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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 16.11.2009
Aktenzeichen: 13 ME 127/09
Rechtsgebiete: AufenthV
Vorschriften:
AufenthV § 4 Abs. 6 | |
AufenthV § 4 Abs. 7 |
Gründe:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 17. August 2009 hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 23. Juli 2009 abgelehnt, mit dem unter Androhung von Zwangsgeld die Rücknahme bzw. Entziehung und Herausgabe des Reiseausweises für Flüchtlinge verfügt wurde. Auch hat das Verwaltungsgericht eine für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Eilverfahren erforderliche hinreichende Erfolgsaussicht des Rechtsschutzbegehrens des Antragstellers (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO) zu Recht verneint. Das Beschwerdevorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Die Entziehung des dem Antragsteller aufgrund der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG unter dem 19. Juni 2008 erteilten Reiseausweises für Flüchtlinge ist offensichtlich rechtmäßig. Nach § 4 Abs. 7 der Aufenthaltsverordnung - AufenthV - in der hier maßgeblichen Fassung der am 29. Juni 2009 in Kraft getretenen Vierten Verordnung zur Änderung der Aufenthaltsverordnung vom 15. Juni 2009 (BGBl. I S. 1287) wird ein Passersatz für Ausländer - wozu nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthV auch Reiseausweise für Flüchtlinge gehören - in der Regel entzogen, wenn die Ausstellungsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen. Nach § 4 Abs. 6 AufenthV kann ein Reiseausweis für Flüchtlinge mit dem Hinweis ausgestellt werden, dass die Personendaten auf den eigenen Angaben des Antragstellers beruhen, wenn ernsthafte Zweifel an den Identitätsangaben des Antragstellers bestehen. Die Anspruchsvoraussetzungen für den dem Antragsteller erteilten Reiseausweis für Flüchtlinge, der einen beschränkenden Hinweis nach § 4 Abs. 6 AufenthV nicht enthält, liegen schon deshalb nicht (mehr) vor, weil sich herausgestellt hat, dass es sich bei den von ihm im Asylverfahren vorgelegten Dokumenten (irakischer Personalausweis und Staatsangehörigkeitsurkunde) objektiv um Fälschungen handelt. Im Einzelnen:
a) Die Entziehung eines aufgrund gefälschter Identitätsdokumente erteilten und nicht nach § 4 Abs. 6 AufenthV eingeschränkten Reiseausweises für Flüchtlinge ist schon dann gerechtfertigt, wenn im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung Bemühungen zur Identitätsklärung noch nicht abgeschlossen sind. Damit wird der Ausländer lediglich so gestellt, wie ein die Erteilung eines Reiseausweises für Flüchtlinge begehrender Ausländer, dessen Identität im Zeitpunkt der Antragstellung ungeklärt ist und der keine gefälschten Dokumente vorgelegt hat. Dieser kann über einen Reiseausweis für Flüchtlinge erst nach Abschluss der - wenn auch möglicherweise erfolglos bleibenden - Bemühungen zur Identitätsklärung verfügen. Dem Ausländer, der objektiv gefälschte Dokumente vorgelegt hat, den Reiseausweis bis zum Abschluss solcher Bemühungen oder eines Streits darüber, welche Mitwirkungshandlungen als erforderlich anzusehen sind, zunächst zu belassen, würde eine ungerechtfertigte Privilegierung gegenüber einem Ausländer bedeuten, der keine gefälschten Dokumente vorgelegt hat. Auf die subjektiven Vorstellungen des Ausländers bei der Vorlage der objektiv gefälschten Dokumente kann es insoweit nicht entscheidend ankommen. Es würde außerdem der Identifikationsfunktion des Reiseausweises für Flüchtlinge (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 17.03.2004 - 1 C 1/03 -, juris Rdnr. 24 - 28) widersprechen, dem Ausländer, der gefälschte Identitätsdokumente vorgelegt hat, den aufgrund dieser Angaben uneingeschränkt - also ohne Hinweis nach § 4 Abs. 6 AufenthV - ausgestellten Reiseausweis für den Übergangszeitraum zu belassen. Es kann nach Auffassung des Senats nicht hingenommen werden, dass der "täuschende" Ausländer mittels Vorlage des uneingeschränkten Reiseausweises vorerst weiterhin nachweisen kann, dass die im Ausweis aufgeführten Personendaten (insbesondere Name, Vorname, Geburtsdatum und Geburtsort) den Personalien des durch Lichtbild und Unterschrift ausgewiesenen Ausweisinhabers entsprechen.
b) Nach diesen Maßstäben ist dem Antragsteller ohne weiteres zu Recht der aufgrund der gefälschten Identitätsdokumente ausgestellte Reiseausweis für Flüchtlinge, der einen Hinweis nach § 4 Abs. 6 AufenthV nicht enthält, entzogen worden. Unerheblich ist, ob der Antragsteller - wie er geltend macht - von der Fälschung keine Kenntnis hatte, weil er Dritte mit der Beschaffung der Dokumente beauftragt haben will. Auch auf die vom Verwaltungsgericht angesprochenen und bejahten Möglichkeiten des Antragstellers, an seiner Identitätsklärung mitzuwirken, kommt es nicht entscheidend an. Die Identitätsklärung wäre vielmehr Gegenstand eines etwaigen Verfahrens auf Neuerteilung eines - ggf. nach § 4 Abs. 6 AufenthV beschränkten - Reiseausweises für Flüchtlinge. Davon abgesehen vermag aber auch der Senat nicht zu erkennen, wieso es dem Antragsteller sogar unzumutbar sein soll, auch nur einen Versuch zur Beschaffung von Identitätsdokumenten über seine noch im Irak lebenden Familienangehörigen oder einen einzuschaltenden Anwalt zu unternehmen. Gerade vor dem Hintergrund, dass er objektiv gefälschte Dokumente vorgelegt hat, kann er sich auch nicht schlicht darauf zurückziehen, dass nunmehr in erster Linie Aktivitäten des Antragsgegners - etwa Benennung eines Vertrauensanwalts - gefragt seien.
Ende der Entscheidung
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