Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 20.05.2009
Aktenzeichen: 7 KS 28/07
Rechtsgebiete: BNatSchG, NNatG


Vorschriften:

BNatSchG § 34 Abs. 3 Nr. 1
BNatSchG § 34 Abs. 3 Nr. 2
NNatG § 34 c Abs. 3 Nr. 1
NNatG § 34 c Abs. 3 Nr. 2
1. Die für eine Zulassung im Wege der Ausnahmegewährung nach § 34 c Abs. 3 Nr. 1 NNatG (= § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG) notwendigen zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses sind genau zu beschreiben und - soweit wie möglich - zu belegen, damit ihr Gewicht gegenüber den Interesse am Gebietsschutz zutreffend bestimmt werden kann.

2. Von den Alternativen im Sinne des § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG (= § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG) muss grundsätzlich auch eine das Schutzgebiet nur geringfügig weniger beeinträchtigende gewählt werden, wenn sie zumutbar ist.


Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen den Ausbau des Verkehrsflughafens Braunschweig, mit dem u.a. die Start- und Landebahn verlängert werden soll.

Die Anlage und der Betrieb des Verkehrsflughafens Braunschweig sind durch luftverkehrsrechtliche Genehmigung erstmals im Jahre 1936 zugelassen worden, am 18. Oktober 2000 erließ die damalige Bezirksregierung Braunschweig einen Planfeststellungsbeschluss, der u.a. eine Nachtflugregelung enthielt. Betrieben wird der Flughafen derzeit auf der Grundlage der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung vom 18. Juni 1955 in der Fassung vom 31. Oktober 2001. Flugbetrieb darf zu den Zeiten, in denen die Kontrollzone nicht aktiviert ist, nur unter Sichtflugbedingungen nach Sichtflugregeln durchgeführt werden. Nach Instrumentenflugregeln ist Flugbetrieb nur während der sog. Aktivierungszeit der Kontrollzone zulässig, wenn gleichzeitig der Flugverkehrskontrolldienst durchgeführt wird. Die luftverkehrsrechtliche Genehmigung i.d.F. vom 31. Oktober 2001 wiederholt die Regelung des Planfeststellungsbeschlusses vom 18. Oktober 2000, wonach von 22.00 bis 6.00 Uhr auf dem Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg pro Nacht nicht mehr als sechs Flugbewegungen mit mehr als 75 dB(A) Außenwert durchgeführt werden dürfen. Für den nicht gewerblichen Zivilflugbetrieb bestehen Betriebsbeschränkungen jeweils sonnabends, sonntags und an gesetzlichen Feiertagen von 13.00 bis 15.00 Uhr. Der Flughafen verfügt über eine 1.680 m lange und 30 m breite asphaltierte und befeuerte Landebahn in ost-/westlicher Richtung (Betriebsrichtung 08 von Westen nach Osten bzw. Betriebsrichtung 26 von Osten nach Westen). Die verfügbare Start- und Landestrecke ist teilweise kürzer, weil die westliche Landeschwelle um 300 m und die östliche Landeschwelle um 180 m gegenüber dem jeweiligen Bahnende versetzt sind. Derzeit kann Fluggerät, dessen Einsatz nach der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung zulässig ist, wegen der beschränkten Start- und Landestrecke teilweise nicht oder nur mit Einschränkungen verkehren.

Mit dem geplanten Ausbau soll in beiden Betriebsrichtungen eine Startstrecke von 2.300 m zur Verfügung stehen. Die Landestrecke soll in der Hauptbetriebsrichtung 26 auf 2.300 m und in der Nebenbetriebsrichtung 08 auf 2.000 m Richtung Osten verlängert, symmetrisch auf 45 m verbreitert und an beiden Enden mit einem Wendehammer versehen werden. Das neue östliche Bahnende wird durch eine südlich parallele Rollbahn erschlossen, die an die bestehende Rollbahn "B" anschließt; sie soll um 3 m auf 18 m verbreitert werden. Die Rollbahn "C" wird nach Norden verlegt, um die Vorfeldflächen zu vergrößern und Platz u.a. für das Abstellen von Betriebsgeräten während der Flugzeugabfertigung zu schaffen. Folgen der Erweiterung des Vorfeldes sind auch die Verlegung des Hubschrauberlandeplatzes nach Nordosten auf die zukünftige Rollbahn "A" und die Verschiebung der bestehenden Grasbahn nach Norden. Zur Herstellung der sog. Hindernisfreiheit in östlicher Richtung soll Wald teils dauerhaft gerodet und teils in Nieder- oder Mittelwald umgewandelt werden. Wegen der Verlängerung der Start- und Landebahn ist vorgesehen, die bislang in Nord-/Südrichtung am östlichen Rand des Flughafens verlaufende "Grasseler Straße" (Landesstraße 293) in einem Bogen nach Osten unter teilweiser Nutzung der "Tiefen Straße" (Landesstraße 635) zu verlegen, wobei die Neubaustrecke zu einer Kreisstraße abgestuft werden soll.

Der Planung liegt ein Raumordnungsverfahren zugrunde, in dem verschiedene Varianten (Verlängerung der Start-/Landebahn auf 2.300 oder 2.600 m in bestehender Ausrichtung oder jeweils mit Drehung der Bahnausrichtung um 6°) geprüft wurden und das mit der landesplanerischen Feststellung vom 03. September 2004 abschloss, die die Variante 'Verlängerung auf 2.300 m in bestehender Ausrichtung' als raumordnerisch vorzugswürdig beurteilte. Das zugleich ergänzend durchgeführte Zielabweichungsverfahren kam zu dem Ergebnis, dass die Abweichung von dem Ziel des Landes- und Regionalen Raumordnungsprogramms "Vorranggebiet für Natur und Landschaft sowie Vorranggebiet für ruhige Erholung in Natur und Landschaft" nach bestimmten Maßgaben zulässig ist.

Der Kläger zu 1) ist Verein im Sinne von § 60 BNatSchG. Die Klägerin zu 2) ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung P. Flur 2 Flurstück 232/4. Von dem etwa 13,5 ha großen Grundstück sollen etwa 6,1 ha für den Flughafenausbau in Anspruch genommen werden, und zwar der im Osten des Flurstücks gelegene Wald insgesamt; der südliche Rand der (verpachteten) Ackerfläche wird für die neu anzulegende Straße und die Anlage einer Strauchhecke mit Feldgehölz als naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme benötigt. Der Wald ist Teil des - während des Planfeststellungsverfahrens erweiterten - Europäischen Vogelschutzgebiets "V48 Laubwälder zwischen Wolfsburg und Braunschweig" und gehört zur Schutzzone I des - während des Planfeststellungsverfahrens erweiterten - Landschaftsschutzgebiets "Querumer Holz und angrenzende Landschaftsteile (LSG BS 9)". Wohneigentum besitzt die Klägerin im näheren Einzugsbereich des Flughafens Braunschweig nicht. Der Kläger zu 3) ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung P. Flur 2 Flurstück 243. Das etwa 0,5 ha große verpachtete Ackergrundstück soll vollständig für den Flughafenausbau (0,15 ha) und die Entwicklung einer mageren Gras- und Staudenflur als naturschutzrechtliche Ersatzmaßnahme (0, 35 ha) in Anspruch genommen werden. Es liegt, ebenso wie die Ackerfläche der Klägerin zu 2), in der Schutzzone III des Landschaftsschutzgebiets. Das Wohnhaus des Klägers zu 3), dessen Miteigentümer er ist, befindet sich im Ortsteil P. etwa 450 m nördlich des Flughafengrundstücks und etwa 650 m nördlich der bereits bestehenden Start- und Landebahn.

Auf Antrag der Beigeladenen vom 17. Juni 2005 leitete die Beklagte am 28. Juni 2005 das Planfeststellungsverfahren ein. Mit Schreiben vom gleichen Tag beteiligte die Beklagte die Träger öffentlicher Belange und die anerkannten Naturschutzvereine und setzte eine Frist zur Stellungnahme bis zum 20. September 2005; für den Fall, dass klagefähige Einwendungen erhoben werden sollen, verwies die Beklagte auf die Frist des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG. Die Planunterlagen lagen in den betroffenen Gemeinden vom 15. Juli bis zum 15. August 2005 aus.

Die Klägerin zu 2) erhob Einwendungen durch Schreiben vom 25. August 2005, eingegangen bei der Stadt Braunschweig am 29. August 2005, sowie durch Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 29. August 2005 (am selben Tag per Fax bei der Beklagten eingegangen). Sie rügte eine fehlende Planrechtfertigung und hielt die Alternativenprüfung und mit ihr das Raumordnungsverfahren und dessen Ergebnis für fehlerhaft. Der Entzug ihres Wald- und Ackergrundstücks (das nach den zunächst ausgelegten Planunterlagen vollständig in Anspruch genommen werden sollte) sei existenzschädigend. Die Planung verstoße gegen das europäische Naturschutzrecht; insbesondere müssten die von der Erweiterung besonders intensiv betroffenen Flächen des Querumer Forstes wegen der Bedeutung für den Rotmilan sowie für den Schwarz-, Grau- und Mittelspecht als Vogelschutzgebiet gemeldet werden. Der schwerwiegende Eingriff in Natur und Landschaft sei nicht gerechtfertigt und könne nicht hinreichend kompensiert werden. Wegen des Ausbaus der luftseitigen Kapazität fürchte sie höhere Immissionsbelastungen. Die Planfeststellung entfalte auch jetzt schon entsprechende Rechtswirkungen, gegen das zu erwartende Bestreben des Flughafens zur Ausnutzung der geschaffenen Kapazität werde sie weitgehend rechtsschutzlos sein. Die schalltechnische Untersuchung und das lärmmedizinische Gutachten gingen deshalb von unzutreffenden Annahmen aus. Durch den näher heranrückenden und intensiver möglichen Flugbetrieb würde die Gefahr von Wirbelschleppen erhöht und das Sicherheitsrisiko gesteigert. Für den Fall der Planfeststellung verlange sie u.a. Maßnahmen des aktiven Lärmschutzes insbesondere durch Kontingentierung der Flugbewegungszahlen bzw. der Immissionsbelastung, Beschränkung der Nutzung auf lärmarmes Fluggerät, Nachtflugverbote bzw. -beschränkungen, Beschränkungen der Nutzung in den lärmsensiblen Tagesrandzeiten und an Wochenenden und Feiertagen, Ausschluss gewerblicher Linien- und Charterverkehre sowie die Verpflichtung der Beigeladenen, ihr die erforderlichen Kosten für Maßnahmen passiven Schallschutzes zu erstatten und verbleibende Beeinträchtigungen für die Nutzung des Außenwohnbereichs zu entschädigen.

Der Kläger zu 1) nahm mit Schreiben vom 19. September 2005 (bei der Beklagten eingegangen am 20.09.2005) Stellung. Teile des von der Flughafenerweiterung betroffenen Gebietes seien ein faktisches Vogelschutzgebiet, das durch Schutzvorschriften nicht dauerhaft gesichert sei. Für den Ausbau gebe es weder einen Bedarf noch eine ausreichend tiefe Prüfung von Varianten zur Vermeidung des Eingriffs. Daneben verwies der Kläger zu 1) auf eine Stellungnahme seiner Bezirksgruppe Braunschweig vom 08. September 2005 (bei der Beklagten eingegangen am 29. September 2005). Auch sie bemängelte die (damalige) Ausdehnung des EU-Vogelschutzgebietes V48 als unzureichend. In den direkt von der Erweiterung des Flughafens betroffenen Flächen im Sickbruch seien Brutvorkommen von Mittel- und Schwarzspecht, mehrere Fledermausarten, Libellen und Lurche, Baummarder und Siebenschläfer kartiert. Der Erhalt des Mittelspechts sei in dessen gesamtem Verbreitungsgebiet zu sichern. Die vorgesehenen Ersatzmaßnahmen seien nicht ausreichend. Die für Aufforstungsmaßnahmen vorgesehenen Flächen westlich und nördlich von Bevenrode wiesen eher magere Böden auf, so dass es nicht zur Entwicklung eines typischen wechselfeuchten Eichen-Hainbuchenwaldes kommen könne. Zudem wären diese Flächen frühestens in 200 Jahren als Habitat für die geschützten Arten geeignet.

Wegen der Erklärung zum Vogelschutzgebiet, der Änderung der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Querumer Holz und angrenzende Landschaftsteile (LSG BS 9)" der Stadt Braunschweig vom 04. August 2006 sowie der Vorlage weiterer naturschutzfachlicher Unterlagen hörte die Beklagte den Kläger zu 1) mit Schreiben vom 20. September 2006 ergänzend an. Er nahm innerhalb der ihm gesetzten Frist mit Schreiben vom 18. Oktober 2006 dahingehend Stellung, dass er die Ausweisung des Vogelschutzgebiets als Landschaftsschutzgebiet für ungeeignet halte. Mindestens die Zonen I und II müssten als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden, um sie dauerhaft zu sichern. Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für den Eingriff in das Vogelschutzgebiet lägen nicht vor. Die große Vielzahl streng geschützter Arten in dem betroffenen Gebiet zeige die besondere Hochwertigkeit des beeinträchtigten Raumes für den Artenschutz. In diesem Zusammenhang müsse die Unterscheidung zwischen Forschungsbereich und Verkehrsflugbereich dargelegt werden, um vorzugswürdige Alternativen in genügender Tiefe prüfen zu können. Die Kohärenz des Natura 2000-Netzes sei nicht hinreichend gesichert, eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung nicht vertretbar.

Der Kläger zu 3) hat Einwendungen nicht erhoben.

Mit Planfeststellungsbeschluss vom 15. Januar 2007 gestattete die Beklagte das Vorhaben unter zahlreichen Auflagen und behandelte die Einwendungen der Kläger zu 1) und 2).

