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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 01.04.2008
Aktenzeichen: 4 KN 57/07
Rechtsgebiete: NNatG, VwGO


Vorschriften:

NNatG § 24
VwGO § 47
VwGO § 47 Abs. 2 S. 2
1. Ändert sich nach dem Erlass einer Naturschutzgebietsverordnung die Zuständigkeit zum Erlass der Norm, ist der Normenkontrollantrag gegen die Körperschaft zu richten, die zur Änderung oder Aufhebung der Norm befugt ist.

2. Dem Verordnungsgeber steht bei der Abgrenzung von Naturschutzgebieten ein weites Gestaltungsermessen zu, das es ihm erlaubt, auch Randzonen eines Gebietes unter Schutz zu stellen, die nur im Wesentlichen die Merkmale noch aufweisen, die den geschützten Bereich im Übrigen schutzwürdig machen.

3 Die Einbeziehung von Flächen in ein Naturschutzgebiet erweist sich nicht schon deshalb als rechtswidrig, weil sich die Naturschutzgebietsverordnung nicht auf alle Flächen erstreckt, die unter Naturschutz hätten gestellt werden können. Die unterschiedliche Behandlung von Grundstücken ist allenfalls dann rechtlich zu beanstanden, wenn sie willkürlich ist.

4. Eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung der bei der Entscheidung über den Erlass einer Naturschutzgebietsverordnung zu berücksichtigenden Umstände allein zieht die Nichtigkeit der Verordnung nicht nach sich. Entscheidend ist, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung des Gebiets und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden ist oder nicht.


Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen die Verordnung über das Naturschutzgebiet "Cuxhavener Küstenheiden" im Landkreis Cuxhaven, soweit diese sich auf die Flurstücke 9/3 und 9/4 der Flur 2 der Gemarkung Berensch-Arensch erstreckt.

Die Antragsteller erwarben die o. g. Flurstücke und das benachbarte Flurstück 86 der Flur 5 der Gemarkung Sahlenburg durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 31. März 2003 von der Bundesrepublik Deutschland. Das Flurstück 9/3 ist 41.355 m² groß, von denen ausweislich eines Auszugs aus dem Liegenschaftskataster 11.139 m² Brachland sind und 1.930 m² als Weg, 20.330 m² als Grünland und 7.956 m² als Nadelwald genutzt werden. Bei dem 1.852 m² großen Flurstück 9/4 handelt es sich dem Liegenschaftskataster zufolge um Nadelwald. Teile der Flurstücke 9/3 und 9/4 waren bei Abschluss des Kaufvertrags als landwirtschaftliche Nutzfläche verpachtet.

Die Flurstücke 9/3 und 9/4 der Flur 2 der Gemarkung Berensch-Arensch liegen in dem FFH-Gebiet Nr. 15 "Küstenheiden und Krattwälder bei Cuxhaven", das dem Schutz natürlicher Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse dient.

Am 6. Dezember 2004 erließ die Bezirksregierung Lüneburg die Verordnung über das Naturschutzgebiet "Cuxhavener Küstenheiden" im Landkreis Cuxhaven. Dieses Naturschutzgebiet, das eine Größe von ca. 892 ha hat, erstreckt sich auch auf Teile des Flurstücks 9/3 und das Flurstück 9/4 der Flur 2 der Gemarkung Berensch-Arensch.

Nach § 1 Abs. 2 der Verordnung - VO - ist das geschützte Gebiet weitgehend Bestandteil des kohärenten Europäischen ökologischen Netzes "Natura 2000" gemäß Art. 3 Abs. 1 der FFH-Richtlinie. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 VO besteht der Schutzzweck der Verordnung in der Erhaltung, Pflege und Entwicklung der in Ausprägung und Ausdehnung für das deutsche Festland einzigartigen Küstenheidenlandschaft als Lebensraum schutzwürdiger und schutzbedürftiger Tier- und Pflanzenarten und deren Lebensgemeinschaften. Die Ausweisung zum Naturschutzgebiet bezweckt nach § 3 Abs. 2 VO insbesondere die Erhaltung, Pflege und Entwicklung der landschaftsraumtypischen, weitgehend küstenheidegeprägten Lebensräume mit Besenheide- und Krähenbeerstadien, flechtenreichen Heidepionierstadien, Feuchtheiden, Heidemooren, Ginster-Sandheiden, Sandtrockenrasen, lichten Eichen- und Krattwäldern, Hoch- und Sumpfwäldern mit vielfältigen standortabhängigen Übergangsbereichen (Nr. 1), den Schutz wild lebender Tiere und wild wachsender Pflanzen und deren Lebensgemeinschaften, wobei die Erhaltung und Entwicklung des Naturschutzgebiets als wichtiger Brut-, Nahrungs- und Rastlebensraum für gefährdete Vogelarten von besonderer Bedeutung ist, (Nr. 2) und die Bewahrung der besonderen Eigenart und hervorragenden Schönheit der vielfältig strukturierten und zum Teil durch Dünen reliefierten Küstenheiden- und Waldlandschaft (Nr. 6).

Nach § 4 Abs. 1 VO und § 24 Abs. 2 Satz 1 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes - NNatG - sind im Naturschutzgebiet alle Handlungen verboten, die das Naturschutzgebiet oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen oder verändern. Außerdem darf das Naturschutzgebiet nach § 4 Abs. 2 Satz 1 VO außerhalb der befestigten und vor Ort besonders gekennzeichneten Wege nicht betreten, befahren oder auf sonstige Weise aufgesucht werden. Darüber hinaus verbietet § 4 Abs. 3 VO zur Vermeidung von Gefährdungen und Störungen des Naturschutzgebiets einzelne Handlungen, wie z. B. die Störung der Ruhe der Natur durch Lärm oder auf andere Weise, das Zelten, Lagern und Feuermachen. Von den o. g. Verboten nimmt § 5 VO zahlreiche Maßnahmen aus, u. a. das Betreten und Befahren des Naturschutzgebiets, soweit dies zur rechtmäßigen Nutzung erforderlich ist (Nr. 1 a), das Betreten von Grundstücken durch die Eigentümer und deren Beauftragte (Nr. 1 a), die ordnungsgemäße Bewirtschaftung der vorhandenen Wälder mit Ausnahmen (Nr. 10), die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung auf den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung vorhandenen Ackerflächen (Nr. 11) und die Nutzung des Grünlandes unter Einschränkungen (Nr. 12).

