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Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 21.10.2009
Aktenzeichen: 21.10.2009
Rechtsgebiete: ABH, EGV, HKG, Richtlinie 79/7/EWG, VwGO, VwVfG


Vorschriften:

ABH § 15
ABH § 37
EGV Art. 141
HKG § 12
HKG § 26
Richtlinie 79/7/EWG
VwGO § 113 Abs. 5 S. 2
VwGO § 47
VwVfG § 35
1. § 15 Abs. 2 ABH ist unwirksam, weil die für die Berechnung der Rentenanwartschaft in Bezug genommenen " bis zum 31. 12.2006 geltenden Rechnungsgrundlagen" des Altersversorgungswerkes für die Jahre 2000 bis 2006 nicht amtlich veröffentlicht worden sind.

2. Höherrangiges Recht gebietet die in § 15 Abs. 2 Satz 2 ABH erfolgte Absenkung der Rentenanwartschaft lediger Mitglieder auf das Leistungsniveau von verheirateten Mitgliedern nicht.


Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Teils der Rentenanwartschaft, der sich aus den bis zum Jahresende 2006 vom Kläger gezahlten Beiträgen ergibt, und insoweit insbesondere um die Wirksamkeit der rückwirkend zum 1. Januar 2007 neu in Kraft getretenen Satzungsregelung, auf Grund derer der Beklagte für den Kläger die Höhe dieses Teils der Rentenanwartschaft ermittelt hat.

Anlass für die angeführte Satzungsänderung waren zwei Urteile des Senats vom 20. Juli 2006 (8 LC 11 und 12/05, GewArch 2007, 33 ff.; NdsVBl. 2007, 124 ff.). Darin hat der Senat wesentliche Teile des damals tatsächlich angewandten Finanzierungssystems des Beklagten beanstandet und zu einer umgehenden Neuregelung aufgefordert. Die Neuregelung müsse stärker als bisher eine gleichmäßige und möglichst auch einen Inflationsausgleich einschließende Rentenzahlung gewährleisten. In der Kammerversammlung der Zahnärztekammer als Satzungsgeber kam die nach der bisherigen Satzung (§ 32 Abs. 2 ASO) erforderliche qualifizierte Mehrheit nicht zu Stande. Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit erließ darauf hin im Wege der Ersatzvornahme am 24. Juli 2007 den Entwurf, der in der Kammerversammlung die einfache Mehrheit gefunden hatte, als Satzung für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenensicherung (= ABH) und bestimmte den 1. Januar 2007 als Datum für das (rückwirkende) Inkrafttreten (§ 37 Abs. 1 ABH).

Für "aktive Altmitglieder" des Beklagten, d.h. für solche, deren Mitgliedschaft bereits vor dem 1. Januar 2007 begründet worden ist, die aber noch keine Rente beziehen - wie der Kläger -, sieht die Satzung zur Bewältigung der Übergangsproblematik eine aus mehreren Teilschritten bestehende Berechnung ihrer zukünftigen Rente, d.h. ihrer heutigen Anwartschaft vor. Im Kern wird dabei zwischen dem - vom Beklagten als "beitragsfreie Altersrente" bezeichneten - Teil der Rentenanwartschaft, der sich aus den bis zum Jahresende 2006 gezahlten Beiträgen ergibt, und dem Anwartschaftsteil aus den danach entrichteten Beiträgen unterschieden. Für den letztgenannten Teil gilt nach § 15 Abs. 1 ABH die allgemeine, sich aus den als Anhang zur ABH veröffentlichten Tabellen ergebende (neue) Berechnung. Für die - hier umstrittene - Berechnung des Anwartschaftsteils aus den Altbeiträgen (Altanwartschaft) bestimmt § 15 Abs. 2 ABH:

"Für die bis zum 31.12.2006 gezahlten Beiträge wird eine beitragsfreie Altersrente nach den Rechnungsgrundlagen des Altersversorgungswerkes, die bis zum 31.12.2006 galten, berechnet und vom bisherigen individuell festgelegten Renteneintrittsalter auf das Renteneintrittsalter 65 umgerechnet. Bei Mitgliedern, die am 31.12.2006 im Altersversorgungswerk ohne Witwen- bzw. Witwerrentenanspruch geführt werden, erfolgt zusätzlich die Umrechnung auf ein verheiratetes Mitglied."