Die Planrechtfertigung begründete die Beklagte mit dem von den Nutzern des Flughafens angemeldeten Bedarf, der sich aus den Besonderheiten des Verkehrsflughafens Braunschweig-Wolfsburg ergebe. Auf dem Flughafen selbst und in seiner unmittelbaren Umgebung hätten sich hochspezialisierte, international kooperierende Einrichtungen, Unternehmen und Behörden der Luft- und Verkehrstechnik angesiedelt und bildeten ein "Avionik- und Mobilitätstechnik-Cluster", das gesichert werden müsse. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) benötige die verlängerte Start- und Landebahn, weil sie das veraltete Trägerflugzeug für den dort betriebenen und in Europa einzigartigen ATTAS In-Flight-Simulator erneuern und durch einen Airbus 320-200 ersetzen müsse. Weiterhin seien sechs Institute des Luft- und Raumfahrtzentrums der Technischen Universität Braunschweig auf enge Zusammenarbeit mit dem DLR und die Nutzung dieses Airbus angewiesen. Eine weitere Besonderheit sei, dass der Flughafen vor allem für den Werksverkehr verschiedener, im Einzelnen genannter international tätiger Firmen genutzt werde, der auf Fluggeräte größerer Reichweite und höherer Zuladung angewiesen sei. Der Flughafen sei nicht nur selbst Forschungsstandort, sondern habe erhebliche positive Auswirkungen auf den Wirtschaftsraum Braunschweig; das Vorhaben sei geeignet, einen wesentlichen Beitrag zur Förderung der regionalen Wirtschaft zu leisten und sei ein zulässiges Mittel regionaler Strukturhilfe. Hingegen rechtfertige die Ausschöpfung eines möglichen Marktpotentials im Linien- und Touristikflugverkehr nicht die Erweiterung des Verkehrsflughafens, könne jedoch wegen der allgemeinen Widmung für den öffentlichen Verkehr nicht untersagt werden. Das Vorhaben sei auch unter dem Aspekt der Flugsicherheit gerechtfertigt, um die volle Hindernisfreiheit am Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg herzustellen.

Die Flughafenerweiterung entspreche den Erfordernissen der Raumordnung und Landesplanung, die planfestgestellte Variante sei anderen geprüften Ausbauvarianten überlegen. Flughafenexterne Alternativen schieden aus, weil sie in Widerspruch zu den mit der Planung verfolgten Zielen stünden. Für die zukünftige Straßenanbindung der von der Verlängerung der Start- und Landebahn durchtrennten Grasseler Straße seien vier Alternativen geprüft worden. Die östliche Umfahrung sei zwar die Alternative, die die stärksten ökologischen Beeinträchtigungen mit sich bringe, sei aber wegen der wesentlich geringeren Kosten, des Erhalts der gewachsenen Stadtteilverbindungen, der Vermeidung von Überschreitungen der Lärmgrenzwerte bei Wohngebäuden und der Wiederherstellung des Radfernwanderweges zwischen Braunschweig und Lüneburg vorzugswürdig. Die mit der Ostumfahrung verbundenen negativen Folgen des Waldeingriffs verlören an Gewicht, weil diese Flächen vollständig in den Waldbereichen lägen, die wegen der erforderlichen Herstellung der Hindernisfreiheit nur noch eine eingeschränkte Lebensraumfunktion für die wertgebenden Vogelarten aufwiesen.

Die Fluglärmbelastung werde durch die beantragte Start- und Landebahnverlängerung und den prognostizierten Flugverkehr in den bereits heute am höchsten belasteten Gebieten von Bienrode und Wenden nur geringfügig zunehmen. In den Bereichen von Hondelage und der Gemeinde Lehre sei eine Zunahme des äquivalenten Dauerschallpegels von 1 bis 4 dB(A) gegenüber der gegenwärtigen Situation zu erwarten, ohne dass jedoch ein Wert von 50 dB(A) überschritten werde. Eine Änderung der Nachtflugregelung gegenüber der Regelung des Planfeststellungsbeschlusses der damaligen Bezirksregierung Braunschweig vom 18. Oktober 2000 sei nicht vorgesehen.

Im Hinblick auf Natur und Landschaft trenne das großdimensionierte technische Bauwerk in erheblichem Umfang Lebensräume und Ökosysteme, beeinträchtige Waldflächen und führe zum Verlust von Biotopen mit sehr hoher ökologischer Bedeutung. Die FFH-Gebiete 101 "Eichen-Hainbuchen-Wälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg" und 102 "Beienroder Holz" lägen 1,3 bzw. 8 km von der Verlängerung der Start- und Landebahn entfernt; überfliegende Flugzeuge wirkten sich weder auf in diesen Gebieten vorkommende Lebensraumtypen noch auf deren wesentliche Bestandteile oder Erhaltungsziele aus. Hingegen führe der Flughafenausbau zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele und der für sie maßgeblichen Bestandteile des Vogelschutzgebietes V48 "Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg". Eine Beeinträchtigung der Gesamtpopulation der vier wertbestimmenden Vogelarten (Rotmilan, Grau-, Schwarz- und Mittelspecht) werde jedoch nicht eintreten. Das wegen der direkten Inanspruchnahme eines Teilhabitats schutzgebietsunverträgliche Vorhaben sei als Ausnahme zuzulassen, weil es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig sei, zumutbare Alternativen nicht bestünden und geeignete Maßnahmen planfestgestellt seien, die den Zusammenhang des europäischen ökologischen Netzes Natura 2000 sicherten. Insbesondere die auf einer Fläche von 45 ha im etwa 5 km entfernten Waldgebiet "Sundern" vorgesehenen Maßnahmen seien zur Entwicklung und Verbesserung als Lebensraum insbesondere für den Mittelspecht geeignet; das Gebiet könne künftig in wesentlich höherer Dichte als bisher von den wertbestimmenden Vogelarten besiedelt werden. Mit der planfestgestellten Auflage eines Monitoring werde das Erreichen der Schutzziele überwacht. Das Vorhaben werde den Anforderungen des Artenschutzes gerecht, wildlebende Pflanzen der besonders oder streng geschützten Arten seien nicht betroffen. In Hinblick auf die betroffenen wildlebenden Tiere erteilte die Beklagte wegen überwiegender Gründe des Allgemeinwohls eine Befreiung.

Die Inanspruchnahme einer Teilfläche des Grundstücks der Klägerin zu 2) für die östliche Umfahrung des erweiterten Flughafengeländes und für Vermeidungsmaßnahmen zur Minderung der durch das Vorhaben hervorgerufenen naturschutzrechtlichen Beeinträchtigungen sei unvermeidlich. Da die Klägerin zu 2) nähere Angaben zur geltend gemachten Existenzgefährdung nicht gemacht habe und die landwirtschaftliche Nutzfläche verpachtet sei, diene diese offensichtlich nicht der eigenen Bewirtschaftung und der Sicherung der Existenzgrundlage eines ihr gehörenden landwirtschaftlichen Betriebes.

Die Beklagte bewertete insgesamt das öffentliche Interesse am Ausbau des Verkehrsflughafens Braunschweig-Wolfsburg höher als die betroffenen gegenläufigen öffentlichen und privaten Belange.

Gegen den ab 15. Januar 2007 im Internet einsehbaren und in Braunschweig öffentlich am 31. Januar 2007 bekanntgemachten Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger am 17. Januar 2007 Klage erhoben.

Sie rügen das Fehlen einer Planrechtfertigung, indem sie die Plausibilität der Start- und Landebahnberechnungen sowie die Notwendigkeit der geplanten Verlängerung des parallelen Rollwegs bezweifeln. Der zur Rechtfertigung angeführte Aspekt des Forschungsflughafens hätte zu einer Umwidmung des Flughafens als Sonderlandeplatz führen müssen.

Im Hinblick auf die Anforderungen der auf dem europäischen Naturschutzrecht beruhenden Vorschriften halten sie das FFH-Gebiet "Eichen-Hainbuchenwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg" für nicht zutreffend abgegrenzt, das durch die Erweiterung des Flughafens betroffene Waldgebiet hätte in die Meldung einbezogen werden müssen. Der Eingriff in das Vogelschutzgebiet müsse sich an der Vogelschutz-Richtlinie messen lassen, die zu seinem Schutz von der Stadt Braunschweig erlassene Landschaftsschutzverordnung sei nichtig. Die der Abweichensentscheidung zugrundeliegende Verträglichkeitsuntersuchung sei aus mehreren Gründen unzureichend. Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses lägen nicht vor, da habitatschutzrechtlich nicht tragende Einzelwünsche hinter dem Vorhaben stünden. Gleiches gelte für die Alternativenprüfung, weil den einzelnen Nutzern mögliche Vermeidungsanstrengungen nicht berücksichtigt würden. Hinsichtlich der Verlegung der Grasseler Straße seien weder den Wald schonendere Gestaltungen geprüft worden noch die Zumutbarkeit der Westumfahrung, wenn insoweit die Möglichkeiten aktiven Schallschutzes ausgeschöpft würden. Das zur Kohärenzsicherung betrachtete Gebiet "Sundern" sei nicht kohärenzfähig, die gegenteiligen Annahmen der Beklagten seien fachlich nicht abgesichert und die zeitliche Lücke bis zur Funktionsfähigkeit der Maßnahmen nicht hinnehmbar. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag weise Mängel auf, weil u.a. die besonders oder streng geschützten Arten nur zu einem Teil behandelt würden.

Die fachplanerische Abwägung sei fehlerhaft. Die landesplanerische Feststellung und das Ergebnis des Zielabweichungsverfahrens könnten wegen der zwischenzeitlich veränderten Zielsetzungen des Vorhabens nicht Grundlage der Planfeststellung sein. Die Beklagte habe zu Unrecht ein Nachtflugverbot abgelehnt, die Auflage zum Nachtlärmschutz sei unzureichend. Insgesamt seien die Lärmschutzbelange fehlerhaft ermittelt und abgewogen worden, weil es eine erhebliche Inkongruenz zwischen der nennenswert gesteigerten luftseitigen Kapazität des Flughafens und der sehr niedrigen Prognose der Verkehrsbelastung gebe. Mittels Betriebsbeschränkungen hätte der Flugverkehr auf die der Planfeststellung zugrunde liegenden Prognosen beschränkt werden müssen. Die Grundstücksbetroffenenheiten der Kläger zu 2) und 3) seien unzutreffend berücksichtigt.

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluss "Verlängerung der Start- und Landebahn des Flughafens Braunschweig-Wolfsburg" der Beklagten vom 15. Januar 2007 aufzuheben,

hilfsweise,

den Planfeststellungsbeschluss "Verlängerung der Start- und Landebahn des Flughafens Braunschweig-Wolfsburg" der Beklagten vom 15. Januar 2007 für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,

weiter hilfsweise,

die Beklagte zu verpflichten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über weitergehende Maßnahmen der Kohärenzsicherung bzw. des naturschutzrechtlichen Ausgleichs bzw. Ersatzes zu entscheiden,

verfahrensrechtlich weiter hilfsweise,

Beweis zu erheben zu der Tatsache, dass bei der vom DLR beabsichtigten Erprobung von Hochauftriebskomponenten mit dem A 320 ATRA die für die Auswertung benötigten Auftriebsbeiwerte auch bei geringeren Gewichten als 90 % vom MTOW erreicht werden, durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens,

verfahrensrechtlich weiter hilfsweise,

Beweis zu erheben zu der Tatsache, dass in dem von der Flughafenerweiterung überplanten Waldbetroffenheitsbereich (Bereich der Waldrodung und der Einkürzung zur Herstellung von Hindernisfreiheit) "Im Klei" der prioritäre FFH-Lebensraumtyp "Auen-Wälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior" (91E0) in einer flächenhaften Ausdehnung zwischen 50 m² und 200 m² vorkommt, durch Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens.

Die Beklagte beantragt,

die Klage mit allen Anträgen einschließlich der Hilfsbeweisanträge abzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss. Die Planrechtfertigung sei gegeben. Die Flughafenerweiterungsflächen seien nicht Teil eines potentiellen FFH-Gebiets, da der Lebensraumtyp 9160 (hier: Eichen-Hainbuchenwald) in Niedersachsen bereits in ausreichendem Umfang gemeldet worden sei. Durch Erlass der Landschaftsschutzänderungsverordnung der Stadt Braunschweig vom 04. August 2006 sei für das Vogelschutzgebiet ein Wechsel des Schutzregimes eingetreten. Die Verträglichkeitsprüfung sei nicht fehlerhaft. Sie habe den Verlust von Brut- und Nahrungsrevieren der wertbestimmenden Vogelarten als unverträglich mit dem Schutzzweck und den Erhaltungszielen des Vogelschutzgebietes bewertet; die Feststellung, dass eine Beeinträchtigung der Gesamtpopulation und des günstigen Erhaltungszustand der jeweiligen Vogelart nicht eintreten werde, stehe im Zusammenhang mit der im Rahmen der Abweichensprüfung vorzunehmenden Abwägung. Die Gründe für eine habitatschutzrechtliche Ausnahme lägen vor, insbesondere sei die nicht nach europäischem Recht geschützte Waldfläche des "Sundern" geeignet, die notwendige Kohärenz der Natura 2000-Gebiete zu sichern.

Die im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Lärmschutzregelungen seien ausreichend. Regelungen zum erlaubten Umfang von Nachtflügen seien nicht erforderlich gewesen, da bereits der Planfeststellungsbeschluss vom 18. Oktober 2000 diesbezüglich eine Regelung enthalte.

Die Eigentumsbelange der Klägerin zu 2) seien abwägungsfehlerfrei abgewogen worden, zumal eine Existenzgefährdung nach wie vor nicht konkret vorgetragen sei.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage mit den Sach- und Hilfsbeweisanträgen abzuweisen.

Sie verteidigt den Planfeststellungsbeschluss ebenfalls. Die Planrechtfertigung sei gegeben. Hinsichtlich der Abgrenzung des FFH-Gebiets "Eichen-Hainbuchenwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg" hält sie die Gebietsmeldungen der Bundesrepublik Deutschland für vollständig. Die Landschaftsschutzverordnung gewährleiste das Erreichen der in ihr aufgeführten Erhaltungsziele des Vogelschutzgebiets. Das Interesse an dem planfestgestellten Ausbau des Verkehrsflughafens Braunschweig-Wolfsburg überwiege das Interesse an dem Schutz des EU-Vogelschutzgebiets V48. Die Beklagte habe zutreffend das Vorliegen einer zumutbaren Alternative zu dem planfestgestellten Vorhaben verneint. Die mit dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss angeordneten Maßnahmen, die den Zusammenhang des europäischen ökologischen Netzes Natura-2000 sichern sollten, seien auf die fachlich ermittelten erheblichen Beeinträchtigungen abgestellt. Das Waldgebiet Sundern sei zum Kohärenzausgleich geeignet. Die Beeinträchtigung der nach nationalem Recht besonders und streng geschützten Arten sei zutreffend mit der Bewertung des landschaftspflegerischen Begleitplans behandelt, die artenschutzrechtlich erforderliche Befreiung rechtmäßig.

Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss leide nicht an offensichtlichen und erheblichen Abwägungsfehlern. Die landesplanerische Feststellung sei zur Grundlage der Abwägung nach wie vor geeignet, weil auch unter Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse über das Vogelschutzgebiet V48 entscheidungserhebliche Auswirkungen der einzelnen Varianten auf die Gesamtpopulation der wertgebenden Arten nicht festgestellt werden könnten.

Der Schutz vor Fluglärm sei angemessen, ein Nachtflugverbot nicht erforderlich. Da nach den tatsächlich abgewickelten und im Ausbaufall zu erwartenden Verkehr sich der Nachtflugbetrieb im Durchschnitt auf deutlich weniger als ein nächtliches Flugereignis beschränke, habe es einer weitergehenden Nachtflugregelung nicht bedurft.

Auch die Inanspruchnahme des Eigentums des Klägers zu 3) sei gerechtfertigt. So sei es nicht zutreffend, dass bei einem Verzicht auf die Verlängerung der Rollbahn A eine Grundstücksinanspruchnahme nicht notwendig sei, weil es teilweise in den Sicherheitsbereich des Verkehrsflughafens Braunschweig-Wolfsburg einbezogen werden müsste. Die restliche Fläche des Grundstücks werde als Teil einer Ersatzmaßnahmebenötigt und sei als solcher unverzichtbarer Teil einer auch die benachbarten Grundstücke überplanenden Gesamtfläche.

In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den Planfeststellungsbeschluss um fünf weitere Auflagen zum Artenschutz ergänzt, hinsichtlich derer die Beigeladene Rechtsmittelverzicht erklärt hat.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

1. Die Kläger sind klagebefugt i.S.d. § 42 Abs. 2 VwGO; ihre Klage, über die der Senat gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwGO erstinstanzlich zu entscheiden hat, ist zulässig. Die Klagebefugnis des Klägers zu 1) ergibt sich aus § 61 Abs. 1 BNatSchG i.V.m. § 60 c Abs. 1 NNatG. Die Kläger zu 2) und 3) sind Eigentümer von Grundstücken, die durch die luftverkehrsrechtliche Planfeststellung in Anspruch genommen werden sollen.

2. Die Klage des Klägers zu 3) ist jedoch unbegründet, die Klage der Kläger zu 1) und 2) hingegen teilweise begründet.

2.1 Die Kläger zu 1) und 3) sind mit einem Teil ihrer Einwendungen wegen nicht fristgerechten Vorbringens im Verwaltungsverfahren ausgeschlossen (präkludiert).

Für den Kläger zu 1) gilt dies nach § 60 b Abs. 4 Satz 1 i. V. m. § 60 c Abs. 3 NNatG. Danach kann ein nach § 60 c Abs. 1 i.V.m. § 60 a NNatG am Verfahren zu beteiligender Verein innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übersendung der das Verfahren betreffenden Unterlagen (§ 60 b Abs. 2 NNatG) eine Stellungnahme abgeben. Unterlässt er dies, ist er mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die er auf Grund der ihm überlassenen oder von ihm eingesehenen Unterlagen zum Gegenstand der Stellungnahme hätte machen können (§ 60 c Abs. 3 Satz 1 NNatG). Eines rechtlichen Hinweises oder gar einer Rechtsmittelbelehrung im Hinblick auf die eintretende Präklusion bedarf es nach niedersächsischem Landesrecht nicht. Die anerkannten Vereine sind nach § 60 b Abs. 1 Satz 1 NNatG zwar über den Inhalt und den Ort eines Vorhabens in Kenntnis zu setzen und auf ihre Rechte hinzuweisen. Diese Hinweispflicht bezieht sich aber lediglich auf die Möglichkeit der Beteiligung an dem Verfahren. Ihr Zweck ist es, dem Verein - überhaupt - Kenntnis über die verwaltungsbehördliche Planung zu verschaffen, nicht ihn auf einzelne Beteiligungsrechte und deren Folgen für das nachfolgende Verwaltungsverfahren hinzuweisen. Wo der Gesetzgeber eine Rechtsfolgenbelehrung über den Ausschluss von unterlassenen Einwendungen für erforderlich gehalten hat, ist dies in der betreffenden Präklusionsvorschrift ausdrücklich angeordnet (vgl. etwa §§ 73 Abs. 4 Satz 4 VwVfG, § 10 Abs. 4 Satz 2 LuftVG, 17 Abs. 4 Satz 2 FStrG 2002). Der Niedersächsische Landesgesetzgeber hat eine derartige Belehrungspflicht nicht vorgesehen und mutet den eingetragenen Naturschutzverbänden damit zu, sich über die Folge einer Versäumung der Frist selbst kundig zu machen (vgl. Nds.OVG, Urt. v. 10.11.2008 - 7 KS 1/05 -, Ortsumgehung Waake, NuR 2009, 188; juris Rn. 47). Der Senat teilt die hiergegen vorgebrachten verfassungs- und europarechtlichen Bedenken des Klägers zu 1) nicht. Der Kläger zu 1) verkennt, dass ihm die Anwendung der Präklusionsvorschrift nicht das ihm zustehende Beteiligungsrecht abschneidet, denn seine - die behördlich gesetzte Frist einhaltenden - Stellungnahmen sind im Planfeststellungsverfahren berücksichtigt worden. In Rede steht allein, dass eine gerichtliche Prüfung nicht mehr erreicht werden kann, wenn die insoweit geltenden Fristen nicht eingehalten worden sind. Welche verfassungsrechtlich geschützte Rechtsposition des Klägers dadurch berührt sein sollte, ist nicht ersichtlich. Gleiches gilt im Hinblick auf das Europarecht. Das der Umsetzung verschiedener europäischer Richtlinien dienende Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG - verweist etwa in § 2 Abs. 3 UmwRG auf bestehende Präklusionsvorschriften, ohne weitere Anforderungen an eine Aufklärung über diese Rechtsfolge zu stellen. Die Anwendung von Gemeinschaftsrecht wird dadurch nicht unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert.

Dem Kläger zu 1) sind die das Verfahren betreffenden Unterlagen mit Schreiben der Beklagten vom 28. Juni am 28. oder 29. Juni 2005 übersandt worden. Die Frist zur ein Klagerecht erhaltenden Stellungnahme war demnach bei Einreichen der Einwendungsschrift vom 19. September 2005 bereits abgelaufen.

Bei einer unverschuldeten Versäumung der Frist für die Erhebung von Einwendungen ist unter den Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand von einer Präklusion abzusehen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.02.2000 - 4 VR 17.99 -, juris m.w.N.; Gerichtsbescheid v. 30.07.1998 - 4 A 1.98 -, NVwZ-RR 1999, 162 f.; grundlegend BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 38.95 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119; s. auch VGH Mannheim, Beschl. v. 02.02.2005 - 5 S 2333/04 -, NVwZ-RR 2006, 136). Hier liegen Wiedereinsetzungsgründe jedoch nicht vor. Zwar hatte die Beklagte den Kläger zu 1) in ihrem Schreiben vom 28. Juni 2005 unrichtig über die für eine klageerhaltende Stellungnahme geltende Frist informiert. Nach der - der Beklagten seinerzeit offenbar nicht bekannten - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, BVerwGE 116, 254; Urt. v. 27.02.2003 - 4 A 59.01 -, DVBl. 2003, 1061, jeweils zu § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG) war die Präklusionsvorschrift des § 10 Abs. 4 Satz 1 LuftVG und die hiermit verbundene Bestimmung des § 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG auf anerkannte Naturschutzverbände - entgegen der Aussage im Schreiben der Beklagten vom 28. Juni 2005 - nicht anwendbar. Angesichts der seit mehr als zehn Jahren geltenden landesrechtlichen Präklusionsvorschrift des § 60 c Abs. 3 Satz 1 NNatG war der Kläger zu 1) jedoch gehalten und auch in der Lage, diese Frist einzuhalten. Er hat sich auch nicht bemüht, gemäß § 60 b Abs. 4 Sätze 3 und 4 NNatG bei der Behörde die - nicht formgebundene - Verlängerung der klageerhaltenden Stellungnahmefrist zu erreichen oder eine Auskunft über die zutreffende Frist zu erhalten, obwohl nach dem Schreiben vom 28. Juni 2005 deutlich war, dass die Beklagte eine am 20. September 2005 eingehende Stellungnahme jedenfalls nicht als klageerhaltend werten würde. Gerade der von der Beklagten in diesem Schreiben betonte Unterschied zwischen klageerhaltenden und nicht klageerhaltenden Stellungnahmen hindert die Annahme einer konkludent ohne Antrag und bereits vorab jedem Träger öffentlicher Belange und jedem der beteiligten Naturschutzvereine gewährten Fristverlängerung, da sie die klar zum Ausdruck gebrachte Intention der Beklagten in ihr Gegenteil verkehren würde.

Der Kläger zu 1) kann auch im Hinblick auf das Schreiben seiner Bezirksgruppe Braunschweig vom 08. September 2005 eine präklusionsvermeidende Wiedereinsetzung nicht beanspruchen. Es mag sein, dass die (von der Beklagten im Verwaltungsverfahren bereits erkannte) unzutreffende Angabe der Postleitzahl in der öffentlichen Bekanntmachung der Planauslegung (das Anhörungsschreiben vom 28. Juni 2005 enthielt eine richtige Anschrift) zur Verzögerung des Posteingangs bei der Beklagten geführt hat. Jedoch wäre selbst ein bereits am 08. September 2005 abgesandtes Schreiben nicht geeignet gewesen, die am 02. September 2005 endende Frist des § 60 b Abs. 4 S. 1 NNatG einzuhalten.

Mit seinem Vorbringen zur Schutzwürdigkeit des Erweiterungsgeländes im Hinblick auf die nach der FFH-Richtlinie und den sie in nationales Recht umsetzenden nationalen Vorschriften geschützten Lebensraumtypen wäre der Kläger zu 1) im Übrigen auch ausgeschlossen, wenn ihm eine Versäumung der Frist des § 60 c Abs. 1 i.V.m. § 60 a NNatG nicht entgegengehalten werden könnte, denn das Scheiben vom 19. September 2005 enthält entsprechende Rügen nicht. Ein anerkannter Naturschutzverein kann sich die spätere Klagemöglichkeit nur insoweit offenhalten, als er im Rahmen seiner Rügeobliegenheit zumindest Angaben dazu macht, welches Schutzgut durch ein Vorhaben betroffen wird und welche Beeinträchtigungen ihm drohen. Auch die räumliche Zuordnung eines Vorkommens oder einer Beeinträchtigung ist zu spezifizieren, wenn sie sich nicht ohne weiteres von selbst versteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 4.03 -, DVBl. 2004, 655 = NVwZ 2004, 861; B. v. 12.04.2005 - 9 VR 41.04 -, DVBl. 2005, 916 (919) = NVwZ 2005, 943; B. v. 23.11.2007 - 9 B 38.07 -, NuR 2008, 176 (Rn. 31) = UPR 2008, 112 = ZUR 2008, 257). Da sich den Einwendungsschreiben des Klägers zu 1) nicht entnehmen lässt, dass auch "Auen-Wälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior" (91E0) näher zu betrachten sind, ist der zweite Hilfsbeweisantrag, soweit er auch für den Kläger zu 1) gestellt worden ist, bereits wegen der ihn betreffenden Präklusion abzulehnen.

Nicht ausgeschlossen ist der Kläger zu 1) mit seinen den Vogelschutz betreffenden Einwendungen, da er sich auf das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 20. September 2006 insoweit innerhalb der ihm gesetzten Frist geäußert hat. Der Senat wertet die mit der Erweiterung des Vogelschutzgebiets verbundene Änderung des Prüfungsmaßstabs als eine solche, die dem Kläger zu 1) insoweit eine neue Einwendungsmöglichkeit eröffnet hat, auch wenn sie nicht zu neuen oder anderen Belastungen für Natur und Landschaft geführt hat (vgl. zu dieser Voraussetzung BVerwG, B. v. 23.11.2007 - 9 B 38.07 -, a.a.O., Rn. 30 m.w.N.).

Die Klägerin zu 2) hat im Planfeststellungsverfahren fristgerecht Einwendungen erhoben.

Der Kläger zu 3) hat keine Einwendungen erhoben, ist jedoch gleichwohl mit seinem Vorbringen gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 LuftVG nicht vollständig ausgeschlossen. Unter den Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist, wie oben näher dargelegt, bei einer unverschuldeten Versäumung der Frist für die Erhebung von Einwendungen von einer Präklusion abzusehen. Der Kläger zu 3) war ohne sein Verschulden i.S.d. § 32 Abs. 1 Satz 1 VwVfG gehindert, die gesetzliche Einwendungsfrist des § 73 Abs. 4 S. 1 VwVfG einzuhalten, soweit es um die Betroffenheit seines landwirtschaftlich genutzten Flurstücks ging. Er musste nicht erkennen, dass dieses Grundstück Gegenstand der Planung ist, denn im Grunderwerbsverzeichnis (Planunterlage 11.1 Bl. 2) ist unter zwar richtiger Flurstücksbezeichnung, aber unzutreffender Angabe zum Grundbuch als Eigentümerin dieses Flurstücks Frau Q. vermerkt. Dadurch ist dem Kläger zu 3) nicht vorzuwerfen, dass er insoweit die eigene Betroffenheit nicht erkannt und in der Folge Einwendungen nicht erhoben hat. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann ein Verschulden des Klägers zu 3) an der Fristversäumnis nicht daraus abgeleitet werden, dass sich aus dem Grunderwerbsplan (Planunterlage 11.2 / 1) die Inanspruchnahme des Flurstücks ergibt. Ist der Name des planbetroffenen Grundstückseigentümers im Grunderwerbsverzeichnis nicht zu finden, ist dies geeignet, bei diesem den Eindruck des Nicht-Betroffenseins zu erwecken und ihn von Einwendungen abzuhalten. Die Wiedereinsetzung scheitert auch nicht an der Frist des § 32 Abs. 2 S. 1 VwVfG, weil sie nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses ohnehin nicht unmittelbar gewährt werden kann. Folge der unverschuldeten Versäumung der Einwendungsfrist ist viel mehr ohne weiteres, dass dem Kläger zu 3) die dieses Grundstück betreffenden Einwendungen im gerichtlichen Verfahren nicht abgeschnitten sind (vgl. BVerwG, Gb. v. 30.07.1998, a.a.O.).

