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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 16.06.2004
Aktenzeichen: 12 LC 67/04
Rechtsgebiete: BSHG, RegelsatzVO
Vorschriften:
BSHG § 11 | |
BSHG § 12 | |
BSHG § 122 | |
BSHG § 16 | |
RegelsatzVO § 2 | |
RegelsatzVO § 3 |
2. Die Bildung sog. Mischregelsätze ist gerechtfertigt, wenn mindestens zwei erwachsene Personen in einer Haushaltsgemeinschaft leben und sich nicht feststellen lässt, wer von ihnen die Generalkosten des Haushaltes trägt.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil vom 16.06.2004 - 12 LC 67/04
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich dagegen, dass ihm der Beklagte in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum vom 26. Februar bis Ende August 2002 im Rahmen der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt die tatsächlich entstandenen Unterkunftskosten und den Regelsatz für einen Haushaltsvorstand jeweils nicht in voller Höhe bewilligt hat, und begehrt die Verpflichtung des Beklagten zu einer ungekürzten Gewährung dieser Sozialhilfeleistungen.
Der am 23. Mai 1931 geborene Kläger bewohnt seit dem 26. Februar 2002 mit dem ein Jahr jüngeren Herrn Giacomo I. das Einfamilienhaus C. D., Elisabethfehn/Gemeinde F. im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Der Kläger und Herr I. hatten zuvor im Hause J. K. in der Gemeinde L. im Landkreis Oldenburg gewohnt, in dem sie jeweils eine Erdgeschoss-Wohnung gemietet hatten. In dem zivilrechtlichen Rechtsstreit über eine gegen den Kläger und Herrn I. gerichtete Räumungsklage hatten sich diese durch einen vor dem Amtsgericht Oldenburg unter dem 30. August 2001 geschlossenen Vergleich zur Räumung und Herausgabe der beiden Wohnungen bis zum 30. März 2002 verpflichtet. Der Kläger und Herr I. hatten sodann im Januar des Jahres 2002 gemeinsam ein Maklerbüro mit dem Ziel der Vermittlung einer Mietwohnung beauftragt, das ihnen ihre nunmehr bewohnte Wohnung nachgewiesen und seine Vergütung beiden Auftraggebern gemeinsam in Rechnung gestellt hatte.
Unter dem 16. Januar 2002 unterzeichneten der Kläger und Herr I. gemeinsam (jeweils "als Mieter zu 50 %") einen Mietvertrag (mit Mietbeginn am 1. Februar 2002) über das Einfamilienhaus C. D. in der Gemeinde F., das im Jahre 1939 erstmals bezogen wurde, eine Wohn- bzw. Nutzfläche von 75 qm hat und über 4 Zimmer, Küche und Bad sowie eine Gaszentralheizung verfügt. Nach § 1 des Mietvertrages sind Stallungen, Nebengebäude und ein Hektar Land mitvermietet. Es ist je Mietpartei eine Nutzung von zwei Zimmern sowie die gemeinschaftliche Nutzung von Küche, Bad und Nebenräumen vereinbart. Gemäß § 4 des Vertrages beträgt der monatliche Mietzins je Mietpartei 204,50 EUR - insgesamt 409,00 EUR -, zusätzlich ist eine monatliche Vorauszahlung auf die Betriebskosten in Höhe von 23,00 EUR je Mietpartei - insgesamt 46,00 EUR - zu leisten, so dass die Gesamtsumme der monatlichen Zahlungen für Mietzins und Betriebskosten sich je Mietpartei auf 227,50 EUR - insgesamt 455,00 EUR - beläuft. Verbrauchskosten sind direkt mit den Versorgungsunternehmen abzurechnen. Nach § 22 des Mietvertrages haften die Mieter als Gesamtschuldner und bevollmächtigen sich gegenseitig zur Entgegennahme von Willenserklärungen.
Die Wohnsituation des Klägers und des Herrn I. in dem gemieteten Haus stellte sich - insoweit unstreitig - im streitgegenständlichen Zeitraum wie folgt dar: Im Erdgeschoss des Hauses befanden sich außer der Küche und dem Bad, die der Kläger und Herr I. gemeinsam benutzten, drei Wohnräume. Ein Zimmer war mit einer Sitzgarnitur, einem Couchtisch und einem Schrank möbliert. In einem weiteren Raum befanden sich ein Sofa, das - zu einem Bett umgewandelt - Herr I. für die Nachtruhe nutzte, zwei Sessel, zwei Wohnzimmertische, ein Radio und eine Stereoanlage - beides im Eigentum des Herrn I. stehend -, ein mit Mitteln beider Hausbewohner angeschafftes Fernsehgerät sowie ein auf den Namen des Herrn I. angemeldetes, jedoch auch von dem Kläger benutztes Telefon. In dem dritten Wohnraum standen u.a. das Bett des Klägers, ein Tisch und ein Kleiderschrank. Ein weiterer im Obergeschoss des Hauses befindlicher Wohnraum wurde von den Hausbewohnern seinerzeit nicht zu Wohnzwecken genutzt. Es gab jeweils nur ein Gerät zur Erfassung des Verbrauchs von Haushaltsenergie und Wasser.
Der Kläger und Herr I. hielten auf dem von ihnen bewohnten Grundstück ein Pony, zwei Ziegen, eine Gans, mehrere Hühner, zwei Hunde, fünf Katzen und mehrere Vögel.
