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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 12.11.2008
Aktenzeichen: 12 LC 72/07
Rechtsgebiete: BImSchG, BNatSchG, BauGB, FFH-RL, NDSchG, NROG, ROG, Vogelschutz-RL


Vorschriften:

BImSchG § 9
BNatSchG § 42 Abs. 1
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 5
BauGB § 35 Abs. 3
FFH-RL Art. 6
NDSchG § 8
NROG § 13
ROG § 15
ROG § 17
Vogelschutz-RL Art. 4
Zu den Prüfungsanforderungen im Hinblick auf den Habitat- und Vogelschutz sowie das Artenschutzrecht.
Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid über die Zulässigkeit der Errichtung mehrerer Windkraftanlagen zu erteilen.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2003 wandte sich die Klägerin an den Beklagten und teilte mit, sie plane im südlichen Bereich der Gemeinde F. die Errichtung eines Windparks mit insgesamt fünf Anlagen und bitte zur Vorbereitung des Bauantrages nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz um einen Erörterungstermin (Antragskonferenz) zur Abstimmung von Inhalt und Umfang der Antragsunterlagen. Die Antragskonferenz, in der das weitere Vorgehen besprochen wurde, fand am 4. Februar 2003 statt. Mit Schreiben vom 31. März 2003 stellte die Klägerin bei dem Beklagten einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides nach § 9 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) zur Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit der Errichtung von fünf Windenergieanlagen vom Typ Enercon E-66/18.70 mit einer Nennleistung von 1.800 KW, einer Nabenhöhe von 114,09 m und einer Gesamthöhe von 149,09 m bei einem Rotordurchmesser von 70 m auf dem Gebiet der Gemeinde G., Gemarkung H. (Flur 3, Flurstücke 4/1, 13/3 und 15/1 sowie Flur 5, Flurstücke 1/2 und 6/1). Die Erschließung des Windparks solle vorerst nicht Gegenstand des Antrages sein. Neben einer Schall- und Schattenprognose legte die Klägerin mit dem Antrag eine Untersuchung zur UVP-Pflicht des Vorhabens gemäß § 3 c UVPG der planungsgruppe grün vom 28. März 2003 vor, welche zu der abschließenden Feststellung gelangt, dass mangels erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich sei.

Den raumordnungsrechtlichen Rahmen für das Vorhaben bildet das am 1. September 2001 in Kraft getretene Regionale Raumordnungsprogramm 2000 des Beklagten (im Folgenden: RROP 2000). Dieses weist in seiner zeichnerischen Darstellung für den Vorhabensstandort ein Vorsorgegebiet für Landwirtschaft, im Bereich des Standortes der südlichst gelegenen Windenergieanlage Nr. 5 überlagert von einem Vorsorgegebiet für Natur und Landschaft, aus. In nördlicher Richtung schließen sich in ca. 150 m Entfernung von der nördlichst gelegenen Windenergieanlage 1 ein Vorsorgegebiet für Erholung, ferner jenseits der Landesstraße L 157 in etwa 1,5 km Entfernung ein Vorsorgegebiet für Natur und Landschaft sowie in etwa 1,7 km Entfernung im Bereich der Aller ein Vorranggebiet für Natur und Landschaft an. Westlich der geplanten Anlagen in einem Mindestabstand von etwa 1 km und östlich in einem Abstand zwischen etwa 800 m und 2 km weist das RROP 2000 Vorsorgegebiete für Natur und Landschaft aus. Westlich der Anlagestandorte in etwa 2,2 km Abstand fließt jenseits einer Bruchlandschaft in Richtung Süd-Nord die in die Aller mündende Alpe. Das RROP 2000 sieht Vorrangstandorte nicht im Bereich der geplanten Windkraftanlagen, sondern im Raum I. und J. vor.

Das genannte nördlich gelegene Vorranggebiet für Natur und Landschaft im Bereich der Aller entspricht zum einen dem in der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung der atlantischen biogeografischen Region genannten Gebiet "Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker" (Anhang 1 zur Entscheidung der Kommission vom 7. Dezember 2004 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung der Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der atlantischen biogeografischen Region (ABl. L 387 vom 29.12.2004, S. 1). Es entspricht in dem hier maßgeblichen Bereich zum anderen dem zum Europäischen Vogelschutzgebiet gemäß der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 (ABl. L 103 vom 25.4.1979, S. 1) über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten - Vogelschutz-Richtlinie - erklärten Gebiet V 23 "Untere Allerniederung" (vgl. Bekanntmachung des MU vom 23.7.2002, Nds. MBl. 2002, 717). Als Erhaltungsziele des FFH-Gebietes Nr. 90 sind in dem Gebietsvorschlag des Nds. Umweltministeriums der Schutz und die Entwicklung der dort typischen landschaftlichen Strukturen genannt worden sowie als zu schützende Tierarten gemäß Anhang 2 der FFH-Richtlinie das Mausohr (Myotis myotis), die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteini) und die Teichfledermaus (Myotis dasycneme), für die die "Alleraue vermutlich Nahrungshabitat" sei. Als für das Vogelschutzgebiet wertbestimmende Vogelarten nach Art. 4 Abs. 1 (Anhang I) der Richtlinie sind der Weißstorch (B/NG), Schwarzmilan (B), Wachtelkönig (B), Zwergschwan (G), Singschwan (G) sowie als wertbestimmende Zugvogelarten nach Art. 4 Abs. 2 Schafstelze (B) und Braunkehlchen (B) benannt worden.

Ein weiteres FFH-Gebiet "K." (Nr. 77) schließt sich nördlich der Aller beginnend bei dem Ort K. unmittelbar an das vorgenannte FFH-Gebiet an und verläuft in nordöstlicher Richtung entlang der K.. Als Erhaltungsziele dieses FFH-Gebietes sind in dem Gebietsvorschlag des Nds. Umweltministeriums der Schutz und die Entwicklung der dort typischen landschaftlichen Strukturen genannt worden.

In einer Stellungnahme vom 14. Mai 2003 stimmte die vormalige Bezirksregierung Weser-Ems als Luftfahrtbehörde der Erteilung einer Baugenehmigung für das Vorhaben mit der Maßgabe zu, dass jede der Windkraftanlagen mit einer Tages- und Nachtkennzeichnung zu versehen sei. Die Beigeladene zu 1. erklärte unter dem 4. Juni 2003, ihr Einvernehmen zu dem geplanten Vorhaben erst erteilen zu können, wenn die ausreichende Erschließung gesichert, eine Beeinträchtigung der Eigenart der Landschaft und ihres Erholungswertes, eine Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes sowie eine Beeinträchtigung des für die Region wichtigen Wirtschaftsfaktors "Tourismus" auszuschließen sei.

Nach Anhörung der Klägerin lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 11. August 2003 deren Antrag auf Erteilung des Vorbescheides ab und führte zur Begründung aus: Dem raumbedeutsamen Vorhaben stünden die Ziele der Raumordnung mit der Ausweisung von Windenergieanlagen an anderer Stelle entgegen. Der Bau der Anlagen würde auch zu einer Verunstaltung des Landschaftsbildes führen. Auch aus naturschutzrechtlicher Sicht bestünden erhebliche Bedenken. In diesem Bereich hätten zahlreiche, auch gefährdete Vogelarten, wie Weiß- und Schwarzstorch, Seeadler, Rot- und Schwarzmilan, Kornweihe, Kranich und Rebhuhn nachgewiesen werden können. Hier verlaufe eine Zugvogel-Verbindungsstrecke von den Rastplätzen des Allertales in Richtung Naturschutzgebiet Lichtenmoor. Daneben handele es sich um ein Haupteinstandsgebiet für Damwild mit wichtigen Ruhezonen und Brunftplätzen. Nördlich des geplanten Vorhabens befinde sich in einer Entfernung von weniger als 1 km das gemeldete FFH-Gebiet "Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker" sowie das Europäische Vogelschutzgebiet "Untere Allerniederung". Diese Schutzgebiete seien vor von außen einwirkenden negativen Beeinträchtigungen zu schützen. In weniger als 1.600 m Entfernung zu den geplanten Anlagen befinde sich ein altbekannter Brutplatz von Schwarzstörchen sowie Weißstörchen (2 Nistplätze allein in Bosse). Da durch den Bau der Windkraftanlagen die Brut- und Nahrungshabitate des störempfindlichen und vom Aussterben bedrohten Schwarzstorches vernichtet würden und diese Beeinträchtigung in den Naturhaushalt nicht ausgleichbar sei, müsse dies zu einer Ablehnung auch nach § 11 des Nds. Naturschutzgesetzes führen.

Den dagegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die vormalige Bezirksregierung Lüneburg mit Widerspruchsbescheid vom 6. April 2004 zurück und führte aus: Die Genehmigungsvoraussetzungen lägen nicht vor. Das raumbedeutsame Vorhaben liege nicht innerhalb eines in dem RROP 2000 des Beklagten ausgewiesenen Vorrangstandortes und sei deshalb aus raumordnerischer Sicht unzulässig. Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege stünden dem Vorhaben ebenfalls entgegen. Die Allerniederung sei für Gastvögel von internationaler und für Brutvögel von nationaler Bedeutung; hervorzuheben sei die Bedeutung für den Weißstorch. Südlich der Aller liege der unzerschnittene Landschaftsraum der Schotenheide. In einem Teilbereich brüte der Schwarzstorch. Eines seiner Nahrungshabitate sei der Bachlauf der Alpe, die westlich der Schotenheide von Süden nach Norden in die Aller fließe. Die geplanten Windenergieanlagen 4 und 5 lägen in einer Entfernung von nur ca. 1.500 m vom Brutstandort des Schwarzstorchpaares entfernt. Schwarzstörche seien in der Nähe ihres Horststandortes außerordentlich störungsempfindlich. Ihre Nahrungsgebiete könnten bis zu 12 bis 15 km um die Horste herum liegen. Der Brandenburgische Windkrafterlass von 1996 (Tierökologische Abstandskriterien für die Errichtung von Windenergieanlagen) setze die Einhaltung eines Abstandes von wenigstens 3.000 m zwischen Windkraftanlage und dem Horst von Schwarzstörchen sowie das Freihalten der Nahrungsflächen und Gewährleistung der Erreichbarkeit derselben im Radius von mindestens 6.000 m um den Horst fest. Da diese Kriterien nicht eingehalten werden könnten, seien die Windenergieanlagen aus naturschutzfachlicher Sicht an diesem Standort abzulehnen. Auch werde die wertvolle und von technischen Einrichtungen und Bauwerken freie Landschaft durch das geplante Vorhaben verunstaltet. Ferner lägen die Anlagenstandorte 1 bis 3 in Abständen zu Baudenkmalen in der Ortslage L., die nach vorliegenden Erfahrungswerten vergleichbarer Situationen zu Beeinträchtigungen im Sinne des § 8 NDSchG führen könnten. So würden sich unzulässige Beeinträchtigungen ergeben für die Baudenkmale M. und N. durch die Windenergieanlagen 1 und 2 wegen zu geringer Abstände und fehlender Sichtbarrieren sowie fehlender landschaftsstrukturierender Elemente zwischen den Denkmalen und den Windenergieanlagen. Die drehenden Rotoren der Windenergieanlagen 1 und 2 würden einzeln und zusammen von den Baudenkmalen aus wahrzunehmen sein und störende Wirkung entfalten. Der geplante Standort der Anlage 3 liege im Grenzbereich zwischen zulässiger und unzulässiger Beeinträchtigung. Nach allem stünden dem Vorhaben öffentliche Belange entgegen.

Die Klägerin hatte bereits am 16. Dezember 2003 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Zwar seien die geplanten Windenergieanlagen nach den Maßstäben der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Lüneburg raumbedeutsam, gleichwohl könne ihnen der Beklagte nicht die Ausweisungen in seinem RROP 2000 entgegenhalten. Insbesondere könne die Festlegung von Vorrangstandorten für Windenergienutzung in J. und I. eine Konzentrationswirkung im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 2 und 3 BauGB nicht entfalten, denn die Planung des Beklagten sei in sich widersprüchlich und unwirksam. Im Übrigen stünden dem Vorhaben weder Belange des Naturschutzes noch des Denkmalschutzes entgegen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 11. August 2003 i.d.F. des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Lüneburg vom 6. April 2004 zu verpflichten, ihr einen Vorbescheid nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz bezogen auf die planungsrechtliche Zulässigkeit von 5 Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe von 114,09 m und einer Gesamthöhe von 149,09 m zu erteilen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat die angefochtenen Bescheide verteidigt.

Die Beigeladene zu 1. hat keinen Antrag gestellt. Sie hat darauf verwiesen, dass die Samtgemeinde O., der sie als Mitgliedsgemeinde angehört, einen gemeinsamen Flächennutzungsplan mit den Samtgemeinden P. und Q. entwickelt habe, der eine 370 ha große Vorrangfläche für Windenergieanlagen im Gebiet der Samtgemeinde P. an der Bundesautobahn A 7 ausweise und der (vormaligen) Bezirksregierung Lüneburg zur Genehmigung vorgelegt werden solle.