Die Antragsteller haben am 30. Mai 2005 einen Normenkontrollantrag gestellt, mit dem sie sich gegen die Einbeziehung der Flurstücke 9/3 und 9/4 der Flur 2 der Gemarkung Berensch-Arensch in das Naturschutzgebiet "Cuxhavener Küstenheiden" wenden.

Zur Begründung dieses Antrags tragen sie im Wesentlichen Folgendes vor: Sie seien nach § 47 Abs. 2 VwGO antragsbefugt, weil sie aufgrund der Unterschutzstellung ihrer Grundstücke die Möglichkeit verloren hätten, ihre Grundstücke wie bisher zu nutzen, die Nutzung den wirtschaftlichen Bedürfnissen anzupassen und ggfls. Baumaßnahmen durchzuführen. Ihr Antrag sei auch begründet, weil die Naturschutzgebietsverordnung nichtig sei, soweit sie ihre Grundstücke erfasse. Nach § 6 des Bundesnaturschutzgesetzes - BNatSchG - müsse die Unterschutzstellung aus Gründen des Naturschutzes oder der Landschaftspflege erforderlich sein. Nach der Rechtsprechung bedürfe es zwar keines Nachweises einer Unabweislichkeit der Schutzgebietsausweisung; ausreichend sei vielmehr, dass die Unterschutzstellung nach umfassender Bestandsaufnahme und Bewertung der Flächen vernünftigerweise geboten sei. Daran fehle es aber im vorliegenden Fall. Die in das Naturschutzgebiet einbezogenen Teile des Flurstücks 9/3 und das Flurstück 9/4 der Flur 2 der Gemarkung Berensch-Arensch seien nicht besonders schützenswert. Das Bundesvermögensamt Soltau habe diese Flurstücke Anfang 2003 zum Kauf angeboten und in einem Informationsblatt darauf hingewiesen, dass sie zum größten Teil als Grünland klassifiziert seien. Teilflächen der Flurstücke zur Größe von ca. 2 ha seien schon seit dem 1. November 1999 an den Landwirt Ehlers verpachtet gewesen. Dieser habe vertraglich die Verpflichtung übernommen, den auf dem Pachtland vorhandenen Strauchbewuchs und Anflug, insbesondere die Traubenkirsche, zu entfernen und die Pachtfläche, soweit sie nicht beackert oder zur Heunutzung genutzt werde, einmal pro Jahr zu mähen bzw. zu schlegeln. Nach dem Pachtvertrag sei die Fruchtfolge auch so zu gestalten, dass eine Vermehrung schwer bekämpfbarer Unkräuter, die zu einer Wertminderung der Pachtflächen führen, verhindert werde. Nach dem Abschluss des Kaufvertrages mit der Bundesfinanzverwaltung hätten sie feststellen müssen, dass sich auf den Flurstücken Abfälle aller Art, insbesondere Bauschutt, Alteisen, Eisenbahnschwellen, Eisenbahnschienen und Stacheldraht, befanden, die schon regelrecht eingewachsen waren. Der Hausmeister des Bauhofs auf dem benachbarten Grundstück, das sie im Jahr 2001 erworben hatten, habe die Flurstücke offensichtlich als Abstell- und Schuttplatz genutzt. Zur Säuberung der Grundstücke hätten sie viel Geld aufwenden müssen. Gegenwärtig dienten die Flurstücke, auf denen ein Stallgebäude stehe, als Weide für zwei Pferde und Lagerplatz für Zaunpfähle, Pflastersteine und landwirtschaftliche Gerätschaften. Dass sich dort nach Abgaben der Antragsgegnerin teilweise Ruderalgebüsch, Ruderalfluren sowie die spätblühende Traubenkirsche befänden, bedeute nicht, dass die Flächen besonders schützenswert seien. Ruderalpflanzen seien Gewächse, die sich besonders auf stickstoffreichen Böden, mithin auch auf Schutt- und Abfallplätzen, ansiedelten. Auch verlangten sogar Umweltschutzverbände die Bekämpfung der spätblühenden Traubenkirsche, so dass sich die Schutzwürdigkeit ihrer Grundstücke mit dem Vorkommen dieser Pflanze nicht begründen lasse; in der örtlichen Presse sei immer wieder zu lesen gewesen, dass die spätblühende Traubenkirsche in Schach gehalten werden müsse. Auf den Flächen befinde sich entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin zudem kein starkes Baumholz. Hätten sie die Weide wie andere Landwirte gedüngt, gäbe es dort auch keinen Magerrasen mehr. Die Einbeziehung ihrer Grundstücke in das Naturschutzgebiet beruhe überdies auf einem offensichtlichen Abwägungsmangel. Während in der Planungsphase noch eine große Fläche einschließlich ihrer Grundstücke unter Naturschutz gestellt werden sollte, sei durch die Verordnung letztlich nur eine Restfläche geschützt worden. Die Ausweisung dieser Restfläche als Naturschutzgebiet sei zu beanstanden, weil nicht alle Grundstücke, bei denen man die Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung bejaht habe, zum Naturschutzgebiet erklärt worden seien, obwohl sie ein einheitliches Gebiet bildeten. Deshalb lägen Mängel bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials vor, die zur Nichtigkeit der Einbeziehung ihrer Grundstücke in das Naturschutzgebiet führten. Eine sachgerechte Abwägung setze die vollständige Ermittlung des abwägungsbeachtlichen Materials voraus. Diese fehle hier, weil ihre Belange nicht berücksichtigt worden seien. Dieser Mangel im Abwägungsvorgang schlage auf das Abwägungsergebnis durch, da eine Einstellung ihrer Belange in die Abwägung nur möglich gewesen wäre, wenn der Verordnungsgeber ihre Betroffenheit erkannt hätte. Außerdem sei nicht auszuschließen, dass bei einer Berücksichtigung ihrer Belange eine andere Entscheidung in der Sache getroffen worden wäre.

