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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 12.07.2006
Aktenzeichen: 4 LC 309/02
Rechtsgebiete: BSHG
Vorschriften:
BSHG § 3 II | |
BSHG § 93 II |
Tatbestand:
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Übernahme der ungedeckten Kosten seines Heimaufenthalts in der mit dem Heimbetreiber vereinbarten Höhe für die Zeit vom 12. Juli 1999 bis zum 4. April 2001.
Der am 5. Mai 1952 geborene Kläger leidet unter anderem unter einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis sowie einer langjährigen Alkoholabhängigkeit. Am 12. Juli 1999 wurde er in die Einrichtung der Klinikum C. GmbH aufgenommen. Nach dem geschlossenen Heimvertrag ist der Kläger verpflichtet gewesen, täglich 263,61 DM bis Dezember 1999, 255,74 DM bis Januar 2001 sowie 260,09 DM ab dem 1. Februar 2001 an das Klinikum C. zu zahlen. Mit Bescheid vom 14. Juli 1999 gewährte der Beklagte dem Kläger Eingliederungshilfe für seine Betreuung im Klinikum C. nur eingeschränkt, nämlich "vom Aufnahmetag bis auf weiteres ... nur in Höhe des mit mir oder im Einvernehmen mit mir bzw. der sachlich und örtlich zuständigen Behörde jeweils vereinbarten oder festgesetzten Pflegesatzes". Die Leistungen wurden wegen des Fehlens einer abschließenden Entscheidung über die Höhe der Pflegesätze als Vorschuss gemäß § 42 Abs. 1 SGB I gewährt.
Hintergrund für die nur eingeschränkte Kostenübernahme durch den Beklagten ist, dass seit 1994 zwischen dem Klinikum C. und dem Land Niedersachsen als überörtlichem Träger der Sozialhilfe Streit über die Höhe der Pflegesätze besteht. Während das Klinikum C. Pflegesätze für das Jahr 1999 in Höhe von 249,93 DM, für das Jahr 2000 in Höhe von 255,73 DM und für das Jahr 2001 in Höhe von 260,09 DM fordert, ist das Land Niedersachsen nur zur Zahlung wesentlich niedrigerer Pflegesätze bereit. Auf Grund einer vorläufigen Vergütungsfestsetzung der Schiedsstelle und einer vorläufigen Vergütungsvereinbarung zwischen dem Klinikum C. und dem Niedersächsischen Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben, denen Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht Hannover vorausgegangen waren, sind Abschlagspflegesätze an das Klinikum C. gezahlt worden: In Höhe von täglich 194,72 DM in der Zeit vom 12. Juli 1999 bis zum 31. März 2000 und in Höhe von täglich 201,20 DM in der Zeit vom 1. April 2000 bis zum 4. April 2001.
Der Kläger legte gegen den Bescheid des Beklagten vom 14. Juli 1999 Widerspruch ein, den er damit begründete, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 20. Oktober 1994 (5 C 28/91) das volle vertraglich vereinbarte Heimentgelt zu übernehmen sei, wenn der Sozialhilfeträger keine zumutbare günstigere Unterbringung anbieten könne. Das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4. April 2001 zurück und führte zur Begründung an, dass eine endgültige Entscheidung über die Höhe der täglich zu leistenden Sozialhilfe erst getroffen werden könne, wenn in den Pflegesatzverhandlungen zwischen dem Land Niedersachsen und dem Klinikum C. abschließend über die Höhe der an das Klinikum zu zahlenden Vergütung entschieden worden sei. Soweit die danach zu zahlende tägliche Vergütung höher sei als der jeweils gezahlte vorläufige Abschlag, werde der Differenzbetrag nachgezahlt.
Der Kläger hat am 4. Mai 2001 Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, der Beklagte habe den Bedarfsdeckungsgrundsatz missachtet. Es bestehe für ihn keine Alternative zur Deckung seines sozialhilferechtlichen Bedarfs. Eine Verlegung in ein anderes Heim könne ihm nicht zugemutet werden. Die Kosten seiner Heimunterbringung seien deshalb nach den vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 20. Oktober 1994 dargelegten Grundsätzen, die auch auf die ab dem 1. Januar 1999 geltende Rechtslage anwendbar seien, in voller Höhe zu übernehmen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 14. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchbescheides des Niedersächsischen Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben vom 4. April 2001 zu verpflichten, ihm Sozialhilfe durch Übernahme des vollen, von ihm mit dem Einrichtungsträger vereinbarten Heimentgeltes in Höhe von täglich 263,61 DM bis zum 31. Dezember 1999, 255,74 DM vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Januar 2001 sowie 260,09 DM ab dem 1. Februar 2001 abzüglich der geleisteten Abschläge zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 1994 sei im Hinblick auf die Änderungen des Bundessozialhilfegesetzes überholt. Eine Verletzung des Bedarfsdeckungsgrundsatzes habe schon deshalb nicht vorgelegen, weil der Kläger im entscheidungserheblichen Zeitraum angemessen betreut und gepflegt worden sei. Über die Höhe der hierfür zu übernehmenden Kosten könne jedoch erst dann abschließend entschieden werden, wenn endgültige Vereinbarungen gemäß § 93 Abs. 2 BSHG vorlägen. Auch wenn diese Voraussetzung bislang noch nicht erfüllt sei, könne hier ein Sonderfall im Sinne des § 93 Abs. 3 BSHG, in dem überhaupt keine Vereinbarungen vorlägen, nicht angenommen werden. Die Heimkosten seien deshalb nicht in der vollen zwischen dem Kläger und dem Klinikum C. vereinbarten Höhe zu übernehmen. Dies liefe dem Zweck der 1994 und 1999 in Kraft getretenen Neuregelungen des Bundessozialhilfegesetzes, den Bedarf durch genau definierte Vereinbarungen besser zu steuern und die Kosten zu dämpfen, zuwider.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten mit Urteil vom 5. Juni 2002 unter Abänderung des Bescheides vom 14. Juli 1999 und des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2001 verpflichtet, dem Kläger für den Zeitraum vom 12. Juli 1999 bis zum 4. April 2001 Sozialhilfe durch Übernahme des vollen, von ihm mit dem Einrichtungsträger vereinbarten Heimentgeltes in Höhe von pflegesatztäglich 263,61 DM bis zum 31. Dezember 1999, 255,74 DM bis zum 31. Januar 2001 sowie 260,09 DM ab dem 1. Februar 2001 abzüglich der geleisteten Abschläge zu gewähren. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass für den entscheidungserheblichen Zeitraum eine Vereinbarung nach § 93 Abs. 2 BSHG nicht vorliege. Es fehle ein bestandskräftig festgesetzter Pflegesatz. Nach § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG könne der Sozialhilfeträger Hilfe in einer Einrichtung, mit der eine solche Vereinbarung nicht geschlossen worden sei, gewähren, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten sei. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt, da dem Kläger eine zur Deckung seines Bedarfs geeignete anderweitige Unterbringungsmöglichkeit nicht angeboten worden sei und der Sozialhilfeträger deshalb zur Übernahme des Heimentgeltes in voller Höhe verpflichtet sei. Denn nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 1994 dürfe die Übernahme der Kosten einer Heimunterbringung unter Berufung auf die Unvereinbarkeit des Heimentgeltes mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit oder Leistungsfähigkeit nur abgelehnt werden, wenn der Sozialhilfeträger dem Hilfesuchenden eine konkrete, zur Behebung einer Notlage ebenfalls geeignete anderweitige Hilfemöglichkeit nachweise und dem Hilfesuchenden die Wahrnehmung dieser Möglichkeit auch zuzumuten sei.
