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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.05.2006
Aktenzeichen: 5 ME 31/06
Rechtsgebiete: BRRG, GG, NBG, NdsRiG, NdsVerf


Vorschriften:

BRRG § 123
GG Art. 2 I
GG Art. 12 I
GG Art. 20 III
GG Art. 33 II
NBG § 33 II
NdsRiG § 1a
NdsVerf § 38 II
Der Dienstherr unterliegt der Bindung an den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn er eine Organisationsgrundentscheidung darüber trifft, ob er auch Versetzungsbewerber aus einem anderen Bundesland in den Kreis derjenigen Bewerber einbezieht, unter denen er eine Auswahl allein nach dem Maßstab der Bestenauslese vornimmt.
Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz dagegen, dass die Antragsgegnerin beabsichtigt, dem Beigeladenen die Stelle des Präsidenten des Verwaltungsgerichts bei dem Verwaltungsgericht C. (BesGr R 3) zu übertragen. Auf diese Stelle bewarben sich u. a. der Antragsteller als Präsident des Verwaltungsgerichts D. (BesGr R 3) und der Beigeladene, der E. ist. Der Antragsteller erhielt eine Anlassbeurteilung, die mit dem nach den einschlägigen F. Richtlinien bestmöglichem Gesamturteil abschließt und in der seine Eignung für das angestrebte Amt als optimal eingeschätzt wird. Die Anlassbeurteilung des Beigeladenen endet mit dem nach den niedersächsischen Richtlinien zweitbesten Gesamturteil, und seine Eignung für das umstrittene Amt wurde mit dem drittbesten der möglichen Gesamturteile gekennzeichnet.

Anfang des Jahres 2004 führte der Staatssekretär des Niedersächsischen Justizministeriums mit dem Antragsteller ein Telefongespräch, das zum einen eine mögliche Bewerbung der Ehefrau des Antragstellers auf die Position der G. und zum anderen eine denkbare Bewerbung des Antragstellers um die hier umstrittene Stelle zum Gegenstand hatte. Einzelheiten der Unterredung sind streitig.

Unter dem 2. September 2004 veranlasste das Niedersächsische Justizministerium eine Ausschreibung der Präsidentenstelle bei dem Verwaltungsgericht C., in der wegen der Einzelheiten auf die AV vom 16. Juni 1993 (Nds.Rpfl. S. 229) verwiesen wurde.

Am 5. Oktober 2005 zeichneten der Staatssekretär im Niedersächsischen Justizministerium und die Ministerin eine Kabinettsvorlage, in der der Antragsgegnerin die Ernennung des Beigeladenen zum Präsidenten des Verwaltungsgerichts C. vorgeschlagen wurde. In der Begründung des Vorschlags hieß es, dass der Antragsteller zurücktreten müsse. Aus personalwirtschaftlichen Gründen seien in die engere Auswahlentscheidung nur niedersächsische Bewerber genommen worden.

Am 25. Oktober 2005 beschloss die Antragsgegnerin die Ernennung des Beigeladenen.

Mit Bescheid vom 2. November 2005 unterrichtete das Niedersächsische Justizministerium den Antragsteller und teilte ihm im Wesentlichen mit, das die Auswahlentscheidung aus personalwirtschaftlichen Gründen auf niedersächsische Bewerber zu beschränken gewesen sei.

Am 22. November 2005 hat der Antragsteller bei dem Verwaltungsgericht Hannover um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht.

In dem erstinstanzlichen Verfahren hat er eine eigene eidesstattliche Versicherung vom 17. November 2005 vorgelegt. Die Antragsgegnerin hat eine dienstliche Erklärung des Staatssekretärs vom 28. November 2005 zu den Gerichtsakten gereicht. Beide Dokumente haben u.a. den Inhalt des im Jahre 2004 geführten Telefongesprächs zum Gegenstand.