Durch § 15 Abs. 1 ABH ist also auf die bezeichneten Senatsurteile reagiert worden. Der hier im Kern umstrittene § 15 Abs. 2 Satz 2 ABH hat hingegen einen anderen Hintergrund; er dient der nach Ansicht des Nds. Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit (vgl. zur abweichenden Sicht des Beklagten dessen "AVW info" Nr. 4, S. 9) seit langem "überfälligen" Anpassung des Satzungsrechts an die europäische Richtlinie 79/7/EWG zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung (der Geschlechter) im Bereich der (gesetzlichen Systeme) der sozialen Sicherheit. Die bis zum Jahresende 1999 geltende Satzung (ASO a. F.) und - soweit dem Senat bekannt - auch die anschließend tatsächlich angewandte Regelung für den Beklagten sah bei gleich hohen Beiträgen unterschiedlich hohe, auf versicherungsmathematischen Berechnungen vor allem zur unterschiedlichen Lebenserwartung beruhende monatliche Rentenansprüche für ledige Männer, ledige Frauen und verheiratete Mitglieder vor. Da der (ledige) Mann statistisch eine geringere Lebenserwartung als eine Frau hatte, erhielt er eine höhere monatliche Rente. Da für ledige Mitglieder jeweils kein Risiko bestand, eine Witwen- oder Witwerrente zu zahlen, überstiegen ihre monatlichen Rentenansprüche wiederum jeweils die Ansprüche der verheirateten Mitglieder. Nach Ansicht des Ministeriums dürfe nach dem jetzt unmittelbar anwendbaren Art. 4 der Richtlinie 79/7 (EWG) so jedoch nicht mehr unterschieden werden. Unabhängig von Geschlecht und Familienstand des Mitgliedes müsse aus gleich hohen Beiträgen eine gleich hohe monatliche Rente folgen. Um dies auch hinsichtlich der Altanwartschaften zu erreichen, werden ledige Mitglieder nach § 15 Abs. 2 Satz 2 ABH so behandelt, als hätten sie zum Jahresende 2006 geheiratet, sie werden mit anderen Worten "fiktiv" verheiratet. Dadurch bedingt kann insbesondere bei ledigen Männern in Abhängigkeit von ihrem Alter die bisherige Anwartschaft teilweise erheblich sinken. In geringerem Umfang tritt diese Wirkung aber auch bei ledigen Frauen ein. Zum teilweisen Ausgleich bestehen zwei Sonderregelungen. Nach § 15 Abs. 7 ABH erhält ein auch bei Beginn des Bezugs einer Altersrente noch lediges Mitglied einen Zuschlag auf seine Altersrente von 10%. Dieser Prozentsatz wird nach § 34 Abs. 5 ABH für die Jahre 2007 bis 2011 übergangsweise erhöht, und zwar anfänglich auf 20% für das Jahr 2007 und dann jährlich um 2% sinkend bis auf 12% für das Jahr 2011.

Um seinen Altmitgliedern die einzelfallbezogenen Auswirkungen der Satzungsänderung zu verdeutlichen, erließ der Beklagte - offenbar - an alle Altmitglieder Bescheide. Die Berechnung der darin festgesetzten "Altanwartschaft" oder auch "beitragsfreien Altersrente" erfolgte - soweit verständlich - nach den Bescheiden regelmäßig in folgenden Schritten:

1. Zunächst wurde der Anwartschaftsteil berechnet, der sich aus den bis zum Jahr 2006 gezahlten Beiträgen ergab; für die Beiträge der Jahre 2005 und 2006 allerdings gedeckelt auf den individuellen Beitragssatz des Jahres 2004. Nach den Angaben des Beklagten erfolgte diese Berechnung für die Jahre bis 1999 einschließlich nach den damals als Anlage zur Satzung (ASO a. F.) veröffentlichten Tabellen und für die Jahre 2000 bis 2006 nach den nicht mehr so veröffentlichten, intern angewandten Rechnungsgrundlagen, die Bestandteil des technischen Geschäftsplanes waren. Gesonderte Beträge für die Mitgliedsjahre bis 1999 einschließlich und von 2000 bis 2006 wurden nicht ausgewiesen.

2. Danach wurde die so ermittelte Altanwartschaft für ledige Mitglieder um den - ebenfalls in der angewandten Form nicht förmlich veröffentlichten (Anlage 2a der ASO a. F. wurde insoweit als überholt angesehen) - Prozentsatz gekürzt, der sich auf Grund der unterstellten Eheschließung des Mitgliedes zum Jahresende 2006 nach aktuellen versicherungsmathematischen Grundsätzen ergab.

3. Diese (verminderte) Altanwartschaft, die sich auf das bisherige individuelle Renteneintrittsalter bezog, wurde schließlich noch auf das neue, einheitliche Renteneintrittsalter von 65 Jahren hochgerechnet.

4. Die gleichen Rechenschritte erfolgen gesondert für den (sehr geringen) Teil der (individuellen) Beitragserhöhungen aus den Jahren 2005 und 2006. Zusätzlich zu dem genannten Schritt 1 wurde hier jedoch laut Bescheid - soweit erkennbar - nachträglich zur Vereinheitlichung der ursprünglich angewandte Rechenzinssatz von 2,75% auf 4 % erhöht.

5. Abschließend wurden dann die sich aus den vorherigen Schritten 1-3 sowie 4 jeweils ergebenden Teilbeträge addiert und dem Altmitglied der daraus folgende Gesamtbetrag seiner "Altanwartschaft" durch Bescheid mitgeteilt.

Eine solche verbindliche Mitteilung ist nach der ABH in der hier zu beurteilenden Fassung von 2007 möglich, weil eine Änderung der "Altanwartschaften" aus dem zum Jahresende 2006 geschlossenen "Altsystem" zukünftig nicht mehr beabsichtigt ist und neue Rentenanwartschaftsansprüche aus den seit 2007 gezahlten Beiträgen lediglich zu Rentenanwartschaften nach dem sog. Neusystem gemäß § 15 Abs. 1 ABH führen sollen.

