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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.11.2006
Aktenzeichen: 12 ME 194/06
Rechtsgebiete: GG, LuftVG, LuftVZO


Vorschriften:

GG Art. 12 I
GG Art. 80 I
LuftVG § 4 I Nr. 2
LuftVG § 4 II
LuftVG § 31 II Nr. 2
LuftVG § 32 I 1 Nr. 4
LuftVZO § 24e III
LuftVZO § 24e VI
Einführung einer Altersgrenze für flugmedizinische Sachverständige durch Rechtsverordnung.
Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich mit seiner Beschwerde gegen den in der Beschlussformel bezeichneten Beschluss, mit dem das Verwaltungsgericht seinen Antrag abgelehnt hat, die Antragsgegnerin (vertreten durch das Luftfahrt-Bundesamt) im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, seine Anerkennung als flugmedizinischer Sachverständiger für die Erteilung von Tauglichkeitszeugnissen der Klasse 1 vorläufig - bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren - gemäß § 24 e Abs. 6 LuftVZO zu verlängern.

Der am 23. Oktober 1934 geborene Antragsteller ist Facharzt für Innere Medizin. Seine Anerkennung als flugmedizinischer Sachverständiger der Klasse 1 nach § 24 e Abs. 3 LuftVZO wurde von der Antragsgegnerin zuletzt mit Bescheid vom 18. November 2005 bis zum 30. April 2006 verlängert. Unter dem 5. Dezember 2005 beantragte der Antragsteller die Verlängerung seiner Anerkennung für weitere drei Jahre. Mit Bescheid vom 27. Dezember 2005 lehnte die Antragsgegnerin diesen Antrag mit der Begründung ab, eine weitere Verlängerung der Anerkennung scheitere an der in § 24 e Abs. 6 Satz 2 LuftVZO für die Tätigkeit von flugmedizinischen Sachverständigen vorgesehenen Altersgrenze von 68 Jahren. Auch die Übergangsvorschrift des § 110 Abs. 1 LuftVZO lasse eine Verlängerung der Anerkennung über den 30. April 2006 hinaus nicht zu.

Der Antragsteller legte gegen den Ablehnungsbescheid der Antragsgegnerin am 10. Januar 2006 Widerspruch ein. Mit einem bei dem Verwaltungsgericht anhängig gemachten Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin zu seiner vorläufigen weiteren Anerkennung als flugmedizinischer Sachverständiger im Wege der einstweiligen Anordnung hat er vorläufigen Rechtsschutz begehrt.

Mit dem angegriffenen Beschluss vom 28. April 2006 hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Da er die in § 24 e Abs. 6 Satz 2 LuftVZO festgeschriebene Altersgrenze von 68 Jahren überschreite, könne seine Anerkennung als flugmedizinischer Sachverständiger der Klasse 1 nicht verlängert werden. Nach summarischer Prüfung in dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sei die Vorschrift des § 24 e Abs. 6 Satz 2 LuftVZO verfassungsgemäß. Die festgesetzte Altergrenze verstoße nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Zwar berühre die Altersgrenze die Freiheit der Berufswahl auf der Stufe einer subjektiven Zulassungsvoraussetzung. Sie finde jedoch ihre Rechtfertigung in dem Interesse der Allgemeinheit an einer sorgfältigen und zuverlässigen Arbeit der flugmedizinischen Sachverständigen sowie der dadurch gewährleisteten Tauglichkeit des untersuchten Luftfahrtpersonals, die wiederum eine wesentliche Grundlage für die Sicherheit des Luftverkehrs als eines besonders wichtigen Gemeinschaftsgutes darstelle. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes liege eine unverhältnismäßige Zulassungsbeschränkung nicht vor, wenn der Gesetzgeber die Zulassung zu einem - insbesondere staatlich gebundenen - Beruf, bei dem jedes Versagen zu einer erheblichen Gefährdung von Leben und Gesundheit der Bevölkerung führen könne, über das Alter hinaus untersage, in dem erfahrungsgemäß die körperlichen und geistigen Kräfte erheblich nachzulassen begännen und die berufliche Tätigkeit des Menschen im allgemeinen ihre natürliche Grenze gefunden habe. Weiterhin sei es dem Gesetzgeber nicht verwehrt, im Rahmen seines Ermessens einer generalisierenden Regelung den Vorzug vor einer Prüfung der individuellen Leistungsfähigkeit eines jeden Berufsangehörigen zu geben. Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes sei auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber nach neueren Erkenntnissen gehalten gewesen sein könnte, eine höhere Altersgrenze festzulegen. Eine rechtsstaatlichen Anforderungen genügende Übergangsregelung sei in Gestalt des § 110 Abs. LuftVZO vorhanden, der Antragsteller habe diese bereits in Anspruch genommen. In formeller Hinsicht werde die in § 24 e Abs. 6 Satz 2 LuftVZO enthaltene Regelung von der gesetzlichen Verordnungsermächtigung des § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LuftVG getragen. Diese Ermächtigung werde insbesondere den Erfordernissen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG gerecht. Sie erstrecke sich nicht nur auf den Erlass von Durchführungsbestimmungen über den Kreis der Personen, die einer Erlaubnis nach dem Luftverkehrsgesetz bedürften, sondern betreffe auch die Anforderungen an die Befähigung und Eignung dieser Personen sowie das Verfahren zur Erlangung der Erlaubnisse und Berechtigungen. In diesem Regelungszusammenhang dürfe der Verordnungsgeber nicht nur die Zulassung von flugmedizinischen Sachverständigen überhaupt, sondern als weitere Voraussetzung für deren Tätigkeit auch eine Altersgrenze vorsehen.