Mit Beschluss vom 16. Januar 2006 hat das Verwaltungsgericht das auf die vorläufige Untersagung der Stellenbesetzung gerichteten Rechtsschutzbegehren des Antragstellers abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Als Versetzungsbewerber stehe dem Antragsteller grundsätzlich ein Bewerbungsverfahrensanspruch gem. Art. 33 Abs. 2 GG nicht zu. Er könne deshalb die Verletzung des Prinzips der Bestenauslese nur dann mit Erfolg rügen, wenn sich eine Verpflichtung zur Auswahl nach dem Leistungsgrundsatz aus dem Gesetz ergebe oder sich der Dienstherr selbst verbindlich auf dieses Kriterium festgelegt habe. Eine gesetzliche Pflicht zur Auswahl nach Leistungsgrundsätzen ergebe sich im vorliegenden Fall nicht aus § 1 a Nds. RiG. Für den Fall, dass ein Versetzungsbewerber aus H. und ein Beförderungsbewerber aus Niedersachsen zur Auswahl stünden, sei nämlich der zu beachtende gesetzliche Rahmen auch durch das nach den §§ 123 Abs. 1 und 2 BRRG, 4 Abs. 1 Nds. RiG und 32 NBG bestehende Ermessen der Antragsgegnerin bestimmt, ihr Einverständnis mit der von dem Antragsteller erstrebten Versetzung zu erklären sowie durch das in der Organisationshoheit der Antragsgegnerin begründete Wahlrecht zwischen Versetzung und Beförderung. Die Personal- und Organisationshoheit des Landes Niedersachsen würden jedoch in einer eine wirksame Personalentwicklung und -wirtschaft erschwerenden Weise eingeschränkt, wäre eine Auswahlentscheidung ausnahmslos nach Leistungsgesichtspunkten unter Einbeziehung von Versetzungsbewerbern anderer Bundesländer vorzunehmen. Die Antragsgegnerin habe sich auch nicht im Wege einer Selbstbindung ihres Ermessens darauf festgelegt, im vorliegenden Falle nach dem Leistungsgrundsatz auszuwählen. Selbst wenn die Behauptung des Antragstellers zutreffen sollte, dass er sich auf eine Aufforderung des Staatssekretärs beworben habe, so beinhalte eine derartige Aufforderung nicht die Zusage, dass ausschließlich nach Leistungsgrundsätzen ausgewählt werde. Für eine solche Zusage wäre der Staatssekretär zudem nicht zuständig gewesen. Zwar habe das Niedersächsische Justizministerium durch die Einholung von Anlassbeurteilungen und die Verwaltungspraxis in vorangegangenen Auswahlverfahren bei dem Antragsteller die Hoffnung erweckt, dass die Entscheidung auch in seinem Fall nach Leistungsgesichtspunkten getroffen werde. Eine verbindliche Festlegung sei darin jedoch nicht zu sehen, weil die Antragsgegnerin erst aufgrund der eingeholten Anlassbeurteilungen in der Lage gewesen sei zu prüfen, welche Bewerber mit welcher Eignung vorhanden gewesen seien. Selbst wenn zugunsten des Antragstellers unterstellt werde, dass das Niedersächsische Justizministerium das Auswahlwahlverfahren mit dem Ziel der Bestenauslese einleitete, sei wegen fehlender verbindlicher Festlegung auf dieses Auswahlkriterium die für die Personalentscheidung zuständige Antragsgegnerin nicht gehindert gewesen, das Auswahlverfahren auch nachträglich auf landeseigene Bewerber zu begrenzen. Das ihr insoweit obliegende Stellenbewirtschaftungsermessen diene grundsätzlich allein dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben und sei nur dann rechtsfehlerhaft ausgeübt, wenn die Entscheidung nicht auf sachlichen Gründen beruhe und sich willkürlich oder als Manipulation zu Lasten des Betroffenen erweise. Derart lasse sich jedoch die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin nicht bewerten. Der Antragsgegnerin obliege gegenüber dem Antragsteller keine Fürsorgepflicht. Das personalpolitische Ziel, höherwertige Dienstposten grundsätzlich nur mit landeseigenen Bewerbern zu besetzen, wenn solche mit der erforderlichen Qualifikation vorhanden seien, stelle einen ermessensfehlerfreien Grund für die Ablehnung des Einverständnisses mit einer länderübergreifenden Versetzung dar. Da dieses Einverständnis aus allen Gründen versagt werden könne, die die Ablehnung einer Einstellung rechtfertigen würden, sei die Antragsgegnerin nicht verpflichtet gewesen, in ihre Ermessensentscheidung einfließen zu lassen, dass der Antragsteller für den umstrittenen Dienstposten außerordentlich qualifiziert sei. Es könne auch nicht als unbillig und treuwidrig angesehen werden, dass er nicht berücksichtigt worden sei, weil Leistungsgesichtspunkte außer Acht gelassen wurden.

