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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 11.02.2009
Aktenzeichen: 5 ME 437/08
Rechtsgebiete: NLVO
Vorschriften:
NLVO § 40 Abs. 3 S. 4 | |
NLVO § 40 Abs. 3 S. 6 |
Gründe:
I.
Der Antragsteller und der Beigeladene konkurrieren um die Beförderungsstelle eines Studiendirektors zur Koordinierung schulfachlicher Aufgaben an einer Technikerschule. Durch Bescheid vom 6. August 2008 (Bl. 27 der Gerichtsakte - GA -) teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass sie sich für den Beigeladenen entschieden habe. Dieser sei besser beurteilt.
Für die Zusammenfassung des Ergebnisses der aktuellen Beurteilungen der Konkurrenten (in Beiakte B) haben die Notenstufen des § 16 Abs. 5 NLVO entsprechende Anwendung gefunden. Die aktuelle dienstliche Beurteilung des Antragstellers vom 6. Mai 2008 schließt mit dem Gesamturteil "'befriedigend' (3)", diejenige des Beigeladenen vom 13. Juni 2008 mit dem Gesamturteil "'sehr gut' (1)".
Das Verwaltungsgericht hat der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die umstrittene Stelle mit dem Beigeladenen oder einer sonstigen Person zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden sei. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die getroffene Auswahlentscheidung voraussichtlich rechtswidrig sei, weil die ihr zu Grunde liegende Beurteilung des Antragstellers rechtswidrig sei. Die vergebene Gesamtnote "befriedigend" sei nämlich in § 40 Abs. 3 Satz 4 NLVO nicht vorgesehen und eine Abweichung von den in dieser Vorschrift zwingend vorgegebenen Gesamtnotenstufen nicht zulässig.
Die Antragsgegnerin führt ihre Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung unter anderem mit einem Hinweis auf die Entstehungsgeschichte des § 40 NLVO. Sie ist der Auffassung, dass § 40 Abs. 3 Satz 6 NLVO eine Öffnungsklausel für die Rangstufenbezeichnung bei Anlassbeurteilungen darstelle, die auch nach dem Inkrafttreten der aktuellen Fassung des § 40 NLVO eine entsprechende Anwendung der Notenstufen des § 16 Abs. 5 NLVO für das Gesamturteil in Anlassbeurteilungen der Lehrkräfte zulasse.
Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Der Beigeladene lässt sich zu der Beschwerde nicht ein.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg.
Aus den dargelegten Beschwerdegründen, die grundsätzlich allein zu prüfen sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die angefochtene Entscheidung in der begehrten Weise abzuändern (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen ist. Mit ihren Darlegungen in der Beschwerdebegründungsschrift und deren Ergänzung durch den Schriftsatz vom 7. Januar 2009 hat die Antragsgegnerin nämlich die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die getroffene Auswahlentscheidung voraussichtlich keinen Bestand haben könne, weil die ihr zu Grunde liegende Beurteilung des Antragstellers rechtswidrig sei, nicht zu erschüttern vermocht.
In der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 26. 8. 2008 - 5 ME 122/08 -, veröffentlicht in juris und in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit) ist geklärt, dass das Niedersächsische Kultusministerium mit Erlass vom 4. Dezember 2006 zwar in ganz überwiegend zulässiger Weise angeordnet hat, dass nach dem Außerkrafttreten des Runderlasses "Unterrichtsbesichtigungen und Unterrichtsbesuche - Dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte" vom 5. Mai 1982 (Nds. MBl. S. 499), zuletzt geändert durch Erlass vom 17. Mai 2005 (Nds. MBl. S. 404) die in diesem Runderlass getroffenen Regelungen für eine Übergangszeit vom 1. Januar 2007 bis zum Inkrafttreten neuer Beurteilungsrichtlinien für Lehrkräfte weiter angewendet werden. Diese Anordnung ist aber gerade insoweit nicht rechtens, als mit der weiteren Anwendung der Regelungen des Runderlasses eine Abweichung von zwingenden Vorschriften des § 40 NLVO - wie etwa derjenigen des § 40 Abs. 3 Satz 4 NLVO über die für das Gesamturteil zu verwendenden Rangstufen - verbunden wäre (Nds. OVG, Beschl. v. 10. 11. 2008 - 5 ME 260/08 -, veröffentlicht in juris und in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit). Eine solche Abweichung lässt für die vorliegende Fallgestaltung auch § 40 Abs. 3 Satz 6 NLVO nicht zu. Denn mit dieser Vorschrift ist nicht bezweckt, den Austausch der - im Interesse der ressortübergreifenden Vergleichbarkeit - landeseinheitlich vorgegebenen Rangstufen durch ein anderes Notenspektrum gleicher Funktion zu gestatten, zumal kein Bedürfnis für einen solchen Austausch zu erkennen ist (Nds. OVG, Beschl. v. 30. 12. 2008 - 5 ME 350/08 -, veröffentlicht in juris und in der Rechtsprechungsdatenbank der nds. Verwaltungsgerichtsbarkeit).