Dies gilt jedoch nicht, soweit er erstmals im gerichtlichen Verfahren geltend macht, durch die Erweiterung des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg von Lärm oder Wirbelschleppen betroffen zu sein. Die öffentliche Bekanntmachung und die ausgelegten Planunterlagen haben ihm - wie anderen Anwohnern auch - ermöglicht, sich über die Auswirkungen des Vorhabens auf das von ihm bewohnte Grundstück zu informieren, so dass insoweit Wiedereinsetzungsgründe nicht vorliegen und diese Einwände gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 LuftVG einer gerichtlichen Prüfung entzogen sind.

2.2 Da der Kläger zu 1) mit seinem Klagevorbringen mit Ausnahme seiner Einwendungen zum Vogelschutz ausgeschlossen ist, bedarf es keiner Ausführungen zum von ihm problematisierten Umfang seiner Rügebefugnis. Im Übrigen hält der Senat an seiner ständigen Rechtsprechung fest, dass Naturschutzvereine im Rahmen eines auf § 61 Abs. 1 BNatSchG i.V.m. § 60 c Abs. 1 NNatG beruhende Klagerechts die Planrechtfertigung nicht zur gerichtlichen Prüfung stellen können (vgl. Nds.OVG, Urt. v. 19.02.2007 - 7 KS 135/03 -, juris Rn. 55 ff.).

Die Kläger zu 2) und 3) als durch die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses betroffene Grundstückseigentümer unterliegen Beschränkungen der Rügebefugnis nur insoweit, als sie sich auf die Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs nur dann berufen können, wenn die Beachtung dieses Belangs zu einer Veränderung der Planung im Bereich ihrer planbetroffenen Grundstücke führen würde (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 -, NVwZ 1996, 1011 (1012) m.w.N.; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1078.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, juris Rn. 500). Das gilt auch, wenn eine Verletzung von Gemeinschaftsrecht geltend gemacht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138 S. 252 f.; B. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, ZUR 2008, 378 Rn. 11). Weil sie sich auch private Belange anderer nicht zu eigen machen darf, kann die Klägerin zu 2) weder Lärm (Ausnutzen bisheriger Betriebserlaubnisse, Forderungen nach Maßnahmen aktiven und passiven Schallschutzes) noch Wirbelschleppen oder andere Sicherheitsrisiken rügen; sie hat im direkten Einzugsbereich des Flughafens kein Wohneigentum und wohnt auch nicht selbst dort.

2.3 Der auf der Rechtsgrundlage der §§ 8 bis 10 LuftVG ergangene Planfeststellungsbeschluss der Beklagten vom 15. Januar 2007 leidet teilweise an Rechtsfehlern, die die Kläger zu 1) und 2rügen können und zur teilweisen Feststellung seiner Rechtswidrigkeit führen, während Rechte des Klägers zu 3) nicht verletzt werden.

2.3.1 Das Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt. Die Planrechtfertigung ist eine ungeschriebene Voraussetzung für jede Fachplanung und zugleich eine Ausprägung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns, das mit Eingriffen in private Rechte verbunden ist. Das Erfordernis ist erfüllt, wenn für das beabsichtigte Vorhaben gemessen an den Zielsetzungen des jeweiligen Fachplanungsgesetzes ein Bedarf besteht, die geplante Maßnahme unter diesem Blickwinkel also erforderlich ist. Das ist nicht erst bei Unausweichlichkeit des Vorhabens der Fall, sondern bereits dann, wenn es vernünftigerweise geboten ist (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, BVerwGE 125, 116 (176 f.) Rn. 179, 182; BVerwG, Urt. v. 26.04.2007 - 4 C 12.05 -, Flugplatz Airbus Hamburg-Finkenwerder, BVerwGE 128, 358 (372) = NVwZ 2007, 1074 (1077) Rn. 45).

Die für die Erweiterung des bestehenden Flughafens angeführten Gründe der Beklagten, den jetzt und in Zukunft bestehenden Bedarf der Nutzer des Flughafens unter Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen der Forschung und des Werkverkehrs bedienen zu können und die Sicherheit des bestehenden wie des zukünftigen Flugverkehrs zu erhöhen, sind aus dem Luftverkehrsgesetz ableitbar. Das Luftverkehrsgesetz nennt seine Ziele, die als Planrechtfertigung dienen können, nicht in einer gesonderten Vorschrift. Die von ihm verfolgten Allgemeinwohlgründe sind aber der Bestimmung der öffentlichen Aufgabe zu entnehmen, die z.B. in der Enteignungsregelung des § 28 Abs. 1 LuftVG Ausdruck gefunden hat. Danach sind Enteignungen namentlich für "Zwecke der Zivilluftfahrt" zulässig. Hiervon ausgehend ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass u.a. der Ausbau von Verkehrsflughäfen gemeinnützig ist, weil er nach § 38 Abs. 2 Nr. 1 LuftVZO dem allgemeinen Verkehr der Zivilluftfahrt dient (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, BVerwGE 114, 364 (375) = juris Rn. 40). Verkehrsflughäfen sind Bestandteil der Verkehrsinfrastruktur, und zwar ungeachtet der privatrechtlichen Organisationsform des Flughafenbetreibers. Ihr Ausbau kann daher grundsätzlich das Gemeinwohlerfordernis des Art. 14 Abs. 1 GG erfüllen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, Flughafen Berlin-Schönefeld, a.a.O. Rn. 188 m.w.N.; zum Gesichtspunkt der Sicherheit als Planrechtfertigung vgl. BVerwG, B. v. 04.06.2008 - 4 B 34.08 -, juris Rn. 6 f. unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, a.a.O., sowie OVG S-H, Urt. v. 12.02.2008 - 4 KS 8/05 -, NordÖR 2008, 170 Rn. 60). Ebenfalls ohne Auswirkungen auf die Verkehrsinfrastruktur ist, dass das Land erwägt, seine Anteile an der Betreibergesellschaft zu verkaufen.

Ob das Vorhaben zusätzlich als regionale Strukturhilfe ebenfalls gerechtfertigt ist, kann deshalb im Rahmen der Planrechtfertigung dahinstehen (für eine Berücksichtigung BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, a.a.O., Rn. 41; a.A. HessVGH, Urt. v. 17.06.2008 - 11 C 2089/07.T -, juris Rn. 37, in ZUR 2009, 42 nicht abgedruckt; das von den Klägern angeführte Urteil des BVerwG v. 26.04.2007 (- 4 C 12.05 -, Flugplatz Airbus Hamburg-Finkenwerder, a.a.O., Rn. 51 ff.) ist nicht einschlägig, weil Gegenstand der Planfeststellung ein privater Sonderlandeplatz war, der nicht der allgemein zugänglichen Infrastruktur dient (vgl. a.a.O. Rn. 41 f.); das von der Beigeladenen herangezogene Urteil des BVerwG v. 09.11.2006 - 4 A 2001.06 -, Flughafen Leipzig/Halle, BVerwGE 127, 95 (109) = NVwZ 2007, 445 (449) Rn. 54 behandelt an der aufgeführten Stelle nicht die Planrechtfertigung, sondern die für das Vorhaben sprechenden Belange im Rahmen der fachplanerischen Abwägung.).

Die gegen die Begründung der Planrechtfertigung von den Klägern vorgebrachten Einwände greifen nicht durch. Beantragt und planfestgestellt ist der Ausbau eines bereits genehmigten Verkehrsflughafens, so dass schon begrifflich nicht schlüssig ist, weshalb der Ausbau mit einer Abstufung zu einem Landeplatz einhergehen muss, um seine Rechtfertigung nachzuweisen. Auch wurde der Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg bisher schon als Forschungsflughafen genutzt, ohne dass es zu Nutzungskonflikten mit dem allgemeinen Flugverkehr gekommen ist. Die in der Luftverkehrsprognose (Planunterlage 2, S. 57) prognostizierte Abnahme der Flugbewegungen lässt künftige Erschwernisse für Forschungsflüge nicht erwarten. Überdies ist nicht erkennbar, inwieweit gerade eine Abstufung des Flughafens geeignet sein könnte, eine Inanspruchnahme der klägerischen Grundstücke zu vermeiden.

Ob die Nachfrage nach einer verlängerten Start- und Landebahn einem berechtigten Anliegen der Nutzer entspringt, ist vom Senat nicht zu bewerten; eine Bedürfnisprüfung findet nicht statt (vgl. BVerwG, Urt. v. 20.04.2005 - 4 C 18.03 -, BVerwGE 123, 261 (275) Rn. 33). Gleiches gilt für das von den Klägern bereits mit der Frage der Planrechtfertigung verknüpfte Begehren, die Plausibilität der Start- und Landebahnlängenberechnungen gerichtlich prüfen zu lassen. Fragen der erforderlichen oder zweckmäßigen Größe des Vorhabens sind nämlich für die Planrechtfertigung ohne Bedeutung. Sie kommen erst bei der naturschutzrechtlichen Prüfung einer zumutbaren Alternative i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG (dazu im Folgenden unter Nr. 2.3.2.2.4) und in der Abwägung zum Tragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.05.1984 - 4 C 58.81 -, Flughafen München II, BVerwGE 69, 256 (271) = NVwZ 1984, 718), wobei im zweiten Fall wegen des bestehenden Planungsermessens der Beklagten nur eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle besteht (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14.00 -, Militärflugplatz Bitburg, DVBl 2001, 1848 (1851 f.)).

Aus Sicherheitsgründen "vernünftigerweise geboten" ist die räumliche Trennung der rollenden und der startenden/landenden Flugzeuge durch einen auf ganzer Länge parallelen Rollweg unabhängig davon, ob rechnerisch sowohl die Starts und Landungen wie auch die dazu notwendigen Rollbewegungen auf einer einzigen Bahn abgewickelt werden könnten. Ergänzend hat die Beklagte im gerichtlichen Verfahren ausgeführt, dass eine Blockierung der Start- und Landebahn für landende Flugzeuge durch auf dieser Bahn zurückrollende Flugzeuge zu Warteschleifen oder Durchstart-Vorgängen mit negativen Auswirkungen auch hinsichtlich Lärm und Luftqualität führen. Gesichtspunkte der Sicherheit des Luftverkehrs dürfen im Rahmen der Planrechtfertigung im Übrigen nicht nur dann berücksichtigt werden, wenn durch Änderungen des Regelwerks der ICAO (Internationale Zivilluftfahrt-Organisation, eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen) oder anderer Vorschriften Anpassungen eines Flughafens erforderlich werden (vgl. BVerwG, B. v. 04.06.2008 - 4 B 34.08 -, juris Rn. 7).

Soweit die Kläger auch die Installation bzw. Verlegung eines Instrumentenlandesystems rügen, braucht der Senat dem unter dem Gesichtspunkt der Planrechtfertigung nicht nachzugehen. Die Verlängerung der Start- und Landebahn ist nicht untrennbar mit der Verbesserung der Instrumentenflugmöglichkeit verbunden. Die planbetroffenen Grundstücke der Kläger zu 2) und 3) werden durch die damit notwendigen Maßnahmen (Verlängerung der Befeuerungseinrichtungen und Schaffen der dafür notwendigen Hindernisfreiflächen) nicht in Anspruch genommen, auch mittelbare Auswirkungen auf ihre Grundstücke sind nicht erkennbar. Die Installation eines Instrumentenlandesystems - ILS - für Präzisionsanflüge auch für die Landerichtung 08 erhöht auch nicht den Flächenverbrauch im Vogelschutzgebiet.

2.3.2 Das Vorhaben verstößt zum Teil gegen die Vorgaben des § 34 c NNatG (= § 34 BNatSchG), auf deren Einhaltung als gesetzliche Schranke der Planung auch die gegebenenfalls enteignungsbetroffenen Kläger zu 2) und 3) einen Anspruch haben.

2.3.2.1 Die Erweiterung des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg beeinträchtigt keines der in seiner Umgebung gelegenen FFH-Gebiete, wohl aber das Vogelschutzgebiet V48 "Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg".

Das FFH-Gebiet "Eichen-Hainbuchenwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg" (Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der atlantischen biogeografischen Region v. 07.12.2004, ABlEG L 387/14, auch FFH-Gebiet 101 genannt) liegt vollständig in den Grenzen des Vogelschutzgebiets V48 "Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg", ist mit ihm aber nicht ganz deckungsgleich. Die verlängerte Start- und Landebahn wird etwa 1,3 km von seiner Grenze entfernt liegen. Es ist überwiegend als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Das FFH-Gebiet "Beienroder Holz" (ABlEG a.a.O., auch FFH-Gebiet 102 genannt) ist deckungsgleich mit dem gleichnamigen Teilgebiet des Vogelschutzgebiets V48 "Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg", es liegt etwa 5,8 km von der geplanten Flughafenerweiterung entfernt. Es ist als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Vorherrschender Lebensraumtyp - LRT - in beiden FFH-Gebieten sind Eichen- Hainbuchen- und Buchenmischwälder (LRT 9160 des Anhangs I der FFH-Richtlinie), in beiden Gebieten sind mehrere Tierarten nach Anhang II der Richtlinie nachgewiesen.