Die Samtgemeinden R. O. und Q. - die jetzigen Beigeladenen zu 2. bis 4. - sind ebenso wie das Nds. Landesamt für Denkmalpflege - jetzt Beigeladener zu 5. - in erster Instanz noch nicht am Verfahren beteiligt gewesen.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 8. Juli 2004 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, der Klägerin den beantragten Vorbescheid nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz zu erteilen. Das Vorhaben der Klägerin sei nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB zulässig, weil ihm öffentliche Belange nicht entgegenstünden. Es sei als raumbedeutsam einzustufen. Der Ausweisung von Vorrangstandorten für Windenergieanlagen an anderer Stelle im RROP 2000 des Beklagten komme aber keine Ausschlusswirkung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu, denn das RROP 2000 stelle sich insoweit in mehrfacher Hinsicht als abwägungsfehlerhaft dar. Dem der Bezirksregierung noch nicht zur Genehmigung vorgelegten gemeinsamen Flächennutzungsplan der Samtgemeinden R. O. und Q. komme als Entwurf weder eine Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB noch die Bedeutung eines zu beachtenden öffentlichen Belangs zu. Die in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB aufgeführten öffentlichen Belange stünden dem Vorhaben ebenfalls nicht entgegen. Eine Verunstaltung des Landschaftsbildes sei nicht festzustellen; Belange des Naturschutzes, insbesondere avifaunistischer Art, seien nicht in schädlicher Weise berührt. Eine Beeinträchtigung des FFH-Gebiets sei angesichts der vorhandenen Abstände nicht zu erwarten. Auch aus dem "altbekannten Brutplatz" eines Schwarzstorchpaares in etwa 1.600 m Entfernung zu den Windkraftanlagen lasse sich kein entgegenstehender Belang ableiten. Abgesehen davon, dass der Beklagte keine konkreten Angaben dazu mache, zu welchem Zeitpunkt dort Schwarzstörche gesichtet worden seien und ob diese auch erfolgreich gebrütet hätten, gebe es keine sicheren Erkenntnisse darüber, dass sich der geplante Windpark angesichts der Vorbelastung des Gebietes durch intensive Landwirtschaft mit Beregnung unter Verwendung von Verbrennungsmotoren und der ganzjährigen Beanspruchung der "Schotenheide" durch militärische Flugübungen tatsächlich negativ auswirke. Die Kammer folge insoweit den Darlegungen der Klägerin, dass die von den Anlagen möglicherweise ausgehende "Riegelwirkung" allenfalls dazu führe, dass Zug- und Rastvögel einen angesichts der nahen Schutzgebiete mit Nahrungsquellen unschädlichen kurzen Umweg flögen. Die Gefahr von Kollisionen der Vögel mit den Windkraftanlagen bestehe nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht. Erkenntnisse über negative Auswirkungen von den Windkraftanlagen auf Damwild seien nicht bekannt; im Übrigen finde nach den Ausführungen der Klägerin ohnehin eine bestandsreduzierende Jagd statt, da das Wild auf den landwirtschaftlichen Flächen große Schäden verursache. Denkmalpflegerische Belange stünden dem Vorhaben ebenfalls nicht entgegen. Bei den hier gegeben Abständen von mindestens 900 m und der Qualität der Baudenkmäler, bei denen es sich im Wesentlichen um Hofanlagen handele, deren Wirkungen auf die nähere Umgebung beschränkt seien, sei von einer wesentlichen Beeinträchtigung der Baudenkmäler durch die Windkraftanlagen nicht auszugehen.

Gegen das ihm am 22. Juli 2004 zugestellte Urteil hat der Beklagte fristgerecht die von dem Verwaltungsgericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung raumordnungsrechtlicher Fragen zugelassene Berufung eingelegt.

Am 27. Juli 2005 sind die Flächennutzungsplanänderungen der Beigeladenen zu 2. bis 4. (Nrn. 12, 6 und 11) mit einer gemeinsamen Planung nach § 204 Abs. 1 Satz 4 BauGB für die Windenergienutzung in Kraft getreten. In der 12. Flächennutzungsplanänderung der Beigeladenen zu 2. ist zeichnerisch ein ca. 370 ha großes Sondergebiet mit der Zweckbestimmung Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Mitgliedsgemeinde S. beidseits der BAB 7 ausgewiesen, das nach den textlichen Darstellungen für nicht raumbedeutsame Windkraftanlagen und für raumbedeutsame Anlagen, soweit sie den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen, bestimmt ist. In der 6. Flächennutzungsplanänderung der Beigeladenen zu 3. und der 11. Flächennutzungsplanänderung der Beigeladenen zu 4. ist festgelegt, dass in deren Gebieten keine Flächen für die Errichtung von Windkraftanlagen ausgewiesen würden. Die Pläne aller drei Samtgemeinden besagen zudem, dass außerhalb des auf dem Gebiet der Beigeladenen zu 2. dargestellten Sondergebietes Windkraftanlagen nicht zulässig seien.

Zur Begründung seiner Berufung trägt der Beklagte vor: Eine für den vorliegenden Fall entscheidungserhebliche Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB werde außer durch sein RROP 2000 auch durch die während des Berufungsverfahrens in Kraft getretenen Flächennutzungspläne der Beigeladenen zu 2. bis 4. mit der gemeinsamen Planung für den Teilbereich der Windenergienutzung herbeigeführt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts stünden dem Vorhaben auch Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, die natürliche Eigenart der Landschaft, ihr Erholungswert und die befürchtete Verunstaltung des Landschaftsbildes entgegen. Das Verwaltungsgericht habe sich der notwendigen Sachverhaltsaufklärung entzogen. Die insoweit erforderlichen Maßnahmen hätten bei Durchführung bestätigt, dass der Windpark zu erheblichen Störungen des Landschaftsschutzgebietes "Böhmetal" und des FFH-Gebietes und auch zur Störung seltener und geschützter Vogelarten führen würde. Unrichtig sei auch die Unterstellung, dass die Landschaft an dem vorgesehenen Standort keinen besonderen landschaftlichen Reiz aufweise und nicht schutzwürdig sei. Auch die Nachbarschaft zu den historisch gewachsenen Hofanlagen hätte bei Augenscheinseinnahme zu der Erkenntnis führen müssen, dass der Windpark die geschützten Denkmale beeinträchtigen werde. Da der Vorbescheid im Wesentlichen aus raumordnungsrechtlichen Gründen abgelehnt worden sei, sei das Entgegenstehen anderer öffentlicher Belange von ihm nicht abschließend geprüft worden. Eine aus Anlass des angefochtenen Urteils und der in ihm vertretenen Auffassung nunmehr vorgenommene Prüfung habe indes ergeben, dass ohne Beibringung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung, eines überarbeiteten avifaunistischen Gutachtens sowie eines Fledermausgutachtens eine Genehmigungsfähigkeit nicht gegeben sei. Es sei davon auszugehen, dass die beantragten Windenergieanlagen in das FFH-Gebiet und Vogelschutzgebiet "Untere Allerniederung" (ca. 1.300 m nördlich des nördlichsten Anlagenstandortes) hineinwirkten und angesichts der dort bekannten Vorkommen von Vögeln mit einer erheblichen Störwirkung gerechnet werden müsse. Im Hinblick auf das Vogelschutzgebiet sei ein Konfliktpotenzial für anfliegende Rastvögel anzunehmen. Seit Juli 2007 sei ein Seeadlerpaar bei dem Versuch beobachtet worden, sich in ca. 5 km Entfernung südwestlich der Ahe-Schlenke anzusiedeln. Spätere Beobachtungen im März 2008 hätten ergeben, dass der Horst zu Brutzwecken ausgebaut worden sei und genutzt werde. Das Gebiet Bosser Bruch/Frankenfelder Bruch liege mitten in einem Zugkorridor der Aller, der von Kranichen, Gänsen, Schwänen und vielen weiteren Wasservogelarten sowie dem Weißstorch genutzt werde. Die Aller diene hierbei quasi als West-Ost-Leitlinie. Zwischen dem Ostenholzer Moor in östlicher Richtung und Lichtenmoor in südwestlicher Richtung flögen die Kraniche hin und her und nutzten den Bosser Bruch/Frankenfelder Bruch als Rast- und Nahrungsplatz. In unmittelbarer Nähe befinde sich der Horst eines Schwarzstorchbrutpaars, das 2007 erfolgreich gebrütet habe. Aufgrund der Struktur der engeren und weiteren Umgebung der geplanten Standorte der Windkraftanlagen sei zu vermuten, dass das Gebiet als Jagd- und Lebensraum für Fledermausarten Bedeutung habe. Der Beklagte bezieht sich zum Beleg seines Vortrages auf Auskünfte von Vertretern der avifaunistischen Arbeitsgemeinschaft des Landkreises T., auf Beobachtungen des Revierleiters U. der Revierförsterei Q. des Niedersächsischen Forstamtes V. und auf eigene Beobachtungen seiner unteren Naturschutzbehörde. Wenn man - wie der Senat in früheren Urteilen - die Auffassung vertrete, dass die Festsetzungen des RROP 2000 über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Windenergieanlagen unwirksam seien, bedürfe es im konkreten Fall auch eines Raumordnungsverfahrens. Ohne die Durchführung eines solchen förmlichen Verfahrens könne der Vorbescheid nicht erteilt werden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 8. Juli 2004 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, den immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid unter Ausklammerung der Prüfung des naturschutzfachlichen Belangs zu erteilen,

hilfsweise,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, den Beklagten zu verpflichten, den Antrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden,

weiter hilfsweise,

Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur naturschutzfachlichen Situation der Baugrundstücke und ihrer Umgebung zu erheben.

Die Klägerin führt aus: Das Verwaltungsgericht habe das RROP 2000 des Beklagten zu Recht als unwirksam qualifiziert. Das gleiche müsse für die während des Berufungsverfahrens in Kraft getretene gemeinsame Flächennutzungsplanung für die Windenergienutzung der Beigeladenen zu 2. bis 4. gelten, denn diese leide ebenfalls an zahlreichen Mängeln. Auch sonstige Belange stünden dem Vorhaben nicht entgegen. Von einer erheblichen Beeinträchtigung schutzwürdiger Denkmale könne nicht gesprochen werden. Das Fehlen eines Raumordnungsverfahrens könne ihrem Begehren nicht entgegengehalten werden. Belange des Naturschutzes stünden ihm ebenfalls nicht entgegen; insoweit bezieht sich die Klägerin auf mehrere von ihr im Verlauf des Berufungsverfahrens vorgelegte Untersuchungen und Stellungnahmen der planungsgruppe grün, darunter Untersuchungen zum Vorkommen von Rot- und Schwarzmilan sowie Schwarzstorch am Standort Bosse vom 7. Mai 2008, Fledermauserfassung am Standort Bosse, Bestand - Bewertung - Konfliktanalyse vom 29. Oktober 2007, Biotoptypenkartierung zum Windpark Frankenfeld-Bosse vom März 2004, Avifauna-Untersuchung zum Windpark Frankenfeld-Bosse vom März 2004, Stellungnahme vom 10. Juni 2008 zu dem Vortrag des Beklagten mit Schriftsatz vom 22. April 2008 sowie Stellungnahme vom 10. September 2008 zu dem Schriftsatz des Beklagten vom 30. Juli 2008.

Der Beklagte erklärt, er stimme der Teilrücknahme der Klage zu und widerspreche dem Beweisantrag. Die von der Klägerin gewünschte Ausklammerung der naturschutzfachlichen Belange müsse am Maßstab des § 9 BImSchG betrachtet scheitern. Der auf Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung zielende Antrag erscheine unzulässig. Die mit dem weiteren Hilfsantrag beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens würde angesichts des nicht genügend substantiierten Vorbringens der Klägerin auf einen unzulässigen Ausforschungsbeweis hinauslaufen.

Die Klägerin erwidert, der äußerst hilfsweise gestellte Beweisantrag müsse anknüpfend an den ursprünglich angekündigten Antrag auf Berufungszurückweisung ohne Maßgaben verstanden werden. Die Fassung der Anträge in der mündlichen Verhandlung stelle keine teilweise Klagerücknahme dar. Ein Bescheidungsurteil sei im vorliegenden Fall nicht unzulässig.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Der Senat hat die Örtlichkeit in Augenschein genommen; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Verhandlungsniederschrift vom 28. November 2007 Bezug genommen.

Im Anschluss an den Verhandlungstermin hat der Senat zur weiteren Sachaufklärung eine Stellungnahme der zuständigen Behörde zu der Frage eingeholt, ob Gründe der Flugsicherheit der Errichtung der streitigen Windkraftanlagen entgegenstehen. Auf das Schreiben der Wehrbereichsverwaltung Nord vom 11. Januar 2008 wird Bezug genommen.

Die Beteiligten haben danach auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf die Aufstellungsunterlagen für das RROP 2000 des Beklagten und für die 12. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen zu 2., die 6. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen zu 3. und die 11. Änderung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen zu 4. mitsamt der dort genannten Unterlagen, wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen auf die gewechselten Schriftsätze und beigefügten Unterlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Mit Einverständnis der Beteiligten kann der Senat ohne weitere mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 i.V.m. § 125 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

A. Das Verfahren ist insoweit einzustellen, als die Klägerin die Prüfung des naturschutzfachlichen Belangs als Genehmigungsvoraussetzung von der Entscheidung ausgenommen und damit die Klage teilweise zurückgenommen hat. Insoweit ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 8. Juli 2004 unwirksam (§ 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO). Der Beklagte hat insoweit seine Einwilligung erklärt (§ 92 Abs. 1 Satz 2 VwGO).