An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch unter Berücksichtigung der Begründung fest, die dem Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Niedersächsischen Laufbahnverordnung (Bl. 140 ff. [145] GA) beigegeben war, der der gegenwärtigen Fassung des § 40 Abs. 3 NLVO zugrunde liegt.
In der genannten Entwurfsbegründung heißt es allerdings ausdrücklich: "Satz 6 enthält eine Öffnungsklausel für die Rangstufenbezeichnung bei Anlassbeurteilungen, die insbesondere für Lehrkräfte im Geschäftsbereich des MK zur Anwendung kommen soll." Dennoch ist die in Kraft getretene Fassung des § 40 Abs. 3 Satz 6 NLVO keine uneingeschränkte Öffnungsklausel, die wie eine vom 30. Mai 2006 datierende Vorfassung des Verordnungsentwurfs (Bl. 150 ff. [150 und 154] GA) zu verstehen wäre, nach der die Norm lauten sollte, "Bei Anlassbeurteilungen kann nach Maßgabe von Beurteilungsrichtlinien von Satz 4 abgewichen werden.", und die wie folgt begründet war: "Satz 6 enthält eine Öffnungsklausel für Anlassbeurteilungen, die insbesondere im Geschäftsbereich des MK zur Anwendung kommen soll." An dieser Vorfassung des Entwurfs ist nämlich nach einer Normprüfung (§ 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GGO) durch die Staatskanzlei, Arbeitsgruppe Rechtsvereinfachung, vom 26. Juni 2006 (Bl. 157 ff. [160] GA) nicht festgehalten worden. Vielmehr hatte die Arbeitsgruppe als Ergebnis ihrer Prüfung vorgeschlagen, § 40 Abs. 3 Satz 6 NLVO seine nunmehrige konkretere Fassung zu geben und zur weiteren Begründung ausgeführt: "Für die Anwendung des Satzes 6 fehlten in der Entwurfsfassung wegen der 'Kann-Regelung' jegliche Kriterien. Wenn Beurteilungsrichtlinien keine 'Maßgaben' enthalten, könnte die Beurteilung willkürlich auf ein Gesamturteil verzichten und bewusst die Vergleichbarkeit von Beurteilungen unterlaufen. Dies ist in der vorgeschlagenen Fassung zumindest abgemildert."
Vor diesem Hintergrund kann der gegenwärtige § 40 Abs. 3 Satz 6 NLVO deshalb nicht als eine uneingeschränkte Öffnungsklausel interpretiert werden, die es gestattet, durch Beurteilungsrichtlinien an die Stelle der fünf Rangstufen des § 40 Abs. 3 Satz 4 NLVO eine beliebige andere Notenskala gleicher Funktion zu setzen, weil dann die mit § 40 NLVO n. F. bezweckte ressortübergreifende Vergleichbarkeit von Beurteilungen (vgl. die Begründung des umgesetzten Entwurfs unter A. I. Abs. 2 - Bl. 142 GA) nicht hinreichend gewährleistet wäre. Von dieser Vergleichbarkeit dürfen nämlich - auch angesichts der Personalstärke der Lehrerschaft - die Beurteilungen der Lehrer nicht insgesamt ausgenommen werden. Zwar mag ein unmittelbarer Personalaustausch zwischen der Lehrerschaft und den Personalkörpern anderer Ressorts nicht die Regel sein. Es lässt sich aber beispielsweise nicht ausschließen, dass Lehrer mit sonstigen Beamten um Stellen in den Fortbildungseinrichtungen anderer Ressorts konkurrieren oder dass sie sich, nachdem sie in den Schulaufsichtsdienst übergewechselt sind, neben Beamten anderer Vorbildung um höhere Stellen in der Kultusverwaltung bewerben. Soll dann für die Auswahlentscheidung auf Beurteilungen bzw. Vorbeurteilungen der Bewerber zurückgegriffen werden, würde es voraussichtlich auch künftig an deren Vergleichbarkeit fehlen, wenn man § 40 Abs. 3 Satz 6 NLVO im Sinne der Antragsgegnerin interpretierte.