Mit Bescheid vom 3. Juni 2006 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers zurückgewiesen. In den Gründen des Bescheides heißt es unter anderem, die Tätigkeit als flugmedizinischer Sachverständiger stelle kein dem Grundrechtsschutz des Art. 12 Abs. 1 GG unterfallendes eigenständiges Berufsbild dar. Im Hinblick auf die in Rede stehende Altersgrenze für flugmedizinische Sachverständige sei zu berücksichtigen, dass auch eine kassenärztliche Zulassung gemäß § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V mit diesem Alter ende, so dass es dann an einer kassenärztlichen Praxis und der durch diese gewährleisteten ständigen Aktualisierung der praktischen ärztlichen Fähigkeiten und medizinischen Kenntnisse als Basis für eine Tätigkeit als flugmedizinischer Sachverständiger fehle.

Mit Zwischenbeschluss vom 25. Juli 2006 hat der Senat die Antragsgegnerin verpflichtet, die Tätigkeit des Antragstellers als flugmedizinischer Sachverständiger bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Beschwerde unter der Voraussetzung weiter zu dulden, dass der Antragsteller - abgesehen von der in § 24 e Abs. 6 Satz 2 LuftVZO normierten Altersgrenze - alle Anforderungen für die Tätigkeit als flugmedizinischer Sachverständiger für die Erteilung von Tauglichkeitszeugnissen der Klasse 1 erfülle. Der Senat hat sich zu dieser Zwischenregelung veranlasst gesehen, weil bereits durch den für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens weiterhin erforderlichen Zeitaufwand der Tätigkeit des Antragstellers als flugmedizinischer Sachverständiger die Grundlage hätte entzogen werden können.

Am 2. August 2006 hat der Antragsteller gegen den am 5. Juli 2006 zugestellten Widerspruchsbescheid der Antragsgegnerin bei dem Verwaltungsgericht Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat in dem Klageverfahren noch keine Entscheidung getroffen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Dementsprechend kommt der vorläufigen Regelung, die der Senat mit seinem Zwischenbeschluss vom 25. Juli 2006 zur Ermöglichung einer vorläufigen weiteren Tätigkeit des Antragstellers als flugmedizinischerer Sachverständiger bis zu einer Entscheidung über die Beschwerde in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes getroffen hat, eine Wirkung nicht mehr zu.