Die Ausklammerung des naturschutzfachlichen Belangs kann je nach den Umständen des Einzelfalls eine teilweise Klagerücknahme oder eine bloße Klarstellung des Gewollten darstellen. Hier hat die Klägerin bei Stellung des Vorbescheidsantrages mit Schreiben vom 31. März 2003 sogleich darauf hingewiesen, dass die Erschließung des Windparks vorerst nicht Gegenstand dieses Antrages sein solle. Sie hat allerdings erst im Berufungsverfahren zum Ausdruck gebracht, dass das Vorbescheidsverfahren von der Prüfung des naturschutzfachlichen Belangs entlastet werden solle und einen entsprechenden einschränkenden Antrag in der mündlichen Verhandlung am 28. November 2007 gestellt. Zwar ist es der Klägerin stets um die Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens gegangen und gehören auch Fragen des Naturschutzes zu den bedeutsamen Belangen im Sinne des § 35 BauGB und damit zum Prüfprogramm bei Außenbereichsvorhaben. Daraus folgt jedoch nicht zwingend, dass ein auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens gerichteter Vorbescheidsantrag gleichsam automatisch die Prüfung sämtlicher in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB ausdrücklich benannter Belange erforderte. Vielmehr ist im Zweifel anzunehmen, dass der Antrag sich auf die Prüfung der Fragen beschränken soll, die mit der Vorlage prüffähiger Antragsunterlagen näher konkretisiert werden. So bestimmt § 4 Abs. 2 der 9. BImSchV ausdrücklich, dass dem Antrag die erforderlichen Unterlagen beizufügen sind, soweit die Zulässigkeit oder die Ausführung des Vorhabens nach Vorschriften über Naturschutz und Landschaftspflege zu prüfen ist, und sich die Anforderungen an den Inhalt dieser Unterlagen nach den naturschutzrechtlichen Vorschriften bestimmen. Das schließt insbesondere Angaben über Maßnahmen zur Vermeidung, Verminderung oder zum Ausgleich erheblicher Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sowie über Ersatzmaßnahmen bei nicht ausgleichbaren, aber vorrangigen Eingriffen in diese Schutzgüter ein. Detailliertere Unterlagen zu Fragen des Naturschutzes sind von der Klägerin zunächst nicht eingereicht worden. Sie hat aber mit ihrem Antrag eine Anlagenbeschreibung, eine Kostenaufstellung, Kartenmaterial, eine Schall- und Schattenprognose sowie immerhin eine Untersuchung zur UVP-Pflicht des Vorhabens gemäß § 3 c UVPG eingereicht, die sich vornehmlich zur Verträglichkeit des Vorhabens in dem natürlichen Umfeld und zur Beeinträchtigung von Natur und Landschaft verhält. Damit waren hier Unterlagen zur Prüfung eingereicht worden, die es nicht erlauben, die in der mündlichen Verhandlung am 28. November 2007 erklärten Einschränkungen des Klageantrags (Ausklammerung der Prüfung des naturschutzfachlichen Belangs) als bloße Klarstellung anzusehen.

Hinzu kommt, dass die Klägerin ihr Begehren zwar mit dem Hauptantrag in der genannten Weise eingeschränkt hat, aber mit dem äußerst hilfsweise gestellten Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur naturschutzfachlichen Situation der Baugrundstücke und ihrer Umgebung auf ihren Ursprungsantrag, die Berufung ohne Maßgaben zurückzuweisen, zurückgekommen ist. Mit dem zweiten Hilfsantrag hat die Klägerin auf Bedenken des Beklagten gegen die Zulässigkeit der Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides unter Ausklammerung des naturschutzfachlichen Belangs und gegen die Zulässigkeit eines Bescheidungsurteils reagiert. Nur bei einer angestrebten Berufungszurückweisung ohne Maßgaben hätte sich die Notwendigkeit ergeben können, den angebotenen Beweis zu erheben. Damit macht die gewählte Formulierung des Antrags hier aber zugleich deutlich, dass es der Klägerin ursprünglich um mehr als die Verpflichtung des Beklagten, ihr einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid ohne abschließende Prüfung des naturschutzfachlichen Belangs zu erteilen, gegangen ist. Dementsprechend sind naturschutzrechtliche Fragen auch - jedenfalls ansatzweise - Prüfungsgegenstand gewesen und von dem Beklagten wie auch der Widerspruchsbehörde in der Begründung der ablehnenden Bescheide behandelt worden.

B. Die Berufung ist - soweit über sie zu entscheiden ist - teilweise begründet.

Die Klage der Klägerin mit dem (nunmehr gestellten) Hauptantrag, den Beklagten zu verpflichten, ihr den begehrten immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid unter Ausklammerung der Prüfung des naturschutzfachlichen Belangs zu erteilen, ist zwar zulässig, aber nicht spruchreif und deshalb unbegründet (I.). Demgegenüber hat der Hilfsantrag, der auf die Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts zielt, Erfolg (II.).

I.1. Das Begehren der Klägerin, den Beklagten zur Erteilung des immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für die streitigen Windkraftanlagen zu verpflichten und dabei die Prüfung des naturschutzfachlichen Belangs auszuklammern, ist grundsätzlich statthaft. Die insoweit erhobenen Bedenken des Beklagten teilt der Senat nicht.

Gemäß § 9 Abs. 1 BImSchG kann auf Antrag durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht. Ein solches berechtigtes Interesse ist anzunehmen, wenn vernünftige Gründe für ein gestuftes Vorgehen vorhanden sind. Das ist insbesondere der Fall, wenn die Bindungswirkung des Vorbescheides geeignet ist, das Investitionsrisiko des Antragstellers zu verringern, indem hinsichtlich wesentlicher Teilfragen eine verbindliche Klärung vorab erreicht werden kann. Zu den Genehmigungsvoraussetzungen zählen die in § 5 BImSchG niedergelegten Grundpflichten sowie die Einhaltung der Anforderungen, die sich aufgrund der einschlägigen Rechtsverordnungen ergeben (§ 9 Abs. 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG). Daneben ergeben sich materielle Anforderungen auf Grund sonstiger öffentlich-rechtlicher Vorschriften (§ 9 Abs. 3 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG); das schließt u.a. die Erfüllung der bauplanungsrechtlichen Voraussetzungen ein, die bei Außenbereichsvorhaben § 35 BauGB zu entnehmen sind. Gegenstand des Vorbescheids kann mithin (als Genehmigungsvoraussetzung) jede beliebige Vorfrage der Genehmigung sein, sofern sie bereits abschließend beurteilt werden kann (vgl. nur Jarass, BImSchG, 7. Aufl., § 9 Rdnr. 4). Ein Vorbescheid kann damit zu jeder einzelnen für die Genehmigung relevanten Frage ergehen, die im Vorgriff auf sie rechtlich und tatsächlich auch geklärt werden kann. Dies schließt andererseits das Recht des Antragstellers ein, einzelne für die Genehmigung relevante Fragen aus der Prüfung ausklammern zu lassen. Das bedeutet indes nicht, dass die nicht zur abschließenden Prüfung gestellten Fragen im Verfahren auf Erteilung eines Vorbescheides gänzlich unberücksichtigt bleiben können. Vielmehr ist Gegenstand des Vorbescheides auch die Prüfung der Auswirkungen des gesamten Vorhabens. Damit ist nichts anderes gemeint als die in § 8 Satz 1 Nr. 3 BImSchG im Fall der Teilgenehmigung ausdrücklich angesprochene vorläufige Gesamtbeurteilung, die ergeben muss, dass der Errichtung und dem Betrieb der gesamten Anlage keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse im Hinblick auf die Genehmigungsvoraussetzungen entgegenstehen. In diesem Sinne sind die Einschränkungen, die ein Antragsteller in Bezug auf den Prüfungsgegenstand vornimmt, als unbedenklich anzusehen.

2. Wie vorstehend bereits angedeutet, gleicht die im Vorbescheidsverfahren durchzuführende Prüfung hinsichtlich der zur Entscheidung gestellten Genehmigungsvoraussetzungen derjenigen, die im Genehmigungsverfahren selbst stattfinden muss. Das heißt, dass sich auf der Grundlage der vom jeweiligen Antragsteller vorzulegenden Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen, den hiergegen gegebenenfalls erhobenen Einwendungen und den einzuholenden Stellungnahmen der Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, mit hinreichender Sicherheit feststellen lassen muss, ob die Genehmigungsvoraussetzungen des § 6 BImSchG vorliegen (vgl. § 10 Abs. 1 und 5 i.V.m. § 10 Abs. 9 bzw. im vereinfachten Verfahren § 19 BImSchG). Da die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides weiter voraussetzt, dass die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und insoweit in Anlehnung an die Regelung zur Teilgenehmigung in § 8 Satz 1 Nr. 3 BImSchG eine vorläufige Gesamtbeurteilung vorzunehmen ist, die positiv ausfällt, wenn dem Vorhaben keine von vornherein unüberwindlichen rechtlichen Hindernisse entgegenstehen, sind bei Anträgen auf Erlass eines Vorbescheides zusätzlich Angaben zu machen, die bei einer vorläufigen Prüfung ein ausreichendes Urteil darüber ermöglichen, ob die Genehmigungsvoraussetzungen im Hinblick auf die Errichtung und den Betrieb der gesamten Anlage vorliegen werden (§ 23 Abs. 4 i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 2 der 9. BImSchV). Demgemäß muss vor Erteilung eines Vorbescheides stets umfassend geprüft und vorläufig beurteilt werden, ob durch die Errichtung und den Betrieb der geplanten Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteile und erheblichen Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können. Das gleiche gilt für die Frage, ob sichergestellt werden kann, dass bei Errichtung und Betrieb der Anlage die übrigen sich aus § 5 BImSchG und einer aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) und dass andere öffentlich-rechtliche Vorschriften dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG).

a) Bei Vorhaben, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen, erstreckt sich im Verfahren zur Erteilung eines Vorbescheides die vorläufige Gesamtbeurteilung auch auf die erkennbaren Auswirkungen der gesamten Anlage auf die in § 1 a der 9. BImSchV genannten Schutzgüter (§ 23 Abs. 4 i.V.m. § 22 Abs. 3 Satz 1 der 9. BImSchV) und die Prüfung abschließend auf die Auswirkungen, deren Ermittlung, Beschreibung und Bewertung Voraussetzung für Feststellungen ist, die Gegenstand des Vorbescheides sind. Bereits im Verfahren auf Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides müssen die Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt ermittelt, beschrieben und bewertet werden. Ein Vorbescheid darf also erst nach Durchführung der erforderlichen Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt werden (vgl. auch § 13 UVPG). Damit soll nicht nur sichergestellt werden, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung frühzeitig erfolgt, sondern auch, dass keine für die Genehmigung des Gesamtvorhabens bindende Teil- oder Vorabentscheidung ergeht, ohne dass insoweit eine - gegebenenfalls erforderliche - Umweltverträglichkeitsprüfung stattgefunden hat. Bei Vorhaben, für die eine allgemeine oder standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles nach § 3 c Satz 1 und 2 UVPG vorgeschrieben ist, muss sich die Beurteilung daher auch auf die Frage erstrecken, ob für das Vorhaben die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist (vgl. zum Ganzen nur Storost, in: Ule/Laubinger, § 9 BImSchG Rdnr. C 10 ff, C 17 ff; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 9.8.2006 - 8 A 1359/05 -, DVBl. 2007, 129 jeweils m.w.N.).

Die Errichtung der von der Klägerin geplanten Windkraftanlagen bedurfte und bedarf der Genehmigung nach § 4 BImSchG. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6 des Anhangs zu dieser Verordnung in der Fassung durch Art. 4 des Gesetzes zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU-Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 unterfielen Windfarmen mit 3 oder mehr Windkraftanlagen den immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen. Das Verwaltungsverfahren ist im Hinblick auf diese Rechtslage zu Recht sogleich als ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren geführt worden. Seit dem 1. Juli 2005 unterfallen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 der 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6 des Anhangs zu dieser Verordnung (i.d.F. der Verordnung vom 20.6.2005, BGBl. I S. 1687) alle Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m der Genehmigungspflicht nach § 4 BImSchG. Bereits begonnene Verfahren sind nach den Vorschriften des BImSchG und der darauf gestützten Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu Ende zu führen (§ 67 Abs. 4 BImSchG). Damit hat sich für das streitige Vorhaben eine Änderung in der Genehmigungspflicht nicht mehr ergeben. Die Übergangsregelung in § 67 Abs. 9 Satz 3 BImSchG greift hier nicht ein. Sie betrifft Verfahren auf Erteilung einer Baugenehmigung für Windkraftanlagen, die vor dem 1. Juli 2005 rechtshängig geworden sind, nicht hingegen Verfahren, die zu diesem Zeitpunkt als immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren anhängig waren. Damit beantwortet sich die Frage, ob für das streitige Vorhaben die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist, nach Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) in der geltenden Fassung. Nach Nr. 1.6.3 der Anlage 1 unterliegt die Errichtung und der Betrieb einer Windfarm mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalles gemäß § 3 c Satz 2 UVPG. Nach dieser Vorschrift wird von der zuständigen Behörde überschlägig geprüft, ob von dem geplanten Vorhaben aufgrund besonderer örtlicher Gegebenheiten gemäß den in Nr. 2 der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Ist dies "nach Einschätzung der zuständigen Behörde" der Fall, ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.