Davon abgesehen erläutert die mit der Beschwerde argumentativ ins Feld geführte Begründung der letzten Entwurfsfassung des § 40 NLVO den § 40 Abs. 3 Satz 6 NLVO dahin, dass dieser eine Öffnungsklausel für die Rangstufen b e z e i c h n u n g enthalte. Selbst wenn man diese Begründung beim Wort nähme, würde sie die Auslegung der Antragsgegnerin nicht stützen. Mit einer weiteren Anwendung der Verweisung der Nr. 4 Satz 1 des Runderlasses "Unterrichtsbesichtigungen und Unterrichtsbesuche - Dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte" auf § 16 Abs. 5 NLVO wird nämlich nicht nur eine anderweitige Bezeichnung der Rangstufen des § 40 Abs. 3 Satz 4 NLVO vorgenommen, sondern deren Anzahl von fünf auf sechs Noten vermehrt - was sich infolge der größeren Spreizung dieses Notenspektrums über die Umbenennung hinaus auch inhaltlich auswirken muss. Zu bedenken ist außerdem, dass der Normgeber in § 40 Abs. 3 Satz 4 NLVO das Notenspektrum des § 16 Abs. 5 NLVO ausdrücklich nicht übernommen hat. Dafür, dass § 40 Abs. 3 Satz 6 NLVO gestatten soll, gerade den bewusst vermiedenen Gleichklang doch noch herzustellen, bestehen keine Anhaltspunkte.
Der Senat vermag schließlich auch ein ressortspezifisches Bedürfnis für ein Festhalten am Notenspektrum des § 16 Abs. 5 NLVO nicht zu erkennen. Es erscheint - im Gegenteil - eher untunlich, für die dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte an Bezeichnungen festzuhalten, die mit Prüfungs- und Schulzeugnisnoten namensgleich sind. Die Übereinstimmung mit Prüfungsnoten befördert nämlich - gerade angesichts der Besonderheiten des auf Lehrer angewandten Beurteilungsverfahrens - den Irrtum, dass die Anlassbeurteilung einer Lehrkraft nicht als Beurteilung der in einem Beurteilungszeitraum erbrachten Arbeitsleistung nebst Befähigungseinschätzung (§ 40 Abs. 2 Satz 1 NLVO) zu erfolgen habe, sondern nur die Beurteilung einer Prüfungsleistung sei, die während eines Prüfungszeitraums erbracht werde, der ausschließlich die Unterrichtsbesichtigungen und deren abschließende Besprechungen umfasse. Die Übereinstimmung mit den Schulzeugnisnoten kann gerade Beurteiler, die - wie Schulleiter - selbst als Lehrer tätig sind, in die Irre leiten, weil die Zwecke dienstlicher Beurteilungen (siehe hierzu: Schnellenbach, BeamtR i. d. Praxis, 6. Aufl. 2005, Rn. 424 und 425) mit denjenigen der Erteilung von Zeugnissen (vgl. dazu Nr. 2 des RdErl. d. MK v. 24. 5. 2004 - 303-83203 -, "Zeugnisse in den allgemein bildenden Schulen", SVBl. 2004, 305, zuletzt geändert durch VwV v. 13. 8. 2008, SVBl. 2008, 203, - hier zitiert nach VORIS) nicht identisch sind, sodass die für die Notenvergabe an Schüler geltenden Grundsätze nicht einfach auf die Erteilung dienstlicher Beurteilungen übertragen werden dürfen.
Nach alledem ist daran festzuhalten, dass § 40 Abs. 3 Satz 6 NLVO bei Anlassbeurteilungen ein Absehen von der Angabe von Rangstufen nach Abs. 3 Satz 4 für das Gesamturteil lediglich dann zulässt, wenn Beurteilungsrichtlinien dies deshalb vorsehen, weil kein Bedürfnis für ein Gesamturteil besteht, das einem mehrfach untergliederten Spektrum entnommen ist, sondern der Beurteilungsanlass es rechtfertigt, nur eine Aussage mit eingeschränkter Funktion zu treffen. Dies ist namentlich in den Fällen einer Beurteilung zur Feststellung der Bewährung eines Beamten auf Probe der Fall, sodass gegen die übergangsweise weitere Anwendung der Nr. 4 Satz 2 des Runderlasses "Unterrichtsbesichtigungen und Unterrichtsbesuche - Dienstliche Beurteilung der Lehrkräfte" keine Bedenken bestehen - und § 40 Abs. 3 Satz 6 NLVO auch in der ihm durch den Senat gegebenen Auslegung nicht funktionslos ist.
Ende der Entscheidung
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