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Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 01.07.2008
Aktenzeichen: 5 LC 34/07
Rechtsgebiete: NBG, Nds.ArbZVO


Vorschriften:

NBG § 80 Abs. 4 S. 1
Nds.ArbZVO § 8a Abs. 2
Nds.ArbZVO § 8a Abs. 4
Die Ansparphase innerhalb der sogenannten Freijahrsregelung kann im Falle eines einen Monat überschreitenden Zeitraums einer Dienstunfähigkeit aus dienstlichen Gründen verlängert werden (§ 8a Abs. 2 NdsArbZVO). Ein solcher dienstlicher Grund liegt nicht vor, wenn die Verlängerung der Ansparphase durch eine nach Durchführung der Freijahrsreglung festgestellte dauernde Dienstunfähigkeit unmöglich geworden ist.
Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem dieses einen Bescheid über eine Verlängerung des Teilzeitbeschäftigungsverhältnisses der Klägerin im Rahmen der sog. Freijahrsregelung für rechtmäßig erachtet und einen Anspruch der Klägerin auf Nachzahlung der Differenz zwischen den gezahlten Bezügen und den für eine Vollzeitbeschäftigung zu gewährenden ungeminderten Bezügen für die Zeit vom 1. August 2000 bis zum 31. Juli 2003 verneint hat.

Die Klägerin war - wie ihr Ehemann - Realschullehrer/in im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Land Niedersachsen. Mit Antrag vom 29. Mai 2000 begehrten die Eheleute gemeinsam die Gewährung einer dreijährigen Teilzeitbeschäftigung in Verbindung mit einem "Freijahr". Mit Bescheid vom 13. Oktober 2000 bewilligte die Bezirksregierung Weser-Ems der Klägerin die beantragte Teilzeitbeschäftigung für die Zeit vom 1. August 2000 bis 31. Juli 2003 mit einem Umfang der Teilzeitbeschäftigung von 17,667 Wochenstunden bei einer Regelstundenzahl von 26,5 Wochenstunden bei voller Freistellung vom Dienst für die Zeit vom 1. August 2002 bis 31. Juli 2003 sowie entsprechend reduzierten Bezügen nach § 80 a Absatz 1 NBG.

Während der sogenannten Ansparphase erkrankte die Klägerin in der Zeit vom 19. Februar bis 19. Juni 2002 dienstunfähig. Sie beantragte unter dem 1. Mai 2002, die Gewährung der Teilzeitbeschäftigung rückgängig zu machen. Nachdem der Amtsarzt aufgrund einer Untersuchung der Klägerin am 12. Juni 2002 mit Stellungnahme vom 17. Juni 2002 die Dienstfähigkeit der Klägerin festgestellt hatte, teilte die Klägerin unter dem 16. Juni 2002 die Rücknahme ihres Antrags vom 1. Mai 2002 mit und führte aus, dass sie das von ihr ursprünglich geplante Freijahr in Anspruch nehmen wolle, um ihren Gesundheitszustand durch einen längeren Aufenthalt in einem trockenen-warmen Klima zu verbessern; sie hoffe, dass anschließend ein hundertprozentiger Einsatz möglich werde, sie sehe sich im Augenblick weiterhin nicht in der Lage, ihren Dienstverpflichtungen nachzukommen.

Daraufhin teilte die Bezirksregierung Weser-Ems der Klägerin mit Schreiben vom 10. Juli 2002 mit, dass ausgleichspflichtige Arbeitszeit für die Dauer des einen Monat überschreitenden Zeitraums einer Dienstunfähigkeit nicht eingespart werden könne, die Ansparphase sich hierdurch nicht ändere, soweit sie nicht aus dienstlichen Gründen oder auf Antrag verlängert werde, und die Ansparphase daher aus dienstlichen Gründen entsprechend zu verlängern sei, mithin für einen Zeitraum von drei Monaten und einen Tag eine Nachleistung im Umfang eines Drittels der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (8,833 Wochenstunden) erfolgen müsse; abschließend bat die Bezirksregierung Weser-Ems die Klägerin, zu gegebener Zeit mitzuteilen, in welcher Form die Nachleistung erfolgen werde.

