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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 27.02.2007
Aktenzeichen: 5 LA 111/05
Rechtsgebiete: SG, VwGO
Vorschriften:
SG § 44 Abs. 4 S. 1 | |
VwGO 124 Abs. 2 Nr. 1 | |
VwGO 124 Abs. 2 Nr. 2 | |
VwGO 124a Abs. 4 S. 4 |
NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG BESCHLUSS
Aktenz.: 5 LA 111/05
Datum: 27.02.2007
Gründe:
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind weder hinreichend dargelegt (1.) noch liegen sie vor (2.).
1.) Nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Es reicht insoweit nicht aus, dass mindestens einer der in § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwGO genannten Gründe (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung, besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Divergenz oder Vorliegen eines Verfahrensfehlers) durch Anführung der Norm (einschließlich Nennung der Nummer) in Anspruch genommen und sodann in der Art einer Berufungsbegründung Kritik an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts geübt wird (vgl.: Nds. OVG, Beschl. v. 25.1.2007 - 5 LA 90/06 -). Vielmehr sind Ausführungen erforderlich, mit denen schlüssig dargelegt wird, inwiefern der geltend gemachte Zulassungsgrund für gegeben erachtet wird (vgl.: Nds. OVG, Beschl. v. 8.3.2000 - 5 L 4509/99 -, m.w.N.).
Daran hat es der Kläger fehlen lassen.
Er rügt in seiner Begründungsschrift, dass sowohl der Hinweis auf angebliche Leistungsfunktionsstörungen als auch der Hinweis auf die Vergabe der Fehlerziffer VI/13 keine Diagnosen eines konkreten Leidens darstellten. Es handele sich um unbewiesene Behauptungen einer Erkrankung und ihrer Auswirkungen. Derartige Diagnosen gäben ihm nicht einmal die Möglichkeit zum Gegenbeweis. Das Verwaltungsgericht hätte daher den Sachvortrag der Beklagten als unerheblich außer Betracht lassen müssen. Dies gelte auch für die Behauptung der Beklagten, er sei austherapiert, da er dargelegt habe, dass er - abgesehen von lediglich 5 Sitzungen bei einer Psychologin - nicht weiter behandelt worden sei. Die Stellungnahme des Oberfeldarztes B. vom 29. September 2003 sei eine bloße Behauptung ohne auch nur den Versuch einer Substantiierung bzw. Verifizierung. Die Rechtssache weise tatsächliche Schwierigkeiten auf, da die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Tatsachen bislang nicht dargelegt seien. Auch ergäben sich hieraus und wegen der fehlenden verwaltungsgerichtlichen Sachaufklärung in Bezug auf die Erkrankung des Klägers und dessen unzureichenden Behandlung ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils.
Damit hat der Kläger im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und in der Art einer Berufungsbegründung Kritik an dem verwaltungsgerichtlichen Urteil geübt.
Den Anforderungen an eine schlüssige Darlegung ernstlicher Richtigkeitszweifel genügt dieses Vorbringen nicht. Es mangelt an einer Auseinandersetzung mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass sich die Diagnose der Erkrankung aus dem truppenärztlichen Gutachten vom 22. Juli 2002 in Verbindung mit dem Gutachten des Bundeswehrkrankenhauses C. vom 27. August 2002 ergebe und dass nach der Stellungnahme des Oberfeldarztes B. vom 29. September 2003 schlüssig dargelegt sei, dass der Kläger seit Februar 1996 hinsichtlich seiner psychischen Probleme behandelt worden sei und die Behandlungen auch wegen der unzureichenden Therapiemotivation des Klägers ohne Erfolg gewesen seien.
Auch lassen sich dem Vortrag angesichts dieser Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht einmal ansatzweise besondere tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache entnehmen. Deren Darlegung erfordert eine konkrete Bezeichnung der Rechtsfragen, in Bezug auf die sich solche Schwierigkeiten stellen, und das Aufzeigen, worin diese besondere Schwierigkeit besteht; die allgemeine Behauptung einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit reicht nicht aus (vgl.: Kopp/Schenke, VwGO, 14. Aufl. 2005, '§ 124a, Rn. 53). Dementsprechend reicht die Begründung des Klägers, die besondere tatsächliche Schwierigkeit ergebe sich aus dem Umstand, dass die dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Tatsachen bislang nicht dargelegt seien, nicht aus. Es mangelt an der Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, auf die sich die vermeintlichen Schwierigkeiten bei der Feststellung der Art der Erkrankung des Klägers und deren bisherigen Behandlung in tatsächlicher Hinsicht beziehen.