Einkäufe von Lebensmitteln bezahlten der Kläger und Herr I. abwechselnd. Herr I. hatte kein eigenes Bankkonto, soweit für ihn bestimmte Sozialhilfeleistungen nicht direkt an die Forderungsberechtigten überwiesen wurden, wurden sie dem Bankkonto des Klägers gutgeschrieben.
Am 21. Januar 2002 stellten der Kläger und Herr I. bei der Gemeinde Wardenburg einen Antrag auf Übernahme der Kosten für ihren Umzug nach F. und legten den unter dem 16. Januar 2002 geschlossenen Mietvertrag vor, den die Gemeinde L. unter dem 31. Januar 2002 an die für den Beklagten handelnde Gemeinde F. übersandte. Die Gemeinde F. teilte der Gemeinde L. mit Schreiben vom 6. Februar 2002 mit, dass sie dem Mietvertrag nicht zustimmen könne. Das gemietete Wohnhaus sei mit einer Wohnfläche von 75 qm zu groß, der Kläger und Herr I. könnten nur eine Wohnfläche von 60 qm beanspruchen. Auch sei die geschuldete Miete einschließlich Nebenkosten in Höhe von 455,00 EUR zu hoch, nach den Richtlinien des Beklagten könnten für einen 2-Personen-Haushalt höchstens 294,00 EUR als angemessene Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden. Die Gemeinde Wardenburg setzte den Kläger und Herrn I. von dem Inhalt dieses Schreibens vor ihrem Umzug in Kenntnis.
Auf einen Hilfeantrag vom 20. Februar 2002 gewährte die namens und im Auftrag des Beklagten handelnde Gemeinde F. dem Kläger mit Bescheid vom 15. März 2002 bis auf weiteres laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Sie bewilligte dabei jedoch nicht den vollen Regelsatz für einen Haushaltsvorstand in Höhe von seinerzeit 286,83 EUR, sondern nahm eine Kürzung um 28,63 EUR vor, die der Hälfte der Differenz zwischen dem Regelsatz für einen Haushaltsvorstand und demjenigen für einen Haushaltsangehörigen ab 18 Jahren (229,57 EUR) entsprach. Kosten der Unterkunft übernahm sie nur in Höhe von 147,00 EUR. Ausschlaggebend für diese Kürzungen war ausweislich eines Aktenvermerkes der Gemeinde F. vom 14. März 2002, der sich wiederum auf eine durchgeführte Hausbesichtigung vom 4. März 2002 bezieht, die Erwägung, dass der Kläger und Herr I. in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft lebten. Es sei nicht festzustellen, wer von ihnen innerhalb dieser Gemeinschaft die Stellung eines Haushaltsvorstandes habe. Für einen 2-Personen-Haushalt könnten Unterkunftskosten nur in Höhe von höchsten 294,00 EUR insgesamt, also 147,00 EUR pro Person anerkannt werden.
Dem Bescheid der Gemeinde F. widersprach der Kläger mit einem dort am 22. März 2002 eingegangenen Schreiben. Mit Schreiben vom 30. April 2002 meldete sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers und machte zur Begründung des eingelegten Widerspruches geltend, dass zwischen dem Kläger und Herrn I. eine Wohn- oder Lebensgemeinschaft nicht bestehe. Vielmehr sei von zwei voneinander unabhängigen 1-Personen-Haushalten auszugehen. Jeder Bewohner habe eine eigene Wohnung mit je einem Wohn- und einem Schlafzimmer, die auch separat abschließbar seien. Der Umstand, dass nur ein Mietvertrag geschlossen worden sei, sei auf einen entsprechenden ausdrücklichen Wunsch der Hausvermieterin zurückzuführen.
Nach einer weiteren durch eine Mitarbeiterin der Gemeinde F. am 21. Mai 2002 durchgeführten Hausbesichtigung wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2002 zurück. Nach den durch die Gemeinde F. getroffenen Feststellungen sei davon auszugehen, dass zwischen dem Kläger und Herrn I. eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bestehe, so dass jeweils ein sog. Mischregelsatz und die Hälfte des Miethöchstbetrages für einen 2-Personen-Haushalt anzusetzen seien.
