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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 13.09.2006
Aktenzeichen: 4 OA 180/06
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 52 Abs. 1
Bei Rechtsstreitigkeiten um die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht bestimmt sich der Gegenstandswert nicht nach dem Jahresbetrag der Rundfunkgebühren oder dem Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG, sondern nach der Höhe der Gebühren in dem Zeitraum, für den Befreiung begehrt wird.
Gründe:

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Gegenstandswert für das Klageverfahren, in dem die Klägerin ihre Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht begehrt hat, zu Recht auf 238,42 Euro (14 Monatsbeträge in Höhe von jeweils 17,03 Euro) festgesetzt. Der Prozessbevollmächtigten der Klägerin kann nicht darin beigepflichtet werden, dass der Auffangwert von 5.000,-- Euro, mindestens aber ein Betrag von 36 x 17,03 Euro = 613,08 Euro zugrunde zu legen sei.

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG ist der Gegenstandswert in verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Gegenstandswerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG ein Gegenstandswert von 5.000,-- Euro anzunehmen. Der 4. und 12. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts haben bei Rechtsstreitigkeiten, in denen es um die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht aus sozialen Gründen ging, auf den früheren § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. (jetzt § 52 Abs. 1 GKG) zurückgegriffen und als Gegenstandswert - in Anlehnung an zum Sozialhilferecht entwickelte Grundsätze - den Jahresbetrag der in Rede stehenden Rundfunkgebühren genommen (Beschl. v. 10.2.1999 - 4 O 538/99 -, Beschl. v. 21.3.2001 - 12 L 4305/00 -). Der 10. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat diese auch von anderen Obergerichten geteilte Rechtsprechung (Hamb.OVG, Beschl. v. 14.4.1999 - 4 So 28/99 -, Schl.-Holst. OVG, Beschl. v. 22.9.1999 - 1 O 48/99 -, OVG Meckl.-Vorp., Beschl. v. 16.5.2001 - 2 O 21/01 -) jedenfalls dann nicht angewendet, wenn sich aus dem Antrag des Rechtsschutzsuchenden ergab, dass die in § 3 der Verordnung über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vom 3. September 1992 (Nds. GVBl. S. 239) geregelte Gebührenbefreiung für einen bestimmten Zeitraum begehrt wurde (Beschl. v. 11.7.2005 - 10 OA 126/04 - und vom 26.3.2004 - 10 OA 33/04 -; so wohl auch OVG Nordrh.-Westf., Beschl. v. 22.12.1999 - 16 E 704/99 -, Juris und VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 20.3.2000 - 2 S 74/99 -, Juris). In solchen Fällen hat der 10. Senat als Streitwert den Gebührenbetrag angenommen, den der Rechtsschutzsuchende für diesen Zeitraum bei einem Unterbleiben der Befreiung hätte zahlen müssen.

An der zitierten Rechtsprechung des beschließenden Senats kann jedenfalls nicht mehr festgehalten werden, nachdem die Befreiung natürlicher Personen von der Rundfunkgebührenpflicht mit Inkrafttreten des Gesetzes zum 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag am 1. April 2005 in § 6 RGebStV neu geregelt worden ist. Nach Abs. 6 Satz 1 dieser Vorschrift ist die Befreiung nach der Gültigkeitsdauer des vorzulegenden Bescheids zu befristen. Die Klägerin hatte mit ihrem im Mai 2005 gestellten Antrag auf Gebührenbefreiung einen bis zum 31. Juli 2006 befristeten Leistungsbescheid vorgelegt. Demnach bestand ihr erkennbares Interesse darin, durch die begehrte Befreiung Rundfunkgebühren von Juni 2005 bis Juli 2006, also in Höhe von 14 x 17,03 Euro = 238,42 Euro, nicht zahlen zu müssen. Dieser Betrag gibt die Bedeutung der Sache für die Klägerin exakt wertmäßig wieder, so dass kein Anlass besteht für einen Rückgriff auf den - nur einen fiktiven Wert beinhaltenden - Jahresbetrag der Rundfunkgebühren oder den Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG. Dem steht auch nicht die Rechtsprechung des 9. Senats des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts entgegen, wonach bei Streitigkeiten um eine Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang für öffentliche Einrichtungen im Sinne der §§ 5 NKAG, 8 NGO auf den Auffangwert des früheren § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. (jetzt § 52 Abs. 2 GKG) zurückgegriffen werden kann (vgl. Beschl. v. 6.1.2003 - 9 OA 522/02 - u. v. 18.6.1998 - 9 O 1895/98 -). Bei solchen Streitigkeiten geht es nicht nur um die Befreiung von der zu entrichtenden Benutzungsgebühr, sondern um die vollständige Beendigung der Teilhabe an der öffentlichen Einrichtung, die neben Zahlungsverpflichtungen auch zahlreiche sonstige Pflichten, insbesondere zur Mitwirkung, beinhaltet. Bei Streitigkeiten um die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht verfolgt der Rechtsschutzsuchende hingegen rein finanzielle Interessen, weil er zwar weiter am Rundfunk- und Fernsehsystem teilhaben, dafür aber keine Gebühren zahlen will.

Ein Rückgriff auf den Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG lässt sich auch nicht mit dem Argument der Prozessbevollmächtigten der Klägerin rechtfertigen, es sei im Klageverfahren nicht um einen vermögensrechtlichen Anspruch, sondern um Fragen der Gleichstellung bestimmter Personengruppen gegangen. Denn der Gegenstandswert beurteilt sich nicht nach der Grundsätzlichkeit, der Tragweite oder der Art der im Klageverfahren nach Ansicht des Rechtsschutzsuchenden zu klärenden Rechtsfragen, sondern danach, welche - vor allem wirtschaftliche - Bedeutung die Sache für den Rechtsschutzsuchenden hat.

Die von der Prozessbevollmächtigten der Klägerin "hilfsweise" begehrte Festsetzung des Gegenstandswerts auf 36 Monatsgebühren je 17,03 Euro, also auf 613,08 Euro, scheidet ebenfalls aus. Sie wäre nur in Betracht gekommen, wenn die Klägerin einen unbefristeten Bescheid vorgelegt hätte und daher gemäß § 6 Abs. 6 Satz 2 RGebStV eine auf drei Jahre befristete Befreiung hätte ausgesprochen werden können. Die Klägerin hat indessen einen bis zum 31. Juli 2006 befristeten Bescheid vorgelegt, so dass bei sachgerechter Antragstellung nur bis zu diesem Zeitpunkt eine Befreiung (vom Folgemonat der Antragstellung an, also ab Juni 2005) begehrt werden konnte.

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