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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 25.08.2006
Aktenzeichen: 2 PA 1148/06
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO


Vorschriften:

VwGO § 166
ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 118 Abs. 2
ZPO § 572 Abs. 2
1. Will das Verwaltungsgericht einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe allein wegen unvollständiger Angaben des Antragstellers zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ablehnen, so ist es gehalten, dem Antragsteller zuvor Gelegenheit zu geben, die unvollständigen Angaben zu belegen.

2. Zu den Mitwirkungspflichten des die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragenden Rechtssuchenden in Bezug auf den Nachweis der Mittellosigkeit.


Gründe:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 25. Juli 2006, in dem dieses es abgelehnt hat, der Klägerin für das gegen die Bewertung ihrer Diplomarbeit im Studiengang Produkt-Design/Studienrichtung Industrial Design gerichtete erstinstanzliche Klageverfahren - 6 A 2901/06 - Prozesskostenhilfe zu bewilligen, ist unbegründet.

Allerdings konnte das Verwaltungsgericht seine ablehnende Entscheidung nicht, wie im angefochtenen Beschluss vom 25. Juli 2006 geschehen, allein darauf stützen, die Klägerin habe ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, zu denen sie sich mit Schriftsatz vom 13. Juli 2006 erklärt habe, nicht hinreichend dargelegt, insbesondere die erforderlichen Belege nicht beigebracht. Denn erweist sich die im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse als unvollständig, so ist das Verwaltungsgericht, will es den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe allein wegen der nicht nachgewiesenen Mittellosigkeit ablehnen, schon wegen des Gebots, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet, dem Antragsteller Gelegenheit zu geben, seine für unvollständig erachteten Angaben zu vervollständigen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.7.2003 - 7 S 536/03 -, DÖV 2003, 913; s. auch OVG Hamburg, Beschl. v. 17.6.1991 - Bs IV 205/91 -, FamRZ 1992, 78(79) u. W. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, RdNr. 199 zu § 166).

Der Senat hat aber davon abgesehen, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 572 Abs. 2 ZPO an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen sowie dem Verwaltungsgericht die endgültigen Entscheidung über den Antrag zu übertragen. Auch war der Senat seinerseits nicht gehalten, vor seiner, die Beschwerde zurückweisenden Entscheidung, die Klägerin nach § 166 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 2 ZPO unter Fristsetzung aufzufordern, ihre unvollständigen Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu ergänzen und die für einen Nachweis der von ihr behaupteten Mittellosigkeit erforderlichen Belege beizubringen. Denn die anwaltlich vertretene Klägerin hat durch ihre Beschwerdebegründung (Schriftsatz vom 23. August 2006) hinreichend deutlich gemacht, dass sie, außer ihrer Behauptung, das Girokonto weise kein Guthaben aus, nicht gewillt ist, zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen weitere Erklärungen abzugeben und entsprechende Belege vorzulegen. Verhält es sich aber so, so kann der Klägerin die von ihr beantragte Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren wegen Verletzung ihrer Mitwirkungspflichtt nicht bewilligt werden (vgl. Philippi, in: Zöller, ZPO, 24. Aufl. 2004, RdNr. 17 zu § 118). Die Klägerin irrt, wenn sie meint, sie sei nicht verpflichtet, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe offen zu legen, auch könne hieraus, d. h. aus der nicht erfolgten Offenlegung, nicht auf das Vorhandensein verschwiegenen Einkommens oder Vermögens geschlossen werden. Das Gegenteil ist der Fall. Da es sich bei der beantragten Bewilligung von Prozesskostenhilfe um den Antrag der Gewährung staatlicher Leistungen, und zwar in Form der spezialgesetzlich geregelten Gewährung von Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege handelt (W. Neumann, aaO, RdNr. 11), ist die Antragstellerin gehalten, insbesondere ihre wirtschaftlichen Verhältnisse, also ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offen zu legen, damit das bewilligende Gericht nachprüfen kann, ob ihr wegen tatsächlich bestehender Mittellosigkeit zu Recht Prozesskostenhilfe - ggf. auch nur ratenweise - gewährt werden kann. Erweisen sich die von der Antragstellerin nach § 166 VwGO i. V. m. § 117 Abs. 2 Satz 1, Abs. 4 ZPO hierzu abzugebenden Erklärungen als unvollständig und/oder widersprüchlich, so ist die Antragstellerin im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten gehalten, ihre Erklärungen zu vervollständigen, die erforderlichen Belege vorzulegen und ggf. ihre Angaben auch in geeigneter Form glaubhaft zu machen; denn insoweit bestehet nur in sehr eingeschränktem Maße (s. § 166 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 2 ZPO) auch für ein Verwaltungsgericht die Verpflichtung, Ermittlungen von Amts wegen anzustellen (W. Neumann, aaO, RdNr. 196). Kommt die Antragstellerin diesen Mitwirkungspflichten nicht nach, so ist der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen.

Hier hat die Klägerin mit ihrem Schriftsatz vom 13. Juli 2006 sowie in ihrer Beschwerdebegründung (Schriftsatz v. 23.8.2006) derart unvollständige und widersprüchliche Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht, dass sich auch nach der Überzeugung des Senats ihre Mittellosigkeit nicht feststellen lässt. So fehlen beispielsweise weiter - belegte - Angaben darüber, ob die Klägerin über nennenswerte, ggf. eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausschließende Guthaben auf Spar- und/oder Girokonten verfügt; denn nachprüfbare Belege (Kontoauszüge etc.) hat die Klägerin nicht vorgelegt. Auch die bloße Behauptung, das Girokonto - unklar ist überdies, welches Girokonto gemeint ist, nach den Angaben im Schriftsatz vom 13. Juli 2006 verfügt die Klägerin über zwei Girokonten, und zwar sowohl bei der Sparkasse B. als auch bei der Deutschen Bank in B. - weise kein Guthaben aus, ist so unbestimmt, dass ihr keinerlei beachtlicher Erklärungswert beizumessen ist. Der Senat teilt auch die Ansicht des Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss, dass die Klägerin angesichts der von ihr in der Erklärung ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Schriftsatz v. 13.7.2006) ohnehin nur dürftigen Angaben über verschwiegenes Einkommen und/oder Vermögen verfügen muss, was ebenfalls die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausschließt. Wenn die Klägerin nämlich tatsächlich nur über ein monatliches Einkommen von insgesamt 475 € (300 € aus nicht näher erläuterter nichtselbständiger Arbeit + 175 € Unterhaltsgeld) verfügen sollte, ist nicht erklärlich, wie sie ihren Lebensunterhalt, dazu noch im Ausland und in einer Großstadt wie Mailand finanzieren kann; denn die Klägerin hat nach ihren eigenen Angaben allein für Miete monatlich 433 € aufzubringen. Die ebenfalls äußerst vage gehaltene Behauptung in der Beschwerdebegründung, ihr - der Klägerin - stünden "keine Mittel zur Verfügung, um das angesprochene Defizit ihrer Lebensführungsaufwendungen auszugleichen; z. B. <entstünden> auf diese Weise Schulden, die, wann auch immer, abzutragen" seien, ist ersichtlich nicht geeignet, den dargestellten Widerspruch aufzulösen.

Ende der Entscheidung

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