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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 30.04.2004
Aktenzeichen: 2 NB 781/04
Rechtsgebiete: KapVO, NHG, StiftVO-TiHo


Vorschriften:

KapVO § 8
NHG § 1 III
NHG § 56 III 1 Nr. 1
NHG § 57 I
NHG § 60 II 2 Nr. 3
StiftVO-TiHo § 1 I
StiftVO-TiHo § 8 II
StiftVO-TiHo § 9
1. Die gemäß § 8 KapVO erforderliche Ermittlung des Lehrangebotes einer Hochschule in der Trägerschaft einer Stiftung des öffentlichen Rechts setzt eine Festlegung der verfügbaren Stellen in einem nach Maßgabe des § 57 Abs. 1 NHG von der Stiftung aufgestellten Wirtschaftsplan voraus. Zielvereinbarungen, die gemäß § 1 Abs. 3 NHG von dem zuständigen Fachministerium mit den Hochschulen zu treffen sind, ersetzen nicht die Aufstellung von Wirtschaftsplänen.

2. Zur Frage, in welchem Umfang Studienplatzbewerber ihre vorläufige Zulassung zum Studium beanspruchen können, wenn es nicht möglich ist, die Aufnahmekapazität einer Hochschule verbindlich festzustellen, weil ein Wirtschaftsplan im Sinne des § 57 NHG nicht aufgestellt worden ist.


Gründe:

Durch die gemeinsam begründeten Beschlüsse vom 19. Dezember 2003 (Antragsteller zu 1 bis 11 und 13 bis 20) und den Beschluss vom 5. Januar 2004 (Antragstellerin zu 12), auf die wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und der Begründung Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, innerhalb einer Woche nach Zustellung der Beschlüsse eine Rangfolge unter den 20 Antragstellern und Beschwerdeführern sowie 47 weiteren Studienplatzbewerbern, die nicht Beteiligte dieser Beschwerdeverfahren sind, auszulosen und die Antragsteller nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2003/2004 vorläufig zum Studium der Tiermedizin im ersten Fachsemester zuzulassen, auf die bei der Auslosung der 1. bis 8. Rangplatz entfällt und die innerhalb von zwei Wochen, nachdem ihnen die Zuweisung des Studienplatzes im Wege der Zustellung durch Postzustellungsurkunde bekannt gegeben worden ist, bei der Antragsgegnerin die vorläufige Immatrikulation beantragt und hierbei an Eides Statt versichert haben, dass sie an keiner anderen Hochschule im Bundesgebiet vorläufig oder endgültig zum Studium der Tiermedizin zugelassen sind. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Gegen diese Beschlüsse richten sich die Beschwerden der Antragsteller, die mit den Beschwerden ihr Begehren, sie vorläufig zum Studium der Tiermedizin im ersten Fachsemester zuzulassen, weiterverfolgen.

Die Beschwerden sind begründet. Die Antragsgegnerin ist verpflichtet, die Antragsteller vorläufig zum Studium der Tiermedizin im ersten Fachsemester zuzulassen. Die Antragsteller haben den für den Erlass einer dahingehenden einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch gemäß § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemacht.

Die Aufnahmekapazität und damit die Zahl der Studienplätze im Studiengang Tiermedizin ist im Einzelnen nach den Bestimmungen der Kapazitätsverordnung (KapVO) vom 23. Juni 2003 (Nds.GVBl. S. 222) zu ermitteln. Das Verwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Beschluss zutreffend zu der Einschätzung gelangt, dass die gemäß § 8 KapVO erforderliche Ermittlung des Lehrangebotes eine normative Festlegung der verfügbaren Stellen voraussetzt, wie sie zum Beispiel im Stellenplan zu einem Haushaltsplan enthalten ist (vgl. §§ 17 Abs. 5 bis 7, 49 LHO). Eine solche normative Festlegung liegt für die Antragsgegnerin für das Wintersemester 2003/2004 nicht vor. Denn ein verbindlicher Stellenplan, der nach § 8 KapVO nur zur Grundlage einer Kapazitätsberechnung gemacht werden kann, ist nicht aufgestellt worden.

Das Land Niedersachsen hat gemäß § 1 Abs. 1 und § 9 der Verordnung über die "Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover"(StiftVO-TiHo) vom 17. Dezember 2002 (Nds.GVBl. S. 852) zum 1. Januar 2003 unter dem Namen "Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover" eine rechtsfähige Stiftung öffentlichen Rechts (im Folgenden: Stiftung) mit Sitz in Hannover errichtet. Der Stiftung obliegt gemäß § 2 Abs. 1 StiftVO-TiHo die Trägerschaft der Antragsgegnerin (Tierärztliche Hochschule Hannover).

Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 NHG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der Stiftung (Anlage 1 zur StiftVO-TiHO; im Folgenden: Satzung) hat das Präsidium der Antragsgegnerin rechtzeitig vor Beginn eines jeden Geschäftsjahres einen Wirtschaftsplan nach den Regeln ordentlicher Wirtschaftsführung aufzustellen. Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr; stellt das Land einen Haushaltsplan für zwei Jahre auf, so ist hinsichtlich des Wirtschaftsplans entsprechend zu verfahren (§ 4 Abs. 1 Satz 2 der Satzung). Dem Wirtschaftsplan ist als Anlage eine Übersicht über die Planstellen der Beamten und die Stellen der Angestellten sowie der Arbeiterinnen und Arbeiter beizufügen (§ 57 Abs. 1 und Satz 2 NHG und § 4 Abs. 1 Satz 3 der Satzung). Der Wirtschaftsplan bedarf der Zustimmung des Stiftungsrates der Stiftung (§ 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 NHG und § 4 Abs. 1 Satz 4 der Satzung).

Ein Wirtschaftsplan im vorgenannten Sinn ist weder rechtzeitig vor dem Beginn des Geschäftsjahres 2003 noch zu einem späteren Zeitpunkt von dem dafür zuständigen Präsidium der Antragsgegnerin für das Geschäftjahr 2003 aufgestellt worden. Der Umstand, dass das Land Niedersachsen zuvor für die Jahre 2002 und 2003 einen Doppelhaushalt aufgestellt hat, ist insoweit entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin rechtlich unerheblich. Dieser Doppelhaushalt entband das Präsidium der Antragsgegnerin nicht von seiner Verpflichtung, für das Jahr 2003 einen Wirtschaftsplan aufzustellen. Eine Zuständigkeit des Landes Niedersachsen, für das Jahr 2003 für die Antragsgegnerin einen Wirtschaftsplan aufzustellen, bestand entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht mehr, nachdem gemäß § 1 Abs. 1 i.V.m. § 9 StiftVO-TiHo zum 1. Januar 2003 die Stiftung errichtet worden war. Da die Antragsgegnerin ab dem 1. Januar 2003 durch die StiftVO-TiHo in die Trägerschaft der Stiftung überführt worden war, oblag ab dem vorgenannten Zeitpunkt vielmehr allein dem Präsidium der Antragsgegnerin die Aufstellung des Wirtschaftsplans (§ 57 Abs. 1 Satz 1 NHG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Das Präsidium der Antragsgegnerin ist der ihm obliegenden Verpflichtung, für das Jahr 2003 einen Wirtschaftsplan aufzustellen, indes nicht nachgekommen.

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist auch die Zielvereinbarung, die am 6. Januar 2003 zwischen dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) und der Stiftung getroffen worden ist, nicht geeignet, einen nach Maßgabe des § 57 Abs. 1 Satz 1 NHG i. V. m § 4 Abs. 1 Satz 1 der Satzung aufzustellenden Wirtschaftsplan zu ersetzen. Denn Zielvereinbarungen, die gemäß § 1 Abs. 3 NHG von dem Fachministerium mit jeder Hochschule zu treffen sind, sind deutlich von dem von einem Präsidium einer Hochschule in der Trägerschaft einer rechtsfähigen Stiftung des öffentlichen Rechts aufzustellenden Wirtschaftsplan zu unterscheiden. Nach § 1 Abs. 3 NHG trifft das für die Hochschulen zuständige Ministerium (Fachministerium) mit jeder Hochschule aufgrund der Landeshochschulplanung und der Entwicklungsplanung der jeweiligen Hochschule Zielvereinbarungen für mehrere Jahre über strategische Entwicklungs- und Leistungsziele für die Hochschule und deren staatliche Finanzierung. Die Entwicklungsplanung soll die Entwicklungs- und Leistungsziele in ihren Grundszügen bestimmen. Zielvereinbarungen mit einer Hochschule in Trägerschaft einer Stiftung werden zugleich mit der Stiftung getroffen. Gegenstände der Zielvereinbarungen sind insbesondere die Zahl der Studienplätze sowie die Einrichtung oder Schließung von Studiengängen, die Verkürzung der Studienzeit und die Verringerung der Zahl der Studienabbrecherinnen und Studienabbrecher, die Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses, die Sicherung der Qualität von Lehre und Forschung, die Festlegung der Forschungsschwerpunkte, die weitere Internationalisierung und die Erfüllung des Gleichstellungsauftrags nach § 3 Abs. 3 NHG.