Die Antragsteller beantragen,

die Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg über das Naturschutzgebiet "Cuxhavener Küstenheiden" im Landkreis Cuxhaven vom 6. Dezember 2004 für nichtig zu erklären, soweit sie die Flurstücke 9/3 und 9/4 der Flur 2 der Gemarkung Berensch-Arensch erfasst.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen,

und erwidert, die Einbeziehung der Flurstücke der Antragsteller in das Naturschutzgebiet sei rechtmäßig. Die Flächen, die innerhalb des FFH-Gebiets Nr. 15 "Küstenheiden und Krattwälder bei Cuxhaven" lägen, seien aufgrund ihrer standörtlichen Gegebenheiten von besonderer Bedeutung für Natur und Landschaft. Sie seien Teil des unbedeichten Deemoors im Übergang zu Küstendünen. Aus den vorgelegten Fotografien ergebe sich, dass das Gelände kleinräumig reliefiert und strukturiert sei. Ausweislich des Auszugs aus der Karte "Biotoptypen-Karte 3" seien auf den Flächen der Antragsteller folgende Biotoptypen anzutreffen: Kiefernforst, starkes Baumholz, Ruderalgebüsch, Einzelbaum, Baumgruppen, Baumreihen und Alleen, artenreiches Heide- oder Magerrasen-Stadium, mesophiles Grünland, Wildacker, Ruderalflur trockener Standorte und spätblühende Traubenkirsche. Veränderungen seien seither lediglich insofern eingetreten, als sich die Lage des von Menschenhand angelegten Biotops Wildacker verändert habe, der Magerrasen durch die Weidenutzung zunehmend nährstoffreicher geworden sei und sich damit in Richtung mesophiles Grünland entwickelt habe und der Biotoptyp Ruderalgebüsch (Wertstufe mittel) sich zu einem sonstigen Pionier- und Sukzessionswald (Wertstufe hoch) entwickelt habe. Die Unterschutzstellung der Flächen der Antragsteller sei auch unter dem Aspekt "Biotopverbund Wald-Heide-Magerrasen" gerechtfertigt. Der Vortrag der Antragsteller sei nicht geeignet, die Einbeziehung der Flächen in das Naturschutzgebiet in Frage zu stellen. Das Vorkommen der Traubenkirsche sage über den Gesamtwert der strittigen Fläche nichts aus; diese Pflanze komme auch in den wertvollsten Bereichen von Naturschutzgebieten vor. Entgegen der Behauptung der Antragsteller befänden sich in dem Kiefernwald auch zahlreiche Bäume mit einem Durchmesser von 50 bis 80 cm in Brusthöhe. Bei der strittigen Fläche handele es sich auch nicht um Ackerland, sondern Brachland und Forst. Der vorhandene kleine Wildacker diene nur der Wildfütterung und nicht dem landwirtschaftlichen Nebenerwerb. Die Fläche sei entgegen der Darstellung der Antragsteller bei Erwerb auch nicht vermüllt gewesen. Die vorgelegten Fotografien belegten, dass sich dort weder Müll noch Schutt oder Stacheldraht etc. befänden. Müll habe sich allenfalls auf dem zum Bauhof gehörenden Wohngrundstück und an Wegerändern im unmittelbaren Umfeld des Bauhofs befunden, die nicht Gegenstand des Verfahrens seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge über den Erlass der Naturschutzgebietsverordnung (Beiakten A bis H) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist zulässig, aber unbegründet.

Der Antrag ist statthaft, weil die Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg über das Naturschutzgebiet "Cuxhavener Küstenheiden" im Landkreis Cuxhaven vom 6. Dezember 2004 - VO - nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 7 Nds. AG VwGO der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht unterliegt.

Der Antrag erfüllt auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

Die Antragsteller sind insbesondere antragsbefugt, weil sie als Eigentümer von Flächen im Naturschutzgebiet "Cuxhavener Küstenheiden" durch die Verbote der Verordnung beschwert werden und daher geltend machen können, durch die Verordnung oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO).

Der Normenkontrollantrag richtet sich auch gegen den richtigen Antragsgegner.

Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist der Antrag gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, die die Rechtsvorschrift erlassen hat. Ändert sich nach dem Erlass der Rechtsvorschrift die Zuständigkeit zum Erlass der Norm, ist der Antrag indessen gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, die zur Änderung oder Aufhebung der Norm befugt ist (vgl. Redeker/von Oertzen, VwGO, Kommentar, 12. Aufl., § 47 Rn. 35; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 47 Rn. 83; Eyermann, VwGO, Kommentar, 12. Aufl., § 47 Rn. 60; Sodan/Ziekow, VwGO, Kommentar, 2. Aufl., § 47 Rn. 273). Wird während eines Normenkontrollverfahrens eine andere Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zum Erlass einer der angegriffenen Norm entsprechenden Vorschrift zuständig, wird diese zur Antragsgegnerin, weil ihr nunmehr die Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Vorschrift zusteht (vgl. Eyermann, § 47 Rn. 60).

