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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 25.01.2005
Aktenzeichen: 7 KS 139/02
Rechtsgebiete: BJagdG, BNatSchG, FStrAbG, FStrG, NNatSchG, VwVfG


Vorschriften:

BJagdG § 5 II
BJagdG § 7 I 1
BNatSchG § 19
BNatSchG § 20 IV 1
FStrAbG § 1
FStrG § 17 I 2
FStrG § 17 IV 1
NNatSchG § 12 I
VwVfG § 73 IV 1
Fernstraßenrechtliches Planfeststellungsverfahren, materielle Präklusion, Planrechtfertigung, Bindungswirkung des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen, Trassenwahl, Abwägungsgebot, Reichweite der Schadstoffbelastung der Straßenrandstreifen, Ersatzmaßnahmen auf den Klägern nicht gehörenden Grundstücken, Wildbestand und Eigenjagdbezirk als Abwägungskriterien.
Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der - inzwischen aufgelösten - Bezirksregierung Weser-Ems vom 25. April 2002 (PfB), mit dem der Bau der etwa 9 km langen östlichen Umgehung der Stadt Norden zugelassen worden ist.

Unter dem 26. Juli 1999 beantragte das ehemalige Straßenbauamt Aurich die Planfeststellung "für den Bau der Ortsumgehung Norden im Zuge der B 72 in den Gemarkungen Lintelermarsch, Norden, Süderneuland II (Stadt Norden) und Lütetsburg (Samtgemeinde Hage)". Zur Beschreibung von Anlass und Zweck des Vorhabens nahm es auf den beigefügten Erläuterungsbericht Bezug. In diesem wird dargestellt, dass der Plan in der Verlegung der Bundesstraße 72 als östliche Umgehungsstraße für die Stadt Norden von Bau-km 0+994 bis Bau-km 9+683 besteht. Die Ortsumgehung solle die vorhandene teils sehr enge Ortsdurchfahrt ersetzen und damit Infrastruktur wie Wohnqualität verbessern. Sie sei im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen als vordringlicher Bedarf enthalten. Der Verkehrsfluss auf der B 72, die von Cloppenburg (BAB 1) über Hesel, Aurich, Georgsheil nach Norden/Norddeich (Osthafen) führe, sei im Innenstadtbereich von Norden besonders wegen der hohen Belastung während der Urlaubszeit (Nordseebad sowie vorgelagerte Inseln Juist und Norderney) häufig gestört. Den Plan, die B 72 (früher B 70) aus der Stadt herauszuverlegen, gebe es bereits seit den 60er Jahren des jetzt letzten Jahrhunderts. 1982 sei erstmals ein Raumordnungsverfahren abgeschlossen und 1985 eine Linienbestimmung mit einer Trasse auf der Ostseite der Stadt vorgenommen worden. Eine Westumgehung sei nicht sinnvoll, weil dann die starken werktäglichen Verkehrsströme aus Richtung Hage über die Heerstraße (L 6) und Osterstraße (K 242) sowie nördlich über die Ostermarscher Straße (L 5) weiter durch die Innenstadt fließen würden. Für den Urlauber- und Wochenendverkehr gelte das gleiche; es bestünden auch hier starke Eckbeziehungen aus Richtung Hage (L 6). Außerdem würden die vorhandenen und geplanten Wohngebiete stärker beeinträchtigt. Von 1990 bis 1992 sei eine Umweltverträglichkeitsstudie durchgeführt und 1993 ein Variantenvergleich (sämtlich auf der Ostseite) angestellt worden. Die gesamtplanerische Begutachtung durch die Bezirksregierung habe die 1985 linienbestimmte Trasse bestätigt. Sie sei aus den Varianten II und III optimiert und weitgehend mit der linienbestimmten Trasse identisch. Lediglich im mittleren Teil sei sie aus Gründen des Natur- und Landschaftsschutzes näher an den Stadtrand herangerückt worden. Im Süden sei zur Minimierung des Eingriffs in den Waldbestand wieder eine engere Führung gewählt worden; im Übrigen liege die Trasse östlich von Tidofeld. Die neue B 72 sei als anbaufreie Straße mit einem Querschnitt von 10,5 m Kronenbreite (Fahrbahn 7,5 m, Bankette 1,5 m, Böschungen und Entwässerungsgräben durchschnittlich 5 m) geplant. Die Länge der Baustrecke betrage 8,689 km.

Der Plan lag bei der Stadt Norden und der Samtgemeinde Hage vom 23. August 1999 bis zum 23. September 1999 zur Einsicht aus. In der öffentlichen Bekanntmachung war darauf hingewiesen worden, dass Einwendungen zur Vermeidung des Ausschlusses bis zum 8. Oktober 1999 zu erheben seien.

Mit Schreiben vom 4. Oktober 1999 bezweifelte die Klägerin zu 1.), deren landwirtschaftlich genutzte (verpachtete) Flächen die geplante Trasse nördlich des Tidofelder Holzes etwa mittig durchschneidet, dass mit der Ortsumgehung die angestrebte Entlastung erreicht werden könne. Die wirkliche Alternative, nämlich eine Westumgehung, sei nicht untersucht worden. Sie verwahre sich gegen die starke Inanspruchnahme ihres Landes durch die Trasse sowie durch die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, zumal diese in ihrer Wirkung zweifelhaft seien. Der Hof werde derzeit durch einen privaten Wirtschaftsweg erschlossen. Dieser wie überhaupt die Erschließung müssten erhalten bleiben. Den geplanten weiteren Wirtschaftsweg lehne sie als unnötig ab. Zum Schutz vor Wildunfällen sei die Anlage eines Schutzzaunes beidseits der geplanten Trasse notwendig. Die Abgabe von Flächen für landschaftspflegerische Maßnahmen komme für sie nicht in Betracht, weil dadurch möglicherweise die Eigenschaft des Hofes als geschlossener Eigenjagdbezirk in Frage gestellt werde.

Die Klägerin zu 2.), deren (ebenfalls verpachtete) landwirtschaftliche Flächen die Trasse im südlichen Bereich quert, wandte mit Schreiben vom 5. Oktober 1999 ein, dass die Aussicht, ihr Grundstück werde einmal zu Bauland, durch die Planung zunichte gemacht werde. Aktuell werde infolge der Durchschneidung die Bewirtschaftung erschwert oder unmöglich. Lärm und Abgase würden die Lebensqualität auf dem Hof beeinträchtigen. Zu Nutzungseinschränkungen werde es auch infolge von Ausgleichsmaßnahmen kommen, die auf dem angrenzenden Grundstück geplant seien (aussamende Gräser). Beim Bau werde das Vieh beunruhigt und in seiner Leistung beeinträchtigt. Insgesamt sehe sie Landschaftsbild und Erholungswert der Gegend beeinträchtigt.

Der Kläger zu 3.) gab - undatiert - und ohne weitere Begründung zu Protokoll, mit der Trassenführung im Bereich seines Grundstücks Flur 7, Flurstück 58/18 nicht einverstanden zu sein.

Der Kläger zu 4.) meldete sich mit Schreiben vom 15. November 2001 zu Wort. Aus der Presse habe er erfahren, dass im Bereich des Bahnhofs Norden die Bahnanlagen der DB Netz AG höhengleich gekreuzt würden. Die Kreuzung solle im Bereich seines Ausziehgleises (Nr. 8) erfolgen, das er mit Erlaubnis des Fleckens Dornum nutze, der die Genehmigung zum Betrieb der Infrastruktur im Bahnhof Norden besitze. Dagegen wende er sich. Der Flecken hatte sich mit Schreiben vom 28. September 1999 unter Berufung u.a. auf den Museumseisenbahnbetrieb geäußert und der Verlegung des Bahnübergangs "grundsätzlich zugestimmt"; entsprechend hatte sich die zuständige Gesellschaft für Landeseisenbahnaufsicht unter dem 5. August 1999 geäußert.

Die Stellungnahmen und Einwendungen wurden an 18 Tagen des Jahres 2001 in Norden erörtert.

Mit Beschluss vom 25. April 2002 stellte die Bezirksregierung Weser-Ems den Plan unter Berichtigung von Unterlagen, unter Änderungen (vor allem von vorgesehenen Anschlussbauwerken und Ausgleichsmaßnahmen), Nebenbestimmungen und Hinweisen sowie unter Zurückweisung der verbliebenen Einwendungen fest.