Der aus der Lage der FFH-Gebiete gezogene Schluss der FFH-Verträglichkeitsstudie (Planunterlage 10.2) und ihr folgend des Planfeststellungsbeschlusses, wegen der Entfernung und der Überflughöhen würden die jeweiligen Erhaltungsziele weder bau- noch betriebsbedingt erheblich beeinträchtigt, wird von den Klägern nicht in Frage gestellt. Sie meinen jedoch, dass das FFH-Gebiet 101 nicht zutreffend abgegrenzt sei. Auch die süd-westlich angrenzenden Waldflächen, die während des Planfeststellungsverfahrens zum Vogelschutzgebiet erklärt worden sind, hätten einbezogen werden müssen, weil die Lebensraumausstattung identisch und teilweise sogar von besserer Qualität sei. Die Ausweisung nur eines Teils der schutzwürdigen Flächen beruhe auf einer Rücksichtnahme auf den Flughafenausbau und damit auf nicht naturschutzfachlichen Erwägungen. Zum Beleg dafür haben die Kläger den Gebietsvorschlag des Niedersächsischen Umweltministeriums aus dem Jahr 1998, verschiedene Äußerungen politischer Gremien der Stadt Braunschweig sowie deren Stellungnahme vom 17. Mai 1999 gegenüber der damaligen Bezirksregierung Braunschweig zu den FFH-Gebietsvorschlägen vorgelegt (GA Bl. 329 - 351, 613 f.).

Daraus, dass insoweit auch nicht-naturschutzfachliche Überlegungen eingebracht wurden, lässt sich indessen nicht der Schluss ziehen, dass sie (mit)ursächlich für die Gebietsabgrenzung waren. Die für den FFH-Gebietsvorschlag ohne die Waldgebiete "Im Klei" und "Sickbruch" zwischen den Ortschaften Waggum und Hondelage maßgeblichen naturschutzfachlichen Überlegungen der Bundesrepublik Deutschland lassen sich der Mitteilung der Regierung der Bundesrepublik Deutschland vom 23. November 2001 entnehmen, die der Europäischen Kommission im Beschwerdeverfahren Az. 2000/4172 zugeleitet worden ist. Danach enthält die im Vergleich zum Vorschlag des Niedersächsischen Umweltministeriums aus dem Jahr 1998 nicht gemeldete Fläche von 319 ha etwa 94 ha mesophilen Eichen-Mischwald des LRT 9160 und ca. 1,4 ha mesophiles Grünland mit Übergängen zur Pfeifengraswiese bzw. zu mageren Flachland-Mähwiesen (LRT 6410 und 6510). Die 94 ha gut ausgeprägte Eichen-Hainbuchenmischwälder seien für die Repräsentativität der FFH-Meldung Deutschlands gegenüber den 570 ha der Repräsentationsstufe A in dem gemeldeten FFH-Gebiet "Eichen-Hainbuchenwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg" und den insgesamt 3.650 ha dieses Lebensraumtyps im niedersächsischen Teil der atlantischen biogeographischen Region nicht maßgeblich. Die Wiesen der LRT 6410 und 6510 seien teilweise nur fragmentarisch, teilweise wenig typisch ausgeprägt, so dass eine Repräsentativität nicht gegeben sei. Der Erhaltungsgrund der innerhalb dieser Flächen vorhandenen Eichen-Hainbuchwälder sei "gut" (B), insgesamt habe die nicht gemeldete Fläche aufgrund ihres geringen Anteils am Gesamtbestand des betreffenden LRT aus bundesweiter Sicht keine Bedeutung für deren Erhaltung.

Für diese naturschutzfachliche Bewertung der Bundesregierung spricht, dass die EU-Kommission im Jahr 2002 das betreffende Beschwerdeverfahren eingestellt hat. Auch weitere Unterlagen der Kläger belegen nicht, dass der Senat hinsichtlich dieser Wälder von einem faktischen FFH-Gebiet auszugehen hat. Die "Stellungnahme zu ausgewählten naturschutzfachlichen Fragen im Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau des Forschungsflughafens Braunschweig-Wolfsburg" von Dr. Schreiber vom 13. Juli 2007 (GA Bl. 283 bis 328) belegt unter Auswertung der Planfeststellungsunterlagen die naturschutzfachliche Wertigkeit dieser Wälder, die jedoch von den Naturschutzbehörden erkannt und berücksichtigt worden ist. Rückschlüsse auf den Repräsentativitätsgrad, die Flächenverhältnisse und den Erhaltungsgrad des betreffenden LRT sind nicht Gegenstand der Stellungnahme, aber als Kriterien maßgeblich zur Auswahl der Gebiete, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewiesen werden könnten (vgl. Anhang III Phase 1 A) der FFH-Richtlinie). Diese Einschätzung wird auch nicht durch die mit der Vorlage der Bundesregierung zum Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine aktualisierte Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung für die atlantische Region vom 26. April 2007 (BR-Drs 288/07) vorgelegten Unterlagen widerlegt. Zwar hielt die EU-Kommission vor Aktualisierung der Liste die Meldekulisse für den LRT 9160 in Niedersachsen nicht für genügend, dieser Mangel führte jedoch nicht zu einer Veränderung oder Ergänzung der Gebietsliste im Bereich der Eichen-Hainbuchenwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg oder des Beienroder Holzes. Dies ergibt sich aus dem Vergleich der zuerst veröffentlichten Liste von Gebieten vom 7. Dezember 2004 (a.a.O.) mit der aktualisierten Liste vom 12. November 2007 (ABlEG L 12/25), in denen jeweils die Fläche dieser Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung unverändert blieb. Dies lässt den Schluss zu, dass gerade für den LRT 9160 wie auch für andere in diesem Bereich vorkommende Lebensraumtypen andere Flächen in Niedersachsen als repräsentativer und deshalb relativ wertvoller für die Erhaltung dieser Lebensräume eingestuft wurden.

Dies gilt auch für den (prioritären) LRT 91E0 Auenwälder mit Alnus glutinosa und Fraxinus excelsior. Den bereits angeführten Unterlagen der EU-Kommission zur BR-Drs 288/07 ist zu entnehmen, dass für den LRT 91E0 ein Meldedefizit nicht mehr bestanden hat. Dem hilfsweise gestellten Beweisantrag, mit dem die Kläger zu 2) und 3) belegen lassen möchten, dass dieser Lebensraumtyp im Bereich der Flughafenerweiterung in einer flächenhaften Ausdehnung zwischen 50 m² und 200 m² vorkommt, ist nicht nachzugehen, weil die unter Beweis gestellte Tatsache unerheblich ist. Selbst wenn die vorgefundenen Einzelvorkommen von Esche die von den Klägern mit dem Hilfsbeweisantrag behauptete Größe hätten, wäre damit noch nicht nachgewiesen, dass es sich bei dem von der Flughafenerweiterung überplanten Waldbetroffenheitsbereich um einen repräsentativen und gut ausgeprägten Standort des LRT 91E0 und damit um ein faktisches FFH-Gebiet handelt - nicht jedes Vorkommen eines prioritären Lebensraumtyps nötigt zur Meldung als FFH-Gebiet. Gegen eine Schutzwürdigkeit unter dem Gesichtpunkt der flächenhaften Größe i.S.d. Anhangs III Phase 1 A) lit. b) der FFH-Richtlinie sprechen auch die auf der Grundlage des Interpretation Manuals der Europäischen Kommission erarbeiteten Hinweise zur Definition und Kartierung der Lebensraumtypen von Anh. I der FFH-Richtlinie in Niedersachsen (von Drachenfels, Stand 04/2008). Danach ist ein Vorkommen des LRT 91E0 erst als signifikant zu bewerten, wenn ein Vorkommen innerhalb größerer Wälder 200 - 500 m² groß ist. Dabei gilt dies nur für nasse Quellwälder, sonstige Bestände müssen (je nach Ausprägung) 2.000 - 5.000 m² groß sein (vgl. Hinweise S. 47). Fehlt es jedoch schon an einer Signifikanz des Vorkommens, fehlt es auch an einer relativen Bedeutung im Sinne des Anhangs III Phase 1 FFH-Richtlinie, die einen Schutz als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung erfordert.

Auch andere, von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung teils kontrovers, teils übereinstimmend diskutierte Vorkommen von Tierarten des Anhangs II der FFH-Richtlinie belegen einen (Nach-)Meldebedarf nicht. Soweit der Sachbeistand der Kläger auf ein Vorkommen der Großen Moosjungfer (Leucorrhinia pectoralis), des Kammmolchs (Triturus cristatus) und der Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteini) hingewiesen hat, hat der Sachbeistand der Beigeladenen und Mitautor der FFH-Verträglichkeitsstudie in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Große Moosjungfer nur in Kleingewässern in einigen Jahren vorgekommen sei und es sich nicht um ein herausragendes Vorkommen mit überregionalem Wert handele. Der Kammmolch komme im Eingriffsbereich nur in randlichen, von der Forstverwaltung angelegten Bereichen vor, es handele sich nicht um ein "geeignetstes" Gebiet. Eine Bechsteinfledermaus sei im Bereich in der Hondelager Straße nur einmal in einem Nistkasten gefunden worden. Da es bei diesem Einzelfund geblieben sei, sei eine Wochenstube auszuschließen. Diese geringen und teilweise nur temporären Vorkommen von Tierarten können nicht belegen, dass auch der vom Flughafenausbau betroffene Waldbereich ebenso wie die nördlich gelegenen Flächen notwendig für das Netz "Natura 2000" sind.

Die Erweiterung des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg als Projekt nach § 10 Abs. 1 Nr. 11 a) BNatSchG i.V.m. § 34 a Abs. 1 NNatG beeinträchtigt allerdings das Vogelschutzgebiet V48 "Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg" erheblich i.S.d. § 34 c Abs. 2 NNatG (= § 34 Abs. 2 BNatSchG), indem sie 70,33 ha Waldfläche in Anspruch nimmt, wobei es auf einer Fläche von 33,4 ha zu einem vollständigen Waldverlust kommt. Die Waldflächen zwischen Braunschweig und Wolfsburg gehören wegen ihres reichen Angebots an großflächig ausgebildeten Eichenbeständen und ihres hohen Anteils von Alt- und Totholz zu einem der wertvollsten Gebiete für Spechte in Niedersachsen. Dort wurden Siedlungsdichten des Mittelspechts festgestellt, die deutlich über den bisher für Mitteleuropa bekannten Werten liegen. Mehr als 20% seines landesweiten und 2,5% seines bundesweiten Brutbestandes finden sich in diesem Waldkomplex. Bemerkenswert sind auch die zum Teil hohen Dichten brütender Greifvögel. Dementsprechend waren für die Meldung des Vogelschutzgebiets V48 die Vogelarten Rotmilan (Milvus milvus), Grauspecht (Picus canus), Schwarzspecht (Dryocopus martinus) und Mittelspecht (Dendrocopus medius) ausschlaggebend, deren Population eine hervorragende bzw. hohe Bedeutung für den Naturraum, das Land Niedersachsen und ganz Deutschland sowie einen guten Erhaltungszustand aufweist (Planfeststellungsbeschluss S. 146). Der für ihren Schutz maßgebliche Bestand des Eichen-Hainbuchenwaldes einschließlich des etwa 25 ha großen, für die geschützten Spechtarten lebensnotwendigen Altholzbestandes wird zu 2,11% der Gesamtfläche des etwa 3.300 ha großen Vogelschutzgebiets betroffen sein und liegt damit über dem 1%-Kriterium (vgl. Lambrecht/Trautner pp., Endbericht "Ermittlung von erheblichen Beeinträchtigungen im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung", S. 128 f.), so dass die Beklagte schon deshalb zutreffend von einer erheblichen Beeinträchtigung ausgegangen ist.

2.3.2.2 Die Beklagte hat die nach § 34 c Abs. 2 NNatG wegen der erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des betroffenen Vogelschutzgebietes grundsätzlich unzulässige Erweiterung des Verkehrsflughafens Braunschweig-Wolfsburg im Wege der Ausnahme gemäß § 34 c Abs. 3 NNatG nicht in vollem Umfang zulassen dürfen.

2.3.2.2.1 Sie hat mit § 34 c Abs. 3 NNatG (und Art. 7 i.V.m. Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie) den rechtlich zutreffenden Maßstab angewandt. Entgegen der Ansicht der Kläger ist das Projekt nicht an Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-Richtlinie zu messen.

Die von der Landesregierung am 08. August 2006 gemäß § 34 b Abs. 1 Satz 1 NNatG erklärte Erweiterung des Vogelschutzgebiets V48 u.a. um das durch die Planfeststellung betroffene Gebiet der Wälder zwischen Waggum und Hondelage (gemäß § 10 Abs. 6 BNatSchG am 26.07.2007 bekannt gemacht im BAnz Nr. 196a v. 19.10.2007 S. 31) liegt im LSG "Querumer Holz und angrenzende Landschaftsteile".

U.a. durch die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Querumer Holz und angrenzende Landschaftsteile" (LSG BS 9) der Stadt Braunschweig in der Fassung vom 04. August 2006 (Amtsblatt der Stadt Braunschweig Nr. 18 vom 10.08.2006, S.65) ist das Vogelschutzgebiet gemäß § 7 FFH-Richtlinie rechtlich in das Schutzsystem der §§ 34 BNatSchG, 34 c NNatG, die der Umsetzung des Art. 6 FFH-Richtlinie dienen, übergegangen. Die von den Klägern insoweit aufgeworfenen Zweifel teilt der Senat nicht.

Er hat keinen Anhaltspunkt dafür, dass das Vogelschutzgebiet nicht vollständig gemäß § 34 b Abs. 2 NNatG zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft erklärt worden ist. Die Verordnung der Stadt Braunschweig konnte nicht das gesamte Vogelschutzgebiet V48 erfassen, weil es größer ist als der Zuständigkeitsbereich der Stadt. Neben dem erwähnten Landschaftsschutzgebiet umfasst das Vogelschutzgebiet "Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg" die Landschaftsschutzgebiete Beienroder Holz, Essenrode bis Grassel, Schuntertal, Rothehofer Forst, Klieversberg und Detmerode, Hattorfer Holz sowie Hohnstedter Holz und Wilshop der Landkreise Helmstedt und Gifhorn sowie der Stadt Wolfsburg (vgl. BAnz. a.a.O.).

