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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.09.2006
Aktenzeichen: 4 LA 574/04
Rechtsgebiete: SGB I, BSHG
Vorschriften:
SGB I § 16 Abs. 2 | |
BSHG § 5 |
Gründe:
Die Anträge der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts (1.) und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren (2.) haben keinen Erfolg.
1. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist unbegründet, da die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nrn. 1, 3, 4 und 5 VwGO nicht vorliegen.
Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten ihrer Kurzzeitpflege in einem Alten- und Pflegeheim in der Zeit vom 28. August bis zum 5. September 2001 und in der Zeit vom 7. bis zum 25. September 2001. Nachdem die Pflegekasse der Klägerin mit Schreiben vom 28. September 2001 den Antrag der Klägerin auf Leistungen der Pflegeversicherung in Form der Kurzzeitpflege vom 20. August 2001 wegen nicht ausreichender Versicherungszeiten abgelehnt hatte, lehnte der Beklagte den am 27. September 2001 gestellten Antrag der Klägerin auf Übernahme der ungedeckten Kosten der Kurzzeitpflege im Rahmen der Sozialhilfe ab, weil es sich insoweit um sogenannten vergangenen Bedarf handele. Die gegen den Bescheid des Beklagten vom 13. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2002 erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Urteil vom 17. November 2004 ab. Zur Begründung führte es an, dem Anspruch der Klägerin stehe § 5 BSHG entgegen, wonach Sozialhilfe nur zur Abwendung einer gegenwärtigen Notlage gewährt werde. Die Sozialhilfe solle den Hilfesuchenden nicht von Schulden entlasten, sondern eine noch bestehende Notlage beheben. Die Vorschrift des § 16 SGB I, wonach ein Antrag als rechtzeitig gestellt gelte, auch wenn er beim unzuständigen Leistungsträger eingehe, käme hier nicht zur Anwendung. Hierfür sei nämlich Voraussetzung, dass sich aus dem Antrag ergebe, dass auch ein Anspruch auf Sozialhilfe in Betracht kommen könne. Ein Antrag, der die Sozialhilfebedürftigkeit des Hilfesuchenden nicht hinreichend erkennen lasse, löse die Fiktion einer Kenntnis des Sozialhilfeträgers nicht aus.
Die Klägerin begründet ihren dagegen erhobenen Zulassungsantrag mit ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (a), einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (b), einer Abweichung des angefochtenen Urteils von der Rechtsprechung des beschließenden Senats (c) und einem Verfahrensmangel (d).
a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht gegeben.
Die Klägerin trägt zur Darlegung ihrer Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts vor, der Pflege- und Krankenkasse seien ihre Renteneinkünfte auf Grund der Berechnung ihrer Krankenkassenbeiträge und der Bearbeitung eines Antrages auf Befreiung von der Zuzahlung zu Arzneimitteln bekannt gewesen. Auch habe eine Mitarbeiterin der Pflege- und Krankenkasse den Sachbearbeiter des Sozialamtes des Beklagten am 27. September 2001 vorab telefonisch unterrichtet. Das Verwaltungsgericht habe daher zu Unrecht angenommen, ihr Antrag bei der Pflege- und Krankenkasse habe ihre Sozialhilfebedürftigkeit nicht erkennen lassen.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nach der ständigen Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (vgl. z.B. Beschluss vom 10.3.2006 - 4 LA 140/04 - und vom 31.7.1998 - 1 L 2696/98 -, NVwZ 1999, 431, NdsVBl. 1999, 93, NdsRpfl. 1999, 87), wenn für das vom Zulassungsantragsteller favorisierte Entscheidungsergebnis "die besseren Gründe sprechen", d.h. wenn ein Obsiegen in der Hauptsache wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Dabei dürfen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (2. Kammer des Ersten Senats, Beschluss vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458, 1459) die Anforderungen an die Darlegungslast der Beteiligten nicht überspannt werden. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils sind schon dann anzunehmen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. z.B. Beschluss des Nds. OVG vom 10.3.2006 - 4 LA 140/04 -). Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen aber nicht vor, wenn zwar einzelne Rechtssätze, tatsächliche oder unterlassene Feststellungen zu Zweifeln Anlass bieten, das Urteil aber im Ergebnis aus anderen Gründen offensichtlich richtig ist (BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, DVBl. 2004, 838, NVwZ-RR 2004, 542). Denn der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO soll Richtigkeit im Einzelfall gewährleisten; die maßgebliche Frage geht also dahin, ob die Rechtssache richtig entschieden worden ist. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO will demgemäß den Zugang zu einer inhaltlichen Überprüfung des angefochtenen Urteils in einem Berufungsverfahren in den Fällen eröffnen, in denen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist. Deshalb müssen Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze, tatsächlicher oder unterlassener Feststellungen, auf welchen das Urteil beruht, zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Das wird zwar regelmäßig der Fall sein. Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente schlagen jedoch nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verlangt nicht, die Berufung wegen eines Fehlers zuzulassen, der für den Ausgang des Berufungsverfahrens bedeutungslos bleiben wird, weil das Ergebnis aus anderen Gründen offensichtlich richtig ist (BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004, a.a.O.).
