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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 13.02.2007
Aktenzeichen: 5 ME 62/07
Rechtsgebiete: BGB, GG, NBG, VwVfG


Vorschriften:

BGB § 1626
GG Art. 6 Abs. 2 S. 1
NBG § 87 Abs. 1 2
VwVfG § 24
VwVfG § 26 Abs. 3 S. 1
Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten; Schutz des Beamten vor Vorwürfen Dritter gegen die Amtsführung; Unaufklärbarkeit der Vorwürfe; Untersuchungsgrundsatz.

Die Fürsorgepflicht verpflichtet den Dienstherrn, den Beamten gegen unberechtigte Vorwürfe Dritter in Schutz zu nehmen und gegebenenfalls die fehlende Berechtigung dieser Vorwürfe aufzuklären. Die auf der Fürsorgepflicht beruhende Aufklärungspflicht des Dienstherrn wird allerdings durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und wichtige öffentliche Belange, die einer Aufklärung entgegenstehen, eingeschränkt.


NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG BESCHLUSS

Aktenz.: 5 ME 62/07

Datum: 13.02.2007

Gründe:

I.

Mit dem im Tenor bezeichneten und der Antragstellerin am 17. Oktober 2006 zugestellten Beschluss hat das Verwaltungsgericht den Antrag der Antragsstellerin, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, einzelne näher bezeichnete Sachverhalte, die den Beschwerden von Eltern über das Unterrichtsverhalten der Antragstellerin zugrunde liegen, aufzuklären und dazu insbesondere die jeweiligen Schülerinnen und Schüler sowie deren Mitschülerinnen und Mitschüler zu befragen, hilfsweise die Beschwerden abschließend zu bearbeiten, abgelehnt. Die Antragstellerin habe einen Anordnungsanspruch gegen die Antragsgegnerin auf Durchführung weiterer Ermittlungen in Bezug auf die Elternbeschwerden aus dem Schuljahr 2004/2005 nicht glaubhaft gemacht. Ein Beamter habe zwar einen auf der Fürsorgepflicht beruhenden Anspruch, dass sich der Dienstsherr schützend vor den Beamten stelle, wenn dieser wegen seiner Amtsführung unberechtigten Vorwürfen ausgesetzt sei. Dies setze voraus, dass die für den Dienstherrn handelnde Behörde die Vorwürfe prüfe und den Sachverhalt aufkläre. Darüber hinaus müsse der Dienstherr den Vorwürfen entgegentreten, wenn deren Haltlosigkeit feststehe. Vorliegend gehe es jedoch allein um den geltend gemachten Anspruch auf weitere Ermittlungen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Rechtsbeziehungen nicht losgelöst von Rechten anderer und öffentlichen Interessen betrachtet werden könnten, was auch für den Fürsorgeanspruch gelte. Dieser gebiete nicht, dass der Dienstherr im Interesse eines Beamten unter Hintanstellung erheblicher anderer Belange zur Aufklärung eines Sachverhalts, der Gegenstand von Beschwerden gegen die Amtsführung eines Beamten sei, sämtliche verfügbaren Beweismittel ausschöpfe. Die für das Verwaltungsverfahren gemäß § 24 VwVfG zu beachtenden Grundsätze seien entsprechend anzuwenden. Danach sei maßgeblich für Art und Umfang der Ermittlungen die von der Behörde gewonnene Überzeugung. Insoweit sei der Standpunkt der Antragsgegnerin, dass aus ihrer Sicht die in den Beschwerden aufgeführten Sachverhalte nicht ohne Vernachlässigung anderer rechtlicher Interessen zweifelsfrei aufzuklären seien, nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin habe im öffentlichen Interesse von einer weiteren Sachaufklärung absehen dürfen, da die rechtlichen Interessen der Eltern und Schüler zu beachten seien. Hierbei habe die Antragsgegnerin berücksichtigen dürfen, dass sich die Einlassungen der Antragstellerin und der Eltern unvereinbar gegenüber gestanden hätten und eine Einvernahme der Schüler nur gegen den Willen der Eltern möglich gewesen sei. Die Sorge, dass die betroffenen Schülerinnen und Schüler bei ihrer Vernehmung angesichts unterschiedlicher Erwartungshaltungen von Eltern und Mitschülern in eine Konfliktsituation geraten könnten, die im Interesse des Schulfriedens zu vermeiden sei, erscheine durchaus nachvollziehbar. Das zur Erfüllung des gemeinsamen Erziehungsauftrags von Eltern und Schule erforderliche Vertrauensverhältnis könnte dadurch erschüttert werden. Zudem weise die Antragsgegnerin zutreffend darauf hin, dass die Aussagen von Grundschülern einer 1. Klasse vor dem Hintergrund der bestehenden Spannungen zurückhaltend zu würdigen seien und dass es angesichts einer solchen Anhörung zu erneuten Konflikten in der Schule kommen könne, ohne dass letztlich eine tragfähigere Entscheidungsgrundlage gewonnen wäre. Für eine Verpflichtung der Antragsgegnerin im Eilverfahren, die Beschwerden - unabhängig von der in erster Linie begehrten weiteren Aufklärung durch Zeugenvernehmung - jedenfalls abschließend zu bearbeiten, fehle es jedenfalls an einem Anordnungsgrund, da ein solcher Anspruch, sofern er noch offen sein sollte, in einem etwaigen Hauptsachverfahren durchzusetzen sei, ohne dass die Antragstellerin wesentliche Nachteile erleide.