Am 12. September 2002 hat der Kläger vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben und zur Begründung wiederum geltend gemacht, der Beklagte nehme zu Unrecht an, dass zwischen ihm und Herrn I. eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft bestehe. Da jeder der beiden Hausbewohner einen eigenen Haushalt führe, gebe es auch keinen Haushaltsvorstand für einen gemeinsamen Haushalt. Es existiere keine gemeinschaftliche Haushaltskasse, jede der Mietparteien wirtschafte aus ihrer eigenen Kasse und mit ihrem eigenen Geld. Das Wohnzimmer des Klägers - im Obergeschoss des Hauses - sei nur teilweise eingerichtet, da hier noch eine Renovierung notwendig sei, die die Hausvermieterin vorzunehmen habe und zu der er, der Kläger, jedenfalls gesundheitlich derzeit nicht in er der Lage sei. Im Übrigen hat der Kläger eine nicht datierte Aufstellung freier Wohnungen im Gebiet des Beklagten mit dem Bemerken zur Gerichtsakte gereicht, die Liste sei ihm von der Gemeinde F. übersandt worden. Er habe sich mit den in der Liste aufgeführten Haus- und Wohnungseigentümern telefonisch in Verbindung gesetzt. Allerdings sei der Abschluss eines Mietvertrages häufig schon wegen der von ihm und Herrn I. betriebenen Tierhaltung gescheitert.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 20. Februar 2002 bis zum 31. August 2002 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt unter Zugrundelegung des Regelsatzes für den Haushaltsvorstand und der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zu gewähren, und die Bescheide der Gemeinde F. vom 15. März 2002 sowie den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 29. August 2002 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat an der Beurteilung festgehalten, dass der Kläger und Herr I. in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft lebten. Ihnen sei es in jedem Falle möglich gewesen, eine angemessene Unterkunft zu dem von ihm, dem Beklagten, zu Grunde gelegten Betrag von höchstens 294,00 EUR (Kaltmiete und Nebenkosten) zu mieten. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang eine Aufstellung zur Gerichtsakte gereicht, die mehrere in seinem Gebiet belegene Wohnungen in einer Größe von 60 bis 75 qm und mit 2 bis 4 Zimmern, Küche und Bad ausweist, deren Gesamtmiete inklusive wohngeldfähiger Nebenkosten sich in einer Marge von 194,29 EUR bis 318,00 EUR bewegt. Der Beklagte hat hierzu ausgeführt, bei dieser Aufstellung handele es sich um den derzeit noch darstellbaren Auszug aus einer Liste, die seine Wohngeldstelle intern fortlaufend zum Zweck der Herstellung eines Mietpreisspiegels für sein Kreisgebiet führe. Bei der von dem Kläger in Bezug genommenen Liste handele es sich um eine Aufstellung von freistehenden Wohnungen bzw. Häusern, die das Ordnungsamt der Gemeinde F. als Serviceleistung für Vermieter und Wohnungssuchende führe und bei Anfragen herausgebe.
Das Verwaltungsgericht hat am 4. Juli 2003 einen Erörterungstermin in dem von dem Kläger und Herrn I. bewohnten Einfamilienhaus durchgeführt und die Unterkunft informatorisch besichtigt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Terminsniederschrift verwiesen.
Mit Urteil vom 3. Februar 2004 hat das Verwaltungsgericht - im Einverständnis mit den Beteiligten durch den Berichterstatter und ohne mündliche Verhandlung - die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe für den streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Übernahme von Unterkunftskosten, die den Betrag von 147,00 EUR im Monat überstiegen. Der Beklagte habe darüber hinausgehenden Aufwendungen nicht im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 3 der Regelsatzverordnung (RegelsatzVO) zugestimmt, vielmehr sei dem Kläger und Herrn I. durch die Gemeinde L. mitgeteilt worden, dass der Beklagte eine Zustimmung zu dem geschlossenen Mietvertrag vom 16. Januar 2002 verweigere. Der Kläger und Herr I. hätten die Gemeinde F. auch vor Abschluss des Mietvertrages nicht über die insoweit maßgeblichen Umstände in Kenntnis gesetzt. Die Aufwendungen für die gemietete Unterkunft überstiegen im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO den angemessenen Umfang. Für den Kläger habe zum Zeitpunkt seines Umzuges in die Gemeinde F. preiswerterer und zugleich angemessener Wohnraum zur Verfügung gestanden, für dessen Miete der durch den Beklagten gewährte Betrag von 147,00 EUR im Monat ausgereicht habe.
Die laufenden Leistungen für die Unterkunft seien im Falle des Klägers und des Herrn I. nicht wie für zwei 1-Personen-Haushalte zu bemessen gewesen. Vielmehr hätten der Kläger und Herr I. das gemietete Einfamilienhaus in der Weise einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 4 WoGG bewohnt. Dies ergebe sich aus den festgestellten Umständen, unter denen der Kläger und Herr I. in dem gemieteten Einfamilienhaus lebten. Insbesondere hätten der Kläger und Herr I. den Raum, in dem sich u.a. das Fernsehgerät befinde, ungeachtet des Umstandes, dass Herr I. in diesem Raum übernachte, tagsüber im Sinne eines bescheidenen Wohnzimmers gemeinsam genutzt. Auch die Gestaltung der Einkäufe, die Nutzung des Fernsehgerätes und des Telefonanschlusses sowie die Abrechnung mit den Versorgungsunternehmen seien Ausdruck eines gemeinsamen Wirtschaftens im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 2 WoGG. Dies gelte umso mehr, als der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum häufig bettlägerig und deshalb auch auf gewisse pflegerische Leistungen durch Herrn I. angewiesen gewesen sei.
Gleichwohl sei das Zusammenleben des Klägers mit Herrn I. nicht wie ein 2-Personen-Haushalt zu beurteilen, ihr Unterkunftsbedarf mithin nicht bereits mit einer Wohnung mit zwei Zimmern, Küche und Bad befriedigt. Dem Kläger und Herrn I. sei nicht zuzumuten, wie ein Ehepaar oder ein alleinstehender Elternteil mit einem Kind in zwei Zimmern zu wohnen, sondern ihnen sei ein größeres Maß an Intimität und Möglichkeiten sich zurückzuziehen zuzugestehen. Jedoch ergebe sich aus den von dem Beklagten vorgelegten Aufstellungen, dass in seinem Gebiet auch 3-Zimmer-Wohnungen zu einer Miete nebst Nebenkosten in Höhe von 294,00 EUR (2 x 147,00 EUR) hätten gefunden werden können. Auch in der in dem Besitz des Klägers gelangten Wohnungsliste sei eine Wohnung enthalten, deren Mietzins sich unterhalb dieser Marge befunden habe. Dass das gemietete Einfamilienhaus gegebenenfalls die einzige in Frage kommende Unterkunft dargestellt habe, weil dem Kläger und Herrn I. dort eine unbeschränkte Tierhaltung erlaubt worden sei, sei unbeachtlich. Durch den Wunsch eines Hilfeempfängers, Tiere zu halten, erhöhe sich der im Einzelfall sozialhilferechtlich anzuerkennende Unterkunftsbedarf nicht.