Nach diesen Maßstäben ergeben sich aus dem Vorbringen der Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Das Verwaltungsgericht hat - im Ergebnis - zu Recht den Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten der Kurzzeitpflege im Hinblick darauf verneint, dass nach § 5 Abs. 1 BSHG die Sozialhilfe erst einsetzt, wenn dem Träger der Sozialhilfe die Voraussetzungen für deren Gewährung bekannt sind. Hier hat aber der Sozialhilfeträger erst am 27. September 2001 von der Kurzzeitpflege der Klägerin in der Zeit vom 28. August bis zum 25. September 2001 Kenntnis erlangt mit der Folge, dass es sich insoweit um sogenannten vergangenen Bedarf handelt, der nicht im Rahmen der Sozialhilfe zu übernehmen ist.
Denn zum einen greift § 16 Abs. 2 SGB I nicht zu Gunsten der Klägerin ein. Nach dieser Vorschrift sind Anträge, die bei einem unzuständigen Leistungsträger, bei einer für die Sozialleistung nicht zuständigen Gemeinde oder bei einer amtlichen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland gestellt werden, unverzüglich an den zuständigen Leistungsträger weiterzuleiten (Satz 1). Ist die Sozialleistung von einem Antrag abhängig, gilt der Antrag als zu dem Zeitpunkt gestellt, in dem er bei einer der in Satz 1 genannten Stellen eingegangen ist (Satz 2).
Zwar ist die Sozialhilfegewährung nach § 5 Abs. 1 BSHG nicht von einem Antrag abhängig, wie dies § 16 Abs. 2 SGB I voraussetzt, doch ist diese Vorschrift insofern im Sozialhilferecht anwendbar, als die durch den Antrag bei einer unzuständigen Stelle vermittelte und nach § 5 Abs. 1 BSHG für das Einsetzen der Sozialhilfe erforderliche Kenntnis von dem Hilfefall auch für den zuständigen Sozialhilfeträger als zu dem Zeitpunkt vermittelt gilt, in dem der Antrag bei der unzuständigen Stelle eingeht (BVerwG, Urteil vom 18.5.1995 - 5 C 1/93 -, BVerwGE 98, 248). Die Regelung in § 16 Abs. 2 SGB I setzt jedoch voraus, dass ein Antrag bei einer unzuständigen Stelle eingeht, der aus diesem Grunde von dieser gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I an die zuständige Stelle weiterzuleiten ist (BVerwG, Urteil vom 12.12.2002 - 5 C 62/01 -, BVerwGE 117, 272).