Sofern sich der Antragsteller zur Begründung seiner Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts pauschal auf sein erstinstanzliches Vorbringen bezieht, genügt dies nach der mit der ganz herrschenden Auffassung in Rechtsprechung und Lehre (vgl. nur: Meyer-Ladewig/Rudisile, in: Schoch/ Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Loseblattsammlung, Stand: April 2006, § 146, Rn. 13 c; Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, § 146, Rn. 41 jew. m. w. N.) in Übereinstimmung stehenden ständigen Rechtsprechung des Senats bereits nicht dem in § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO enthaltenen Erfordernis, die Gründe darzulegen, aus denen die verwaltungsgerichtliche Entscheidung abzuändern oder aufzuheben sei und sich mit dieser auseinander zu setzen. Auch die darüber hinausgehenden in der Beschwerdebegründung erhobenen Einwände des Antragstellers, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, können der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

Der Antragsteller macht geltend, § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LuftVG stelle eine Ermächtigungsgrundlage, die nach den Maßstäben des Art. 80 Abs. 1 GG die verordnungsrechtliche Regelung des § 24 e Abs. 6 Satz 2 LuftVZO zu tragen geeignet sei, nicht dar. Zwar bestünden nach dem Wortlaut der Verordnungsermächtigung keine Bedenken gegen die Annahme, dass sich die Ermächtigung zur Regelung des Verfahrens für die Erlangung der nach dem Luftverkehrsgesetz vorgesehenen Erlaubnisse und Berechtigungen darauf erstrecke, von den betroffenen Personen den Nachweis ihrer Tauglichkeit durch Beibringung eines Tauglichkeitszeugnisses zu verlangen und anzuordnen, dass ein solches Tauglichkeitszeugnis nur durch besondere Stellen - u. a. flugmedizinische Sachverständige - ausgestellt werden dürfe. Jedoch enthalte die Ermächtigung zum Erlass von Verfahrensregelungen für Flugzeugführer und weiteres erlaubnispflichtiges Luftfahrtpersonal nicht zugleich die Befugnis zur Einführung von subjektiven Eignungsvoraussetzungen auch für flugmedizinische Sachverständige. Denn diese gehörten nicht zu dem Kreis der Personen, die nach dem Luftverkehrsgesetz einer Erlaubnis bedürften. Da durch die Einführung einer Altersgrenze nicht nur das "Wie" der Tätigkeit als flugmedizinischer Sachverständiger, sondern auch das "Ob" dieser Tätigkeit im Sinne einer subjektiven Zulassungsbeschränkung geregelt werde, gehe die entsprechende Vorschrift über eine bloße Verfahrensregelung weit hinaus. Auch für eine Auslegung der Ermächtigungsgrundlage des § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LuftVG dahingehend, dass diese die Einführung einer Altersgrenze für flugmedizinische Sachverständige ermögliche, sei kein Raum. Denn die Ermächtigung würde dann den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nicht entsprechen. Abgesehen hiervon müsse die Einführung einer Altersgrenze, die in die Freiheit der Berufswahl eingreife, nach den Grundsätzen der sog. Wesentlichkeitstheorie - wie dies in anderen Regelungsbereichen weithin geschehen sei - durch den parlamentarischen Gesetzgeber selbst getroffen werden und dürfe nicht dem Verordnungsgeber überlassen bleiben.

Der Senat ist vor dem Hintergrund des Verfahrens - und Erkenntnisstandes, der sich nach dem Erlass des Zwischenbeschlusses vom 25. Juli 2006 ergeben hat, zu der Überzeugung gelangt, dass die von dem Antragsteller vorgebrachten Einwände gegen den verwaltungsgerichtlichen Beschluss nicht durchgreifen.

