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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 24.01.2008
Aktenzeichen: 18 MP 14/07
Rechtsgebiete: NPersVG
Vorschriften:
NPersVG § 64 Abs. 1 | |
NPersVG § 66 Abs. 1 | |
NPersVG § 66 Abs. 1 Nr. 1a |
Gründe:
Die Beschwerde, über die gemäß § 83 Abs. 2 NPersVG i.V.m. §§ 87 Abs. 2 Satz 1, 85 Abs. 2 Satz 2 ArbGG sowie § 944 ZPO der Vorsitzende des Fachsenats entscheidet, hat keinen Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, der Beteiligten im Wege einer einstweiligen Verfügung aufzugeben, es zu unterlassen, die Sparkassenfiliale "Am Markt" in Lingen bis zur rechtskräftigen Entscheidung in dem beim Verwaltungsgericht in der Hauptsache anhängigen Verfahren 8 A 3/07 jeweils am Sonnabend zu öffnen. Dabei versteht der Senat den Antrag des Antragstellers dahingehend, dass er nur die von der Beteiligten geplante Öffnung am Sonnabend betreffen soll, obwohl er ursprünglich eine solche zeitliche Spezifizierung nicht enthalten hat. In der Beschwerdebegründung vom 19. Dezember 2007 hat der Antragsteller nämlich hinreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass es ihm nur um die von der Beteiligten geplante Öffnung jeweils am Sonnabend geht.
Der Antragsteller hat auch im Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft machen können, dass ihm der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zusteht. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr zu Recht angenommen, dass es sich bei der von der Beteiligten beabsichtigten Ausdehnung der Öffnungszeiten auf jeweils am Sonnabend nicht um eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme handelt.
Nach § 64 Abs. 1 NPersVG bestimmt der Personalrat gleichberechtigt mit bei allen personellen, sozialen, organisatorischen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen, die die Beschäftigten der Dienststelle insgesamt, Gruppen von ihnen oder einzelne Beschäftigte betreffen oder sich auf sie auswirken. Im Hinblick auf Arbeitszeitregelungen enthält § 66 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b NPersVG eine nach § 64 Abs. 3 Satz 2 NPersVG abschließende Bestimmung, nach der der Personalrat insbesondere bei Festlegung von Dauer, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen und bei Regelungen über die gleitende Arbeitszeit oder die langfristige ungleichmäßige Verteilung von Arbeitszeit mitbestimmt. Der Mitbestimmungstatbestand ist dabei - wie sich aus § 64 Abs. 1 NPersVG und der Normüberschrift des § 66 NPersVG ergibt - ausdrücklich auf innerdienstliche Maßnahmen beschränkt.
Die Festlegung von Öffnungszeiten am Sonnabend hat nicht den Charakter einer innerdienstlichen Maßnahme im Sinne der genannten Bestimmungen, sondern betrifft unmittelbar die Erfüllung der Aufgaben der Sparkasse gegenüber der Allgemeinheit und ihren Kunden. Damit ist sie der Mitbestimmung des Antragstellers entzogen. Dass die Entscheidung über die Öffnung am Sonnabend als notwendige Folge auch Auswirkungen auf die Beschäftigten und ihre Arbeitszeiten hat, macht sie gleichwohl nicht zu einer innerdienstlichen Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinn. Mitbestimmungspflichtig ist erst - in einem nachfolgenden zweiten Schritt - die infolge der Öffnungszeiten am Sonnabend notwendige Regelung zur Arbeitszeit der Beschäftigten. Der Senat hat zu einer vergleichbaren Konstellation, die die Veränderung der Schalteröffnungszeiten einer Sparkasse von Montag bis Freitag betraf, ausgeführt (Beschl. des erkennenden Senats v. 29.08.2001 - 18 L 2927/00 -, n.v.):
