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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 08.02.2007
Aktenzeichen: 4 ME 49/07
Rechtsgebiete: AufenthG
Vorschriften:
AufenthG § 31 Abs. 1 | |
AufenthG § 31 Abs. 4 S. 2 | |
AufenthG § 43 | |
AufenthG § 44 a | |
AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1 |
NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG BESCHLUSS
Aktenz.: 4 ME 49/07
Datum: 08.02.2007
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, soweit dieses den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Juni 2006 abgelehnt hat, hat Erfolg.
Die nach § 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG und § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i. V. m. § 64 Abs. 4 Nds. SOG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage (mit der Folge des Wegfalls der Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 AufenthG) ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzuordnen, da der Bescheid der Antragsgegnerin vom 19. Juni 2006, mit dem diese den Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG abgelehnt und die Abschiebung der Antragstellerin in den Iran angedroht hat, offensichtlich rechtswidrig ist und daher das Interesse der Antragstellerin an einer Aussetzung der Vollziehung dieses Bescheides das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt.
Die Antragsgegnerin ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die Regelung in § 31 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, wonach die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II oder XII der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht entgegensteht, nur die erstmalige Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 1 AufenthG betrifft (vgl. Renner, Ausländerrecht, Kommentar, 8. Aufl. 2005, § 31 Rn. 37 f.). Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG, wonach die Aufenthaltserlaubnis "danach" verlängert werden kann, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis nicht vorliegen. Zum anderen bestätigt dies auch die Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/420 <83> zu § 31 Abs. 4), wonach bei der "erstmaligen" Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ein Rechtsanspruch auf diese nach § 31 Abs. 1 AufenthG auch dann besteht, wenn der Ausländer sozialhilfebedürftig ist, und nach Ablauf der erstmalig eigenständig erteilten Aufenthaltserlaubnis die weitere Verlängerung sich nach den allgemeinen Voraussetzungen richtet. Die weitere Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unterliegt jedoch uneingeschränkt den Voraussetzungen der §§ 8 Abs. 1, 5 AufenthG und steht außerdem in dem - fehlerfrei auszuübenden - Ermessen der Behörde (Renner, a.a.O., § 31 Rdnr. 38).
Nach § 8 Abs. 1 i. V. m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG setzt die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis in der Regel voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Eine Ausnahme von dieser Regel kann allerdings im Falle der Betreuung eines Kleinkindes vorliegen (siehe hierzu Nr. 31.4.2 der Vorl. Nds. VV-AufenthG, Stand: 30.11.2005). Hier ist die Antragstellerin in der Zeit bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres ihres Kindes am 11. September 2005 wegen dessen Betreuung nicht in der Lage gewesen, sich eine Arbeitsstelle zu suchen oder durch die Teilnahme an einem Integrationssprachkurs die deutsche Sprache zu erlernen (als eine Voraussetzung für den Erhalt einer Arbeitsstelle). Danach hat sie sich nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen um die Teilnahme an einem Integrationssprachkurs bemüht und erreicht, dass sie zur Teilnahme an einem solchen Kurs aufgefordert worden ist, den sie sodann in der Zeit vom 1. Februar bis zum 28. Juli 2006 absolviert hat. Es kann hier dahinstehen, ob die Antragstellerin nach § 44 a Abs. 1 AufenthG verpflichtet gewesen ist, an einem solchen Integrationskurs teilzunehmen (eine Verletzung dieser Pflicht ist nach § 8 Abs. 3 AufenthG bei der Entscheidung über die Verlängerung der Aufenhaltserlaubnis zu berücksichtigen). Denn jedenfalls begründet das sinnvolle und anzuerkennende Bemühen der Antragstellerin, die deutsche Sprache - als wesentliche Bedingung für den Erhalt einer Arbeitsstelle - im Rahmen eines Integrationskurses nach § 43 AufenthG zu erlernen, nachdem ihr Kind mit Vollendung des dritten Lebensjahres den Kindergarten hat besuchen können, eine Ausnahme von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG.
Da nach dem vorliegenden Sachverhalt die übrigen Voraussetzungen des § 5 AufenthG erfüllt sind, hat die Antragstellerin einen Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin über die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG. Die geschilderten Besonderheiten im Falle der Antragstellerin sind dabei zu ihren Gunsten in die Ermessenserwägungen einzustellen.
Die Antragsgegnerin hat diese wesentlichen Ermessensgesichtspunkte bei Erlass des Bescheides vom 19. Juni 2006 - zu diesem Zeitpunkt besuchte die Antragstellerin noch den Integrationssprachkurs - jedoch völlig außer Acht gelassen. Deshalb ist ihre Entscheidung, die Aufenthaltserlaubnis der Antragstellerin nicht zu verlängern, ermessensfehlerhaft und offensichtlich rechtswidrig. Folglich ist auch die Abschiebungsandrohung rechtsfehlerhaft. Damit überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der Aussetzung des Sofortvollzuges gegenüber dem öffentlichen Vollzugsinteresse. Daher ist die aufschiebende Wirkung der Klage nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzuordnen.
Ende der Entscheidung
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