Wegen des Zusammenlebens des Klägers mit Herrn I. in einer Haushalts-, Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft sei gleichfalls nicht zu beanstanden, dass der Beklagte bei der Bemessung der laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt einen sog. Mischregelsatz zu Grunde gelegt habe.
Am 13. Februar 2004 hat der Kläger bei dem Verwaltungsgericht gegen das am 9. Februar 2004 zugestellte Urteil die durch dieses nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassene Berufung eingelegt.
Mit einem am 22. März 2004 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz vom 15. März 2004 macht der Kläger zur Begründung der Berufung geltend: Hätten er und Herr I. jeweils eine eigene Wohnung gemietet, hätten sich die tatsächlich entstehenden Unterkunftskosten auf einen weitaus höheren Betrag belaufen, als es nunmehr der Fall sei. Die gemietete Unterkunft sei hinsichtlich ihrer Größe und Kosten für zwei Personen nicht unangemessen. Die von der Gemeinde F. vorgelegten Wohnungsangebote hätten einen vergleichbaren Preisrahmen gehabt bzw. seien sogar noch teuerer gewesen. Es sei davon auszugehen, dass ihm, dem Kläger, und Herrn I. an sich ein Wohnraum von jeweils zwei Zimmern zustehe; die Kosten für eine 4-Zimmer-Wohnung lägen jedoch weiter über dem nach dem geschlossenen Mietvertrag zu entrichtenden Mietzins. Der Umstand, dass es auf dem Wohnungsmarkt immer noch eine billigere Wohnung gebe, sei hier nicht relevant. Entscheidend sei, ob eine solche Wohnung konkret - auch zum gewünschten Zeitpunkt - verfügbar gewesen wäre. Dies müsse hier im Ergebnis wegen der angeschlagenen Gesundheit des Klägers - er habe sich in der Zeit vom 27. Dezember 2001 bis zum 25. Februar 2002 im Krankenhaus befunden und habe nur zur Unterzeichnung des Mietvertrages die Klinik verlassen -, seiner fehlenden Mobilität, des wegen des nahen Termins zur Räumung der bisherigen Wohnung bestehenden Zeitdruckes und des Erfordernisses zur Unterbringung der gehaltenen Tiere verneint werden. Insbesondere der letztgenannte Umstand habe, wenn er sich im Vorfeld telefonisch auf Wohnungsannoncen gemeldet habe, zu Absagen geführt. Da sich der Umzugswunsch des Klägers auf das gesamte Gebiet des Beklagten bezogen habe, sei es ihm nicht zuzumuten gewesen, sich mit allen im Landkreis in Frage kommenden Sozialämtern vorab in Verbindung zu setzen. Die von dem Beklagten unter dem 19. August 2002 vorgelegte Aufstellung von Wohnungen stelle lediglich einen Auszug aus einer internen Liste dar und sei nicht aussagekräftig.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 26. Februar 2002 bis zum 31. August 2002 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt unter Zugrundelegung des Regelsatzes für den Haushaltsvorstand und der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zu gewähren, und den Bescheid der Gemeinde F. vom 15. März 2002 sowie den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 29. August 2002 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und führt ergänzend an, der Kläger habe die Höchstgrenzen für die Größe und die Kosten der anzumietenden Unterkunft durch eine einzige Anfrage bei ihm, dem Beklagten, für das gesamte Kreisgebiet erfahren können. Der Wunsch des Klägers, Tiere zu halten, sei sozialhilferechtlich unbeachtlich. Er, der Beklagte, habe stichhaltig nachgewiesen, dass auf dem Wohnungsmarkt zumutbare und geeignete Wohnungen zu den von ihm anerkannten Kosten erhältlich gewesen seien.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte zu diesem Verfahren, der beigezogenen Gerichtsakten zu den Aktenzeichen 13 A 3829/02 und 13 A 3836/02 des Verwaltungsgerichts Oldenburg sowie auf die ebenfalls beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Gemeinde F. (Beiakten A - F) verwiesen. Die Unterlagen sind Grundlage der Entscheidungsfindung des Senats gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte (§ 124 Abs. 1 VwGO) und auch sonst zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die auf die Übernahme der entstandenen Unterkunftskosten in voller Höhe und die Bewilligung des vollen Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger hat für den streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Übernahme des vollen auf ihn entfallenden Anteils in Höhe von 227,50 EUR an den Miet- und Mietnebenkosten, die nach dem Mietvertrag vom 16. Januar 2002 über das Einfamilienhaus C. D. in F., den er als Mieter zusammen mit Herrn I. geschlossen hat, monatlich zu zahlen sind. Der Beklagte hat zu Recht die Übernahme von Unterkunftskosten in einer den Betrag von 147,-- EUR im Monat übersteigenden Höhe abgelehnt.