Die Verordnung über das Naturschutzgebiet "Cuxhavener Küstenheiden" im Landkreis Cuxhaven vom 6. Dezember 2004 ist von der Bezirksregierung Lüneburg erlassen worden, die bis zu ihrer Auflösung mit Ablauf des 31. Dezember 2004 nach § 24 Abs. 1 i.V.m. § 54 Abs. 2 Satz 1 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes in der Fassung vom 11. April 1994 - NNatG a. F. - als obere Naturschutzbehörde für die Schaffung von Naturschutzgebieten durch Verordnung zuständig gewesen ist. Die Zuständigkeit zum Erlass von Naturschutzgebietsverordnungen ist am 1. Januar 2005 nach § 24 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1, 2 Satz 1 u. 5 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes in der Fassung vom 5. November 2004 - NNatG - und § 3 Abs. 3 der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege vom 9. Dezember 2004 - ZustVO-Naturschutz - auf die Antragsgegnerin als untere Naturschutzbehörde (§ 54 Abs. 1 Satz 3 NNatG) bzw. - soweit die Erklärung von Naturschutzgebieten der Erfüllung der Pflichten nach § 34 b Abs. 2 NNatG dient - den Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz übergegangen. Da die Zuständigkeit des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz nach § 3 Abs 3 ZustVO-Naturschutz bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007 begrenzt war - die Vorschrift ist durch die Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege vom 27. November 2007 gestrichen worden -, ist die Stadt Cuxhaven jedenfalls seit dem 1. Januar 2008 die richtige Antragsgegnerin, weil sie zumindest seit diesem Zeitpunkt sowohl für die Änderung und Aufhebung der angegriffenen Verordnung als auch den Erlass einer vergleichbaren Verordnung zuständig ist. Ob die Stadt Cuxhaven schon bei der Stellung des Normenkontrollantrags die richtige Antragsgegnerin gewesen ist oder ob der Antrag damals gegen das Land Niedersachsen zu richten gewesen wäre, kann dahinstehen, weil auch für die Passivlegitimation nicht der Zeitpunkt der Antragstellung, sondern der der Entscheidung über den Normenkontrollantrag maßgebend ist und ein Zuständigkeitswechsel - wie bereits dargelegt - automatisch eine Änderung der Passivlegitimation zur Folge hat.

Der demnach zulässige Normenkontrollantrag ist unbegründet, weil die Verordnung über das Naturschutzgebiet "Cuxhavener Küstenheiden" in der Stadt Cuxhaven mit höherrangigem Recht im Einklang steht.

Anhaltspunkte dafür, dass die Verordnung wegen formeller Mängel nichtig ist, bestehen nicht.

Die Verordnung begegnet aber auch materiell-rechtlich keinen durchgreifenden Bedenken.

Nach § 24 Abs. 1 NNatG kann die Naturschutzbehörde Gebiete durch Verordnung zu Schutzgebieten erklären, in denen Natur und Landschaft ganz oder teilweise besonderen Schutzes bedürfen, weil sie (1.) schutzwürdigen Arten oder Lebensgemeinschaften wild wachsender Pflanzen oder wild lebender Tiere eine Lebensstätte bieten oder künftig bieten sollen, (2.) für Wissenschaft, Naturkunde oder Heimatkunde von Bedeutung sind oder (3.) sich durch Seltenheit, besondere Eigenart oder Vielfalt oder herausragende Schönheit auszeichnen.

Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf den Kernbereich des unter Naturschutz gestellten Gebietes zweifelsfrei vor. Zum einen bedarf dieser Bereich besonderen Schutzes, weil er sich durch Seltenheit, besondere Eigenart und Vielfalt auszeichnet (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 NNatG). Zum anderen ist er besonders schutzbedürftig, weil er schutzwürdigen Arten wild wachsender Pflanzen und wild lebender Tiere eine Lebensstätte bietet und künftig bieten soll (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 NNatG).

Die Flächen, die die Bezirksregierung Lüneburg durch die angegriffene Verordnung unter Naturschutz gestellt hat, gehören größtenteils zu dem der EU gemeldeten FFH-Gebiet Nr. 15 "Küstenheiden und Krattwälder bei Cuxhaven". Dieses Gebiet besteht aus einer Vielzahl unterschiedlicher natürlicher Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse gemäß Anhang I der FFH-Richtlinie. Dabei handelt es sich insbesondere um Küstendünen mit Krähenbeere (Bezeichnung des Niedersächsischen Landesamts für Ökologie, FFH-Code 2140), bewaldete Küstendünen (FFH-Code 2180), Sandheiden mit Besenheide und Ginster auf Binnendünen (FFH-Code 2310), Sandheiden mit Krähenbeere auf Binnendünen (FFH-Code 2320), offene Grasflächen mit Silbergras und Straußengras auf Binnendünen (FFH-Code 2330), feuchte Heiden mit Glockenheide (FFH-Code 4010), trockene Heiden (FFH-Code 4030), alte bodensaure Eichenwälder auf Sandböden mit Stieleiche (FFH-Code 9190), Dünen mit Kriechweide (FFH-Code 2170), feuchte Dünentäler (FFH-Code 2190), nährstoffarme bis mäßig nährstoffreiche Stillgewässer mit Zwergbinsengesellschaften (FFH-Code 3130), magere Flachland-Mähwiesen (FFH-Code 6510) und Torfmoor-Schlenken mit Schnabelrietgesellschaften (FFH-Code 7150). Ausweislich der Gebietsdaten zum FFH-Gebiet Nr. 15 ist die naturraumtypische Ausbildung dieser natürlichen Lebensräume von gemeinschaftlichem Interesse größtenteils hervorragend oder gut. Der Erhaltungszustand der Lebensräume ist ebenfalls gut, der Wert des Gebietes für die Erhaltung der o. g. Lebensraumtypen in Niedersachsen sehr hoch, hoch oder zumindest signifikant. Die Gebietsdaten dokumentieren ferner das Vorkommen von großen Moosjungfern, Moorfröschen und Zauneidechsen, die zu den Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse nach Anhang II der FFH-Richtlinie bzw. den streng zu schützenden Tierarten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie gehören. Demzufolge ist davon auszugehen, dass der Kernbereich des Naturschutzgebiets "Cuxhavener Küstenheiden" im Landkreis Cuxhaven im Sinne des § 24 Abs. 1 Nr. 1 und 3 NNatG schutzwürdig ist.

