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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 18.10.2006
Aktenzeichen: 5 ME 232/06
Rechtsgebiete: GG, NBG, VwGO
Vorschriften:
GG Art. 30 II | |
NBG § 8 | |
NBG § 80 b | |
VwGO § 123 I 1 | |
VwGO § 146 IV |
Gründe:
I.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag des Antragstellers, der sich ab dem 1. November 2006 in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befinden und mit Ablauf des 30. April 2011 in den Ruhestand treten wird, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, eine der in der niedersächsischen Rechtspflege vom 15. Februar 2006 (S. 42) ausgeschriebenen beiden Stellen eines Justizamtsrates bei Gerichten im Landgerichtsbezirk C. dem Beigeladenen zu übertragen und diesem eine entsprechende Ernennungsurkunde auszuhändigen, bevor nicht über seine - des Antragstellers - Klage gegen den Ablehnungsbescheid vom 26. Juni 2006 rechtskräftig entschieden ist, abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die angefochtene Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers durch den Bescheid vom 26. Juni 2006 genüge den sich aus dem Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG, § 7 BRRG und § 8 Abs. 1 NBG) ergebenden Anforderungen und sei deshalb rechtlich nicht zu beanstanden. Der Antragsgegner habe die Nichtberücksichtigung des Antragstellers in erster Linie damit begründet, dass dieser sich ab 1. November 2006 in der sogenannten Freistellungsphase seiner Alterszeit befinde und damit den Beförderungsposten maximal drei Monate ausüben würde. Allein aus diesem Grund habe seine Bewerbung keinen Erfolg haben können. Diese Erwägungen seien rechtlich nicht zu beanstanden. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg habe in seinem Beschluss vom 29. September 2005 (- 5 ME 203/05 -, NordÖR 205, 535 = NVwZ-RR 2006, 492) bestätigt, dass die Beförderung eines sich in der Freistellungsphase und damit de facto im Ruhestand befindlichen Beamten rechtsmissbräuchlich wäre und die darauf gestützte Ablehnung eines solchen Bewerbers im Einklang mit der Rechtslage stehe. Dies gelte entsprechend für den hier zu beurteilenden Fall, in dem der Antragsteller im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung am 2. Juni 2006 selbst bei einer Ernennung noch im Juli 2006 nur noch maximal 3 1/2 Monate das künftige Amt hätte wahrnehmen können. Der Antragsteller habe damit bereits im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung die erforderliche Eignung nicht besessen, weil festgestanden habe, dass er das angestrebte Amt nicht mehr für eine angemessene Zeit ausüben würde. Eine Feststellung, was noch eine "angemessene Zeit" wäre, bedürfe es in dem hier zu beurteilenden Fall nicht. Die Wahrnehmung des Dienstpostens für weniger als ein Drittel eines Jahres sei auf jeden Fall keine angemessene Zeit. Eine Berücksichtigung des Antragstellers bei der Bewerberauswahl würde als rechtsmissbräuchlich erscheinen. Im Hinblick auf diese Rechtslage könne offen bleiben, ob die Auswahlentscheidung angesichts dessen, dass der Antragsteller bei dem Leistungsmerkmal "schriftlicher Ausdruck" sowohl in der aktuellen als auch in der dieser vorausgegangenen Beurteilung um eine Stufe besser als der Beigeladene beurteilt worden sei und er die Notenstufe "sehr gut (oberer Bereich)" bereits für den Zeitraum ab 12. Dezember 2000 erhalten habe, während dem Beigeladenen diese Note erst ab dem 7. August 2001 erteilt worden sei, im Verhältnis zum Beigeladenen auch nach Leistungsgesichtspunkten ermessensfehlerfrei wäre.