Zwar kann der Kläger - was zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - für die hier in Rede stehende Zeit gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt beanspruchen, die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG auch Leistungen für die Unterkunft umfasst. Auch werden nach § 22 BSHG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung zur Durchführung des § 22 des Bundessozialhilfegesetzes (RegelsatzVO) laufende Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen gewährt. Allerdings sind nach § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 11 Abs. 1 BSHG zu berücksichtigen sind, nur so lange anzuerkennen, als es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken. Schließlich - und im Falle des Klägers einschlägig - bestimmt § 3 Abs. 1 Satz 3 RegelsatzVO, dass ein Hilfeempfänger vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft den dort zuständigen Träger der Sozialhilfe über die nach § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO maßgeblichen Umstände in Kenntnis zu setzen hat; sind die Aufwendungen für die neue Unterkunft unangemessen hoch, ist der Träger der Sozialhilfe nur zur Übernahme angemessener Aufwendungen verpflichtet, es sei denn, er hat den darüber hinausgehenden Aufwendungen vorher zugestimmt (zur Verpflichtung des Sozialhilfeträgers, die angemessenen Aufwendungen auch bei Nichterfüllung der Informationspflicht durch den Hilfesuchenden zu übernehmen: BVerwG, Urt. v. 1.10.1998 - BVerwG 5 C 6/98 -, BVerwGE 107, 239 ff).
Der Kläger hat den Beklagten vor Abschluss des Mietvertrages über das Einfamilienhaus in F. am 16. Januar 2002 nicht über die für die neue Unterkunft entstehenden Kosten informiert. Diese Aufwendungen sind unangemessen hoch. Mehr als den von dem Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum gewährten Betrag von 147,-- EUR im Monat kann der Kläger nicht verlangen. Zur Übernahme eines höheren Betrages ist der Beklagte nicht verpflichtet, da er den weitergehenden Aufwendungen vorher nicht zugestimmt hat, sondern im Gegenteil die in seinem Namen handelnde Gemeinde F. mit Schreiben von 6. Februar 2002 gegenüber der Gemeinde L. - dem vormaligen Wohnort des Klägers - mitgeteilt hat, dass sie dem Mietvertrag nicht zustimmen könne und der Kläger hierüber von der Gemeinde L. in Kenntnis gesetzt worden ist.
Für die Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten kommt es nach § 3 Abs. 1 BSHG auf die Besonderheit des Einzelfalles, vor allem auf die Person des Hilfebedürftigen, die Art seines Bedarfes und die örtlichen Verhältnisse an. Maßgeblich ist der zu entrichtende Mietzins. Dabei werden auf dem Wohnungsmarkt die Unterkunftskosten insbesondere durch die Wohnungsgröße und das jeweilige örtliche Mietniveau bestimmt. Es ist nicht auf den jeweiligen örtlichen Durchschnitt aller gezahlten Mietpreise, sondern auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Hilfeempfängers marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen. Die Angemessenheitsprüfung darf sich nicht darauf beschränken, zu bestimmen, welcher Kostenaufwand für die Unterkunft sozialhilferechtlich an sich abstrakt angemessen wäre, sondern muss sich auch auf die Frage erstrecken, ob dem Hilfeempfänger im Bedarfszeitraum eine bedarfsgerechte, aber kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich gewesen ist (BVerwG, Urt. v. 17.11.1994 - BVerwG 5 C 11.93 -, BVerwGE 97, 110, 112 f; erkennender Senat, Urt. v. 22.1.2004 - 12 LB 454/02 -; Beschl. v. 26.1.1999 - 12 O 212/99 -).
Trotz der bestehenden grundlegenden Unterschiede zwischen der Gewährung von Wohngeld einerseits und der Sozialhilfe andererseits (vgl. dazu: BVerwG, Urt. v. 27.11. 1986 - BVerwG 5 C 2.85 - BVerwGE 75, 168, 169 ff; Urt. v. 7.5.1987 - BVerwG 5 C 36.85 - BVerwGE 77, 232, 235), kann nach der den Beteiligten bekannten Rechtsprechung des erkennenden Senats (insbes.: Urt. v. 22.1.2004 - 12 LB 454/02 -) die Tabelle zu § 8 WoGG in der jeweils aktuellen Fassung zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten dann gewissermaßen als Einstieg in die vorzunehmende Beurteilung herangezogen werden, wenn - wie hier - andere verallgemeinerungsfähige und aussagekräftige Aussagen betreffend die Lage auf dem Wohnungsmarkt - insbesondere Mietspiegel - nicht vorhanden sind.
Bei dieser grundsätzlichen Orientierung an der Tabelle zu § 8 WoGG ist der Sozialhilfeempfänger zunächst auf Wohnungen zum in der Spalte für bis zum 31. Dezember 1965 bezugsfertig gewordenen Wohnraum mit Sammelheizung und mit Bad oder Duschraum genannten Preis zu verweisen, wenn der örtliche Träger der Sozialhilfe durch Gutachten oder auf andere Weise stichhaltig nachweisen kann, dass es auf dem örtlichen Wohnungsmarkt bereits zu diesem Preis zumutbare und geeignete Unterkünfte in ausreichender Zahl gibt, auf deren tatsächliches Jahr der Bezugsfertigkeit es dann nicht mehr ankommt, und diese Unterkünfte auch im konkreten Einzelfall für den Hilfeempfänger verfügbar und zugänglich sind. Auch der weitergehende Nachweis, dass derartige Unterkünfte zu noch günstigeren Konditionen erhältlich sind, muss dem Sozialhilfeträger offen stehen. Kann der Träger der Sozialhilfe einen derartigen Nachweis nicht führen, verbleibt es bei dem sich aus der Einstufung der Wohnung nach ihrer Bezugsfertigkeit aus der Tabelle zu § 8 WoGG ergebenden Wert als Angemessenheitsgrenze. Im Gegenzug dazu hat der Sozialhilfeempfänger im Einzelfall die Möglichkeit nachzuweisen, dass er trotz intensiver Bemühungen, die durch Bestätigungen in Frage kommender Vermieter, Besichtigungsscheine etc. dargelegt werden müssen, zu dem jeweiligen Tabellenwert keine geeignete Unterkunft finden kann (erkennender Senat, Urt.v. 22.1.2004 - 12 LB 454/02 -).