Hier ist jedoch der Antrag der Klägerin auf Leistungen der Pflegeversicherung in Form der Kurzzeitpflege nicht bei einem unzuständigen Leistungsträger, sondern bei der für einen solchen Antrag allein zuständigen Stelle, nämlich der Pflegeversicherung der Klägerin, eingegangen. Diese ist deshalb nach § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I nicht verpflichtet gewesen, diesen Antrag an einen anderen Leistungsträger weiterzuleiten. Die Regelung in § 16 Abs. 2 SGB I ist nach ihrem klaren Wortlaut auf einen solchen Fall von vornherein nicht anwendbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.2002 - 5 C 62/01 -, a.a.O.). Es bleibt hier demnach bei der Regelung in § 5 Abs. 1 BSHG, wonach die Sozialhilfe erst einsetzt, wenn dem Sozialhilfeträger die Voraussetzungen für ihre Gewährung bekannt werden. Dies ist hier am 27. September 2001 und damit erst nach Deckung des Bedarfs der Klägerin, nämlich nach Abschluss der Kurzzeitpflege, der Fall gewesen. Der Beklagte ist daher nach dem sozialhilferechtlichen Grundsatz, wonach Hilfe für vergangene Zeiträume nicht gewährt wird (ständige Rechtsprechung des BVerwG, u. a. Urteil vom 4.2.1988 - 5 C 89/85 -, BVerwGE 79, 46, und Urteil vom 23.6.1994 - 5 C 26/92 -, BVerwGE 96, 152), nicht verpflichtet gewesen, die Kosten der Kurzzeitpflege in dem Zeitraum vom 28. August bis zum 25. September 2001 übernehmen.
Sofern es nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (siehe u. a. Urteil vom 19.1.1999 - 4 L 2970/98 -, Beschluss vom 16.5.2001 - 4 PA 1168/01 -, Urteil vom 11.7.2001 - 4 L 2755/99 -) für die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 2 SGB I lediglich erforderlich gewesen ist, dass bei der Antragstellung die (zur Deckung des Bedarfs nicht ausreichenden) Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Hilfesuchenden der Pflege- oder Krankenkasse bekannt gewesen sind, hält der Senat an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest. Denn nach ihrem klaren Wortlaut kommt die Regelung des § 16 Abs. 2 SGB I in einem solchen Fall nur dann zur Anwendung, wenn bei der Pflege- oder Krankenkasse oder bei einem anderen Leistungsträger ein Antrag auf Leistungen der Sozialhilfe gestellt wird, für den dieser Leistungsträger nicht zuständig ist. Zwar ist nicht zu fordern, dass der Sozialhilfeantrag als solcher ausdrücklich bezeichnet wird. Auch aus seinem Inhalt kann sich bei sachgerechter Auslegung ergeben, dass es sich bei dem Begehren des Hilfesuchenden um einen Sozialhilfeantrag handelt. Beantragt der Antragsteller "hilfsweise" Sozialhilfe, so begehrt er die Übernahme der durch die Pflege- oder Krankenversicherung nicht gedeckten Kosten durch den Sozialhilfeträger. Begehrt jedoch der Antragsteller die Übernahme der Kosten einer in Anspruch genommenen Leistung gerade durch die Pflege- oder Krankenkasse oder einen anderen bestimmten Leistungsträger und lässt der Antrag nicht erkennen, dass es sich - bei sachgerechter Auslegung - eigentlich um einen Sozialhilfeantrag bei einer unzuständigen Stelle handelt, so ist kein Raum für die Anwendung des § 16 Abs. 2 SGB I.
Zum anderen liegen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts auch deshalb nicht vor, weil bei der Antragstellung die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin für die Pflegekasse nicht in dem Umfange erkennbar gewesen sind, dass diese hieraus auf die Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin hat schließen können. Auch bei Zugrundelegung der bisherigen (oben zitierten) Rechtsprechung des Senats, wonach die Kenntnis des zuerst angegangenen Leistungsträgers von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers für die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 2 SGB I ausreichend ist, hat das Verwaltungsgericht daher die Klage zu Recht abgewiesen.