Anhand des aufgezeigten Schemas berechnete der Beklagte für den 1966 geborenen, geschiedenen Kläger bei einer seit dem September 1991 bestehenden Mitgliedschaft und einem bisherigen Renteneintrittsalter von 63 Jahren folgende Werte:

Einen - nicht ausdrücklich ausgewiesenen - ursprünglichen Wert der "Altanwartschaft" (vor Heirat) von rund 1.805 EUR (vgl. Bl. 207), der wegen der unterstellten Heirat um 26,86 % (vgl. Bl. 207) auf 1.324, 56 EUR gekürzt wurde (vgl. Bl. 3). Durch die Hochrechnung auf das neue, zwei Jahre höhere Renteneintrittsalter ergab sich ein Wert von 1.505, 18 EUR (vgl. Bl. 4). Die parallele Berechnung bezüglich der Beitragserhöhungen 2005 und 2006 ergab eine Zusatzaltanwartschaft von 3,09 EUR, zusammen also eine "Gesamtaltanwartschaft" von 1.508, 27 EUR, die mit Bescheid vom 14. Dezember 2007 festgesetzt wurde.

Der Kläger erhielt den Bescheid nach seinen vom Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Angaben - einen Zustellungsnachweis oder einen Absendevermerk enthält der Verwaltungsvorgang nicht - am 22. Dezember 2007 und hat dagegen am 21. Januar 2008 Klage erhoben. Er hält den Bescheid vom 14. Dezember 2007 schon deshalb für rechtswidrig, weil er dem bestandskräftigen und nicht aufgehobenen "Bescheid" vom 29. Juni 2005 widerspreche. Danach ergebe sich für den Kläger bei einem Renteneintrittsalter von 63 Jahren eine monatliche Altersrente von 4.300, 51 EUR und aus den bis zum Jahresende 2004 geleisteten Beiträgen eine Abfindung in Höhe von umgerechnet monatlich 1.413, 15 EUR. Jedenfalls sei aber die ABH einschließlich ihres § 15 Abs. 2 als Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid unwirksam. Es sei schon fraglich, ob die ABH insgesamt wirksam durch Ersatzvornahme erlassen worden sei. Zudem enthalte sie eine unzulässige Rückwirkung zum Jahresbeginn 2007. Ferner werde in § 15 Abs. 2 ABH auf die bisherigen Rechnungsgrundlagen des Beklagten verwiesen, die nach der Rechtsprechung des Senats unwirksam seien. Deshalb und mangels Bekanntgabe der versicherungsmathematischen Grundlagen könne der angefochtene Bescheid auch rechnerisch nicht nachvollzogen werden. Der im Mittelpunkt der Kritik stehende § 15 Abs. 2 Satz 2 ABH verstoße gegen Art. 14 GG. Dem Kläger werde zu Unrecht zugemutet, aus seiner rückwirkend um nahezu 50 % gekürzten Anwartschaft überhöhte Grundrentenansprüche anderer Mitglieder zu finanzieren. Weiterhin sei es rechtswidrig, dass der Kläger einem verheirateten Mitglied gleichgestellt werde und zusätzlich anteilig auch die neu eingeführte Hinterbliebenenrente für Lebenspartner zu finanzieren habe. Schließlich sei in der ABH auch die Verwendung einer zukünftigen "Überschussbeteiligung" nicht hinreichend klar geregelt worden.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 14. Dezember 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bescheid vom 29. Juni 2005 habe hinsichtlich der hier streitigen "Altanwartschaft" keine Regelung enthalten, stelle insoweit also keinen Verwaltungsakt dar und habe somit auch nicht der hier umstrittenen, erstmaligen Festsetzung der "Altanwartschaft" entgegen gestanden. Die kritisierte "fiktive" Heirat i. S. d. § 15 Abs. 2 Satz 2 ABH sei zur Umsetzung des Art. 4 der Richtlinie 79/7(EWG) geboten. Danach seien sowohl Differenzierungen hinsichtlich des Geschlechtes als auch hinsichtlich des Familienstandes unzulässig. Durch die Ausweitung der Hinterbliebenenrente auf Lebenspartner entstehe kein nennenswerter finanzieller Zusatzbedarf. Wie zukünftige Überschüsse verteilt werden, sei vorliegend unerheblich. Die durch die Festsetzung des bislang individuell unterschiedlichen Renteneintrittsalters auf einheitlich 65 Jahre bedingte Umrechnung der Höhe der "Altanwartschaften" erfolge wirtschaftlich neutral.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 3. Dezember 2008 abgewiesen. Der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides stehe die Bestandskraft des vorhergehenden Bescheides vom 29. Juni 2005 nicht entgegen, da beide Bescheide unterschiedliche Sachverhalte regelten. Der angefochtene Bescheid sei somit zutreffend auf § 15 Abs. 2 ABH gestützt worden. Die ABH sei wirksam erlassen worden und habe mit Rückwirkung in Kraft treten können. § 15 ABH sei auch inhaltlich mit höherrangigem Recht vereinbar. Der Beklagte sei durch die angeführte europäische Richtlinie gezwungen gewesen, die Höhe der Rentenleistung bei gleichen Beträgen für alle ledigen Mitglieder unabhängig von ihrem Geschlecht zu vereinheitlichen. Um den ledigen Frauen eine gleich hohe Rente wie ihren männlichen Kollegen zu gewähren, hätten dem Beklagten die Mittel gefehlt. Er habe deshalb ausnahmsweise eine Nivellierung "nach unten" vornehmen dürfen. Um weitere Anpassungen zu vermeiden, sei es zusätzlich gerechtfertigt gewesen, alle ledigen Mitglieder als verheiratet zu behandeln, wie in § 15 Abs. 2 Satz 2 ABH geschehen. Die damit verbundenen Kürzungen der "Altanwartschaften" insbesondere von ledigen Männern seien auch mit Art. 14 GG zu vereinbaren. Fehler bei der Anwendung des § 15 Abs. 2 ABH seien nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich.