Die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet "Querumer Holz und angrenzende Landschaftsteile" ist nicht nichtig. Dass der Flächennutzungsplan der Stadt Braunschweig zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung für einen Teil der unter Schutz gestellten Flächen eine naturschutzfremde Nutzung (Erweiterung DLR) in Aussicht genommen hat, führt nicht zu einem Konflikt zwischen Landschaftsschutz und Bauleitplanung (vgl. insoweit Nds.OVG, Urt. v. 15.09.2005 - 8 KN 72/02 -, dbovg) mit der Folge einer Nichtigkeit der Verordnung. Das von den Klägern angeführte Urteil des 8. Senats ist zu einem als nicht schutzwürdig beurteilten Landschaftsbestandteil ergangen, dessen Schutz - wie auch die Festsetzungen im Flächennutzungsplan - in das Ermessen der Gemeinde gestellt ist. Europäische Vogelschutzgebiete hingegen "sind" gemäß § 34 b Abs. 2 NNatG zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft zu erklären, so dass es wegen dieses eindeutigen Normbefehls ein Ermessen der Stadt Braunschweig als Verordnungsgeberin über das "Ob" der Unterschutzstellung nicht gab. Da andererseits gemäß § 7 Nr. 6 der LSG-VO Pläne und Projekte freigestellt sind, die nach Prüfung der Art. 6 Abs. 3 FFH- Richtlinie, § 34 Abs. 2 BNatSchG, § 34 c Abs. 2 NNatG festgestellt bzw. die nach Maßgabe von Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie, § 34 Abs. 3 bis 5 BNatSchG, § 34 c Abs. 3 bis 5 NNatG zugelassen worden sind, ist der Stadt bei ihrer Bauleitplanung ein planerischer Spielraum eröffnet, den sie zunächst durch die (fortdauernde) naturschutzfremde Festsetzung ausfüllen durfte. Mittlerweile hat die Stadt Braunschweig ihren Flächennutzungsplan durch die 94. Änderung (vgl. ABl. der Stadt Braunschweig v. 28.01.2009 S. 5) der Landschaftsschutzgebietsfestsetzung angepasst.

Wegen der gesetzlichen Pflicht, Vogelschutzgebiete unter Schutz zu stellen, liegen die Ausführungen der Kläger zur (ihrer Ansicht nach fehlenden) "Erforderlichkeit" der Unterschutzstellung neben der Sache. Dies gilt auch, soweit die Kläger rügen, dass der Erlass der Landschaftsschutzänderungsverordnung nicht Ziele des Naturschutzes verfolgt, sondern dem luftverkehrlichen Ausbau dienen soll. Das objektiv richtige Handeln der für den Erlass der Schutzverordnung zuständigen Stellen, nämlich die von § 34 b Abs. 2 NNatG gebotene förmliche Unterschutzstellung eines Vogelschutzgebiets, wird nicht deshalb falsch, wenn die Motivation nicht allein von Naturschutzüberlegungen getragen ist. Art. 7 FFH-Richtlinie soll den Mitgliedstaaten einen Anreiz zur Ausweisung von Schutzgebieten bieten und eröffnet ihnen die Möglichkeit, sich von dem strengeren Schutzstandard der Vogelschutz-Richtlinie zu lösen und in einem geregelten Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-Richtlinie (§ 34 c NNatG) nach Prüfung der (Un-)Verträglichkeit mit den für das Gebiet festgelegten Erhaltungszielen wichtige Infrastrukturvorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art ausnahmsweise trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung zuzulassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 -, Hochmosel I, NVwZ 2004, 1114, 1116 f. unter Hinweis auf EuGH, Urt. v. 07.12.2000 - Rs C 374/98 -, NVwZ 2001, 549 (550) Rn. 56). Es ist nicht zu beanstanden, wenn sich Behörden diese Möglichkeit gezielt zunutze machen.

Entgegen der Auffassung der Kläger reicht die Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet als Unterschutzstellung im Sinne des Art. 7 FFH-Richtlinie aus, eine Unterschutzstellung als Naturschutzgebiet war nicht geboten (vgl. § 34 b Abs. 2 NNatG, § 33 i.V.m. § 22 Abs. 1 BNatSchG). Der durch die erlassene Landschaftsschutzverordnung gewährte Schutz ist ausreichend, weder bedarf es eines durch Einrichtung eines Naturschutzgebietes möglichen absoluten Veränderungsverbots noch einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, der Allgemeinheit den Zutritt zum Vogelschutzgebiet zu versagen. Die Laubwälder zwischen Braunschweig und Wolfsburg werden seit Jahrzehnten forstwirtschaftlich genutzt, so dass eine von Menschen gesteuerte, kontinuierliche Verjüngung den Erhalt der Wälder und damit des Lebensraums für die wertgebenden Vogelarten ermöglicht. Ebenfalls seit Jahrzehnten dienen diese Wälder der in der Nähe siedelnden Bevölkerung als Naherholungsgebiet. Weder die forstwirtschaftliche Nutzung noch die erholungsuchenden Menschen hatten in der Vergangenheit einen nachteiligen Einfluss auf die Eignung des Gebietes für Spechte und Greifvögel. Dies ist belegt durch die deutlich überdurchschnittlichen Siedlungsdichten dieser Vögel und den guten Erhaltungszustand ihrer Populationen, die Anlass für die Erweiterung des Vogelschutzgebiets waren. Diese Umstände widerlegen die Ansicht der Kläger, die wertgebenden Vogelarten seien gegenüber den bisherigen Nutzungen, soweit sie nicht durch § 5 LSG-VO verboten sind, "besonders störsensibel".

Die LSG-VO ist weder nichtig noch im Hinblick auf den Übergang des Schutzregimes gleichsam unbeachtlich, weil sie unter bestimmten Voraussetzungen zugelassene Pläne und Projekte von den Einschränkungen aufgrund der Verordnung freistellt. Die LSG-Verordnung gibt in § 4 den Schutzzweck und die Erhaltungsziele gerade auch für das Europäische Vogelschutzgebiet an und sichert diese durch die Verbote gemäß § 5. Die Verweisung des § 7 Nr. 6 LSG-VO auf das positive Ergebnis einer Verträglichkeits- oder Abweichensprüfung als Voraussetzung einer Freistellung von den Verboten und Erlaubnisvorbehalten der Verordnung ist geeignet, die materiell-rechtlichen Anforderungen des gerade in Bezug genommenen Art. 6 FFH-Richtlinie abzusichern. Die Verweisung mindert nicht die Anforderungen, sondern vermeidet doppelte Untersuchungen; die untere Naturschutzbehörde wird außerdem über die Anhörung der Träger öffentlicher Belange im Rahmen der Planfeststellungs- bzw. Genehmigungsverfahren beteiligt. Die gegen die Freistellungsregelung unter Verweis auf die einschlägigen Vorschriften des NNatG bzw. des BNatSchG vorgebrachte Forderung der Kläger, ausschließlich die LSG-VO müsse Regelungen enthalten, die ohne Rückgriff auf höherrangige Vorschriften auf das Landschaftsschutzgebiet wirkende Projekte steuern können, entbehrt einer rechtlichen Grundlage. Dass Vogelschutz- wie FFH-Gebiete nicht veränderungsfest sind, ergibt sich schon aus den von § 7 Nr. 6 LSG-VO in Bezug genommenen Normen.

Das Vogelschutzgebiet ist auch vollständig gemeldet. Ob - wie die Kläger meinen - bei unvollständig gemeldeten Gebieten auch in den Gebietsteilen, die der Kommission gemeldet sind, das Rechtsregime der Vogelschutzrichtlinie weiter gilt und nicht das der FFH-Richtlinie und der sie umsetzenden nationalen Vorschriften, kann hier dahinstehen, weil das Vogelschutzgebiet V48 nicht auch auf das (vom planfestgestellten Vorhaben nicht betroffene) Waldgebiet südlich der BAB A 2 ausgedehnt werden musste. Der Umstand allein, dass sich in einem Gebiet bestimmte Vogelarten nachweisen lassen, rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass eine Schutzgebietsausweisung nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 Vogelschutz-Richtlinie auch für diesen Bereich geboten ist. Nur Lebensräume und Habitate, die für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung in dem betreffenden Mitgliedstaat beitragen, gehören zum Kreis der im Sinne des Art. 4 Vogelschutz-Richtlinie geeignetsten Gebiete. Bei der Frage, welche Gebiete die ornithologischen Kriterien erfüllen, besteht ein fachlicher Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, Lüssower Senke / Ortsumgehung Stralsund, BVerwGE 126, 166 (168 f.) Rn. 20).

Die von der Landesregierung am 08. August 2006 erklärte Erweiterung des Vogelschutzgebiets V48 u.a. um Wälder zwischen Waggum und Hondelage nördlich der BAB A 2, nicht aber um den südlich der Autobahn gelegenen Wald, ist danach gerichtlich nicht zu beanstanden. Nach der dem Senat vom Niedersächsischen Umweltministerium übermittelten Auskunft des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz vom 05. Mai 2009 waren Grundlage der Kabinettsentscheidung ein Fachgutachten (Rehfeldt/Wilke-Jäkel, Ornithologische Bedeutung des Waldgebietes "Querumer Forst" östlich des Forschungsflughafens Braunschweig im Hinblick auf ein "Faktisches Vogelschutzgebiet" vom Oktober 2005, in BA "F") und die Stellungnahme der Staatlichen Vogelschutzwarte zu diesem Gutachten vom 24. November 2005, die auch den Abgrenzungsvorschlag erarbeitet hatte. Danach kommt dem Teilgebiet südlich der Autobahn wegen der unterschiedlichen Waldbewirtschaftung, der ungünstigeren Ausprägung der Waldbestände und der deswegen geringeren Siedlungsdichte der wertbestimmenden Arten eine deutlich geringere Bedeutung als den nördlich der BAB A 2 gelegenen Flächen des Querumer Forstes zu. Zudem kommen einige der wertgebenden Vogelarten nicht als Brutvögel vor.

Zwar hält (nachdem die IBA-Liste 2000 die Laubwälder bei Braunschweig überhaupt nicht ausweist) die IBA-Liste 2002 dort 4400 ha für schutzwürdig, während das Vogelschutzgebiet V48 nach seiner Erweiterung nunmehr 3300 ha umfasst. Allerdings ist der Beschreibung des Gebietscharakters in § 3 der LSG-VO zu entnehmen, dass sich die frischen bis feuchten, mäßig basenreichen bis basenreichen Standorte für Eichen- und Hainbuchenmischwälder auf Bereiche nördlich der BAB A 2 erstrecken, während in dem Teilbereich des Querumer Waldes südlich der BAB A 2 auch jüngere Laubwaldbestände sowie Nadelwaldbestände anzutreffen sind. Die letztgenannten Flächen werden wegen ihrer Nähe zur Wohnbebauung intensiv zur Naherholung genutzt, so dass der Wald hier den Charakter eines Stadtwaldes hat. Diese Gebietsbeschreibungen sprechen dafür, dass der Wald südlich der BAB 2 nicht zu den geeignetsten Gebieten i.S. des Art. 4 Vogelschutzrichtlinie gehört und sich die Abgrenzung des Vogelschutzgebiets innerhalb des dem Land Niedersachsen eingeräumten naturschutzfachlichen Ermessens hält, zumal es keine Anhaltspunkte für naturschutzfremde Gründe gibt. Denn weder berührt die geplante Erweiterung des Verkehrsflughafens Braunschweig-Wolfsburg den Bereich des Querumer Forsts südlich der BAB A 2 noch sind in diesem seit mehr als 35 Jahren dem Landschaftsschutz gewidmeten Gebiet andere Nutzungsansprüche bekannt. Insgesamt sprechen schon diese Gesichtspunkte gegen die Notwendigkeit, den Querumer Forst südlich der BAB A 2 in dieses Netz einzubeziehen. Dies führt zu einer stark eingeschränkten richterlichen Kontrolldichte der behördlichen Auswahlentscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau II, NuR 2008, 633 = juris Rn. 58). Den strengen Anforderungen, die unter diesen Umständen an die Darlegung eines nicht erfassten faktischen Vogelschutzgebiets zu stellen sind, wird der Vortrag des Klägers nicht gerecht, der sich allein auf das IBA-Verzeichnis 2002 und Melter/Schreiber, Wichtige Brut- und Rastvogelgebiete in Niedersachsen 2000, bezieht. Die Beigeladene hat hingegen die ornithologische Bedeutung des Querumer Forsts auch unter Einschluss der 200 ha großen Waldflächen südlich der BAB A 2 unter Berücksichtigung dieser Quellen untersuchen lassen (Rehfeldt/Wilke-Jäkel, a.a.O.). Danach nehmen die mit strukturreichen Eichen-Hainbuchenwäldern bestockten Flächen von Norden (84%) nach Süden (45%) kontinuierlich ab. Der Anteil der forstwirtschaftlich überprägten Waldbereiche u. a. durch Kiefern ist südlich der Autobahn am höchsten. Parallel dazu nimmt die Bedeutung der Flächen als Brutgebiet für gefährdete Vogelarten von Norden nach Süden ab. Entsprechend würdigt das Gutachten die Waldflächen südlich der Autobahn wegen der derzeitigen Struktur des Waldes als mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu den für den Vogelschutz geeignetsten Gebieten gehörend (vgl. a.a.O., S. 3, 15, 18).

Dafür, dass der Querumer Forst südlich der Autobahn nicht nur für den Vogelschutz geeignet ist, sondern auch zu den geeignetsten Gebieten gehört, können sich die Kläger auch nicht auf die mit Gründen versehene Stellungnahme der EU-Kommission vom 10. April 2006 im Vertragsverletzungsverfahren 2001/5117 stützen. Die EU-Kommission mahnt zwar zugunsten des Mittel- und Grauspechts eine weitere Meldung im Bereich der "Laubwälder Braunschweig" an, dies geschah aber vor der Erklärung und Unterschutzstellung weiterer Laubwaldgebiete Braunschweigs nördlich der BAB A 2 zum Vogelschutzgebiet. Für die Annahme, dass die Einbeziehung des Querumer Forstes südlich der BAB A 2 in die Erweiterung des Vogelschutzgebiets entbehrlich war, sprechen die Angaben der EU-Kommission vor allem zum Grau- und Mittelspecht. Danach (vgl. S. 11 der Stellungnahme) sind schon vor Erweiterung des Vogelschutzgebiets V48 10% der landesweiten Population des Grauspechts durch Vogelschutzgebiete geschützt, ein höherer Anteil lasse sich aufgrund der hohen Raumansprüche nicht erreichen. Der Mittelspecht sei mit zwei Dritteln seiner Population in Vogelschutzgebieten erfasst. Dieser Wert ist bereits durch die Erweiterung des Vogelschutzgebietes V48 mit seinem überdurchschnittlichen Bestand erhöht worden, so dass ein weiterer Meldebedarf gerade an dieser Stelle nicht besteht.

