Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 27.11.2007
Aktenzeichen: 5 LB 190/05
Rechtsgebiete: NBG


Vorschriften:

NBG § 87 Abs. 1
NBG § 96 Abs. 1 S. 1
Zur Frage, ob der Dienstherr verpflichtet ist, einem Polizeibeamten des Mobilen Einsatzkommandos Schadensersatz für ein privates Handy zu leisten, das während eines Einsatzes beschädigt worden ist.
Tatbestand:

Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung, dem Kläger Schadensersatz für sein privates Handy zu leisten, das während eines Polizeieinsatzes beschädigt wurde.

Der Kläger ist als Kriminalhauptkommissar beim Beklagten im Dezernat 306 (Mobiles Einsatzkommando I) tätig. Im Rahmen eines Einsatzes zum Zwecke der Festnahme eines kurdischen Rauschgifthändlers wurde am 7. Dezember 2001 das private Mobiltelefon des Klägers beim Aussteigen aus dem Dienst-Pkw so beschädigt, dass das Display brach.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2002 beantragte der Kläger die Erstattung der Reparaturkosten für die Reparatur des Displays in Höhe von 157,76 EUR, da der Schaden im dienstlichen Zusammenhang entstanden sei.

In einem Vermerk vom 5. Februar 2002 führte der Kläger aus, dass das Mitführen der Privathandys im Dezernat 306/MEK I nicht ausdrücklich angeordnet sei. Bei der taktischen Bewältigung von Observationseinsätzen sei der Einsatz von Privathandys aber nicht mehr wegzudenken. Bei dem Ausfall von Handfunkgeräten in entscheidenden Situationen würden von den Beamten zur Rettung der Einsatzlage immer auch die privaten Handys eingesetzt. Dienstliche Handys seien nicht in ausreichender Anzahl für diesen Zweck vorhanden. Es gebe keine Mannausstattung und selbst eine Fahrzeugausstattung sei noch nicht komplett gewährleistet. Hierzu nahm der Dezernatsleiter des Dezernats 306 am 5. Februar 2002 folgendermaßen Stellung:

"Das Mitführen der privaten Handys hat sich sowohl aus einsatztaktischen als auch aus betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten bewährt und geschieht deshalb ausdrücklich mit meinem Einverständnis. Ansonsten ist den Ausführungen nichts hinzuzufügen."

Der Abteilungsleiter 3 zeichnete diesen Vermerk des Klägers und die Stellungnahme des Dezernatsleiters 306 vom 5. Februar 2002 ab.

Mit Bescheid vom 22. Februar 2002 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Schadensersatz ab mit der Begründung, nach dem Runderlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 23. Mai 1997 sei die Nutzung privater Mobilfunktelefone für dienstliche Zwecke nicht vorgesehen. Nach diesem Erlass seien auch keine Genehmigungen hierzu zu erteilen. Werde ein privates Mobiltelefon eigeninitiativ für dienstliche Zwecke genutzt, so bestehe kein Anspruch auf Kostenerstattung für die Reparatur des privaten Mobiltelefons.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 14. März 2002 Widerspruch ein mit der Begründung, dass das Mobiltelefon ein üblicherweise bei Wahrnehmung des Dienstes mitgeführter Gegenstand im Sinne des § 96 NBG sei. Ohne die ständige Mitführung des Privathandys könne der Beamte des Mobilen Einsatzkommandos nicht kurzfristig reagieren. Sobald sich z.B. Zielpersonen in U-Bahn-Schächte begeben würden, könne die Kommunikation nur mittels Mobilfunk aufrechterhalten bleiben. Zudem widerspreche sich der Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 23. Mai 1997, weil einerseits der Einsatz von Privathandys im dienstlichen Zusammenhang nicht vorgesehen sei, andererseits bei zwingend dienstlichen Gründen die Gesprächsgebühren ersetzt würden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Mai 2002 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass Gegenstände, die "üblicherweise" im Sinne des § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG mitgeführt würden, insbesondere solche seien, die im Dienst benötigt würden. Nach Ziffer 3.2 der Verwaltungsvorschrift - VV - zu § 96 NBG sei ein Ersatz für private Gegenstände, die der Beamte anstelle dienstlich zur Verfügung stehender Gegenstände benutze, die bei der Dienstausübung benötigt würden, ausgeschlossen. Der Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 23. Mai 1997 sehe eine Nutzung privater Mobiltelefone zu dienstlichen Zwecken eindeutig nicht vor. Auch sei keine dienstliche Genehmigung erteilt worden. Dass sich entgegen der Regelung des Niedersächsischen Innenministeriums eine andere Verfahrensweise eingestellt habe, könne nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Selbst wenn es sich bei dem Mobiltelefon um einen Gegenstand handeln sollte, der üblicherweise im Dienst mitgeführt werde, ergebe sich in Ausübung des der Behörde eingeräumten Ermessens kein Ersatzanspruch. Das ständige Mitführen eines Mobiltelefons geschehe nicht nahezu "zwangsläufig" und sei nicht beispielsweise mit dem Tragen einer Armbanduhr zu vergleichen.