Denn auch wenn nach dem Vorbringen der Klägerin zur Begründung des Zulassungsantrages der Pflegekasse die Einkommensverhältnisse der Klägerin bekannt gewesen sind, so ergibt sich daraus noch nicht deren Sozialhilfebedürftigkeit, da Hilfe zum Lebensunterhalt nur erhält, wer seinen Bedarf weder durch sein Einkommen (§ 76 BSHG) noch durch sein Vermögen (§ 88 BSHG) oder durch die Hilfe Dritter decken kann (§ 2 BSHG). Allein aus den Einkommensverhältnissen eines Antragstellers kann daher nicht auf dessen Sozialhilfebedürftigkeit geschlossen werden. Dass hier eine Mitarbeiterin der Pflegekasse am 27. September 2001 beim Sozialamt des Beklagten angerufen und den zuständigen Sachbearbeiter des Beklagten über den Fall der Klägerin informiert hat, stellt eine (möglicherweise als Ausgleich für die lange Bearbeitungszeit bei der Pflegekasse erbrachte) "Serviceleistung" der Pflegekasse dar, lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass der Pflegekasse (bereits bei Antragstellung und damit vor Beginn der hier verfahrensgegenständlichen Leistung) die Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin bekannt gewesen ist.
Die Klägerin kann sich im Übrigen nicht darauf berufen, allein wegen der späten Bescheidung ihres Antrages durch die Pflegekasse mit Schreiben vom 28. September 2001 keine Gelegenheit mehr gehabt zu haben, rechtzeitig einen Antrag beim Sozialamt zu stellen oder dieses zumindest vor Leistungsbeginn zu informieren. Die Klägerin hat sich (auch angesichts der Gesamtkosten der von der Klägerin in Anspruch genommenen Kurzzeitpflege in Höhe von 3.867,36 DM = 1.977,35 €) nicht darauf verlassen dürfen, dass diese Kosten durch die Pflegekasse in vollem Umfange übernommen werden. Denn in der Regel sind die Leistungen der Pflegekasse (wie auch häufig die Leistungen der Krankenkasse) betragsmäßig begrenzt, so ist auch der Anspruch auf Kurzzeitpflege gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB XI auf einen Gesamtbetrag von 1.432,-- € im Kalenderjahr begrenzt. Angesichts dieses - allgemein bekannten - Sachverhalts hätte die Klägerin (bzw. ihre Tochter) deshalb parallel zum Antrag bei der Pflegekasse das Sozialamt des Beklagten rechtzeitig vor Beginn der Inanspruchnahme dieser Leistung zumindest über ihre Situation in Kenntnis setzen und sich über die Hilfemöglichkeiten im Rahmen der Sozialhilfe informieren müssen.
b) Die Berufung ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Denn die von der Klägerin als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage, ob § 16 Abs. 2 SGB I neben § 5 BSHG anwendbar ist, ist nach der oben zitierten Rechtsprechung des Senats und des Bundesverwaltungsgerichts bereits dahingehend beantwortet, dass diese Vorschrift auch im Sozialhilferecht zu beachten ist.
c) Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 4 VwGO wegen der von der Klägerin geltend gemachten Abweichung des angefochtenen Urteils von der Rechtsprechung des beschließenden Senats liegen ebenfalls nicht vor.
Die Klägerin führt zur Begründung dieses Zulassungsgrundes an, nach der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ersetze die Antragstellung bei einer Krankenkasse die Kenntnis des Sozialhilfeträgers von dem Hilfebedarf. Dagegen habe das Verwaltungsgericht gefordert, dass sich aus dem Antrag die Sozialhilfebedürftigkeit ergeben müsse. Das Verwaltungsgericht weiche damit von der genannten Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts ab.
Eine Divergenz im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 4 VwGO liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschriften mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz sich zu dem in einer Entscheidung eines der in § 124 Abs. 1 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Widerspruch gesetzt hat (BVerwG, Beschluss vom 8. Januar 2001 - 11 B 59.00 -, KStZ 2001, 191). Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes muss der in der angefochtenen Entscheidung enthaltene abstrakte Rechtssatz bezeichnet und ausgeführt werden, worin dieser abweicht und warum die angegriffene Entscheidung auf dieser Abweichung beruht (Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 14. Aufl. 2005, § 124 Rdnr. 55).