Diese Beurteilung wird durch die im Jahr 1995 durchgeführte Erfassung der für den Naturschutz wertvollen Bereiche in Niedersachsen durch das Niedersächsische Landesamt für Ökologie bestätigt. Ausweislich der in den Verwaltungsvorgängen vorhandenen Unterlagen über die Kartierung und Bewertung der damals erfassten Flächen, die große Teile des Naturschutzgebiets abdecken, befinden sich dort zahlreiche Vorkommen gefährdeter Ökosysteme, Biotope und Pflanzengesellschaften. Den Erfassungsbögen ist zudem zu entnehmen, dass die Flächen aus landesweiter Sicht schutzwürdig sind.

Das Gebiet, das abgesetzt vom Kernbereich des Naturschutzgebiets im Nordwesten von Arensch unter Naturschutz gestellt worden ist und einen Teil des Flurstücks 93/3 sowie das Flurstück 93/4 umfasst, erweist sich ebenfalls als im Sinne des § 24 Abs. 1 Nr. 1 und 3 NNatG schutzwürdig.

Das Niedersächsische Landesamt für Ökologie hat im Juni 1995 im Rahmen der Erfassung der für den Naturschutz wertvollen Bereiche in Niedersachsen sowohl Flächen, die im Süden an die Flurstücke 9/3 und 9/4 grenzen und durch die angegriffene Verordnung unter Naturschutz gestellt worden sind, als auch Flächen, die im Westen an das Naturschutzgebiet grenzen und inzwischen zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer gehören, kartiert. Bei diesem Areal handelt es sich ausweislich der Kartierung um ein Dünengelände im Bereich des Geestkliffs mit leicht wellig bewegten Relief, in dem gut ausgeprägte und wenig verbuschte Krähenbeer-Heide mit eingestreuten Herden von Draht-Schmiele und Besenheide anzutreffen ist. Im Süden befindet sich ein Geestkliff-Gebüsch mit kleinflächigen Anklängen an Eichen-Krattwald, bei dem im Unterwuchs Draht-Schmiele überwiegt. Außerdem sind dort trockene Grasfluren aus weicher Trespe, Rot-Schwinge, Straußgras, Spitzwegerich u. a. mit Übergängen zu Sandtrockenrasen anzutreffen. Im Nordosten des Gebiets, das jetzt unter Naturschutz steht, befindet sich eine kleine Krähenbeer-Heide mit Beetstrukturen und starker Verbuschung (Küstendünen-Gebüsch). Die Kartierung schließt mit der Feststellung, dass gefährdete Ökosysteme/Biotope/Pflanzengesellschaften vorkommen, einige Pflanzengesellschaften/Biotope sehr gut ausgebildet sind und das Gebiet aus landesweiter Sicht schutzwürdig ist.

Ausweislich der Karte "Biotoptypen - Karte 3" des Großprojekts "Krähenbeer-Küstenheiden im Raum Cuxhaven" (Stand Juni 1996), die die Antragsgegnerin vorgelegt hat, haben sich in dem Gebiet, das im Osten an die im Juni 1995 vom Niedersächsischen Landesamt für Ökologie kartierten Flächen grenzt und in das Naturschutzgebiet "Cuxhavener Küstenheiden" einbezogen worden ist, ebenfalls schützwürdige Biotoptypen wie gering verbuschte Krähenbeerheiden, Ruderalgebüsch, Wildacker und Kiefernforst befunden.

Die o. g. Karte belegt ferner, dass Mitte der neunziger Jahre auf den im Eigentum der Antragsteller stehenden, nach Norden angrenzenden Flurstücken 9/3 und 9/4 zahlreiche Biotoptypen wie Kiefernforst, Ruderalgebüsch, Einzelbaum, Baumgruppe, Baumreihe, artenarmes Heide- oder Magerrasen-Stadium, mesophiles Grünland, Wildacker und Ruderalflur trockener Standorte vorhanden gewesen sind. Nach Angaben der Antragsgegnerin sind seither lediglich insofern Veränderungen eingetreten, als sich die Lage des von Menschenhand angelegten Biotops Wildacker verändert hat, der Magerrasen durch Weidenutzung zunehmend nährstoffreicher geworden ist und sich damit in Richtung mesophiles Grünland entwickelt hat und der Biotoptyp Ruderalgebüsch (Wertstufe mittel) sich über die Jahre zu einem sonstigen Pionier- und Sukzessionswald (Wertstufe hoch) entwickelt hat. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass diese Angaben unzutreffend sind, sind weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Bei einem Vergleich der in den Jahren 1991, 2000 und 2005 aufgenommenen Luftbilder ist eine erhebliche Veränderung der Vegetation auf den o. g. Flurstücken auch nicht zu erkennen. Die von der Antragsgegnerin vorgelegten Fotografien zeigen zudem, dass auf den in das Naturschutzgebiet einbezogenen Flächen der Antragsteller u. a. die Biotoptypen Kiefernforst, Ruderalgebüsch/ Pionier- und Sukzessionswald, Einzelbaum, Baumgruppe, Baumreihe, mesophiles Grünland und Wildacker vorkommen. Dem Einwand der Antragsteller, dass es dort keinen Magerrasen gäbe, wenn sie die Weide - wie andere Landwirte auch - gedüngt hätten, ist ferner zu entnehmen, dass auf den o. g. Flurstücken auch der Biotoptyp Magerrasen anzutreffen ist. Demzufolge ist davon auszugehen, dass auf den Flurstücken 9/3 und 9/4 zahlreiche unterschiedliche Biotoptypen auf relativ engem Raum vorkommen, die teilweise - wie Magerrasen und mesophiles Grünland - höherwertig sind und bei hinreichender Ausprägung nach § 28 a NNatG besonderen Schutz genießen. Diese Biotoptypen sind auch auf den südlich angrenzenden, ebenfalls unter Naturschutz gestellten Flächen anzutreffen.