Hiergegen richtet sich die am 30. Oktober 2006 eingelegte und mit beim Oberverwaltungsgericht am 14. November 2006 eingegangenem Schriftsatz fristgerecht begründete Beschwerde der Antragstellerin. Nach ihrer Auffassung darf das Verwaltungsgericht den Schutz des Beamten durch den Dienstherrn nicht auf nur haltlose Vorwürfe beschränken, weil hierdurch der Anspruch des Beamten auf Schutz und Fürsorge ausgehöhlt werde. Eine Entscheidung darüber, ob die Beschwerden unberechtigt seien und der Beamte daher geschützt werden müsse, sei erst nach einer vollständigen Aufklärung des Sachverhalts möglich. Ohne eine solche Aufklärung sei ein wirksamer Schutz des Beamten nicht möglich. Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass gerade auch der Untersuchungsgrundsatz eine Verpflichtung zur vollständigen Ermittlung des Sachverhalts enthalte. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass der Dienstherr eine Prognose darüber treffen dürfe, ob und inwieweit eine weitere Sachverhaltsermittlung zum Erfolg führen werde, und er bei mangelnder Erfolgsaussicht von einer Aufklärung absehen könne, sei bereits vom Ansatz her fehlerhaft, da nach dem Untersuchungsgrundsatz der vollständige Sachverhalt zu ermitteln und nicht zu prognostizieren sei. Dies gelte insbesondere dann, wenn dem Dienstherrn der Zeugenbeweis als Aufklärungsmittel zur Verfügung stehe. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts laufe auf eine unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung hinaus, die mit dem Untersuchungsgrundsatz nicht vereinbar sei. Soweit das Verwaltungsgericht damit argumentiere, dass eine vollständige Aufklärung des Sachverhalts zu neuen Konflikten in der Schule führen werde und eine Vermeidung solcher Konflikte im öffentlichen Interesse liege, verkenne es, dass der Fürsorgeanspruch des Beamten auf Schutz durch seinen Dienstherrn nicht unter dem Vorbehalt etwaiger anderer öffentlichen Interessen stehe. Vielmehr habe der Dienstherr die Interessen des Beamten in gebührender Weise zu berücksichtigen. Der Dienstherr könne sich seiner Fürsorgepflicht nicht durch Berufung auf andere Konflikte entziehen. Zumindest hätte der Dienstherr - wenn man den Konflikt mit den öffentlichen Interessen berücksichtigen und der Auffassung des Verwaltungsgerichts folgen wollte - den Konflikt mit dem Vorwurf, dem der Beamte ausgesetzt sei, abwägen müssen, wobei das Recht des Beamten auf Schutz umso stärker sei, je gravierender die Vorwürfe (hier die Köperverletzung von Schutzbefohlenen) seien. Dies habe das Verwaltungsgericht ebenso wenig berücksichtigt wie das gesteigerte Schutzbedürfnis des Beamten, wenn der Dienstherr durch personalplanerische Maßnahmen auf Seiten der Beschwerdeführer den Eindruck erwecke, deren Beschwerden hätten Erfolg gehabt. In tatsächlicher Hinsicht sei die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht haltbar, dass die betroffenen Schülerinnen und Schüler im Falle ihrer Vernehmung in eine Konfliktsituation geraten könnten, da es bei der Ermittlung der Wahrheit nicht zu Konfliktsituationen kommen könne. Der Hinweis auf einen gestörten Schulfrieden überzeuge ebenfalls nicht, da die Schulverwaltung verpflichtet sei, Beschwerden nachzugehen und dieses den Eltern deutlich zu machen. Die Antragsgegnerin habe von Anfang an die Beschwerden nicht bearbeiten wollen. Stattdessen sei die Antragstellerin aus der Schule genommen worden. Dies sei mit dem Schutzanspruch des Beamten nicht zu vereinbaren. Da ein wirksamer Schutz des Beamten nur bei zeitnaher Bearbeitung der gegen ihn erhobenen Beschwerden erreicht werden könne, sei hinsichtlich des gestellten Hilfsantrags entgegen der verwaltungsgerichtlichen Auffassung ein Anordnungsgrund gegeben. Ansonsten sei zu befürchten, dass Beweismittel bereits durch Zeitablauf verloren gingen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Osnabrück vom 12. Oktober 2006 - 3. Kammer - die Antragsgegnerin durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten,