2.3.2.2.2 Die Abweichensprüfung gemäß § 34 c Abs. 3 NNatG ist auf der Grundlage einer gerichtlich nicht zu beanstandenden Verträglichkeitsprüfung vorgenommen worden. Der ihr zugrunde liegende Fachbeitrag (Planunterlage 10.5, im Folgenden auch: Verträglichkeitsuntersuchung) weist hinsichtlich der Ermittlung von Art und Ausmaß der Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des Gebiets durch das Vorhaben weder methodische Fehler noch relevante Defizite bei der Datengrundlage auf. Sie berücksichtigt bei der Beurteilung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen u.a. Lambrecht/Trautner pp., Endbericht "Ermittlung von erheblichen Beeinträchtigungen im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung", die "LANA-Empfehlungen zur Prüfung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung" (abgedruckt bei Burmeister, NuR 2004, S. 296, 299 ff., in der Verträglichkeitsuntersuchung zitiert als 'Burmeister (2004)') sowie den "Leitfaden für Bundesfernstraßen zum Ablauf der Verträglichkeits- und Ausnahmeprüfung nach §§ 34, 35 BNatSchG" des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Der Senat kann nicht feststellen, dass die Beklagte nicht sämtliche sich konkret abzeichnenden Risiken, die das Vorhaben für Erhaltungsziele des Gebiets auslöst, betrachtet hat oder nicht die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse abgerufen, dokumentiert und berücksichtigt hat (vgl. zu diesen Anforderungen BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, Westumfahrung Halle, BVerwGE 128, 1, Rn. 114).

Die Kläger kritisieren insoweit, dass die Beklagte auf der Grundlage der Verträglichkeitsuntersuchung zwar hinsichtlich der Waldbetroffenheit und der meisten allgemeinen wie artenbezogenen, speziellen Erhaltungsziele eine erhebliche Beeinträchtigung angenommen hat, nicht jedoch hinsichtlich der vier wertgebenden Vogelarten. Dieser Einwand beruht jedoch ersichtlich auf dem Verständnis, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Fläche eines Vogelschutzgebiets im selben Maß für die in diesem Gebiet lebenden Arten erheblich sein muss. Dies ist nicht der Fall. Hinsichtlich der Populationsgröße einer für das Vogelschutzgebiet wertbestimmenden Art ist maßgeblich, dass die Art ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird (vgl. Art. 1 Buchst. i Satz 2 1. Spiegelstrich FFH-Richtlinie). Das Kriterium, dass das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder abnimmt noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen wird (Art. 1 Buchst. i Satz 2 2. Spiegelstrich FFH-Richtlinie), bedeutet nicht, dass jede Flächenbeeinträchtigung notwendig mit einer Abnahme des Verbreitungsgebiets gleichzusetzen ist, zumal im Wege der Kompensation durch Schaffung geeigneter Ausweichhabitate der günstige Erhaltungszustand der betroffenen Art gewährleistet werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, Westumfahrung Halle, a.a.O., Rn. 45). § 4 Abs. 2 Punkt 1 der LSG-VO bestimmt als Erhaltungsziel "Erhalt und Entwicklung von stabilen, überlebensfähigen Beständen der hier vorkommenden wertbestimmenden Brutvogelarten", so dass der von der Verträglichkeitsuntersuchung gewählte Maßstab nicht zu beanstanden ist.

Die Verträglichkeitsuntersuchung hat auch die schon vor der Erweiterung des Vogelschutzgebietes und dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses im Gebiet des Landkreises Helmstedt durchgeführten lokalen Kahlschläge betrachtet und zutreffend bewertet. Die forstwirtschaftlichen Maßnahmen trugen in der Vergangenheit zur kontinuierlichen Verjüngung und damit zum Erhalt des Eichenwaldes bei. Sie hinderten nicht die Eignung der Wälder als Vogelschutzgebiet. Die Verträglichkeitsuntersuchung hat auch diese lokalen Kahlschläge und ihre anschließende Neubestockung mit Eichensetzlingen kumulativ betrachtet (Planunterlagen 10.5, S. 94 ff.). Mit Auflage 2.5.7 hat die Beklagte überdies dem Maßnahmeträger aufgegeben, die von den zuständigen Behörden aufzustellenden Bewirtschaftungs- bzw. Managementpläne für die Nutzung der Wälder innerhalb des Natura 2000-Gebietes zu beachten. Es ist weder Aufgabe der Beklagten noch Gegenstand dieses Planfeststellungsverfahrens, solche Bewirtschaftungs- bzw. Managementpläne für das gesamte Vogelschutzgebiet aufzustellen.

Die Verträglichkeitsuntersuchung ist auch nicht deshalb als Grundlage für die Abweichensprüfung unzureichend, weil sie nicht alle nach Ansicht der Kläger "relevanten Vogelarten und ihre Lebensräume" betrachtet hätte. Wie bei FFH-Gebieten sind auch bei Vogelschutzgebieten nicht sämtliche im Gebiet vorhandenen Arten zum Gegenstand der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu machen, sondern nur die Arten, aufgrund derer das Gebiet ausgewählt wurde (vgl. zu Arten in FFH-Gebieten, BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - Westumfahrung Halle, a.a.O., Rn. 77; zum Vogelschutz OVG R-P, Urt. v. 08.11.2006 - 8 C 11523/06.OVG -, DVBl. 2008, 321, Rn. 87 und nachgehend BVerwG, B. v. 17.07.2008 - 9 B 15.08 -, NVwZ 2008, 1115 (1117) Rn. 12). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EuGH vom 20. September 2007 (- Rs. C-304/05 -, Slg. 2007, I-7495), wonach gemäß Art. 7 Vogelschutzrichtlinie zwar die Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-Richtlinie an die Stelle der Pflichten treten, die sich aus Art. 4 Abs. 4 Vogelschutzrichtlinie ergeben, daneben aber die Verpflichtungen nach Art. 4 Abs. 1 und 2 Vogelschutzrichtlinie bestehen bleiben (a.a.O., Rn. 104). Wie sich aus den auch von den Klägern angeführten Schlussanträgen der Generalanwältin zu diesem Verfahren ergibt, bleiben die von den Mitgliedsstaaten in den Standarddatenbögen übermittelten Erhaltungsziele Maßstab auch des gemäß Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 Vogelschutzrichtlinie zu gewährleistenden Vogelschutzes (Schlussanträge der Generalanwältin vom 19.04.2007 zum Verfahren Rs. C-304/05, Rn. 33-37). Die von Dr. Schreiber als Sachbeistand der Kläger in seiner Stellungnahme vom 13. Juli 2007 als in der Verträglichkeitsuntersuchung nicht berücksichtigt angeführten Vogelarten sind jedoch nicht die, aufgrund derer das Gebiet ausgewählt wurde. Eine Abweichung der im Standarddatenbogen mitgeteilten Erhaltungsziele von denen des § 4 LSG-VO haben die Kläger nicht dargetan. Abgesehen davon untersucht und bewertet die Verträglichkeitsuntersuchung auch die Auswirkungen auf die nach Art. 4 Abs. 2 der Vogelschutz-Richtlinie geschützten Vogelarten, die in diesem Gebiet nachgewiesen sind (Planunterlage 10.5, S. 65 f. und 89 bis 91). Prof. Dr. Rehfeldt hat als Sachbeistand der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass Zwergschnäpper, Graugans und Pirol im Plangebiet nicht vorkommen.

Die Verträglichkeitsuntersuchung betrachtet auch unter verschiedenen Gesichtspunkten die mit dem planfestgestellten Vorhaben verbundenen Zerschneidungswirkungen (vgl. Planunterlage 10.5, S. 34 f., 43, 58, 74, 81 u.a.), insbesondere die Trennung der nördlich des geplanten Flughafengeländes (Bereich "Im Klei") gelegenen Waldflächen, die sich in der Essenroder Waldplatte bis nach Wolfsburg erstrecken, von denen südlich der BAB A 2 (a.a.O., S. 43, 81, 92, 120).

Ebenfalls von der Verträglichkeitsuntersuchung behandelt sind die Auswirkungen des Bau- und Fluglärms (insbesondere a.a.O., S. 76 ff.), wobei die Gutachter kumulativ auch die von ihnen als schwerwiegender bewertete Störung durch den optischen Eindruck überfliegender Flugzeuge betrachten und auf den Umstand hinweisen, dass Mittel- und Schwarzspecht unmittelbar im Randbereich des bisherigen Flughafens vorkommen und dies auf eine gewisse Gewöhnung schließen lasse. Angesichts der zahlreichen Überlegungen zum Fluglärm in der Verträglichkeitsuntersuchung ist die Kritik der Kläger, die projektbezogene Verlärmung sei ausgeklammert worden, nicht nachvollziehbar.

2.3.2.2.3 Die Erweiterung des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg ist aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 1 NNatG notwendig.

Um diese vom Gesetz verlangten "öffentlichen Interessen einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art" annehmen zu können, bedarf es keiner Sachzwänge, denen gleichsam niemand ausweichen kann. Vorausgesetzt wird lediglich ein von Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln, dessen Gewicht ausreicht, sich gegenüber den Belangen des Gebietsschutzes durchzusetzen (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000, - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302 (314); Urt. v. 12.03.2008, - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau, a.a.O. Rn. 153; Nds.OVG, Urt. v. 11.09.2008 - 7 K 1269/00 -). Als Abweichensgründe kommen für Vorhaben, die nur nicht-prioritäre Lebensraumtypen oder Arten erheblich beeinträchtigen, prioritäre Lebensraumtypen oder Arten jedoch nicht beeinträchtigen können, neben solchen sozialer oder wirtschaftlicher Art sowie den benannten Abweichungsgründen des § 34 c Abs. 4 Satz 1 NNatG auch vielfältige andere Gründe in Betracht. Inhaltliche Beschränkungen, die über die Ausrichtung auf ein öffentliches Interesse hinausgehen, bestehen nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau, a.a.O.).

Der bedarfsgerechte Ausbau von Verkehrsflughäfen liegt - wie sich den Regelungen des Luftverkehrsgesetzes entnehmen lässt - im öffentlichen Interesse (vgl. die Ausführungen zur Planrechtfertigung oben unter 2.3.1 m.w.N.). Gegen den von der Beigeladenen ermittelten Bedarf lässt sich nicht einwenden, dass es sich um "Einzelwünsche" handelt. Jeder luftverkehrsrechtliche Bedarf besteht aus der Summe einzelner Nutzungswünsche, da ein Flughafen jeweils nur konkret durch Einzelne und nicht gleichsam abstrakt durch "die Allgemeinheit" genutzt werden kann. Selbst die von den Klägern vorgelegte gutachterliche Stellungnahme von Faulenbach da Costa vom 09. Juli 2007 hält - allerdings unter anderen als den dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Vorgaben - eine (geringere) Verlängerung der Start- und Landestrecken für erforderlich.

Zu den öffentlichen Interessen gehört die Stärkung des bereits vorhandenen luft- und verkehrstechnischen Forschungsstandorts. Dem halten die Kläger lediglich entgegen, dass die Forschung, die einer längeren Start- und Landebahn bedarf, an andere Standorte verlagert werden könne. Eine solche Verlagerung ist jedoch nicht Ziel der Planung, die eine Abwanderung der Forschungseinrichtungen und der mit ihr zusammenhängenden Firmen gerade verhindern soll. Bekannt ist bereits jetzt, dass für Untersuchungen neu entwickelter sog. Hochauftriebssysteme das Forschungsflugzeug mit möglichst hohem Gewicht starten soll, um Erkenntnisse zu Startleistung und Lärmemissionen gewinnen zu können (vgl. Schreiben der DLR v. 13.07.2006 in BA "K"). Die DLR verfolgt als überwiegend öffentlich finanzierte Großforschungseinrichtung in Zusammenarbeit mit der deutschen Flugzeugindustrie industriepolitische Ziele, um steuerfinanzierte Forschung auch wertschöpfend in Deutschland zum Einsatz zu bringen. Ob eine geringere Verlängerung der Start- und Landebahn ausreichend wäre, ist hingegen eine Frage der Alternativenprüfung gemäß § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG.

Die regionale Strukturhilfe zählt zu den "wirtschaftlichen Gründen" i.S. des § 34 c Abs. 3 Nr. 1 NNatG. Die den Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg für den Werksverkehr nutzenden Firmen haben die Folgen der derzeitigen Betriebsbeschränkungen und ihren Bedarf dargelegt (vgl. Planunterlage 2, Anhänge 2 - 6, Protokoll des Erörterungstermins vom 19.12.2005, S. 62 ff. in BA "G").

Soweit auch luftsicherheitsrelevante Bestimmungen den Ausbau des Verkehrsflughafens Braunschweig-Wolfsburg erfordern, spricht deren Erwähnung im (allerdings den Artenschutz betreffenden) Art. 9 Abs. 1 Buchst. a 2. Spiegelstrich Vogelschutzrichtlinie ebenfalls für eine Notwendigkeit i.S. des § 34 c Abs. 3 Nr. 1 NNatG. Der Planfeststellungsbeschluss verweist darauf, dass derzeit wegen der nicht bestehenden Hindernisfreiheit in Abweichung der Richtlinien des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen die geforderte Neigung der Anflugflächen von 1:50 nicht gegeben ist und die Streifenbreite dieser Anflugfläche nicht 300 m, sondern nur 150 m beträgt. Wegen dieses Sicherheitsrisikos ist ein Anflug von Osten nur aufgrund einer zeitlich befristeten Ausnahmegenehmigung möglich. Im Zusammenhang mit der luftverkehrsrechtlichen Sicherheit ist auch nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Gemeinsamen europäischen Betriebsvorschriften für Flächenflugzeuge - JAR OPS -, die für den gewerblichen Flugverkehr gelten, bereits jetzt für den Werksverkehr in den Blick nimmt, auch wenn die entsprechenden Regeln erst erwartet werden. Es wäre nicht zu rechtfertigen, wenn die Nutzer des Werksverkehrs sich auf niedrigere Sicherheitsstandards verweisen lassen müssten (zur weiten Auslegung des Begriffs "Sicherheit" in der artenschutzrechtlichen Vorschrift des Art. 9 Abs. 1 Buchst. a Vogelschutzrichtlinie vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1073.04 -, Berlin-Schönefeld, Rdnr. 573; OVG R-P, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06.OVG -, Hochmosel II, NuR 2008, 181 (202); HessVGH, Urt. v. 17.06.2008 - 11 C 1975/07.T -, Kassel-Calden, NuR 2008, 785 = ZUR 2009, 93, Rn. 246).