Der Kläger hat am 7. Juni 2002 Klage erhoben. Er hat seine Begründung aus dem Vorverfahren vertieft und ergänzend vorgetragen, dass im Bereich des Beklagten vor dem Jahr 1999 die sogenannten Cityruf-Geräte eingesammelt und abgemeldet worden seien. Spätestens seit diesem Zeitpunkt werde aus dienstlichen Gründen die Mitführung und Benutzung von privaten Mobiltelefonen nicht nur akzeptiert, sondern sogar vorausgesetzt. Dienstliche Mobiltelefone stünden nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung und dürften im Übrigen nicht privat genutzt werden, so dass auch aus familiären Gründen zur Benachrichtigung und Kontaktaufrechterhaltung im Einsatzfall die mitgeführten privaten Mobiltelefone für die Beamten unverzichtbar seien. Der Kläger hat beantragt,

den Beklagen unter Aufhebung des Bescheides vom 22. Februar 2002 und des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2002 zu verurteilen, an den Kläger 157,76 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat ergänzend vorgetragen, es habe keine zwingende Notwendigkeit für die Benutzung des privaten Mobiltelefons bestanden, denn dem Dezernat 35 (ehemals Dezernat 36), in dem der Kläger mit 50 Kollegen und Kolleginnen arbeite, seien insgesamt 45 Dienst-Mobiltelefone zugeteilt gewesen, von denen 35 Stück in den verschiedenen Dienstwagen montiert gewesen seien. Der Kläger habe allerdings auf die restlichen zehn Telefone keinen Zugriff gehabt. Angesichts der guten Ausstattung mit Dienst-Mobiltelefonen bestünde keine Notwendigkeit, private Geräte zu benutzen. Zudem habe es sich um einen reinen Zufallsschaden gehandelt, der durch die Unachtsamkeit des Klägers beim Aussteigen aus einem Pkw verursacht worden sei.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 29. April 2003 der Klage stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, an den Kläger 157,76 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 10. Juni 2002 zu zahlen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Bei dem vom Kläger mitgeführten Mobiltelefon handele es sich unter Berücksichtigung der Besonderheiten für den Bereich der Tätigkeit der Mobilen Einsatzkommandos um einen Gegenstand, der üblicherweise bei der Wahrnehmung des Dienstes mitgeführt werde. Der Dienst in einem Mobilen Einsatzkommando setze die ständige Erreichbarkeit des Beamten voraus und habe auch im privaten Interesse dazu geführt, dass Mobiltelefone zur Aufrechterhaltung sozialer Kontakte ständig mitgeführt würden. Das dem Beklagten gemäß § 96 NBG eingeräumte Ermessen sei dahingehend reduziert, dass nur eine Gewährung von Schadensersatz in Betracht komme. Der Ersatz des Schadens sei nicht gemäß Ziff. 3.2 der VV zu § 96 NBG ausgeschlossen, weil die Benutzung des privaten Mobiltelefons dem Kläger ausdrücklich durch die Vorgesetzten erlaubt worden sei. Daran ändere auch der Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 23. Mai 1997 nichts.

Der Beklagte hat am 25. Juli 2003 gegen das am 27. Juni 2003 zugestellte Urteil einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt.

Der erkennende Senat hat die Berufung mit dem dem Beklagten am 8. August 2005 zugestellten Beschluss vom 2. August 2005 (5 LA 269/03) wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zugelassen.