In § 1 Abs. 3 NHG kommt ein wesentliches Ziel des Gesetzes zur Hochschulreform in Niedersachsen vom 24. Juni 2002 (Nds.GVBl. S. 285) zum Ausdruck. Mit dem vorgenannten Gesetz soll die Abkehr von einem hoheitlich geprägten Verhältnis von Staat und Hochschule hin zu einem die körperschaftlich verfasste und selbstverwaltete Hochschule aktivierenden Rahmenrecht vollzogen werden. Das Gesetz will die Entstaatlichung der Hochschulen erreichen. Dem soll der Wechsel der Hochschulen aus der Trägerschaft des Staates in die Trägerschaft rechtsfähiger Stiftungen des öffentlichen Rechts dienen. Das Land Niedersachsen soll die Hochschulen nur noch auf der Grundlage der Landeshochschulplanung durch Zielvereinbarungen finanzieren und koordinieren. Die Vorschrift des § 1 Abs. 3 NHG definiert die Zielvereinbarung als wesentliches Element des neuen Steuerungsmodels, welches an die Stelle nicht mehr vorgesehener hoheitlicher Maßnahmen tritt (vgl. Entwurf der Niedersächsischen Landesregierung eines Gesetzes zur Hochschulreform in Niedersachsen nebst Begründung vom 31.5.2001, Landtags-Drucksache 14/2541 S. 60 f., 65).

Die Regelung des § 56 Abs. 3 Satz 1 NHG beschreibt die Mittel, mit denen der Stiftungszweck erfüllt wird. Nach § 56 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 NHG werden die zur Erfüllung des Stiftungszwecks notwendigen Mittel unter anderem bestritten aus einer jährlichen Finanzhilfe des Landes. Eine solche Finanzhilfe hat das Land Niedersachsen der Stiftung in Abschnitt B.1. der am 6. Januar 2003 gemäß § 1 Abs. 3 NHG zwischen dem MWK und der Stiftung getroffenen Zielvereinbarung für das Haushaltsjahr 2003 in Höhe von 51.022.517,38 € zuerkannt. Durch diese Zielvereinbarung und die Zuführung der Mittel gemäß § 11 des Gesetzes zur Ergänzung und Änderung hochschulrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2002 (Nds.GVBl. S. 768) ist das Präsidium der Antragsgegnerin allerdings nicht seiner Verpflichtung entbunden worden, in eigener Zuständigkeit auf der Grundlage der vom Land Niedersachsen zur Verfügung gestellten Finanzhilfe nach Maßgabe des § 57 NHG i.V.m. § 4 der Satzung für das Jahr 2003 einen Wirtschaftplan aufzustellen. Die im vorliegenden Fall gewählte Verfahrensweise, mit dem MWK allein eine Zielvereinbarung zu treffen und davon abzusehen, die Verwendung der zur Verfügung gestellten Mittel in eigener Verantwortung in einem Wirtschaftsplan zu regeln, widerspricht dem bereits genannten Ziel des Gesetzes zur Hochschulreform in Niedersachsen vom 24. Juni 2002 (a.a.O.) und den Vorgaben des § 57 NHG i.V.m. § 4 der Satzung. Denn die Stiftungen sollen nach dem Willen des Gesetzgebers als eigene Rechtspersönlichkeiten auch eigenes Vermögen besitzen und hinsichtlich der Wirtschaftsführung verselbständigt sein. Diese Verselbständigung der Stiftungen hinsichtlich der Wirtschaftführung kommt in der Vorschrift des § 57 NHG in besonderem Maße zum Ausdruck (vgl. Landtags-Drucksache 14/2541 S. 91, 97). Die Verfahrensweise der Antragsgegnerin, von der Aufstellung eines Wirtschaftsplans abzusehen, widerspricht darüber hinaus auch der in § 2 Abs. 2 Satz 2 StiftVO-TiHo und § 2 Abs. 2 Satz 2 der Satzung genannten Zielsetzung der Stiftung. Denn danach hat die Stiftung zum Ziel, durch einen eigenverantwortlichen und effizienten Einsatz der ihr überlassenen Mittel die Qualität von Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung an der Hochschule zu steigern.

