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Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 04.04.2008
Aktenzeichen: 5 ME 480/07
Rechtsgebiete: GG, NBG, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
NBG § 8 Abs. 1
VwGO § 114 Satz 2
Beamtenrechtlicher Konkurrentenstreit; zur Fehlerhaftigkeit einer Auswahlentscheidung wegen der Bewertung eines stellenbezogenen Auswahlgesprächs, die auf einem unzutreffenden Sachverhalt beruht.
Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin schrieb im Schulverwaltungsblatt 9/2006, S. 335 f., die Stelle einer Studiendirektorin/eines Studiendirektors zur Koordinierung schulfachlicher Aufgaben (Besoldungsgruppe A 15 BBesO) am C., D., aus. Auf diese Stelle bewarben sich u. a. der Antragsteller und die Beigeladene.

Die Antragsgegnerin legte nach dem Auswahlvermerk (Beiakte A, Bl. 15 f.) ihrer Auswahlentscheidung eine vergleichende Gegenüberstellung der Ergebnisse in den aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber und der Bewertungen eines stellenbezogenen Auswahlgesprächs, das mit der Beigeladenen und dem Antragsteller am 5. Dezember 2006 geführt wurde, zugrunde. Danach entschied sich die Antragsgegnerin für die Beigeladene, die in ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilung des Staatlichen Schulamts E., Land F., vom 20. Juni 2005 mit "Eignung und Leistung entsprechen in besonderem Maße den Anforderungen" bewertet wurde und für das stellenbezogene Auswahlgespräch das Ergebnis "sehr gut (1)" erreichte, mit der Begründung, dass sie hervorragende Sachkenntnis in allen Punkten gezeigt habe, da sie auch auf reichhaltige Erfahrungen als Koordinatorin des Sekundarbereichs II zurückgreifen könne, dass sie aufgeworfene Fragen sorgfältig und abwägend reflektiere sowie ein umfassendes Problembewusstsein und Rollenverständnis besitze und dass sie außerdem äußerst sensibilisiert für die Gegebenheiten vor Ort und die gewachsenen Strukturen sei. Demgegenüber bewertete die Antragsgegnerin das stellenbezogene Auswahlgespräch des Antragstellers, dessen Leistungen in seiner aktuellen dienstlichen Beurteilung des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes G. über seine Tätigkeit als Oberstufenkoordinator der Deutschen Schule in H. bis zum Schuljahresende 2004/2005 vom 10. Oktober 2005 (Beiakte B, Bl. 337 ff.) als "die Anforderungen in besonderem Maße" übertreffend bewertet und "mit Auszeichnung sehr gut" eingestuft wurden, mit der Note "befriedigend (3-)". Zur Begründung führte der zuständige Beurteiler LRSD I. aus, die Ausführungen des Antragstellers hätten nicht überzeugt, obwohl er bereits Koordinierungsaufgaben im Sekundarbereich II an der Deutschen Schule in H. (mit insgesamt etwa 20 Schülerinnen und Schülern in den Jahrgängen 11 bis 13) wahrgenommen habe; es werde vielmehr deutlich, dass seine Kenntnisse der Rechts- und Verwaltungsvorschriften lücken- und fehlerhaft seien. Teilweise habe er Fragen zu konkreten Sachverhalten eher undifferenziert und ausweichend beantwortet; er habe sich trotz eines großen Selbstbewusstseins nicht in allen Phasen des stellenbezogenen Gesprächs als überzeugend fachkompetenter Gesprächspartner mit einem adäquaten Problembewusstsein präsentieren können.

Mit Schreiben vom 26. März 2007, zugestellt am 13. April 2007, teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ihre Auswahlentscheidung mit (Beiakte A, Bl. 1 f.). Bereits zuvor, mit Schreiben vom 21. März 2007, erhielt der Antragsteller den Bericht über das stellenbezogene Gespräch (Beiakte B, Bl. 372 f.).