Die vom Verwaltungsgericht gegen sein am 23. Dezember 2008 zugestelltes Urteil zugelassene Berufung hat der Kläger am 14. Januar 2009 beim Verwaltungsgericht eingelegt und am 17. Februar 2009 begründet. Zur Begründung ist über das bisherige Vorbringen hinaus vorgetragen worden: Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zum Regelungsinhalt des Bescheides vom 29. Juni 2005 und seiner daraus folgenden Wirkungen seien fehlerhaft. Die knapp 30 % betragende Kürzung der Altanwartschaften habe schon grundsätzlich nicht rückwirkend zum 1. Januar 2007, sondern allenfalls mit Wirkung für die Zukunft nach der erst im August 2007 erfolgten Veröffentlichung der neuen Satzung (ABH) erfolgen dürfen. Die Richtlinie 79/7 gebiete jedenfalls nicht die Gleichstellung von ledigen und verheirateten Mitgliedern. Das Verwaltungsgericht habe ferner seiner Entscheidung zu Unrecht und ohne nähere Überprüfung tatsächliche Annahmen des Beklagten zu Grunde gelegt. Die in § 15 Abs. 2 ABH in Bezug genommenen und tatsächlich in den Jahren 2000 bis 2006 angewandten Rechnungsgrundlagen ergäben sich - wenn überhaupt - nur aus dem unveröffentlichten technischen Geschäftsplan. Das widerspreche dem Gebot, die Rentenhöhe aus der veröffentlichten Satzung entnehmen zu können. Der Satzungsgeber müsse auch für die Jahre 2000 bis 2006 eine handhabbare Regelung zur Rentenhöhe erlassen und veröffentlichen. Der Beklagte habe schließlich § 15 Abs. 2 Satz 2 ABH nicht einmal richtig anwendet, sondern auch für die Jahre 2000 bis 2006 die nur bis zum Jahresende 1999 geltenden Tabellen "einbezogen". Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Neubescheidung zu. Ausgehend von der Annahme, dass auch bei einer Neuregelung das "Altsystem" zum Jahresende 2006 geschlossen und die zum Jahresende 2006 bestehende Altanwartschaft des Klägers erneut berechnet werde, stünde er ohne Erlass eines neuen Bescheides über die Höhe der sich dann ergebenden Altanwartschaft verfahrensrechtlich schlechter als heute dar. Es entspräche ferner der allgemeinen Verfahrensweise, durch Bescheid und damit verbindlich über zukünftig "beitragsfreie" Ansprüche zu entscheiden.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover - 5. Kammer - vom 3. Dezember 2008 zu ändern, den Bescheid des Beklagten vom 14. Dezember 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den Kläger neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angegriffene Urteil und führt ergänzend aus, dass eine rückwirkende Erhöhung der Renten(alt)anwartschaften von ledigen Frauen auf das Niveau ihrer ledigen männlichen Kollegen die Funktionsfähigkeit des Beklagten gefährde. Außerdem gebiete europäisches Recht die Gleichbehandlung aller Mitglieder, schließe also auch eine Differenzierung zwischen ledigen und verheirateten Mitgliedern aus. Dem Satzungsvorbehalt sei - soweit möglich - hinreichend Rechnung getragen worden. Bezogen auf die Jahre 2000 bis 2006 bestimme sich die Berechnung der Renten(anwartschaften) hinsichtlich der zusätzlichen Beitragsteile jedoch nicht - wie bis 1999 und ab 2007 - nach veröffentlichten "einfachen" Tabellen, sondern wegen der individuellen Renteneintrittsalter nach einem mehr als 30.000 Seiten umfassenden Werk. Die darin enthaltenen Änderungen gegenüber den alten, bis 1999 geltenden Tabellen seien marginal und hätten auch auf die Höhe der Rentenanwartschaft nur sehr geringen Einfluss. Die Rechnungsgrundlagen seien zudem im Technischen Geschäftsplan genannt, der vom Nds. Wirtschaftsministerium als Aufsichtsbehörde genehmigt worden sei. Ferner seien die (Alt-)Mitglieder auch im Zeitraum von 2000 bis 2006 jeweils jährlich über Änderungen ihrer Anwartschaften informiert worden. Im Einzelfall könne der Versicherungsmathematiker Auskunft erteilen. Eine Veröffentlichung der von 2000 bis 2006 geltenden Rechnungsgrundlagen im amtlichen Mitteilungsblatt der Zahnärztekammer Niedersachsen sei daher unmöglich, zumindest aber unpraktikabel und unzumutbar. Die Unterlassung sei für den betroffenen kurzen Übergangszeitraum hinzunehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der Beiakten verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist hinsichtlich der Anfechtungsklage begründet, bezogen auf die zusätzlich begehrte Neubescheidung hingegen unbegründet.

Der Senat trifft diese Entscheidung nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss (§ 130a Satz 1 VwGO), weil er die Berufung einstimmig in dem bezeichneten Umfang für begründet, im Übrigen für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält.