Der hier einschlägige Regelungszusammenhang stellt sich wie folgt dar: Der Nachweis der Tauglichkeit durch den Bewerber ist gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 LuftVG eine Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis für Luftfahrer und sonstiges erlaubnispflichtiges Luftfahrtpersonal. Die entsprechende Mitwirkungspflicht des Bewerbers (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 24.10.1996 - 11 B 58/96 -, NVwZ-RR 1997, 285 f; Hofmann/Grabherr, Luftverkehrsgesetz, Loseblattsammlung, Stand: Mai 2006, § 4 Rn. 19) ist mithin bereits auf der Ebene des formellen Gesetzes vorgesehen. Auf dieser Ebene ist - in § 31 Abs. 2 Nr. 2 LuftVG - weiterhin geregelt, dass die Länder im Auftrag des Bundes für den Gesetzesvollzug zuständig sind, was die Anerkennung von fliegerärztlichen Untersuchungsstellen und die Bestellung ärztlicher Sachverständiger für die Tauglichkeitsuntersuchungen anbelangt. Im Übrigen hat der Bundesgesetzgeber das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen in § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LuftVG zum Erlass der erforderlichen Durchführungsbestimmungen betreffend "den Kreis der Personen (ausgenommen Personal für die Flugsicherung), die einer Erlaubnis nach diesem Gesetz bedürfen, einschließlich der Ausbilder und die Anforderungen an die Befähigung und Eignung dieser Personen, sowie das Verfahren zur Erlangung der Erlaubnisse und Berechtigungen und deren Entziehung oder Beschränkung" ermächtigt. Auf dieser Grundlage bestimmen §§ 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, 24 a und 25 LuftVZO, dass die Vorlage eines - nach den Tauglichkeitsklassen 1 und 2 differenzierten - Tauglichkeitszeugnisses Bedingung für die Ausbildung von Luftfahrtpersonal bzw. die Erteilung der entsprechenden Lizenz ist. In den §§ 24 b und 24 d LuftVZO werden mit der Durchführung der Tauglichkeitsuntersuchungen und der Erteilung der Tauglichkeitszeugnisse das Luftfahrt-Bundesamt bzw. anerkannte flugmedizinische Zentren und Sachverständige betraut. Die Anerkennung der flugmedizinischen Zentren und Sachverständigen ist in § 24 e LuftVZO geregelt. Voraussetzung für die Anerkennung als flugmedizinischer Sachverständiger für die Erteilung von Tauglichkeitszeugnissen der Klasse 1 ist u.a. nach § 24 e Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 LuftVZO die Anerkennung als Arzt für Innere Medizin, Allgemeinmedizin oder Arbeitsmedizin und die Zusatzbezeichnung "Flugmedizin" sowie der mindestens dreijährige Besitz einer Anerkennung als flugmedizinischer Sachverständiger für die Erteilung von Tauglichkeitszeugnissen der Klasse 2. Nach der hier in Streit stehenden Bestimmung des § 24 e Abs. 6 Satz 2 LuftVZO wird die Anerkennung als flugmedizinischer Sachverständiger auf die Dauer von drei Jahren befristet und längstens bis zur Vollendung des 68. Lebensjahres verlängert.

Zur Überzeugung des Senats ist die flugmedizinische Tätigkeit nicht als eigener Beruf anzusehen, sie stellt sich - da sie üblicherweise von niedergelassenen Ärzten "nebenher" wahrgenommen wird - vielmehr als eine bloße Erweiterung der ärztlichen Berufstätigkeit dar. Dies hat zur Folge, dass die dargestellten Vorschriften der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung über die Regelung der flugmedizinischen Tätigkeit im Sinne der die Schranken der Berufsfreiheit betreffenden Stufenlehre (grundlegend: BVerfG, Urteil vom 11.6.1958 - 1 BvR 596/56 -, BVerfGE 7, 377, 400 ff) nicht die Berufswahl im Sinne von subjektiven Zulassungsvoraussetzungen, sondern lediglich die Berufsausübung berühren (Hofmann/Grabherr, a.a.O., § 4, Rn. 22, 34; ebenso für die Regelungen für fliegerische Sachverständige: BVerwG, Urteil vom 21.2.1989 - 1 C 73.86 -, GewArch 1989, 162). Hiernach stellt auch die durch § 24 e Abs. 6 Satz 2 LuftVZO vorgesehene Altersgrenze, deren Gültigkeit zwischen den Beteiligten streitig ist, anders als im Hinblick auf eigenständige Berufe vorgesehene Altersbeschränkungen (hierzu: BVerfG, Beschluss vom 4.5.1983 - 1 BvL 46 u. 47/80 -, BVerfGE 64, 72, 82 f und - betreffend die Altersgrenze für Piloten - Beschluss des Senats vom 18.10.2006 - 12 ME 326/06 -, S. 5 BA) keine subjektive Berufswahlbeschränkung, sondern lediglich eine Berufsausübungsregelung dar.

Auch Regelungen der Berufsausübung dürfen gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes erfolgen. Dieses formale Erfordernis ist hier für die streitige Altersgrenze in Gestalt der Verordnungsvorschrift des § 24 e Abs. 6 Satz 2 LuftVZO erfüllt. Entgegen der Ansicht des Antragstellers war die Einführung dieser Altersgrenze - und weitergehend die Einbeziehung privater Sachverständiger in die Tauglichkeitsuntersuchung von erlaubnispflichtigem Luftfahrtpersonal überhaupt - nicht dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten.