Die Klägerin hat das Freijahr vom 1. August 2002 bis zum 31. Juli 2003 in vollem Umfang in Anspruch genommen. Nach Ablauf dieses Freijahres - also seit 1. August 2003 - ist sie wegen Dienstunfähigkeit nicht mehr zum Dienst angetreten.

Auf der Grundlage eines amtsärztlichen Gutachtens vom 6. Januar 2004, in dem die dauernde Dienstunfähigkeit der Klägerin festgestellt worden war, hörte die Bezirksregierung Weser-Ems die Klägerin unter dem 15. Januar 2004 zu einer beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit an. Mit Bescheid vom 17. Februar 2004 sprach die Bezirksregierung Weser-Ems die Versetzung in den Ruhestand aus; seit dem 1. März 2004 ist die Klägerin im Ruhestand.

Mit Schreiben vom 5. Februar 2004 gab die Bezirksregierung Weser-Ems der Klägerin Gelegenheit, zur beabsichtigten Verlängerung der Ansparphase und Rückforderung überzahlter Bezüge Stellung zu nehmen. Unter dem 2. März 2004 widersprach die Klägerin diesem Vorhaben.

Durch Bescheid vom 8. April 2004 verlängerte die Bezirksregierung Weser-Ems die Ansparphase der Teilzeitbeschäftigung gegenüber der Klägerin bis zum 1. November 2003 unter Festsetzung des Umfangs der Teilzeitbeschäftigung/Bezügebruchteil für die Zeit vom 1. August bis 1. November 2003 auf 17,667/26,5 Wochenstunden und wies darauf hin, dass sie die für diesen Zeitraum zuviel erhaltenen Dienstbezüge zurückfordere.

Den mit Schreiben vom 15. Juli 2004 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Bezirksregierung Weser-Ems mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2004 zurück mit der Begründung, die Klägerin sei bereits am 10. Juli 2002 darauf hingewiesen worden, dass sie in der Zeit vom 19. März bis 19. Juni 2002 keine ausgleichspflichtige Arbeitszeit angespart habe. Als sie das Freijahr in der Zeit vom 1. August 2002 bis 31. Juli 2003 in Anspruch genommen habe, sei nicht absehbar gewesen, dass ihr die Durchführung der Freijahrsregelung dauerhaft unmöglich werden würde. Sie habe für die Dauer des Freijahrs keine Nachweise über ihre Erkrankung vorgelegt. Im Anschluss an die gewährte volle Freistellung vom Dienst sei die Ansparphase deshalb entsprechend zu verlängern.

Die Klägerin hat am 12. Januar 2005 Klage erhoben und zur Begründung geltend gemacht, sie habe infolge Dienstunfähigkeit die Freijahrsregelung letztlich nicht in Anspruch nehmen können, weshalb ihr die anteiligen Dienstbezüge auf Grundlage einer Vollzeitbeschäftigung nachzuzahlen seien und sich der Bescheid vom 8. April 2004 als rechtswidrig darstelle. Die der Zurruhesetzung zu Grunde liegende Dienstunfähigkeit habe bei sachgerechter Vorgehensweise schon im Jahr 2002 aus medizinischer Sicht festgestellt werden können und müssen. Lediglich im Hinblick auf die seinerzeit zu Unrecht verweigerte Feststellung der Dienstunfähigkeit habe sie sich gehalten gesehen, die ursprünglich geplante Freistellung in Anspruch zu nehmen, um ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Da dies jedoch nicht Sinn und Zweck der Freijahrsregelung sei, sei ihr die Inanspruchnahme der Ausgleichsphase praktisch mit der Versetzung in den Ruhestand unmöglich geworden.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 8. April 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2004 aufzuheben und