Zur Begründung der zugelassenen Berufung macht der Beklagte mit dem am 7. September 2005 eingegangenen Schriftsatz geltend: Bei dem Mobiltelefon handele es sich nicht um einen Gegenstand, der von einem Beamten des Mobilen Einsatzkommandos üblicherweise bei Wahrnehmung des Dienstes mitgeführt werde. Mit dem Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 23. Mai 1997 sei eine klare Regelung getroffen worden, an welche der Kläger gebunden sei. Es komme nicht darauf an, ob der Kläger oder sein Vorgesetzter den Einsatz von privaten Handys im Mobilen Einsatzkommando für geboten hielten. Denn die Beurteilung, ob die Ausstattung ausreichend sei, obliege dem Dienstherrn. Die einzelnen Polizeibeamten seien nicht gehalten, etwaige Defizite mit eigenen Mitteln aufzufangen. Täten sie es dennoch, dann auf eigene Gefahr. In der Stellungnahme des Dezernatsleiters des Dezernats 306 vom 5. Februar 2002 und in der Abzeichnung durch den Abteilungsleiter 3 sei keine ausdrückliche Erlaubnis zu sehen. Der Vermerk enthalte die Aussage, dass das Mitführen der privaten Mobiltelefone gerade nicht ausdrücklich angeordnet worden sei. Zudem habe der Abteilungsleiter 3 nicht die Befugnis, die Anordnung des Niedersächsischen Innenministeriums abzuändern. Dies könne nur der Dienstherr. Im Übrigen hätten sich in dem vom Kläger am Schadenstag gefahrenen Dienstwagen sowohl ein Festeinbau-Mobiltelefon als auch ein weiteres dienstliches Mobiltelefon befunden. Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 29. April 2003 - 13. Kammer (Einzelrichter) - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, das private Mobiltelefon sei ein Gegenstand, der üblicherweise bei der Wahrnehmung des Dienstes mitgeführt werde und im Dienst benötigt werde. Zwar hätten sich an dem Schadenstag in dem von ihm benutzten Pkw ein Festeinbau- und ein Mobiltelefon befunden. Es sei aber an keinem Tage für die eingesetzten Beamten abzusehen, in welchem Einsatz man mit welchem Fahrzeug fahre. Aus Tarnungsgründen sei es zwingend erforderlich, die Fahrzeuge während des Einsatzes zu wechseln. Zum damaligen Zeitpunkt seien nicht alle Fahrzeuge in ausreichender Anzahl mit Mobiltelefonen versehen gewesen. Seine Dienstvorgesetzten hätten bestätigt, dass die Mitnahme von privaten Mobiltelefonen mit ihrem Einverständnis geschehe. Der Dienstherr trete den Beamten auch in Gestalt der Dienststellenleiter und der unmittelbaren Vorgesetzten gegenüber.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakte A) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die angefochtenen Bescheide vom 22. Februar und 7. Mai 2002 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der am 7. Dezember 2001 an seinem im Dienst mitgeführten, privaten Mobiltelefon durch Beschädigung des Displays entstanden ist. Das der Klage stattgebende Urteil ist daher auf die Berufung des Beklagten zu ändern und die Klage abzuweisen.

1. Der geltend gemachte Anspruch kann nicht aus § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG hergeleitet werden, weil die sich aus dieser Vorschrift ergebenden Voraussetzungen nicht vorliegen.

Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG kann der Beamtin oder dem Beamten Ersatz für Kleidungsstücke oder sonstige Gegenstände geleistet werden, die bei Ausübung des Dienstes beschädigt worden sind und die üblicherweise bei Wahrnehmung des Dienstes mitgeführt werden. Zwar sind im vorliegenden Fall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG gegeben (a). Jedoch hat der Beklagte rechtsfehlerfrei im Rahmen des ihm durch § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG eingeräumten Ermessens entschieden, dem Kläger gleichwohl den Schaden an seinem privaten Mobiltelefon nicht zu ersetzen (b).

(a) Das private Mobiltelefon des Klägers ist bei Ausübung des Dienstes beschädigt worden, denn das Display dieses Handys brach im Rahmen eines Einsatzes des Mobilen Einsatzkommandos zur Festnahme eines kurdischen Rauschgifthändlers beim Aussteigen aus dem Dienst-Pkw.