Im vorliegenden Verfahren ist eine solche Vorprüfung - soweit nach Aktenlage ersichtlich - nicht durchgeführt und eine förmliche Entscheidung über die Erforderlichkeit nicht getroffen worden, offenbar weil der Beklagte das Vorhaben der Klägerin schon aus anderen Gründen, in erster Linie wegen der Unvereinbarkeit mit den Zielsetzungen seines RROP 2000, als nicht zulassungsfähig eingestuft hat.

Die Feststellung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung als Ergebnis einer standortbezogenen Vorprüfung durchzuführen ist, kann regelmäßig und auch hier nicht vom Gericht getroffen werden. Zwar ist das Gericht im Allgemeinen gehalten, im Rahmen einer Verpflichtungsklage, die erforderliche Spruchreife herzustellen. Daran ist der Senat aber gehindert, weil dem Beklagten im Rahmen der Vorprüfung ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Beurteilungsspielraum eingeräumt ist, der nicht derart reduziert war, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung von vornherein unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht kam. Für die Annahme der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung reicht insoweit grundsätzlich die begründete Möglichkeit erheblicher Beeinträchtigungen aus. Mithin obliegt es - wie ausgeführt - nach § 3 c Satz 1 und 2 UVPG der "Einschätzung der zuständigen Behörde", eine Entscheidung darüber zu treffen, ob es einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 7.12.2006 - 4 C 16.04 -, BVerwGE 127, 208; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19.6.2007 - 8 A 2677/06 -, ZNER 2007, 237; Urt. v. 9.8.2006, a.a.O.).

b) Unter diesen Umständen muss nicht näher erörtert werden, ob der Verpflichtungsantrag der Klägerin auch daran scheitern müsste, dass die Erteilung eines Vorbescheids im behördlichen Ermessen steht.

c) Ob dem (nunmehrigen) Hauptantrag der Klägerin auch deshalb nicht entsprochen werden kann, weil es - wie der Beklagte meint - an der Durchführung des vorgeschriebenen Raumordnungsverfahrens fehlt, kann nach dem Vorstehenden ebenfalls dahingestellt bleiben. Dazu soll allerdings Folgendes bemerkt werden: Die Auffassung des Beklagten, dass im konkreten Fall ein Raumordnungsverfahren erforderlich sei, knüpft an die in mehreren Urteilen des Senats (vom 11.7.2007 - 12 LC 18 und 19/07; vom 28.11.2007 - 12 LC 70 und 71/07 -; vom 10.1.2008 - 12 LB 21, 22 und 23/07-) enthaltene Feststellung an, dass die Festsetzungen in dem RROP 2000 des Beklagten über die raumordnungsrechtliche Zulässigkeit raumbedeutsamer Windenergieanlagen an anderer Stelle im Kreisgebiet unwirksam sind. Windkraftanlagen der hier streitigen Art unterliegen allerdings nicht schlechthin oder auch nur im Regelfall der Prüfung in einem Raumordnungsverfahren. In § 15 Abs. 1 Satz 1 ROG ist bestimmt, dass raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen in einem besonderen Verfahren untereinander und mit den Erfordernissen der Raumordnung abzustimmen sind (Raumordnungsverfahren). Gestützt auf die Ermächtigungsgrundlage des § 17 Abs. 2 ROG hat die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Planungen und Maßnahmen bestimmt, für die ein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden soll, wenn sie im Einzelfall raumbedeutsam sind und überörtliche Bedeutung haben (Raumordnungsverordnung des Bundes vom 13.12.1990, BGBl. I S. 2766 - RoV). Damit im Einklang befindet sich die landesrechtliche Regelung, wenn es in § 13 Abs. 1 NROG heißt, Raumordnungsverfahren sollten für die durch die Raumordnungsverordnung des Bundes in der jeweils geltenden Fassung bestimmten Vorhaben durchgeführt werden, wenn die Vorhaben im Einzelfall raumbedeutsam sind und überörtliche Bedeutung haben. Zugleich bestimmt § 13 Abs. 3 NROG - insoweit ermächtigt durch § 15 Abs. 2 ROG -, dass abweichend von § 13 Abs. 1 NROG von einem Raumordnungsverfahren abgesehen werden kann, wenn die Beurteilung der Raumverträglichkeit des Vorhabens bereits auf anderer raumordnerischer Grundlage hinreichend gewährleistet ist. Dies wird durch Beispiele ("dies gilt insbesondere, ...") konkretisiert.

Das hier streitige Vorhaben unterfällt nicht der Regelung des § 13 Abs. 1 NROG. Zu den in § 1 RoV aufgeführten raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zählt zwar auch die Errichtung einer Anlage im Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB, die der Genehmigung in einem Verfahren unter Einbeziehung der Öffentlichkeit nach § 4 BImSchG bedarf und die in den Nrn. 1 bis 10 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführt ist (§ 1 Satz 2 Nr. 1 RoV). Die Errichtung einer Windfarm mit 3 bis weniger als 6 Windkraftanlagen bedarf aber nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6 Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV nur eines vereinfachten Verfahrens nach § 19 BImSchG, bei dem die Vorschriften des § 10 Abs. 2 bis 4 BImSchG über die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht anzuwenden sind. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c der 4. BImSchV, wonach das Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG durchgeführt wird für Anlagen, die in Spalte 2 des Anhangs genannt sind und zu deren Genehmigung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ein Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, ist vorliegend nicht einschlägig, weil es - wie ausgeführt - nicht zwingend einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf, sondern zunächst eine standortbezogene Vorprüfung vorzunehmen ist. Daher ist ein Raumordnungsverfahren nach § 13 Abs. 1 NROG im Sinne einer Regelhaftigkeit ("soll") für die hier geplante Windfarm mit 5 Windkraftanlagen nicht durchzuführen.

Indes können Raumordnungsverfahren nach § 13 Abs. 2 NROG auch für andere raumbedeutsame Vorhaben von überörtlicher Bedeutung durchgeführt werden. Die Raumbedeutsamkeit des streitigen Vorhabens (§ 3 Nr. 6 ROG) bedarf einer näheren Begründung nicht (vgl. dazu zuletzt Senat, Urt. v. 28.5.2008 - 12 LB 64/07 -, bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 1.10.2008 - 4 B 52.08 -). Ob dem Vorhaben auch überörtliche Bedeutung im genannten Sinne zukommt, lässt sich nicht so eindeutig beantworten. Eine solche ist insbesondere gegeben, wenn das Vorhaben über das Gebiet der Standortgemeinde hinaus raumbeeinflussend ist. Dass diese Voraussetzung hier vorliegt, drängt sich angesichts der vorgesehenen Anlagenstandorte im Gemeindegebiet der Beigeladenen zu 1. nicht ohne weiteres auf. Für eine abschließende Prüfung sieht der Senat in diesem Verfahrensstadium keinen Anlass. Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13 Abs. 2 NROG vor, so erscheint das Verlangen des Beklagten nach der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens gemäß § 13 Abs. 2 NROG nicht von vornherein unzulässig. Nach der zitierten Entscheidung des Senats vom 28. Mai 2008 sind die allgemeinen Erfordernisse der Raumordnung als (allgemeiner) öffentlicher Belang in den Abwägungsvorgang nach § 35 BauGB einzubeziehen, sofern Darstellungen im Flächennutzungsplan oder Pläne im Sinne des § 8 oder 9 ROG nicht vorliegen. Zwar ist das RROP 2000 des Beklagten nicht - und schon gar nicht als Ganzes - förmlich mit allgemeiner Wirkung für unwirksam erklärt worden. Indes geht der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die Ausweisung der Vorrangstandorte für Windkraftanlagen in diesem RROP abwägungsfehlerhaft ist und hat dies im Rahmen von Inzidentprüfungen mehrfach ausgesprochen. Unter diesen Umständen wird man dem Beklagten kaum entgegenhalten können, er müsse sich an den (nicht wirksamen) Aussagen des RROP 2000 festhalten lassen und dürfe aus der Rechtsprechung des Senats keine Konsequenzen ziehen. Ebenso wenig wird man dem Beklagten vorhalten können, er komme mit diesem Verlangen nach einem Raumordnungsverfahren zu spät, denn bis zu den genannten Entscheidungen des Senats bestand aus Sicht des Beklagten kein Anlass für eine derartige Prüfung. Auch wird man kaum sagen können, dass der Beklagte bei fehlerfreier Ausübung seines Ermessens verpflichtet ist, unter den hier gegebenen Umständen auf die Einleitung eines Raumordnungsverfahrens zu verzichten. Allerdings fehlt es bisher an der förmlichen Einleitung eines solchen Verfahrens, dem gemäß § 14 Abs. 1 NROG eine Antragskonferenz vorauszugehen hat. Auch wenn das Raumordnungsverfahren grundsätzlich einem Zulassungs- und Genehmigungsverfahren vorauszugehen hat und das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens als öffentlicher Belang im Zuge der nachvollziehenden Abwägung nach § 35 BauGB bzw. im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nach § 23 a Abs. 1 der 9. BImSchV Berücksichtigung finden muss, folgt daraus nicht zwingend, dass ein erst nachträglich als fehlend erkanntes Raumordnungsverfahren nicht trotz eines anhängigen Zulassungs- und Genehmigungsverfahrens nachgeholt werden könnte. Dass sich Verwaltungsgerichte - wie auch der Senat in den Verfahren 12 LC 18 und 19/07 - in anderen Zusammenhängen nicht gehindert gesehen haben, den (jeweiligen) Beklagten zur Erteilung des beantragten Vorbescheids zu verpflichten, steht der Berufung auf die Notwendigkeit eines Raumordnungsverfahrens nicht schlechthin entgegen. Macht die zuständige Behörde mit Blick auf die Ermessensvorschrift des § 13 Abs. 2 NROG nicht einmal ansatzweise geltend, dass die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens erforderlich sei, so besteht insoweit zu einer ergänzenden gerichtlichen Prüfung regelmäßig kein Anlass.

II. In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen erweist sich die hilfsweise vorgenommene Beschränkung des Klagebegehrens auf eine Verpflichtung zur Neubescheidung als sachgerecht. Insoweit ist die Klage auch begründet und die Berufung des Beklagten zurückzuweisen, denn die Klägerin hat einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts. Dieser Anspruch setzt in der hier gegebenen Fallgestaltung voraus, dass die von dem Beklagten herangezogenen Gründe die Ablehnung des Antrags auf Erteilung eines Vorbescheides nicht tragen und der Vorbescheid nicht aus anderen erkennbar durchgreifenden Gründen zu versagen ist. Eine solche negative Entscheidung erforderte die Feststellung, dass (auch andere) abschließend zu prüfende Erteilungsvoraussetzungen nicht vorliegen und auch die darüber hinaus anzustellende vorläufige Prüfung zu dem Ergebnis kommt, dass dem Vorhaben von vornherein unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen. Derartige Feststellungen lassen sich nach derzeitigem Kenntnisstand nicht treffen.

1. Im Außenbereich ist ein Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB nicht zulässig, wenn öffentliche Belange entgegenstehen. Das ist gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB in der Regel der Fall, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Auf die Herbeiführung dieser Ausschlusswirkung zielen zwar sowohl das RROP 2000 des Beklagten als auch die abgestimmten Flächennutzungsplanänderungen der Beigeladenen zu 2. bis 4. mit einer gemeinsamen Planung für die Windenergienutzung ab, die im Verlauf des Berufungsverfahrens in Kraft getreten sind. Weder das RROP 2000 des Beklagten noch die Flächennutzungsplanänderungen der Beigeladenen zu 2. bis 4. sind aber geeignet, die Rechtsfolgen des § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB herbeizuführen. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Urteile des Senats insbesondere vom 11. Juli 2007 (- 12 LC 18/07 -, DWW 2007, 381 und - 12 LC 19/07 -) verwiesen werden. Neue Gesichtspunkte haben sich im vorliegenden Verfahren insoweit nicht ergeben.