Zur Begründung des Vorhabens führte sie aus: Die Ortsumgehung Norden (B 72n) bilde den nördlichsten Abschnitt der B 72 zwischen der A 1 bei Cloppenburg und der Nordseeküste. Die Straße habe eine erhebliche Verkehrsbedeutung bei der Anbindung des mittelostfriesischen Raumes und der Küstenregion an die Autobahnen A 1, A 28 und A 31. Sie bewältige insbesondere den starken Touristenverkehr an die Nordseeküste und auf die Ostfriesischen Inseln und erhebliche Pendlerströme von und nach Aurich und Emden. Daneben habe sie hohe Bedeutung für den Austausch der Warenverkehre und sei die einzige Anbindung von Stadt und Umland Norden über eine Bundesstraße. Der Bauabschnitt binde die stark befahrene Landesstraße 6, die Landesstraßen 4 und 5 und die Inselverkehre Norderney und Juist an das Fernverkehrsnetz ohne Durchfahrung des Stadtkerns von Norden unmittelbar an. Im Inselverkehr seien 1999 etwa 2 Mio. Personen über die Fähren von bzw. nach Juist/Norderney sowie 160.000 Kraftfahrzeuge (1998) befördert worden. Die Errichtung eines Großparkplatzes südlich der Stadt Norden anstelle der Umgehung habe keine realistische Alternative dargestellt. Die Ortsumgehung Norden der B 72n habe neben der Netzbildung eine erhebliche Entlastungsfunktion. Sie entlaste zunächst die B 72 alt, die über die Bahnhofstraße und dann jeweils zweispurig im Richtungsverkehr über die Hering-/Uffenstraße und den Burggraben und damit durch die historische Innenstadt Nordens verlaufe. Ohne die Umgehungsstraße sei es der Stadt nicht möglich, eine in diesem Bereich Verkehrsberuhigung durchzuführen. Zwar sei in Norden bereits eine Fußgängerzone durch eine frühere Verlegung der B 72 auf das vorgenannte innerstädtische Straßensystem eingerichtet worden (Neuer Weg), jedoch sei der weiteren Verkehrsberuhigung auch in dem Bereich, der durch den historischen Marktplatz geprägt sei, ein hohes öffentliches Interesse beizumessen. Ohne eine solche Verkehrsberuhigung sei es der Stadt nicht möglich, das historische Ensemble am Marktplatz fortzuentwickeln sowie es durch Erlebnis-, Gastronomie- und sonstige Dienstleistungsbereiche attraktiver zu gestalten. Bereits jetzt könne Staueffekten in der Innenstand durch Umleitungen praktisch nicht begegnet werden. Auch der neue Straßenzug "Im Horst" könne ohne unzuträgliche Eingriffe in die Bebauung nicht in Richtung Norddeich verlängert werden. Die Ortsdurchfahrt Norden der B 72 sei mit 21.600 Kfz/24 h (Bahnhofstraße, Prognosebelastung: 26.500) bzw. mit 16.200 Kfz/24 h (Norddeicher Straße) hoch belastet. Durch die Umgehungsstraße werde nach dem Ergebnis der Verkehrsuntersuchung vom April 1996 die Ortsdurchfahrt von 36 % (Bereich Bahnhofstraße) bis 63 % (Bereich Norddeicher Straße) des Verkehrs entlastet. Variiert nach den Spitzenbelastungen an Wochenenden und im Sommer steige der Entlastungseffekt noch wesentlich an. Auf der B 72n würden demgemäß unter Einbeziehung des allgemeinen Verkehrsanstiegs bis zum Jahr 2010 Verkehrsbelastungen von 17.000 Kfz/24 h (Abschnitt südlich der Einmündung der L 4), abfallend auf 9.000 Kfz/24 h (Abschnitt zwischen der L 5 und dem Ekeler Weg) und wieder ansteigend auf 10.600 (Abschnitt Norddeich) prognostiziert. Durch weitere städtebauliche Maßnahmen und die Fertigstellung der Tangente "Im Horst" könne im historischen Innenstadtbereich das Verkehrsaufkommen weiter verringert werden. Durch die Bündelung der innerstädtischen Verkehre werde auf der südlichen Bahnhofstraße mit etwa 15.900 Kfz/24 h (Prognosebelastung) allerdings eine erhebliche Verkehrsbelastung bestehen bleiben. Diese Straße solle aber die Hauptzufahrtsstraße in die Stadt Norden bleiben. Würde sie weiter entlastet, führte dies zwangsläufig zu Mehrbelastungen auf den Anbindungen Osterstraße und Ekeler Weg. Nach den Ergebnissen des Raumordnungsverfahrens sei die östliche Umfahrung Nordens der B 72n am 15. Juni 1982 landesplanerisch festgestellt worden. Die Variantenabwägung habe zu dem Ergebnis geführt, dass die erarbeitete Linie (damalige Trasse IV) einschließlich der Anschlussstellen mit den Grundsätzen und Zielen der Raumordnung vereinbar sowie unter Berücksichtigung aller Belange als beste Lösung anzusehen sei. Nach Abschluss des Raumordnungsverfahrens sei die Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) von 1992 erarbeitet worden. Die UVS optimiere die Linie der landesplanerischen Feststellung dahingehend, dass abschnittsweise ein modifizierter Trassenvorschlag unter Berücksichtigung der Schutzgüter des UVPG erarbeitet worden sei. Die Varianten l - III seien durch drei optimierte Untervarianten A - C ersetzt worden. Die Ostumgehung Norden sei vom Bundesverkehrsministerium am 9. Mai 1985 nach § 16 des Bundesfernstraßengesetzes - FStrG - linienbestimmt worden. Sie sei im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen, der nach dem Fernstraßenausbaugesetz - FStrAbG - vom Deutschen Bundestag verabschiedet worden sei, als vordringlicher Bedarf eingestuft. Auch das Regionale Raumordnungsprogramm des Landkreises Aurich von 1992 weise die Ortsumgehung Norden als vordringlich zu planende und zu bauende Maßnahme aus. Die Flächennutzungsplanung der Stadt Norden sehe ebenfalls eine Ostumfahrung Nordens im Zuge der B 72 vor.

Gegenüber der planfestgestellten Variante sei - neben der verworfenen Nullvariante - zunächst eine Westumgehung Nordens abzuwägen gewesen. Eine solche weise jedoch erhebliche Nachteile bei der Verkehrsanbindung der Zubringerstraßen auf, so dass sie aus der weiteren Untersuchung ausgeschieden sei.

Dem hohen öffentlichen Interesse an der Herstellung der Ortsumgehung stünden allerdings auch erhebliche Belange entgegen. Diese bestünden insbesondere in den mit dem Vorhaben verbundenen Eingriffen in Landwirtschaft und Naturhaushalt sowie in das Landschaftsbild, soweit sie sich nicht vermeiden oder ausgleichen ließen. Sie müssten angesichts der Bedeutung des Vorhabens jedoch hingenommen werden. Was die Landwirtschaft anbelange, sei parallel das Unternehmensflurbereinigungsverfahren Norden-Ost eingeleitet worden. Es diene der Neuordnung und gleichzeitig der rentablen Bewirtschaftung der verbleibenden Grundstücksflächen. Die entstehenden Landverluste würden so auf einen größeren Kreis von Eigentümern verteilt. Für das Vorhaben benötige man mitsamt der notwendigen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen etwa 78,2 ha Grundfläche. Davon würden derzeit etwa 63 ha landwirtschaftlich genutzt. Als Ersatz stünden im Unternehmensflurbereinigungsgebiet bereits jetzt 55 ha zur Verfügung. Es könne die Aussage getroffen werden, dass den von dem Vorhaben betroffenen Landwirten kein endgültiger Landverlust entstehen bzw. ausreichend geeignetes Ersatzland zur Verfügung gestellt werde. Deshalb hätten auch die landwirtschaftlichen Dienststellen gegen das Vorhaben keine durchgreifenden Bedenken.

Zu den Einwendungen der Klägerin zu 1.) führt der PfB aus: Sie werde in der Gemarkung Lütetsburg Flächenverluste von insgesamt 6,98 ha erleiden, davon 3,98 ha für den Straßenbau und 3,0 ha für Maßnahmen der landschaftspflegerischen Begleitplanung. Darüber hinaus sei nach Teil II. C Nr. 19 und 20 des PfB's ein weiterer Grunderwerb von 3.400 qm bzw. bei einem Erwerb eines Parallelstreifens entlang des Wirtschaftsweges (1.800 qm) von 5.200 qm vorgesehen. Dabei sei aber zu berücksichtigen, dass die Klägerin den Betrieb nicht selbst führe, sondern verpachtet habe. Der Anspruch auf Pachtzins könne grundsätzlich durch Entschädigungszahlungen ausgeglichen werden. Die Existenz der Klägerin zu 1.) sei schon deshalb nicht gefährdet. Im Übrigen werde eine Ersatzlandgestellung angestrebt, und zwar aus den östlich angrenzenden landwirtschaftlichen Nutzflächen der Gräfin zu N. - und O.. Wegen der unmittelbaren Nachbarlage seien diese Flächen besonders geeignet. Im Einzelnen werde das im Flurbereinigungsverfahren geregelt werden. Dadurch könne der Eigenjagdbezirk erhalten bleiben. Auch der Forderung der Klägerin zu 1.) nach Errichtung eines Wildschutzzaunes werde nachgekommen; dieser sei von Bau-km 7+500 bis 9+683 angeordnet (PfB Bl. 11 Nr. 26). Zum Wirtschaftsweg parallel zur B 72n sei die Änderung aufgenommen worden (II. C. Nr. 27), dass dieser zwischen Bau-km 8+000 und 8+310 entfalle. Im Flurbereinigungsverfahren könne der Weg unter Berücksichtigung der Neuzuteilung auch bis an die zukünftige Grundstücksgrenze geführt werden, wenn die Eigentümerin dies wünsche. Die abgetretenen Flächen südlich des Kleemannschlootes würden über eine Dammstelle erschlossen. Dies sei im Flurbereinigungsverfahren näher zu regeln. Die Kosten der Dammstelle und der evtl. notwendigen Anbindung an das Wirtschaftswegenetz trage die Straßenbauverwaltung. Was Immissionen und Luftschadstoffe anbelange, würden die Schädlichkeitsschwellen der einschlägigen Regelwerke nicht überschritten. Von einer starken Belastung der Böden und der Luft sei nur in einem Abstand bis etwa 5 m vom Fahrbahnrand auszugehen. Die Planung berücksichtige dies, indem sie im Vergleich zu anderen Ortsumgehungen besonders breite Bermen vorsehe; auf diesen stünden weder Wohngebäude noch finde dort eine landwirtschaftliche Nutzung statt. Der landschaftspflegerische Begleitplan (LBP) nehme eine zutreffende Ermittlung des Kompensationsbedarfs vor. Was Erhebung und Bewertung im Bereich der Grabensysteme betreffe, so seien diese insbesondere auf das faunistische Artenspektrum untersucht worden. Im Bereich des Eigentums der Klägerin zu 1.) habe man keine besonderen Brutvogelvorkommen festgestellt, was sich plausibel auch daraus ergebe, dass der Kleemannschloot eine starke Unterhaltungsintensität aufweise. Der Bunker auf dem Flurstück 34 der Flur 41 werde als Fledermausquartier (PfB C. 21.) hergerichtet. Im Tidofelder Holz seien zumindest 50 Altbäume gegen eine Waldumwandlung zu schützen (C.22). Statt weiterer Blänken (= Tümpel) werde eine Amphibienmaßnahme unmittelbar im Zuge des Kleemannschlootes angeordnet (II. C 15).

Der Klägerin zu 1.) werde ein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zuerkannt. Soweit ihre Einwendungen nicht erledigt seien, würden sie zurückgewiesen. Das öffentliche Interesse am Bau der B 72n sei vorrangig.

Von den verpachteten Flächen der Klägerin zu 2.) würden für das Vorhaben Flurstücke in der Gemarkung Lintelermarsch mit einer Größe von insgesamt 8.060 qm dauerhaft in Anspruch genommen. Hinzu trete die vorübergehende Beeinträchtigung durch die Inanspruchnahme eines Arbeitsstreifens von 1.270 qm. Auf dem Flurstück 115 werde daneben eine unwirtschaftliche Restfläche von 1.400 qm entstehen. Diese Fläche sollte als Kompensationsmaßnahme im Rahmen der Planfeststellung für den Neubau eines Radweges an der L 5 in Anspruch genommen werden (Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Weser-Ems vom 15.03.2000). Der Miterwerb werde von der Straßenbauverwaltung zugesagt. Bei dieser Konstellation wäre eine Zufahrt nur noch zu der Parzelle 114 notwendig. Diese würde über den westlichen Rand der Parzelle 115 errichtet werden. Eine entsprechende Änderung, die dem Plan für den Ausbau der L 5 folge, sei in den Teil II. C. Nr. 29 des Beschlusses aufgenommen. Damit werde dem Wunsch der Klägerin zu 2.) weitgehend entsprochen. Eine Anlage an der Ostseite solle nicht vorgenommen werden, weil damit der Planungskonzeption für den Ausbau der L 5 nicht entsprochen würde. Soweit diese Klägerin ihren Landflächen mögliche Baulandqualität beimesse, sei festzustellen, dass die Bauleitpläne der Stadt Norden entsprechende Ausweisungen nicht enthielten. Einer bloßen Hoffnung komme in der Abwägung keine Bedeutung zu. Was den Einwand der Sichtbehinderungen auf die abgewandten landwirtschaftlichen Nutzflächen betreffe, sei festzustellen, dass die Klägerin zu 2.) selbst den landwirtschaftlichen Betrieb nicht führe und bereits jetzt mit der L 5 eine Straßentrasse die Flächen durchschneide. Mindereinnahmen von Pacht könnten durch Entschädigungszahlungen ausgeglichen werden.