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 1. August 2000 bis 31. Juli 2003 weitere Bezüge in Höhe von 48.302,25 € zu zahlen zuzüglich 5% Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, bei dem Schreiben der Bezirksregierung Weser-Ems vom 10. Juni 2002 handele es sich bereits um eine bestandskräftige Verfügung. Im Zeitpunkt der Inanspruchnahme der vollen Freistellung vom Dienst habe kein Tatbestand vorgelegen, der darauf habe schließen lassen, dass der Klägerin die vorgesehene Durchführung der Freijahrsregelung dauerhaft unmöglich gewesen wäre. Durch amtsärztliches Gutachten vom 17. Juni 2002 sei die Dienstfähigkeit der Klägerin sogar bestätigt worden. Während des Freijahrs sei von der Klägerin eine Erkrankung nicht nachgewiesen worden. Sie habe vielmehr selbst ausdrücklich mit Schreiben vom 16. Juni 2002 dargelegt, dass sie das Freijahr trotz gewisser gesundheitlicher Einschränkungen in Anspruch nehmen wolle. Die Verlängerung der Ansparzeit sei gemäß § 8 a Absatz 4 Satz 1 Nds. ArbZVO erforderlich gewesen, weil keine entsprechende ausgleichspflichtige Arbeitszeit habe angespart werden können. Tatsächlich nicht geleistete Arbeitszeiten seien durch Rückforderung überzahlter Bezüge auszugleichen. Auch Teilzeitbeschäftigte und Beurlaubte hätten im Fall der Dienstunfähigkeit keine Option auf die Rückkehr zur Vollbeschäftigung oder auf entsprechende Erhöhung ihrer Wochenstundenzahl und damit auf höhere Dienstbezüge.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. Juni 2005 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Ansparzeit sei zu Recht gemäß § 8 a Absatz 2 Satz 2 Nds. ArbZVO verlängert worden. Die gesetzliche Regelung der Teilzeitbeschäftigung im Sinne einer Freijahrsgewährung in § 80 Abs. 4 Satz 1 NBG gehe davon aus, dass trotz ungleichförmiger Dienstleistung vorgenommene Arbeitszeiterhöhungen und Arbeitszeitverminderungen am Ende des Zeitraums ausgeglichen würden, die beiderseitigen Leistungen (Dienstleistung/ Bezügegewährung) somit in einem bilanzierenden Äquivalenzverhältnis stünden. Die im vorliegenden Fall aufgrund der nachfolgenden dauernden Dienstunfähigkeit der Klägerin gegebene Unmöglichkeit der anderweitigen Herbeiführung des gesetzlich vorgegebenen Ausgleichs stelle einen "dienstlichen Grund" zur Verlängerung der Ansparphase im Sinne des § 8 a Absatz 2 Satz 2 Nds. ArbZVO dar. Die Klägerin sei durch das die Verlängerung der Ansparphase ankündigende Schreiben der Bezirksregierung Weser-Ems vom 10. Juli 2002 noch vor Beginn des Freijahrs am 1. August 2002 auf die beabsichtigte Verlängerung der Ansparphase hingewiesen worden und habe ihr die Alternative eröffnet, ihrerseits ggf. eine anderweitige Anpassungsregelung - wie die Verkürzung des Freijahrs - anzuregen bzw. zu beantragen. Vor diesem Hintergrund habe die Klägerin in Erwartung der anschließenden Fortsetzung der Ansparphase das Freijahr in vollem Umfang in Anspruch genommen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung weiterer Dienstbezüge für den von der ursprünglichen Freijahrsregelung umfassten Zeitraum vom 1. August 2000 bis zum 31. Juli 2003. Rechtsgrundlage für die Gewährung von Teilzeitbezügen sei der bestandskräftige Bescheid über die Gewährung der Teilzeitbeschäftigung im Sinne der Freijahresregelung vom 13. Oktober 2000. Eine Rücknahme dieses Bescheids bzw. Rückkehr der Klägerin zur Vollbeschäftigung für diesen Zeitraum sei nicht erfolgt. Hierauf habe die Klägerin auch keinen Anspruch. Die Durchführung der Freijahrsregelung sei nicht durch die Dienstunfähigkeit der Klägerin unmöglich geworden. Vielmehr habe der Amtsarzt im Juni 2002 unmittelbar vor Beginn des Freijahrs noch ausdrücklich die Dienstfähigkeit der Klägerin festgestellt. Sie habe selbst ihren Antrag auf Rücknahme der Teilzeit-/ Freijahrsregelung ausdrücklich zurückgenommen und sich für deren weitere Durchführung entschieden.

