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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 02.03.2007
Aktenzeichen: 5 OB 126/07
Rechtsgebiete: NBG, Nds. AG VwGO, VwGO


Vorschriften:

NBG § 192 Abs. 4 S. 1
NBG § 192 Abs. 4 S. 2
Nds. AG VwGO § 8a Abs. 3 S. 1 Nr 1
VwGO § 146 Abs. 3
VwGO § 162 Abs. 2 S. 2
Gemäß § 192 Abs. 4 Satz 1 NBG bedarf es in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten wegen einer Auswahlentscheidung, die während des Zeitraumes vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2009 getroffen worden ist, keines Vorverfahrens.
NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG BESCHLUSS

Aktenz.: 5 OB 126/07

Datum: 02.03.2007

Gründe:

Die Beschwerde des Klägers, die sich dagegen richtet, dass es die Vorinstanz abgelehnt hat, die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Verfahren über seinen Widerspruch gegen die Auswahl eines anderen Beförderungsbewerbers gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, ist zulässig, aber unbegründet.

Zulässig ist die Beschwerde, obwohl sie - entgegen der insoweit unrichtigen Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Beschlusses - nicht schlechthin statthaft ist, sondern gemäß § 146 Abs. 3 VwGO lediglich dann, wenn der Beschwerdewert zweihundert Euro übersteigt (Bader, in: Bader Funke/Kaiser/Kuntze/v. Albedyll, VwGO, 3. Aufl. 2005, Rdnr. 15 zu § 162). Dies ist hier allerdings der Fall, weil der Bevollmächtigte des Klägers gemäß Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses (Anlage 1 zu dem RVG) eine Geschäftsgebühr in Höhe von grundsätzlich mindestens 263 EUR (der Hälfte der vollen Gebühr von 526 EUR aus einem Gegenstandswert von 11.257,48 EUR) geltend machen könnte, wäre seine Zuziehung im Vorverfahren notwendig gewesen.

Die Beschwerde ist unbegründet, weil dem Verwaltungsgericht darin zu folgen ist, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren hier nicht notwendig im Sinne des § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO war. Gemäß § 192 Abs. 4 Satz 1 NBG bedarf es nämlich in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten wegen einer Auswahlentscheidung, die während des Zeitraumes vom 1. Januar 2005 bis zum 31. Dezember 2009 getroffen worden ist, keines Vorverfahrens (Nds. OVG, Beschl. v. 31. 5. 2006 - 5 ME 254/05 - und Beschl. v. 21. 8. 2006 - 2 ME 1032/06 -).

Etwas anderes kann nicht aus § 192 Abs. 4 Satz 2 NBG entnommen werden. Denn entgegen der Annahme des Klägers ist ein Auswahlgespräch keine berufsbezogene Prüfung, sind im Rahmen eines Auswahlgesprächs vorgenommene Bewertungen keine dienstlichen Beurteilungen und ist eine Auswahlentscheidung für eine Beförderung keine Maßnahme in besoldungsrechtlichen Angelegenheiten.

Die Gesetzesmaterialien zu dem Gesetz zur Modernisierung der Verwaltung in Niedersachsen, durch dessen Artikel 4 die Regelung des § 192 Abs. 4 NBG in das Niedersächsische Beamtengesetz eingefügt wurde (Nds. GVBl. 2004, 394 [395 f.]), ergeben vielmehr Folgendes: Berufsbezogene Prüfungen im Sinne des § 192 Abs. 4 Satz 2 NBG (und des § 8a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Nds. AG VwGO) sind nur berufsbezogene Prüfungen, namentlich Laufbahnprüfungen ([Regierungs-] Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Verwaltung in Niedersachsen, LT-Drs. 15/1121, S. 23, Zu Art. 4, Zu Nr. 4, und S. 21, Zu § 8a Nds. AG VwGO, Zu Abs. 3), bei denen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 17. 4. 1991 - 1 BvR 419/81 und 213/83 -, BVerfGE 84, 34 [45 ff.]) im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG ein Vorverfahren stattfinden muss (Schriftlicher Bericht zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung [LT-Drs. 15/1121] und zu der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und für Sport [LT-Drs. 15/1360], in: LT-Drs. 15/2166, S. 8, Zu Art. 4, Zu Nr. 4 [§ 192], Zu Buchst. e, Zu Abs. 4, und S. 5, Zu Abs. 3, Zu Satz 1 Nr. 1). Zu diesen Prüfungen gehören Auswahlgespräche im Vorfeld einer Beförderungsentscheidung nicht.

Dienstliche Beurteilungen im Sinne des § 192 Abs. 4 Satz 2 NBG sind nur förmliche Beurteilungen nach dem einschlägigen Laufbahnrecht (hier: § 40 NLVO), weil der Gesetzgeber der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerfG, Beschl. v. 29. 5. 2002 - 2 BvR 723/99 -, DVBl. 2002, 1203 [1204] unter Bezugnahme auf BVerwG, Beschl. v. 26. 6. 1980 - BVerwG 2 C 8.78 -, BVerwGE 60, 245 [251 f.]) zu solchen Beurteilungen entnommen hat, dass "mit gewisser Wahrscheinlichkeit" auch in diesem Bereich die Durchführung eines verwaltungsbehördlichen Vorverfahrens verfassungsrechtlich geboten sei (Schriftlicher Bericht, a. a. O., S. 8, Zu Art. 4, Zu Nr. 4 [§ 192], Zu Buchst. e, Zu Abs. 4). Bewertungen im Rahmen eines Auswahlgesprächs stellen keine dienstlichen Beurteilungen gemäß § 40 NLVO dar. Insbesondere haben sie einen geringeren Aussagewert als derartige Beurteilungen, weil sie lediglich das Ergebnis einer Momentaufnahme sind, die als solche nur einen eingeschränkten Ausschnitt des entscheidungserheblichen Sachverhalts erfassen kann (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 13.10.2006 - 5 ME 115/06 -).

Maßnahmen in besoldungsrechtlichen Angelegenheiten (§ 192 Abs. 4 Satz 2 NBG), sind allein solche, die sich unmittelbar auf die Besoldung beziehen, insbesondere durch das Landesamt für Bezüge und Versorgung getroffen werden ([Regierungs-] Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Verwaltung in Niedersachsen, LT-Drs. 15/1121, S. 23, Zu Art. 4, Zu Nr. 4). Hierzu zählen Auswahlentscheidungen für eine Beförderung ebenfalls nicht.

Der Kläger trägt gemäß § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Verfahrens über seine Beschwerde.

Der Festsetzung eines Streitwertes für das Beschwerdeverfahren bedarf es nicht, da keine Gerichtsgebühr anfällt, die in ihrer Höhe von einem solchen Wert abhängig ist (vgl. aber Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 [zu § 3 Abs. 2] des GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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