Nach Zustellung der erstinstanzlichen Entscheidung am 19. Januar 2006 hat der Antragsteller am 31. Januar 2006 Beschwerde eingelegt und dieses Rechtsmittel am Montag, dem 20. Februar 2006, begründet.

Er macht im Wesentlichen Folgendes geltend: Bereits aus § 1 a Nds. RiG ergebe sich, dass eine Auswahl nach Leistungsgesichtspunkten erforderlich gewesen wäre. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bestehe nicht die Gefahr einer übermäßigen Einschränkung der Personal- und Organisationshoheit des Landes Niedersachsen, da eine beschränkte Ausschreibung und ein Einstellungsstopp möglich blieben. Zu Unrecht sei die Vorinstanz davon ausgegangen, dass das Niedersächsische Justizministerium das Auswahlverfahren nachträglich auf landeseigene Bewerber habe begrenzen dürfen. Habe der Dienstherr sich im Wege einer Organisationsgrundentscheidung verbindlich darauf festgelegt, auch im Falle einer Konkurrenz zwischen Beförderungs- und Versetzungsbewerber den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten, so könne er ein unter diesen Bedingungen in Gang gesetztes Auswahlverfahren nachträglichen Einschränkungen nur aus Gründen unterwerfen, die den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG gerecht würden. Im vorliegenden Falle liege es auf der Hand, dass das Niedersächsische Justizministerium ihn, den Antragsteller, zunächst in das Verfahren einbezogen habe. Dafür spreche bereits die unterschiedlose Ausschreibung für Beförderungs- und Versetzungsbewerber in Anwendung der Verwaltungsvorschrift vom 16. Juni 1993, die eine Entscheidung nach dem Leistungsgrundsatz und die Vorlage einer Anlassbeurteilung vorsehe. Die Antragsgegnerin habe sich zudem dadurch gebunden, dass er, der Antragsteller, durch den Staatssekretär in einem Telefonat vom Januar 2004 ausdrücklich zur Bewerbung aufgefordert worden sei, um ihn und seine Ehefrau für einen Wechsel nach Niedersachsens zu gewinnen. In diesem Zusammenhang habe sich der Staatssekretär erkundigt, ob insoweit wegen seiner, des Antragstellers, jüngeren dienstlichen Beurteilungen oder der erforderlichen Anlassbeurteilung Probleme zu erwarten seien, angekündigt, für ihn eine Ausnahmegenehmigung von dem seinerzeit noch bestehenden Einstellungsstopp zu beantragen, und erwähnt, dass er die Angelegenheit auch bereits mit der Ministerin besprochen habe. Diese habe ihre Zustimmung erteilt. Aufgrund dieser Vorabstimmung sei ohne weiteres davon auszugehen, dass er in eine Auswahlentscheidung habe einbezogen werden sollen, und zwar in Kenntnis des seinerzeit noch geltenden Einstellungsstopps sowie des damaligen Stellenabbauprogramms für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und des Umstandes, dass er seine Bewerbung aus dem Geschäftsbereich eines anderen Landesdienstherrn abgeben würde. Die Erkundigung des Staatssekretärs nach der "Beurteilungslage" lasse zudem erkennen, dass eine Entscheidung auf der Basis des Leistungsprinzips getroffen werden sollte, da anderenfalls eine derartige Nachfrage keinen Sinn gehabt hätte. Angesichts dieser Umstände müsse die Begründung der Antragsgegnerin, dass sie ihn, den Antragsteller, aus "personalwirtschaftlichen Gründen" nicht habe auswählen können, als geradezu treuwidrig angesehen werden. Spätestens hätte man ihm nach Eingang seiner Bewerbung oder im laufenden Verfahren erklären müssen, dass man seine Bewerbung wegen seiner Zugehörigkeit zum Justizdienst des I. aus personalwirtschaftlichen Gründen nicht berücksichtigen könne. Stattdessen sei ihm während des gesamten Verfahrens der Eindruck vermittelt worden, es finde eine Auswahl nach dem Prinzip der Bestenauslese unter seiner Einbeziehung statt.