Der Beklagte hat gegen das am 6. Juni 2002 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts am 4. Juli 2002 die vom diesem zugelassene Berufung eingelegt. Er trägt zur Begründung vor, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 1994 sei auf die neue Rechtslage nicht mehr anwendbar. Die Anforderungen hinsichtlich der zu treffenden Vereinbarungen seien in § 93 Abs. 2 BSHG stärker präzisiert und es sei eine Schiedsstelle eingeführt worden, die im Falle einer fehlenden Einigung der Vertragsparteien zu entscheiden habe. Mit der Einführung dieses streng formalisierten Verfahrens durch die 1994 und 1999 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen sei Pflegesatzstreitverfahren im Einzelfall der Boden entzogen worden. Würde man insoweit zu einer anderen Auffassung gelangen, liefe die vom Gesetzgeber gewählte Verfahrensregelung zur Beilegung des Streites zwischen Einrichtungsträger und Sozialhilfeträger gleichsam leer. Der Heimplatz des Klägers sei auch zu keiner Zeit gefährdet gewesen. Im Übrigen stelle das Klinikum C. den im Falle des Klägers gezahlten Abschlagspflegesatz in dieser Höhe auch den Selbstzahlern in Rechnung.
Der Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, dass eine § 93 Abs. 2 BSHG genügende Vereinbarung nicht vorliege. Für den streitgegenständlichen Zeitraum habe die Schiedsstelle Pflegesätze nicht festgesetzt. Die für frühere Vereinbarungszeiträume festgesetzten Pflegesätze könnten schon deshalb nicht über den 1. Januar 1999 hinaus fort gelten, weil die zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen verfahrensrechtlichen Regelungen des § 93 b Abs. 1 BSHG auch für die Zeit vor 1999 gelten würden und deshalb die Festsetzung des Pflegesatzes für 1998 durch die Schiedsstelle wegen der gegen sie erhobenen Klage nicht vollziehbar sei. Auch die auf gerichtlichen Eilentscheidungen beruhenden Abschlagspflegesätze rechtfertigten keine Begrenzung seines sozialhilferechtlichen Anspruchs. Unrichtig sei in diesem Zusammenhang die Behauptung des Beklagten, das Klinikum C. stelle diesen Abschlagspflegesatz auch Selbstzahlern in Rechnung. Der Bedarf des Klägers sei auch nicht durch Sachleistungen des Sozialhilfeträgers gedeckt. Im Sozialhilferecht gelte nach wie vor das Geldleistungsprinzip.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.
Der Kläger hat keinen Anspruch nach §§ 39,40 i.V.m. 93 ff. BSHG auf die von ihm begehrte Übernahme des heimvertraglich vereinbarten Entgeltes in voller Höhe. Er hat nach der gegenwärtigen Sachlage für den hier streitigen Zeitraum vom 12. Juli 1999 bis zum 4. April 2001 keinen Anspruch auf die Gewährung höherer Leistungen für seine Unterbringung im Klinikum C., als der Beklagte durch seine Abschlagszahlungen in diesem Zeitraum erbracht hat.
Der Kläger hat wegen seiner psychischen Erkrankungen dem Grunde nach einen Anspruch auf Eingliederungshilfeleistungen nach §§ 39,40 BSHG in einer Einrichtung nach §§ 93 ff. BSHG; dies ist zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig und bedarf deshalb keiner näheren Darlegung.
Dieser dem Grunde nach bestehende Anspruch des Klägers ist nicht bereits durch Sachleistungen des Beklagten erfüllt mit der Folge, dass der sozialhilferechtliche Bedarf des Klägers gedeckt und die Klage schon aus diesem Grunde abzuweisen wäre.