Hier hat das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass dem Grunde nach auch die Antragstellung bei einem anderen Leistungsträger eine Kenntnis des Sozialhilfeträgers vom Bedarf auslösen könne. Dies gelte aber nur dann, wenn sich aus der Antragstellung ergebe, dass auch ein Anspruch auf Sozialhilfe in Betracht kommen könne. Ein Antrag, der die Sozialhilfebedürftigkeit des Hilfesuchenden nicht hinreichend erkennen lasse, löse die Fiktion einer Kenntnis des Sozialhilfeträgers nicht aus. Diese Rechtsgrundsätze, auf die sich das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil gestützt hat, weichen nicht ab von den Rechtsgrundsätzen der bisherigen (in diesem Beschluss aufgegebenen) Rechtsprechung des Senats, auf die der Senat auch in dem Beschluss vom 4. Oktober 2004 (4 PA 421/04), mit dem der Klägerin unter Abänderung des ablehnenden Beschlusses des Verwaltungsgerichts Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren bewilligt worden ist, Bezug genommen hat. So hat der Senat in seinem Urteil vom 11. Juli 2001 (- 4 L 2755/99 -; siehe ferner u. a. Urteil vom 19.1.1999 - 4 L 2970/98 - und Beschluss vom 16.5.2001 - 4 PA 1168/01 -) die Anwendung des § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB I davon abhängig gemacht, dass die - zur Deckung der geltend gemachten Kosten nicht ausreichenden - wirtschaftlichen Verhältnisse dem zunächst angegangenen Leistungsträger bekannt sind. Der Senat hat also nicht etwa, wie die Klägerin behauptet, den Rechtssatz aufgestellt, dass die Antragstellung bei einer Pflege- oder Krankenkasse in jedem Falle die Kenntnis des Sozialhilfeträgers von dem Hilfebedarf ersetzt. Der Senat hat vielmehr für die Anwendbarkeit des § 16 Abs. 2 Satz 2 SGB I - ebenso wie das Verwaltungsgericht - gefordert, dass die Sozialhilfebedürftigkeit des Antragstellers für den zunächst angegangenen Leistungsträger erkennbar gewesen ist.
d) Schließlich ist auch ein Verfahrensmangel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO von der Klägerin nicht hinreichend dargelegt worden.
Die Klägerin rügt insofern, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt zu der Frage, ob die Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin erkennbar gewesen sei, aufklären müssen.
Nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO ist die Berufung zuzulassen, wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Dieser Zulassungsgrund ist nur dann gemäß § 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Wird ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geltend gemacht, muss dementsprechend substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären; weiterhin muss dargetan werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts nämlich grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine durch einen Rechtsanwalt vertretene Partei nicht ausdrücklich beantragt hat. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich die Notwendigkeit einer Beweiserhebung offensichtlich hätte aufdrängen müssen, das Verwaltungsgericht sich eine Sachkunde zuschreibt, die es nicht haben kann, oder seine Entscheidungsgründe auf mangelnde Sachkunde schließen lassen; auch dies muss mit dem Zulassungsantrag dargelegt werden (Nds. OVG, Beschlüsse des 12. Senats vom 30.8.2006 - 12 LA 239/05 - und vom 20.07.2000 - 12 L 2641/00 - unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 19.8.1997 - 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328; ebenso Sächs. OVG, Beschluss vom 20.11.2000 - 3 B 784/99 -, SächsVBl. 2001, 94; Kopp/Schenke, a.a.O., § 86 Rdnr. 7).
Diesen Anforderungen an die Begründung des Zulassungsgrundes des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO werden die Ausführungen der Klägerin nicht gerecht. Die Klägerin hat in keiner Weise dargelegt, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts in Betracht gekommen und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären.
Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht nach dem oben (unter a) Gesagten auch keinen Anlass gehabt, den Sachverhalt hinsichtlich der von der Klägerin bezeichneten Frage weiter aufzuklären, da angesichts des vorliegenden Sachverhalts keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Pflegekasse bereits bei Antragstellung die Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin bekannt gewesen ist. Eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO kann daher nicht festgestellt werden.
Ende der Entscheidung
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