Es handelt sich ferner bei dem privaten Mobiltelefon des Klägers um einen Gegenstand, der üblicherweise bei Wahrnehmung des Dienstes mitgeführt wird. Beurteilungsmaßstab bei der Prüfung, ob das Mitsichführen eines sonstigen Gegenstandes üblich ist, sind die Gepflogenheiten der Mehrheit der Beamtinnen und Beamten. Individuelle Besonderheiten sind dagegen auszuklammern (Kümmel, NBG, Stand: Oktober 2007, § 96 Rdnrn. 10 und 11). Es kann dahinstehen, ob es sich bereits zum Zeitpunkt des Schadenseintritts im Dezember 2001 bei einem Mobiltelefon um einen Gegenstand gehandelt hat, der - wie heutzutage - üblicherweise vergleichbar mit Uhren oder Geldbörsen zur persönlichen Ausstattung mitgeführt wurde. Denn jedenfalls entsprach das ständige Mitführen des privaten Mobiltelefons in dem Zeitpunkt des Schadenseintritts bei den Beamten des Mobilen Einsatzkommandos den üblichen Gepflogenheiten.

Weitere Tatbestandsvoraussetzungen enthält § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG nicht. Die norminterpretierende Verwaltungsvorschrift Nr. 3.1 zu § 96 NBG - VV zu § 96 NBG - (vom 25.11.1992, Nds.MBl. 1993 S. 93) konkretisiert den Tatbestand des § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG, schränkt ihn aber nicht ein. Nach Nr. 3.1 der VV zu § 96 NBG gehören zu den Gegenständen, die üblicherweise bei Wahrnehmung des Dienstes mitgeführt werden, insbesondere solche, die im Dienst benötigt werden. Die Formulierung "insbesondere" hebt nur einen Beispielsfall hervor und bedeutet nicht, dass von dem Tatbestand des § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG entgegen seinem Wortlaut nur solche Gegenstände erfasst würden, die im Dienst benötigt werden. Ob das im Dienst mitgeführte und beschädigte private Handy des Klägers unter den in Nr. 3.1. der VV zu § 96 NBG aufgeführten Beispielsfall fällt und im Dienst benötigt wurde, ist deshalb im Rahmen der Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG unbeachtlich. Daher kommt es an dieser Stelle auch nicht darauf an, ob in dienstlicher Hinsicht ein objektiver Bedarf für das Mitführen bestimmter Gegenstände besteht (anders aber zum Schadensersatzanspruch einer Lehrerin für ihr in der Schule abhanden gekommenes privates Handy: Nds. OVG, Beschl. v. 14.02.2005 - 2 LA 827/04 - NVwZ-RR 2005, 479 = Nds.Rpfl. 2005, 256 und Urt. v. 21.09.2005 - 2 LB 154/05). Denn § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG sieht eine solche Tatbestandsvoraussetzung nicht vor. Die Frage des objektiven Bedarfs ist vielmehr ein Gesichtspunkt, der - wie hier - im Rahmen der nach § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG erforderlichen Ermessensentscheidung Berücksichtigung finden kann (siehe unten zu b).

(b) Der Beklagte hat ermessensfehlerfrei einen Anspruch des Klägers auf Ersatz des Schadens an seinem privaten Mobiltelefon verneint.

Der Beklagte hat im Rahmen seiner auch der Abgrenzung von Risikosphären dienenden Ermessensausübung rechtsfehlerfrei Nr. 3.2 der VV zu § 96 NBG in den Blick genommen. Nach dieser Verwaltungsvorschrift ist ein Ersatz ausgeschlossen für private Gegenstände, die der Beamte an Stelle dienstlich zur Verfügung stehender Gegenstände benutzt, die bei der Ausübung des Dienstes benötigt werden (z.B. Fachliteratur, Taschenrechner, Kugelschreiber), es sei denn, dass der Dienstherr die Benutzung ausdrücklich gestattet. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass bei Nutzung privater an Stelle dienstlich vorhandener Arbeitsmittel persönliche Interessen des Beamten im Vordergrund stehen. Schäden an derartigen Gegenständen sind der Risikosphäre des Beamten zuzuordnen (vgl.: Kümmel, a.a.O., § 96 Rdnr. 11, 14).

