Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 21.07.2008
Aktenzeichen: 5 ME 152/08
Rechtsgebiete: GG, NBG, PolNLVO


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 2
NBG § 30 S. 1
NBG § 7 Abs. 1 Nr. 5
NBG § 8 Abs. 1
PolNLVO § 19
PolNLVO § 29 Abs. 2
1. Zur Ernennungszuständigkeit im Falle des Aufstiegs in die nächsthöhere Laufbahn.

2. Zur Frage, ob der Zugang zum Eingangsamt einer höheren Laufbahn von der Art und Weise der Erlangung der Laufbahnbefähigung abhängig gemacht werden darf.

3. Die Auswahl der Bewerber für einen das Eingangsamt der nächsthöheren Laufbahn betreffenden Dienstposten hat sich allein am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG zu orientieren.


Gründe:

Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, aber unbegründet.

Die dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO), auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, rechtfertigen eine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses nicht.

Der Hinweis des Antragsgegners, dass der Antragsteller eine Ernennung zum Polizeirat unter gleichzeitiger Einweisung in eine entsprechende Planstelle nicht beanspruchen könne, führt nicht zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung, da das Verwaltungsgericht in der streitgegenständlichen einstweiligen Anordnung den Antragsgegner zu einer Ernennung nicht vorläufig verpflichtet hat.

Eine Änderung des angefochtenen Beschlusses und die Ablehnung des Antrags auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sind auch nicht wegen der fehlenden Ernennungszuständigkeit des Antragsgegners geboten. Zwar wäre die Einweisung in eine Planstelle des Eingangsamtes der Laufbahn des höheren Polizeivollzugsdienstes mit einer Änderung des Amtes des Antragstellers im statusrechtlichen Sinne verbunden, die einer Ernennung nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 NBG bedürfte, für die nach dem Beschluss der Landesregierung vom 30. November 2004 (Nds. MBL S. 860 f.), dem Gem. Runderlass des MI, der StK und der übrigen Ministerien vom 11. Juni 2007 (Nds. MBl. S. 457 ff.) sowie dem Runderlass des MI vom 26. September 2007 (Nds. MBl. 1177) die nachgeordneten Behörden zuständig sind. Im vorliegenden Falle hat aber der Antragsgegner durch seinen Bescheid vom 31. Januar 2008 im Außenverhältnis zu dem Antragsteller eine Kompetenz für die Entscheidung über dessen Bewerbung in Anspruch genommen und zudem ausdrücklich die ihm mögliche Untersagung der Ernennung u. a. des Beigeladenen abgelehnt. Damit hat er selbst die Auseinandersetzung um den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers und dessen Sicherung auf die Ebene seiner Zuständigkeiten getragen und kann sich deshalb nicht mit Erfolg dagegen verwahren - kraft Sachnähe und nur soweit seine Einflussmöglichkeiten reichen - im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes selbst in Anspruch genommen zu werden.

Der Senat teilt nicht die Auffassung des Antragsgegners, wonach der Antragsteller allenfalls eine Ausschreibung des noch freigehaltenen Dienstpostens verlangen könne, die aber keinen Sinn mache, weil der Antragsteller dessen Anforderungsprofil - eine aufgrund einer universitären Prüfung erworbene Laufbahnbefähigung - nicht erfülle, und es sich bei diesem Anforderungsprofil um ein zulässiges Kriterium handele.

Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom 7. September 2007 dem Antragsteller mitgeteilt, dass dieser aufgrund seiner vom Ministerium des Innern des Landes Sachsen-Anhalt am 16. Februar 1993 festgestellten Laufbahnbefähigung für den höheren Dienst ebenso die Laufbahnbefähigung für den höheren Polizeivollzugsdienst des Landes Niedersachsen besitzt. Dieser Befähigungsnachweis wird durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützt und verleiht dem Antragsteller das Recht, entsprechend seiner Qualifikation bei der Besetzung öffentlicher Ämter berücksichtigt zu werden (ebenso für einen nur vorläufig zur Prüfung zugelassenen Aufstiegsbeamten, der die Aufstiegsprüfung bestanden hat: BVerwG, Urt. v. 12.4.2001 - BVerwG 2 C 16.00 -, BVerwGE 114, 149 <152>). Zwar steht dieses Recht nicht schlechthin der Möglichkeit entgegen, den Antragsteller durch die Kriterien eines sogenannten konstitutiven Anforderungsprofils von der näheren Berücksichtigung bei der Besetzung einer Stelle auszuschließen, für die er die Laufbahnbefähigung besitzt. Ungeachtet der Frage, ob ein solches Anforderungsprofil im vorliegenden Falle überhaupt hinreichend frühzeitig und konkret aufgestellt worden ist, könnte es jedoch nur insoweit zulässig sein, als es nicht dazu führt, dass die dem Antragsteller gemäß § 29 Abs. 2 PolNLVO zugesprochene Laufbahnbefähigung völlig substanzlos wird. Denn es steht dem Antragsgegner nicht zu, auf der Ebene seines Organisationsermessens Regelungen zu treffen, die eine derart generalisierende Ausschlusswirkung haben, dass sie bei objektiver Betrachtung auf eine Korrektur des Verordnungsgebers hinauslaufen. Überwiegendes spricht dafür, dass die hier vorgenommene Differenzierung nach der Art des Erwerbs der Laufbahnbefähigung den Verordnungsgeber unzulässig korrigiert. Denn indem sie bereits auf das Eingangsamt der Laufbahn bezogen wird, wirkt sie wie eine weitere generelle Mindestvoraussetzung für den Zugang zu ihr. Da diese Mindestvoraussetzung allen Ämtern der Laufbahn eigen sein müsste, lässt sie sich auch nicht mit Besonderheiten der zu besetzenden Stelle rechtfertigen. Dies deutet entschieden darauf hin, dass es objektiv einen Fehlgebrauch der Rechtsfigur des Anforderungsprofils darstellt, den Zugang zum Eingangsamt einer Laufbahn von der Art und Weise der Erlangung der Laufbahnbefähigung abhängig zu machen. Ist dies jedoch unzulässig, wäre die Bewerbung des Antragstellers allein nach den gesetzlichen Vorschriften zu bescheiden gewesen.