2. Ein Vorhaben kann auch dann nicht zugelassen werden, wenn ihm Belange des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB entgegenstehen. Auch das ist im Hinblick auf die bauplanungsrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen nicht der Fall.

a) Durchgreifende und entgegenstehende Belange des Denkmalschutzes (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB) liegen hier auch unter Berücksichtigung der spezifischen landesrechtlichen Denkmalvorschriften nicht vor (vgl. zu dem Prüfungsrahmen im Einzelnen Senat, Urt. v. 28.11.2007 - 12 LC 70/07 - DWW 2008, 187 und - 12 LC 71/07 -). § 8 Satz 1 NDSchG bestimmt, dass in der Umgebung eines Baudenkmals Anlagen nicht errichtet, geändert oder beseitigt werden dürfen, wenn dadurch das Erscheinungsbild des Baudenkmals beeinträchtigt wird. Baudenkmale sind gemäß § 3 Abs. 2 NDSchG bauliche Anlagen, Teile baulicher Anlagen und Grünanlagen, an deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, wissenschaftlichen oder städtebaulichen Bedeutung ein öffentliches Interesse besteht. Ob ein Baudenkmal in das Verzeichnis der Kulturdenkmale nach § 4 NDSchG aufgenommen worden ist, ist für die Einstufung als zu schützendes Objekt unerheblich, denn die Eintragung in das Verzeichnis hat gemäß § 5 NDSchG nur deklaratorischen Charakter. § 8 Satz 1 NDSchG geht über das allgemeine Verunstaltungsverbot in § 53 NBauO hinaus. Eine Beeinträchtigung liegt somit nicht nur dann vor, wenn ein hässlicher, das ästhetische Empfinden des Betrachters verletzender Zustand, also ein Unlust erregender Kontrast zwischen der benachbarten Anlage und dem Baudenkmal hervorgerufen wird. Vielmehr soll mit dieser Vorschrift auch gewährleistet werden, dass die jeweilige besondere Wirkung des Baudenkmals, die es als Kunstwerk, als Zeuge der Geschichte oder als bestimmendes städtebauliches Element auf den Beschauer ausübt, nicht geschmälert wird. D.h. andererseits nicht, dass neue Bauten in der Umgebung eines Baudenkmals völlig an dieses anzupassen wären und ihre Errichtung unterbleiben müsste, wenn dies nicht möglich oder gewährleistet ist. Hinzutretende bauliche Anlagen müssen sich aber an dem Maßstab messen lassen, den das Denkmal gesetzt hat, und dürfen es nicht gleichsam erdrücken, verdrängen, übertönen oder die gebotene Achtung gegenüber den Werten außer Acht lassen, welche dieses Denkmal verkörpert. Bei welchen Abständen das Erscheinungsbild eines Denkmals beeinträchtigt wird, lässt sich nicht allgemein bestimmen, sondern hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab. Sofern gelegentlich regelmäßig einzuhaltende Entfernungen genannt werden, kann es sich allenfalls um Erfahrungswerte handeln, die eine erste Orientierung bieten mögen, aber die konkrete Prüfung im Einzelfall nicht entbehrlich machen können. Hinsichtlich des zur denkmalschutzrechtlichen Beurteilung erforderlichen Fachwissens kommt es auf das Urteil eines sachverständigen Betrachters, dessen Maßstab von einem breiten Kreis von Sachverständigen getragen wird, an. Dieses Fachwissen vermittelt in Niedersachsen vornehmlich das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege, das als staatliche Denkmalfachbehörde bei der Ausführung des Niedersächsischen Denkmalschutzgesetzes mitwirkt und dem insbesondere die in § 21 Satz 2 NDSchG aufgeführten Aufgaben obliegen. Davon ist unberührt, dass es sich bei dem Begriff "Beeinträchtigung" um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. zum Ganzen Senat, Urt. v. 28.11.2007 - 12 LC 70/07 - DWW 2008, 187).

Das Verwaltungsgericht hat diese Maßstäbe im Ergebnis nicht verkannt und insoweit zu Recht festgestellt, dass eine wesentliche Beeinträchtigung der geschützten Baudenkmäler von den Windkraftanlagen nicht ausgehe. Zwar hat die Bezirksregierung Lüneburg in ihrem Widerspruchsbescheid vom 6. April 2004 auch in ihrer Eigenschaft als obere Denkmalschutzbehörde noch die Auffassung vertreten, dass jedenfalls die beiden nördlich gelegenen Anlagenstandorte 1 und 2 in Abständen zu Baudenkmalen in der Ortslage W. M. und N.) lägen, die nach vorliegenden Erfahrungswerten vergleichbarer Situationen zu Beeinträchtigungen im Sinne des § 8 NDSchG führen könnten. Diese schon damals allgemein und eher pauschal gehaltene Beurteilung hat sich indes nicht bestätigt. Vielmehr hat der Vertreter des zur denkmalfachlichen Beurteilung vornehmlich berufenen Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege - des Beigeladenen zu 5. - in der mündlichen Verhandlung und nach Augenscheinseinnahme der denkmalwürdigen Bauernhöfe zwar auf deren orts- und siedlungsgeschichtliche Bedeutung hingewiesen, zugleich aber eindeutig zum Ausdruck gebracht, es sei nicht zu erwarten, dass diese Höfe durch die geplanten Windkraftanlagen erheblich in denkmalrechtlichem Sinne in Mitleidenschaft gezogen würden. Der Senat hat diese fachliche Beurteilung angesichts der Bedeutung der Höfe in denkmalrechtlicher Hinsicht und des Umfelds, in dem sich die Hofanlagen und die Standorte der Windenergieanlagen befinden, sowie der vorhandenen Abstände zwischen den Höfen und den vorgesehenen Standorten der Windkraftanlagen ohne weiteres nachvollziehen können. Gegen die sachverständige Beurteilung durch das beigeladene Amt haben auch die übrigen Beteiligten fundierte Einwände nicht (mehr) erhoben.

b) Was schädliche Umwelteinwirkungen durch Schall- und Schattenwurf und damit auch den Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB angeht, ist ein Genehmigungshindernis ebenfalls nicht ersichtlich. Die mit dem Antrag vorgelegte Schallimmissions- und Schattenwurfprognose vom 31. März 2003 kommt zu der Feststellung, dass die maßgeblichen Schallimmissionsrichtwerte an keinem der untersuchten Immissionspunkte überschritten, sondern mit einer Sicherheitsreserve von mindestens 7,1 dB(A) weit unterschritten würden und dass es ebenfalls hinsichtlich des Schattenwurfes zu keinem Überschreiten des Richtwertes von 30 Stunden/Jahr und 30 Minuten/Tag mit Blick auf den maximal theoretisch möglichen Schattenwurf komme. Bedenken gegen die Richtigkeit dieser fachlichen Beurteilung sind weder erhoben worden noch sonst erkennbar.

c) Zu den öffentlichen Belangen im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB gehören auch solche des Verkehrs einschließlich des Luftverkehrs im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB sowie Belange der Verteidigung im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 10 BauGB (vgl. dazu nur BVerwG, Beschl. v. 5.9.2006 - 4 B 58.06 -, BauR 2007, 78; Senat, Urt. v. 29.4.2008 - 12 LC 20/07 -, m.w.N.). Auch unter diesem Gesichtspunkt sind hier entgegenstehende Belange nicht erkennbar. Die vom Senat im Anschluss an die mündliche Verhandlung und seinerzeit noch bestehende Unklarheiten vorgenommene weitere Sachaufklärung hat zwar bestätigt, dass die zur Errichtung der Windkraftanlagen vorgesehenen Standorte sich ausnahmslos unterhalb einer ausgewiesenen militärischen Nachttiefflugroute befinden, zugleich aber ergeben, dass die geplanten Windkraftanlagen in der vorgesehenen Gesamthöhe von 149,09 m über Grund - entspricht 171,09 m über NN - auch unter Berücksichtigung eines Sicherheitsabstandes und mit Blick auf die Wahrung der Flugsicherheit zulässig sind. Die Wehrbereichsverwaltung X. hat in ihrer Stellungnahme vom 11. Januar 2008 insoweit ergänzend ausgeführt, dass unter Berücksichtigung des erforderlichen Sicherheitsabstandes ein "sicherer" Luftraum bis zu einer maximalen Bauhöhe der Windkraftanlagen von 182,9 m über NN verbliebe und die Anlagen (lediglich) mit einer Tages- und Nachtkennzeichnung zu versehen seien. Der Senat hat keinen Anlass, diese von der zuständigen Behörde im Rahmen ihres verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums abgegebene Stellungnahme in Zweifel zu ziehen. Solche Zweifel hat insbesondere auch der Beklagte nach Vorlage der die militärische Flugsicherheit bejahenden fachlichen Einschätzung nicht mehr vorgebracht.

d) Ein der Errichtung der Windkraftanlagen entgegenstehender Belang ergibt sich weiter nicht aus einer Verunstaltung des Orts- und Landschaftsbildes im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB. Hierfür wäre erforderlich, dass das Vorhaben dem Orts- oder Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird (allgemein: BVerwG, Urt. v. 22.6.1990 - 4 C 6.87 -, NVwZ 1991, 64 und speziell für Windkraftanlagen: BVerwG, Beschl. v. 15.10.2001 - 4 B 69.01 -, BRS 64 Nr. 100; Beschl. v. 18.3.2003 - 4 B 7.03 -, BRS 66 Nr. 103). Im Hinblick auf die gesetzgeberische Entscheidung für eine Privilegierung von Windkraftanlagen im Außenbereich kann sich der in Rede stehende öffentliche Belang in der Regel nur dann durchsetzen, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Orts- oder Landschaftsbild handelt. Hierfür ist nach dem Ergebnis der von dem Senat durchgeführten Ortsbesichtigung nichts ersichtlich. Die Umgebung der vorgesehenen Standorte weist vom Landschaftsbild her einen herausragenden Wert nicht auf. Sie wird in einer in Norddeutschland häufig anzutreffenden Weise durch landwirtschaftlich genutzte Flächen und Wald geprägt. Die streitigen Anlagen wären in diesem Landschaftsbild nicht allein durch ihre Zahl und markante Erscheinung grob unangemessen. Das gilt ungeachtet dessen, dass der Landschaftsraum vergleichsweise unberührt wirkt und von technischen Vorbelastungen bisher weitgehend frei ist. Eine besonders grobe Beeinträchtigung kann auch in Anbetracht der nahe gelegenen Allerniederung nicht angenommen werden.

3. An durchgreifenden Versagungsgründen würde es aber - wie ausgeführt - auch dann nicht fehlen, wenn dem Vorhaben auch jenseits der Genehmigungsvoraussetzungen, über die mit dem Vorbescheid endgültig zu befinden ist, von vornherein unüberwindliche Hindernisse entgegenstünden. Von vornherein unüberwindlich sind Hindernisse, wenn sie nicht durch zusätzliche Maßnahmen des Antragstellers, die gegebenenfalls Gegenstand von Nebenbestimmungen zu der späteren Genehmigung sein können, beseitigt werden können und sich damit unzulässige Auswirkungen der Anlage auf ihre Umgebung durch geeignete Vorkehrungen bei Bau und Betrieb mit hinreichender Sicherheit ausschließen lassen. Vorläufig ist die Beurteilung, weil sie, soweit nicht der Gegenstand des Vorbescheides betroffen ist, nur auf vorläufigen Unterlagen zu beruhen braucht, nicht aber wegen einer minderen Intensität der Prüfung dieser Unterlagen, etwa im Sinne einer bloßen Evidenzkontrolle (vgl. dazu nur Storost, in: Ule/Laubinger, § 9 BImSchG, Rn. C 17 f.). Nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen ist nicht ausgeschlossen, dass Errichtung und Betrieb der geplanten Anlagen jedenfalls im Grundsatz - notfalls in Verbindung mit Nebenbestimmungen - genehmigungsfähig sind.

a) Zu den in diesem Sinn zu beachtenden Genehmigungsvoraussetzungen gehören auch die auf europarechtlicher Grundlage beruhenden Vorschriften über den Habitat- und Vogelschutz.

aa) Bestandteil des Europäischen ökologischen Netzes "Natura 2000" sind Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, die in die Liste nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 der FFH-Richtlinie eingetragen worden sind (§ 34 a Abs. 1 NNatG i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 5 BNatSchG) und Gebiete, die durch Gesetz oder durch die Landesregierung unter Bezug auf Art. 4 Abs. 1 oder 2 der Vogelschutz-Richtlinie zu Europäischen Vogelschutzgebieten erklärt worden sind (§ 34 a Abs. 2 NNatG). Dazu gehören - soweit hier von Interesse - in der Nähe der Standorte der geplanten Windkraftanlagen das FFH-Gebiet "Aller (mit Barnbruch), untere Leine, untere Oker" (NI-Nr.90; Anhang 1 zur Entscheidung der EU-Kommission vom 7.12.2004, ABl. L 387, S. 1) und das Vogelschutzgebiet V 23 "Untere Allerniederung" (Bekanntmachung des MU vom 23.7.2002, Nds. MBl. 2002, 717). Dabei sind die Grenzen des genannten Vogelschutzgebietes in dem hier interessierenden Raum weitestgehend identisch mit denen des FFH-Gebiets Nr. 90.

Ein Projekt ist vor seiner Zulassung oder Durchführung auf seine Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes zu überprüfen (§ 34 c Abs. 1 Satz 1 NNatG, § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG). Auch Projekte, die außerhalb eines Natura 2000-Gebietes realisiert werden sollen, können Anlass für eine Verträglichkeitsprüfung geben. Projekte sind auf ihre Vereinbarkeit mit den gebietsbezogenen Erhaltungszielen und Schutzzwecken zu überprüfen, soweit sie geeignet sind, ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein Europäisches Vogelschutzgebiet erheblich zu beeinträchtigen. Mit dem Tatbestandsmerkmal der "erheblichen Beeinträchtigungen" knüpft das deutsche Recht an den Wortlaut von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-Richtlinie an. Damit ist die Prüfschwelle normiert, die für eine Vorprüfung (sog. Screening) maßgeblich ist. Diese Vorprüfung ist von der eigentlichen Verträglichkeitsprüfung zu unterscheiden. Die Vorprüfung entscheidet darüber, ob überhaupt eine weitergehende Verträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Das ist der Fall, wenn nach summarischer Vorprüfung jedenfalls die Möglichkeit besteht, dass das Vorhaben erhebliche Auswirkungen auf das Schutzgebiet hat oder die Erheblichkeit der Auswirkungen erst nach näherer Prüfung abgeschätzt werden kann. Das setzt voraus, dass nach Lage der Dinge zumindest ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen besteht. Der dafür notwendige Grad an Wahrscheinlichkeit ist erreicht, wenn anhand objektiver Umstände nicht offensichtlich ausgeschlossen werden kann, dass ein Vorhaben das fragliche Gebiet in dieser Weise beeinträchtigt (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 26.11.2007 - 4 BN 46.07 -, NVwZ 2008, 210; Urt. v. 17.1.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1; Kerkmann, in: ders. (Hg.), Naturschutzrecht in der Praxis, § 8 Rdnr. 141 ff).