Eine ausdrückliche Regelung der Aufgaben der flugmedizinischen Sachverständigen und ihrer rechtlichen Stellung einschließlich einer für sie geltenden Altersgrenze musste nicht deshalb vollständig auf der Ebene des formellen Gesetzes erfolgen und setzte auch nicht eine speziell auf eine solche Regelung abzielende gesetzliche Ermächtigung voraus, weil die flugmedizinischen Sachverständigen ihrer Rechtsstellung nach als Beliehene zu qualifizieren wären (vgl. zum Erfordernis eines Gesetzes oder einer gesetzlichen Ermächtigung als Grundlage für eine Beleihung: Wolff/ Bachof/ Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 104, Rn. 6; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2002, § 23, Rn. 58). Denn den flugmedizinischen Sachverständigen kommt nach den Bestimmungen der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung ein solcher Status nicht zu, da ihnen hoheitliche Befugnisse nicht übertragen worden sind. Ihre Tätigkeit im Rahmen der Tauglichkeitsuntersuchungen von erlaubnispflichtigem Luftfahrtpersonal vollzieht sich auf der Grundlage eines mit dem Erlaubnisbewerber geschlossenen Vertrages und hat einen rein gutachterlichen Charakter. Die von ihnen ausgestellten Tauglichkeitszeugnisse stellen keine Verwaltungsakte dar, sondern dienen, nachdem sie von den Erlaubnisbewerbern im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht beigebracht worden sind, nur der Vorbereitung der Entscheidung der zuständigen Behörde über die Erteilung bzw. Versagung der jeweils begehrten Erlaubnis (Hofmann/Grabherr, a.a.O., § 4 Rn. 21; Schwenk/Giemulla, Handbuch des Luftverkehrsrechts, 3. Aufl. 2005, S. 442 f).

Auch nach den Maßstäben der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes (vgl. etwa: Beschluss vom 20.8.1981 - 1 BvR 640/80 -, BVerfGE 58, 257, 274; Urteil vom 6.7.1999 - 2 BvF 3/90 -, BVerfGE 101, 1, 34) entwickelten sog. Wesentlichkeitstheorie war eine Regelung der Aufgaben und Rechtsverhältnisse der flugmedizinischen Sachverständigen - und mithin auch das Vorsehen einer Altersgrenze - auf der Ebene des formellen Gesetzes nicht geboten. Nach der genannten Theorie sind sämtliche Entscheidungen, die wesentlich für die Grundrechtsverwirklichung sind, dem im Rechtsstaatsprinzip und im Demokratiegebot wurzelnden Parlamentsvorbehalt unterworfen und damit einer Regelung durch das parlamentarische Gesetz vorbehalten; dabei betrifft die Entscheidung, ob der parlamentarische Gesetzgeber tätig werden muss, nicht nur die Frage, ob ein bestimmter Gegenstand überhaupt gesetzlich geregelt sein muss, sondern auch, wieweit diese Regelungen im einzelnen zu gehen haben (vgl. neben den bezeichneten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zusammenfassend etwa: Brenner, in: von Mangoldt/ Klein/ Starck, Das Bonner Grundgesetz, Band 3, 2001, Art. 80, Rn. 29). In diesem Zusammenhang ist zunächst auf die Vorschrift des § 31 Abs. 2 Nr. 2 LuftVG zu verweisen, der sich entnehmen lässt, dass der parlamentarische Gesetzgeber die Einbeziehung von privaten Sachverständigen in die luftverkehrsrechtlichen Tauglichkeitsuntersuchungen in seinen Willen aufgenommen hat. Die Regelung der Tätigkeit der flugmedizinischen Sachverständigen und ihrer Rechtsverhältnisse im Übrigen konnte dem Verordnungsgeber überlassen bleiben, weil es im Zusammenhang mit dem durch § 4 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 LuftVG geforderten Nachweis der Tauglichkeit des erlaubnispflichtigen Luftfahrtpersonals vorrangig um das öffentliche Interesse an qualifiziertem Luftfahrtpersonal und der damit im Zusammenhang stehenden Sicherheit des Luftverkehrs sowie um das Interesse und die Grundrechte der Erlaubnisbewerber, nicht aber um die Interessen der flugmedizinischen Sachverständigen geht (in diesem Sinne im Hinblick auf fliegerische Sachverständige: BVerwG, Urteil vom 21.2.1989, a.a.O.). Die flugmedizinischen Sachverständigen sind hier letztlich nur mittelbar dadurch betroffen, dass der Staat auf ihre Dienste im Rahmen seiner Aufgabe zur Gewährleistung der Sicherheit des Luftverkehrs zurückgreift und ihnen damit einen zusätzlichen Wirkungskreis eröffnet, ohne ihnen aber einen Rechtsanspruch auf Anerkennung einzuräumen.