Soweit der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 13. Juli 2005 - und damit nach Ablauf der in § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO normierten zweimonatigen Begründungsfrist, die mit der Zustellung des angefochtenen Urteils an seine Prozessbevollmächtigten am 26. April 2005 zu laufen begonnen hat - geltend macht, die Entlassungsverfügung sei in Ermangelung einer Diagnose seiner Krankheit nicht nur materiell rechtswidrig, sondern leide zudem an einem Formfehler, weil es ihr an einer Begründung fehle, kann der Zulassungsantrag wegen des Fristversäumnisses hierauf nicht gestützt werden.
2.) Dem Zulassungsantrag bleibt schließlich der Erfolg versagt, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrages und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl.: Nds. OVG, Beschl. v. 27.03.1997 - 12 M 1731/97 -, NVwZ 1997, 1225; BVerwG, Beschl. v. 10.03.2004 - 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838).
Richtigkeitszweifel in diesem Sinne bestehen wegen des Fehlens einer Diagnose der Erkrankung des Klägers nicht, weil das Verwaltungsgericht zutreffend seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, dass es bei der Feststellung der Dienstunfähigkeit nicht allein und ausschlaggebend auf Art und Ausmaß der einzelnen körperlichen Gebrechen oder der Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte (siehe: § 44 Abs. 3 Satz 1 SG) und damit den objektiven ärztlichen Befund und dessen medizinische Qualifikation als solche ankommt, sondern vielmehr darauf, ob der Soldat aufgrund seiner Konstitution zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist (vgl.: BVerwG, Beschl. v. 15.10.1988 - 2 B 145/88 -, Buchholz 232 § 42 Nr. 17, S. 1 <1 f.>). Hieraus folgt, dass es auf die Diagnose als solche nicht entscheidungserheblich ankommt, wenn sich - wie hier - aus den truppenärztlichen Stellungnahmen die Erkrankung des Klägers, die Ursache für seine fehlende Fähigkeit zur dauernden Erfüllung seiner Dienstpflichten ist, ergibt. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend auf das truppenärztliche Gutachten vom 22. Juli 2002 und das Gutachten des Bundeswehrkrankenhauses C. vom 27. August 2002 hingewiesen, wonach der Kläger an einer schweren Anpassungsstörung mit verlängerter reaktiver Depression, einer somatoformen autonomen Funktionsstörung, respiratorisches System, sowie einer akuten Belastungsstörung durch die Alkoholkrankheit der Ehefrau leidet, die einer Verwendung des Klägers im aktiven Dienst entgegenstehen.
Soweit der Kläger ferner die fehlende Berücksichtigung der nach seiner Auffassung unzureichenden Behandlung rügt, sind Richtigkeitszweifel bereits deshalb nicht gegeben, weil nicht erkennbar ist, inwieweit eine unzureichende Behandlung seitens der Beklagten -unterstellt, sie läge vor - der Annahme einer Dienstunfähigkeit und damit der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide entgegenstehen könnte, zumal Wiedereingliederungsversuche in den aktiven Dienst ausweislich der Akten fehlgeschlagen sind.
Aus diesen Gründen ist die ebenfalls geltend gemachte unterlassene Sachaufklärung durch das Verwaltungsgericht betreffend die Erkrankung des Klägers und seine unzureichende Behandlung nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu begründen.
Ebensowenig ist der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache nicht gegeben. Aus dem Vorbringen des Klägers ist nicht ersichtlich, inwieweit die Rechtssache überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht, die sich nicht ohne weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen (vgl.: Kopp/Schenke, a.a.O., § 124, Rn. 9). Da es auf die genaue Diagnose der Erkrankung und die behauptete unzureichende Behandlung des Klägers für die Feststellung der Dienstunfähigkeit nicht ankommt, sind Schwierigkeiten, die die Durchführung eines Berufungsverfahrens rechtfertigen, nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 72 Nr. 1, 2. Halbsatz GKG, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 GKG. Der Streitwert beläuft sich auf 19.005,16 EUR (6,5 x 2.923,87 EUR <Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 10 zzgl. Allgemeine Stellenzulage>).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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