Das Verwaltungsgericht hat die Berufung gegen dieses Urteil gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Gegen das ihr am 6. Juli 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. Juli 2005 Berufung eingelegt. Sie trägt zur Begründung vor: § 80 Abs. 4 Satz 1 NBG ordne entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht einen generellen Ausgleich der beiderseitigen Leistungen Dienstleistung und Bezügegewährung an, sondern regele lediglich, dass ein Ausgleich der auf die regelmäßige Arbeitszeit erhöhten Teilzeitbeschäftigung durch ununterbrochene volle Freistellung vom Dienst zu erfolgen habe. In welcher Weise eine krankheitsbedingte Dienstunfähigkeit zu berücksichtigen sei, sei in § 80 Abs. 4 Satz 1 NBG nicht geregelt. Es verbleibe daher bei einem Vergütungsrisiko des Dienstherrn. Dass die aufgrund ihrer - der Klägerin - dauernden Dienstunfähigkeit gegebene Unmöglichkeit der anderweitigen Herbeiführung des gesetzlich vorgegebenen Ausgleichs einen "dienstlichen Grund" zur Verlängerung der Ansparphase im Sinn des § 8 a Absatz 2 Satz 2 Nds. ArbZVO darstelle, ergebe sich aus dieser Vorschrift nicht und hätte ausdrücklich geregelt werden müssen. Dienstliche Gründe im Sinne von § 8a Abs. 2 Satz 2 Nds. ArbZVO seien nur Gründe einer angemessenen Unterrichtsversorgung u.ä.. Ihr stehe ein Anspruch auf Nachzahlung anteiliger Dienstbezüge zu. Mit Schreiben vom 16. Juni 2002 habe sie der Bezirksregierung Weser-Ems mitgeteilt, sie wolle das Freijahr in Anspruch nehmen, um ihren Gesundheitszustand durch einen längeren Aufenthalt in einem trockenen, warmen Klima zu verbessern, und sehe sich derzeit nicht in der Lage, ihren Dienstverpflichtungen nachzukommen. Damit habe sie deutlich zum Ausdruck gemacht, dass sie sich als dienstunfähig angesehen habe. Schließlich sei ihre Dienstunfähigkeit nachträglich durch den Amtsarzt bestätigt worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und

1. den Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 8. April 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2004 aufzuheben und

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 1. August 2000 bis 31. Juli 2003 weitere Bezüge in Höhe von 48.302,25 € zu zahlen zuzüglich 5% Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, die in § 80 Abs. 4 NBG getroffene Freijahrsregelung stelle ausdrücklich das Äquivalenzverhältnis von Dienstleistung und Dienstbezügen heraus. Die Klägerin habe eine ausgleichspflichtige Arbeitszeit für die Dauer des einen Monat überschreitenden Zeitraums vom 19. März 2002 bis 19. Juni 2002 nicht ansparen können. Für diese nicht erbrachte "erhöhte Arbeitsleistung" im Umfang von einem Drittel ihrer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (0 8,333 Wochenstunden für 93 Tage) sei von der Klägerin in gleichem Umfang eine "Nachleistung" zu erbringen, die nur durch eine Verlängerung der Ansparphase ins Gleichgewicht habe gebracht werden können, nachdem die Klägerin die Ausgleichsphase ungekürzt ausgenutzt habe. Die Klägerin habe mit Schreiben vom 16. Juni 2002 ausdrücklich die amtsärztliche Feststellung hingenommen, dass eine dauerhafte Dienstunfähigkeit bei ihr nicht erkennbar sei. Bei einer "normalen" Teilzeitbeschäftigung würden im Falle einer krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit auch nur die Bezüge der Teilzeitbeschäftigung - auf keinen Fall jedoch der Vollzeitbeschäftigung - gewährt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist begründet, soweit die Klägerin die Aufhebung des Bescheids der Bezirksregierung Weser-Ems vom 8. April 2004 in Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2004 begehrt (Ziff.1.). Hinsichtlich des von der Klägerin begehrten Anspruchs auf Zahlung weiterer Bezüge in Höhe von 48.302,25 € für die Zeit vom 1. August 2000 bis 31. Juli 2003 ist die Berufung unbegründet (Ziff. 2).