Da die Sozialhilfeträger in der Regel keine eigenen Einrichtungen zur Versorgung der Hilfeempfänger betreiben, gewähren sie die erforderliche stationäre Hilfe dadurch, dass sie die Kosten übernehmen, die durch die Unterbringung der Hilfeempfänger in von gemeinnützigen oder freien Trägern betriebenen Einrichtungen entstehen. Anders als im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen die Sozialhilfeträger keine Sachleistungen, sondern übernehmen die Aufwendungen, die dem Hilfeempfänger durch die Unterbringung und Betreuung entstehen, also die ihm von der Einrichtung in Rechnung gestellten Kosten (Bay VGH, Urteil vom 23.3.2005 - 12 B 01.1916-, Beschluss des erkennenden Senats vom 30.1.2006 - 4 LA 286/03 -; Mergler/Zink, BSHG, Kommentar, Stand: August 2004, § 93 Rdnr. 30 c). Für die gegenteilige Auffassung, dass der Sozialhilfeträger die Leistungen als Sachleistungen schon nach der ab dem 1. Juli 1994 geltenden Fassung der §§ 93 ff. BSHG (BGBl. I 1993, S. 2374; im folgenden als Fassung 1994 bezeichnet) erbringt (so VG Hannover, Urteil vom 12.6.2006 - 7 A 5927/03 -) oder der Sozialhilfeträger jedenfalls nach der ab dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung der §§ 93 bis 93 d BSHG (BGBl. I 1996, S. 1088; im folgenden als Fassung 1999 bezeichnet) dem Hilfeempfänger die Leistungen in dieser Form zur Verfügung stellt (so ohne nähere Begründung und ohne die sich hieraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen zu ziehen Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Aufl. 2002, § 93 Rdnrn. 10 und 35 bis 38, und Roscher in LPK-BSHG, 6. Aufl. 2003, § 8 Rdnr. 20), finden sich im Gesetz keine (hinreichenden) Anhaltspunkte. Nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999 ist der Sozialhilfeträger ebenso wie nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1994 nur zur Übernahme der Vergütung für die Leistung und dies auch nur unter den dort weiter bezeichneten Voraussetzungen verpflichtet. Anders als das SGB V, das dem Sachleistungsprinzip folgt, ist die Sozialhilfe durch das Geldleistungsprinzip geprägt. So stellen die Krankenkassen den Versicherten gemäß § 2 SGB V die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen zur Verfügung, wobei sie sich besonderer Leistungserbringer bedienen. Dadurch, dass der Versicherte die Sachleistungen in Anspruch nimmt, entsteht eine unmittelbare Zahlungsverpflichtung seiner Krankenkasse gegenüber dem leistungserbringenden Krankenhaus. Aus diesem Grund bedarf es auch keiner Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse. Dagegen hat der Sozialhilfeempfänger gegenüber dem Träger der Sozialhilfe keinen Anspruch auf Sachleistungen sondern einen Anspruch auf Übernahme des Entgelts, das ihm vom Leistungserbringer in Rechnung gestellt wird. Der Leistungserbringer hat daher, sofern nicht eine konkrete oder allgemeine Kostenübernahmeerklärung des Sozialhilfeträgers vorliegt, gegenüber diesem keinen eigenen Zahlungsanspruch (Beschluss des erkennenden Senats vom 30.1.2006 - 4 LA 286/03 -). Allein aus der Formulierung in § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG Fassung 1999, wonach der Sozialhilfeträger in den Fällen, in denen Vereinbarungen nach Absatz 2 dieser Vorschrift nicht abgeschlossen worden sind, Hilfe durch diese Einrichtungen unter den in dieser Vorschrift weiter genannten Voraussetzungen gewähren kann, kann daher nicht geschlussfolgert werden, dass der Gesetzgeber mit der Gesetzesfassung 1999 das Leistungssystem vollständig hat umstellen wollen. Hätte der Gesetzgeber dies gewollt, so wäre vielmehr zu erwarten gewesen, dass er eine § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V, wonach die Versicherten "die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen" erhalten, entsprechende ausdrückliche Regelung in das BSHG eingefügt hätte. Auch die übrigen Regelungen in den §§ 93 bis 93 d BSHG Fassung 1999 hätte er in einem solchen Fall den sich aus einer Umstellung auf Sachleistungen ergebenden Konsequenzen entsprechend den Regelungen im SGB V angepasst.
Dem Anspruch des Klägers in der von ihm geltend gemachten Höhe stehen jedoch die Regelungen in § 93 Absätze 2 und 3 BSHG Fassung 1999 entgegen. Denn es liegt hier ein Fall des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999 - Vergütungsübernahme bei vertragsgebundenen Einrichtungen - vor, der die Annahme eines Sonderfalles nach § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG Fassung 1999 - Vergütungsübernahme bei nicht vertragsgebundenen Einrichtungen - ausschließt.
In § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999 ist geregelt, dass der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme der Vergütung für die in der Einrichtung erbrachte Leistung nur verpflichtet ist, wenn mit dem Träger der Einrichtung eine Leistungsvereinbarung, eine Vergütungsvereinbarung und eine Prüfungsvereinbarung bestehen.
Ist eine dieser Vereinbarungen nicht abgeschlossen worden, kann der Sozialhilfeträger nach § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG Fassung 1999 Hilfe durch diese Einrichtung nur gewähren, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles geboten ist. Hierzu hat der Träger der Einrichtung nach Satz 2 dieser Vorschrift ein Leistungsangebot vorzulegen, das die Voraussetzung des § 93 a Abs. 1 BSHG erfüllt, und sich schriftlich zu verpflichten, Leistungen entsprechend diesem Angebot zu erbringen. Vergütungen dürfen nach Satz 3 dieser Vorschrift nur bis zu der Höhe übernommen werden, wie sie der Sozialhilfeträger am Ort der Unterbringung oder in seiner nächsten Umgebung für vergleichbare Leistungen nach den gemäß Absatz 2 geschlossenen Vereinbarungen mit anderen Einrichtungen trägt.