Der Antragsteller beantragte mit Schreiben vom 15. Juni 2007 die Abänderung der Beurteilung des stellenbezogenen Auswahlgesprächs, woraufhin der Beurteiler seine Bewertung in einem Vermerk vom 21. Juni 2007 (Beiakte B, Bl. 384 ff.), dessen Inhalt dem Antragsteller mit Schreiben vom 22. Juni 2007 mitgeteilt wurde, eingehend erläuterte. Der Antragsteller nahm hierzu mit Schreiben vom 8. August 2007 Stellung (Gerichtsakte Bl. 51 ff.). Auf den Inhalt des Vermerks und des Schreibens vom 8. August 2007 wird Bezug genommen.

Gegen die Auswahlentscheidung hat der Antragsteller Klage erhoben, die bei dem Verwaltungsgericht unter dem Az. 7 A 221/07 geführt wird und über die - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden ist. Gleichzeitig hat er um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 29. Oktober 2007 der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens untersagt, den Dienstposten einer Studiendirektorin/eines Studiendirektors zur Koordinierung schulfachlicher Aufgaben am C. in J. mit der Beigeladenen zu besetzen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht habe. Er habe glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin der Auswahlentscheidung einen unzutreffenden Sachverhalt zugrunde gelegt habe und daher die Auswahlentscheidung rechtswidrig sei. Die Antragsgegnerin habe die dem Antragsteller und der Beigeladenen jeweils erteilten dienstlichen Beurteilungen als im Wesentlichen gleichwertig betrachtet und ihre Entscheidung ausschlaggebend auf das stellenbezogene Auswahlgespräch gestützt. Die Bewertung des mit dem Antragsteller geführten Gesprächs werde in dem gefertigten Vermerk über das Auswahlgespräch wesentlich darauf gestützt, dass die Kenntnisse des Antragstellers über die Rechts- und Verwaltungsvorschriften lücken- und fehlerhaft seien. Wie sich aus dem Vermerk des Beurteilers vom 21. Juni 2007 ergebe, beruhe diese Einschätzung auf der tatsächlichen Annahme, der Antragsteller habe in dem Gespräch vorgeschlagen, bei zu geringer Schülerzahl für einen angebotenen Schwerpunkt Kurse mit grundlegendem und erhöhtem Anforderungsniveau zu kombinieren bzw. jahrgangsübergreifende Kurse einzurichten, was nach der derzeit gültigen Verordnung ausgeschlossen werde. Dem sei der Antragsteller entgegengetreten. Er habe versichert, in dem Gespräch mit Bedauern festgestellt zu haben, dass diese erwähnte Möglichkeit nicht mehr bestehe und Schulen mit kleinerer Oberstufe wie J. hiervon besonders betroffen seien, dass sie aufgrund der neuen Bestimmungen bestimmte Schwerpunktkombinationen nicht mehr anbieten könnten. Sollte sich diese Behauptung in einem etwaig durchzuführenden Hauptsacheverfahren als zutreffend erweisen, stünde fest, dass die Auswahlentscheidung auf einem unzutreffenden Sachverhalt getroffen worden und aus diesem Grunde fehlerhaft sei. Die Feststellung, dass eine Auswahl des Antragstellers auch ohne den Fehler nicht möglich wäre, könne nicht getroffen werden. Die Antragsgegnerin habe den lückenhaften Kenntnissen der aktuellen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bei der Bewertung des stellenbezogenen Auswahlgesprächs maßgebende Bedeutung beigemessen. Wie die Auswahlentscheidung zu treffen wäre, wenn nicht fehlerhafte Rechtskenntnisse des Antragstellers für die Beurteilung des Gesprächs zum Amt zugrunde gelegt würden, obliege allein der Beurteilung durch die Antragsgegnerin und nicht dem Gericht.