1. Der angefochtene Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 8. April 2004 in Gestalt ihres Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2004 über die Verlängerung der sogenannten Ansparphase ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist deshalb zu ändern und die Bescheide sind aufzuheben.

Als Rechtsgrundlage der mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 8. April 2004 verfügten Verlängerung der Ansparzeit kommt § 80 Absätze 4 und 9 NBG i.V.m. § 8 a Nds. ArbZVO in Betracht.

Nach § 80 Abs. 4 Satz 1 NBG kann eine Teilzeitbeschäftigung auf Antrag in der Weise bewilligt werden, dass während des einen Teils des Bewilligungszeitraums die Arbeitszeit bis zur regelmäßigen Arbeitszeit (§ 80 Abs. 1 NBG) erhöht und diese Arbeitszeiterhöhung während des anderen Teils des Bewilligungszeitraums durch eine ununterbrochene volle Freistellung vom Dienst ausgeglichen wird, wenn dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Das Nähere zu dieser Bestimmung ist in § 8a Nds. ArbZVO geregelt (vgl. § 80 Abs. 9 NBG). Gemäß § 8 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Nds. ArbZVO kann ausgleichspflichtige Arbeitszeit nicht eingespart werden für die Dauer des einen Monat überschreitenden Zeitraums einer Dienstunfähigkeit. Die Klägerin, die vom 19. Februar bis zum 19. Juni 2002 dienstunfähig erkrankt war, hat somit für die Zeit vom 19. März bis zum 19. Juni 2002 keine ausgleichspflichtige Arbeitszeit angespart.

Gemäß § 8 a Abs. 2 Satz 2 Nds. ArbZVO ändert sich für den Fall des einen Monat überschreitenden Zeitraums einer Dienstunfähigkeit die Ansparphase hierdurch nicht, soweit sie nicht aus dienstlichen Gründen verlängert wird. Diese im 2. Halbsatz genannte Voraussetzung für eine Verlängerung der Ansparphase ist jedoch weder von der Bezirkregierung Weser-Ems in den angefochtenen Bescheiden noch von dem Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt worden.

Der Senat teilt allerdings die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Bezirksregierung Weser-Ems mit ihrem Schreiben vom 10. Juli 2002 nicht bereits bestandskräftig eine Verlängerung der Ansparphase verfügt hat. In diesem Schreiben hat die Bezirksregierung Weser-Ems lediglich die Verlängerung der Ansparphase angekündigt und die Klägerin um Mitteilung gebeten, in welcher Form die Nachleistung erfolgen werde. Dem in den Verwaltungsvorgängen vorhandenen Vermerk vom 4. Februar 2004 ist zu entnehmen, dass auch verwaltungsintern nicht von einer der Bestandskraft fähigen Regelung vom 10. Juli 2002 ausgegangen worden ist. In dem Anhörungsschreiben vom 5. Februar 2004 ist die Klägerin gebeten worden, zu einer beabsichtigten Verlängerung der Ansparphase und Rückforderung überzahlter Bezüge Stellung zu nehmen. Erst in dem angefochtenen Bescheid vom 8. April 2004 hat die Bezirksregierung Weser-Ems ausdrücklich die Freijahrsregelung bis zum 1. November 2003 verlängert. Ein Verwaltungsaktcharakter kommt dem Schreiben vom 10. Juli 2002 mithin nicht zu.