Der angemessene Unterkunftsbedarf des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum erfährt eine entscheidende Prägung dadurch, dass er mit Herrn I. in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft und damit in einer Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 2 RegelsatzVO gelebt hat. Der Senat verweist insoweit auf die durch das Verwaltungsgericht - wenn auch unter Bezugnahme auf die §§ 4 Abs.2 Satz 2, 18 Nr. 4 WoGG - getroffenen, von dem Kläger in seinem zweitinstanzlichen Vortrag im Ergebnis auch nicht mehr bestrittenen Feststellungen, insbesondere über das jedenfalls in dem hier in Rede stehenden Zeitraum stattfindende "Wirtschaften aus einem Topf" (vgl. zu diesem Merkmal der Haushaltsgemeinschaft: 4. Senat des erkennenden Gerichts, Urt.v. 10.5.1989 - 4 A 137/87 -, FEVS 41, 63, 64 f, Beschl. v. 29.1.1986 - 4 M 7338/95 -; weiterhin: BVerwG, Beschl. v. 30.12.1965 - BVerwG V B 152.65 -, FEVS 14, 241; Gottschick/ Giese, BSHG, 9. Aufl. 1985, § 2 RegelsatzVO, Rn. 2). Der Umstand, dass der Kläger eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft mit Herrn I. eingegangen ist, hat zur Folge, dass für die Bestimmung der in seinem Falle angemessenen Unterkunftskosten nicht von dem Bedarf eines Alleinstehenden, sondern von der Hälfte der Kosten für einen 2 - Personen - Haushalt auszugehen ist.
Zwar unterfällt die Art des Zusammenlebens des Klägers mit Herrn I. keiner derjenigen Vorschriften im Bundessozialhilfegesetz, die die Hilfegewährung an eine Gemeinschaft von mehreren Personen ausdrücklich regeln (anders - alle Wohngemeinschaften erfassend - zukünftig: § 36 SGB XII, Art. 1, § 36 Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.122.2003, BGBl. I, 3022). Es stellt seinem Tatbestand nach weder eine Bedarfs- bzw. Einstandsgemeinschaft im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG, noch eine Haushaltsgemeinschaft von Verwandten oder Verschwägerten gemäß § 16 BSHG oder eine eheähnliche Gemeinschaft nach § 122 BSHG dar. Diese Vorschriften sind als abschließende Regelungen in eindeutiger Weise jedoch nur insoweit zu qualifizieren, als es um die Frage der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen anderer Personen als der des Hilfesuchenden geht (zu diesem Aspekt für § 11 Abs. 1 Satz 2 BSHG: BVerwG, Urt.v.26.11.1998 - BVerwG 5 C 37.97 -, BVerwGE 108, 36, 38 f; W. Schellhorn/ H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl. 2002, § 11, Rn. 20). Ist wie hier jedoch der sozialhilferechtliche Bedarf - konkret der Unterkunftsbedarf - einer Personenmehrheit zu bestimmen, können unabhängig von den tatbestandlichen Voraussetzungen der genannten Vorschriften mehrere Personen, die zusammen wohnen, auch dann als eine Einheit berücksichtigt werden, wenn sie über die Wohngemeinschaft hinaus auch eine Wirtschaftsgemeinschaft bilden. Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft ist mithin für diejenigen Mitglieder einer Wohngemeinschaft, die eine Gemeinschaft im Sinne der §§ 11 Abs. 1 Satz 2, 16 bzw. 122 BSHG bilden oder die gemeinsam wirtschaften, als Einheit zu bestimmen (so im Ergebnis: 4. Senat des erkennenden Gerichts: Urt. v. 26.6.2002 - 4 LB 133/02 -; Beschl. v. 29.1.1996 - 4 M 7338/95 - und für die Anwendung in der Praxis: Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens (Hrsg.), Hinweise zur Sozialhilfe, Loseblattsammlung, Stand: 1.1.2004, Nr. 12.1.13).
Die rechtliche Grundlage für eine Gleichstellung von Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften mit den in §§ 11 Abs. 1 Satz 2, 16, 122 BSHG geregelten Gemeinschaften bei der Bestimmung des angemessenen Unterkunftsbedarfs lässt sich entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes nicht aus einer Analogie zu wohngeldrechtlichen Vorschriften herleiten. Eine Vergleichbarkeit wäre insoweit wegen des weiteren Begriffes der Bedarfsgemeinschaft im Wohngeldrecht zweifelhaft (dazu: BVerwG, Urt. v. 22.8.1985 - BVerwG 5 C 57.84 -, BVerwGE 72, 88, 90). Erforderlich ist ein genuin sozialhilferechtlicher Anknüpfungspunkt.