einzelne näher bezeichnete Sachverhalte aufzuklären und dazu insbesondere die jeweiligen Schülerinnen und Schüler sowie deren Mitschülerinnen und Mitschüler zu befragen,

hilfsweise

die Beschwerden abschließend zu bearbeiten.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Nach ihrer Auffassung bestehe ein Anordnungsanspruch nicht, da § 24 VwVfG keinen Hinweis darauf gebe, dass (Grund-)Rechte Dritter, hier insbesondere der zu vernehmenden Schüler, im Rahmen der Amtsermittlung unberücksichtigt zu bleiben hätten. Darüber hinaus fehle es an einem Anordnungsgrund, da die Antragstellerin nicht habe begründen können, warum hier eine Entscheidung gerade im Eilverfahren unabweisbar sein solle.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze und wegen des Sachverhalts im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin (Beiakten A - D) Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die von der Antragstellerin gegen den verwaltungsgerichtlichen Beschluss vorgebrachten Gründe sind nicht geeignet, eine Änderung des angefochtenen Beschlusses und den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu rechtfertigen, § 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO.

Das Verwaltungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die Antragstellerin einen mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruch auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO), durch die die Antragsgegnerin zur Durchführung weiterer Ermittlungen verpflichtet wird, nicht glaubhaft gemacht hat (§§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2, 294 ZPO).

Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 87 NBG) ist unmittelbare und selbständige Rechtsgrundlage für den Anspruch des Beamten auf Schutz und Wahrung seiner Persönlichkeitsrechte. Sie umfasst die in § 87 Abs. 1 Satz 2 NBG ausdrücklich angesprochene Verpflichtung, den Beamten bei seiner amtlichen Tätigkeit und in seiner Stellung als Beamter zu schützen. Dazu gehört es, den Beamten gegen unberechtigte Vorwürfe in Schutz zu nehmen (vgl.: BVerfG, Beschl. v. 15.12.1976 - 2 BvR 841/73 -, BVerfGE 43, 154 <165>; BVerwG, Urt. v. 29.6.1995 - 2 C 10.93 -, BVerwGE 99, 56 <59>; Urt. v. 27.2.2003 - 2 C 10.02 -, BVerwGE 118, 10 <13>; Plog/Wiedow, BBG, Stand: März 2006, § 79, Rn. 19). Um dieser Verpflichtung nachkommen zu können, ist der Dienstherr nach § 87 Abs. 1 Satz 2 NBG ebenfalls verpflichtet, die Vorwürfe Dritter gegen die Amtsführung eines Beamten aufzuklären, wenn deren Berechtigung nicht feststeht (so auch VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 18.5.1982 - 4 S 2218/81 -, ZBR 1983, 265). Denn nur bei grundsätzlich vollständiger Aufklärung des den Vorwürfen zugrunde liegenden Sachverhalts kann dem Schutzanspruch des Beamten gegen den Dienstherrn Geltung verschafft werden. Hiervon ist auch das Verwaltungsgericht ausgegangen, wenn es unter Heranziehung der zu § 24 VwVfG entwickelten Grundsätze prüft, ob die Antragsgegnerin ihrer Ermittlungspflicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist. Der Einwand der Antragstellerin, das Verwaltungsgericht habe den Schutz des Beamten gegenüber unberechtigte Vorwürfe gegen seine Amtsführung nur auf solche Vorwürfe beschränkt, deren Unrichtigkeit tatsächlich feststehe, greift demnach ebenso wenig durch wie ihre Rüge, dass Verwaltungsgericht habe die Pflicht zur vollständigen Ermittlung des Sachverhalts verkannt.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich darüber hinaus auch nicht als rechtsfehlerhaft, soweit es eine Grenze für die Aufklärung der Berechtigung von Vorwürfen Dritter gegen die Amtsführung eines Beamten nach Maßgabe von § 24 VwVfG dort zieht, wo rechtliche Interessen anderer und öffentliche Interessen einer weiteren Aufklärung entgegenstehen. Der Senat kann es aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur summarischen Prüfung dahingestellt sein lassen, ob sich Art und Umfang der Ermittlungspflicht des Dienstherrn - wie das Verwaltungsgericht meint - nach den zu § 24 VwVfG entwickelten Grundsätzen richten. Denn auch nach Auffassung des Senats gilt der auf der Fürsorgepflicht des Dienstherrn beruhende Anspruch des Beamten auf Persönlichkeitsschutz nicht ohne Einschränkungen. Er wird jedenfalls durch den allgemein geltenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und durch entgegenstehende wichtige öffentliche Belange eingeschränkt (vgl. zu Letzterem BVerwG, a.a.O., BVerwGE 118, 10 <13>). Dies gilt auch für den vorliegend geltend gemachten Anspruch auf weitere Ermittlungen.

