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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 01.12.2006
Aktenzeichen: 13 ME 352/06
Rechtsgebiete: AufenthG, GG
Vorschriften:
AufenthG § 60a Abs. 2 | |
AufenthG § 61 Abs. 1 | |
AufenthG § 72 Abs. 3 S. 1 | |
GG Art. 6 Abs. 1 |
Gründe:
Die Beschwerde hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antragsgegner zu Unrecht im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern "einstweilen ... vorläufige Duldungen zum Zwecke des länderübergreifenden Zuzugs nach G. zu erteilen".
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruht auf der Annahme, dass die Antragsteller (ungeachtet der Tatsache, dass sie im Besitze von, vom Beigeladenen ausgestellten, Duldungen sind) gegen den insoweit für zuständig angesehenen Antragsgegner, in dessen Bereich sie sich offenbar/möglicherweise aufhalten, deshalb Anspruch auf Erteilung einer (weiteren) Duldung (durch den Antragsgegner) haben, weil zwingende Gründe ihren Aufenthalt in Niedersachsen erforderlich machten, so dass ihr "länderübergreifendes Umverteilungsbegehren" Erfolg haben müsse. "Zwingende Gründe" sieht das Verwaltungsgericht in dem nach Art. 6 Abs. 1 GG statuierten Recht auf Schutz von Ehe und Familie, wobei es die Möglichkeit einer "Familienzusammenführung" im Heimatland der Ausländer (hier: Kosovo) deshalb ausschließt, weil eine Abschiebung nach dort nicht möglich sei. Die - auch im Rahmen des Rechtes auf Duldung nach § 60 a Abs. 2 AufenthG tatsächlich bestehende - Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise müsse dabei außer Acht bleiben, weil anderenfalls ein unzulässiger "Druck" auf die Ausländer ausgeübt würde.
Diese Ansicht des Verwaltungsgerichts zur "länderübergreifenden Umverteilung" ausreisepflichtiger, aber (zwangsläufig) geduldeter Ausländer wirft eine Reihe von Fragen auf, die der Antragsgegner mit seiner Beschwerde allerdings nicht angesprochen hat, so dass sie hier nicht zu prüfen sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO): Zuständigkeit des Antragsgegners? Anspruch auf eine zweite Duldung, wo es doch offenbar nur um die Änderung einer Wohnsitzauflage (§ 61 Abs. 1 Satz 1 AufenthG) geht? Vereinbarkeit einer neuen Duldung mit der (Orts-)Auflage in der vorhandenen Duldung (§ 72 Abs. 3 Satz 1 AufenthG). Alles das sei hier als unproblematisch unterstellt, da nur auf die Gründe einzugehen ist, die der Antragsgegner dem Beschluss des Verwaltungsgerichts entgegenhält.
Diese sind in der Tat zwingend und führen zur Änderung des angefochtenen Beschlusses. Die dortige Ansicht, der Antragsgegner müsse berücksichtigen, dass die Antragsteller (Wohnsitzauflage: H. in Nordrhein-Westfalen) und der Ehemann/Vater (Wohnsitzauflage: G. /Niedersachsen) Ehe und Familienleben (rechtmäßigerweise?) nur am Wohnsitz des Ehemannes/Vaters (oder auch umgekehrt) führen könnten, so dass bei auseinanderliegenden, staatlich bestimmten Wohnsitzen regelmäßig ein Anspruch auf "Zusammenführung" an einem dieser Orte bestehe, trifft nämlich nicht zu. Ehe und Familienleben können vielmehr durchaus auch im Ausland geführt werden, wenn es - ausreisepflichtigen - Ausländern freisteht, gemeinsam in ihre Heimat zurückzukehren, um dort ihre Ehe zu führen (Familienzusammenführung im Ausland). Diese Annahme bewirkt keinen unzulässigen "Druck" auf die Ausländer, die ihrer Pflicht zur Ausreise nicht nachkommen, sondern hält sie zu gesetzeskonformem Verhalten an. Das kann nicht unzulässig sein. Danach ist nicht zweifelhaft, dass das vom Antragsgegner auch im Rahmen der Frage, ob eine (zusätzliche?) Duldung zu erteilen ist, berücksichtigt werden durfte, zumal er für den Fall der freiwilligen Rückkehr der Antragsteller in ihr Heimatland der Familie umfangreiche finanzielle Hilfen sowie organisatorische Unterstützungsleistungen im Heimatland in Aussicht gestellt hat. Die Ansicht des Verwaltungsgerichts, "die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise aus Deutschland spiele für die Duldung keine Rolle", verkennt, dass es in Fällen der vorliegenden Art nicht um die eigentliche Aussetzung der Abschiebung (= Duldung) geht - diese ist vom Beigeladenen ausgesprochen worden -, sondern lediglich um die damit verbundene, aber selbständig zu sehende "Wohnsitzauflage". Auch ist im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 GG unerheblich, wo die Ehe geführt wird. Ein Recht von Ausländern, dies gerade im Bundesgebiet zu tun, besteht jedenfalls nicht.
Ende der Entscheidung
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