Diese Regelungen betreffen den Anspruch des Hilfesuchenden gegen den Sozialhilfeträger und schränken diesen Anspruch ein, obwohl die nach § 93 Absatz 2 BSHG Fassung 1999 zu schließenden Vereinbarungen unmittelbar nur die Vertragsparteien, d. h. Einrichtungsträger und Sozialhilfeträger, binden und das Leistungsangebot nach § 93 Abs. 3 Satz 2 BSHG Fassung 1999 vom Einrichtungsträger vorzulegen ist. Anders ergäben diese Vorschriften keinen Sinn, weil sie keinen Anwendungsbereich hätten, da nach dem oben Gesagten der Einrichtungsträger selbst keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegenüber dem Sozialhilfeträger hat (so auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.12.2005 - OVG 6 B 22.03 -; Münder in LPK-BSHG, a.a.O., § 93 Rdnrn. 32, 41, 43). Dass § 93 Absätze 2 und 3 BSHG Fassung 1999 den Anspruch des Hilfesuchenden regelt, ergibt sich auch aus der Einschränkung des Wunsch- und Wahlrechts des Hilfebedürftigen in § 3 Abs. 2 Satz 2 BSHG Fassung 1999, wonach Wünschen des Hilfeempfängers, die Hilfe in einer Einrichtung zu erhalten, nur entsprochen werden soll, wenn andere Hilfen nicht möglich sind oder nicht ausreichen und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach Abschnitt 7 bestehen. Danach ist der individuelle Anspruch des Hilfesuchenden direkt mit den Regelungen der §§ 93 ff. BSHG Fassung 1999 verknüpft und durch diese eingeschränkt.
Bei einer wortgetreuen Auslegung des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG wären die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt.
Endgültige Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999 oder diese ersetzende bestandskräftige Schiedsstellenentscheidungen (vgl. § 93 b Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BSHG Fassung 1999) liegen für den hier entscheidungserheblichen Zeitraum nämlich nicht vor. Die Schiedsstelle hat die Festsetzung von Vergütungen für die Jahre 1999 bis 2003 abgelehnt, weil Leistungsvereinbarungen als Voraussetzung für die Vergütungsfestsetzungen fehlen. Die diese Entscheidungen der Schiedsstelle betreffenden Klagen sind vom Verwaltungsgericht Hannover abgewiesen worden; die Anträge auf Zulassung der Berufung gegen diese Urteile des Verwaltungsgerichts Hannover sind zur Zeit beim erkennenden Senat anhängig (4 LA 107/06, 4 LA 115/06, 4 LA 123/06, 4 LA 125/06, 4 LA 128/06).
Es liegen jedoch für den hier maßgeblichen Zeitraum eine vorläufige Vergütungsfestsetzung der Schiedsstelle und eine vorläufige Vergütungsvereinbarung zwischen dem Klinikum C. und dem Niedersächsischen Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben vor, auf Grund derer der Beklagte im Hinblick auf die noch ausstehenden endgültigen Vereinbarungen Abschlagspflegesätze an das Klinikum C. gezahlt hat:
Für die Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 1998 ist von der Schiedsstelle am 24. März 1998 auf Grund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Hannover vom 9. Februar 1998 in einem Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (9 B 7001/97) ein vorläufiger Abschlagspflegesatz in Höhe von täglich 194,72 DM festgesetzt worden. Für die Folgezeit und damit auch für die hier entscheidungserhebliche Zeit ab dem 12. Juli 1999 ist auf Grund § 93 b Abs. 2 Satz 4 BSHG 1999 (Fortgelten der vereinbarten oder festgesetzten Vergütungen bis zum Inkrafttreten neuer Vergütungen nach Ablauf des Vereinbarungszeitraumes) dieser Abschlagspflegesatz weitergezahlt worden. Am 27. Februar 2001 haben das Klinikum C. und das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben auf Grund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Hannover vom 17. April 2000 (15 B 198/99) einen vorläufigen Abschlagspflegesatz von 201,20 DM täglich für die Zeit vom 1. April bis zum 31. Dezember 2000 vereinbart, der bis zum Ende des hier entscheidungserheblichen Zeitraums (Erlass des Widerspruchsbescheides vom 4. April 2001) gezahlt worden ist. Für die Zeit ab dem 19. April 2001 ist auf Grund des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Hannover vom 29. Mai 2001 - 7 B 1589/01 - ein Abschlagspflegesatz in Höhe von täglich 203,21 DM/103,90 EUR vereinbart worden.
Die zwischen dem Einrichtungsträger und dem Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben bzw. dem Landesamt für Soziales, Jugend und Familie (als Rechtsnachfolger des Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben) geschlossenen Vereinbarungen haben auch unmittelbare Wirkung in dem Verhältnis zwischen der Einrichtung und dem beklagten Landkreis.
Nach § 100 Abs. 1 Nr. 1 BSHG Fassung 1999 ist für die Hilfe in besonderen Lebenslagen in einer Einrichtung u. a. für geistig (psychisch) oder seelisch Behinderte oder Suchtkranke - wie hier für den unter einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis und einer langjährigen Alkoholabhängigkeit leidenden Kläger - der überörtliche Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig. Diese gemäß § 2 Nds. AG BSHG auf das Land Niedersachsen entfallende Aufgabe wird vom Niedersächsischen Landesamt für Soziales, Jugend und Familie (seit dem 1. Januar 2005; vorher vom Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben, das zusammen mit den niedersächsischen Versorgungsämtern in das neu geschaffene Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie aufgegangen ist) wahrgenommen. Nach § 3 Abs. 2 Nds. AG BSHG sind zwar die örtlichen Sozialhilfeträger bei den Hilfeempfängern, die das 60. Lebensjahr vollendet haben, auch in den Fällen des § 100 BSHG sachlich zuständig, doch da der 1952 geborene Kläger das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, bleibt es hier bei der Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe.
Dieser hat jedoch (u. a.) die Landkreise zur Durchführung der in seiner sachlichen Zuständigkeit liegenden Aufgaben nach § 1 Abs. 1 Heranziehungsverordnung - AG BSHG vom 14. April 1994 (Nds. GVBl. 1994, S. 205) / § 1 HeranziehungsVO - SozH vom 25.8.2001 (Nds. GVBl. 2001, S. 599) herangezogen. Die Befugnis der herangezogenen örtlichen Träger der Sozialhilfe, bei der Erfüllung dieser Aufgaben im eigenen Namen zu entscheiden, erstreckt sich gemäß § 1 Abs. 3 Heranziehungsverordnung - AG BSHG/§ 1 Satz 2 HeranziehungsVO - SozH auch auf Prozesshandlungen im Rahmen gerichtlicher Verfahren sowie die Einlegung von Rechtsmitteln, woraus sich die Zuständigkeit des Beklagten für das vorliegende Verfahren ergibt. Die Heranziehung erfasst jedoch nicht den Abschluss von Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 Heranziehungsverordnung - AG BSHG/§ 2 Abs. 1 Nr. 1 HeranziehungsVO - SozH).