Die verordnungsrechtlichen Regelungen der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung, denen hiernach Raum gegeben war, sind auf § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LuftVG als einer nach den Maßstäben des Bestimmtheitsgebotes des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG tragfähigen Grundlage gestützt. Dies gilt wiederum nicht nur im Hinblick auf die in § 24 e Abs. 6 Satz 2 LuftVZO vorgesehene Altersgrenze, sondern auch hinsichtlich der Betrauung privater flugmedizinischer Sachverständiger mit der Tauglichkeitsüberprüfung von erlaubnispflichtigem Luftfahrtpersonal überhaupt. Denn § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LuftVG ermächtigt zum Erlass von Durchführungsbestimmungen betreffend die Anforderungen an die Eignung - d. h. auch an die Tauglichkeit (die Eignung ist der Oberbegriff für die Begriffe der Tauglichkeit und der Zuverlässigkeit, vgl. Hofmann/ Grabherr, a.a.O., § 4 LuftVG, Rn. 15) - der erlaubnispflichtigen Personen sowie das Verfahren zur Erlangung der erforderlichen Erlaubnisse. Hierdurch werden die genannten Regelungen erfasst.

Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt, das Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung im Gesetz bestimmt werden. Das Parlament soll sich seiner Verantwortung als gesetzgebende Körperschaft nicht dadurch entäußern können, dass es einen Teil der Gesetzgebungsmacht der Exekutive überträgt, ohne die Grenzen dieser Kompetenzen bedacht und diese nach Tendenz und Programm so genau umrissen zu haben, dass schon aus der Ermächtigung erkennbar und vorhersehbar ist, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll. Die erforderliche Bestimmtheit muss dabei nicht ausdrücklich durch den Text der Ermächtigungsnorm sichergestellt werden. Vielmehr gelten für deren Interpretation die allgemeinen Auslegungsregeln. Zur Klärung von Zweck, Inhalt und Ausmaß der Ermächtigung können also, wie sonst bei der Auslegung einer Vorschrift, der Sinnzusammenhang der Norm mit anderen Vorschriften und das Ziel, das die gesetzliche Regelung insgesamt verfolgt, berücksichtigt werden. Es genügt, wenn sich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung aus dem ganzen Gesetz ermitteln lassen. Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt demnach nicht, dass die Ermächtigung in ihrem Wortlaut so genau wie irgend möglich formuliert und gefasst sein muss, sie hat von Verfassungs wegen nur hinreichend bestimmt zu sein. Welche Bestimmtheitsanforderungen im einzelnen erfüllt sein müssen, ist von den Besonderheiten des jeweiligen Sachbereiches sowie von Gewicht und Wirkung der zu regelnden Maßnahmen abhängig. Die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm muss der Grundrechtsrelevanz der Regelung entsprechen, zu der ermächtigt wird. Greift die Regelung erheblich in die Rechtsstellung des Betroffenen ein, so müssen höhere Anforderungen an den Bestimmtheitsgrad der Ermächtigung gestellt werden, als wenn es sich um einen Regelungsbereich handelt, der die Grundrechtsausübung weniger tangiert (vgl. grundlegend zum Ganzen: BVerfG, Beschlüsse vom 20.10.1981 - 1 BvR 640/80 -, BVerfGE 58, 257, 277 f und vom 3.11.1982 - 2 BvL 28/81 -, BVerfGE 62, 203, 209 f).