Die Klage ist mit dem Anfechtungsbegehren zulässig und begründet. Der Bescheid vom 14. Dezember 2007 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 14. Dezember 2007 ergibt sich zwar nicht schon aus dem vom Kläger geltend gemachten Verstoß gegen den Bescheid vom 29. Juni 2005. Denn dieser Bescheid vom 29. Juni 2005 enthielt, wie schon in zwei früheren, durch Vergleich beendeten Musterverfahren vor dem Senat zu gleichartigen Bescheiden ausgeführt worden ist (vgl. Beschl. v. 16.11.2005 - 8 LC 198/04 und 8 LC 9/05-), in dem hier streitigen Teil keine verbindliche Regelung und stellte damit insoweit keinen Verwaltungsakt i. S. d. § 35 VwVfG dar. Mit der Angabe der "monatlichen Altersrente: 4.300, 51 EUR" war nicht die Aussage verbunden, dass dem Kläger eine Rente in dieser Höhe zugesagt oder gar eine solche festgestellt werde. Vielmehr war damit, wie es in der vom Senat durch die zuvor bezeichneten Beschlüsse angeregten, seit dem Jahr 2006 geänderten Praxis des Beklagten durch eine Umgestaltung des vormals einheitlichen "Bescheides" in einen Beitragsbescheid und ein gesondertes Informationsschreiben nunmehr deutlicher zum Ausdruck kommt, lediglich eine Prognose über die Höhe der Altersrente für den (eher unwahrscheinlichen) Fall getroffen worden, dass der Kläger bis zum Renteneintritt weiterhin monatlich den aktuellen Beitrag zahlt und sich bis dahin auch das aktuelle Satzungsrecht für den Beklagten nicht ändert. Diese Prognose hatte schon für sich genommen keinen eigenständigen, der Bestandskraft zugänglichen Regelungsgehalt. In die prognostizierte Altersrente von 4.300, 51 EUR sind im Übrigen nicht nur die bis dahin bereits gezahlten, sondern auch alle zukünftigen Beiträge bis zum Erreichen des damals zu Grunde gelegten individuellen Renteneintrittsalters von 63 Jahren eingeflossen. Die hier allein streitige Höhe der Rentenanwartschaft aus den bis zum 31. Dezember 2006 gezahlten Beiträgen benennt der "Bescheid" vom 29. Juni 2005 hingegen nicht und konnte dies schon aus zeitlichen Gründen auch nicht verbindlich tun. Enthält also der Bescheid vom 29. Juni 2005 keine Regelung zur Höhe des hier umstrittenen Anwartschaftsteils aus Beiträgen bis zum Jahresende 2006, so steht er der im angefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 2007 insoweit getroffenen Regelung nicht entgegen.

Dem Bescheid vom 14. Dezember 2007 mangelt es aber an der erforderlichen Rechtsgrundlage. Als solche kommt nur § 15 Abs. 2 ABH in Betracht. Diese Bestimmung ist indessen wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. Eine inzidente Überprüfung der maßgeblichen Rechtsgrundlage ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren grundsätzlich angezeigt und hier weder durch die Möglichkeit, einen Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO i. V. m. § 7 Nds. AG VwGO gegen die ABH zu stellen, noch - wie vom Beklagten in den Raum gestellt - durch die Rechtskraftwirkungen des Senatsurteils vom 29. September 2004 (8 KN 4142/01, juris) ausgeschlossen. In dem letztgenannten Urteil hat der Senat § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 ASO in der in dem amtlichen Mitteilungsblatt (ZNN) der Zahnärztekammer Niedersachsen im Jahr 1999 veröffentlichten Fassung wegen Mängeln in der Bekanntmachung für nichtig erklärt. Eine nach § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO allgemein verbindliche Aussage zur Wirksamkeit des hier umstrittenen § 15 Abs. 2 ABH ist damit ersichtlich nicht verbunden.

Ist somit in diesem Verfahren inzident die Wirksamkeit des § 15 Abs. 2 ABH zu überprüfen, so kann offen bleiben, ob die ABH vom Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit wirksam im Wege der Ersatzvornahme erlassen worden ist und ob dies zu Recht mit Rückwirkung erfolgte. Unabhängig hiervon ist jedenfalls § 15 Abs. 2 ABH unwirksam.

§ 15 Abs. 2 Satz 1 ABH nimmt auf die "Rechnungsgrundlagen" Bezug, "die bis zum 31.12.2006 galten." Insoweit bestehen schon Bedenken, ob diese Bestimmung überhaupt dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Gebot der hinreichenden Bestimmtheit von Normen entspricht. Denn der Beklagte verfügte nach den angeführten Urteilen des Senates vom 20. Juli 2006 jedenfalls seit 2003 über keine wirksamen Satzungsregelungen zur Bestimmung der Rentenhöhe und damit im Jahr 2007 bezogen auf die Vorjahre grundsätzlich auch über keine insoweit "geltenden" Grundlagen mehr. Da § 15 Abs 2 ABH mit diesem Verständnis aber ins Leere ginge und dies offensichtlich ebenso wenig wie ein Rückgriff auf die bis zum Jahresende 1999 geltenden und danach bewusst aufgehobenen Normen gewollt ist, ist die Verweisung so zu verstehen, dass sie sich auf die tatsächlich angewandten Rechnungsgrundlagen bezieht. Auch diese Auslegung verhilft der Bestimmung allerdings nicht zur Wirksamkeit.