Damit verbleibt es hinsichtlich des Abschlusses dieser Vereinbarungen bei der Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe und entfalten die von diesem geschlossenen - vorläufigen oder endgültigen - Vereinbarungen auch unmittelbare Wirkung in dem Dreiecksverhältnis zwischen Hilfeempfänger, Einrichtungsträger und örtlichem Sozialhilfeträger.
Die hier geschlossene vorläufige Vergütungsvereinbarung und die vorläufige Vergütungsfestsetzung der Schiedsstelle, auf Grund derer Abschlagspflegesätze in der genannten Höhe gezahlt worden sind, sind aus den im Folgenden dargestellten Gründen endgültigen Vereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999 gleichzusetzen mit der Folge, dass hier ein Sonderfall nach § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG nicht angenommen werden kann und der Kläger keinen über die gezahlten Abschläge hinaus gehenden Anspruch hat. Die Vorschrift des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999 ist auf diese Fälle nach Sinn und Zweck der Regelungen in § 93 Absätze 2 und 3 BSHG Fassung 1999, deren Zusammenhang und der darin zum Ausdruck gekommenen Konzeption des Gesetzes entsprechend anzuwenden.
Der Senat geht bei dieser Auslegung davon aus, dass der Gesetzgeber einen Fall der vorliegenden Art nicht geregelt hat, weil er - wie sich u. a. aus § 93 b Abs. 1 Satz 1 BSHG Fassung 1999 ergibt - angenommen hat, dass die Vereinbarungen im gesetzlich vorausgesetzten Normalfall vor Beginn der jeweiligen Wirtschaftsperiode abgeschlossen werden, und damit eine Situation - wie die zwischen dem Land Niedersachsen und dem Klinikum C. gegebene, in der sich das auf Abschluss dieser Vereinbarungen zielende Verfahren (einschließlich inzwischen anhängiger Gerichtsverfahren) bereits über mehrere Jahre hinzieht - nach der gesetzlichen Konzeption eigentlich nicht eintreten sollte. Eine diesen gesetzlich nicht geregelten Fall ausfüllende vorläufige Vergütungsvereinbarung stellt einerseits nach dem oben Gesagten keine endgültige Vereinbarung im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999 dar, der nicht nur eine Vergütungs-, sondern auch eine Leistungs- und eine Prüfungsvereinbarung voraussetzt. Sie dient - (gerade) auch bei Berücksichtigung des Umstandes, dass diese Vereinbarung und die auf ihrer Grundlage gezahlten Abschläge auf einer einstweiligen Anordnung des Verwaltungsgerichts Hannover beruhen - lediglich der Regelung eines Zwischenzustands "auf dem Weg" zu dem von den Vertragsparteien angestrebten Abschluss endgültiger Vereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999, um dem Einrichtungsträger den Weiterbetrieb der Einrichtung zu ermöglichen. Solange diese auf den Abschluss solcher Vereinbarungen gerichteten Verhandlungen/Verfahren "schweben" und im Hinblick hierauf Abschläge an den Einrichtungsträger gezahlt werden, kann andererseits nicht angenommen werden, dass Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999 nicht abgeschlossen sind und damit ein Fall einer nicht vertragsgebundenen Einrichtung vorliegt, den allein § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG Fassung 1999 regelt (vgl. Münder in LPK-BSHG, a.a.O., § 93 Rdnr. 38).
Ein solcher "Sonderfall" ist, wie sich aus dem Zusammenhang des die nicht vertragsgebundenen Einrichtungen regelnden § 93 Abs. 3 BSHG Fassung 1999 mit Absatz 2 dieser Vorschrift, der die vertragsgebundenen Einrichtungen betrifft (vgl. Münder in LPK-BSHG, a.a.O., § 93 Rdnr. 27 ff.), ergibt, nur dann gegeben, wenn weder endgültige Vereinbarungen noch vorläufige (Vergütungs-)Vereinbarungen oder (diese ersetzende) Festsetzungen der Schiedsstelle (§ 93 b Abs. 1 Satz 2 BSHG Fassung 1999) und auf ihrer Grundlage (im Hinblick auf die noch ausstehenden endgültigen Vereinbarungen) erfolgte Abschlagszahlungen durch den Sozialhilfeträger vorliegen und das Zustandekommen endgültiger Vereinbarungen auch nicht mehr zu erwarten ist (ebenso Bay VGH, Urteil vom 23.3.2005 - 12 B 01.1916 -; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.12.2005 - OVG 6 B 22.03 -). Nur unter diesen Voraussetzungen "ist eine der in Absatz 2 genannten Vereinbarungen " - endgültig - "nicht abgeschlossen" im Sinne des § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG Fassung 1999 (vgl. hierzu auch Schellhorn, a.a.O., § 93 Rdnr. 38), besteht keine Grundlage für eine (vorläufige) Beschränkung der dem Hilfeempfänger gegenüber bestehenden Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers auf die von diesem an den Einrichtungsträger gezahlten Abschlagspflegesätze bis zum Inkrafttreten einer endgültigen und bestandskräftigen Regelung und ist überhaupt eine Notlage des Hilfeempfängers gegeben (siehe hierzu BVerwG, Urteil vom 20.10.1994 - 5 C 28/91 -, BVerwGE 97, 53), die nach dem Bedarfsdeckungsprinzip des Sozialhilferechts unter Beachtung der weiteren gesetzlichen Vorgaben nach § 93 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 BSHG Fassung 1999 zu beseitigen ist.