"[...] Davon abgesehen unterlag auch die streitige Änderung der Schalteröffnungszeiten als solche nicht der Mitbestimmung des Antragstellers. Denn zum einen wurde mit ihr noch keine generelle und für die Beschäftigten unmittelbar verbindliche Neuverteilung der abzuleistenden Arbeitszeit auf die Arbeitstage der Woche oder deren Einteilung an den einzelnen Wochentagen vorgenommen. Die Festlegung der Öffnungszeiten einer Dienststelle ist zwar nicht ohne Einfluss auf Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Dienstkräfte, legt diese aber noch nicht unmittelbar fest. Die Festlegung der Arbeitszeit der Beschäftigten erfolgt vielmehr in einer von den Öffnungszeiten zu trennenden Maßnahme, die dann ggf. gemäß § 66 Abs. 1 Nr. 1 a) der Mitbestimmung unterliegt (vgl. OVG Berlin, Beschl. v. 21.6.1994 - PV Bln 13.91 -; Dembowski/Ladwig/Sellmann, aaO, § 66 Rn. 20). [...] Zum anderen stellte sich, wie das Verwaltungsgericht unter Berufung auf den Beschluss des VGH Bad.-Württ. vom 19. Oktober 1999 (- PL 15 S 326/99 -, PersR 2000, 25) zutreffend entschieden hat, die Änderung der Schalteröffnungszeiten nicht als eine im Schwerpunkt innerdienstliche Maßnahme i.S. von § 64 Abs. 1 NPersVG dar, sondern hatte ihren Schwerpunkt in der Erfüllung der nach außen gerichteten Aufgaben der Sparkasse und war auch deshalb der Mitbestimmung entzogen (vgl. Dembowski/Ladwig/Sellmann, aaO, § 64 Rn. 9 m.N., § 66 Rn. 19 m.N.). Die dagegen erhobenen Einwände des Antragstellers greifen nicht durch; insbesondere ist es nicht von entscheidender Bedeutung, ob die Schalteröffnungszeiten insgesamt verlängert oder (nur) zeitlich verlagert werden. Denn auch die vom Beteiligten vorgenommene tendenzielle Verlagerung der Öffnungszeiten in den späteren Nachmittag mit möglichst einheitlichem Schluss beruhte auf einer ausführlichen Analyse der Kundenströme und sollte vorrangig den erkannten neuen Kundenbedürfnissen gerecht werden."
An dieser Auffassung hält der Senat auch im vorliegenden Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, dem eine im Wesentlichen vergleichbare Fallkonstellation zugrunde liegt, fest. Dass die Aufgabenerfüllung des Beteiligten dem Grunde nach nicht in Frage gestellt würde, wenn auf die vorgesehene Öffnung am Sonnabend verzichtet wird, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Ob die Öffnung der Sparkasse am Sonnabend für deren Geschäftsbetrieb unbedingt notwendig ist, ist für die Frage der Abgrenzung von innerdienstlicher Maßnahme und auf die Aufgabenerfüllung bezogener Entscheidung bedeutungslos.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers lässt sich auch aus der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, mit der die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage der Schutzzweckgrenze aufgegriffen wird, wonach aus dem demokratischen Prinzip folgt, dass die Mitbestimmung des Personalrats sich nur auf innerdienstliche Maßnahmen erstrecken und soweit gehen darf, als die spezifischen im Beschäftigungsverhältnis angelegten Interessen der Angehörigen der Dienststelle sie rechtfertigen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.05.1995 - 2 BvF1/92 - BVerfGE 93, 37), vorliegend keine Mitbestimmungspflicht herleiten. In einer Entscheidung, die die Umwandlung von Schichtdienst in Bereitschaftsdienst betrifft, hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt (Beschl. v. 28.03.2001 - 6 P 4/00 -, zit. nach juris, Rn. 37):
" Die hier streitige Anordnung des Bereitschaftsdienstes ist wegen ihres innerdienstlichen Bezugs grundsätzlich ohne Verletzung des demokratischen Prinzips der Mitbestimmung des Personalrats zugänglich. Durch die teilweise Umwandlung von Schichtdienst in Bereitschaftsdienst wird die aufgabenbezogene Entscheidung der Dienststelle, die Dienstleistungen der Krankentransportzentrale "rund um die Uhr" zu erbringen, nicht in Frage gestellt. Diese Entscheidung ist mitbestimmungsfrei und steht im Übrigen zwischen den Beteiligten außer Streit. Dagegen betrifft die - gegenüber derjenigen über die Aufgabenerfüllung nachgeordnete - Entscheidung, ob Schichtdienst teilweise in Bereitschaftsdienst umgewandelt wird, die Frage, mit welchem Instrument des tariflichen Arbeitszeitrechts die Aufgaben erfüllt werden. Damit berührt sie in ihrem Schwerpunkt die Beschäftigten und allenfalls unerheblich die Aufgabenwahrnehmung nach außen [...]"