Nach § 30 Satz 1 NBG ist der Aufstieg in die nächsthöhere Laufbahn derselben Fachrichtungen auch ohne Erfüllung der Eingangsvoraussetzungen für diese Laufbahn (§§ 24 - 26 NBG) möglich. Dabei sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 NBG die Auslese und die Ernennung (hier gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 5 NBG) der Bewerber und Beamten nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen. Demzufolge hat sich die Auswahl der Bewerber für einen das Eingangsamt der nächsthöheren Laufbahn betreffenden Dienstposten allein am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG zu orientieren. Hierbei ist es dem Dienstherrn verwehrt, schematisch hinsichtlich der Art der erworbenen Laufbahnbefähigung - hier nach § 19 PolNLVO einerseits und nach § 29 PolNLVO andererseits - zu differenzieren; er hat vielmehr unter Berücksichtigung aktueller Beurteilungen eine Auswahl nach dem Maßstab der Bestenauslese vorzunehmen, die die sich aus dem Werdegang des Antragstellers ergebenden Stärken den Qualitäten seines Konkurrenten wertend gegenüberstellt. Soweit sich aus der Art der Erlangung der Laufbahnbefähigung konkrete Schwächen in Bezug auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Antragstellers ergeben sollten, muss der Dienstherr vor diesen allerdings das Auge nicht verschließen. Insoweit kommt es dann darauf an, in welchen Umfang der Antragsteller derartige Defizite durch andere Vorzüge auszugleichen vermag.

Demgegenüber kann sich der Antragsgegner nicht auf die Rechtsprechung des Senats berufen, wonach dem Dienstherrn kraft seiner weiten personalpolitischen Organisationsgewalt die Befugnis zusteht, den Bewerberkreis zu beschränken, indem er als Kriterium des Anforderungsprofils eine durch Prüfung erworbene Laufbahnbefähigung von den Bewerbern verlangt (vgl.: beschließender Senat, Beschl. v. 28.09.2006 - 5 ME 229/06 -; Urt. v. 24.04.2007 - 5 LC 207/06 -; Beschl. v. 31.03.2008 - 5 LC 42/07 -). Diese Rechtsprechung bezieht sich allein auf die zulässige Beschränkung des Bewerberkreises um einen Beförderungsdienstposten. Sie kann aus den dargelegten Gründen nicht ohne weiteres auf die Besetzung eines Dienstpostens im Eingangsamt der nächsthöheren Laufbahn übertragen werden.

Der Antragsgegner vermag eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers auch nicht mit der Begründung erfolgreich auszuschließen, dass ein unmittelbarer Vergleich des Antragstellers mit dem Beigeladenen am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG nicht zu einer Auswahl des Antragstellers für den freigehaltenen Dienstposten führen würde. Die §§ 1 Abs. 1 NVwVfG, 45 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 VwVfG lassen es nicht zu, eine solche Begründung in dem Sinne nachzuschieben, dass die von dem Dienstherrn tatsächlich angestellten Erwägungen im Nachhinein korrigiert und durch neue oder andere Erwägungen ersetzt oder ausgewechselt werden. Im Wege der Ergänzung nach § 114 Satz 2 VwGO kann die nachträgliche Begründung nicht in beachtlicher Weise in das gerichtliche Verfahren eingeführt werden, weil das Wesen der ursprünglichen Auswahlentscheidung dadurch verändert würde, dass sie der Dienstherr gleichsam mit einem neuen argumentativen Unterbau versieht (vgl.: Nds. OVG, Beschl. v. 30.1.2008 - 5 ME 235/07 -; Beschl. v. 16.5.2007 - 5 ME 116/07 -, zitiert nach juris; Beschl. v. 14.01.2008 - 5 ME 317/07 -, m. N.)

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst, da er einen Antrag nicht gestellt und er sich damit einem Kostenrisiko nicht ausgesetzt hat, sodass dessen Kosten aus Billigkeitsgründen nicht dem unterliegenden Beteiligten aufzuerlegen sind.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG und entspricht in ihrer Höhe der Hälfte desjenigen Betrages, der gemäß den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 GKG in einem Hauptsacheverfahren maßgeblich wäre. Der Streitwert beläuft sich daher auf 3,25 x (4.038,20 EUR <Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 13> + 73,36 EUR <Allg. Stellenzulage nach Vorbemerkungen Nr. 27 BBesO A und B>) = 13.362,57 EUR.

Ende der Entscheidung

Zurück