Der Beklagte hat ermessensfehlerfrei berücksichtigt, dass das private Mobiltelefon des Klägers während des Polizeieinsatzes am 7. Dezember 2001 nicht dienstlich benötigt wurde. Bei diesem Einsatz befanden sich in dem vom Kläger gefahrenen Dienstwagen ein Festeinbau-Mobiltelefon und ein weiteres dienstliches Mobiltelefon. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger sein privates Handy bei diesem Polizeieinsatz tatsächlich dienstlich genutzt hätte. Mithin bestand am Schadenstag in dienstlicher Hinsicht kein objektiver Bedarf für das Mitführen des Handys.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts auch nicht aus der Besonderheit der Tätigkeit des Mobilen Einsatzkommandos. Allerdings ist diese Tätigkeit - anders als im Falle einer Lehrerin, die ihr privates Handy in der Schule nutzt (vgl.: Nds. OVG, Beschl. v. 14.02.2005 - 2 LA 827/04 - NVwZ-RR 2005, 479 = Nds.Rpfl. 2005, 256 und Urt. v. 21.09.2005 - 2 LB 154/05) - dadurch geprägt, dass die Beamten überwiegend im Außendienst tätig sind und ständig erreichbar sein sollten. Im Zeitpunkt des Schadenseintritts im Dezember 2001 war nicht jeder Beamter der Einheit des Klägers mit dienstlichen Mobiltelefonen ausgerüstet. Nach dem Vortrag des Klägers sei es für die Polizeibeamten des Mobilen Einsatzkommandos, die mitunter die Einsatzwagen mehrfach wechseln müssten, nicht vorhersehbar gewesen, ob ein Mobiltelefon vorhanden gewesen sei; die Ausstattung mit Funkgeräten gewährleiste ferner nicht eine lückenlose Erreichbarkeit wie Mobiltelefone. Jedoch obliegt die Beurteilung der Frage, ob tatsächlich eine ausreichende Versorgung mit den notwendigen Dienstmitteln besteht, dem Dienstherrn. Etwaige Defizite hat nicht der einzelne Beamte mit eigenen Mitteln auszugleichen (vgl.: Nds. OVG, Beschl. v. 14.02.2005- 2 LA 827/04 - NVwZ-RR 2005, 479 = Nds.Rpfl. 2005, 256 und Urt. v. 21.09.2005 - 2 LB 154/05). Der Dienstherr des Klägers trägt deshalb auch allein die Verantwortung für die mit einer etwaigen unzulänglichen Ausstattung der Dienstwagen mit Mobiltelefonen verbundenen Nachteile (vgl. auch: VG Oldenburg, Urt. vom 27.08.2003 - 6 A 977/01 -, NVwZ-RR 2004, 130).

Eine zwingende Notwendigkeit des Mitführens privater Handys im Rahmen der Tätigkeit beim Mobilen Einsatzkommando im Zeitpunkt des Schadenseintritts im Dezember 2001 ergibt sich auch nicht aus der Stellungnahme des Dezernatsleiters 306 vom 5. Februar 2002. Dieser hat ausgeführt, dass sich das Mitführen privater Handys sowohl aus einsatztaktischen als auch als betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten bewährt habe. Dem lässt sich zwar entnehmen, dass der Einsatz der privaten Handys der Beamten die Arbeit im Mobilen Einsatzkommando erleichtert hat und nach Ansicht des Dienstvorgesetzten des Klägers wünschenswert gewesen ist. Dass die Dienstgeschäfte des Mobilen Einsatzkommandos ohne den Einsatz der privaten Handys nicht ordnungsgemäß hätten erledigt werden können und der Einsatz dieser Handys unabweisbar zu fordern gewesen wäre, ergibt sich daraus jedoch nicht. Haben die Beamten des Mobilen Einsatzkommandos die Ausstattung für unzulänglich gehalten, hätte es ihnen oblegen, die Ausstattung mit dienstlichen Mobiltelefonen von dem Dienstherrn konkret einzufordern. Dagegen sind die im Mobilen Einsatzkommando tätigen Polizeibeamten nicht verpflichtet, insoweit möglicherweise bestehende Defizite mit eigenen Mitteln aufzufangen (vgl. auch: VG Oldenburg, Urt. vom 27.08.2003 - 6 A 977/01 -, NVwZ-RR 2004, 130).