Zur Begründung der gegen diesen ihm am 11. August 2006 zugestellten Beschluss am 16. desselben Monats erhobenen und begründeten Beschwerde macht der Antragsteller geltend: Mit dem durch den Beschluss des beschließenden Senats vom 29. September 2005 (- 5 ME 203/05 -, NVwZ-RR 2006, 492) entschiedenen Fall, auf den sich das Verwaltungsgericht berufe, sei der hier zu beurteilende Fall nicht vergleichbar. Denn er - der Antragsteller - könne das angestrebte Amt noch 3 1/2 Monate ausüben, während der Antragsteller des entschiedenen Falls seine Beförderung während der Freistellungsphase erstrebt habe. Er - der Antragsteller - befände sich nach wie vor im aktiven Beamtendienst. Die Ablehnung seiner Beförderung unter Hinweis auf die ihm gewährte Teilzeitbeschäftigung führe zu einem unzulässigen Beförderungsverbot, für das eine gesetzliche Grundlage nicht bestehe und außerdem zu einer gravierenden Ungleichbehandlung gegenüber den teilzeitbeschäftigten Beamten, denen bis zum Eintritt in den Ruhestand Teilzeit in gleichem Umfang aber ohne Freistellung gewährt worden sei. Es sei bisher nicht entschieden, welcher Zeitraum als eine angemessene Zeit der erwarteten Wahrnehmung des Beförderungsamtes angesehen werden könne; eine 3 1/2 monatige Wahrnehmung der Aufgaben des angestrebten Amtes eines Justizamtsrates müssten als ausreichend angesehen werden. Das gelte insbesondere deswegen, weil er niemals einen Hinweis darauf erhalten habe, dass die ihm bewilligte Teilzeitbeschäftigung einer Beförderung entgegenstehen könne, und er unter Berücksichtigung der Leistungsentwicklung und der besseren Beurteilung des Einzelmerkmals "schriftlicher Ausdruck" in der zuletzt erteilten dienstlichen Beurteilung gegenüber dem Beigeladenen qualifizierter sei.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluss zu ändern und nach dem im ersten Rechtszug gestellten Antrag zu erkennen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung verteidigt er den angefochtenen Beschluss und macht darüber hinaus geltend: Der Umstand, dass der Antragsteller das angestrebte Amt lediglich 3 1/2 Monate wahrnehmen könne, führe zu einer Eignungseinschränkung die die Ablehnung seiner Bewerbung rechtfertige. Eine Teilzeitbewilligung ohne Freistellung sei mit einer Teilzeitbewilligung mit Freistellungsphase nicht vergleichbar. Deshalb könne sich der Antragsteller auf eine Ungleichbehandlung nicht berufen. Eine Hinweispflicht auf die Auswirkungen einer Teilzeitbewilligung auf Beförderungsentscheidungen bestehe nicht. Bei einer genaueren Analyse der Leistungsentwicklung und der dienstlichen Beurteilungen müsse von einer gleichen Eignung des Antragstellers und des Beigeladenen ausgegangen werden und rechtfertige deshalb die Schwerbehinderung des Beigeladenen dessen Auswahl auch unabhängig davon, dass dieser für die Wahrnehmung des angestrebten Amtes uneingeschränkt zur Verfügung stehe, während der Antragsteller lediglich 3 1/2 Monate das angestrebte Amt wahrnehmen würde.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Beteiligten wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze, hinsichtlich des Sachverhalts im Übrigen auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsvorgänge (Beiakten A bis E) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Aus den nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfenden dargelegten Gründen der Beschwerde ergibt sich nicht, dass die Ablehnung der begehrten einstweiligen Anordnung durch den angefochtenen Beschluss nicht gerechtfertigt ist.
Zutreffend hat das Verwaltungsgericht die sich aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 8 NBG ergebenden und von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, die mit der Beschwerde nicht in Frage gestellt werden, der Beurteilung der hier umstrittenen Auswahlentscheidung zugrunde gelegt. Dabei ist das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung der Entscheidung des beschließenden Senats vom 29. September 2005 (- 5 ME 203/05 -, NVwZ-RR 2006, 492 = NordÖR 2005, 535) zu Recht davon ausgegangen, dass sich aus der Bewilligung der Teilzeit für den Antragsteller eine Eignungseinschränkung gegenüber dem Beigeladenen ergibt, die die Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers rechtfertigt.
Die Beschwerde weist zwar zutreffend darauf hin, dass der Antragsteller - im Gegensatz zu dem durch den genannten Beschluss entschiedenen Fall, in dem eine Beförderung während der Freistellungsphase erstrebt wurde, das angestrebte Amt noch 3 1/2 Monate bis zum Beginn der Freistellungsphase ausüben würde, jedoch ergibt sich auch hieraus eine die Ablehnung seiner Bewerbung rechtfertigende Eignungseinschränkung. Denn Sinn und Zweck der Beförderung ist nicht vorrangig die Belohnung der von dem Beamten in der Vergangenheit erbrachten Leistungen, sondern die erfolgreiche Wahrnehmung des neuen angestrebten Beförderungsamtes. Ziel der Neubesetzung ist es, eine funktionsgerechte Wahrnehmung des Amtes möglichst auf Dauer zu gewährleisten. Dies setzt voraus, dass der Amtsinhaber das Amt für eine angemessene Zeit