Die Richtigkeit dieser Auslegung des § 93 Absätze 2 und 3 BSHG Fassung 1999 ergibt sich insbesondere aus folgenden Gesichtspunkten:
Würden nur endgültige Vereinbarungen bzw. (diese ersetzende) bestandskräftige Schiedsstellenentscheidungen die Annahme des oben dargestellten Sonderfalles nach § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG Fassung 1999 ausschließen, bestünde die konkrete Gefahr, dass die Regelungen in §§ 93 Abs. 2, 93 a und 93 b BSHG Fassung 1999 in Fällen der vorliegenden Art weitgehend leer liefen. Denn die Einrichtungen könnten die Übernahme des von ihnen mit den Hilfeempfängern nach ihren Bedingungen vereinbarten Heimentgeltes in voller Höhe (sofern nicht eine Begrenzung nach § 93 Abs. 3 Satz 3 BSHG Fassung 1999 in Betracht kommt) mittelbar dadurch durchsetzen, dass sie sich - bei grundsätzlich erklärter Einigungsbereitschaft - mit dem Sozialhilfeträger nicht einigen, eventuell ergangene Schiedsstellensprüche (durch die Instanzen) anfechten und parallel hierzu die Hilfeempfänger die Übernahme des vollen Heimentgeltes - erfolgreich - einklagen lassen, wenn der Sozialhilfeträger nicht in der Lage ist (was nach dem Vorbringen des Beklagten zur Begründung seiner Berufung in der Regel der Fall ist), eine anderweitige geeignete und zumutbare Einrichtung zur Verfügung zu stellen.
Dies würde auch der Konzeption des Gesetzes, wonach Aufwendungen für die Unterbringung in einer Einrichtung grundsätzlich nur nach Abschluss der in § 93 Abs. 2 BSHG Fassung 1999 im Einzelnen vorgegebenen Vereinbarungen bzw. nach der durch die Gesetzesfassung 1994 eingeführten Schiedsstellenentscheidung übernommen werden sollen, und dem darin (und zudem in der Regelung des § 93 Abs. 3 Satz 3 BSHG Fassung 1999) deutlich zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, in diesem Bereich den Bedarf besser zu steuern und die Kosten zu dämpfen, widersprechen.
Das vom Senat vertretene Ergebnis entspricht auch der gesetzlichen Unterscheidung zwischen vertragsgebundenen und nicht vertragsgebundenen Einrichtungen. Nach der Begründung der Gesetzesfassung 1994 (Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 4.9.1993, Drucksache 12/5510, S. 11) besteht für die Vertragspartner die Pflicht zur Einigung. Kommt eine solche nicht zu Stande, so soll die Schiedsstelle in einem förmlichen Verfahren entscheiden. Es wäre mit dem daraus ersichtlichen Willen des Gesetzgebers, dass bei vertragsgebundenen Einrichtungen das auf Schaffung einer Grundlage für die Übernahme des Heimentgeltes i. S. d. § 93 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. BSHG Fassung 1994/§ 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG Fassung 1999 zielende Verfahren (auf die eine oder andere Weise) jedenfalls zu einem Abschluss gebracht werden soll, nicht zu vereinbaren, wenn während dieses laufenden Verfahrens dieselbe Einrichtung als nicht vertragsgebundene Einrichtung behandelt würde, mit der Folge, dass der Sozialhilfeträger möglicherweise das Heimentgelt in voller Höhe zu übernehmen hätte.
Für die oben dargestellte Auslegung des § 93 Absätze 2 und 3 BSHG Fassung 1999 sprechen weiterhin das mit der Gesetzesfassung 1994 eingeführte prospektive Entgeltsystem und die damit einhergehende Notwendigkeit eines externen Vergleichs (vgl. hierzu ausführlich BVerwG, Urteil vom 1.12.1998 - 5 C 17.97 - und das Urteil des erkennenden Senats vom 24.8.2005 - 4 L 811/99 -). Die danach maßgeblichen prospektiven Entgelte sind nicht kosten-, sondern leistungsorientiert. Die Höhe der in der Vergangenheit entstandenen Kosten ist deshalb seit Juli 1994 nicht mehr Ausgangspunkt, sondern lediglich einer von mehreren Anhaltspunkten für die Entgeltgestaltung. Danach kommt die Übernahme der Selbstkosten der Einrichtung nur in Betracht, wenn diese den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechen, was sich nicht ohne eine Entscheidung über die Kalkulationsgrundlagen beurteilen lässt. Ergibt der für diese Bewertungen erforderliche und der Verpflichtung des Sozialhilfeträgers, nur wirtschaftliche und sparsame Pflegesätze zu vereinbaren, entsprechende externe Vergleich, also der Vergleich mit den Entgelten anderer Einrichtungen für vergleichbare Leistungen, dass der betreffende Einrichtungsträger der günstigste Anbieter ist, so reicht dieser externe Vergleich aus für die Feststellung, dass der Anbieter den von ihm geltend gemachten Pflegesatz zur Deckung seiner Selbstkosten wirklich benötigt. Ist dies nicht der Fall, kann er nur berücksichtigt werden, wenn der von ihm gewünschte Pflegesatz innerhalb der Bandbreite der Entgelte für vergleichbare Leistungen anderer Einrichtungen liegt ("marktgerechter Preis") und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entspricht.
Der sich aus der Einführung des prospektiven Entgeltsystems zum 1. Juli 1994 demnach ergebenden strikten Bindung der Pflegesätze an die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit, deren Beachtung bei der Pflegesatzgestaltung nach dem oben Gesagten erst nach Durchführung eines externen Vergleichs festgestellt werden kann, würde es widersprechen, wenn der Sozialhilfeträger während laufender Pflegesatzverhandlungen bzw. Verhandlungen über die nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999 zu treffenden Vereinbarungen und/oder während laufender Schiedsstellen- bzw. Gerichtsverfahren (wie im vorliegenden Fall) verpflichtet wäre, auf die Klage eines Heimbewohners hin das volle Heimentgelt zu übernehmen.
