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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 07.02.2008
Aktenzeichen: 5 LA 215/04
Rechtsgebiete: BeamtVG


Vorschriften:

BeamtVG § 12 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
BeamtVG § 12 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat keinen Erfolg.

Ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind zu bejahen, wenn bei der Überprüfung im Zulassungsverfahren, also aufgrund der Begründung des Zulassungsantrages und der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts, gewichtige gegen die Richtigkeit der Entscheidung sprechende Gründe zutage treten, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist der Fall, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschl. v. 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auch auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 27.3.1997 - 12 M 1731/97 -, NVwZ 1997, 1225; Beschl. v. 31.8.2007 - 5 LA 260/07 -; BVerwG, Beschl. v. 10.3.2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, DVBl. 2004, 838).

Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Zulassungsantragsteller substanziell mit der angefochtenen Entscheidung aus-einandersetzen (Happ, in: Eyermann, VwGO, Kommentar, 12. Aufl. 2006, § 124a, Rn. 63). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt dementsprechend wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung des Verwaltungsgerichts begründet worden ist (vgl. Happ, a. a. O., Rn. 64 zu § 124a, m. w. N.).

Gemessen hieran ist der Antrag auf Zulassung der Berufung mangels ausreichender Darlegung im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO bereits unzulässig, soweit das Verwaltungsgericht im erstinstanzlichen Urteil die Ablehnung der Berücksichtigung weiterer Zeiten des öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisses für rechtsfehlerfrei erachtet hat. Denn insoweit setzt sich das Zulassungsvorbringen mit dem angefochtenen Urteil nicht auseinander.

Im Übrigen erweist sich das erstinstanzliche Urteil jedenfalls im Ergebnis als richtig, weshalb nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die Berufung zur Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird.

Allerdings spricht Überwiegendes dafür, dass entgegen der erstinstanzlichen Auffassung bei der Prüfung, in welchem Umfang die Ausbildung des Klägers zum Industriekaufmann in der Zeit vom 1. April 1971 bis zum 30. September 1973 anrechnungsfähig ist, nicht das im Zeitpunkt der Ausbildung geltende niedersächsische Landesrecht, sondern die damals geltende Rechtslage in Hessen maßgebend ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestimmt sich das, was als zusätzlich vorgeschriebene Ausbildung im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Beamtenversorgungsgesetzes sowohl in der Fassung des Gesetzes vom 12. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3926 - BeamtVG) als auch in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung des Gesetzes vom 12. Februar 1987 (BGBl. I S. 570) anzusehen ist, nach den jeweiligen Vorschriften des Laufbahnrechts zur Zeit der Ausbildung des Beamten für die betreffende Laufbahn (vgl.: BVerwG, Urt. v. 15.9.1994 - BVerwG 2 C 16.93 -, Buchholz 239.1 § 9 BeamtVG Nr. 4 = RiA 1996, 56 m. w. N.; Urt. v. 26.9.1996 - BVerwG 2 C 28.95 -, Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 11 = ZBR 1997, 93). "Betreffende Laufbahn" in diesem Sinne ist grundsätzlich in den Fällen, in denen der Beamte nach Beendigung eines Beamtenverhältnisses ein neues Beamtenverhältnis begründet hat, die für dieses neue Beamtenverhältnis maßgebende Laufbahn, also die insoweit geforderten Ausbildungsvoraussetzungen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um sachlich und rechtlich verschiedene Ämter unterschiedlicher Laufbahnen handelt, die der Beamte bekleidet hat (vgl. nur: BVerwG, Beschl. v. 4.6.1980 - BVerwG 6 B 38.79 -, Buchholz 232.5 § 12 BeamtVG Nr. 2, S. 1 <2 f.>). Demgegenüber ist auf das erste Beamtenverhältnis abzustellen, wenn bei den von dem Beamten nacheinander begründeten Beamtenverhältnissen eine sachliche und rechtliche Kontinuität, insbesondere bei gleicher Laufbahn, besteht (vgl.: VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 26.8.1991 - 4 S 920/90 -, VGHBW-LS 1991, Beilage 12, B8, zitiert nach juris Langtext, Rn. 18 ff.; offen lassend noch BVerwG, Urt. v. 25.10.1972 - BVerwG VI C 4.70 -, BVerwGE 41, 89 <93>). So verhält es sich hier, da der Kläger in Hessen als Studienrat z. A. und sodann als Studienrat das Eingangsamt der Laufbahn des höheren Dienstes (höheres Lehramt) bekleidet und hieran anknüpfend ein Beamtenverhältnis zum Land Niedersachsen im Amt eines Studienrats begründet hat. Demzufolge richtet sich die Klärung der Voraussetzungen für die Anerkennung einer praktischen Berufsbildung als ruhegehaltsfähige Dienstzeit im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG vorliegend nach den Ausbildungsvoraussetzungen für die Laufbahn des höheren Lehramts in Hessen, die zum Zeitpunkt der Ausbildung des Klägers zum Industriekaufmann gegolten haben.

