1981, S. 367) durch das in unmittelbarer Nachbarschaft dieser Stallanlagen geplante Vorhaben betroffen wird. Zum anderen bestimmt § 5 der Verordnung, dass die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung sowie Bauvorhaben gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BBauG in der seinerzeit geltenden Fassung keinen Beschränkungen unterliegen. Mithin ist nichts dafür ersichtlich, dass Belange des Natur- und Landschaftsschutzes dem Vorhaben entgegenstehen könnten. Für eine Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes fehlt es in der gegebenen Lage ebenfalls an jeglichen Anhaltspunkten.

Ebenso wenig stehen Belange der Flugsicherheit dem streitigen Vorhaben entgegen. Die Wehrbereichsverwaltung Nord hat in ihrer Stellungnahme vom 10. Februar 2004 eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass bei einer Bauhöhenbeschränkung auf 120 m über Grund die Flugsicherheit gewährleistet ist, sofern die Windkraftanlage mit einer Tages- und Nachtkennzeichnung versehen wird.

Der Umstand, dass die Beigeladene mit der 40. Änderung ihres Flächennutzungsplans eine Sonderbaufläche Windpark im Ortsteil K. dargestellt hat, kann dem Vorhaben des Klägers ebenfalls nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Zwar stehen öffentliche Belange einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB in der Regel entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan (oder als Ziele der Raumordnung) eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist (§ 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB), die damit verbundene Ausschlusswirkung erfasst aber nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB nicht. Insoweit hat der Gesetzgeber den Interessen landwirtschaftlicher Betriebsinhaber, unter erleichterten Voraussetzungen untergeordnete Nebenanlagen errichten zu können, den Vorrang gegeben vor den Interessen der Gemeinde bzw. des Trägers der Raumplanung, von den planerischen Steuerungsmöglichkeiten Gebrauch machen zu können.

Ende der Entscheidung

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