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 16. Januar 2006 zum Aktenzeichen 2 B 8019/05 zu ändern und der Antragsgegnerin vorläufig bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, dem Beigeladenen die Stelle eines Präsidenten des Verwaltungsgerichts beim Verwaltungsgericht C. (Besoldungsgruppe R 3) zu übertragen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Hannover vom 16. Januar 2006 - 2 B 8019/05 - zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Entstehungsgeschichte des § 1 a Nds. RiG keinen Schluss auf die Normierung einer uneingeschränkten Anwendung des Leistungsgrundsatzes zulasse, und zwar gleich in welcher Bewerberkonstellation. Die Ausführungen des Antragstellers, die sich auf ein Gespräch im Januar 2004 mit dem Staatssekretär bezögen, seien unerheblich. Die Ausschreibung der streitbefangenen Stelle sei im September 2004 erfolgt, ihre, der Landesregierung, Entscheidung über die Besetzung datiere vom 25. Oktober 2005. Bereits diese Zeitabläufe ließen es als entbehrlich erscheinen, über die in erster Instanz vorgelegte dienstliche Äußerung des Staatssekretärs hinaus im Einzelnen auf die tatsächlichen Abläufe einzugehen. Nach dem Inhalt dieser Erklärung komme die von dem Antragsteller vorgetragene Festlegung auf eine Auswahlentscheidung nach Leistungsgesichtspunkten unter Einbeziehung aller Bewerber nicht in Betracht. Zwar sei in dem Telefonat zu Anfang des Jahres 2004 auch die zum 1. Januar 2005 frei werdende Stelle des Präsidenten des Verwaltungsgerichts C. zur Sprache gekommen, und der Staatssekretär habe zum Ausdruck gebracht, dass der Antragsteller nach der persönlichen Einschätzung des Staatssekretärs für die Position des Präsidenten des Verwaltungsgerichts C. sehr gut geeignet sei. Der Staatssekretär habe allerdings gleichzeitig auf die besondere personelle Situation in der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Niedersachsen, den Einstellungsstopp und die Notwendigkeit einer Ausnahmegenehmigung hiervon hingewiesen. Des Weiteren habe er zweifelsfrei herausgestellt, dass über die Besetzung der Stelle letztlich erst im Besetzungsverfahren, voraussichtlich Ende des Jahres 2004, zu entscheiden sein werde. Zumal der Antragsteller als Behördenleiter besondere Sachkunde über Verfahrensabläufe besitze, habe ihn der bloße Hinweis auf ein in Aussicht genommenes Besetzungsverfahren nicht zu der Annahme führen können, seine Bewerbung werde grundsätzlich Berücksichtigung finden. Entgegen der Auffassung des Antragstellers könne der Ausschreibungszeitpunkt keinesfalls maßgeblich dafür sein, ob die Bewerberauswahl allein nach Leistungsgesichtspunkten oder (nur) unter personalwirtschaftlichen Aspekten zu treffen sei. Die zugrundeliegenden tatsächlichen Voraussetzungen könnten sich nämlich zwischen dem Zeitpunkt der Ausschreibung und dem Zeitpunkt der tatsächlichen Stellenbesetzung grundlegend in die eine oder andere Richtung ändern. Personalwirtschaftliche Überlegungen könnten zum Zeitpunkt einer Stellenausschreibung eine Beschränkung auf landeseigene Bewerber nahe legen, zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Stellenbesetzung jedoch nicht (mehr) oder umgekehrt. Die Gründe für die angegriffenen Auswahlentscheidungen seien weder nachgeschoben noch widersprüchlich oder überholt. Sie beruhten vielmehr auf den zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung bestehenden tatsächlichen personalwirtschaftlichen, haushaltsrechtlichen und organisatorischen Gegebenheiten.

Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

Der Antragsteller hat die Richtigkeit seiner Angaben über das Gespräch mit dem Staatssekretär im Januar 2004 unter dem 29. Januar 2006 erneut an Eides statt versichert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Die Prüfung der durch den Antragsteller dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) ergibt, dass dem Antragsteller nicht nur ein Anordnungsgrund zur Seite steht, sondern dass er auch den nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. den §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung vorausgesetzten Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Das Auswahlverfahren ist nämlich mit erheblicher Wahrscheinlichkeit fehlerhaft und es lässt sich nicht ausschließen, dass der Antragsteller bei korrektem Vorgehen der Antragsgegnerin möglicherweise erfolgreich gewesen wäre.

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass der Antragsteller als Versetzungsbewerber aus einem anderen Bundesland, der ohne Statusveränderung auf die umstrittene Stelle versetzt werden kann, grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Auswahl nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung hat. Denn aus der Organisationshoheit des Dienstherrn folgt sein Recht, insbesondere zu wählen, ob er eine Stelle durch Beförderung oder dadurch besetzen möchte, dass er sein Einverständnis damit erklärt, dass ein Bewerber von einem anderen Dienstherrn im Geltungsbereich des Beamtenrechtsrahmengesetzes zu ihm versetzt wird (§§ 4 Abs. 1 Nds. RiG, 123 BRRG, 33 Abs. 2 NBG). Die Ausübung dieses Rechts steht im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Eine Bindung dieses Ermessens, die zur Auswahl nach dem Leistungsgrundsatz verpflichtet, kann nur angenommen werden, wenn sie sich aus dem Gesetz ergibt oder sich der Dienstherr durch Wahl und Ausgestaltung des Verfahrens zur Besetzung der vakanten Stelle selbst verbindlich darauf festgelegt hat, den Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG allein entscheidungserheblich zu beachten (BVerwG, Urt. v. 25.11.2004 - BVerwG 2 C 17.03 -, BVerwGE 122, 237 [240], Nds. OVG, Beschl. v. 17.8.2005 - 5 ME 100/05 -, Nds. Rpfl. 2005, 327, auch in: Schütz, BeamtR ES/A II 1.4 Nr. 132).

Entgegen der Auffassung des Antragstellers ergibt sich aus § 1 a Nds. RiG keine gesetzliche Verpflichtung des Dienstherrn, über die Vergabe einer Stelle an einen Versetzungsbewerber aus einem anderen Bundesland allein nach dem Grundsatz der Bestenauslese zu entscheiden. Die Frage, ob eine Stelle für einen derartigen Bewerber verwendet wird, betrifft nämlich das der Antragsgegnerin aufgrund der ihr obliegenden Organisationshoheit eingeräumte Stellenbewirtschaftungsermessen. Eine Einschränkung dieses Ermessens kann aus § 1 a Nds. RiG nicht hergeleitet werden (Nds. OVG, Beschl. v. 17.8.2005 - 5 ME 100/05 -, a. a. O.), weil der Gesetzgeber beim Erlass der Vorschrift die länderübergreifende Versetzung nicht besonders in den Blick genommen hatte. Nichts anderes darf aus dem Beschluss des Senats vom 18. Juni 1993 - 5 M 1488/93 - (OVGE 43, 472 [474]) gefolgert werden. Denn dieser Beschluss betrifft nur Fälle, in denen der Dienstherr die Besetzung der freien Richterstelle durch eine eigene Versetzung vornehmen kann. Auch die aus den Regelungen des Niedersächsischen Schulgesetzes (heute: § 48 Abs. 1 Nr. 2 NSchG) in der damaligen Entscheidung gezogenen Schlussfolgerungen lassen sich auf die vorliegende Konstellation nicht übertragen.

Ohne Erfolg macht der Antragsteller des Weiteren geltend, die Antragsgegnerin habe sich ihm gegenüber verbindlich darauf festgelegt, einer Auswahlentscheidung allein nach dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG zu treffen. Zwar kann eine Organisationsgrundentscheidung, die eine derartige Ermessensbindung enthält, bereits vor oder zusammen mit einer entsprechenden, uneingeschränkten Ausschreibung der Stelle erfolgen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.11.2004 - BVerwG 2 C 17.03 -, BVerwGE 122, 237 [240 f.]). Die Annahme, dass eine derartige Entscheidung getroffen werden sollte, setzt aber regelmäßig voraus, dass die Behörde, durch die die Festlegung erfolgt sein könnte, die dafür erforderliche Zuständigkeit besitzt. Weder das Niedersächsische Justizministerium noch der Staatssekretär als Amtswalter dieses Ministeriums besitzen aber die Zuständigkeit, eine Organisationsgrundentscheidung im vorgenannten Sinne zu treffen. Das ergibt sich daraus, dass die Antragsgegnerin gemäß Art. 38 Abs. 2 Nds. Verf. für die Ernennung der Berufsrichter zuständig ist, soweit sie ihre Befugnisse nicht auf einzelne Mitglieder der Landesregierung oder auf andere Stellen übertragen hat (Art. 38 Abs. 3 Nds. Verf.). Bereits durch ihren Beschluss vom 7. Juni 1994 (Nds. MBl. 1994, 995), zuletzt geändert durch Beschluss vom 11. Mai 2004 (Nds. MBl. 2004, 516), hatte sich jedoch die Antragsgegnerin (unter Nr. 1.1 b) die dienstrechtlichen Befugnisse vorbehalten, die sich auf Richterinnen und Richter der BesGr. R 3 und aufwärts beziehen. Dies schließt eine Organisationsgrundentscheidung in Ausübung des Stellenbewirtschaftungsermessens ein, weil deren Übertragung nicht ersichtlich ist. An dieser Rechtslage hat sich auf der Grundlage des nunmehr maßgeblichen Beschlusses der Landesregierung vom 30. November 2004 (Nds. MBl. 2004, 860) nichts geändert. Insbesondere kann der Gemeinsame Runderlass des Niedersächsischen Innenministeriums, der Staatskanzlei und der übrigen Ministerien vom 15. Januar 1996 (Nds. MBl. 1996, S. 184), zuletzt geändert durch Runderlass vom 13. Juli 2004 (Nds. MBl., 517), soweit er unter Nr. 7.1 in Verbindung mit Nr. 6.1.2 das Verfahren in dem Fall regelt, dass eine oberste Landesbehörde eine Auswahl unter mehreren Bewerbern vorgenommen hat, nicht dahingehend interpretiert werden, dass diese Auswahl die Antragsgegnerin binde.