Der Kläger kann schließlich auch nicht mit Erfolg einwenden, ihm sei ein Handy im Hinblick auf die unvorhersehbaren Einsätze des Mobilen Einsatzkommandos im Außendienst besonders für seine privaten Kontakte zur Familie und zu Freunden von Nutzen, um schnell erreichbar sein zu können, zumal private Telefonate über die dienstlichen Mobiltelefone grundsätzlich nicht erlaubt seien. Seinem verständlichen Einwand, dass die Tätigkeit im Mobilen Einsatzkommando in besonderem Maße Absprachen mit der Familie und Freunden erforderlich mache, steht entgegen, dass der Kläger zur Wahrnehmung seines Dienstes aber nicht ständig privat erreichbar sein muss. Stehen bei der Nutzung privater an Stelle dienstlich vorhandener Arbeitsmittel persönliche Interessen des Beamten im Vordergrund, sind Schäden an derartigen Gegenständen der Risikosphäre des Beamten zuzuordnen (vgl. auch: Kümmel, a.a.O., § 96 Rdnr. 11).

Der Beklagte hat seiner Ermessensentscheidung ferner zutreffend zugrunde gelegt, dass der Dienstherr des Klägers die Nutzung des privaten Mobiltelefons des Klägers für dienstliche Zwecke nicht ausdrücklich gestattet hat. Der Beklagte beruft sich ermessensfehlerfrei auf den ihn bindenden Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 23. Mai 1997, in dem der Dienstherr für die Polizei des Landes Niedersachsen geregelt hat, dass die Nutzung privater Mobiltelefone für dienstliche Zwecke nicht vorgesehen und hierzu auch keine Genehmigung zu erteilen ist. Wird ein privates Mobiltelefon ausnahmsweise eigeninitiativ für dienstliche Zwecke genutzt, so besteht nach diesem Erlass kein Anspruch auf Kostenerstattung bzw. anteilige Kostenerstattung für die Beschaffung, Reparatur, Wiederbeschaffung bei Verlust oder Grundgebühr des Telefons.

Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenden Ansicht kann in der vom Abteilungsleiter 3 abgezeichneten Stellungnahme des Dezernatsleiters 306 vom 5. Februar 2002 keine von dem Erlass des Niedersächsischen Innenministeriums vom 23. Mai 1997 abweichende, ausdrückliche Gestattung für die Nutzung privater Mobiltelefone gesehen werden. Zwar hat der Dezernatsleiter in seiner Stellungnahme vom 5. Februar 2002 ausgeführt, das Mitführen der privaten Handys geschehe ausdrücklich mit seinem Einverständnis. Damit haben jedoch weder der Dezernats- noch der Abteilungsleiter des Klägers konkret die Nutzung des privaten Handys des Klägers im Dienst genehmigt. Ferner lässt sich der Stellungnahme des Dezernatsleiters nicht entnehmen, mit seinem Einverständnis der Nutzung privater Handys sei zugleich die Folge verbunden, dass der Dienstherr für die Kostenerstattung für die Beschaffung, Reparatur, Wiederbeschaffung bei Verlust oder Grundgebühr des privaten Telefons aufzukommen habe. Der Dezernats- und der Abteilungsleiter als die unmittelbaren Dienstvorgesetzten des Klägers wären auch nicht befugt gewesen, die durch den Erlass vom 23. Mai 1997 geregelten Anordnungen des Niedersächsischen Innenministeriums als Dienstherrn des Klägers abzuändern und mit einer ausdrücklichen Gestattung der Nutzung privater Handys den Dienstherrn zu verpflichten, für die Kostenerstattung für die Beschaffung, Reparatur, Wiederbeschaffung bei Verlust oder Grundgebühr des privaten Telefons aufzukommen. Vielmehr obliegt die Änderung des Erlasses vom 23. Mai 1997 allein dem Dienstherrn. Der Anwendbarkeit des Erlasses vom 23. Mai 1997 steht deshalb auch nicht die im Mobilen Einsatzkommando übliche Verwaltungspraxis, private Handys im Dienst zu benutzen, entgegen.

Der Erlass ist auch nicht durch die tatsächliche Entwicklung im Bereich der Nutzung von Mobilfunktelefonen als überholt anzusehen. Auch wenn zum Zeitpunkt des Schadenseintritts die Nutzung von Mobilfunktelefonen im Bereich der Polizei - um mit den Zielpersonen "auf Augenhöhe" sein zu können - sowie auch allgemein im Gegensatz zu den Verhältnissen im Jahr 1997 weit verbreitet war, ist es nicht zu beanstanden, dass der Dienstherr des Klägers im Rahmen der ihm zustehenden Organisationsfreiheit an dem Erlass aus dem Jahre 1997 und der damit verbundenen Verwaltungspraxis festgehalten und dies bei seiner Ermessensausübung berücksichtigt hat.