Der mögliche Inhalt und der Zweck der auf die Ermächtigungsgrundlage des § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LuftVG gestützten Rechtsverordnung können in dem hier interessierenden Zusammenhang dahingehend bestimmt werden, dass die für die Gewährleistung der Sicherheit des Luftverkehrs erforderlichen Anforderungen an die von dem Begriff der Eignung umfasste Tauglichkeit des erlaubnispflichtigen Luftfahrtpersonals und das Verfahren für deren Nachweis geregelt werden dürfen. Das Ausmaß, d. h. die Grenze für die dem Verordnungsgeber überlassenen Regelungen lässt sich im Hinblick auf die Verfahrensvorschriften zunächst dahingehend erschließen, dass - wie schon nach der bisherigen Rechtslage (§ 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LuftVG in der Fassung vom 14. Januar 1981, BGBl I S. 61 und § 24 a LuftVZO in der Fassung vom 27. März 1999, BGBl I S. 610) - auch private Sachverständige, die behördlich anerkannt sind, mit Tauglichkeitsuntersuchungen betraut werden dürfen. Der dahingehende Wille des parlamentarischen Gesetzgebers lässt sich wiederum der Vorschrift des § 31 Abs. 2 Nr. 2 LuftVG entnehmen, in der die privaten Sachverständigen erwähnt sind. Es kann indes nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber seine Entscheidung für die Einbeziehung der flugmedizinischen Sachverständigen in die Tauglichkeitsüberprüfung und die Notwendigkeit der Anerkennung getroffen hat, ohne damit zugleich die Vorstellung zu verbinden, dass eine Anerkennung nicht voraussetzungslos, insbesondere nicht ohne Feststellung der Eignung des Sachverständigen, ausgesprochen werden kann. Mithin liegt es in der Natur des Regelungskonzepts, dass durch den Verordnungsgeber angemessene Anforderungen an die Qualifikation und praktische Erfahrung derjenigen Mediziner gestellt werden können, die als flugmedizinische Sachverständige anerkannt werden wollen, wie dies in § 24 e Abs. 3 LuftZVO für flugmedizinische Sachverständige für die Erteilung von Tauglichkeitszeugnissen der Klasse 1 geschehen ist (vgl. zur Unbedenklichkeit der durch Nr. 1 der Vorschrift geforderten ärztlichen Qualifikationen und der durch Nr. 2 verlangten Praxiszeit: Hofmann/Grabherr, a.a.O., § 4 LuftVG, Rn. 22).

In diesen Zusammenhang gehören auch Einschränkungen, die für die ärztliche Tätigkeit außerhalb des Bereiches der luftverkehrsrechtlichen Tauglichkeitsuntersuchungen nicht unbekannt sind. Solche Einschränkungen sind in der Ermächtigungsnorm des § 32 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LuftVG mitbedacht, so dass dem Verordnungsgeber eine entsprechende Befugnis offensteht. Dies gilt entgegen der Ansicht des Antragstellers insbesondere auch für die in § 24 e Abs. 6 Satz 2 LuftVZO vorgesehene Altersgrenze für flugmedizinische Sachverständige von 68 Lebensjahren, die ihre Entsprechung in der durch § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V für das kassenärztliche Vertragsrecht eingeführten und dort nicht zu beanstandenden (im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG: BVerfG, Beschluss vom 31.3.1998 - 1 BvR 2167 u. 2198/93 -, NJW 1998, 1776, hinsichtlich gemeinschaftsrechtlich begründeter Benachteiligungsverbote: Hess. LSG, Urteil vom 15.3.2006 - L 4 KA 32/05 -, juris) Altersgrenze findet. Hierfür spricht zudem, dass auch bei der Bestimmung der Weite der durch § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LuftVG erteilten Regelungsermächtigung nicht unberücksichtigt bleiben kann, dass der Gesetzgeber in dem hier in Rede stehenden Regelungszusammenhang nicht vorrangig die Interessen der flugmedizinischen Sachverständigen, sondern das öffentliche Interesse an der Tauglichkeit des zugelassenen Luftfahrtpersonals und die Interessen der jeweiligen Erlaubnisbewerber im Auge hatte und der Altersgrenze für flugmedizinische Sachverständige - lediglich - der Charakter einer Berufsausbildungsregelung zukommt. Auch wegen der in diesem Sinne beschränkten Grundrechtsrelevanz der Altersgrenze setzte ihre Einführung im Verordnungswege eine ausdrückliche Erwähnung in der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nicht voraus.

Ende der Entscheidung

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