Der Klägerin zu 2.) werde ein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zuerkannt. Die Entschädigung werde auf Wunsch in Form von wertgleichem geeignetem Ersatzland im Flurbereinigungsverfahren Norden-Ost bereitgestellt. Soweit die Einwendungen damit nicht erledigt seien, würden sie zurückgewiesen.

Der Kläger zu 3.) müsse hinnehmen, dass aus seinem Grundstück Flur 7, Flurstück 58/18, für die Anbindung des Weges "Großer Hooker" eine Fläche von 55 qm in Anspruch genommen werde. Vom Grundstück Flur 6, Flurstück 34, würden 110 qm benötigt. Dem Kläger werde im Flurbereinigungsverfahren geeignetes Ersatzland zur Verfügung gestellt werden.

Auch die Einwendung des Klägers zu 4.), der sich gegen die Aufhebung des Ausweichgleises infolge der Querung der Bahnstrecke durch die verlegte Bahnhofstraße wende, werde zurückgewiesen. Aus Gründen der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs auf der Bahnhofstraße müssten die dortigen Schrankenschließzeiten auf ein Minimum reduziert werden. Denn unmittelbar östlich und westlich schlössen Kreuzungsbereiche an, die nur beschränkte Aufstelllängen ermöglichten. Für das Rangieren könne nur noch das verbleibende Gleis in Anspruch genommen werden. Das sei etwa durch den Einbau von zwei weiteren Weichen oder durch doppelte Kupplungen möglich. Die Bahn AG habe sich mit der Aufhebung des zweiten Gleises einverstanden erklärt. Eventuelle Entschädigungsfragen beträfen das Innenverhältnis zu ihr.

Gegen den ihnen am 25. und 27. Mai 2002 zugestellten PfB haben die Kläger am 25. Juni 2002 Klage erhoben.

Die Klägerinnen zu 1.) und 2.) rügen planungsrechtlich übereinstimmend , dass keine ausreichende Prüfung einer Trassenalternative westlich der Stadt stattgefunden habe. Mit einer solchen würden die schwerwiegenden Nachteile der Ostvariante vermieden und die Verkehrsziele sogar besser erreicht. Sie werde (im südlichen Bereich) von der Stadt Norden im Übrigen tatsächlich gebaut, teilweise sei sie sogar schon fertiggestellt. Für den weiteren Verlauf im Nordwesten lägen Pläne vor. Damit würde auch die L 5 angebunden. FFH-Gebiete lägen weit entfernt, nämlich 1 km weiter westlich. Damit bestehe ein Korridor, der sich als zu bevorzugende Lösung zur Erreichung der Planziele aufdränge. Der die B 72n enthaltende Bundesverkehrswegeplan 1992 sei überholt. Die inzwischen erfolgte Fortschreibung im Bundesverkehrswegeplan sei schwer nachvollziehbar und könne nur unter Vorenthaltung der nötigen Informationen zustande gekommen sein. Denn eine West- und Ostumgehung der kleinen Stadt Norden würde alle Verhältnismäßigkeitsmaßstäbe sprengen. Die Klägerinnen machen weiter gemeinsam "Unvollkommenheiten und Fehler in der naturschutzfachlichen Grundlagenarbeit für den PfB" geltend. Dem LBP müsse die Anerkennung als fachliches Fundament des PfB's versagt werden. Es liege keine Bestands- und Wertefixierung des Status quo vor, die Grundlage für klare Kompensationsbestimmungen sein könne.

Die Klägerin zu 1.) trägt weiter vor: Sie bewirtschafte ihren Hof zwar nicht selbst. Ihr liege aber viel daran, ihn als geschlossene Einheit zu erhalten. Die geplante Trasse werde ihre Flächen zentral durchschneiden und den Betrieb erschweren. Der Fortbestand des bestehenden Eigenjagdbezirks sei gefährdet, weil die Emissionen der Straße sehr viel größere Kompensationsflächen an den Rändern erforderten. Die Jagdausübung werde auf den abgeschnittenen Flächen mangels ausreichenden Schussfeldes nicht mehr möglich sein. Der Schutzzaun, dessen Unterhaltung nicht geregelt sei, mache den bisherigen weiträumigen Wechsel der Tiere unmöglich. Sie würden gleichsam eingemauert und degenerieren. Ein Standbein des Betriebes sei ferner seit Jahrzehnten die Pensionspferdehaltung, für die zwei große Scheunen in Stallungen umgebaut worden seien. Reitplätze und -wege befänden sich gleich hinter dem Hof. Der Pächter müsste diesen Betrieb aufgeben, wenn die Flächen von der Hofstelle abgekoppelt würden. Weitere Planungsmängel bestünden darin, dass nicht ausreichend bestimmt sei, ob der - unnötig mit einer Hartdecke geplante - Wirtschaftsweg im Zuge der Brücke NOR 5 in ihrer ausschließlich privaten Dispositionsbefugnis verbleibe. Der südlich parallel der B 72n vorgesehene neue Wirtschaftsweg sei überflüssig; schon gar nicht sei einsehbar, dass dieser in Gemeindeeigentum übergehen solle. Sie bestimme auf ihrem Gelände selbst, welche Wege sie anlege. Wegen eines begleitenden Grabens seien von diesem Weg aus die landwirtschaftlichen Nutzflächen nicht zugänglich. Was die Vereinnahmung des Bunkers auf ihrem Gelände als Fledermausquartier betreffe, fehle, abgesehen von der nicht untersuchten Eignung, bezüglich der Nutzung eine Festlegung der Einzelheiten.

Die Klägerin zu 2.) beanstandet die - bei einer Westumgehung nicht nötige - direkte Inanspruchnahme ihrer Ländereien und den Umstand, dass im Süden eine Fläche von ca. 2,5 ha abgeschnitten werde. Das führe zu Erschwernissen für den Pächter. Überdies seien die Eingriffsflächen tatsächlich größer als angenommen, weil die Begrenzung des Schadstoffbelastungsbandes auf 5 m beidseits der Straße zu gering bemessen sei. Anzunehmen seien 20 bis 25 m; diese Flächen würden faktisch enteignet. Wissenschaftliche Studien belegten, dass Verdriftungswellen und Auswirkungen "des Chemiecocktails" sogar noch in Abständen von 100 Metern und mehr festzustellen seien. Auch die Wertigkeit der in diesem Bereich liegenden Ackerflächen müsse damit geringer bewertet werden. Ihr Sohn wolle später biologischen Landbau betreiben. Es sei auch nicht beachtet worden, dass dem reichlich vorhandenen Grund- und Oberflächenwasser eine besondere Rolle für die Ausbreitung der Schadstoffe zukomme. Das werde etwa bei Unfällen relevant, bei denen Öl und Kraftstoffe ausliefen. Weiter kritisiere sie, dass ihr Hof im Lee der künftigen Trasse (Gebäude 200 m entfernt) liegen werde; angesichts der zu erwartenden Schadstofffracht werde sie die würzige Seeluft nicht mehr wie bisher genießen können und würden Wohnqualität und Grundstückswert sinken. Die Randbepflanzung werde die Sicht auf die abgeschnittenen südlichen Flächen beeinträchtigen. Durch die westlich vorgesehenen Ersatzmaßnahmen sei eine erhöhte Unkrautbelastung zu erwarten. Sie brauche auch keine Flurbereinigung. Alle ihre Flächen lägen bereits an der Hofstelle. Schließlich werde die neue Straße den Naherholungsraum erheblich in Mitleidenschaft ziehen.

Der Kläger zu 4.) weist darauf hin, an den Wochenenden und auf Anforderung Museumseisenbahnverkehr zwischen Norden und Dornum zu betreiben. Die Ortsumgehung kreuze die Bahnanlagen in Höhe dieses - 150 m langen - Gleises, das entfallen solle. Einsichtige Gründe dafür gebe die Beklagte nicht an. Das Gleis sei unentbehrlich. Ohne dieses könne er den Zugbetrieb nicht aufrechterhalten.

Die Kläger zu 3.) haben in der mündlichen Verhandlung ihre Klage zurückgenommen.

Die Kläger zu 1.), 2.) und 4.) beantragen,

den Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Weser-Ems vom 25. April 2002 aufzuheben,

hilfsweise,

den Planfeststellungsbeschluss durch eine Auflage des Inhalts zu ergänzen, dass zwischen dem dem Kläger zu 4.) gehörenden Ausziehgleis (Gleis 5) und dem Gleis 3 der DB-Netz AG in Höhe Bahn-km 30,5 eine Weichenverbindung hergestellt und dem Kläger zu 4) gestattet wird, das Gleis 3 für seinen notwendigen Rangierbetrieb mit zu benutzen,

weiter hilfsweise,

1. vor einer Sachentscheidung die Verwaltungsakten der vorgestuften Verfahren Raumordnung, Linienbestimmung, Bedarfsplanung und der westlichen Parallelstraßenplanung der Stadt Norden beizuziehen und den Klägern Einsicht zu gewähren,

2. die Akten 7 KS 139/02 und 7 MS 144/02 zur Klärung von Zweifeln am ordnungsgemäßen verfassungsgemäßen Zustandekommen des BVWBP/ FStrAusbG gemäß Art. 100 GG, §§ 13 Nr. 11, 80 BVerfGG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen,

3. den LBP unter Berücksichtigung der von den Einwendern und Klägern angebrachten Kritik insgesamt überarbeiten zu lassen,

4. den PFB nicht vor planerischer Durchführung der - teilweise bereits gebauten - westlichen Entlastungsstraße als Alternative wie auch nur als Einflussfaktor zu bestätigen,