Denn so verstanden widerspricht sie jedenfalls § 26 Abs. 1 HKG i. V. m. § 12 Abs. 6 Nr. 3 HKG. Nach § 12 Abs. 6 Nr. 3 HKG ist durch Satzung zu bestimmen, welchen Umfang die Versorgungsleistungen haben. Gemäß § 26 Abs. 1 HKG ist die Satzung im Mitteilungsblatt der Kammer bekannt zu machen. Diesen Vorgaben widerspricht § 15 Abs. 2 Satz 1 ABH, weil er zur Berechnung der "Altanwartschaft" aus den Beiträgen für die Jahre 2000 bis 2006 und zur Bestimmung des Prozentsatzes, um den die "Altanwartschaft" für die "fiktive" Eheschließung zum Jahresende 2006 gekürzt wird, auf die tatsächlich in diesem Zeitraum angewandten Rechnungsgrundlagen des Beklagten verweist. Denn diese Rechnungsgrundlagen sind nicht im Mitteilungsblatt der Kammer veröffentlicht worden. Daher ist weder aus der ASO in der bis zum Jahresende 2006 geltenden Fassung noch aus der seitdem anzuwendenden ABH zu erkennen, in welcher Höhe ein Mitglied des Beklagten aus seinen in den Jahren 2000 bis 2006 geleisteten Beiträgen Anwartschaften erworben hat und in welchem Umfang - offenbar in Abhängigkeit vom Lebensalter des Mitgliedes - bedingt durch die (fiktive) Eheschließung die Altanwartschaft bei ledigen Mitgliedern gekürzt worden ist. Damit ist für alle Altmitglieder des Beklagten entgegen § 12 Abs. 6 Nr. 3 HKG aus der Satzung nicht zu erkennen, welche Rentenanwartschaften sie insgesamt erworben haben.

Die unterlassene Veröffentlichung der maßgeblichen Rechnungsgrundlagen in dem jeweiligen amtlichen Mitteilungsblatt der Zahnärztekammer Niedersachsen wurde nicht durch die aufsichtsrechtliche Genehmigung und Auslegung des Technischen Geschäftsplanes ersetzt. Eine nachträgliche Veröffentlichung ist auch weder unmöglich noch unzumutbar noch wegen Geringfügigkeit der Auswirkungen verzichtbar. §§ 12 und 26 HKG kennen in Übereinstimmung mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen ohnehin keine so lautenden (ungeschriebenen) Einschränkungen des Gebots, Rechtsnormen zu veröffentlichen. Im Übrigen sind auch die tatsächlichen Voraussetzungen für den vom Beklagten geforderten Verzicht auf eine nachträgliche Veröffentlichung nicht gegeben.

Es fehlen bekannt gemachte Rechnungsgrundlagen für immerhin sieben Jahre vom Jahr 2000 bis einschließlich 2006. Außerdem sind im allein maßgeblichen Mitteilungsblatt der Kammer auch die Prozentsätze unveröffentlicht geblieben, um die die Altanwartschaft eines ledigen Mitgliedes durch die fiktive Eheschließung gekürzt wird. Diese Kürzung kann nach den Angaben des Beklagten tatsächlich bis zu 30% der bis dahin erworbenen Anwartschaften betragen. Zusammengenommen betreffen die Lücken also mehr als nur geringfügige Teile der Berechnung der Rentenanwartschaft.

Bei seinen weiteren Einwänden, dass die erforderliche Veröffentlichung unmöglich bzw. unzumutbar sei, geht der Beklagte unausgesprochen von der Annahme aus, er könne rückwirkend für die Jahre 2000 bis 2006 grundsätzlich keine anderen als die tatsächlich angewandten Rechnungsgrundlagen veröffentlichen, was wegen ihrer Komplexität die bezeichneten Schwierigkeiten verursache. Schon diese Annahme trifft nicht zu. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Mitglieder auf die unveränderte Anwendung von ab dem Jahr 2000 nicht veröffentlichten und im Übrigen nach der zitierten Senatsrechtsprechung jedenfalls ab dem Jahr 2003 auch inhaltlich zu beanstandenden Berechnungsgrundlagen besteht nicht und kann sich auch nicht aus den jährlichen Informationsschreiben über die Höhe der Anwartschaften ergeben. Die Kammerversammlung als Satzungsgeber wäre also nicht gehindert, für die Jahre 2000 bis 2006 andere als die tatsächlich angewandten Rechnungsgrundlagen mit Rückwirkung für maßgeblich zu erklären, soweit sie keine grundlegenden Abweichungen enthalten; mit der in § 15 Abs. 2 Satz 2 ABH getroffenen Regelung hat sie im Übrigen gerade von seiner solchen Befugnis Gebrauch gemacht. Andernfalls müssen die tatsächlich angewandten Rechungsgrundlagen zumindest in ihren Grundzügen, d.h. etwa durch eine Umschreibung ihres wesentlichen Inhalts und im Übrigen durch eine Verweisung auf eine allgemein zugängliche Fundstelle (vgl. etwa § 30 Abs. 5 NNatG), im amtlichen Mitteilungsblatt der Zahnärztekammer Niedersachsen veröffentlicht werden. Das ist möglich, zumutbar und nach §§ 12 Abs. 6 Nr. 3, 26 Abs. 1 HKG auch unverzichtbar.

Da somit für wesentliche Teile der - im Tatbestand dieses Beschlusses in den Einzelheiten beschriebenen - Berechnung der Höhe der dem Kläger zustehenden "Altanwartschaft", insbesondere auch für den hier angewandten Kürzungssatz von 26,86 %, eine im amtlichen Mitteilungsblatt der Zahnärztekammer Niedersachsen veröffentlichte und damit wirksame Rechtsgrundlage fehlt, ist der darauf beruhende Bescheid vom 14. Dezember 2007 aufzuheben.

Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass bei der vom Beklagten durchgeführten Berechnung keineswegs die ursprünglichen Rechnungsgrundlagen exakt angewandt worden sind. Vielmehr ist, wenn auch mit zahlenmäßig sehr geringen Auswirkungen und zu Gunsten der Mitglieder, bezogen auf die Beitragserhöhungen in den Jahren 2005 und 2006 nicht der in diesen Jahren ursprünglich maßgebliche Rechnungszinssatz von 2,75 %, sondern der erst später beschlossene höhere Satz von 4% zu Grunde gelegt worden.

Es ist somit unverändert geboten, eine wirksame Bestimmung zur Berechnung der Rentenhöhe auch für die Jahre 2000 bis 2006 zu schaffen und zu veröffentlichen. Zur Vermeidung weiterer Auseinandersetzungen gibt der Senat zu der sachlich im Mittelpunkt der Auseinandersetzung der Beteiligten stehenden Frage nach dem Änderungsbedarf auf Grund des Artikels 4 der Richtlinie 79/7/EWG zusammenfassend folgende Hinweise:

Ausgehend von der europarechtlichen Wirksamkeit dieser Bestimmung (vgl. dazu Bieback, in: Fuchs (Hrsg.), Kommentar zum Europäischen Sozialrecht, 2. Aufl., VI. Richtlinie 79/7, Vorbemerkungen, Rn. 7 ff., m. w. N.) ist der Ansicht des Verwaltungsgerichts zu folgen, dass Artikel 4 der Richtlinie 79/7/EWG auf den Beklagten als Träger der berufsständischen Pflichtversorgung grundsätzlich anwendbar (vgl. Senatsbeschl. v. 7.5.2007 - 8 LA 32/07 -), in dem hier streitigen Punkt hinreichend bestimmt und damit nach dem Ablauf seiner Umsetzungsfrist auch für den Beklagten bzw. die Zahnärztekammer als Satzungsgeber unmittelbar maßgeblich ist (vgl. Langenfeld, in: Grabitz/Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 141 EGV, Rn. 131, sowie Rebhahn, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl., EGV Art 141, Rn. 46, jeweils m. w. N.). Danach ist eine Differenzierung des monatlichen Leistungsniveaus der Renten in unmittelbarer oder auch nur mittelbarer Anknüpfung an das Geschlecht ausgeschlossen, auch wenn es hierfür aus versicherungsmathematischer Sicht gute Gründe geben mag. Ledige Frauen und Männer müssen gleich behandelt werden, aus gleichen Beiträgen also gleich hohe monatliche Renten folgen. Gleiches dürfte für die Gruppe der verheirateten Mitglieder untereinander gelten, d.h. ein verheiratetes männliches Mitglied des Beklagten darf bei gleichen Beiträgen keine geringere monatliche Altersrente als ein verheiratetes weibliches Mitglied erhalten. Hingegen verbietet Artikel 4 der Richtlinie 79/7/EWG keine geschlechtsneutrale Differenzierung nach dem Familienstand, schließt also unter den vorgenannten Voraussetzungen eine Beibehaltung der getrennten Rentenberechnung für ledige und verheiratete Mitglieder unabhängig von ihrem Geschlecht oder - anders ausgedrückt - eine Finanzierung des vom Beklagten zu tragenden Risikos, eine Witwen- oder Witwerrente zahlen zu müssen, durch das jeweils verheiratete Mitglied an Stelle der Gesamtheit aller Mitglieder nicht aus. Dem steht bei dem vom Beklagten bislang angewandten Finanzierungssystem auch sonstiges höherrangiges Recht nicht entgegen (vgl. Urteil des Senats v. 29.9.2004 - 8 LB 73/03 -, m. w. N.).

Danach darf ledigen Männern nicht mehr - wie bislang - bei gleich hohen Beiträgen und gleichem Renteneintrittsalter eine höhere monatliche Rente gewährt werden als ledigen weiblichen Mitgliedern des Beklagten. Innerhalb der Gruppe der ledigen Mitglieder muss eine Gleichbehandlung erfolgen. Ob dies mangels finanzieller Alternativen durch Absenkung des Leistungsniveaus der Männer auf das niedrigere Leistungsniveau der Frauen geschehen darf - wie vom Verwaltungsgericht angenommen -, kann und muss in diesem Verfahren nicht geklärt werden. Jedenfalls ist es aber zur Umsetzung europäischen Rechts nicht auch noch geboten, die Ansprüche eines ledigen (männlichen oder weiblichen) Mitgliedes des Beklagten insgesamt auf das (noch) niedrigere Niveau eines Verheirateten abzusenken, wie dies rückwirkend zum 31. Dezember 2006 nach § 15 Abs. 2 Satz 2 ABH für die "Altanwartschaften" geschehen ist. Es ist bislang auch nicht zu erkennen, dass eine (rückwirkende) Bildung der beiden Gruppen der ledigen Mitglieder einerseits und der verheirateten Mitglieder andererseits für die Höhe der Rentenberechnung dem - sachkundig beratenen - Satzungsgeber unüberwindbare Schwierigkeiten bereiten würde.

Haben somit die Klage und die Berufung mit dem Anfechtungsbegehren Erfolg, so gilt dies jedoch nicht hinsichtlich des weitergehenden Begehrens auf Neubescheidung. Insoweit ist die Klage vom Verwaltungsgericht zu Recht abgewiesen worden.