Der Vorrang von - vorläufigen oder endgültigen - Vereinbarungen zwischen Einrichtungsträger und Sozialhilfeträger und deren "Sperrwirkung" gegenüber der Annahme eines Sonderfalles nach § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG Fassung 1999 kommt auch darin zum Ausdruck, dass gemäß § 93 b Abs. 2 Satz 4 BSHG Fassung 1999 nach Ablauf des Vereinbarungszeitraumes die vereinbarten oder festgesetzten Vergütungen bis zum Inkrafttreten neuer Vergütungen weiter gelten. Der Gesetzgeber hat damit deutlich zu erkennen gegeben, dass bei vertragsgebundenen Einrichtungen auch in den Zeiträumen, in denen noch keine neuen Vereinbarungen vorliegen, kein Raum für die Annahme eines Sonderfalles nach § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG Fassung 1999 sein soll.
Hinzu kommt, dass nach § 93 Abs. 3 Satz 3 BSHG Fassung 1999, der ebenso wie die übrigen Regelungen in § 93 Absätze 2 und 3 BSHG Fassung 1999 aus den bereits dargelegten Gründen den Anspruch des Hilfesuchenden unmittelbar einschränkt und bei einer höheren heimvertraglichen Verpflichtung des Hilfesuchenden Teilleistungen des Sozialhilfeträgers an diesen ermöglicht (ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.12.2005 - OVG 6 B 22.03 -; Münder in LPK-BSHG, a.a.O., § 93 Rdnrn. 41 und 43), die Vergütungen nur bis zu der Höhe übernommen werden dürfen, wie sie der Sozialhilfeträger am Ort der Unterbringung oder in seiner nächsten Umgebung für vergleichbare Leistungen nach den gemäß Absatz 2 abgeschlossenen Vereinbarungen mit anderen Einrichtungen trägt. Der hiernach vorgeschriebene Vergleich mit den Leistungen anderer Einrichtungen und den dafür zu entrichtenden Entgelten ist aber in den Fällen, in denen Verhandlungen über die nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999 zu treffenden Vereinbarungen und/oder diesbezügliche Schiedsstellen- bzw. Gerichtsverfahren laufen, nach den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 1.12.1998 - 5 C 17.97 -) gerade Gegenstand dieser Verhandlungen/Verfahren. Es ergäbe keinen Sinn, bei einer solchen Sachlage von einem Sonderfall im Sinne des § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG Fassung 1999 auszugehen und einen externen Vergleich auch im Rahmen der Prüfung nach § 93 Abs. 3 Satz 3 BSHG Fassung 1999 durchzuführen.
Solange Verhandlungen/Verfahren über diese Vereinbarungen, an deren Ende - nach Durchführung eines externen Vergleichs - ein den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Leistungsfähigkeit entsprechender Pflegesatz ermittelt sein soll, laufen und im Hinblick auf den (zu erwartenden) Abschluss dieser Verhandlungen/Verfahren Abschlagszahlungen erbracht worden sind, ist die Übernahme eines über diese Abschlagszahlungen hinausgehenden Heimentgelts nach der gesetzlichen Konzeption mithin ausgeschlossen.
Diese Auslegung des § 93 Absätze 2 und 3 BSHG Fassung 1999 widerspricht auch nicht dem Bedarfsdeckungsprinzip des Sozialhilferechts. Denn nur in dem Fall, in dem weder endgültige Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG Fassung 1999 noch vorläufige (Vergütungs-) Vereinbarungen oder (diese ersetzende) vorläufige Festsetzungen der Schiedsstelle (§ 93 b Abs. 1 Satz 2 BSHG Fassung 1999) und auf ihrer Grundlage (im Hinblick auf die noch ausstehenden endgültigen Vereinbarungen) erfolgte Abschlagszahlungen durch den Sozialhilfeträger vorliegen und das Zustandekommen endgültiger Vereinbarungen auch nicht mehr zu erwarten ist, ist eine Notlage des Hilfeempfängers gegeben, die nach dem Bedarfsdeckungsprinzip des Sozialhilferechts (unter Beachtung der weiteren gesetzlichen Vorgaben nach § 93 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 BSHG) zu beseitigen ist (siehe hierzu BVerwG, Urteil vom 20.10.1994 - 5 C 28/91 -, BVerwGE 97, 53). Denn solange auf Festlegung eines endgültigen Pflegesatzes gerichtete Verhandlungen oder Schiedsstellen- bzw. Gerichtsverfahren laufen und im Hinblick hierauf Abschläge gezahlt werden, ist der Heimplatz in aller Regel nicht gefährdet. Dementsprechend ist auch hier nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Beklagten zur Begründung seiner Berufung der Heimplatz des Klägers zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen. Im Übrigen werden die im Falle des Klägers gezahlten Abschlagpflegesätze nach dem Vorbringen des Beklagten, an dessen Richtigkeit der Senat keine durchgreifenden Zweifel hat, der Höhe nach auch den sogenannten Selbstzahlern in Rechnung gestellt.
Der vom Senat vorgenommenen Auslegung des § 93 Absätze 2 und 3 BSHG Fassung 1999 steht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Oktober 1994 (- 5 C 28/91 -, BVerwGE 97, 53) nicht entgegen.
Darin hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass nach damaliger Gesetzeslage (BSHG i. d. F. vom 22.12.1983, BGBl. I, S. 1532, 1563) die Übernahme der Kosten einer Heimunterbringung unter Berufung auf die Unvereinbarkeit des Heimentgeltes mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit oder Leistungsfähigkeit nur dann abgelehnt werden darf, wenn der Sozialhilfeträger dem Hilfesuchenden eine konkrete, zur Behebung seiner Notlage ebenfalls geeignete anderweitige Hilfemöglichkeit nachweist und dem Hilfesuchenden die Wahrnehmung dieser Möglichkeit auch zuzumuten ist.
Diese für die 1984 geltende Rechtslage aufgestellten Grundsätze können bereits auf die ab dem 1. Juli 1994 geltende Rechtslage nicht mehr angewandt werden. Denn durch die Gesetzesfassung 1994 sind (im Vergleich zu den Regelungen im BSHG i. d. F. vom 22.12.1983) erstmals hinsichtlich der zu schließenden Vereinbarungen konkrete Vorgaben gemacht, die Möglichkeit der Anrufung einer Schiedsstelle und das oben dargestellte prospektive Entgeltsystem eingeführt worden. Diese neuen gesetzlichen Regelungen führen zu einem neuen Gesetzessystem, insbesondere zu einer anderen rechtlichen Einordnung der aufgrund vorläufiger Vereinbarungen gezahlten Abschläge.