Im vorliegenden Falle ist nichts dafür ersichtlich, dass sich die Antragsgegnerin vor dem Ergehen ihrer Entscheidung auf die Kabinettsvorlage mit dem Bewerbungsverfahren befasst hätte. Auch der Antragsteller macht dies nicht geltend. Dementsprechend war die Antragsgegnerin in ihrer Sitzung vom 25. Oktober 2005 noch nicht verbindlich auf eine Auswahl allein nach dem Grundsatz der Bestenauslese festgelegt und durfte der Antragsteller von einer solchen Festlegung nicht ausgehen. Der Antragsgegnerin ist vielmehr darin zu folgen, dass ihr bis in die Sitzung vom 25. Oktober 2005 die Ausübung des Stellenbewirtschaftungsermessens vorbehalten blieb. Das Kabinett hatte also zwei Entscheidungen zu treffen, zum einen die Organisationsgrundentscheidung, zum anderen die Auswahlentscheidung im engeren Sinne (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.08.2003 - BVerwG 1 WB 23.03 -, in: Schütz, BeamtR, ES/A II 1.4 Nr. 107).

Der Umstand, dass bis zur Kabinettssitzung vom 25. Oktober 2005 keine verbindliche Festlegung der Antragsgegnerin dahingehend bestand, eine Auswahl werde nur nach dem Leistungsgrundsatz erfolgen, führt allerdings nicht zur Unerheblichkeit des Vorbringens des Antragstellers. Obwohl das der Antragsgegnerin eingeräumte Organisations- und Stellenbewirtschaftungsermessen grundsätzlich allein dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben dient (Nds. OVG, Beschl, v. 17.8.2005 - 5 ME 100/05 -, a. a. O.), ist nämlich seine Ausübung durch den Grundsatz von Treu und Glauben begrenzt (vgl. Hamb. OVG, Beschl v. 29.12.2005 -1 Bs 260/05 -). Denn es entspricht der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung, dass sich aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG ein allgemeines Grundrecht auf ein faires Verfahren ergibt (vgl. Bay. VGH, Urt. v. 24.10.2005 - 3 B 03.3367 -, zitiert nach JURIS, RdNr. 72 d. Langtextes, m.w.N.), welches auch bei der Organisationsgrundentscheidung Beachtung finden muss. Das gilt nicht nur für den Fall, dass die zur Entscheidung berufene Stelle sich selbst widersprüchlich verhalten hat, sondern auch dann, wenn sie sich Widersprüchlichkeiten oder Unklarheiten im Verhalten einer anderen Behörde zurechnen lassen muss, deren sie sich im Rahmen des Verwaltungsverfahrens bedient. Insoweit ist der vorliegende Fall durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass dienstliche Maßnahmen, die in die Zuständigkeit der Antragsgegnerin fallen, weitestgehend durch die oberste Landesbehörde vorbereitet werden (vgl. Gemeins. Runderlass d. Nds. Innenministeriums, der Staatskanzlei und der übrigen Ministerien v. 15.1.1996, a. a. O., Nr. 7.1 i. V. m. Nr. 6.1 und 6.1.2), weshalb dem Besetzungsvorschlag des zuständigen Ministeriums bei Personalentscheidungen eine maßgebliche Bedeutung zukommt. Stellt dieser Besetzungsvorschlag im Verhältnis zu einem der nicht vorgeschlagenen Bewerber einen Verstoß gegen das Gebot der Fairness im Verwaltungsverfahren dar, so hat das die Antragsgegnerin zu berücksichtigen, und zwar auch im Rahmen der Ausübung ihres Stellenbewirtschaftungsermessens. Selbst wenn ein Bewerbungsverfahrensanspruch gem. Art. 33 Abs. 2 GG nicht besteht, berührt nämlich die Ausübung dieses Ermessens die Berufsfreiheit