ausüben wird. Deshalb besitzt ein Beamter die für das Beförderungsamt erforderliche Eignung nicht, wenn feststeht, dass er das Amt nicht für eine angemessene Zeit ausüben wird (vgl.: BVerwG, Urt. v. 29.08.1996 - 2 C 23.95 -, BVerwGE 102, 33, 35; OVG Lüneburg, Beschl. v. 29.09.2005 - 5 ME 2003/05 -, NVwZ-RR 2006, 492 m.w.N.; Plog/Wiedow/Lehmhöfer, BBG-Kommentar, Loseblattsammlung, Stand: September 2006, RdNr. 24 zu § 72 b). Angesichts der Komplexität der mit dem angestrebten Amt eines Justizamtsrates verbundenen Aufgaben erscheint die von dem Antragsteller angestrebte Ausübung des Amtes lediglich bis zum Ablauf des 31. Oktober 2006 zu gering, um diesen Zeitraum als eine angemessene Zeit der Amtsausübung zu bewerten. Das gilt selbst dann, wenn man eine mögliche Ernennung im Juli 2006 zugrunde legte und von einer 3 1/2 monatigen Amtsausübung ausginge. Denn dies würde eine Neubesetzung bereits zum 1. November 2006 erforderlich machen, die mit einer vorübergehenden Vakanz für die Dauer des durchzuführenden Auswahlverfahrens und einer erneuten Einarbeitung des dann erfolgreichen Bewerbers verbunden wäre und deshalb der mit der hier umstrittenen Auswahl erstrebten funktionsgerechten, möglichst kontinuierlichen und dauerhaften Wahrnehmung des Amtes entgegenstünde. Deshalb ist auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller - anders als in dem bereits durch den Beschluss des beschließenden Senats vom 29. September 2005 (- 5 ME 203/05 -, NvWZ-RR 2006, 492) entschiedenen Fall - das angestrebte Amt noch kurze Zeit (bis zum 31.10.2006) ausüben kann oder bei Ernennung nach Abschluss des Auswahlverfahrens im Juli 2006 3 1/2 Monate hätte ausüben können, die Annahme gerechtfertigt, dass der Antragsteller die erforderliche Eignung für das angestrebte Beförderungsamt nicht besitzt, die Ablehnung seiner Bewerbung ist deshalb gerichtlich nicht zu beanstanden.
Aber selbst wenn - entgegen der hier vertretenen Auffassung - ein Fehlen der Eignung des Antragstellers für das angestrebte Beförderungsamt verneint würde, ergäbe sich aus dem Umstand, dass der Antragsteller das angestrebte Amt nur kurze Zeit ausüben würde, eine Eignungseinschränkung, die im Hinblick auf die von dem Antragsgegner im Übrigen der Auswahlentscheidung zugrunde gelegten Bewertungen von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung des Antragstellers und des Beigeladenen die Auswahl des Beigeladenen rechtfertigen würde. Die dem Antragsteller und dem Beigeladenen zuletzt erteilten dienstlichen Beurteilungen weisen dasselbe Gesamturteil "sehr gut (oberer Bereich)" auf und weisen bei Beurteilung der neun Einzelmerkmale lediglich bei dem Einzelmerkmal "Ausdruck schriftlich" eine um eine Stufe bessere Bewertung des Antragstellers aus. Die Leistungsentwicklung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie in einem jüngeren Bewertungszeitraum für den Antragsteller und in einem etwas weiter zurückliegenden Bewertungszeitraum für den Beigeladenen günstigere Bewertungen aufweist. Daraus ergeben sich auch aus Sicht des Antragstellers nur geringfügige Unterschiede hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung beider Bewerber. Demgegenüber ist der Umstand, dass der 1953 geborene Beigeladene zeitlich uneingeschränkt für das angestrebte Amt zur Verfügung steht, im Hinblick auf die zeitlich nur sehr eingeschränkt mögliche Wahrnehmung des angestrebten Amtes durch den Antragsteller geeignet, einen Eignungsvorsprung des Beigeladenen anzunehmen, der dessen Auswahl rechtfertigt.
Eine Verletzung des Gleichheitssatzes durch die umstrittene Auswahlentscheidung wird mit der Beschwerde zu Unrecht gerügt. Denn aus der Bewilligung einer Teilzeitbeschäftigung mit und einer Teilzeitbeschäftigung ohne Freistellungsphase können sich sachlich gerechtfertigte Unterschiede ergeben, die auch im Rahmen des Auswahlrechts Auswirkungen haben können, und außerdem stellt sich in dem hier zu beurteilenden Fall die Frage der unterschiedlichen Behandlung beider Beamtengruppen nicht, da der Beigeladene vollzeitbeschäftigt ist.
Die Rüge des Antragstellers, er sei auf die Berücksichtigung seiner Teilzeitbeschäftigung im Rahmen des Auswahlverfahrens nicht hingewiesen worden, rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung seines Begehrens auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Denn einmal wird mit dem Beschwerdevorbringen keine Rechtsgrundlage bezeichnet, aus der sich eine solche Hinweispflicht ergäbe, und zum anderen würde selbst die Verletzung einer solchen Hinweispflicht nicht zur Rechtswidrigkeit der angegriffenen Auswahlentscheidung, sondern allenfalls zu Schadensersatzverpflichtungen führen können.
Die Kosten des danach erfolglosen Beschwerdeverfahrens hat nach § 154 Abs. 2 VwGO der Antragsteller zu tragen. Der Ausspruch zur Erstattungsfähigkeit der Kosten des Beigeladenen ergibt sich aus § 162 Abs. 3 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 5 Sätze 2 und 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Ende der Entscheidung
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