2. Der Kläger kann auch nicht nach § 87 Abs. 1 NBG Schadensersatz für sein privates, im Dienst mitgeführtes Handy verlangen.

Nach § 87 Abs. 1 NBG sorgt der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl des Beamten und seine Familie. Die Pflicht zu Schutz und Fürsorge beinhaltet nicht nur die Pflicht, Schaden vom Beamten abzuwenden, sondern insbesondere auch, dem Beamten und den von ihm in den Dienst eingebrachten Gegenständen keinen Schaden zuzufügen (vgl.: Plog/ Wiedow/ Beck/ Lemhöfer, BBG, Stand: Juni 2007, § 79 Rn. 18).

Abgesehen davon, dass § 96 NBG die allgemeine Fürsorgepflicht des Dienstherrn konkretisiert und niedersächsische Beamte aus der allgemeinen Fürsorgepflicht grundsätzlich keine unmittelbaren Ansprüche auf Sachschadensersatz ableiten können (vgl.: Kümmel, a.a.O., § 96 Rdnr. 3; s. a.: BVerwG, Urt. v. 18.6.1980 - BVerwG 6 C 19.79 - DÖV 1981, 101), zeigt der vorliegende Fall keine Besonderheiten auf, die es rechtfertigen könnten, ausnahmsweise eine Verletzung der allgemeinen Fürsorgepflicht des Dienstherrn unter dem Blickwinkel des § 87 Abs. 1 NBG zu bejahen.

Die sich aus § 87 Abs. 1 NBG ergebende Schutzpflicht des Dienstherrn erfasst nur diejenigen Sachen des Beamten, die dieser notwendig und im üblichen Rahmen zum Dienst mitbringt. Für den Dienst notwendig und damit dienstlich veranlasst in diesem Sinne ist die Verwendung privater Gegenstände des Beamten durch diesen im Dienst dann, wenn dies der Dienstherr ausdrücklich anordnet oder er jedenfalls die Verwendung zu dienstlichen Zwecken anerkennt. In eng begrenzten Fällen kann sich die dienstliche Veranlassung der Nutzung auch privater Gegenstände des Beamten im Dienst aus der Eigenart des Dienstgeschäftes ergeben, etwa wenn der Dienstherr die üblicherweise zur ordnungsgemäßen Erledigung des Dienstgeschäftes zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel nicht vorhält oder nicht vorhalten kann, etwa weil es sich insoweit um eine unvertretbare Leistung handelt. Es bedarf insoweit stets konkreter dienstlicher Erfordernisse, die zu einer bestimmten Zeit die Verwendung der privaten Gegenstände im Dienst unabweisbar erfordern. Maßgebend ist die Verwendung der Sachen im Dienst, nicht aber die bloße, vom Beamten erwogene Möglichkeit ihrer dienstlichen Nutzung oder ihre generelle Eignung hierfür (vgl.: BVerwG, Urt. v. 22.09.1993 - BVerwG 2 C 32.91 -, juris = BVerwGE 94, 163).

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Wie bereits oben ausgeführt, war das Mitsichführen des privaten Handys des Klägers bei Ausübung des Dienstes weder durch eine ausdrückliche Anordnung des Dienstherrn veranlasst noch von ihm ausdrücklich mit der Folge anerkannt, für die Unterhaltung, insbesondere die Reparatur privater, im Dienst mitgeführter Handys aufkommen zu wollen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht - wie ebenfalls bereits oben dargelegt - aus der Besonderheit der Tätigkeit des Mobilen Einsatzkommandos.

Schließlich wird die allgemeine Fürsorgepflicht auch nicht in ihrem Wesenskern verletzt, wenn der Dienstherr des Klägers die Reparaturkosten für das private, im Dienst mitgeführte Handy des Klägers nicht übernimmt. Weder berührt dies den Kläger in seiner Stellung als Beamter und in seiner amtlichen Tätigkeit noch stellen die Reparaturkosten in Höhe von 157,76 EUR für den Kläger eine ungewöhnlich hohe finanzielle Belastung dar (vgl. hierzu auch: OVG Rh.-Pf., Urt. v. 05.01.1983 - 2 A 40/82 -, DVBl. 1983, 1117).

Ende der Entscheidung

Zurück