Darüber hinaus zeigen die von der Antragsgegnerin vorgelegten Fotografien, die von unterschiedlichen Standorten aus nahezu die gesamte umstrittene Fläche erfassen, dass die im Eigentum der Antragsteller stehenden Flurstücke ein leicht gewelltes Relief aufweisen und kleinteilig strukturiert sind. Die Fotografien und die Luftbilder, die die Antragsgegnerin eingereicht hat, dokumentieren ferner, dass ein naturräumlicher Zusammenhang der o. g. Flurstücke mit den südlich angrenzenden, ebenfalls unter Naturschutz gestellten Flächen und den im Norden angrenzenden, zum Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer gehörenden Flächen besteht.

Daraus ergibt sich, dass die im Eigentum der Antragsteller stehenden Flurstücke 9/3 und 9/4, soweit sie in das Naturschutzgebiet einbezogen worden sind, im Sinne des § 24 Abs. 1 Nr. 1 und 3 NNatSchG schutzwürdig sind. Dafür spricht überdies, dass auch dieser Bereich Teil des FFH-Gebiets Nr. 15 ist.

Folglich ist die Einbeziehung der o. g. Flurstücke in das Naturschutzgebiet nicht zu beanstanden. Das gilt umso mehr, als sie am Rand des Naturschutzgebiets liegen und dem Verordnungsgeber bei der Abgrenzung von Naturschutzgebieten und Landschaftsschutzgebieten ein weites Gestaltungsermessen zusteht, das es ihm erlaubt, auch Randzonen eines Gebiets unter Schutz zu stellen, die nur im Wesentlichen noch die Merkmale aufweisen, die den geschützten Bereich im Übrigen schutzwürdig machen (vgl. dazu: OVG Lüneburg, Urt. v. 2.7.2003 - 8 KN 2523/01 - NuR 2003 S. 703 u. Urt. v. 7.12.1989 - 3 A 198/87 - NuR 1990 S. 281; OVG Schleswig, Urt. v. 18.2.1992 - 1 L 2/91 - NuR 1993 S. 344; Bay. VGH, Urt. v. 21.7.1988 - 9 N 87.02020 - NuR 1989 S. 261, m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.6.1976 - I 107/75 - NuR 1980 S. 70; Blum/Agena/Franke, Niedersächsisches Naturschutzgesetz, Kommentar, §§ 24 bis 34, Rn. 13).

An dieser Beurteilung ändern die von den Antragstellern erhobenen Einwände gegen die Schutzwürdigkeit der Flurstücke 9/3 und 9/4 nichts.

Dass der Pächter, der eine Teilfläche der o. g. Flurstücke von ca. 2 ha seit 1999 gepachtet hat, nach Angaben der Antragsteller vertraglich verpflichtet gewesen sein soll, den auf der Pachtfläche vorhandenen Strauchbewuchs und Anflug, insbesondere die spätblühende Traubenkirsche, zu entfernen und die Pachtfläche, soweit sie nicht beackert oder zur Heugewinnung genutzt wird, einmal im Jahr zu mähen bzw. zu schlegeln, steht der Schutzwürdigkeit der o. g. Flurstücke nicht entgegen. Die o. g. Flurstücke wären auch dann schutzwürdig, wenn ein Teil des Strauchbewuchses vor der Unterschutzstellung der Flächen entfernt worden sein sollte. Unerheblich für die Schutzwürdigkeit der Flächen ist zudem, ob sich auf den Flächen - was die Antragsteller bestreiten - starkes Baumholz befindet. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin fotografisch belegt, dass im Kiefernwald auf den hier umstrittenen Flächen Bäume mit erheblichem Stammdurchmesser vorhanden sind.

Die Schutzwürdigkeit der Fläche lässt sich ferner nicht mit dem Einwand in Frage stellen, dass Ruderalpflanzen Gewächse seien, die sich besonders auf stickstoffreichen Böden ansiedelten und damit zu den Pflanzen gehörten, die auch auf Schutt- und Abfallplätzen siedelten. Die Schutzwürdigkeit der Flurstücke 9/3 und 9/4 beruht nicht isoliert auf dem Vorkommen von Ruderalfluren, sondern darauf, dass sich auf relativ engem Raum zahlreiche unterschiedliche Biotoptypen befinden, die sich durch besondere Eigenart und Vielfalt auszeichnen, teilweise höherwertig sind und auch auf den südlich angrenzenden, unter Naturschutz gestellten Flächen vorkommen.

Die Antragsteller können der Unterschutzstellung ihrer Flurstücke auch nicht entgegenhalten, dass dort die spätblühende Traubenkirsche anzutreffen sei. Denn das Vorkommen dieser Pflanze stellt die Schutzwürdigkeit der Flächen nicht in Frage.

Dass auf den Flurstücken 93/3 und 93/4 nach Angaben der Antragsteller in der Vergangenheit Schutt und Abfälle abgelagert worden sein sollen, was die Antragsgegnerin entschieden bestreitet, steht der Schutzwürdigkeit der Fläche gleichfalls nicht entgegen. Abgesehen davon haben die Antragsteller selbst vorgetragen, diese Materialien weitgehend beseitigt zu haben. Die von der Antragsgegnerin vorgelegten Fotografien, die nahezu die gesamte strittige Fläche zeigen, geben auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dort Müll, Schutt, Stacheldraht etc. in nennenswertem Umfang vorhanden ist.