Es fehlt die Rechtsgrundlage für einen Anspruch des Klägers. Der Kläger hat schon keinen Antrag gestellt, über den gemäß § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO vom Beklagten neu durch Bescheid zu entscheiden wäre. Wenn die Zahnärztekammer Niedersachsen den Urteilen des Senats vom 20. Juli 2006 nachkommt und nunmehr eine wirksame satzungsrechtliche Regelung für die Rentenberechung bezogen auf die Jahre 2000 bis 2006 erlässt, steht dem Kläger aus seinem Mitgliedschaftsverhältnis grundsätzlich nur ein ungeschriebener Anspruch auf Auskunft über die Höhe der sich dann individuell ergebenden (Gesamt-)Anwartschaft zu. Diesen Anspruch erfüllt der Beklagte durch die neu von ihm verwandten jährlichen Informationsschreiben (vgl. Beschl. v. 16.11.2005 - 8 LC 9/ 05 und 252/04 -). Die Auskunft muss dagegen nicht zwingend in Form eines Bescheides ergehen und sich - je nach dem Inhalt der Neuregelung - auch nicht zwingend gesondert auf die Höhe einer "Altanwartschaft" aus den Beiträgen bis zum Jahr 2006 beziehen. Der Beklagte kann deshalb nicht verpflichtet werden, zukünftig in jedem Fall zur Höhe der Rentenanwartschaft erneut einen Bescheid zu erlassen. Das gegenteilige Vorbringen des Klägers beruht auf der nicht zwingenden Annahme, dass die Zahnärztekammer Niedersachen lediglich die in der Vergangenheit angewandten Rechnungsgrundlagen wirksam veröffentlichen, im Übrigen aber keine Änderungen vornehmen werde und deshalb über die Höhe der bis zum Jahresende 2006 erworbenen Anwartschaften wie im Jahr 2007 auch zukünftig einen Bescheid erlassen müsse. Diese Annahme trägt im Übrigen auch deshalb nicht, weil jedenfalls eine Änderung des § 15 Abs. 2 Satz 2 ABH und die vom Kläger gerade geforderte Beibehaltung zumindest der unter Geltung der ASO vorgenommenen Differenzierung zwischen ledigen und verheirateten Mitgliedern zu einer höheren finanziellen Belastung des Beklagten führt und damit eine erneute Kalkulation erfordert, ggf. auch mit Folgen für das gesamte Finanzierungssystem.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 2, 155 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO. Dass der Kläger mit seinem Begehren auf Neubescheidung keinen Erfolg hat, stellt i. S. d. § 155 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO nur ein geringfügiges Unterliegen dar. Denn mit seinem materiellen Begehren, dass seine Rentenanwartschaft nicht in der angegriffenen Höhe gekürzt wird, setzt er sich (gegenwärtig) umfassend durch und über die individuellen finanziellen Folgen einer Neuregelung ist er unabhängig von dem hier verneinten Anspruch auf Neubescheidung jedenfalls zu informieren.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.850,60 € festgesetzt (vgl. Beschl. v. 11.3.2009).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Begründung des Streitwertbeschlusses vom 11. März 2009

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Beschl. v. 12.2.2009 - 8 LB 7/08 -) richtet sich die Wertfestsetzung bei dem Streit um die Höhe der von einem berufsständischem Versorgungswerk zu erbringenden Rentenleistung nach § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG in entsprechender Anwendung. Für die Streitwertbemessung ist also grundsätzlich von dem "dreifachen Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen" auszugehen. Von diesem Betrag ist jedoch nur ein Bruchteil zu erheben, wenn der Betroffene - wie vorliegend der 42 Jahre alte Kläger - aktuell noch nicht versorgungsberechtigt ist und dementsprechend nicht die Zahlung einer Rente begehrt, sondern sich lediglich vorsorglich gegen die Höhe der ihm nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand für den Fall seines zukünftigen Renteneintritts - nunmehr im Jahr 2031 - in Aussicht gestellten Anwartschaft wendet und insoweit eine "Neubescheidung" beantragt. In einem solchen Fall ist der Wertfestsetzung nur der Jahresbetrag der streitigen Leistung zu Grunde zu legen.

Dieser streitige Jahresbetrag ergibt sich vorliegend wiederum aus der Differenz zwischen dem Betrag, den der Kläger als lediges Mitglied des Beklagten aus seinen bis zum Jahresende 2006 geleisteten Beiträgen nach den bis dahin von dem Beklagten angewandten Rechnungsgrundlagen als Altersrente zu erwarten hatte, und dem insoweit abgesenkten Betrag, der sich durch die "fiktive Eheschließung" gemäß § 15 Abs. 2 Abs. 2 ABH ab dem Jahresbeginn 2007 ergibt.

Nach den Angaben des Beklagten hatte der Kläger als lediges Mitglied aus seinen bis zum Jahresende 2006 geleisteten Beiträgen eine Anwartschaft auf eine Altersrente in Höhe von 1.814, 83 EUR monatlich. Durch die "fiktive Eheschließung" verminderte sich diese Anwartschaft zum Jahresbeginn 2007 auf 1.327, 28 EUR. Der Jahresbetrag der monatlichen Differenz von 487, 55 EUR ergibt den vorläufig festgesetzten Streitwert von 5.850, 60 EUR.

Ende der Entscheidung

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