Vor diesem Hintergrund könnte mit Blick auf § 2 der Verordnung über die Befähigung zum höheren Lehramt an kaufmännischen Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen (höheres Handelslehramt) vom 3. Mai 1961 (Hess. GVBl. S. 66 - Gerichtsakte, Bl. 52) und §§ 1 und 2 Abs. 5 der Verordnung über die Art und Dauer der praktischen Berufsausbildung für das Lehramt an Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen vom 10. September 1965 (Hess. GVBl. S. 185 f. - Gerichtsakte Bl. 50 f.), geändert durch Verordnung vom 18. März 1969 (Hess. GVBl. S. 33 - Gerichtsakte Bl. 50) die Ausbildung des Klägers als für den Zugang zum höheren Lehramt geforderte praktische Berufsausbildung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG als erforderliche vorgeschriebene praktische Ausbildung in einem Umfang von einem Jahr bzw. unter Berücksichtigung des Erlasses des Hessischen Kultusministers vom 5. Januar 1984 (Gerichtsakte Bl. 33 ff.) in einem Umfang von zwei Jahren berücksichtigungsfähig sein und sich insoweit das verwaltungsgerichtliche Urteil als unzutreffend erweisen.

Dennoch ist die Berufung nicht zuzulassen, da sich die aufgezeigten Richtigkeitszweifel nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit auf das Ergebnis auswirken.

Das Verwaltungsgericht hat in seinen Entscheidungsgründen bereits darauf hingewiesen, dass für den Erwerb der Befähigung zum höheren Lehramt das Studium an einer Hochschule erforderlich war, für das der Kläger die Allgemeine Hochschulreife benötigte. Da der Kläger die Allgemeine Hochschulreife nicht im Rahmen der allgemeinen Schulbildung erworben hat, sondern sie über seine Ausbildung zum Industriekaufmann, den anschließenden Besuch der Fachoberschule und die erfolgreiche Abschlussprüfung in Betriebswirtschaft an der Fachhochschule B. im Fachbereich Wirtschaft erwarb, hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass die Ausbildung des Klägers nach § 12 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG - auch in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung - nicht berücksichtigungsfähig ist, weil sie mit den weiteren Abschlüssen bis zur Erlangung der Allgemeinen Hochschulreife die allgemeine Schulbildung, die für die eingeschlagene Laufbahn erforderlich ist, ersetzt und damit der allgemeinen, nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG nicht berücksichtigungsfähigen Schulbildung gleich steht.

Hieran ist auch unter Berücksichtigung der in Hessen den Zugang zum höheren Lehramt regelnden und zum Zeitpunkt der Ausbildung des Klägers geltenden laufbahnrechtlichen Vorschriften festzuhalten. Aus §§ 2 Abs. 1 und 3 der Verordnung über die Befähigung zum höheren Lehramt an kaufmännischen Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen (höheres Handelslehramt) ergibt sich, dass von dem Lehrer im höheren kaufmännischen Schuldienst ein Hochschulstudium und die erfolgreiche Absolvierung eines Vorbereitungsdienstes verlangt wird. Die laufbahnrechtliche Zugangsvoraussetzung eines Hochschulstu-diums erfordert die Allgemeine Hochschulreife als Schulbildung. Diese hat der Kläger nicht aufgrund eines Abschlusses an einer allgemeinbildenden Schule, sondern wegen seiner Ausbildung, des anschließenden Besuchs der Fachoberschule und des erfolgreichen Studiums an der Fachhochschule erworben, was zur Folge hat, dass nach § 12 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG die Berücksichtigung der Ausbildungszeit für eine Anrechnung auf die ruhegehaltsfähige Dienstzeit ausscheidet (vgl. dazu auch : BVerwG, Urt. v. 26.9.1996 - BVerwG 2 C 28.95 -, Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 11 = ZBR 1997, 93 zu § 12 Abs. 1 Satz 2 BeamtVG sowie BVerwG, Urt. v. 29.9.2005 - BVerwG 2 C 33.04 -, Buchholz 239.2 § 23 SVG Nr. 4 zur entsprechenden Vorschrift des Soldatengesetzes).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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