Eine Übergangsvorschrift, die das Präsidium der Antragsgegnerin berechtigt hätte, für das Jahr 2003 von der Aufstellung eines Wirtschaftsplans abzusehen, existiert nicht. Die einzig insoweit in Betracht kommende Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 2 StiftVO-TiHo, wonach bis zur ersten Sitzung des Stiftungsrates das Fachministerium die Aufgaben des Stiftungsrates wahrnimmt, bezieht sich nicht auf die Zuständigkeit für die Aufstellung eines Wirtschaftsplans, sondern nur auf die Aufgaben des Stiftungsrates. Der Stiftungsrat aber ist, wie sich aus § 60 Abs. 2 NHG und § 8 Abs. 1 der Satzung ergibt, für die Aufstellung des Wirtschaftsplans nicht zuständig. Ihm obliegt vielmehr gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 NHG und § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Satzung lediglich die Zustimmung zu einem zuvor von dem Präsidium der Antragsgegnerin gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 NHG und § 4 Abs. 1 Satz 1 der Satzung aufgestellten Wirtschaftsplan. Insoweit hatte im vorliegenden Fall, da der Stiftungsrat der Stiftung nach dem Vorbringen der Antragsgegnerin erst im September 2003 konstituiert worden ist, bis zum vorgenannten Zeitpunkt das MWK als Fachministerium die Aufgaben des Stiftungsrates wahrzunehmen. Dem MWK oblag jedoch, wie ausgeführt wurde, nicht auch die Aufstellung des Wirtschaftsplans.

Zu einem anderen Ergebnis führt auch nicht der Beschluss des Stiftungsrates der Stiftung vom 27. November 2003, wonach "der nachrichtlich im Haushaltsplan des Landes Niedersachsen veröffentlichte Stellenplan der Tierärztlichen Hochschule Hannover bis auf Weiteres für die Hochschule in der Trägerschaft einer Stiftung weiter gilt". Dieser Beschluss, der erst im Verlaufe der Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und nach Beginn des Wintersemesters 2003/2004 getroffen worden ist, ist in den vorliegenden Verfahren rechtlich unerheblich, da er nichts an dem Umstand zu ändern vermag, dass der Doppelhaushalt 2002/2003 des Landes Niedersachsen nicht einen von dem dafür zuständigen Präsidium der Antragsgegnerin nach Maßgabe des § 57 Abs. 1 Satz 1 NHG und § 4 Abs. 1 Satz 1 der Satzung aufgestellten Wirtschaftsplan ersetzt.

Die nach alledem fehlende normative Festlegung der für das Wintersemester 2003/2004 verfügbaren Stellen hat nach Auffassung des Senats zur Folge, dass die 20 Antragsteller, die an diesen Beschwerdeverfahren beteiligt sind, und die 8 Studienplatzbewerber, die an den aufgrund der Beschwerden der Antragsgegnerin anhängig gewordenen Beschwerdeverfahren (2 NB 770/04 u.a.) beteiligt sind, vorläufig ihre Zulassung zum Studium der Tiermedizin im ersten Fachsemester beanspruchen können.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 22.10.1991 - 1 BvR 363, 610/85, - BVerfGE 85, 36) muss, sofern der Zugang zum Hochschulstudium beschränkt ist und die Grenzen der Ausbildungskapazität durch Rechtsverordnung bestimmt werden, diese dem aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden Gebot erschöpfender Kapazitätsauslastung genügen. Die Aufnahmekapazität der Antragsgegnerin im Studienfach Tiermedizin im Wintersemester 2003/2004 lässt sich allerdings nicht exakt feststellen, weil es an einem nach Maßgabe des § 57 Abs. 1 Satz 1 NHG und § 4 Abs. 1 der Satzung aufgestellten Wirtschaftsplan fehlt. Die hieraus resultierende Erschwerung der gerichtlichen Kontrolle kann jedoch nicht zu Lasten der betroffenen Studienplatzbewerber gehen; sie geht vielmehr zu Lasten der Antragsgegnerin (vgl. in diesem Sinne auch OVG Hamburg, Beschl. v. 10.10.2001 - 3 Nc 150/00 -, NVwZ-RR 2002, 747; VG Trier, Beschl. v. 10.12.1999 - 6 M 1258/99. Tr -).