Soweit der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten ist, hat die Behörde alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die nach Lage des Einzelfalles zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheinen (vgl.: BVerwG, Beschl. v. 21.10.1987 - 7 B 162/87 -, NJW 1988, 1104 <zitiert nach juris>). Der Antragstellerin ist zuzugeben, dass bei dem Umfang der vom Dienstherrn anzustellenden Ermittlungen auch die Schwere der gegenüber dem Beamten erhobenen Vorwürfe zu berücksichtigen ist. Hier ist der Antragstellerin von den Eltern der Schüler u. a. vorgeworfen worden, sie habe die Kinder im Unterricht eingeschüchtert, behinderte Kinder diskriminiert und eine Köperverletzung im Amt bzw. eine Misshandlung von Schutzbefohlenen begangen. Allein die Behauptung derartiger Vorwürfe ist geeignet, die Persönlichkeitsrechte der Antragstellerin zu verletzen, weshalb die Aufklärung der diesen Vorwürfen zugrunde liegenden Sachverhalte grundsätzlich im Interesse der Beamtin zu erfolgen hat. Bei der Frage der Angemessenheit einer weiteren Aufklärung ist jedoch von der Antragsgegnerin zutreffend der Umstand berücksichtigt worden, dass die Antragstellerin zwischenzeitlich wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden ist, sie sich also nicht mehr im aktiven Dienst befindet und daher der Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte vor mit der Ausübung des Dienstes in Zusammenhang stehenden Vorwürfen zumindest nicht den Stellenwert hat, der ihm zukäme, wenn die Antragstellerin noch - sei es auch an einer anderen Schule - Unterricht erteilen würde. Nicht berücksichtigen musste die Antragsgegnerin indes den Umstand, dass die Abordnung der Antragstellerin an die B. nicht verlängert wurde und dadurch ihrer Meinung nach der Eindruck entstanden sei, die Vorwürfe seien berechtigt. Die Antragstellerin hätte auf die Beachtung dieses Gesichtspunktes bei der Entscheidung der Antragsgegnerin über die Verlängerung ihrer Abordnung dringen müssen. Vorliegend ist - unter Berücksichtigung der dargestellten Umstände - das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Auffassung davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin eine Zeugeneinvernahme der Schüler für nicht geboten, also für nicht angemessen und zumutbar erachten durfte. Einer solchen Einvernahme stand und steht auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch entgegen, dass - ausweislich der Stellungnahme des Schulleiters der C. vom 30. Mai 2005 - die Eltern der damals sechs- bis siebenjährigen Schüler der 1. Klasse mit einer Einvernahme ihrer Kinder nicht einverstanden gewesen sind. Der Schulleiter war nach Auffassung des Senats auch in Anbetracht der Schwere der Vorwürfe nicht gehalten, die betroffenen Schüler und deren Mitschüler gegen den Willen der Eltern zu vernehmen. Denn eine solche Einvernahme verstieße nicht nur gegen das in Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verfassungsrechtlich verankerte natürliche Recht der Eltern auf Pflege und Erziehung der Kinder, das u. a. in dem Recht zur Ausübung der Personensorge (§ 1626 BGB) seinen Niederschlag findet. Sie stünde auch mit verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen nicht im Einklang, da bei einer Weigerung zur Zeugenaussage - insoweit dürfte hier auf den maßgeblichen Willen der Eltern abzustellen sein - eine Pflicht zur Aussage nicht anzuerkennen ist. Eine solche Pflicht besteht nicht einmal im Verwaltungsverfahren (vgl. § 26 Abs. 3 Satz 1 VwVfG, § 1 Abs. 1 NdsVwVfG). Dass der Antragsgegnerin mithin die Zeugeneinvernahme als zulässiges Beweismittel zur Verfügung gestanden habe bzw. steht und ihr Absehen hiervon vom Verwaltungsgericht als unzulässige vorweggenommene Beweiswürdigung gebilligt worden sei, vermag der Senat aus diesen Gründen nicht zu erkennen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Weigerung der Eltern, ihre Kinder als Zeugen vernehmen zu lassen, gerade dazu dient, die von der Antragsgegnerin für das Absehen einer weiteren Aufklärung angeführte Konfliktsituation der Schüler gegenüber ihren Eltern einerseits und der Schule sowie den Mitschülern andererseits zu vermeiden. Hierauf hat das Verwaltungsgericht zu Recht bei seiner Entscheidung, ob die Antragsgegnerin von einer weiteren Sachverhaltsaufklärung habe absehen dürfen, abgestellt.

Der Senat vermag der Antragstellerin auch nicht zu folgen, soweit sie meint, das Verwaltungsgericht habe die Ablehnung ihres Anspruchs auf Durchführung weiterer Ermittlungen nicht wegen der Gefahr des Entstehens neuer Konflikte in der Schule ablehnen dürfen. Die Verhinderung einer Störung des Schulfriedens, das Erziehungsrecht der Eltern und die Erfüllung des Erziehungsauftrages des Staates, der eigenständig neben dem elterlichen Erziehungsrecht zu beachten ist, stellen wichtige öffentliche Belange dar, die geeignet sind, die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten in Bezug auf den Schutz seiner Persönlichkeitsrechte einzuschränken (vgl. auch BVerfG, 2 BvR 1436/02, BVerfGE 108, 282 <301, 303> zur Bedeutung des Schulfriedens und der Erfüllung des Erziehungsauftrags des Staates neben dem elterlichen Erziehungsrecht). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts Bezug genommen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Andere Beweismittel, die nach Lage des Falles der Antragsgegnerin zur Klärung der Vorwürfe zur Verfügung gestanden hätten und angemessen und zumutbar gewesen wären, sind weder ersichtlich noch von der Antragstellerin mit ihrer Beschwerde vorgetragen worden.