Gegen den Beschluss hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt. Nach ihrer Auffassung habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass sie von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei. Zudem sei dem Vermerk des Beurteilers vom 21. Juni 2007 zu entnehmen, dass er seine Bewertung nicht allein maßgeblich auf die Feststellung lücken- und fehlerhafter Kenntnisse der Rechts- und Verwaltungsvorschriften gestützt habe, sondern die Ausführungen des Antragstellers zum angestrebten Amt nicht überzeugend gewesen seien, es also grundlegende inhaltliche Mängel gegeben habe und die fehlenden Kenntnisse nur einen Teilaspekt der Bewertung darstellten. Zudem hätten sich die fehlenden Kenntnisse auch in anderen Bereichen als bei den Fragen zur Kursorganisation bei den Schwerpunktfächern gezeigt, wie der Beurteiler in seinem Vermerk erläutert habe. Die Bewertung des stellenbezogenen Gesprächs sei damit plausibel begründet. Es seien wesentliche Mängel in der Fachkompetenz des Antragstellers festgestellt worden. Sofern sie die Erwägungen für ihre Auswahlentscheidung insoweit bisher unvollständig dargelegt habe, ergänze sie diese im Beschwerdeverfahren.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,

den angefochtenen Beschluss zu ändern und den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2007 zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Beschluss und bezweifelt, dass sich der Beurteiler bei seinen ergänzenden Erläuterungen, die er ein halbes Jahr nach dem stellenbezogenen Gespräch geführt habe, noch im Einzelnen an den Ablauf des Gesprächs habe erinnern können. Soweit die Antragsgegnerin die Feststellung lücken- und fehlerhafter Kenntnisse der Rechts- und Verwaltungsvorschriften nunmehr ergänze, verweise er auf seinen erstinstanzlichen Vortrag, aus dem sich ergebe, dass ihm die Rechtsvorschriften selbstverständlich bekannt seien. Unabhängig davon verweise er auf seinen erstinstanzlichen Vortrag, wonach die Antragsgegnerin bei der Auswahlentscheidung verkannt habe, dass er - anders als die Beigeladene - ausdrücklich in der Funktion eines Oberstufenkoordinators beurteilt worden sei.

Die Beigeladene ist der Einschätzung ihrer Beurteilung durch den Antragsteller - ebenso wie die Antragsgegnerin - im Beschwerdeverfahren entgegengetreten. Einen Antrag hat sie nicht gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der zwischen den Beteiligten in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakten A - E) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) rechtfertigen eine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses nicht.

Die Auswahl unter Bewerbern hat gemäß Art. 33 Abs. 2 GG, § 8 Abs. 1 Satz 1 NBG allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu erfolgen. Die Entscheidung des Dienstherrn darüber, welcher Beamter der Bestgeeignete für einen Beförderungsdienstposten ist, kann als Akt wertender Erkenntnis des für die Beurteilung zuständigen Organs gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden (vgl.: BVerwG, Urt. v. 30.1.2003 - BVerwG 2 A 1.02 -, Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 55, S. 4 <6> m. w. N.). Sie beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Rechtsbegriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien verstoßen hat (vgl.: Nds. OVG, Beschl. v. 26.8.2003 - 5 ME 162/03 -, NVwZ-RR 2004, 197; Beschl. v. 13.4.2005 - 5 ME 30/05 -; Beschl. v. 13.10.2006 - 5 ME 115/06 m. w. N.). Hiervon ist das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung zutreffend ausgegangen.