des betroffenen Bewerbers, weil Art. 33 Abs. 2 GG lediglich eine ergänzende Regelung zu Art. 12 Abs. 1 GG trifft (Höfling, in: Bonner Kommentar zum GG, Stand: Dez. 2005, RdNr. 304 zu Art. 33 Abs. 1 - 3). Diesem Grundrechtsbezug ist auch durch die Gewährleistung von Fairness im Verfahren Rechnung zu tragen. Wenn berechtigte Erwartungen geschaffen wurden, dass die oberste Landesbehörde vorschlagen werde, die Besetzungsentscheidung allein auf der Grundlage des Leistungsgrundsatzes zu treffen, hat daher die Antragsgegnerin den konkreten Fall näher in den Blick zu nehmen und zu überprüfen, ob die Gemeinwohlbelange, die dafür sprechen, nur "Landeskinder" bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen, so gewichtig sind, dass sie es rechtfertigen, diese Erwartungen zu enttäuschen (vgl. auch: BVerfG, Beschl. v. 28.4.2005 - 1 BvR 2231/02, 1 BvR 572/03, 1 BvR 586/03, 1 BvR 629/03 -, zitiert nach JURIS, RdNr. 28 d. Langtextes).

Jedenfalls im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, das nur eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage zulässt, hat der Antragsteller glaubhaft gemacht, dass er berechtigterweise erwarten durfte, dass das Niedersächsische Justizministerium der Antragsgegnerin vorschlagen werde, eine Besetzungsentscheidung allein auf der Grundlage einer Bestenauslese zu treffen. Es überstieg nicht den Zuständigkeitsrahmen, der dieser Behörde gezogen ist, sich durch konkludentes Verhalten in Bezug auf den gegenüber der Antragsgegnerin abzugebenden Vorschlag selbst zu binden. Nach dem Kenntnisstand dieses Eilverfahrens geht der Senat davon aus, dass eine derartige Selbstbindung hier eingetreten ist. Der Sacherverhaltsdarstellung des Antragstellers, die dieser durch eine eidesstattliche Versicherung vom 29. Januar 2006 bekräftigt hat, ist zu entnehmen, dass ihm durch den Staatssekretär bedeutet worden ist, dass seine, des Antragstellers, Bewerbung, soweit es in der Zuständigkeit des Ministeriums liege, nicht daran scheitern werde, dass er sich aus einem fremden Bundesland bewerbe. Allerdings wird diese Sachverhaltsdarstellung durch die dienstliche Erklärung des Staatssekretärs vom 28. November 2005 nicht bestätigt, weil der Staatssekretär verbindliche Aussagen zu den von dem Antragsteller angeführten Gesprächsthemen in Abrede stellt. Der Senat legt aber für die in diesem Eilverfahren zu treffende Entscheidung das Vorbringen des Antragstellers zugrunde. Hierbei berücksichtigt der Senat, dass der Antragsteller eine nach den §§ 156, 163 StGB strafbewehrte eidesstattliche Versicherung abgegeben hat und sich - insbesondere als Präsident eines Verwaltungsgerichts - der Bedeutung einer derartigen Versicherung bewusst sein muss.

Der Senat betont, dass mit der in diesem Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes vorgenommenen Würdigung der vorliegenden Erklärungen eine endgültige Bewertung des Wahrheitsgehalts der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers und der dienstlichen Erklärung des Staatssekretärs nicht verbunden ist. Eine endgültige Klärung des Sachverhalts kann nämlich nur durch eine Beweisaufnahme herbeigeführt werden, die indessen einem etwaigen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibt.