Da die Antragsgegnerin es zu vertreten hat, dass es nicht möglich ist, die Aufnahmekapazität im Studienfach Tiermedizin im Wintersemester 2003/2004 exakt festzustellen, muss sie es hinnehmen, dass der Senat seine Entscheidung aufgrund einer Interessenabwägung trifft. Danach wiegen die Nachteile, die den Studienplatzbewerbern für den Fall eines Unterbleibens der einstweiligen Anordnung, aber späteren Obsiegens in der Hauptsache entstehen, schwerer als die von der Antragsgegnerin zu tragenden Nachteile für den Fall, dass sich die einstweilige Anordnung später als unrichtig erweist (vgl. in diesem Sinne auch OVG Hamburg, Beschl. v. 10.10.2001, a.a.O., und VG Trier, Beschl. v. 10.12.1999, a.a.O.). Angesichts der Interessenlage der Studienplatzbewerber einerseits und der Antragsgegnerin andererseits erscheint es dem Senat in Ausübung des ihm zustehenden Ermessens (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 123 RdNr. 28) sachgerecht, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, vorläufig alle 28 Studienplatzbewerber, die an Beschwerdeverfahren beteiligt sind, zum Studium der Tiermedizin im ersten Fachsemester zuzulassen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass im Hinblick auf die in der Verordnung über Zulassungszahlen für Studienplätze zum Wintersemester 2003/2004 und zum Sommersemester 2004 (ZZ-VO 2003/2004) vom 3. Juli 2003 (Nds.GVBl. S. 256) für das Studienfach Tiermedizin festgesetzte Studienplatzzahl von 227 die kurzfristige Aufnahme von 28 Studienplatzbewerbern mit erheblichen organisatorischen Belastungen verbunden sein dürfte. Diese Beeinträchtigungen muss sich die Antragsgegnerin jedoch zurechnen lassen, da sie es zu vertreten hat, dass es nicht möglich ist, die Aufnahmekapazität für das Wintersemester 2003/2004 exakt festzustellen.

Auch bei der hier vorliegenden Sachlage besteht allerdings eine zahlenmäßige Höchstgrenze, über die hinaus die Zuweisung weiterer Studenten an die Hochschule nicht mehr vertretbar ist, weil trotz größtmöglicher Anstrengung auch auf längere Sicht eine sinnvolle Ausbildung der so Zugelassenen unmöglich wäre. Aus dem Fehlen einer rechtsförmlichen Beschränkung des Zugangs zu einem Studiengang ergibt sich insbesondere nicht ohne weiteres die Rechtsfolge, dass stets etwa sämtliche Bewerber zum Studium zugelassen werden müssten. Dies könnte je nach den Umständen des Einzelfalles zu einem Zusammenbruch des Lehrbetriebes führen, also zu einem Ergebnis, das der Verfassung noch ferner stünde als die Beeinträchtigung der Berufsfreiheit einzelner Bewerber (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.4.1990 - 7 C 59.87 -, NJW 1990, 2899; Urt. v. 26.9.1986 - 7 C 64.84 -, NVwZ 1987, 687, 688; OVG Hamburg, Beschl. v. 10.10.2001, a.a.O.). Von der Überschreitung einer solchen zahlenmäßigen Höchstgrenze kann nach dem Kenntnisstand dieses Eilverfahrens bei den hier in Frage stehenden Zulassungszahlen jedoch noch nicht ausgegangen werden. Denn es ist nicht vorstellbar, dass die zusätzliche Aufnahme von 28 Studenten die Antragsgegnerin bei einer von ihr selbst angenommenen Aufnahmekapazität von 227 vor unlösbare Probleme stellt (vgl. in diesem Sinn zu ähnlichen Fallkonstellationen auch OVG Hamburg, Beschl. v. 10.10.2001, a.a.O.; OVG Berlin, Beschl. v. 10.6.1977 - OVG II S 80.77 -; VG Trier, Beschl. v. 10.12.1999, a.a.O., bestätigt durch OVG Koblenz, Beschl. v. 12.4.2000 - 1 D 12398/99. OVG -; VG Chemnitz, Beschl. v. 28.10.2002 - NC 2 K 2/02 u.a. -). Wie bei einer größeren Zahl von Antragstellern, etwa den im erstinstanzlichen Verfahren beteiligt gewesenen 72 Antragstellern, zu entscheiden gewesen wäre, kann dahingestellt bleiben.

Es ist unerheblich, dass einige Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht uneingeschränkt ihre Zulassung zum Studium der Tiermedizin im ersten Fachsemester beantragt haben, sondern nach Maßgabe eines vom Senat zu bestimmenden vorgeschalteten Auswahlverfahrens (Losverfahrens). Diese Anträge sind bei der im Rahmen des § 88 VwGO gebotenen verständigen Würdigung der Beschwerdebegehren dahingehend zu werten, dass sie dann, wenn nach der Rechtsauffassung des Senats die betreffenden Antragsteller vorläufig einen Studienplatz beanspruchen können, ohne dass es noch eines vorgeschalteten Auswahlverfahrens bedarf, die vorläufige Zuweisung eines Studienplatzes mit umfassen. Eine solche Fallkonstellation ist hier gegeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes ergibt sich aus §§ 20 Abs. 3, 13 Abs. 1 Satz 2 GKG.

Dieser Beschluss ist gemäß §§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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