Dieser ergibt sich in erster Linie bereits aus dem Bedarfsdeckungsprinzip des § 3 Abs. 1 BSHG. Danach soll nur der in einer konkreten Notsituation auftretende sozialhilferechtlich angemessene Bedarf befriedigt werden. Eine fiktive, an Besitzstandsgesichtspunkten orientierte Bedarfsberechnung liefe dem Rechtscharakter der Sozialhilfe als Unterstützung in einer tatsächlichen Notsituation zuwider. Im vorliegenden Fall beruht es auf einem höchstpersönlichen Willensentschluss des Klägers und des Herrn I., nicht in zwei Einzelhaushalten zu leben, sondern zusammen zu wohnen und zu wirtschaften. Allein vor diesem Hintergrund ist der jeweils angemessene Unterkunftsbedarf zu bestimmen. Auf den Umstand, dass sich die von dem Beklagten im Fall der Miete von zwei einzelnen Wohnungen zu übernehmenden Unterkunftskosten insgesamt auf einen höheren Betrag belaufen hätten, kommt es daher nicht an. Abzustellen ist weiterhin auf den Regelungszusammenhang der §§ 2 und 3 RegelsatzVO. Denn das Merkmal des "Wirtschaftens aus einem Topf", das Kennzeichen der Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 2 RegelsatzVO und damit von entscheidender Bedeutung für die Festsetzung der Regelsätze ist, darf auch bei der Bemessung des nicht durch die Regelsätze erfassten Bedarfs - insbesondere des Unterkunftsbedarfs - nicht vernachlässigt werden. Dass das Bundessozialhilfegesetz im Hinblick auf die Bestimmung des Bedarfs unabhängig von den Regelungen der §§ 11 Abs. 1 Satz 2, 16, 122 BSHG eine einheitliche Berücksichtigung von Angehörigen eines Haushaltes kennt, ergibt sich schließlich aus der Vorschrift des § 70 Abs. 1 BSHG. Haushaltsangehörige im Sinne dieser Norm sind nach soweit ersichtlich nicht bestrittener Einschätzung auch die Mitglieder einer Wohngemeinschaft, die gemeinsam wirtschaften (vgl. nur: Birk, in: LPK-BSHG, 6. Aufl. 2003, § 70, Rn. 6).
Geht man für den vorliegenden Fall, in dem auf einen Mietspiegel nicht zurückgegriffen werden kann, im Sinne der obigen Darlegungen bei der Bestimmung der Angemessenheit der Unterkunftskosten für einen 2 - Personen - Haushalt von den Sätzen der Tabelle zu § 8 WoGG aus, ergibt sich für eine in der Gemeinde F. - diese ist nach der Anlage zu § 1 Abs. 4 der Wohngeldverordnung (WohngeldVO) in die Mietenstufe I eingruppiert - belegene Wohnung mit den Ausstattungsmerkmalen der von dem Kläger und Herrn I. bewohnten Unterkunft der Tabellenwert von 265,00 EUR (zweite Spalte von links: bis zum 31. Dezember 1965 bezugsfertig gewordener Wohnraum mit Sammelheizung und Bad oder Duschraum). Der für den Kläger berücksichtigungsfähige Anteil beliefe sich mithin auf 132,50 EUR (vgl. zur regelmäßig gebotenen Aufteilung nach der Kopfzahl: BVerwG, Urt. v. 21.1.1988 - BVerwG 5 C 68.85 -, BVerwGE 79, 17, 20 ff, Oestreicher/ Schelter/ Kunz/ Decker, BSHG, Loseblattsammlung, Stand: Juni 2003, § 12, Rn. 9).
Der Beklagte überschreitet diesen Wert, indem er - soweit ersichtlich in ständiger Praxis - für einen 2- Personen - Haushalt als Miethöchstbetrag 294,00 EUR (bzw. pro Haushaltsmitglied 147,00 EUR) anerkennt. Auf welche tatsächlichen Erkenntnisse sich der Beklagte bei dieser Praxis stützt, ist für den hier zur Entscheidung stehenden Rechtsstreit unerheblich. Denn der Kläger wird durch diese für ihn günstige Abweichung von den als Ausgangspunkt zu Grunde zu legenden Werten der Tabelle zu § 8 WoGG nicht in seinen Rechten verletzt. Dass in seinem Fall im Gebiet des Beklagten bzw. auch nur in der Gemeinde F. eine für einen 2 - Personen - Haushalt geeignete Mietwohnung zu einem Preis von 265,00 EUR (anteilig 132,50 EUR) oder gar 294,00 EUR (anteilig 147,00 EUR) nicht erhältlich gewesen wäre, hat der Kläger nicht in der oben beschriebenen erforderlichen Weise dargetan. Sein entsprechender, durch keinerlei Belege unterlegter Vortrag bleibt ohne Substanz und lässt im Ergebnis nur den Schluss zu, dass er zusammen mit Herrn I. von vornherein ohne enge preisliche Vorgaben nur eine Unterkunft gesucht hat, deren Baulichkeiten und Grundstück die Haltung der großen Anzahl von Tieren, deretwegen der Kläger und Herr I. ihre vormalige Unterkunft in der Gemeinde L. letztlich hatten aufgeben müssen, ohne Beanstandung durch den Wohnungseigentümer oder andere Mietparteien gestatteten. Der Wunsch eines Sozialhilfeempfängers, eine Tierhaltung in dem hier in Rede stehenden Umfang zu betreiben, stellt jedoch, wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat, keinen für die Bestimmung des angemessenen Unterkunftsbedarfs beachtlichen Umstand dar (vgl. zu den als gegebenenfalls zu berücksichtigende Besonderheiten diskutierten, in keiner Weise vergleichbaren Beispielen: Oestreicher/ Schelter/ Kunz/ Decker, a.a.O., § 12, Rn. 9).