Soweit das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung den von dem Antragsteller aufgezeigten und durch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemachten Gesprächsinhalt zugrunde gelegt und festgestellt hat, dass auf dieser Grundlage der Beurteiler bei der Bewertung des Auswahlgesprächs und damit bei der Auswahlentscheidung von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist, hat die Antragsgegnerin dem entgegengehalten, in diesem Fall müsse der Beurteiler die Gesprächssituation komplett missverstanden haben, was ungewöhnlich sei, weil der ebenfalls bei dem Gespräch anwesenden OStDŽin K. ein derartiges Missverständnis hätte auffallen müssen und diese ein unmittelbar nach dem stellenbezogenen Gespräch geäußertes Ansinnen des Antragstellers, ein Gegengutachten von ihr zu erhalten, abgelehnt habe. Zudem habe OStDŽin K. gegenüber dem Bearbeiter ORR L. fernmündlich mitgeteilt, dass der Beurteiler sich im Gespräch - anders als der Antragsteller - Aufzeichnungen gemacht habe. Einfache Behauptungen im Rahmen des Beteiligtenvorbringens reichten als Glaubhaftmachung nicht aus, wenn sie nicht auf weitere Erkenntnisse und Tatsachen gestützt werden könnten. Der Sachverhaltsdarstellung des Beurteilers komme nach der verwaltungsgerichtlichen Einschätzung weniger Wert als der schlichten Gegendarstellung des zu Beurteilenden zu. Es sei rechtlich bedenklich, wenn unwiederbringliche Gesprächsinhalte durch einfache Gegendarstellungen entwertet werden könnten.

Dieses Vorbringen vermag die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Antragsteller habe glaubhaft gemacht, dass der Beurteiler von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen sei, nicht zu entkräften. Das Verwaltungsgericht hat nicht allein auf der Grundlage von Behauptungen eines anderen Gesprächsinhalts die Sicherungsanordnung erlassen. Es hat vielmehr in Kenntnis der sich gegenüberstehenden Sachverhaltsdarstellungen die Angaben des Antragstellers im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes rechtsfehlerfrei seiner Entscheidung zugrunde gelegt, weil der Antragsteller seine Angaben durch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht hat und das Gesetz dieses Mittel zur Glaubhaftmachung für den Erlass einer Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO als ausreichend erachtet. Nicht erforderlich ist darüber hinaus, dass der Antragsteller seinen Vortrag durch weitere Tatsachen und Beweismittel belegt. Ungeachtet dessen hat der Antragsteller die (teilweise) Unrichtigkeit des bei der Auswahlentscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts über die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung hinaus dadurch belegt, dass er eine Statistik des Ständigen Vertreters des Schulleiters der Deutschen Schule in H., G. M., vorgelegt hat, aus der sich die Schülerzahlen in den Klassen 11 bis 13 in den Schuljahren 2003/2004 und 2004/2005 ergibt (GA, Bl. 56). Danach betrug die Zahl der Oberstufenschüler - anders als im Auswahlvermerk und im Vermerk vom 21. Juni 2007 angegeben - nicht nur 20, sondern 106 bzw. 119 Schüler.

Zweifel an der Darstellung des Antragstellers bestehen auch nicht, weil OStDŽin K. seinem Ansinnen auf ein Gegengutachten zur Bewertung des stellenbezogenen Auswahlgesprächs nicht nachgekommen sei. Soweit die Antragsgegnerin sich insoweit auf den Vermerk des Beurteilers vom 21. Juni 2007 stützt, wonach der Antragsteller seinen Wunsch bereits unmittelbar nach dem Gespräch gegenüber OStDŽin K. geäußert habe, hat der Antragsteller dem entgegengesetzt, dass er für ein solches Ansinnen nach dem Gespräch überhaupt keinen Anlass gesehen und OStDŽin K. erst kontaktiert habe, nachdem ihm mit Schreiben vom 21. März 2007 die Bewertung des Gesprächs eröffnet worden sei. Diese Darstellung erweist sich, ohne dass der Zeitpunkt des Wunsches des Antragstellers im vorliegenden Verfahren endgültig geklärt werden müsste, als nachvollziehbar, da sich aus den Verwaltungsvorgängen keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beurteiler sich gegenüber dem Antragsteller bereits unmittelbar im Anschluss an das stellenbezogene Gespräch am 5. Dezember 2006 wertend geäußert hatte. Es ist daher aus der Sicht des Senats nicht verständlich, weshalb der Antragsteller - wie in dem Vermerk des Beurteilers vom 21. Juni 2007 erwähnt - bereits zu diesem Zeitpunkt um ein Gegengutachten gebeten haben soll. Ebenso wenig vermag der Umstand, dass OStDŽin K. nach Auffassung der Antragsgegnerin das Missverständnis nicht aufgefallen sei, den glaubhaft gemachten Gesprächsinhalt nicht in Frage zu stellen. Denn nach dem Auswahlvorgang ist nicht ersichtlich, dass OStDŽin K. der Bewertung des stellenbezogenen Auswahlgesprächs zugestimmt oder sonst in irgendeiner Weise Einfluss genommen hat bzw. hätte nehmen können, auch wenn sich der Beurteiler und OStDŽin K. nach dem stellenbezogenen Gespräch über die Bewerber unterhalten haben sollten.