Die Grundstücke der Antragsteller, die demnach schutzwürdig sind, sind auch schutzbedürftig, weil eine Gefährdung ihrer naturschutzfachlichen Wertigkeit im Falle einer unbeschränkten Nutzung zu besorgen wäre. Schon die Kartierung im Juni 1995 hat ergeben, dass am Nordostrand des an die Flächen der Antragsteller grenzenden Gebiets Heide zu Grünland umgebrochen worden ist. Außerdem ist der Magerrasen durch die Weidenutzung der Antragsteller zunehmend nährstoffreicher geworden und hat sich damit in Richtung mesophiles Grünland entwickelt. Weiterhin sind die Flächen in der Vergangenheit - wie die von den Antragstellern vorgelegten Fotografien belegen - als Lagerplatz genutzt worden. Auf den Flächen haben die Antragsteller auch einen Pferdeunterstand errichtet. Außerdem haben sie beanstandet, dass sie aufgrund der Unterschutzstellung ihrer Grundstücke die Möglichkeit verloren hätten, ihre Grundstücke wie bisher zu nutzen, die Nutzung den wirtschaftlichen Bedürfnissen anzupassen und auf den Grundstücken ggfls. Baumaßnahmen durchzuführen. Dies belegt zweifelsfrei, dass die in das Naturschutzgebiet einbezogenen Flächen der Antragsteller schutzbedürftig sind.

Dass die Bezirksregierung Lüneburg von der demnach bestehenden Möglichkeit, auch die Flächen der Antragsteller gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 und 3 NNatG unter Naturschutz zu stellen, Gebrauch gemacht hat, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. § 24 Abs. 1 NNatSchG knüpft die Unterschutzstellung von Gebieten an bestimmte normativ vorgegebene Voraussetzungen, deren Vorliegen die Naturschutzbehörde zu prüfen hat. Der ihr danach verbleibende Handlungsspielraum ist in erster Linie durch eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen des Naturschutzes auf der einen und der Nutzungsinteressen der Grundeigentümer auf der anderen Seite geprägt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102/88 - NVwZ 1988 S. 1020; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - NuR 2002 S. 99 u. Urt. v. 6.11.2002 - 231/01 - NVwZ-RR 2003 S. 267). Eine derartige Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen hat die Bezirksregierung Lüneburg vorgenommen. Sie hat sich ausweislich der Verwaltungsvorgänge mit den Nutzungsinteressen der Grundeigentümer auseinandergesetzt und diese in ihre Erwägungen einbezogen. Dies verdeutlicht insbesondere die Prüfung und Auswertung der Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und der Anregungen und Bedenken der betroffenen Grundeigentümer, u. a. auch der Antragsteller, die in den Beiakten D und A dokumentiert sind.

Im übrigen zeigt die Verordnung selbst, dass die Bezirksregierung die Nutzungsinteressen der Grundeigentümer, insbesondere die Interessen an der landwirtschaftlichen Nutzung der unter Schutz gestellten Flächen, erwogen und berücksichtigt hat. Die Verordnung enthält in § 5 zahlreiche Freistellungen von den Verboten der §§ 24 Abs. 2 Satz 1 NNatG, 4 VO und räumt den Nutzungsinteressen der Grundeigentümer insoweit den Vorrang vor den Naturschutzbelangen ein. Dieser Umstand und die Tatsache, dass die die Freistellungen betreffenden Regelungen der Verordnung sehr differenziert sind, machen ausreichend deutlich, dass der Verordnungsgeber sich mit dem Für und Wider der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung des unter Schutz gestellten Gebiets detailliert befasst und die betroffenen Belange gewürdigt hat. Daher bestehen auch keine begründeten Anhaltspunkte dafür, dass die Bezirksregierung Lüneburg bei dem Erlass der Naturschutzgebietsverordnung den Maßgaben des § 1 Abs. 2 NNatG nicht oder unzureichend Rechnung getragen hat, demzufolge die sich aus § 1 Abs. 1 NNatG ergebenden Anforderungen untereinander und gegen die sonstigen Anforderungen der Allgemeinheit an Natur und Landschaft abzuwägen sind.

Die Verordnung wäre aber selbst dann rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Bezirksregierung Lüneburg die Belange der Antragsteller bei der Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen des Naturschutzes und der Nutzungsinteressen der Grundeigentümer nicht berücksichtigt hätte. Denn eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung der bei der Abwägung zu berücksichtigenden Umstände allein zieht die Nichtigkeit einer Naturschutzgebietsverordnung nicht nach sich (Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - a.a.O. u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 - NVwZ-RR 2001 S. 510). Dies wäre lediglich dann der Fall, wenn die Anforderungen, die an die Rechtmäßigkeit planerischer Entscheidung gestellt werden, (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 - 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110, 122 f. m.w.N.) auch für Verordnungen, die gemäß § 24 NNatG erlassen werden, gelten würden. Das ist jedoch zu verneinen, weil die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen, die bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer Naturschutzgebietsverordnung den Handlungsspielraum der Naturschutzbehörde prägt (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988, a.a.O.), mit der Abwägung aller in Betracht kommenden Belange bei einer Planungsentscheidung nicht identisch ist (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988, a.a.O.; Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - a.a.O. u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 - a.a.O.). Daher kommt es lediglich darauf an, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung des Gebiets und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden ist (Nds. OVG, Urt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - a.a.O. u. Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 - a.a.O.). Das ist hier jedoch nicht der Fall.

Dass die Bezirksregierung Lüneburg durch den Erlass der Verordnung dem Naturschutz grundsätzlich den Vorrang vor den Nutzungsinteressen der Antragsteller gegeben hat, ist nicht zu beanstanden. Wie bereits dargelegt ist die Bedeutung des unter Schutz gestellten Gebiets für den Naturschutz keineswegs gering. Außerdem enthält die Verordnung weitgehende Freistellungen von den Verboten der §§ 24 Abs. 2 Sätze 1 und 2 NNatG, 4 VO. Daher kann keine Rede davon sein, dass die Entscheidung, den Belangen des Naturschutzes Vorrang vor den Interessen der Antragsteller an der uneingeschränkten Nutzung ihrer Flächen zu geben, unverhältnismäßig ist.