Hinsichtlich des hilfsweise geltend gemachten Anspruchs auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, durch die die Antragsgegnerin zur abschließenden Bearbeitung der Beschwerden verpflichtet wird, hat das Verwaltungsgericht die Frage, ob ein Anspruch auf abschließende Bearbeitung besteht, offen gelassen. Insoweit merkt der Senat lediglich an, dass Teil des im Rahmen der Fürsorgepflicht geschuldeten Schutzes des Beamten bei seiner amtlichen Tätigkeit der Anspruch ist, dass der Dienstherr die Ansehensbeeinträchtigung nicht fortbestehen lässt, sondern sie für die Zukunft durch eine geeignete, nach Form und Adressatenkreis der beeinträchtigenden Äußerung möglichst entsprechenden Erklärung ausräumt (vgl.: BVerwG, a.a.O., BVerwGE 99, 56 <63>). Es sprechen keine Gesichtspunkte dagegen, diese Grundsätze auch für den Fall anzuwenden, dass durch nicht aufklärbare Vorwürfe Dritter gegen die Amtsführung eine Ansehensbeeinträchtigung des Beamten eingetreten ist. Demnach ist der Dienstherr verpflichtet, unter Hinweis auf die Unaufklärbarkeit der Vorwürfe durch eine entsprechende Erklärung die Ansehensbeeinträchtigung auszuräumen. Einer Entscheidung hierüber und zu der Frage, ob weitere von dem Hauptantrag nicht erfasste Maßnahmen zur abschließenden Bearbeitung der Beschwerden erforderlich sind, bedarf es in diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes aber nicht, weil das Verwaltungsgericht rechtfehlerfrei davon ausgegangen ist, dass jedenfalls der nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO für den Erlass einer dem Hilfsantrag entsprechenden einstweiligen Anordnung vorausgesetzte Anordnungsgrund nicht besteht. Selbst wenn der Senat der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (a.a.O.) folgt und von einer alsbaldigen Pflicht zur Aufklärung der Vorwürfe ausgeht, ist nicht ersichtlich, dass auf Seiten der Antragstellerin, die sich zum Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bereits im Ruhestand befunden hat, ohne eine sofortige abschließende Bearbeitung der Beschwerden einschließlich der vorstehend erläuterten Abschlusserklärung insoweit eine Gefahr der Vereitelung oder wesentlichen Erschwerung der Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin besteht, die eine dem Hilfsantrag entsprechende Anordnung rechtfertigen könnte. Ein Verlust insbesondere von solchen Beweismitteln, von deren Inanspruchnahme nach den vorigen Ausführungen die Antragsgegnerin rechtmäßiger Weise keinen Gebrauch gemacht hat, ist ebensowenig erkennbar wie eine gegenwärtig drohende Gefährdung der Amtsführung, die erst nach einer Reaktivierung in Betracht käme, oder der Persönlichkeitsrechte der Antragstellerin als Ruhestandbeamtin.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 53 Abs. 3, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 2, 63 Abs. 3 GKG. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Halbierung des Auffangwertes (§ 52 Abs. 2 GKG) hält der Senat nicht für gerechtfertigt, weil der Auffangwert unabhängig von der Verfahrensart (Hauptsacheverfahren oder Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes) gesetzlich festgelegt ist (Nds. OVG, Beschl. v. 4.5.2005 - 5 OA 69/05 - m. w. N.).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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