5. durch Sachverständigenbeweis zu klären, dass die betriebsbedingten Immissionen von der Straße über den Luft- wie über den Wasserpfad sowohl für die menschliche Wohnnutzung wie die Produktion von Nahrungsmitteln, Nutzung als Weideland und den Naturschutz dauerhaft und nachhaltig schädliche Seiteneffekte bis in eine Tiefe von mindestens 20 m beidseits entfalten, die die eingeschlossenen Randstreifen von jeglicher der o.g. Verwendungen ausschließen,

6. durch ergänzende Auflagen sicherzustellen, dass die Straße nicht ohne die Einrichtung von Leichtstoffabscheidern (vgl. UVS S. 165) gebaut und in Betrieb genommen wird,

7. durch Sachverständigengutachten feststellen zu lassen, dass das naturschutzrechtliche Kompensationsprogramm wegen der Straßennähe fast aller dafür vorgesehenen Flächen und ihrer selbst wegen ausgelösten Kompensationsbedarfs zweckungeeignet ist und der realistische Flächenbedarf den bislang ermittelten mehrfach übersteigt,

8. durch Sachverständigengutachten bestätigen zu lassen, dass die für Ersatzmaßnahmen vorgesehene Fläche im Osterloog (ehemals "Norddeich-Radio") mit vertretbarem Aufwand ökologisch nicht aufwertbar ist, sich insbesondere nicht ohne Preisgabe vorhandener hoher Werte - unverfälschter Boden - in ein Gebiet für Gast- und Rastvogelschutz verwandeln lässt,

9. sachverständig überprüfen zu lassen, ob das Tidofelder Holz ein "historischer alter Waldstandort" ist und seinen gegebenenfalls gebotenen Schutz in geeigneter Weise sicherzustellen,

10. durch Fachgutachten überprüfen zu lassen, welche genetischen und populationsdynamischen Effekte der graben- und zaunbewehrte Straßenbau auf die von ihm und die Stadtsiedlung eingeschlossene bodengebundene Tierwelt, in Sonderheit das jagdbare Wild, hat und wie sich die Straße und ihr Betrieb jagdwirtschaftlich auswirken,

11. durch ergänzende Auflage den Bau einer breiten Wildbrücke nach fachlichen Anforderungen anzuordnen,

12. durch geeignete Auflage sicherzustellen, dass sich weder die neue Straße noch die sie begleitenden Gräben und Zäune als Bewirtschaftungshindernisse für die Ländereien der Klägerin zu 1.) beidseits auswirken,

13. durch landwirtschaftliche Sachverständigengutachten bestätigen zu lassen, dass das Straßenbauvorhaben den Betrieb der Klägerin existentiell bedroht,

14. für die Klägerin zu 1.) durch geeignete Auflagen sicherzustellen, dass der Eigenjagdbezirk als solcher erhalten bleibt und weiterhin praktisch bejagbar ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage mit allen Anträgen abzuweisen.

Sie entgegnet: Der PfB sei rechtmäßig. Er genüge auch den Anforderungen des Abwägungsgebots.

Die Kläger rügten zu Unrecht, die Planfeststellungsbehörde habe im Rahmen der Variantenabwägung eine mögliche Westumgehung ignoriert. Die Vorgeschichte des Verfahrens wie die Ausführungen im PfB belegten, dass auch diese Lösung erwogen, wegen offensichtlich gravierender Nachteile aber ausgeschieden und dann nicht weiterverfolgt worden sei. Auch für eine nunmehr andere Bewertung seitens des Bundes gebe es keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil qualifiziere der vom Kabinett aktualisierte Bundesverkehrswegeplan eine Ostumgehung nach wie vor als vordringlich. Auch die jetzigen Ausführungen der Kläger(innen) zeigten nicht auf, dass sich eine Westumgehung als vorzugswürdig habe aufdrängen müssen. Naherholungsgebiete befänden sich auch im Westen der Stadt. Der Osten sei dem gegenüber durch die Bahnlinie bereits stark vorbelastet. Vor allem würde eine Westumgehung aber die Ortsdurchfahrt weniger entlasten, weil starke Verkehrsströme aus und in Richtung Osten verliefen (L 5 Dornum, L 6 Hage). Die Bauleitplanung der Stadt Norden sehe ebenfalls eine Ostumgehung vor. Zum Zeitpunkt des Erlasses des PfB's habe es eine konkrete Planung der Stadt zur durchgängigen Erschließung der westlichen Wohngebiete nicht gegeben. Auch gebe es keine Planung eines "Westrings". Diesbezügliche Überlegungen seien zwar in der Diskussion, hätten aber noch nicht das Stadium einer relevanten Planung erreicht. Selbst wenn dies eines Tages der Fall sein sollte, hätte ein solcher Gürtel aus Gemeindestraßen erschließenden Charakter für die Wohngebiete und wäre nicht geeignet oder dafür bestimmt, Durchgangsverkehr zur Entlastung der Ortsdurchfahrt aufzunehmen.

Die Klägerin zu 1.) erleide zweifellos einen schweren Eingriff in ihr Grundeigentum. Dieser sei wegen der Bedeutung des Vorhabens aber gerechtfertigt und könne wirtschaftlich im Wesentlichen - vor allem durch Ersatzland - ausgeglichen werden.

Die umfangreiche Kritik (auch der Klägerin zu 2.)) an der Bewertung der Einwirkungen sowie am Umfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen trenne nicht, wie erforderlich, zwischen direkter Inanspruchnahme von Land und möglichen Beeinträchtigungen desselben durch Immissionen. Es gebe im Übrigen kein gesetzlich allgemein vorgeschriebenes Bewertungsverfahren anhand bestimmter Indikatoren auf der Basis von Biotypen. Die von dem Verkehr auf der B 72n voraussichtlich ausgehenden Schadstoffimmissionen seien mit dem geltenden Recht vereinbar. Zugrunde gelegt worden seien die Grenzwerte der 22. BImSchV, der TA Luft, der 23. BImSchV sowie die VDI-RL 2310 und die EU-RL 85/203/EWG-NO 2, deren Vorgaben beachtet würden. Auch die im LBP vorgenommene Ermittlung und Bewertung der durch das Vorhaben ausgelösten Eingriffe in Natur und Landschaft sowie deren Kompensation seien auf der Grundlage anerkannter wissenschaftlicher Methoden zutreffend erfolgt. Soweit der ursprüngliche LBP Fehler enthalten habe, seien im PfB die entsprechenden Änderungen und Berichtigungen vorgenommen worden. In erster Linie griffen die Klägerinnen an, dass von einer relevanten Belastung der Böden nur in einem Abstand bis zu 5 m vom Fahrbahnrand ausgegangen werde. Dazu gelte, dass auf weiten Strecken entlang der neuen Trasse ein insgesamt mindestens 15 m breiter Streifen zwischen Fahrbahnrand und landwirtschaftlichen Flächen verbleibe. Es sei im Übrigen eine gängige Konvention in der Landschaftsplanung, Ackerflächen außerhalb der 5-m-Zone in extensiv gepflegte Straßenrandbereiche umzuwandeln und diese mit der niedrigen Wertstufe 1 zu belegen. Das sei u.a. möglich, weil die landwirtschaftliche Düngung und die Aufbringung von Pflanzenschutzmitteln hier entfielen. Der Verlust von Ackerflächen außerhalb der Randbereiche führe deshalb nicht zu Kompensationserfordernissen. Die Bundesanstalt für Straßenwesen gehe in ihrer Praxis davon aus, dass eine Gefahr für die Bevölkerung durch den Verzehr von Pflanzen, die zwischen 10 und 50 m neben selbst stark befahrenen Straßen angebaut würden, letztlich nicht bestehe. Auch eine mögliche Gefährdung des Schutzgutes Wasser sei vorliegend untersucht worden. Die Straße sei so geplant, dass Abflüsse in großem Umfang versickern würden. Ein erhöhtes Schutzbedürfnis, wie etwa in Wassergewinnungsgebieten, bestehe nicht.

Der Eigenjagdbezirk der Klägerin zu 1.) mit der notwendigen Größe von 75 ha werde jedenfalls durch hinzukommendes benachbartes Ersatzland erhalten bleiben. Mit der Anordnung des Wildschutzzaunes habe man gerade einer Forderung der Klägerin entsprochen. Verbleibende Beeinträchtigungen des Jagdrechts müssten hingenommen werden und würden entschädigt.

Die Möglichkeit der Ersatzflächengestellung aus den angrenzenden Flächen habe sich inzwischen definitiv bestätigt. Soweit diese eine geringere Qualität aufwiesen, werde Entschädigung gewährt.

Mit ihrem neuen Vorbringen zur Pensionspferdehaltung sei die Klägerin zu 1.) präkludiert.

Eigentümerin des Wirtschaftsweges im Bereich des Überführungsbauwerkes NOR 5 bleibe die Klägerin zu 1). Was die Mitbenutzung durch die Öffentlichkeit betreffe, beschreibe der PfB lediglich die bisherige tatsächliche Übung. Ein Wirtschaftsweg südlich parallel zur B 72n (BWV lfd. Nr. 18) sei nach PfB II. C. Nr. 27 (Bl. 11) zwischen Bau-km 8+000 und 8+310 nicht mehr vorgesehen. Damit habe der Weg auch keine Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz mehr und könne im Eigentum der Klägerin zu 1.) verbleiben. Die Wege würden auch nicht asphaltiert werden, wenn die Klägerin zu 1.) das nicht wünsche

Die Flächen im Bereich des Kleemannschlootes würden durch eine im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens herzustellende Dammstelle erschlossen (PfB Bl. 102).

Die notwendige Herrichtung des im Eigentum der Klägerin zu 1.) stehenden Bunkers als Fledermausquartier gehe auf Vorschläge des Gutachters zurück und sei eine Kompensationsmaßnahme. Die Betreuung werde durch den Arbeitskreis Fledermausschutz übernommen. Die Art und Weise der Herrichtung werde noch ausgearbeitet. Für daraus erwachsende Nutzungsbeeinträchtigungen ihres Landes werde die Klägerin zu 1.) entschädigt.

Auch die Klägerin zu 2.) erleide Eingriffe in ihr Eigentum, die sie zum Wohl der Allgemeinheit aber hinnehmen müsse.

Die Inanspruchnahme von 0,9 ha der insgesamt 18,5 ha großen landwirtschaftlichen Fläche werde zu keiner Existenzgefährdung des - verpachteten - Betriebes führen. Die Annahme, dass Ersatzland in direkter Nachbarschaft zur Verfügung gestellt werden könne, habe sich inzwischen bestätigt. Was die Abtrennung betreffe, sei diese durch die L 5 bereits bisher gegeben gewesen. Die Flächen seien über den geplanten Kreisverkehr problemlos weiter zu erreichen. Gleichwohl noch auftretende Betriebserschwernisse würden entschädigt, Immissionsgrenzwerte in Bezug auf Lärm und Schadstoffe eingehalten.