Der vorstehend zitierte Fall betrifft die Entscheidung einer Krankenhausverwaltung, einen eigenen Krankentransport zeitlich durchgängig ("rund um die Uhr") sicherzustellen und ist damit der vorliegenden Fallkonstellation vergleichbar, in der es ebenfalls um die Entscheidung über den zeitlichen Umfang der Aufgabenerfüllung geht. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwischen der aufgabenbezogenen Entscheidung der Dienststelle und der nachfolgenden Umsetzung durch die Arbeitszeitgestaltung differenziert und nur letztere als mitbestimmungspflichtige innerdienstliche Maßnahme eingestuft. Nicht anders liegt es - wie unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des erkennenden Senat dargelegt - bei der aufgabenbezogenen Entscheidung der Beteiligten, die Sparkassenfiliale "Am Markt" in Lingen am Sonnabend für den Kundenverkehr öffnen zu wollen.
Die vom Antragsteller angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Mai 2003 (6 P 16/02, PersV 2003, 339) betrifft hingegen eine Fallkonstellation, die mit der Aufgabenerfüllung gegenüber Dritten unmittelbar nichts zu tun hat. Die dort in Rede stehende Regelung über das Selbstführen von Dienstfahrzeugen verlässt vielmehr den behördeninternen Bereich nicht. Aus der Entscheidung kann daher gerade nicht gefolgert werden, dass jede ihrem Charakter nach die Aufgabenerfüllung betreffende Entscheidung, die auch Auswirkungen auf innerdienstliche Verhältnisse hat, als innerdienstliche Maßnahme im personalvertretungsrechtlichen Sinne einzustufen wäre.
Auch die zwischen dem Antragsteller und der Beteiligten geschlossene Dienstvereinbarung führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar ist der Arbeitszeitrahmen ("Bandbreite") der Beschäftigten nach dieser Vereinbarung für die Tage von Montag bis Donnerstag auf 7.00 Uhr bis 19.00 Uhr und für Freitag auf 7.00 Uhr bis 17.30 Uhr beschränkt. Aus dieser Dienstvereinbarung kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die Entscheidung über die Öffnung der Sparkassenfiliale "Am Markt" in Lingen am Sonnabend mitbestimmungspflichtig wäre. Zum einen ist die Ausgestaltung der Arbeitszeit am Sonnabend überhaupt nicht Gegenstand der Dienstvereinbarung, da sie nur die Wochentage von Montag bis Freitag betrifft. Hinsichtlich der - bislang nicht existenten - Öffnungszeiten am Sonnabend trifft sie keine Regelung. Insofern steht es dem Antragsteller und der Beteiligten frei, die bisherige Dienstvereinbarung zu ergänzen. Zum anderen kann eine Dienstvereinbarung keinen - wie hier - gesetzlich geregelten Mitbestimmungstatbestand in seiner Tragweite verändern. Dies folgt unmittelbar aus § 82 NPersVG, wonach insbesondere durch Dienstvereinbarungen nach § 78 NPersVG nicht von den personalvertretungsrechtlichen Vorschriften abgewichen werden darf.
Ende der Entscheidung
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