Die Bezirksregierung Weser-Ems hat jedoch mit ihrem angefochtenen Bescheid vom 8. April 2004 in der Fassung ihres Widerspruchsbescheids vom 10. Dezember 2004 die Ansparphase der Klägerin nicht rechtmäßig verlängert, weil sie dienstliche Gründe für die Verlängerung der Ansparphase in den angefochtenen Bescheiden nicht dargelegt hat. Eine Definition des Begriffs "dienstliche Gründe" enthält die Nds. ArbZVO nicht. Die Bedeutung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs ergibt sich aber aus der Zweckbestimmung und Zielsetzung der jeweiligen gesetzlichen Regelung und aus dem systematischen Zusammenhang, in den ihn das Gesetz stellt (vgl. auch: BVerwG, Urt. v. 29.04.2004 - BVerwG 2 C 21.03 -, juris zum Begriff der "dringenden dienstlichen Belange" bei der Gewährung von Altersteilzeit). Dies rechtfertigt es, zu den dienstlichen Gründen sämtliche Faktoren zu zählen, die eine rechtmäßige, wirtschaftliche und den verwaltungspolitischen Vorgaben entsprechende Aufgabenerledigung ermöglichen (vgl. auch zu dem Begriff "dienstliche Belange" in § 80 Abs. 4 Satz 1 NBG: Kümmel, Beamtenrecht, Kommentar, Stand: Februar 2008, § 80 Rn. 38). Ein dienstlicher Grund zur Verlängerung der Ansparphase wäre danach beispielsweise dann gegeben, wenn der Dienstbetrieb anderenfalls erschwert oder eine effektive Aufgabenerfüllung nicht sichergestellt wäre. Einen entsprechenden dienstlichen Grund hat die Bezirksregierung Weser-Ems in den angefochtenen Bescheiden jedoch nicht aufgezeigt. Aus den Verwaltungsvorgängen ergibt sich lediglich, dass die Schule und die Bezirksregierung Weser-Ems Bedenken gegen die Bewilligung der Freijahrsregelung angesichts der Unterrichtsversorgung in den von der Klägerin und ihrem Ehemann unterrichteten Mangelfächern Chemie, Biologie und Textilarbeit gehabt haben (Bl. 162 BA "A"). In den angefochtenen Bescheiden über die Verlängerung der Ansparphase sind entsprechende dienstliche Gründe nicht bezeichnet worden, im Übrigen auch nicht in dem noch im Zeitpunkt der nicht dauernden Dienstfähigkeit der Klägerin und vor Inanspruchnahme des Freijahrs verfassten Schreiben der Bezirksregierung Weser-Ems vom 10. Juli 2002.

Dem Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Weser-Ems vom 10. Dezember 2004 lässt sich zwar entnehmen, dass die Ansparphase verlängert worden ist, weil die Klägerin das Freijahr vom 1. August 2002 bis zum 31. Juli 2003 in Anspruch genommen hat und anschließend wegen Dienstunfähigkeit ihren Dienst nicht mehr antreten und deshalb keinen Ausgleich für das vollständig ausgenutzte Freijahr mehr schaffen konnte. Der Senat teilt aber nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die aufgrund der nachfolgenden dauernden Dienstunfähigkeit der Klägerin gegebene Unmöglichkeit der anderweitigen Herbeiführung des Ausgleichs von Anspar- und Ausgleichsphase einen "dienstlichen Grund" zur Verlängerung der Ansparphase im Sinne des § 8 a Absatz 2 Satz 2 Nds. ArbZVO darstelle. Denn die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt darin begründet, dass die dauernde Dienstunfähigkeit der Klägerin erst nach Inanspruchnahme des vollen Freijahrs - mithin nach der Durchführung der Freijahrsregelung - festgestellt worden ist. Aufgrund dieser nachträglich festgestellten dauernden Dienstunfähigkeit kann die Klägerin keine ausgleichspflichtige Arbeitszeit mehr ansparen. Eine Verlängerung der Ansparphase ist mithin unmöglich geworden. Diese Unmöglichkeit der Verlängerung der Ansparphase kann aber nicht gleichzeitig ein dienstlicher Grund für eine Verlängerung der Ansparphase nach § 8 a Abs. 2 Satz 2 Nds. ArbZVO sein.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin das Freijahr bereits voll in Anspruch genommen hat. Zwar verweist das Verwaltungsgericht zutreffend darauf, dass die Freijahrsregelung in § 80 Abs. 4 NBG grundsätzlich davon ausgeht, dass am Ende des Zeitraums die beiderseitigen Leistungen (Dienstleistung/ Bezügegewährung) in einem bilanzierenden Äquivalenzverhältnis stehen (siehe auch amtliche Begründung zur Änderung des § 80 Abs. 4 NBG: LT-Drucksache 13/1850, S. 7). Dies ergibt sich auch aus dem von dem Verwaltungsgericht zitierten § 8 a Absätze 3 und 4 Nds. ArbZVO, der eine Anpassung der Freijahrsregelung bei während der Durchführung der Freijahrsregelung eingetretenen Änderungen vorsieht. Im Gegensatz zum Verwaltungsgericht versteht der Senat die Regelung in § 8 a Absatz 2 Satz 2, 1. HS Nds. ArbZVO "Die Ansparphase ändert sich hierdurch nicht" aber dahingehend, dass mit dieser Regelung das "Vergütungsrisiko" des Dienstherrn zu Gunsten des Beamten ausdrücklich bestätigt werden sollte und dass nur in dem Fall, dass dienstliche Gründe eine Verlängerung der Ansparphase rechtfertigen, die Risikoverteilung zu Lasten des Beamten geändert wird. Die vorliegend durch die Dienstunfähigkeit eingetretene Unmöglichkeit der Ansparung ausgleichspflichtiger Arbeitszeit kann jedoch - wie bereits dargelegt - kein dienstlicher Grund i.S.d. § 8 a Abs. 2 Satz 2, 2. HS Nds. ArbZVO sein. Es verbleibt hier deshalb mangels Feststellung eines dienstlichen Grundes bei dem Risiko der Vergütung zulasten des Dienstherrn.