Hinsichtlich der ab dem 1. Januar 1999 geltenden Gesetzesfassung kommt hinzu, dass das Wunsch- und Wahlrecht des Hilfeempfängers in § 3 Abs. 2 Satz 2 BSHG Fassung 1999 dadurch eingeschränkt ist, dass bei der Hilfe in einer Einrichtung mit dieser Vereinbarungen nach Abschnitt 7 bestehen müssen, die Vorgaben für die Vereinbarungen zwischen Einrichtungs- und Sozialhilfeträger in §§ 93 Abs. 2 und 93 a BSHG Fassung 1999 noch weiter differenziert sind und zudem der Anspruch des Hilfesuchenden gegenüber dem Sozialhilfeträger durch die Regelung in § 93 Abs. 3 Satz 3 BSHG Fassung 1999 eingeschränkt ist.
Nach der Regelung in § 93 Abs. 3 Satz 3 BSHG Fassung 1999 ist zudem in den Fällen nicht vertragsgebundener Einrichtungen der Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlich nicht lediglich zu beachten, wie dies bereits § 93 Abs. 2 Satz 2 BSHG i. d. F. vom 22. Dezember 1983 (a.a.O.) vorgesehen hatte. Vielmehr begrenzt der nach dieser Vorschrift vorzunehmende Vergleich mit Entgelten anderer Einrichtungen unmittelbar den Anspruch des Hilfesuchenden auf Übernahme des Heimentgeltes. Auch aus diesem Grund können auf die ab dem 1. Januar 1999 geltende Rechtslage die vom Bundesverwaltungsgericht in der Entscheidung vom 20. Oktober 1994 aufgestellten Grundsätze keine Anwendung mehr finden (ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.12.2005 - OVG 6 B 22.03.
Der Kläger kann nach alledem die Übernahme der Differenz zwischen den gezahlten Abschlägen und dem mit dem Einrichtungsträger vereinbarten Heimentgelt nicht in voller Höhe beanspruchen.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch darauf, dass diese Differenz teilweise übernommen wird.
Im Hinblick auf die Regelung in § 93 b Abs. 2 Satz 4 BSHG 1999, wonach die vereinbarten oder festgesetzten Vergütungen bis zum Inkrafttreten neuer Vergütungen nach Ablauf des Vereinbarungszeitraumes weiter gelten, und die Regelung in § 93 Abs. 3 Satz 4 BSHG Fassung 1994, wonach die Klage gegen Schiedsstellenentscheidungen keine aufschiebende Wirkung hat, käme es zwar in Betracht in Bezug auf den hier entscheidungserheblichen Zeitraum vom 12. Juni 1999 bis zum 4. April 2001 an - in gerichtlichen Verfahren noch nicht rechtskräftig aufgehobene - Schiedsstellenentscheidungen für vorangegangene Zeiträume, in denen § 93 Abs. 3 Satz 4 BSHG Fassung 1994 (noch) gegolten hat, nach Maßgabe des § 93 b Abs. 2 Satz 4 BSHG 1999 anzuknüpfen.
Dem braucht jedoch hinsichtlich der Schiedsstellenentscheidungen für die Jahre 1995 bis 1998 nicht weiter nachgegangen zu werden, da diese Schiedsstellenentscheidungen vom Verwaltungsgericht Hannover rechtskräftig mit Urteilen vom 27. Februar 2006 aufgehoben sind, nachdem der erkennende Senat die Anträge auf Zulassung der Berufung gegen diese Urteile mit Beschlüssen vom 11. Juli 2006 in den Verfahren 4 LA 62/06, 4 LA 65/06 bis 68/06 und 4 LA 80/06 bis 82/06 abgelehnt hat.
Noch nicht rechtskräftig aufgehoben ist allerdings die Schiedsstellenentscheidung vom 26. Oktober 1994, mit der die Schiedsstelle den Pflegesatz für das zweite Halbjahr 1994 auf 178,40 DM täglich festgesetzt hat. Zwar hat der erkennende Senat diese Schiedsstellenentscheidung mit Urteil vom 24. August 2005 (4 L 811/99) aufgehoben, die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist jedoch zur Zeit beim Bundesverwaltungsgericht (5 B 109.05) anhängig.
Da die im hier entscheidungserheblichen Zeitraum gezahlten Abschlagspflegesätze - 194,72 DM und 201,20 DM - höher sind als der mit der genannten Schiedsstellenentscheidung für das zweite Halbjahr 1994 auf 178,40 DM festgesetzte Pflegesatz, hätte die Klage aber auch dann nicht (teilweise) Erfolg, wenn die Klage gegen die Schiedsstellenentscheidung vom 26. Oktober 1994 keine aufschiebende Wirkung hätte und diese Schiedsstellenentscheidung deshalb und auf Grund der Regelung des § 93 b Abs. 2 Satz 4 BSHG 1999 auch für den hier verfahrensgegenständlichen Zeitraum vom 12. Juni 1999 bis zum 4. April 2001 möglicherweise weiterhin maßgeblich wäre.
Der Kläger hat nach allem auf Grund der gegenwärtigen Sachlage über die vom Beklagten gezahlten Abschlagspflegesätze hinaus keinen Anspruch auf Übernahme eines höheren Heimentgeltes durch den Beklagten. Für den Fall, dass eine endgültige Vergütungsvereinbarung/Vergütungsfestsetzung für den entscheidungserheblichen Zeitraum einen höheren Pflegesatz vorsehen sollte, hat das Niedersächsische Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben im Widerspruchsbescheid vom 4. April 2001 ausdrücklich die Nachzahlung des Differenzbetrages zugesagt.
Ende der Entscheidung
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