Nicht nachvollziehbar ist im Übrigen, weshalb die Glaubhaftmachung der Sachverhaltsdarstellung des Antragstellers nicht ausreichend sein soll, weil erst in dem Schreiben vom 8. August 2007 die Einwendung des unzutreffenden Sachverhalts erhoben worden sei, obwohl bereits am 22. Juni 2007 dem Antragsteller das den Auswahlvermerk erläuternde Schreiben vorgelegen habe. Denn der Antragsteller hat bereits in seiner Antragsschrift auf die Fehlerhaftigkeit des Auswahlvermerks bei der Bewertung des stellenbezogenen Gesprächs unter dem Gesichtspunkt fehler- und lückenhafter Kenntnisse der Rechts- und Verwaltungsvorschriften hingewiesen und eine Vertiefung seines Vorbringens angekündigt.

Auch das weitere Beschwerdevorbringen führt nicht zu einem Erfolg der Beschwerde.

Nach der Rechtsprechung des Senats ist die Bewertung eines Auswahlgesprächs in einem nur eingeschränkten Maße plausibel und nachvollziehbar zu machen (vgl. auch zum Folgenden: Nds. OVG, Beschl. v. 15.2.2005 - 5 ME 333/04 -, zitiert nach juris Langtext, Rn. 21). Ebenso wie bei einer dienstlichen Beurteilung (vgl. hierzu: BVerwG, Beschl. v. 17.03.1993 - 2 B 25.93 -, DÖD 1993, 179, m.w.N.) ist es für eine Auswahlentscheidung nach der Rechtsprechung so, dass die zugrundeliegenden Tatsachen nur insoweit einer konkreten Darlegung und gerichtlichen Feststellung bedürfen, als der Dienstherr entweder historische Einzelvorgänge aus dem gesamten Verhalten des Beamten ausdrücklich in der Auswahlentscheidung erwähnt oder die Auswahlentscheidung oder einzelne in ihr enthaltene wertende Schlussfolgerungen erkennbar auf bestimmte Tatsachen, insbesondere auf konkrete aus dem Gesamtsachverhalt herausgelöste Einzelvorkommnisse stützt. Dagegen sind hinsichtlich der in einer Auswahlentscheidung enthaltenen (reinen) Werturteile nicht die Darlegung und der Beweis der zugrundeliegenden unbestimmten Fülle von Einzeltatsachen (Vorkommnissen, Verhaltensweisen und Erscheinungen) erforderlich. Solche Werturteile sind lediglich so weit plausibel und nachvollziehbar zu machen, dass das Verwaltungsgericht sie im Rahmen der eingangs genannten, für Akte wertender Erkenntnis geltenden Prüfungsmaßstäbe nachprüfen kann (BVerwG, Urt. v. 26.06.1980 - 2 C 8.78 -, BVerwGE 60, 245, 248; Nds.OVG, Beschl. v. 16.02.2000 - 5 M 4654/99 -). Dies gilt ebenso für die Bewertung eines stellenbezogenen Auswahlgesprächs, auf die die Auswahlentscheidung gestützt wird.