Der Kläger zu 4.) sei mit seinem Klagevorbringen ausgeschlossen, weil er seine Bedenken nicht bis zum Ablauf der Einwendungsfrist, dem 8. Oktober 1999, vorgebracht habe.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Beschluss gefasst, die bis dahin bestehende Beiladung des Straßenbauamts Aurich, das in der Beklagten aufgegangen ist, aufzuheben.

Nach der Auflösung der Bezirksregierungen ist die jetzige Beklagte zum 1. Mai 2005 kraft Gesetzes in die Beklagtenstellung eingerückt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens, der Gerichtsakte 7 MS 144/02 und der Beiakten A bis I Bezug genommen, die mit ihrem wesentlichen Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Nachdem die Kläger zu 3.) ihre Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen haben, war ihr Verfahren analog § 92 Abs. 3 S. 1 VwGO einzustellen; das kann, da es sich insgesamt um eine Teileinstellung handelt, auch im Urteil geschehen (BVerwG, Beschl. v. 07.08.1998 - 4 B 75.98 -, NVwZ-RR 1999, 407). Streitig zu entscheiden war damit noch über die Anträge der Klägerinnen zu 1.) und 2.) sowie des Klägers zu 4.):

Die Klage des Klägers zu 4.) ist im Haupt- und Hilfsantrag unzulässig (A. I.1.). Im Übrigen (Klägerinnen zu 1. und 2.) ist sie im Hauptantrag zulässig (A. I. 2.), aber unbegründet (A. II.). Die Hilfsanträge der Klägerinnen zu 1.) und zu 2.) haben ebenfalls keinen Erfolg (B.).

A.

I. 1.) Die Klage des Klägers zu 4.) ist insgesamt unzulässig.

Nach § 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG kann jeder, dessen Belange durch ein planfestzustellendes Vorhaben berührt werden, bis zu zwei Wochen nach Ablauf der öffentlichen Auslegung des Plans Einwendungen erheben. Einwendungen nach Ablauf der Frist sind ausgeschlossen, § 17 Abs. 4 S. 1 FStrG. Diese "materielle Präklusion" erstreckt sich auch auf ein anschließendes gerichtliches Verfahren, in dem der Betroffene dann keine klagefähige Rechtsposition hat (etwa BVerwG, Beschl. v. 18.09.1998 - 11 VR 7.95 -, NuR 1996, S. 88, 89; Kopp/Ramsauer, VwVfG8, Rn. 80).

So liegt es hier.

Die Einwendungsfrist lief, worauf in der Bekanntmachung ordnungsgemäß hingewiesen worden war, am 8. Oktober 1999 ab. Der Kläger zu 4.) hat jedoch erstmals mit Schreiben vom 15. November 2001 und damit verspätet Einwendungen erhoben (BA I, Bl. 190). Die Stellungnahme des Fleckens Dornum vom 28. September 1999 (BA E, Bl. 7), des Unternehmers und Inhabers der Betriebsrechte für die Eisenbahnstrecke Norden - Dornum, ist als eigene und nicht (auch) in Vertretung des Klägers zu 4.) abgeben worden. Das gleiche gilt für die Stellungnahmen des Eisenbahnbundesamtes vom 30. August 1999 (BA E, Bl. 24) und der Gesellschaft für Landeseisenbahnaufsicht vom 5. August 1999 (BA E, Bl. 26). Im Übrigen wird in keiner dieser Stellungnahmen das den Kläger zu 4.) bewegende spezielle Problem des Rangierbetriebes angesprochen.

Das Klagevorbringen des Klägers zu 4.) ist von dem Einwendungsausschluss nicht deshalb ausgenommen, weil seine Einwände erst durch eine nach der Frist vorgenommene Planänderung veranlasst wären, zu der er innerhalb der Frist noch nicht hat vortragen können (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., Rn. 82 zu § 73). Zwar hat der Vorhabensträger den einschlägigen Lageplan - Unterlage 7, Blatt Nr. 12 - vom 23. Juni 1999, der (bei der Stadt Norden) ausgelegen hat, am 29. August 2001 durch das Blatt Nr. 12.1 ersetzt, das Bestandteil der Planfeststellung geworden ist. An der Planung, das Ausziehgleis aufzuheben, hat sich dadurch indessen nichts geändert. Blatt 12 enthält wie später Blatt 12.1 (unterhalb der Flurstücksnummer 106/50) bereits die Durchstreichung des Gleises und den aufgedruckten Vermerk "Ausziehgleis wird aufgehoben (Planung DB)". Davon hat sich der Kläger zu 4.) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat überzeugen können, in der dieser Punkt erörtert worden ist.

Auch Wiedereinsetzungsgründe, mit denen über die Fristversäumnis hinweggeholfen werden könnte, liegen nicht vor. Sie können insbesondere nicht darin liegen, dass der Kläger zu 4.) erst durch spätere Presseberichte deutlicher auf die Vorhabensgestaltung auf dem Gleisgelände aufmerksam geworden ist. Es hätte dem Kläger wie jeder anderen privaten oder juristischen Person des Privatrechts oblegen, sich innerhalb der dafür eingeräumten Frist zu informieren, eventuelle Unklarheiten zu beseitigen und seine Belange geltend zu machen. Das hat er ohne triftigen Grund versäumt und muss deshalb die daraus erwachsenden prozessualen Folgen tragen.

Jenseits dieser rechtlichen Situation hat der Senat in der mündlichen Verhandlung allerdings die Erwartung geäußert, dass die Straßenbauverwaltung nach aller Möglichkeit eine Lösung findet, die dem Kläger zu 4.) den weiteren Betrieb der auch im öffentlichen Interesse liegenden Museumseisenbahn ermöglicht. Das hat der dafür zuständige Vertreter der (jetzigen) Beklagten zugesagt (vgl. Protokoll Bl. 5, 6).

2.) Die Anfechtungsklage der verbliebenen Klägerinnen zu 1.) und 2.) ist zulässig. Als von der planfestgestellten Maßnahme direkt in ihrem Grundeigentum Betroffene sind sie mit den von ihnen im Einwendungsverfahren thematisierten Begehren klagebefugt, § 42 Abs. 2 VwGO.

II. Die Anfechtungsklage der Klägerinnen zu 1.) und zu 2.) ist jedoch unbegründet.

1.) Eine straßenrechtliche Planung bedarf, wenn sie - wie hier - rechtsgestaltend in individuelle Rechte Dritter eingreift und Grundlage der zur Ausführung des Plans etwa notwendig werdenden Enteignungen (§ 19 FStrG) ist, einer auch dem Art. 14 GG standhaltenden Rechtfertigung. Diese ist gegeben, wenn für das beabsichtigte Vorhaben nach Maßgabe der vom Bundesfernstraßengesetz allgemein verfolgten Ziele objektiv ein Bedürfnis besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.02.1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56, <59> <60>). Es geht um die Frage, ob das Vorhaben, gemessen an den Zielen der Bundesfernstraßenplanung, vernünftigerweise geboten ist. Die so verstandene Planrechtfertigung ergibt sich hier bereits aus § 1 Abs. 2 FStrAbG in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. November 1993 (BGBl I S. 1878). Der Bedarfsplan zu dem Gesetz (vgl. Anlage nach § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG 1993) weist die Ortsumgehung als "vordringlichen Bedarf" aus. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG entsprechen die in den Bedarfsplan aufgenommenen Bauvorhaben den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG. Die gesetzliche Feststellung, dass ein Verkehrsbedarf besteht, ist für die Planfeststellung nach § 17 Abs. 1 FStrG verbindlich (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 FStrAbG). Diese Bindung gilt auch für das gerichtliche Verfahren (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.06. 1995 - BVerwG 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <345 ff.>; Urteil vom 21.03.1996 - BVerwG 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388 <390>). Danach sind die Klägerinnen mit dem Vorbringen, für die Ortsumgehung bestehe kein Verkehrsbedarf, durch gesetzgeberische Entscheidung ausgeschlossen. Anhaltspunkte dafür, dass die Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers fehlerhaft und verfassungswidrig sein könnte, bestehen nicht. Auch die nach § 4 FStrAbG jeweils nach fünf Jahren vom Bundesverkehrsministerium durchzuführende Anpassungsprüfung hat es aktuell bei der Aufnahme in den Bedarfsplan belassen (vgl. Art. 1 Nr. 2 des 5. Fernstraßenausbauänderungsgesetzes v. 04.10.2004, BGBl. I, 2574).

2.) Auch die Trassenwahl ist gerichtlich nicht zu beanstanden, § 17 Abs. 1 S. 2 FStrG.

a.) Nach der zeichnerischen Darstellung des Bedarfsplans verläuft die Trasse östlich von Norden. Dem ist die Planfeststellung gefolgt. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Bedarfsplan mit der Feststellung der Zielkonformität und des Bedarfs auch binden kann, soweit er durch zeichnerische Einzelheiten eine bestimmte Bedarfsstruktur näher festlegt. Der Bedarfsplan gibt nicht nur an, dass ein bestimmter Verkehrsbedarf überhaupt besteht. Er konkretisiert zugleich die Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 FStrG, indem er ein bestimmtes, wenn auch grobmaschiges "zusammenhängendes Verkehrsnetz" für "einen weiträumigen Verkehr" darstellt, das dem prognostizierten Bedarf gerecht wird (§ 1 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 FStrAbG; vgl. Urteil vom 12.12.1996 - BVerwG 4 C 29.94 -, BVerwGE 102, 331 <343 f.>; Urteil vom 20.05.1999 - 4 A 12.98 -, NVwZ 2000, 555 <556>). Gemessen daran ließe sich vorliegend vertreten, dass auch die Trassenführung östlich von Norden Bestandteil der gesetzgeberischen Bedarfsfestlegung und insoweit der Planfeststellungsbehörde als Abwägungsbelang verbindlich vorgegeben ist. Das Verkehrskonzept des Gesetzgebers, die Stadt Norden unter Einbeziehung der wichtigsten überregionalen Verkehrsströme zu umgehen, lässt sich nach den örtlichen Gegebenheiten nur durch eine östliche Umgehung der Stadt verwirklichen. Eine Westumfahrung, wie sie den Klägerinnen vorschwebt, könnte wegen der Nichterreichung dieses Zwecks und der mit ihr gleichrangig verbundenen Anbindung neuer Wohn- und Gewerbegebiete als andere Netzkonzeption angesehen und im Vergleich zur planfestgestellten Ostumgehung als "anderes" Bauvorhaben qualifiziert werden. In diesem Fall erübrigte sich eine weitere gerichtliche Prüfung.