Der Senat teilt nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass im Falle des Klägers und des Herrn I. die laufenden Leistungen für die Unterkunft auf Grund der übrigen Umstände des Einzelfalles so zu bemessen seien, als bildeten sie einen 3 - Personen - Haushalt. Auch insoweit verbietet sich eine fiktive Berechnung des Unterkunftsbedarfs. Der nach den Maßstäben der bisherigen Ausführungen festgestellte Mietpreis (für einen 2 - Personen - Haushalt) ist als ein von typisierten Wohnungsmerkmalen und von der Mietpreissituation auf dem regionalen Wohnungsmarkt abhängiger Anknüpfungspunkt der Angemessenheitsprüfung grundsätzlich gleichbleibend zu Grunde zu legen, sofern Abweichungen nicht durch nachweisbare Besonderheiten des Einzelfalles begründet sind (vgl. hierzu allgemein: BVerwG, Urt. v. 30.10.2002 - BVerwG 5 C 11.01 -, ZFSH/ SGB 2004, 740 f). Derartige Besonderheiten sind allein durch die Erwägung des Verwaltungsgerichtes, dem Kläger und Herrn I. sei es nicht zuzumuten, wie ein Ehepaar oder ein alleinstehender Elternteil mit einem Kind in zwei Zimmern zu wohnen, ihnen sei ein größeres Maß an Intimität und Rückzugsmöglichkeit zu gewährleisten, als dies bei Personen, die in Gemeinschaften nach §§ 11 Abs. 1 Satz 2, 122 BSHG zusammenwohnten, geschehen müsse, nicht begründet. Zwar kommt das Lebensalter als Bemessungsfaktor für den Unterkunftsbedarf einer in einer Gemeinschaft lebenden Person grundsätzlich in Betracht (BVerwG, Urt. v. 22.8.1985 - BVerwG 5 C 57.84 -, Urt.v.17.11.1994 - BVerwG 5 C 11.93 -, jew. a.a.O.), doch darf der Verweis auf ein hohes Alter als Rechtfertigung für einen gegenüber dem Normalfall erhöhten Raumbedarf nach Auffassung des erkennenden Senats nicht lediglich in einem rein abstrakten Sinne erfolgen. Zu fordern ist vielmehr die Benennung konkreter Umstände, die im jeweiligen Einzelfall die Forderung nach einem altersbedingt erhöhten Raumbedarf nachvollziehbar erscheinen lassen. Solche Umstände sind im Fall der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft, die der Kläger mit Herrn I. eingegangen ist, nicht ersichtlich. Dies gilt auch im Hinblick auf die im streitgegenständlichen Zeitraum bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers. Denn die durch das Verwaltungsgericht festgestellte Tatsache, dass Herr I. den Raum, der ihm und dem Kläger tagsüber u.a. als Fernsehraum dient, auch für die Nachtruhe nutzt, verdeutlicht zur Überzeugung des erkennenden Senats, dass eine derartige Doppelnutzung für die hier zur Beurteilung stehende Gemeinschaft durchaus zumutbar ist.
Mit seinem neben dem Begehren auf Übernahme der gesamten ihm entstandenen Unterkunftskosten weiterhin verfolgten Anspruch auf Bewilligung des vollen Regelsatzes für einen Haushaltsvorstand dringt der Kläger, wie das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden hat, ebenfalls nicht durch.
Der Differenzbetrag zwischen dem Regelsatz für den Haushaltsvorstand und demjenigen für einen erwachsenen Haushaltsangehörigen dient der Abdeckung der Generalkosten eines Haushaltes, das heißt der Bestreitung der zur allgemeinen Hauhaltsführung gehörenden Aufwendungen (4. Senat des erkennenden Gerichts, Urt. v. 24.6.1996 - 4 L 3002/94 -, FEVS 47, 407, 408). Ein derartiger Bedarf konnte nach der Ausgestaltung der zwischen dem Kläger und Herrn I. bestehenden Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft nur einmal entstehen.
Entsprechend ist für Fälle wie den vorliegenden in der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts (4. Senat, Urteile v. 10.5.1989 - 4 A 137/87 - und vom 24.6.1996 - 4 L 3002/94 , jew. a.a.O.; Beschl. v. 17.11.2003 - 4 LA 87/03 -) seit langem anerkannt, dass die Bildung von Mischregelsätzen dann gerechtfertigt ist, wenn (mindestens) zwei erwachsene Personen in einer Haushaltsgemeinschaft leben und sich - wie hier - nicht feststellen lässt, wer von ihnen die Generalkosten des Haushalts allein trägt und damit Haushaltsvorstand ist. Dass ein solches Vorgehen nur im Rahmen von Gemeinschaften nach §§ 11 Abs. 1 Satz 2, 16 oder 122 BSHG in Betracht käme, ist soweit ersichtlich bisher nicht vertreten worden. Eine solche Einschränkung wäre vor dem Hintergrund der Vorschrift des § 2 RegelsatzVO für den Bereich der Regelsatzleistungen noch weniger gerechtfertigt als für den bereits behandelten der Unterkunftskosten.
Ende der Entscheidung
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