Würdigt man dementsprechend das eidesstattlich bekräftigte Vorbringen des Antragstellers, so ergibt sich Folgendes: Das Telefongespräch zwischen dem Staatssekretär vom Januar 2004 und dem Antragsteller ist vor dem Hintergrund auszulegen, dass der Staatssekretär davon ausging, man werde die Ehefrau des Antragstellers wohl nur dann für eine Bewerbung um die Stelle der G. gewinnen können, wenn man auch dem Antragsteller einen Wechsel nach Niedersachsen ermögliche. Dabei lag es auf der Hand, dass es für eine gemeinsame Entscheidung der Eheleute von erheblicher Bedeutung sein würde, wie groß das Risiko des Scheiterns einer Bewerbung des Antragstellers war. Nachdem der Staatssekretär den Antragsteller zu einer Bewerbung auf die Stelle des Präsidenten des Verwaltungsgerichts C. aufgefordert hatte, musste er damit rechnen, dass seine weiteren Ausführungen in dem Telefonat mit dem Antragsteller zur Grundlage einer Prognose des Antragstellers über seinen möglichen Bewerbungserfolg genommen werden würden. Dieser Bewerbungserfolg hing sowohl von Umständen ab, die in der Sphäre des Antragstellers lagen, als auch von solchen, die gleichsam der Sphäre seines Gesprächspartners zuzurechnen waren. Zu den erstgenannten Umständen gehörte die Güte einer von dem Antragsteller beizubringenden Anlassbeurteilung. Zu den letztgenannten die Möglichkeit, dass eine Bewerbung des Antragstellers daran scheitern könnte, dass er sich aus einem anderen Bundesland bewerben würde und dies insbesondere eine Ausnahme von dem damals noch bestehenden Einstellungsstopp erforderlich machte. Unter Berücksichtigung des Empfängerhorizonts des Antragstellers musste es daher von entscheidender Bedeutung sein, wie sich der Staatssekretär zum letztgenannten Punkte äußern würde. Die Ankündigung des Staatssekretärs, er werde mit der bereits erfolgten Zustimmung der Ministerin eine Ausnahmegenehmigung von dem noch bestehenden Einstellungsstopp beantragen, durfte der Antragsteller dahingehend verstehen, dass seitens des Ministeriums seiner Bewerbung nicht entgegengehalten würde, er bewerbe sich nicht aus dem niedersächsischen Landesdienst. Ansonsten hätte das Telefonat mit dem Staatssekretär nämlich lediglich die Bedeutung eines Hinweises auf die Möglichkeit gehabt, sich auf die später auszuschreibende Stelle eines Präsidenten des Verwaltungsgerichts C. zu bewerben. Der Staatssekretär hätte dadurch die Eheleute schwerlich bestimmen können, sich gemeinsam um einen Wechsel nach Niedersachsen zu bemühen. Hiernach bestanden nicht nur Hoffnungen, sondern berechtigte Erwartungen des Antragstellers, dass das Niedersächsische Justizministerium der Antragsgegnerin eine Besetzungsentscheidung allein auf der Grundlage einer Bestenauslese vorschlagen werde.

Ohne Erfolg hält die Antragsgegnerin der Annahme eines Vertrauenstatbestandes entgegen, dass zwischen dem behaupteten Gespräch mit dem Staatssekretär, der Ausschreibung der Stelle und erst recht ihrer eigenen Entscheidung erhebliche Zeiträume liegen. Denn nach den Umständen war von vornherein klar, dass das Gespräch zwischen dem Antragsteller und dem Staatssekretär ein künftiges Besetzungsverfahren betraf. Zudem ist auf der Grundlage der dienstlichen Erklärung des Staatssekretärs vom 28. November 2005 davon auszugehen, dass ehedem das Niedersächsische Justizministerium erwartete, dass die Entscheidung über die Besetzung der Stelle noch vor Ablauf des Jahres 2004 und nicht erst im Oktober des Jahres 2005 getroffen werden würde.

Nach alledem ist die getroffene Organisationsgrundentscheidung der Antragsgegnerin wahrscheinlich fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass das Besetzungsverfahren auf der Basis einer Organisationsgrundentscheidung, die - neben den anderen Gesichtspunkten - auch die Berechtigung von Erwartungen des Antragstellers mit berücksichtigt hätte, zu einem dem Antragsteller günstigeren Ergebnis geführt hätte.

Ende der Entscheidung

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