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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.09.2007
Aktenzeichen: 2 PA 593/07
Rechtsgebiete: GG
Vorschriften:
GG Art. 3 Abs. 1 |
2. Ein nicht deutschsprachiger Prüfling hat daher keinen Anspruch darauf, dass ihm die Prüfungsfragen in einer gerade und spezifisch auf seine eingeschränkten individuellen Fähigkeiten zur Verständigung in deutscher Sprache gestellt werden.
NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG BESCHLUSS
Aktenz.: 2 PA 593/07
Datum: 17.09.2007
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin - einer chinesischen Staatsangehörigen aus der Inneren Mongolei innerhalb der Volksrepublik China - gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 10. August 2007, mit dem dieses es abgelehnt hat, der Klägerin für das erstinstanzliche Verfahren 6 A 1467/07 mit dem Ziel, die von ihr im Rahmen des naturwissenschaftlichen Abschnitts (Vorphysikum) der Tierärztlichen Vorprüfung am 8. November 2006 abgelegte Wiederholungsprüfung in dem Fach Chemie für bestanden zu erklären, Prozesskostenhilfe zu bewilligen, bleibt erfolglos. Denn das Verwaltungsgericht hat der Klägerin zu Recht wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht (§§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO) ihrer Klage die Bewilligung von Prozesskostenhilfe versagt.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entscheidungserheblich darauf abgestellt, weder den beigezogenen Prüfungsvorgängen der Beklagten noch dem Widerspruchs- und Klagevorbringen der Klägerin lasse sich entnehmen, dass die Durchführung und Bewertung der Wiederholungsprüfung vom 8. November 2006 an einem rechtserheblichen Fehler leide. Der Gesetzgeber sei insbesondere nicht verpflichtet, bei der Aufstellung von Prüfungsanforderungen die unterschiedlichen Sprachkenntnisse deutscher und nichtdeutscher Studierender zu berücksichtigen und für Ausländerinnen und Ausländer zum Ausgleich sprachlicher Verständnisschwierigkeiten im Verhältnis zu deutschsprachigen Prüflingen besondere Prüfungsbedingungen zu schaffen. Eine Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Fairness im Prüfungsverfahren könne allenfalls dann vorliegen, wenn Prüfer sich einer spezifischen, nicht durch die fachlichen Gegebenheiten der Ausbildung bestimmten Ausdrucksweise bedienten, die sich mit dem Sprachverständnis eines ansonsten mit der deutschen Sprache ausreichend vertrauten ausländischen Studierenden nicht erfassen lasse. Hierfür gebe es aber keine greifbaren Anhaltspunkte. Vielmehr habe sich der Prüfungsausschuss bei der Bewertung der Leistungen der Klägerin auf deren Wissenslücken gestützt. Der Senat macht sich diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu Eigen, denen er folgt.
Die Beschwerdebegründung rechtfertigt ein anderes Ergebnis nicht. Die Klägerin beruft sich lediglich darauf, sie habe einen Anspruch darauf, die gleichen Chancen in der Prüfung wie ein deutscher Student zu haben. Daher müssten ihr die Prüfungsfragen in einer Art und Weise dargebracht werden, dass sie diese verstehen und fachlich darauf antworten könne. Dieses sei nicht der Fall gewesen. Hiermit kann sie nicht durchdringen. Auch wenn das Ziel der Leistungskontrolle wesentlich auf den Nachweis fachlicher Befähigungen und damit zusammenhängender Qualifikationen ausgerichtet ist, dürfen damit zugleich auch allgemeine Grundkenntnisse und Fähigkeiten wie insbesondere das Beherrschen der deutschen Sprache abverlangt werden. Es ist weiterhin nichts dafür ersichtlich, dass die Antragstellerin nicht die gleichen Chancen wie ein deutscher oder mit der deutschen Sprache hinreichend vertrauter Prüfling gehabt hat. Einen Anspruch darauf, dass ihr die Prüfungsfragen in einer gerade und spezifisch auf ihre eingeschränkten individuellen Fähigkeiten zur Verständigung in deutscher Sprache geeigneten Art und Weise dargebracht werden und dass auch die Bewertung in der Sache hierauf Rücksicht nimmt, hat sie nicht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, verlangt der Grundsatz der Chancengleichheit im Prüfungsrecht gerade keine Differenzierung der Prüfungsbedingungen nach den jeweiligen Sprachkenntnissen der nicht deutschsprachigen Prüflinge. Der Normgeber darf hiernach vielmehr bei einer in deutscher Sprache abgehaltenen Prüfung ausreichende Sprachkenntnisse voraussetzen. Als Grundlage für eine Differenzierung in den Prüfungsbedingungen scheiden Unterschiede in der Sprachbeherrschung schon deshalb aus, weil sich nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen lässt, inwieweit Minderleistungen auf unzulänglichen Sprach- oder fehlenden Fachkenntnissen beruhen. Für nicht deutschsprachig aufgewachsene Prüflinge eine niedrigere Bestehensschwelle festzusetzen, würde überdies zur Ungleichbehandlung nicht nur zwischen deutsch- und fremdsprachigen Prüflingen, sondern auch zwischen den fremdsprachigen Prüflingen untereinander führen. Die Feststellung und Berücksichtigung individueller Sprachschwierigkeiten bei jedem nicht deutschsprachigen Prüfling ist nicht durchführbar (BVerwG, Beschl. v. 10.12.1993 - 6 B 40.92 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 321 = juris; Beschl. v. 8.9.1983 - 7 B 120/83 -, Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 184 = juris; vgl. auch OVG Münster, urt. v. 13.3.1991 - 22 A 871/90 -, NJW 1991, 2586 = juris). Ein Prüfling muss demnach in der Lage sein, die Prüfungsfragen in deutscher Sprache in hinreichendem Umfang zu verstehen und seine Gedanken und Lösungsvorschläge hinreichend klar und verständlich auszudrücken (Niehues, Prüfungsrecht, 4. Aufl. 2004 Rdnr. 325).
Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit und der Fairness im Prüfungsverfahren nicht vor. Der Einwand der Klägerin, ihr seien die Prüfungsfragen nicht in einer Art und Weise dargebracht worden, dass sie diese habe verstehen und fachlich darauf antworten können, greift demnach nicht durch. Dass sich die Prüfer einer Ausdrucksweise bedient haben, die sich mit dem Sprachverständnis eines muttersprachigen oder eines ansonsten mit der deutschen Sprache ausreichend vertrauten ausländischen Prüflings nicht hat erfassen lassen, belegt die Klägerin auch in ihrer Beschwerde nicht. Der Umstand, dass es der Klägerin offenbar an hinreichenden deutschen Sprachkenntnissen mangelt, die gestellten Prüfungsfragen in dem für eine erfolgreiche Prüfung erforderlichen Umfang zu verstehen und zu beantworten, ist allein ihrem Verantwortungsbereich zuzuordnen. Dass es bei der Klägerin an hinreichenden deutschen Sprachkenntnissen fehlt, belegt im Übrigen auch die Amtsärztliche Stellungnahme der Medizinaldirektorin Dr. C. des Fachbereichs Begutachtung/Gesundheit der Region D. vom 16. November 2006. Hier ist eingangs angeführt, die Gesprächsführung mit der Klägerin gestalte sich schwierig, da diese nur über eingeschränkte Deutschkenntnisse verfüge.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 166 VwGO, 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Ende der Entscheidung
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