Eine Verlängerung der Ansparphase kommt auch nicht nach § 8a Abs. 4 Satz 1 Nds. ArbZVO in Betracht. Danach wird eine Freijahrsregelung rückwirkend geändert, soweit die vorgesehene Durchführung der Beamtin dauerhaft unmöglich wird. Diese Voraussetzungen liegen hier ebenfalls nicht vor. Die Freijahrsregelung war im vorliegenden Fall im Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit durch die dauernde Dienstunfähigkeit der Klägerin bereits vollständig durchgeführt gewesen. Die Bezirksregierung Weser-Ems hat der Klägerin mit Bescheid vom 13. Oktober 2000 eine Teilzeitbeschäftigung für die Zeit vom 1. August 2000 bis zum 31. Juli 2003 unter Erhöhung der tatsächlichen Arbeitszeit auf die Regelstundenzahl in der Zeit vom 1. August 2000 bis zum 31. Juli 2002 und bei voller Freistellung vom Dienst für die Zeit vom 1. August 2002 bis 31. Juli 2003 bewilligt. Dieser Zeitraum war bei Eintritt der Unmöglichkeit verstrichen. Eine Anpassung des Bescheides vom 13. Oktober 2000 über die Bewilligung des Freijahrs war bis zum Ende des darin vorgesehen Zeitraums, also bis zum 31. Juli 2003, nicht erfolgt.

2. Dagegen ist der Senat mit dem Verwaltungsgericht der Auffassung, dass der Klägerin ein Anspruch auf Nachzahlung weiterer Dienstbezüge für den von der Freijahrsregelung umfassten Zeitraum (1. August 2000 bis 31. Juli 2003) auf Grundlage einer Vollzeitbeschäftigung nicht zusteht.