b.) Wenn die Entscheidung für eine Trassenführung östlich der Stadt Norden an der Bindungswirkung des Bedarfsplans nicht teilnimmt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 05.11.2002 - 9 VR 14.02 -, DVBl. 2003, 211), ist gesondert zu prüfen, ob sie als behördliche Entscheidung dem Abwägungsgebot des § 17 Abs. 1 S. 2 FStrG genügt (BVerwG, Urt. v. 22.03.1985 - 4 C 15.83 -, BVerwGE 71, 166 <171 f.>). Das ist der Fall. Eine Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst dann, wenn sich ihr diese Lösung als die vorzugswürdige hätte aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 -, BVerwGE 100, 238 <250>, st. Rspr.). So liegt es hier nicht. Die Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss dargelegt, welche Überlegungen sie bewogen haben, sich gegen eine von den Klägerinnen favorisierte "Westtrasse" zu entscheiden. Maßgeblich dafür war, dass diese Umfahrung allein die Verkehre auf der relativ gering belasteten L 27 (von und nach Greetsiel), nicht jedoch die starken Verkehrsströme im Osten auf der L 6 und der L 5, die weiterhin die Stadt Norden passieren müssten, bewältigen würde. Die Orte Lütetsburg und Hage würden nicht an eine Umgehungsstraße angebunden. Daneben brächte eine Westumgehung erhebliche Nachteile bei der Anbindung der Fähranleger im Hafen Norddeich. Sie müsste im Nordabschnitt entweder auf die B 72 alt trassiert oder durch das Ferien- bzw. Kurgebiet geführt oder schließlich als kombinierte West/Ostumgehung mit dann insgesamt 2 zusätzlichen Bahnquerungen etwa im Bereich der L 5 auf die jetzige Umgehungsstraße verschwenkt werden. Auch würde die erforderliche Anbindung einer Westumgehung an die B 72 südlich des Gewerbegebietes Leegemoor eine längere Streckenführung bedeuten; eine Anbindung im Bereich der L 4 (Wurzeldeicher Straße) würde die Probleme der dortigen Bahnquerung weiter verschärfen und die Siedlungsbelange erheblich tangieren. Auch aus naturschutzfachlicher Sicht brächte eine Trassenführung westlich von Norden Schwierigkeiten mit sich, weil sie jedenfalls im weiteren Einwirkungsbereich des Schutzgebietsvorschlages V.03 Westermarsch nach der EU-Vogelschutzrichtlinie verlaufen würde.

Für eine Trassenführung westlich von Norden lassen sich nur wenige Gesichtspunkte anführen. Zwar blieben die Klägerinnen - besonders umfangreich die Klägerin zu 1.) - von den sie treffenden erheblichen Flächenverlusten verschont. Auch westlich von Norden müssten jedoch bewirtschaftete Flächen in Anspruch genommen werden, wenn diese teilweise auch geringwertiger wären. Zu nicht ausgleich- oder ersetzbaren Verlusten kommt es indessen auch bei der gewählten Osttrasse nicht.

Die Behauptung der Klägerinnen, die Stadt Norden plane eine Westumgehung und habe diese bereits teilweise ins Werk gesetzt, so dass es einer "weiteren" Umgehungsstraße nicht bedürfe, trifft nicht zu. Richtig ist, dass das Gewerbegebiet Leegemoor südwestlich der Stadt durch einen Zubringer an die B 72 angeschlossen worden ist. Dieser Zubringer ist jedoch nicht Teil einer geplanten "Westumgehung". Die von den Klägerinnen vorgelegte Skizze der Planungsgemeinschaft Dr. Ing. Theine "Planungsfall P 1 Trend", Stand 5/2002, die eine Weiterführung der Zubringerstraße bis in das Gewerbegebiet Nord vorsieht, ist, wie in der mündlichen Verhandlung von den Vertretern der Stadt Norden bekräftigt worden ist, ein bislang unverbindlicher Verkehrsentwicklungsvorschlag. Eine eventuelle Verwirklichung hängt von zahlreichen Voraussetzungen - wie der Ausweisung weiterer Gewerbegebiete westlich der Stadt - ab, über deren Realisierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine gesicherten Angaben gemacht werden können. Das war damit auch zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des PfB's nicht der Fall. Hinzu kommt, dass diese Straßenabschnitte nicht den Zweck hätten, überregionalen Verkehr aufzunehmen und flüssig an der Stadt vorbeizuführen, sondern kleinräumig Gewerbe- und Wohngebiete verkehrlich besser anzuschließen. Damit hätten solche Straßenverbindungen, selbst wenn sie am Ende eine Art "Ring" bilden würde, eine andere Funktion.

Eine westliche Umfahrung der Stadt könnte deshalb wesentliche Anforderungen nicht erfüllen und wäre damit nicht vorzugswürdig. Sie wäre im Gegenteil weniger geeignet, die mit dem Planvorhaben verfolgten Ziele zu erreichen. Damit liegt kein Abwägungsmangel darin, dass die Beklagte eine "Westumgehung" bereits im Frühstadium des Verfahrens ausgeschieden und nicht weiter untersucht hat (BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 - 4 A 15.02 -, BVerwGE 117, 149 <160>).

3.) Das Abwägungsgebot, § 17 Abs. 1 S. 2 FStrG, ist auch nicht verletzt, soweit es um die Würdigung der geltend gemachten individuellen Belange der Klägerinnen geht (BVerwG, Urt. v. 14.02.1975, a.a.O. <64>).

a.) Die Beklagte hat nicht verkannt, dass von den Ländereien der Klägerin zu 1.) etwa 7 ha für den Straßenbau und Maßnahmen der landschaftspflegerischen Begleitplanung in Anspruch genommen werden und dies einen schweren Eingriff in das Grundeigentum und in den Betrieb darstellt. Sie hat zutreffend gewürdigt, dass die Existenz der Klägerin zu 1.) dadurch aber nicht aufs Spiel gesetzt wird. Der - verpachtete - Betrieb bleibt erschlossen und bewirtschaftungsfähig. Soweit Flächen für die Bewirtschaftung dauerhaft entfallen, kann Ersatzland in unmittelbarer Nachbarschaft gestellt werden. Das ist nach dem Stand des parallel laufenden Flurbereinigungsverfahrens hinreichend gesichert. Dadurch kann der Eingriff im Wesentlichen ausgeglichen werden. Auch behält die zusammenhängende Fläche mit mindestens 75 ha eine Größe, die den Eigenjagdbezirk bestehen lässt. Soweit der Ausgleich nicht vollständig möglich ist oder das Jagdrecht durch die neue Trasse trotz der Errichtung des Wildschutzzaunes beeinträchtigt wird, hat die Beklagte dies in Anbetracht der Bedeutung des Vorhabens für die Öffentlichkeit als hinnehmbar gewürdigt und eine finanzielle Entschädigung vorgesehen. Dieser Ausgleich steht zur objektiven Gewichtigkeit der öffentlichen und privaten Belange nicht außer Verhältnis. Er ist gerichtlich nicht zu beanstanden.

b.) Die Relevanz für das zur Entscheidung stehende Anfechtungsbegehren unterstellt, ist ebenfalls nicht zu beanstanden, dass die Beklagte von einer besonders signifikanten Schadstoffbelastung der Böden durch Immissionen in einem Abstand bis zu 5 m vom Fahrbahnrand ausgegangen ist, in dem eine landwirtschaftliche Nutzung nicht in Frage kommt. Dies ist, wie im LBP näher dargestellt, die Hauptbelastungszone mit sehr hoher Wirkungsintensität. Berücksichtigt ist weiter, dass in einem weiteren Streifen bis zu 10 m ebenfalls noch mit erhöhten Konzentrationen im Oberboden zu rechnen ist. Lediglich unter bestimmten Bedingungen können sich Belastungen dann noch bis zu einem Abstand von ca. 25 m vom Fahrbahnrand ergeben (LBP, BA H, Bl. 44, 45 unter Berufung auf die Planungsgruppe Ökologie u. Umwelt, Forschungsbericht VU 18003 V 94, Hannover 1995). Für weite Teile der Strecke entlang der neuen Trasse bleibt auf dieser Grundlage ein mindestens 15 m breiter freier Streifen zwischen Fahrbahnrand und landwirtschaftlich genutzten Flächen. Die Planfeststellungsbehörde hat sich für ihre Bewertung insoweit weiter auf das Merkblatt über Luftverunreinigungen an Straßen, Teil "Straßen ohne oder mit lockerer Randbebauung", Ausgabe 1992 (MLuS 92 m. Änd. ARS Nr. 21/1996) und die Auswertungen und Praxis der Bundesanstalt für Straßenwesen gestützt. Danach ist eine Gefahr zusätzlicher PAK-Kontaminationen durch den Verzehr von Nahrungsmitteln, die zwischen 10 und 50 m neben stark befahrenen Straßen angebaut werden, im Allgemeinen nicht nachweisbar. Durch die Vermischung von Erntegut aus straßennäheren und straßenentfernteren Bereichen und den Gebrauch von Abgaskatalysatoren reduziert sich der Schadstoffgehalt soweit, dass selbst für solche Teilflächen, die an ein Straßengrundstück unmittelbar angrenzen, grundsätzlich kein Ausgleichsanspruch besteht. Die Untersuchung weist im Übrigen aus, dass der Belastungspfad Tierfutter - tierische Nahrungsmittel - Mensch nur eine untergeordnete Rolle spielt. Über den Pfad Boden - Pflanze - Tier - Mensch ist eine Aufnahme von Schadstoffen danach noch unwahrscheinlicher. Wenn die Klägerinnen unter Berufung auf verschiedene Veröffentlichungen, die sich mit einzelnen Aspekten der Schadstoffbelastung an Straßen auseinandersetzen, dagegen anführen, es würden in der Literatur weitaus größerer "Belastungsbänder" diskutiert, so trifft dies zu, steht mit den im LBP angestellten Überlegungen aber nicht in relevantem Widerspruch. Denn derartige Diskussionen sind, soweit sie noch zu keinen allgemein anerkannten wissenschaftlichen Standards geführt haben, kein Anlass, von der bisherigen durch Regelwerke gesicherten Praxis abzuweichen. Entsprechendes gilt für die Schadstoffimmissionen im Übrigen, für welche die Beklagte vor allem die Grenzwerte der 22. und 23. BImSchV zugrunde gelegt hat. Dagegen haben die Klägerinnen substantiiert nichts eingewandt.