Ob ein Vorhaben nach dem so beschriebenen Prüfungsmaßstab zu "erheblichen Beeinträchtigungen" führen kann, ist danach vorrangig eine naturschutzfachliche Fragestellung, die anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden muss. Maßgebliches Bewertungskriterium ist mit Blick auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten. Es fragt sich also, ob gewährleistet ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird. Dabei geht es bei einer vom Erhaltungsziel des FFH-Gebietes umfassten Tier- oder Pflanzenart um ihr Verbreitungsgebiet und ihre Populationsgröße. In beiden Hinsichten soll langfristig gesehen eine Qualitätseinbuße vermieden werden. Von dem Vorhaben ausgehende Stressfaktoren dürfen die artspezifische Populationsdynamik nicht soweit stören, dass die Art nicht mehr "ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird" (1. Anstrich in Satz 2 von Art. 1 Buchst. i FFH-Richtlinie). Die damit beschriebene Reaktions- und Belastungsschwelle kann unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalles gewisse Einwirkungen zulassen. Diese berühren das Erhaltungsziel nicht nachteilig, wenn es etwa um den Schutz von Tierarten geht, die sich nachweisbar von den in Rede stehenden Stressfaktoren nicht stören lassen. Bei einer entsprechenden Standortdynamik der betroffenen Tierart führt nicht jeder Verlust eines lokalen Vorkommens oder Reviers zwangsläufig zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes. Selbst eine Rückentwicklung der Population muss nicht als Überschreitung der Reaktions- und Belastungsschwelle zu werten sein, solange sicher davon ausgegangen werden kann, dass dies eine kurzzeitige Episode bleiben wird. Auch der Verlust einzelner Brut-, Nahrungs- oder Rückzugsgebiete bei Vögeln ist z. B. nicht notwendig mit einer Abnahme des Verbreitungsgebietes (2. Anstrich in Satz 2 von Art. 1 Buchst. i FFH-Richtlinie) gleichzusetzen, wenn es die Lebensweise der betroffenen Art ihr unter den gegebenen Umständen gestattet, Flächenverluste selbst auszugleichen und ihren Lebensraum zu verlagern (vgl. zum Ganzen: ausführlich BVerwG, Urt. v. 17.1.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, Rdnr. 30 ff).

bb) In der Gebietsmeldung für das FFH-Gebiet Nr. 90 werden als Erhaltungsziele der Schutz und die Entwicklung verschiedener Lebensraumtypen im Sinne von Pflanzengesellschaften benannt. Insofern kann eine Beeinträchtigung durch die geplanten Windkraftanlagen von vornherein ausgeschlossen werden. Zu den wertbestimmenden Merkmalen gehören aber auch Tierarten und - soweit Einwirkungen ernsthaft in Betracht zu ziehen sind - drei Fledermausarten, nämlich Großes Mausohr, Bechsteinfledermaus und Teichfledermaus, für die die Alleraue vermutlich Nahrungshabitat sei. Zur Art "Mausohr" wird in der Gebietsmeldung ferner ausgeführt, in der Kirche von Ahlden befinde sich ein bedeutendes Quartier (eines der nördlichsten Vorkommen in Niedersachsen). Die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Fledermäuse (und auch Vögel) sind bisher nur unvollständig untersucht (vgl. dazu insbesondere Hötker/Thomsen/Köster (Michael-Otto-Institut im NABU), Auswirkungen regenerativer Energiegewinnung auf die biologische Vielfalt am Beispiel der Vögel und der Fledermäuse - Fakten, Wissenslücken, Anforderungen an die Forschung, ornithologische Kriterien zum Ausbau von regenerativen Energiegewinnungsformen, Endbericht Dezember 2004; Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zum Thema "Gefährdung heimischer Greifvogel- und Fledermausarten durch Windkraftanlagen", BT-Drs. 15/5188). In dieser Lage, in der der verfügbare naturschutzfachliche Kenntnisstand regelmäßig nur qualitative Risikoeinschätzungen hervorbringen kann, können die in verschiedenen Bundesländern entstandenen Arbeitspapiere ungeachtet dessen, dass gegen die darin enthaltenen Aussagen im Einzelnen möglicherweise auch berechtigte Kritik vorgebracht werden kann, als Beurteilungskriterien und Orientierungshilfen jedenfalls zum Zweck einer Grobabschätzung herangezogen werden. Dazu gehören insbesondere die "Tierökologischen Abstandskriterien für die Errichtung von Windenergieanlagen in Brandenburg" (Stand. 1.6.2003) des Ministeriums für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung Brandenburg sowie die unter dem Titel "Naturschutz und Windenergie" von einer Arbeitsgruppe des Nds. Landkreistages (NLT) erarbeiteten Hinweise zur Berücksichtigung des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie zur Durchführung der Umweltprüfung und Umweltverträglichkeitsprüfung bei Standortplanung und Zulassung von Windenergieanlagen (Stand: Juli 2007). Die in dem NLT-Papier empfohlenen artspezifischen Abstände für Brut- und Gastvögel basieren wiederum auf Empfehlungen des Bundesamtes für Naturschutz oder Regelungen anderer Bundesländer (genannt wird Brandenburg), die bezogen auf die Bedingungen in Niedersachsen modifiziert oder ergänzt worden sind (vgl. NLT, S. 24 m. Fn. 5).

Diese Arbeitspapiere enthalten zum einen Mindestabstände zu besonders geschützten Gebieten für die Regional- und Bauleitplanung, die Vorsorgeintentionen zum Schutz besonders geschützter Teile von Natur und Landschaft sowie besonders oder streng geschützter Arten verfolgen. So wird in dem NLT-Papier (S. 9) ein Mindestabstand von regelmäßig 500 m zu Gebieten des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000, soweit zum Schutz von Vogel- oder Fledermausarten erforderlich, empfohlen. In den Abstandskriterien Brandenburg (S. 3) wird ein Tabubereich in einem Radius von 1 km um das FFH-Gebiet ab Gebietsgrenze bei Vorkommen von Fledermausarten des Anhang II der FFH-Richtlinie genannt. Auch dieser - größere - Abstand ist vorliegend gewährleistet. Darüber hinaus wird in dem letztgenannten Papier (S. 14 f.) eine weitere Konkretisierung dahin vorgenommen, dass zu Fledermauswochenstuben mit mehr als etwa 50 Tieren ein Mindestabstand von 1.000 m eingehalten werden soll. Das gleiche gilt hinsichtlich Fledermauswinterquartieren mit regelmäßig mehr als 100 überwinternden Tieren oder mehr als 10 Arten. Das in der Kirche von Ahlden befindliche Quartier der Art Mausohr hält - unabhängig von den im Einzelnen nicht belegten Bestandsgrößen - einen solchen Abstand zum Standort der geplanten Windkraftanlagen bei weitem ein. Anhaltspunkte dafür, dass die in der Gebietsmeldung genannten Fledermausarten in dem Raum, der die Windkraftanlagen aufnehmen soll, ein Hauptnahrungshabitat finden oder dieser Raum die Funktion eines Flugkorridors hat, bestehen derzeit nicht. In der Fledermauserfassung am Standort Bosse der planungsgruppe grün vom 29. Oktober 2007 sind die in der Gebietsmeldung genannten Arten nicht festgestellt worden. Auch wenn es sich dabei nur um stichprobenartige Erhebungen handelt, könnte der Umstand, dass die bezeichneten Arten dort überhaupt nicht nachgewiesen worden sind, darauf hindeuten, dass insoweit Beeinträchtigungen ausgeschlossen werden können. Auch der Beklagte hat insoweit konkrete Befürchtungen nicht einmal ansatzweise geäußert, so dass jedenfalls nach gegenwärtigem Erkenntnisstand vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen nicht bestehen dürften. Rein theoretische Besorgnisse vermögen eine Prüfungspflicht nicht zu begründen und scheiden als Grundlage für die Annahme erheblicher Beeinträchtigungen aus (BVerwG, a.a.O., Rdnr. 60).

cc) In der Schutzgebietserklärung für das Vogelschutzgebiet V 23 "Untere Allerniederung" (Bekanntmachung des MU v. 23.7.2002, Nds. MBl. S. 717) werden als wertbestimmende Vogelarten nach Art. 4 Abs. 1 (Anhang I) der Vogelschutz-Richtlinie genannt: Weißstorch, Schwarzmilan, Wachtelkönig, Zwergschwan und Singschwan. Als wertbestimmende Zugvogelarten nach Art. 4 Abs. 2 sind aufgeführt: Schafstelze und Braunkehlchen. Der Schutzzweck des Gebiets besteht im Wesentlichen darin, für die wertbestimmenden Vogelarten einen günstigen Erhaltungszustand zu erhalten oder - falls erforderlich - wiederherzustellen. Weitere Erhaltungsziele bestehen in dem Schutz weiterer Vogelarten, die in dem Gebiet vorkommen. In der Gebietsmeldung wird das Gebiet, welches eine Länge von etwa 45 km zwischen Y. bei P. und der Mündung in die Weser hat, eine sehr hohe Bedeutung als Brut- und Nahrungsgebiet für den Weißstorch zugesprochen; es stelle für diese Art die einzige Verbindungsachse von der stabilen ostdeutschen Population in Richtung Westen dar. Darüber hinaus weise das Gebiet ein landesweit bedeutendes Vorkommen des Wachtelkönigs auf. Hervorgehoben wird ferner das Vorkommen des Schwarzmilans, eines typischen Brutvogels der Flusstalauen. In Überschwemmungsjahren habe das Gebiet regelmäßig nationale und zum Teil internationale Bedeutung als Rastgebiet für nordische Schwäne und Gänse.

Die Abstandsempfehlungen zu Europäischen Vogelschutzgebieten entsprechen den oben genannten Abständen zu FFH-Gebieten (NLT, S. 9: 500 m, aber 1.000 m zu Gastvogellebensräumen internationaler Bedeutung und Feuchtgebieten internationaler Bedeutung; Abstandskriterien Brandenburg, S. 3: 1 km Radius ab Gebietsgrenze). Darüber hinaus geben die Beurteilungspapiere artspezifische Abstände an, die hinsichtlich des Weißstorches mindestens 1.000 m zum Brutplatz/Horst betragen sollen. Daneben sollen die Nahrungshabitate bis 7.500 m zum Brutplatz sowie die Flugwege dorthin (NLT, S. 24) bzw. die Nahrungsflächen im Radius zwischen 1.000 bis 4.000 m um den Horst sowie die Flugwege dorthin (Abstandskriterien Brandenburg, S. 8) freigehalten werden. Als (nächstgelegene) Brutplätze sind hier vom Beklagten Standorte in H. bezeichnet worden. Dazu halten die Windkraftstandorte den geforderten Abstand ein. Da der Weißstorch seine Nahrungsflächen jedenfalls vornehmlich im Feuchtgrünland der Allerniederung finden dürfte, spricht einiges dafür, dass die südlich der Aller und der Nahrungsflächen sowie der Horststandorte geplanten Windkraftanlagen nach diesen Maßstäben eine erheblich beeinträchtigende Wirkung voraussichtlich nicht ausüben werden. Dass zum Schutz der anderen genannten wertbestimmenden Vogelarten nach Art. 4 Abs. 1 mit Anhang I größere Abstände erforderlich sind, kann den Bewertungsunterlagen nicht entnommen werden. Dass nachteilige und nach den genannten Maßstäben nicht hinzunehmende Wirkungen auf wertbestimmende Zugvogelarten nach Art. 4 Abs. 2 der Vogelschutz-Richtlinie zu erwarten sein könnten, ist bislang auch nicht erkennbar (vgl. dazu die Avifauna-Untersuchung der planungsgruppe grün vom März 2004).