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Teilzeitbezügen ist der bestandskräftige Bescheid über die Gewährung der Teilzeitbeschäftigung im Sinne der Freijahrsregelung vom 13. Oktober 2000. Eine Rücknahme bzw. ein Widerruf dieses Bescheids dahingehend, dass die Klägerin für diesen Zeitraum vollzeitbeschäftigt gewesen wäre, ist nicht erfolgt. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die Nachzahlung weiterer Dienstbezüge nach § 8 a Abs. 4 Satz 4 Nds. ArbZVO. Danach werden im Falle der Unmöglichkeit einer Arbeitszeitverkürzung die anteiligen Dienstbezüge nachgezahlt. Diese Voraussetzungen liegen hier deshalb nicht vor, weil - wie schon oben dargelegt - die Freijahrsregelung bereits vollständig mit Ablauf des 31. Juli 2003 durchgeführt worden und eine Unmöglichkeit der Verlängerung der Ansparphase erst nach der Durchführung des Freijahrs durch die dauernde Dienstunfähigkeit des Klägerin eingetreten war. Dem Vortrag der Klägerin, die einem Dienstantritt zum 1. August 2003 entgegenstehende Dienstunfähigkeit, die zur Versetzung in den Ruhestand geführt habe, habe bereits zu Beginn des Freijahrs die Durchführung i.S.d. Bestimmungen des § 8 a Absatz 4 Nds. ArbZVO unmöglich gemacht, weshalb ihr unter rückwirkender Änderung mangels einer Möglichkeit eines Ausgleichs durch Arbeitszeitverkürzung die anteiligen Dienstbezüge nachzuzahlen seien, folgt der Senat mit dem Verwaltungsgericht nicht. Die Klägerin war während des in Anspruch genommenen Freijahrs vom 1. August 2002 bis zum 31. Juli 2003 dienstfähig und deshalb in der Lage, die Freijahrsregelung vollständig durchzuführen. Der Amtsarzt hat ausweislich des Schreibens der Bezirksregierung Weser-Ems vom 21. Juni 2002 in seinem Gutachten vom 17. Juni 2002 aufgrund einer Untersuchung vom 12. Juni 2002 und damit unmittelbar vor Beginn des Freijahrs am 1. August 2002 festgestellt, dass die Klägerin dienstfähig war. Das Ergebnis dieses amtsärztlichen Gutachtens hat die Klägerin in ihrem Schreiben vom 16. Juni 2002 akzeptiert, in dem sie der Bezirksregierung Weser-Ems mitgeteilt hat, das geplante Freijahr in Anspruch nehmen zu wollen. Dass sie während des Freijahrs dienstunfähig gewesen wäre, hat sie in diesem Zeitraum weder gegenüber ihrem Dienstherrn angezeigt noch hat sie ärztliche Atteste über eine Dienstunfähigkeit während des Freijahrs vorgelegt, obwohl ihr die Bedeutung dieses Umstands jedenfalls aufgrund des Bescheids vom 13. Oktober 2000 wie auch der Mitteilung vom 10. Juli 2002 bekannt war. Der Dienstfähigkeit der Klägerin während des Freijahrs steht schließlich nicht entgegen, dass sechs Monate nach Ablauf des Freijahrs auf Grundlage des amtsärztlichen Gutachtens vom 6. Januar 2004 ihre Dienstunfähigkeit festgestellt worden ist. Denn dem amtsärztlichen Gutachten vom 6. Januar 2004 kommt keine rückwirkende Bedeutung für den Zeitraum des Freijahrs zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO, § 193 NBG liegen nicht vor. Anhaltspunkte für eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sind nicht gegeben, sondern die Beurteilung der Sache hängt allein von der Würdigung des konkreten Einzelfalls der Klägerin ab. Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 52.194,87 EUR festgesetzt.

Gründe

Mit dem Klagantrag zu 1. begehrt die Klägerin die Aufhebung des Bescheides über die Verlängerung der Ansparphase vom 8. April 2002 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2004. Der Streitwert für diesen Klagantrag ist gemäß § 52 Abs. 1 GKG in Anlehnung an die für den Zeitraum der Verlängerung zu viel gezahlten Bezüge in Höhe von 3.892,62 EUR zu bemessen (siehe Aufstellung des NLBV vom 30. Juni 2005 Bl. 64 GA).

Mit dem Klagantrag zu 2. begehrt die Klägerin von der Beklagten die Zahlung von Bezügen in Höhe von 48.302,25 EUR (vgl. Bl. 68 GA). Zwar beliefe sich diese Forderung nach den Berechnungen des NLBV vom 30. Juni 2005 (Bl. 64 GA) nur auf 48.095,26 EUR. Maßgeblich ist insoweit jedoch der im Berufungsverfahren gestellte Antrag (§ 47 Abs. 1 GKG und § 52 Abs. 3 GKG).

Hierbei handelt es sich um zwei Streitgegenstände, deren Werte gemäß § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen sind (3.892,62 EUR + 48.302,25 EUR = 52.194,87 EUR).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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