c.) Die darüber hinausgehende grundsätzliche Kritik der Klägerinnen am landschaftspflegerischen Begleitplan lässt sich bestimmte private oder öffentliche Belange schützenden Rechtsvorschriften, deren Einhaltung sich prüfen ließe, kaum zuordnen. Noch weniger ist erkennbar, welche zur begehrten Aufhebung des PfB's führenden Mängel insoweit gegeben sein sollten. Die Aufgabe des LBP liegt in der konkreten Ermittlung und Bewertung der durch das Vorhaben ausgelösten Eingriffe in Natur und Landschaft. Auf der Grundlage der in der Umweltverträglichkeitsstudie aufgezeigten Umweltauswirkungen werden die zu erwartenden Eingriffe nach Art, Umfang, Ort und zeitlichem Ablauf ermittelt und hinsichtlich ihrer Erheblichkeit naturschutzfachlich bewertet. Das ist in ausführlicher und detaillierter Form geschehen. Wenn besonders die Klägerin zu 1.) unter Hinweis auf die "Stellungnahme zum LBP" von Herrn Dr. Alfred Bruckhaus vom 25. Juni 2002 grundsätzlich die Erfassungs- und Bewertungsmethodik der Planer kritisiert und auf dieser Grundlage Unstimmigkeiten behauptet, ist darauf hinzuweisen, dass es für die naturschutzrechtlichen Eingriffsregelungen (etwa) der §§ 7ff. des Niedersächsische Naturschutzgesetzes kein bestimmtes vorgeschriebenes Bewertungsverfahren gibt (BVerwG, Beschl. v. 23.04.1997 - 4 NB 13.97 -, Buchholz 406.401 § 8a BNatSchG Nr. 4). So ist es auch nicht vorgeschrieben, die Auswirkungen eines Vorhabens an Hand standardisierter Maßstäbe oder bestimmter Rechenverfahren zu ermitteln. Die im LBP vorgenommenen Ermittlungen und Bewertungen der Eingriffe in Natur und Landschaft und deren Kompensation sind vielmehr nachvollziehbar und unter Auswertung der einschlägigen Literatur erfolgt. Soweit der LBP zunächst Fehler oder unzureichende Annahmen enthielt, hat der PfB dies umfangreich korrigiert (II. C 12 bis 25, 28, 31, 33 u. 35; II. D 5 bis 16).

d.) Mit ihrem Einwand, ein wesentlicher Teil ihres Betriebes bestehe in der Pensionspferdehaltung, die wegen Abkoppelung der Reitplätze aufgeben werden müsse, wenn die Umgehungsstraße wie geplant gebaut würde, ist die Klägerin zu 1.) nach § 17 Abs. 4 S. 1 FStrG präkludiert. Diesen Gesichtspunkt hat sie in ihrem seinerzeitigen Einwendungsschreiben auch nicht ansatzweise thematisiert oder angesprochen, so dass der PfB sich mit ihm nicht zu befassen braucht.

e.) Auch die speziellen Belange der Klägerin zu 2.) hat die Beklagte in ihrer Bedeutung erkannt und sachgerecht mit den für das Planvorhaben streitenden öffentlichen Belangen abgewogen. Von den insgesamt etwa 18,5 ha großen, ebenfalls verpachteten Ländereien werden etwa 0,9 ha - davon etwa 0,1 ha nur vorübergehend - landwirtschaftlicher Nutzfläche für das Planvorhaben in Anspruch genommen. Eine Existenzgefährdung der Klägerin zu 2.) oder ihres Pächters tritt dadurch nicht ein. Es steht fest, dass unmittelbar angrenzend Ersatzland zur Verfügung gestellt werden kann. Der südliche Bereich der Ländereien wird bereits jetzt verkehrlich wie im Hinblick auf eine "freie Sicht" durch die L 5 (Ostermarscher Straße) von den übrigen Flächen getrennt; dies geschieht damit nicht erstmals durch die geplante Trasse. Dieser Bereich (Parzelle 114) wird über den geplanten Kreisverkehr (weiter) problemlos zu erreichen sein; für eventuelle Erschwernisse durch Wegeverlängerungen ist der Klägerin zu 2.) ein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach zuerkannt worden. Wohnbauflächen sehen die Bauleitpläne der Stadt Norden in diesem Bereich nicht vor. Die Beklagte hat auch die mit dem Trassenbau verbundene Oberflächen- und Grundwasserproblematik in Bezug auf das angrenzende Ackerland erkannt und bewältigt. Im Wesentlichen wird der Wasserschutz durch die beidseits der Trasse vorgesehenen 1,5 m breiten Seitenstreifen und die im Mittel 4 m breiten flachen Böschungen gewährleistet. Dadurch können die Straßenabflüsse in großem Umfang versickern, ohne die Straßenseitengräben erheblich zu belasten. Die Böschungsflächen besitzen eine hohe Rückhalte- und Filterkapazität hinsichtlich der mit dem Wasser abfließenden Schadstoffe; ein großer Teil dieser Stoffe wird durch die belebte Bodenzone bereits abgebaut. Mit einer Gefährdung des Grundwassers oder der Oberflächengewässer ist bei der zu erwartenden Verkehrsbelastung von (hier) 10.800 Kfz/24 h und dem geplanten Flurabstand nicht zu rechnen (vgl. Dierkes, Dekontaminierende Wirkung belebter Bodenzonen, Straße u. Autobahn 2001, 80 <84>). Was schließlich die allgemeinen Beschwerden der Klägerin zu 2.) über einen Verlust an guter Luft und einen Zuwachs von Lärm betrifft, sind diese als potentielle Rechtsverletzung nur schwer einzuordnen; Immissionsgrenzwerte in Bezug auf Lärm oder Luftschadstoffe werden am Wohnhaus der Klägerin zu 2.) jedenfalls - unstreitig - nicht überschritten.

B.

Auch die Hilfsanträge der Klägerinnen zu 1.) und zu 2.) haben keinen Erfolg:

1.) Die Verwaltungsvorgänge zur landesplanerischen Feststellung und Linienbestimmung der Ortsumgehung Norden hat die Bezirksregierung Weser Ems im begleitenden Aussetzungsverfahren 7 MS 144/02 mit Eingang bei Gericht am 6. November 2003 vorgelegt; der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen ist davon mit gerichtlicher Verfügung vom 17. November 2003 in Kenntnis gesetzt worden. Damit bestand Gelegenheit zur Einsichtnahme. Eine für die Beurteilung der sich vorliegend stellenden Rechtsfragen relevante "westliche Parallelstraßenplanung" der Stadt Norden über das hinaus, was die Klägerinnen mit dem "Verkehrsentwicklungsplan" der Planungsgemeinschaft Dr. Theine vom Mai 2002 selbst vorgetragen und was in der mündlichen Verhandlung durch Herrn Baudirektor Memmen von der Stadt Norden an Hand von Kartenmaterial und Lichtbildern ergänzend erläutert worden ist, gibt es nicht.

2.) Der Senat hat keine Zweifel am ordnungsgemäßen Zustandekommen der - wiederholten - Aufnahme der Ortsumgehung Norden in den Bedarfsplan nach § 1 Abs. 1 S. 2 FStrAbG v. 24.11.1993 (BGBl. I, 1879). Anhaltspunkte dafür, dass die Bedarfsentscheidung des Gesetzgebers fehlerhaft und verfassungswidrig sein könnte, bestehen nicht. Die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele sind geeignet, das Straßenbauvorhaben zu rechtfertigen. Ein Grund, die Aufnahme des Projektes in den Verkehrswegeplan näher aufzuklären, ist daher nicht gegeben. Das Vorbringen der Klägerinnen weist keine Umstände auf, die auf eine offensichtlich fehlsame gesetzgeberische Bedarfsentscheidung schließen ließen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 20.05.1999, a.a.O.). Die Voraussetzungen einer Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG liegen nicht vor.

3.) Der angesprochene landschaftspflegerische Begleitplan - Bestandteil des Fachplans - dient nach § 20 Abs. 4 S. 1 BNatSchG der Darstellung der zur Vermeidung von Eingriffen in Natur und Landschaft sowie der zu deren Ausgleich und Kompensation nach § 19 BNatSchG erforderlichen Maßnahmen. Dem kommt der Plan nach, indem er eine Bestandsbeschreibung der betroffenen Naturgüter vornimmt, Vorkehrungen zur Vermeidung und Minimierung von Beeinträchtigungen aufzeigt, unvermeidbare Beeinträchtigungen und den Kompensationsbedarf bezeichnet sowie die Kompensationsmaßnahmen im Einzelnen und in einer Gesamtübersicht aufführt. Das klägerische Begehren, diesen Plan "unter Berücksichtigung der .. angebrachten Kritik insgesamt überarbeiten zu lassen", hat keinen gerichtlich bescheidungsfähigen Inhalt. Als Beweisantrag ist er zu unbestimmt, weil er keine Beweistatsache bezeichnet; als Sachantrag fehlt ihm die Benennung der Einzelfallregelung, die mit einem Verpflichtungsbegehren nach § 42 Abs. 1 VwGO zulässigerweise erstritten werden kann.

4.) Dieser Antrag lässt sich als ein solcher auf Aussetzung, § 94 VwGO, oder auf Anordnung des Ruhens des Verfahrens, § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 251 S. 1 ZPO, interpretieren. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen sind jedoch offensichtlich nicht gegeben.

5.) Dem Beweisantrag ist nicht nachzugehen, weil es auf die Beweistatsachen für das von den Klägerinnen zu 1.) und 2.) (auch) daraus abgeleitete Anfechtungsbegehren nicht ankommt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO13, Rn. 21 zu § 86). Selbst der behauptete schematische Ausschluss jeglicher Nutzung eines Streifens von "mindestens" 20 Metern beidseits der Fahrbahn - ein solcher Ausschluss kann, wie oben ausgeführt, in Einzelfällen auch nach dem LBP bestehen - würde allenfalls zu weiteren Entschädigungsansprüchen führen, die durch ergänzende Auflagen mit einer Verpflichtungsklage zu erstreiten wären. Anders läge es nur dann, wenn die konkrete Möglichkeit bestünde, dass die Planfeststellungsbehörde bei Zugrundelegung einer relevanten Belastung weiterer Bodenflächen eine andere Planungsentscheidung getroffen hätte, das Gesamtkonzept der Planung und deren Ausgewogenheit also dadurch in Frage gestellt würden (BVerwG, Beschl. v. 03.04.1990 - 4 B 50.89 -, NVwZ-RR 1990, 454 <455>). Davon kann indessen nicht ausgegangen werden, wenn man bedenkt, dass in weiten Bereichen der Trasse ein freizuhaltender Seitenstreifen von bereits 15 Metern angenommen und eine Wohnnutzung durch die Klägerinnen in diesem Nahbereich der Trasse nicht ausgeübt wird. Die Mehrbeeinträchtigung mit daraus eventuell erwachsenden weiteren Entschädigungsforderungen hielten sich damit in einem noch verkraftbaren Rahmen. Ein Ausschluss jeglicher Nutzung in dem behaupteten Bereich wäre im Übrigen mit jeder anderswo im Außenbereich verlaufenden Trasse verbunden.