Der Beklagte hat allerdings unter Berufung auf wiederholte und aktenkundig gewordene Beobachtungen die Auffassung vertreten, dass der für die Windkraftnutzung vorgesehene Raum eine bedeutsame Zugvogelverbindungsstrecke darstelle. Darauf wird im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung zurückzukommen sein. Jedenfalls kann aus dem Umstand, dass das Vogelschutzgebiet für den Weißstorch die einzige Verbindungsachse von der ostdeutschen Population in Richtung Westen darstellt, insoweit nicht ohne weiteres auf ein bedeutsames Zugvogelgeschehen gerade in dem hier streitigen Raum geschlossen werden. Andererseits wird sich aber ohne nähere Prüfung kaum ausschließen lassen, dass von den geplanten Windkraftanlagen eine Barrierewirkung ausgehen kann, die geeignet ist, erhebliche Beeinträchtigungen für Weißstörche hervorzurufen. Dies gilt möglicherweise auch im Hinblick auf die zeitweilige nationale und zum Teil internationale Bedeutung des Gebietes als Rastgebiet für nordische Schwäne und Gänse. Allerdings wird eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele unter diesem Gesichtspunkt allenfalls dann anzunehmen sein, wenn das Gebiet als ein überregional bedeutsamer (Haupt-) Zugkorridor mit überdurchschnittlichem Vogelzuggeschehen zu charakterisieren ist (vgl. dazu unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Belanges im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB: OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 2.2.2006 - 1 A 11 312/04 -, juris; Urt. v. 20.12.2007 - 1 A 10 9237/06 -, ZNER 2007, 424). Verhält es sich so, muss daraus noch nicht die Unzulässigkeit des Vorhabens folgen. Zum einen würde sich die Frage stellen, ob durch die damit verbundenen Störwirkungen, etwa in Gestalt eines Kollisionsrisikos oder der Belastung der Arten durch Ausweichmanöver und dergleichen, auf den Erhaltungszustand der Arten nachteilig eingewirkt wird. Zum anderen könnte bedeutsam sein, ob gegebenenfalls die nachteiligen Wirkungen unterhalb der Erheblichkeitsschwelle gehalten werden könnten, weil durch geeignete Vermeidungs- oder Schutzmaßnahmen ein günstiger Erhaltungszustand zu gewährleisten wäre. Insoweit könnte etwa unter Umständen eine temporäre Abschaltung der Windkraftanlagen während der (Haupt-)Zeiten des Vogelzugs in Betracht kommen (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.12.2007, a.a.O.).

b) Auch das Artenschutzrecht kann sich für das Vorhaben als rechtliches Hindernis erweisen.

aa) Gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, der unmittelbar anwendbar ist (§ 11 Satz 1 BNatSchG) ist es verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören. Soll das im vorliegenden Zusammenhang in erster Linie in Rede stehende Tötungsverbot nicht zu einem unverhältnismäßigen Hindernis für die Realisierung von Vorhaben werden, so ist zur Erfüllung des Tatbestandes zu fordern, dass sich das Risiko des Erfolgseintritts durch das Vorhaben in signifikanter Weise erhöht (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 -, NUR 2008, 633, Rdnr. 219). Ferner ist gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG verboten, wildlebende Tiere der streng geschützten Arten und der Europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/5100, S. 11) umfasst eine lokale Population diejenigen (Teil-)Habitate und Aktivitätsbereiche der Individuen einer Art, die in einem für die Lebens(raum-)ansprüche der Art ausreichenden räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes soll danach insbesondere dann anzunehmen sein, wenn die Überlebenschancen, der Bruterfolg oder die Reproduktionsfähigkeit vermindert werden, wobei dies artspezifisch für den jeweiligen Einzelfall untersucht und beurteilt werden muss. Auf die Erfüllung subjektiver Tatbestandsmerkmale, wie einer absichtlichen, vorsätzlichen oder fahrlässigen Begehung, kommt es im Rahmen der Verbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG nicht an.

Bedenken könnten hier insbesondere hinsichtlich einiger europäischer Vogelarten im Sinne des Art. 1 der Vogelschutz-Richtlinie, die gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. b Doppelbuchst. bb BNatSchG zu den besonders geschützten Arten zählen (Art. 4 i. V. m. Anhang I), bestehen. Diese Arten sind zudem in Anhang A der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 vom 3.3.1997, S. 1 mit Änderungen, - EG-ArtenschutzVO -) aufgelistet, so dass sie gleichzeitig besonders geschützte Arten gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. a BNatSchG und streng geschützte Arten nach § 10 Abs. 2 Nr. 11 Buchst. a BNatSchG darstellen.

Da zur fachgerechten Beurteilung ornithologische Kriterien maßgeblich sind, die zutreffende Entscheidung prognostische Elemente enthält und überdies naturschutzfachlich allgemein anerkannte standardisierte Maßstäbe und rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen, muss der zuständigen Behörde eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zuerkannt werden. Die gerichtliche Prüfung ist insoweit auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 21.6.2006 - 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166, Rdnr. 44; Urt. v. 12.3.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, Rdnr. 202; Philipp, NVwZ 2008, 593, 596 f). Eine solche Rücknahme der Kontrolldichte setzt allerdings voraus, dass eine den wissenschaftlichen Maßstäben und den vorhandenen Erkenntnissen entsprechende Sachverhaltsermittlung vorgenommen worden ist.

bb) Ob eine deutliche Steigerung des Tötungsrisikos im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG oder eine erhebliche Störung im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG für den Kranich durch die Errichtung und den Betrieb der geplanten Windkraftanlagen zu befürchten ist, lässt sich anhand der bisher vorliegenden Erkenntnisse nicht abschließend beurteilen. Einerseits hat der Beklagte unter Berufung auf zahlreiche Beobachtungen von Vogelkundlern, des Revierleiters der Revierförsterei Q. des Niedersächsischen Forstamtes V. und vieler Ortsansässiger die Auffassung vertreten, bei dem für die Windkraftanlagen vorgesehenen Bereich handele es sich um einen bedeutsamen Kranich- und Gänserastplatz im Zugkorridor der Aller. Andererseits hat die Klägerin unter Bezugnahme auf eine von der planungsgruppe grün abgegebene Stellungnahme vom 10. Juni 2008 die Bedeutung der Allerniederung als Kranichzug- und Rastgebiet zwar nicht angezweifelt, aber darauf hingewiesen, dass im Vergleich zu den Rastzahlen in der Allerniederung selbst die entsprechenden Zahlen im Untersuchungsgebiet sehr gering seien und die Bedeutung als Nahrungsgebiet als gering eingeschätzt werde. Kraniche brüteten in der weiteren Umgebung des Untersuchungsgebietes. Die Anzahl rastender Kraniche, einer sehr stark zunehmenden Art, die zunehmend auch in der Nähe von Windkraftanlagen Nahrung suchend beobachtet werde, sei aus fachlicher Sicht so gering, dass eine Beeinträchtigung der rastenden Gesamtpopulation der Allerniederung nur gering sein dürfte. Das wird einer näheren Prüfung zu unterziehen sein. Anhaltspunkte dafür, dass die in den bereits mehrfach zitierten Arbeitspapieren (NLT und Abstandskriterien Brandenburg) empfohlenen artspezifischen Abstände hier nicht eingehalten werden - Abstand von wenigstens 1.000 m zum Brutplatz (NLT, S. 25 f. sowie Abstandskriterien Brandenburg, S. 8) - und dass auch die weitere Anforderung (nur NLT, S. 26) des Freihaltens der Nahrungshabitate (Bruchwald, Feuchtgrünland) bis 2.000 m zum Brutplatz sowie der Flugwege dorthin verfehlt wird, lassen sich den vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen.

cc) Was den Schwarzstorch (wohl) im Bereich Z. im Süden/Südwesten der geplanten Windkraftanlagen angeht, fehlt es an der nötigen Klarheit über den genauen Standort des Horstes und demzufolge auch über den tatsächlichen Abstand zu dem südlichsten Windkraftanlagenstandort. In dem Aktenvermerk der Fachgruppe Natur- und Landschaftsschutz des Beklagten vom 5. August 2003 wird - ebenso wie in dem Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 11. August 2003 - der Brutplatz als altbekannt und in einer Entfernung von weniger als 1.600 m zu den geplanten Anlagen gelegen bezeichnet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 28. November 2007 hat ein Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde des Beklagten angegeben, der Schwarzstorchhorst befinde sich in einer Entfernung von ca. 1.200 m zum Standort der südlichsten geplanten Anlage. In seiner Stellungnahme mit Schriftsatz vom 22. April 2008 bezieht der Beklagte sich nunmehr u. a. auf eine Äußerung des genannten Revierleiters vom 18. Dezember 2007, der als Anlage eine Karte u. a. mit einem dort eingezeichneten Standort des Schwarzstorchhorstes beigefügt war. Nach dieser Eintragung befindet sich der Brutplatz ca. 1.750 m von dem südlichsten Standort der vorgesehenen Windkraftanlagen entfernt. Demgegenüber wird der Schwarzstorchbrutplatz in dem der Stellungnahme des Beklagten mit Schriftsatz vom 30. Juli 2008 beigefügten Lageplan an anderer Stelle, nämlich mindestens 2 bis 3 km östlich, dargestellt. Der Widerspruchsbescheid der vormaligen Bezirksregierung Lüneburg vom 6. April 2004 sieht den Brutstandort des Schwarzstorchpaares in einer Entfernung von "nur ca. 1.500 m" zu den geplanten Windenergieanlagen 4 und 5. Ähnlich wird nunmehr in dem vom Beklagten mit Schriftsatz vom 30. Juli 2008 überreichten Auszug aus der landespflegerischen Beurteilung im Rahmen der Neuaufstellung des RROP formuliert.

Nach den Abstandsempfehlungen des NLT (S. 24) soll bei Schwarzstörchen ein Abstand von mindestens 1.000 m zum Brutplatz eingehalten und die Nahrungshabitate (naturnahe Wasserläufe, Wasserlauf begleitendes Grünland, naturnahe Stillgewässer, Teiche) bis 12.500 m zum Brutplatz sowie die Flugwege dorthin freigehalten werden. Die Abstandskriterien Brandenburg (S. 5) fordern demgegenüber (weitergehend) das Einhalten eines Abstandes von wenigstens 3.000 m zum Horst und (einschränkend) das Freihalten der Nahrungsflächen und Gewährleistung der Erreichbarkeit derselben im Radius bis mindestens 6.000 m um den Horst. Das zeigt, dass hinreichend gesicherte Beurteilungskriterien bisher offenbar nicht bestehen. Bekannt ist allerdings, dass Schwarzstörche in der Nähe ihres Horststandortes außerordentlich störungsempfindlich sind. Indes lässt sich die Ablehnung des begehrten Vorbescheides insoweit nicht allein damit begründen, dass die Brandenburgischen Abstandskriterien nicht eingehalten würden (so aber mindestens konkludent der Ablehnungsbescheid des Beklagten und ausdrücklich der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg). Vielmehr hätte es einer näheren Darlegung bedurft, aus welchen naturschutzfachlichen Erwägungen der Beklagte hier Anlass sieht, von den Abstandsempfehlungen des NLT, die ebenfalls unter Vorsorgegesichtspunkten erstellt worden sind, abzuweichen und warum der hier bei zutreffender Ermittlung tatsächlich bestehende Abstand nicht mehr als ausreichend angesehen werden kann.

Der näheren Prüfung bedarf auch, ob die Nahrungsflächen des Schwarzstorchs freigehalten werden und ihre Erreichbarkeit gewährleistet ist. Zwar spricht manches für die Auffassung der Klägerin, dass das zur Windkraftnutzung vorgesehene Gebiet kein (besonders) geeignetes Nahrungsgebiet für den Schwarzstorch sei. Anzunehmen ist auch, dass er Nahrung überwiegend in den südlich und westlich der Windkraftanlagenstandorte gelegenen Wäldern mit Feuchtgebieten, Mooren und Bächen, insbesondere der Alpe, findet. Andererseits kann angesichts des Umstandes, dass Nahrungsgebiete des Schwarzstorchs weiträumig über den Horststandort hinausreichen (in der Avifauna-Untersuchung der planungsgruppe grün vom März 2004, S. 13, wird der Aktionsradius mit 6 bis 10 km um den Horst bezeichnet; genannt werden teilweise sogar bis 12 km, vgl. Abstandskriterien Brandenburg, S. 5), nicht ausgeschlossen werden, dass auch unter diesem Aspekt von den Windkraftanlagen ein gesteigertes Kollisions- und Störrisiko ausginge und auf den Erhaltungszustand des Schwarzstorchs nachteilig eingewirkt würde. Es ist jedoch zu verhindern, dass Stressfaktoren, wie sie mit der Errichtung und insbesondere dem Betrieb einer Windfarm mit 5 Windenergieanlagen der hier vorgesehenen Art einhergehen, die artspezifische Populationsdynamik in einem Ausmaß stören, dass die Tierart kein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes mehr bilden kann. Auch wenn zur Vermeidung eines rechtswidrigen Zustandes nicht zwingend der Schutz jeder lokalen Population gewährleistet sein muss, können Einzelverluste, insbesondere bei Arten mit niedriger Reproduktionsrate, durchaus populationsrelevant sein (vgl. BVerwG, Beschl. v. 26.2.2008 - 7 B 67.07 -, BauR 2008, 1128).

Mit der Erwägung, das Gebiet sei durch intensive Landwirtschaft mit Beregnung unter Verwendung von Verbrennungsmotoren und durch militärische Flugübungen vorbelastet, lassen sich die auf die Windkraftanlagen zurückzuführenden nachteiligen Wirkungen nicht für unerheblich erklären. Abgesehen davon, dass diese Störquellen von anderer Art sind, haben sie offenbar den Schwarzstorch nach den glaubhaften Ausführungen des Beklagten nicht gehindert, dieses Gebiet seit Jahren als Brutplatz (wenn auch nicht im Jahre 2008) und Lebensraum zu nutzen.

Folgte man der Auffassung der planungsgruppe grün in ihrer Stellungnahme vom 10. September 2008 (dort S. 3), dass pauschale Abstandsregelungen zur Freihaltung der Flächen auch beim Schwarzstorch nicht zielführend seien und (stattdessen) die bevorzugten Flugwege identifiziert werden sollten, so bestünde die Notwendigkeit, derartige Untersuchungen vorzunehmen. Das ist bislang nicht geschehen.

dd) Der Beklagte hält dem Vorhaben als weiteres Hindernis entgegen, dass im Jahr 2007 ein Seeadlerpaar in der Schotenheide im Naturschutzgebiet Moor bei der Balz beobachtet worden sei und sich inzwischen in ca. 5 km Entfernung von den Standorten der Windkraftanlagen südwestlich der Ahe-Schlenke in der Nähe der Ortschaft Q. neu angesiedelt und erfolgreich gebrütet habe. Nahrungsflüge fänden in der Regel bis zu einer Entfernung von 6 km und mehr um den Brutplatz herum statt. Mithin würden die gebotenen Schutzabstände nicht eingehalten. Es sei davon auszugehen, dass die landwirtschaftlich genutzten Flächen, die Raum für die Windkraftanlagen bieten sollten, von den Adlern zur Nahrungssuche (Wild, durch Mäharbeiten getötete Kitze etc.) aufgesucht würden.