Die Verbote, die § 4 VO enthält, sind ebenfalls mit höherrangigem Recht vereinbar. § 4 VO steht mit § 24 Abs. 2 Sätze 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 NNatG im Einklang, wonach alle Handlungen verboten sind, die das Naturschutzgebiet oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen oder verändern, das Naturschutzgebiet außerhalb der Wege nicht betreten werden darf und die Verordnung bestimmte Handlungen innerhalb des Naturschutzgebiets untersagen kann, die dieses oder einzelne seiner Bestandteile gefährden oder stören können. Umstände, die die Naturschutzbehörde dazu hätten verpflichten können, gemäß § 24 Abs. 2 Satz 3 NNatG weitergehende Freistellungen von den Verboten in die Naturschutzgebietsverordnung aufzunehmen, sind ebenfalls nicht zu erkennen. Die Verbote verstoßen ferner nicht gegen Art. 14 GG, weil sie sich als eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG erweisen. Wenn die natürlichen oder landschaftsräumlichen Gegebenheiten eines Grundstücks im Interesse der Allgemeinheit erhaltenswert sind und des Schutzes bedürfen, so ergibt sich daraus eine immanente, dem Grundstück selbst anhaftende Beschränkung der Eigentümerbefugnisse, die durch natur- und landschaftsschutzrechtliche Regelungen - wie die Verordnung der Bezirksregierung Lüneburg - lediglich nachgezeichnet wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.6.1993 - 7 C 26.92 - NJW 1993 S. 2949 m.w.N.). Regelungen des Naturschutzes, die die Nutzung von Grundstücken aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes beschränken, sind daher keine Enteignungen im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG, sondern Bestimmungen von Inhalt und Schranken des Eigentums, die als Ausdruck der Sozialpflichtigkeit des Eigentums grundsätzlich hinzunehmen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 31.1.2001 - 6 CN 2.00 - NuR 2001 S. 351; Beschl. v. 18. 7.1997 - 4 BN 5.97 - Buchholz 406 401 § 13 BNatSchG Nr. 3 = NuR 1998 S. 37). Als unzumutbare Beschränkungen der Eigentümerbefugnisse erweisen sie sich erst dann, wenn nicht genügend Raum für einen privatnützigen Gebrauch des Eigentums oder eine Verfügung über den Eigentumsgegenstand verbleibt oder wenn eine Nutzung, die bisher ausgeübt worden ist oder sich nach der Lage der Dinge objektiv anbietet, ohne jeglichen Ausgleich unterbunden wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.1.2000 - 6 BN 2.99 - NVwZ-RR 2000 S. 339; Beschl. v. 18. 7.1997, a.a.O.). Davon kann hier jedoch keine Rede sein. Da § 5 VO eine Vielzahl an Freistellungen von den Verboten vorsieht, verbleibt genügend Raum für den privatnützigen Gebrauch der unter Naturschutz gestellten Flächen. So kann auf den im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung vorhandenen Ackerflächen nach § 5 Nr. 11 VO weiterhin eine ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung erfolgen. § 5 Nr. 12 VO erlaubt auch die Nutzung des Grünlandes mit gewissen Einschränkungen. Außerdem bleibt den Grundeigentümern eine Verfügung über ihre Grundstücke unbenommen. Schließlich unterbindet die Verordnung bislang ausgeübte oder sich objektiv anbietende Nutzungen nicht ohne jeglichen Ausgleich. Die §§ 24 Abs. 2 Sätze 1 und 2 NNatG, 4 VO verbieten zwar zahlreiche Grundstücksnutzungen. Eigentümer oder andere Nutzungsberechtigte haben nach § 50 Abs. 1 Satz 1 NNatSchG aber Anspruch auf Entschädigung, wenn ihnen durch Maßnahmen aufgrund des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes Beschränkungen ihrer Nutzungsrechte in einem Ausmaß auferlegt werden, das über die Sozialbindung des Eigentums hinausgeht; das ist nicht nur der Fall, wenn Beschränkungen der Nutzungsrechte enteignenden Charakter haben, sondern auch, wenn sie die verfassungsrechtlich vorgegebene Zumutbarkeitsschwelle überschreiten (Blum/Agena/ Franke, § 50 Rn. 24).

Die Antragsteller könnten gegen die Naturschutzgebietsverordnung ferner nicht einwenden, dass die Bezirksregierung Lüneburg die im Osten an ihre Grundstücke grenzenden Flächen, die ursprünglich ebenfalls in das Naturschutzgebiet einbezogen werden sollten, nicht unter Naturschutz gestellt hat. Die Einbeziehung von Flächen in ein Naturschutzgebiet erweist sich nicht schon deshalb als rechtswidrig, weil sich die Naturschutzgebietsverordnung nicht auf alle Flächen erstreckt, die unter Naturschutz hätten gestellt werden können. Da die Entscheidung über die Unterschutzstellung eines Gebiets und dessen Ausdehnung nach § 24 Abs. 1 NNatG im Ermessen der Naturschutzbehörde steht, wäre die unterschiedliche Behandlung von Grundstücken allenfalls dann rechtlich zu beanstanden, wenn sie willkürlich wäre (Nds. OVG, Urt. v. 6.11.2002 - 8 KN 231/01 - NVwZ-RR 2003 S. 267; Urt. v. 8.11.2001 - 8 KN 229/01 - NVwZ-RR 2002 S. 423). Dafür bestehen hier jedoch keine Anhaltspunkte. Dass das Naturschutzgebiet nicht auf die Flächen östlich der Grundstücke der Antragsteller ausgedehnt worden ist, hat die Bezirksregierung Lüneburg ausweislich der Verwaltungsvorgänge damit begründet, dass es sich bei diesen Flächen um randlagige, größere zusammenhängende Acker- und Intensivgrünlandkomplexe handele, bei denen aufgrund dieser Nutzung kurz- bis mittelfristig keine Verfügbarkeit im Sinne der Zielsetzungen des § 3 VO absehbar gewesen wäre. Diese Erwägungen sind nachvollziehbar. Daher kann keine Rede davon sein, dass die unterschiedliche Behandlung dieser Flächen und der Flurstücke der Antragsteller, die nur einen kleinen Wildacker und kein Intensivgrünland aufweisen, willkürlich gewesen ist.

Ende der Entscheidung

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