Diesen Anforderungen trägt der Vermerk des Beurteilers vom 21. Juni 2007 jedoch nicht Rechnung. Der Beurteiler erläutert darin zwar im Einzelnen, worauf die Antragsgegnerin in ihrem Beschwerdevorbringen hinweist, aus welchen Gründen er von fehler- und lückenhaften Kenntnissen der Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Antragstellers und von einem qualitativen Unterschied des Gesprächs im Vergleich zu den Mitbewerbern ausgeht. Die Ausführungen können jedoch die Plausibilität des Ergebnisses des Auswahlgesprächs nicht belegen, da sie nach dem bisherigen Erkenntnisstand mit erheblicher Wahrscheinlichkeit teilweise auf einem unzutreffenden Sachverhalt beruhen, sodass nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden kann, dass auch die weiteren von dem Beurteiler angeführten Gründe auf einem unvollständigen oder unzutreffenden Sachverhalt beruhen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beurteiler den Vermerk erst über sechs Monate nach dem stellenbezogenen Gespräch gefertigt hat und der Antragsteller bereits im erstinstanzlichen Verfahren den weiteren Gründen für die Bewertung seines Auswahlgesprächs entgegengetreten ist.

Schließlich erweist sich der Erlass der Sicherungsanordnung auch nicht als rechtsfehlerhaft, weil eine Auswahl des Antragstellers ausgeschlossen ist. Vielmehr lässt sich aufgrund des Fehlers bei der Bewertung des stellenbezogenen Auswahlgesprächs nicht ausschließen, dass der Antragsteller bei einer erneuten Entscheidung der Antragsgegnerin ausgewählt werden wird (vgl. zu diesem Maßstab: BVerfG, Beschl. v. 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -, NVwZ-RR 2003, 200 <201>; Nds. OVG, Beschl. v. 25.7.2007 - 5 ME 137/07 -).

Der Möglichkeit der Auswahl des Antragstellers steht nicht entgegen, dass die von dem Beurteiler festgestellten fehler- und lückenhaften Kenntnisse der Rechts- und Verwaltungsvorschriften nach Auffassung der Antragsgegnerin nur einen Teilaspekt der Bewertung darstellten, die neben anderen Aspekten wesentliche Mängel in der Fachkompetenz des Antragstellers offenbart hätten. Denn die Auswahlentscheidung erweist sich in wesentlicher Beziehung bei der Bewertung des stellenbezogenen Auswahlgesprächs als unrichtig. Selbst wenn der Senat in Anwendung von § 114 Satz 2 VwGO die von der Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde hilfsweise vorgetragenen Auswahlerwägungen in seine Betrachtung einbezieht, vermag er die Feststellung, eine erneute Auswahl des Antragstellers sei ausgeschlossen, nicht zu treffen, da eine Plausibilität der Bewertung des Auswahlgesprächs durch den Vermerk des Beurteilers vom 21. Juni 2007 nicht gegeben ist. Die von der Antragsgegnerin aus dem Vermerk des Beurteilers hergeleitete Schlussfolgerung einer mangelnden Fachkompetenz des Antragstellers ist durch die Feststellungen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in einer Weise erschüttert worden, die eine hinreichende Orientierung der Auswahlentscheidung an den materiellen Kriterien der Bestenauslese wegen des voraussichtlich unzutreffenden zugrunde gelegten Sachverhalts nicht erkennen lässt (vgl. dazu auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 19.1.2006 - 1 B 1587/05 -, zitiert nach juris Langtext, Rn. 23).

Im Übrigen ist der Senat nicht berechtigt, eine Neubewertung des Auswahlgesprächs vorzunehmen und diese an die Stelle der Bewertung durch die Antragsgegnerin zu setzen.

Ende der Entscheidung

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