Darauf hat die Klägerin lediglich erwidert: Zwar werde in dem bezeichneten Raum eine Seeadlerbrut ebenso für möglich gehalten wie in dem Waldmoor in der Schotenheide. Das für die Windkraftnutzung vorgesehene Untersuchungsgebiet habe aber für Nahrung suchende und überfliegende Seeadler nur eine geringe Bedeutung; geeignete Nahrungsgründe fehlten dort. Während der zweimal pro Monat stattfindenden Rastvogelzählungen seit Juli 2007 (17 Exkursionen bis Ende Mai 2008) und der Raumnutzungsuntersuchung im April 2008 (11 Tage) sei nur einmal ein Seeadler von Mitarbeitern der planungsgruppe grün am 4. April 2008 in großer Höhe in Neu H. nach Nordwesten fliegend registriert worden.

Nach den naturschutzfachlichen Empfehlungen des NLT zum Thema Naturschutz und Windenergie (S. 25) wird bezogen auf den Seeadler das Einhalten eines Abstandes von mindestens 3.000 m zum Brutplatz und das Freihalten der Nahrungshabitate bis 6.000 m zum Brutplatz sowie der Flugwege dorthin empfohlen. Entsprechend lauten die Empfehlungen in den Abstandskriterien Brandenburg (S. 3), wo ergänzend darauf hingewiesen wird, dass Nahrungsflüge zum Horst meist gradlinig erfolgten und deshalb die meist direkten Verbindungskorridore (1.000 m breit) zwischen Horst und Nahrungsgewässern im Radius von 6.000 m um den Brutplatz freigehalten werden sollten. Die Klägerin verweist demgegenüber unter Berufung auf eine weitere Stellungnahme der planungsgruppe grün vom 10. September 2008 darauf, dass eine pauschale Abstandsempfehlung zur Freihaltung von Flächen um den Seeadlerhorst nicht zielführend sei, sondern Planbeobachtungen zur Raumnutzung der Art sinnvoller erschienen, weil der Raum um die Neststandorte in der Regel nicht gleichmäßig genutzt werde, sondern häufig einige Flugwege bevorzugt genutzt würden. Das stimmt grundsätzlich mit den Annahmen in den Abstandskriterien Brandenburg überein. Fraglich erscheint aber, ob die weitere Feststellung in der Stellungnahme der planungsgruppe grün, dass der Bereich der geplanten Anlagen nicht zu den bevorzugten Flugwegen des Seeadlerpaares gehöre, fundiert mit den bisherigen Beobachtungen (angeblich 82 Beobachtungsstunden im August 2007 und 154 Beobachtungsstunden im April 2008) begründet werden kann. Die (nur) einmalige Beobachtung dieser Vogelart durch den Gutachter in "großer Höhe" (deutlich über 300 m) und in deutlicher Entfernung zu den geplanten Anlagen (mehr als 1 km) wird voraussichtlich die gezogene Schlussfolgerung, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung dieser Art (durch Verdrängung und Schlagrisiko) durch die geplanten Anlagen als gering eingeschätzt werden müsse, allein noch nicht tragen können. Dabei ist in tatsächlicher Hinsicht zum einen zu berücksichtigen, dass das Seeadlerpaar offenbar nach den vorhandenen Erkenntnissen diesen Raum erstmals im Jahr 2007 aufgesucht hat und der Brutplatz erst im Jahre 2008 bezogen worden ist. Im Hinblick darauf dürften sich die von der planungsgruppe grün gemachten Beobachtungen in ihrer Aussagekraft relativieren. Zum anderen gehört der Seeadler zu den durch Windkraftanlagen am stärksten betroffenen Vogelarten mit einer relativ hohen Zahl von Todfunden. Angesichts der relativ geringen Bestandszahlen muss hinsichtlich dieser Art mit deutlichen Erhöhungen der Mortalitätsrate und nachteiligen Einwirkungen auf die Populationsentwicklung gerechnet werden (vgl. dazu BT-Drs. 15/5188; Hötker/Thomsen/Köster, a. a. O., S. 35 ff., 46 ff.). Das erlaubt zwar gegenwärtig noch nicht die Feststellung, dass dem Vorhaben insoweit unüberwindliche Hindernisse entgegenstehen. Unter diesen Umständen wird sich aber ohne weitere vertiefende Untersuchungen nicht abschließend beurteilen lassen, ob die Errichtung und der Betrieb der geplanten Windkraftanlagen an dem vorgesehenen Standort nicht mehr hinnehmbare Beeinträchtigungen für diese Vogelart unter artenschutzrechtlichen Gesichtspunkten erwarten lassen.

ee) Dass auch der Rotmilan im Untersuchungsgebiet beobachtet werden kann, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Klägerin vertritt allerdings aufgrund der Untersuchungen der planungsgruppe grün zum Vorkommen von Rot- und Schwarzmilan sowie Schwarzstorch am Standort Bosse vom 7. Mai 2008 die Auffassung, dass Hinweise auf ein größeres Konfliktpotential hinsichtlich der geplanten Windenergieanlagen nicht bestünden, denn der Rotmilan nutze das Gebiet nur unregelmäßig und habe auch keine bevorzugten Bereiche aufgesucht. Diese Einschätzung beruht auf Planbeobachtungen im August 2007 an sechs Terminen mit ca. siebenstündigen Beobachtungen. An zwei Tagen wurde der Rotmilan gesichtet, wobei auf den ersten Beobachtungstag neun Sichtungen und auf einen weiteren Tag eine Sichtung entfiel. Dabei bezogen sich die Sichtungen räumlich unmittelbar auf den Bereich der Anlagen, aber auch auf Gebiete westlich und östlich davon. Bei weiteren Untersuchungen im April 2008, die offenbar vornehmlich der Feststellung von Schwarzstörchen dienen sollten, wurden über eine Beobachtungszeit von insgesamt 154 Stunden Rotmilane offenbar nicht festgestellt. Diese Beobachtungen wird man schwerlich als eine systematische Bestandserfassung und darauf gestützte fundierte Bewertung der Ergebnisse ansehen können. Es erscheint zweifelhaft, ob diese stichprobenartigen Untersuchungen - zudem teilweise außerhalb der Brutzeit - eine hinreichende Abschätzung der Gefährdungslage erlauben. Auch der Umstand, dass von Mitarbeitern der planungsgruppe grün in der angegebenen Zeit insgesamt wohl nur zwei bis drei Rotmilane bei den Sichtungen festgestellt werden konnten und sich Schwerpunkträume bei der Raumnutzung durch diese Vogelart im Untersuchungsgebiet nicht erkennen ließen, wird für sich genommen voraussichtlich noch nicht die Feststellung erlauben, dass insoweit beachtliche Beeinträchtigungen ausgeschlossen sind. Nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen gehört der Rotmilan zu den von Windkraftanlagen am stärksten betroffenen Vogelarten. Die Opferzahlen überschreiten die entsprechenden Zahlen für andere Großvogelarten erheblich und liegen noch weit über denen des Seeadlers (vgl. BT-Drs. 15/5188 sowie Hötker/Thomsen/Köster, a. a. O.). In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass etwa die Hälfte aller Rotmilane weltweit in Deutschland brüten, so dass sich eine besonders hohe Verantwortlichkeit für diese Art hierzulande ergibt (Artikel 4 Abs. 1 mit Anhang I der EG-Vogelschutzrichtlinie). Aufgrund des hohen Kollisionsrisikos für Rotmilane werden aus naturschutzfachlicher Sicht größere Abstände zwischen Brut- und Nahrungshabitaten dieser Vogelart und Windkraftanlagen vorgeschlagen. Laut NLT-Papier (S. 24 f.) soll ein Abstand von mindestens 1.000 m zum Brutplatz eingehalten und die Nahrungshabitate bis 2.500 m zum Brutplatz sowie die Flugwege dorthin freigehalten werden. Zu der genauen Lage von Brutplätzen verhalten sich die vorliegenden Unterlagen nicht. Die bisherigen Beobachtungen zeigen aber, dass der für die Windkraftnutzung vorgesehene Raum von Rotmilanen aufgesucht wird. Demgegenüber muss nicht entscheidend ins Gewicht fallen, dass das Gebiet möglicherweise nicht ein besonders bevorzugtes und von einer größeren Zahl von Vögeln aufgesuchtes Rotmilangebiet darstellt. Es handelt sich jedenfalls um einen geeigneten Lebensraum, dem durchaus auch bei einer geringen Populationsdichte Bedeutung zukommen kann.

ff) Mit der "Fledermauserfassung am Standort H." vom 29. Oktober 2007 hat die planungsgruppe grün für die Klägerin eine Potentialabschätzung hinsichtlich der Fledermausvorkommen in dem Vorhabensraum vorgenommen. Festgestellt worden sind vornehmlich Zwergfledermaus, Bartfledermaus, Großer Abendsegler, Breitflügelfledermaus und Rauhhautfledermaus. Die Erfassung kommt zu dem Fazit, dass die durchgeführte stichprobenartige Untersuchung keine Hinweise auf das Vorkommen größerer und artenreicher Fledermauspopulationen geliefert habe. Während der Zeit des Herbstzuges sei kein ausgeprägter Zug im Plangebiet feststellbar gewesen. Breitflügelfledermäuse, die potentiell durch Scheuchwirkungen betroffen wären, hätten nur mehr oder weniger vereinzelt festgestellt werden können. Damit liefere die Untersuchung keine Hinweise, die weitergehende Maßnahmen aus Gründen des Artenschutzes oder Kompensationsmaßnahmen erforderlich scheinen ließen. Ob demgegenüber die kritischen Anmerkungen des Beklagten zu dieser Untersuchung, die sich vor allem auf bestimmte Einzelheiten der Untersuchungsmethoden und die Lückenhaftigkeit der gewonnen Erkenntnisse beziehen und deshalb einen weiteren Untersuchungsbedarf reklamieren, hinsichtlich bestimmter eingriffssensibler Arten berechtigt sind (vgl. dazu wiederum die Erwiderung in der Stellungnahme der planungsgruppe grün vom 10. September 2008, S. 3 ff.), muss im vorliegenden Zusammenhang nicht weiter vertieft werden. Selbst wenn die Datenlage lückenhaft ist und eine Gefährdung der vorkommenden Arten nicht ausgeschlossen werden kann, folgt daraus nicht und wird auch von dem Beklagten nicht behauptet, dass dem Vorhaben angesichts der Fledermausvorkommen nicht ausräumbare Hindernisse entgegenstehen. Vielmehr spricht auch nach dem Vorbringen des Beklagten gegenwärtig Überwiegendes dafür, dass jedenfalls durch geeignete Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen, z. B. in Gestalt von Monitoring und Abschaltzeiten, die Störwirkungen auf ein hinnehmbares Maß reduziert werden könnten.

c) Unabhängig davon, ob die spezifischen Verbotstatbestände des Artenschutzrechts erfüllt sind, kann der Belang des Vogel- und Fledermausschutzes auch in seinen europarechtlichen Ausprägungen als Artenschutz in der Form des Schutzes von Lebensraum und Lebensbedingungen der Tiere vor erheblichen Beeinträchtigungen über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zum Tragen kommen. Im Rahmen der Prüfung nach dieser Vorschrift ist eine nachvollziehende Abwägung geboten, bei der die Schutzwürdigkeit der betroffenen Art und des jeweiligen Lebensraumes sowie die Intensität und Auswirkungen des Eingriffs dem Interesse an der Realisierung des privilegierten Vorhabens gegenüberzustellen sind (vgl. aus der neueren Rspr. nur OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16.3.2006, a.a.O.; Thüringer OVG, Urt. v. 29.5.2007 - 1 KO 1054/03 -, ZfBR 2008, 60). Das folgt bezüglich der Vögel daraus, dass die Mitgliedstaaten europarechtlich nach Art. 3 Abs. 1 der Vogelschutz-Richtlinie verpflichtet sind, für alle europäischen Vogelarten im Sinne des Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie eine ausreichende Vielfalt und Flächengröße der Lebensräume zu erhalten oder wiederherzustellen, wozu nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie insbesondere die Pflege und ökologisch richtige Gestaltung der Lebensräume nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb von Schutzgebieten gehört. Ferner haben sich die Mitgliedstaaten für die in dem Anhang I der Richtlinie aufgeführten Arten auch außerhalb der von ihnen nach Art. 4 Abs. 1 auszuweisenden Schutzgebiete gemäß Art. 4 Abs. 4 Satz 2 der Richtlinie um eine Vermeidung der Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu bemühen. Schließlich ist der Lebensraum der in Anhang A der EG-Artenschutzverordnung aufgeführten Vogelarten in besonderer Weise schutzwürdig. Die vorstehend dargestellten Überlegungen zu den einzelnen Tierarten führen auch in diesem rechtlichen Zusammenhang zu der Erkenntnis, dass die in den angefochtenen Bescheiden dazu bislang angestellten Erwägungen nicht geeignet sind, die ablehnende Entscheidung zu tragen. Andererseits kann derzeit nach dem hier anzulegenden Prüfungsmaßstab nicht festgestellt werden, dass der (eingeschränkte) Antrag der Klägerin, ihr einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid zu erteilen, in jedem Fall erfolglos bleiben wird.

Ende der Entscheidung

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