Dem Beweisantrag ist ferner deshalb nicht nachzugehen, weil die oben unter A. II. 3.) b.) dargestellte, dem PfB in dieser Bewertung zugrundeliegende differenzierte Betrachtungsweise wissenschaftlich ausreichend abgesichert ist und einer weiteren sachverständigen Beurteilung mit zudem unspezifischer Fragestellung nicht bedarf.

6.) Die Klägerinnen haben keinen Anspruch auf die Einrichtung von Leichtstoffabscheidern. Dies sind Einrichtungen, die Schwebstoffe (etwa Schlämme, Fette oder Öle) mechanisch aus Abwasser herausfiltern. Gebräuchlich sind sie vor allem in Autowasch- oder Kläranlagen. Als Begleitmaßnahmen der geplanten Umgehungsstraße sind sie nicht erforderlich, um nachteilige Wirkungen auf Rechte der Klägerinnen abzuwehren, § 74 Abs. 2 S. 2 VwVfG. Wie oben zu A. II. 3.) e.) näher ausgeführt, wird der Schutz vor Einträgen kontaminierten Wassers in die Nachbargrundstücke ausreichend durch die Seitenstreifen und die breiten begrünten Böschungen mit Rückhalte- und Abbaufähigkeit gewährleistet. Besondere Unfallgefahren durch die Streckenführung sind nach den objektiven Gegebenheiten nicht zu erwarten. Die Grundstücke der Klägerinnen liegen auch nicht in einem erhöht schutzbedürftigen Wassergewinnungsgebiet.

7.) Es ist unklar, welche Beweistatsachen mit der Behauptung der Zweckungeeignetheit "des naturschutzrechtliche Kompensationsprogramms" neu ermittelt werden sollen. Der Antrag zielt auf die vielfältig angeordneten naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in Gestalt der Schaffung nährstoffarmen Grünlands, neuer Gehölz- und Gewässerstrukturen sowie von Sukzessionsflächen. Was die Wertigkeit und Nutzbarkeit der speziell angesprochenen Böden in den Randbereichen der Trasse betrifft, liegen der Ermittlung des Kompensationsbedarfs, differenziert nach Empfindlichkeit, Faktoren zwischen 1 und 1,5 zugrunde (LPB Bl. 45, 46). Dass diese Vorgehens- und Bewertungsweise generell den Zweck des § 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG oder des § 12 Abs. 1 NNatSchG verfehlt, ist nicht ersichtlich. Ferner ist die rechtliche Relevanz der Behauptung für das Aufhebungsbegehren nicht ersichtlich; insoweit wird auf die Ausführungen zu Antrag Nr. 5.) verwiesen.

8.) Ob die für Ersatzmaßnahmen vorgesehenen Flächen im Osterloog (ehem. "Norddeich-Radio") dort den verfolgten Zweck erfüllen werden, ist nicht entscheidungserheblich. Die Festsetzung dieser Maßnahme auf ihnen nicht gehörenden Grundstücken ist auch konzeptionell nicht kausal für die teilweise Inanspruchnahme von Grundflächen der Klägerinnen durch die Trasse (BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94/95 -, NVwZ-RR 1996, 188, LS 2 u. <189>).

9.) Der PfB berücksichtigt, dass das Tidofelder Holz ein wegen der Sachgüter Landschaftsbild, Pflanzen und Boden zu schützender Waldstandort ist. Bereits für die Wahl der Trassenführung war unter dem Gesichtspunkt des Vermeidungsgebotes maßgeblich, dass sein Kernbereich nicht berührt wird (LBP Bl. 41). Es wird weiter erkannt, dass es sich im Wesentlichen um einen Bestand aus Buchen und Eichen handelt, die mit einem Durchmesser von 70 cm ein recht hohes Alter aufweisen (LBP Bl 19). Aufgrund des standortgerechten Bestandes und des natürlichen Aufbaus wird der Wald mit der (hohen) Wertstufe 4-5 bewertet und dies bei beim Ausmaß der Kompensation berücksichtigt (LBP Bl. 19, Bl. 90). Einer "sachverständigen Überprüfung" dieser Tatsachen bedarf es nicht, weil sie bereits Ergebnis einer solchen Prüfung sind und Defizite weder geltend gemacht werden noch erkennbar sind.

10.) Die Auswirkungen des Straßenbaues auf die Tierwelt werden vom PfB thematisiert (Bl. 46, s. "Barriereeffekt"). 1995 und 1996 sind Erhebungen zu Brut- und Rastvögeln sowie zu Amphibien durchgeführt worden. Deren Bestand wie der anderer (auch jagdbarer) Tiergruppen und die Beeinträchtigungen werden erfasst und bewertet (LBP Bl. 23, 26, 29, 32; 57), der Kompensationsbedarf wird ermittelt (LBP Bl. 62, 66, 68) und in Maßnahmen umgesetzt (LBP Bl. 90, 91). Einer "Überprüfung durch Fachgutachten" bedarf es nicht, weil die Auswirkungen ausreichend erfasst und bewertet worden sind.

11.) Die Ablehnung der Errichtung "einer breiten Wildbrücke" durch die Beklagte als unverhältnismäßig (vgl. Schriftsatz im Verfahren 7 MS 144/02 vom 2. September 2002) ist gerichtlich nicht zu beanstanden, § 74 Abs. 2 S. 2, S. 3 VwVfG. Die teilweise eintretende verstärkte Isolierung der nördlich und südlich der Trasse liegenden Flächen der Klägerin zu 1.) beruht vor allem auf dem von Bau-km 7+500 bis 9+963 beidseitig angeordneten Wildschutzzaun (Auflage C. 26, PfB Bl. 11). Damit ist die Beklagte gerade einer Forderung der Klägerin zu 1.) nachgekommen, weil Reh- und Damwild aus dem Wald bisher häufig auf die landwirtschaftlichen Flächen zwischen Tidofelder Holz und L 6 zur Äsung wechselt (LBP, Bl. 32). Die Beklagte ist nicht verpflichtet, diese Äsungsgewohnheiten durch die Errichtung einer technisch und vom Landschaftsbild her problematischen, sehr kostenaufwendigen Brücke lückenlos aufrechtzuerhalten, zumal kleinere Tiere die Straße nach wie vor überqueren können. Es ist nicht ermessenswidrig, die Klägerin zu 1.) auf einen Entschädigungsanspruch in Geld zu verweisen, soweit dadurch tatsächlich eine nennenswerte Verminderung des Wildbestandes eintreten sollte. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass § 1 Abs. 1 des Bundesjagdgesetzes - BJagdG - keinen Anspruch auf einen gleichbleibenden Bestand "der auf einem Gebiet lebenden wildlebenden Tiere" einräumt. Zulässige behördliche Maßnahmen wie die Errichtung eines Bauwerks innerhalb des Reviers sind vielmehr hinzunehmen, auch wenn sie mit gewissen - nicht übermäßig gravierenden - Beschränkungen der Jagdmöglichkeiten verbunden sind (Mitzschke/Schäfer, BJagdG4, Erl.Nr. 44 zu § 1 m.w.N.).

12.) Der Antrag ist unbestimmt. Durch die Trassenführung treten unstreitig gewisse Bewirtschaftungserschwernisse für die Ländereien der Klägerin zu 1.) ein, die so weit wie möglich abgemildert werden. Zu verweisen ist hier etwa auf das angeordnete Brückenbauwerk NO 5, das u.a. deshalb für erforderlich gehalten wird, um dem landwirtschaftlichen Verkehr eine Querung zu ermöglichen, weil die Straße sonst Nutzflächen trennen würde (PfB Bl. 54). Es ist unklar, welche weiteren Auflagen die Klägerin zu 1.) in diesem Zusammenhang für erforderlich hält.

13.) Ein Sachverständigengutachten zu diesem Thema ist nicht erforderlich, weil sich nach den bekannten und im vorliegenden Verfahren nicht präkludierten Tatsachen bereits hinreichend sicher feststellen lässt, dass eine Existenzbedrohung der Klägerin zu 1.) nicht eintreten wird. Durch die zu erwartende Ersatzlandgestellung in unmittelbarer Nachbarschaft und die Anordnungen zur weitgehenden Milderung der Bewirtschaftungserschwernisse ist die Fortführung der Landwirtschaft in kaum verändertem Umfang gewährleistet. Hinzu kommt, dass die Klägerin zu 1.) ihren gesamten Betrieb verpachtet hat, so dass, worauf der PfB zutreffend hinweist (Bl.101), selbst erhebliche Nutzungsausfälle, die sich in einer Minderung von Pachteinnahmen äußern würden, in Geld entschädigt werden könnten. Das gleiche gilt für die Klägerin zu 2.).

14.) Die beantragte gesonderte "Sicherstellung" ist nicht erforderlich, weil der Eigenjagdbezirk der Klägerin zu 1.) erhalten bleibt. Nach § 5 Abs. 2 BJagdG unterbrechen Straßen nicht den Zusammenhang von Flächen im Hinblick auf die nach § 7 Abs. 1 S. 1 BJagdG notwendige Größe von 75 ha; der Jagdbezirk verliert dadurch nicht seine Eigenschaft. Zudem wird die Klägerin zu 1.) auch deshalb weiter über einen Eigenjagdbezirk verfügen, weil sie im Rahmen der Flurbereinigung an ihre Ländereien grenzendes Ersatzland in einer Größe von etwa 7 ha erhalten wird (PfB Bl. 102). Nach § 1 Abs. 4 BJagdG erstreckt sich die Jagdausübung auf das Aufsuchen, Nachstellen, Erlegen und Fangen von Wild. Weshalb diese "praktische Bejagbarkeit", die bei Bestehen der Mindestgröße gesetzlich vermutet wird, künftig als solche nicht weiter möglich sein sollte, ist nicht ersichtlich. Die auf Jagdflächen zulässigen anderweitigen - auch verkehrlichen - Nutzungen sind, auch wenn sie die Jagd faktisch erschweren, als Eigenart des jeweiligen Bezirks hinzunehmen. Dass die praktische Durchführung der Jagd an bestimmte Gegebenheiten im Gelände angepasst werden muss, schränkt das Jagdausübungsrecht nicht ein, sondern bestimmt nur seine Modalitäten (vgl. Mitzschke/Schäfer, BJagdG, a.a.O.).

Ende der Entscheidung

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