Sind schließlich die für das planfestgestellte Vorhaben sprechenden Belange geeignet, die Voraussetzungen des Gemeinwohlerfordernisses des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG zu erfüllen und so den strengen Anforderungen des Enteignungsrechts zu genügen, rechtfertigen sie auch die Annahme zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses gemäß § 34 c Abs. 3 Nr. 1 NNatG (vgl. insoweit zu den artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-Richtlinie und Art. 9 Abs. 1 Buchst. a Vogelschutzrichtlinie: BVerwG, Urt. v. 16.3.2006 - 4 A 1073.04 -, Berlin-Schönefeld, juris Rn. 573; da die entsprechende Formulierung des Ausnahmegrundes in Art. 6 Abs. 4 gleichlautend wie in Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-Richtlinie formuliert ist, besteht kein Grund zu einer unterschiedlichen Auslegung des Ausnahmetatbestandes). Der Senat wertet das Gewicht der öffentlichen Interessen am Ausbau des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg vor allem deshalb als hoch, weil die in Braunschweig bereits vorhandene technische Kompetenz und Infrastruktur für die Avionik-Forschung mindestens in Deutschland einzigartig sind. Das DLR hat in der mündlichen Verhandlung durch seinen Direktor des Instituts für Flugsystemtechnik überzeugend erläutert, dass nur in Braunschweig am Flugzeug geforscht wird, während dies an seinem Standort in Oberpfaffenhofen mit dem Flugzeug und anderen wissenschaftlichen Schwerpunkten geschieht. Entsprechend gibt es nur am Standort Braunschweig die zur Forschung notwendigen Einrichtungen wie z.B. die Telemetrie. Der von den Klägern vorgetragene gleiche Verwaltungsaufbau beider Standorte ist nicht geeignet, diesen Befund in Frage zu stellen.

Den Gründen, die in ihrem Zusammenwirken dem Vorhaben ein öffentliches Interesse verleihen, stehen Beeinträchtigungen gegenüber, die die Erhaltungsziele des Vogelschutzgebiets gemäß § 4 Abs. 2 LSG-VO in unterschiedlichem Maß treffen. Hinsichtlich der wertbestimmenden Vogelarten, deren überlebensfähige Bestände erhalten und gefördert werden sollen, wird die Erheblichkeitsschwelle insgesamt nicht in einem Maße überschritten, dass eines der Erhaltungsziele dem Vorhaben geopfert werden müsste. Vielmehr kann das Schutzgebiet seine Funktionen für dieses Erhaltungsziel, wenn auch auf etwas abgeschwächtem Niveau, ohne Unterbrechung weiter erfüllen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau, a.a.O., Rn. 165). Der Mittelspecht besiedelt das Vogelschutzgebiet V48 mit etwa 441 Brutpaaren in einer Dichte von 1,34. Durch den Verlust von 11 Brutrevieren ist eine theoretische Reduzierung der Dichte von ca. 0,04 zu erwarten. Durch die Migration der Mittelspechte aus dem Erweiterungsbereich des Flughafens in andere Reviere sind Bestandsveränderungen von < 5% zu erwarten, die innerhalb der natürlichen Schwankungsbreite derartiger Populationen (33%) liegen. Der Schwarzspecht wird durch den Verlust eines Teiles seines sehr großen Reviers beeinträchtigt, das Gebiet der vermuteten Bruthöhle dieses Paares wird von den baubedingten Auswirkungen kaum erreicht. Die Gesamtpopulation des Vogelschutzgebiets von 19 Brutpaaren wird nicht beeinträchtigt. Für die Gesamtpopulation der Grauspechte entfaltet das Bauvorhaben keine Auswirkungen, weil dieser Bereich nicht als Brutrevier genutzt wird. Die verbleibenden, nördlich anschließenden Bereiche sind für eine ganzjährige Nutzung weiterhin geeignet. Gleiches gilt für die Gesamtpopulation des Rotmilans, für den das Bauvorhaben lediglich potentiellen Brutlebensraum durch Überbauung in großen Teilen vernichtet. Der Großteil der für die Art geeigneten Flächen liegt außerhalb der von Projektwirkungen beeinträchtigten Bereiche. Diese Darlegungen der Verträglichkeitsprüfung (Planunterlage 10.5, S. 82 bis 89) ist zu entnehmen, dass trotz der erheblichen Beeinträchtigungen verschiedener Erhaltungsziele das Vogelschutzgebiet seine Funktion als Lebensraum der wertgebenden und anderen Vogelarten weiter erfüllen kann. Die Beeinträchtigungen anderer Erhaltungsziele für das europäische Vogelschutzgebiet wiegen schwerer. In den durch das Vorhaben direkt betroffenen Waldbereichen können störungsfreie Brut-, Aufzucht- und Nahrungshabitate für diese Vogelarten nicht gesichert und die von diesen Arten benötigten Lebensräume nicht geschützt, gepflegt und entwickelt werden. Im Bereich der Überbauung wird dieser Verlust endgültig sein, im Bereich des Waldumbaues werden durch Entwicklung nieder- und mittelwaldartiger Laubwälder sowie andere Maßnahmen andere artenreichen und seltene Lebensräume geschaffen, die jedoch betriebsbedingt durch Immissionen betroffen bleiben werden (vgl. Verträglichkeitsuntersuchung, Planunterlage 10.5, S. 96 bis 99). Da die erheblich beeinträchtigten Erhaltungsziele gleichsam eine "dienende" Funktion für das Erhaltungsziel haben, den Bestand der wertgebenden Vogelarten zu sichern, dieses jedoch dem Vorhaben nicht geopfert werden wird, während bei einem Verzicht auf die Flughafenerweiterung die mit dem Ausbau verfolgten Ziele, den Forschungsstandort sowie die mit ihm und den den Flughafen nutzenden Unternehmen verbundenen Arbeitsplätze zu sichern, teilweise in hohem Maß gefährdet wären, sind die öffentlichen Interessen grundsätzlich geeignet, Einschränkungen des Vogelschutzes zu rechtfertigen.

Was die Straßenverbindung zwischen den benachbarten Stadtteilen Waggum/Bevenrode und Querum/Gliesmarode betrifft, spricht für deren Aufrechterhaltung, dass diese Verbindung vor allem für den Schülerverkehr von und zur IGS Querum notwendig ist. Die bestehende direkte Busverbindung durch die Linie 413 müsste entfallen, der Verkehr insgesamt durch die Ortsteile Waggum und Bienrode geführt werden. Dies würde durch längere Fahrzeiten die Immissionsbelastung insgesamt steigern. Die Aufrechterhaltung bestehender Stadtteilverbindungen ist ein öffentliches Interesse, das der Senat allerdings mangels konkreter Zahlen nur schwer gewichten kann, weil sich u.a. die Frequenz der Busverbindung, die Anzahl der Fahrgäste wie die der Schülerinnen und Schüler der IGS Querum aus Waggum und Gliesmarode weder den Planfeststellungsunterlagen noch den Verwaltungsakten entnehmen lässt. Vor dem Hintergrund, dass die neue Straße eng am Flughafengelände und damit in einem durch den Ausbau ohnehin in Anspruch genommenen Bereich geführt werden soll, ist zwar nicht ausgeschlossen, das sich auch dieser Belang gegenüber denen des Gebietsschutzes durchsetzen kann. Möglicherweise sind jedoch die Erschwernisse, die mit der Unterbrechung der Grasseler Straße verbunden wären, im Interesse des Vogelschutzes auch hinzunehmen. Dies kann hier offenbleiben, weil sich derzeit die Rechtswidrigkeit der planfestgestellten Verbindungsstraße zwischen der Grasseler und der Tiefen Straße (Planunterlage 5.3 "Technische Planung Straßenbau - Östliche Umfahrung") jedenfalls aus der nicht zureichenden Alternativenprüfung (s. im Folgenden unter 2.3.2.2.4) ergibt.

2.3.2.2.4 Eine zumutbare Alternative i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG, die mit der Erweiterung des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg beabsichtigten Ziele an anderer Stelle oder mit einer geringeren Beeinträchtigung zu erreichen, besteht nicht.

Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die Alternativenprüfung im Rahmen des Habitatschutzrechts nicht Teil einer planerischen Abwägung. Der Planfeststellungsbehörde ist für den Alternativenvergleich ein Ermessen nicht eingeräumt, er unterliegt deswegen einer uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Der Begriff der Alternative i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG steht in engem Zusammenhang mit den Planungszielen, die mit dem Vorhaben verfolgt werden. Eine Alternativlösung setzt voraus, dass sich die zulässigerweise verfolgten Planungsziele trotz gegebenenfalls hinnehmbarer Abstriche auch mit ihr erreichen lassen. Eine (Standort- oder Ausführungs-)Alternative ist vorzugswürdig, wenn sich mit ihr die Planungsziele an einem nach dem Schutzkonzept der FFH-Richtlinie günstigeren Standort oder mit geringerer Eingriffsintensität verwirklichen lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau II, a.a.O., Rn. 169 f.; B. v. 01.04.2009 - 4 B 62.08 -, Kassel-Calden, NuR 2009, 414 (417) Rn. 45). Allerdings kann der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit es rechtfertigen, selbst naturschutzfachlich vorzugswürdige Alternativen aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen auszuscheiden. Theoretisch denkbare Alternativen sind dann nicht zumutbar, wenn diese unverhältnismäßige Opfer abverlangen oder Gemeinwohlbelange erheblich beeinträchtigen. Maßstab ist dabei letztlich der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wobei sich die Unverhältnismäßigkeit einer Variante auch aus einer wirtschaftlichen Belastung ergeben kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, Hessisch Lichtenau II, a.a.O., Rn. 172; Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302 (309 f.)).

Die Nullvariante, also den vollständigen Verzicht auf den Ausbau des Flughafens ist nicht geeignet, den Avionik- und Mobilitätstechnik-Cluster zu sichern und zu stärken. Die Kläger machen insoweit geltend, dass als weniger bzw. nicht beeinträchtigende Alternative die Möglichkeit bestünde, (Forschungs-)Flüge mit Flugzeugen, die eine längere Startbahn als die derzeit in Braunschweig vorhandene benötigten, vom Flughafen Hannover-Langenhagen oder dem DLR-Flughafen in Oberpfaffenhofen starten und landen zu lassen. Diese Flughäfen würden über eine dem Letter-Code D entsprechende Start- und Landebahn verfügen. Diese Alternativen hat die Antragsgegnerin im Planfeststellungsbeschluss zutreffend zurückgewiesen (Planfeststellungsbeschluss S. 149). Zwar vermeiden sie eine Beeinträchtigung des Vogelschutzgebiets V48, jedoch würde der Zweck des planfestgestellten Vorhabens, nämlich die Stärkung und Erhaltung des Avionik- und Mobilitätsclusters in Braunschweig nicht nur nicht erreicht, sondern konterkariert werden. Insoweit sind Verweisungen auf andere, bereits bestehende Flughäfen keine Alternative. Auch in diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die zur Forschung notwendigen Einrichtungen wie z.B. die Telemetrie nur am Standort Braunschweig vorhanden sind, so dass es nicht genügen würde, allein das Forschungsflugzeug (zeitweise) an einen anderen Standort zu versetzen.

Gleiches gilt auch für eine von den Klägern gewünschte Verlagerung auf den ehemaligen militärischen Übungsplatz Wohld im Südosten von Lehre. Diese Alternative ist bereits in der Variantenvorprüfung im Rahmen des Raumordnungsverfahrens geprüft und ausgeschieden worden (vgl. Landesplanerische Feststellung v. 03.09.2004, S. 41). Die Beklagte hat diese Variante u.a. verworfen, da sie gravierende Eingriffe in Natur und Landschaft zur Folge hat und den übergeordneten Zielen der Raumordnung widerspricht (Planfeststellungsbeschluss S. 57). Der Neubau eines Flughafens wäre zudem ein anderes Projekt, das wegen der Entfernung von etwa 11 km (Luftlinie) zum DLR und zu anderen Firmen und Einrichtungen des Avionik-Clusters nicht geeignet ist, den schon vorhandenen Standort zu sichern und zu stärken.

Eine Verlängerung der Startbahn auf weniger als 2.300 m hat die Beklagte ohne Rechtsfehler als nicht in Betracht kommende Alternative zurückgewiesen, weil sie nicht nur ein Minus zum Grad der optimalen Planverwirklichung wäre, sondern den Ausbauzweck ganz zunichte machen würde. Nach den von den Klägern nicht durchgreifend in Zweifel gezogenen Stellungnahmen des DLR, der Firma R. und der S. ist die Start- und Landebahnverlängerung auf 2.300 m das Minimum, um die erforderlichen Forschungs- und Unternehmensaufgaben wahrzunehmen. Ein verkürzter Ausbau stünde also dem primären Planungsziel, den Flughafen Braunschweig-Wolfsburg als Forschungsstandort zu stärken und die dort vorhandenen Arbeitsplätze zu erhalten, entgegen.

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt - DLR - hat mittlerweile als neues Trägerflugzeug für den ATTAS-In-Flight-Simulator (ATTAS = Advanced Technologies Transport Aircraft System) einen Airbus A 320-200 ATRA beschafft, der für das bei einem Forschungsflugbetrieb anzusetzende Startgewicht einer Startstrecke von 2.293 m bedarf. Die unter Beteiligung des Bundes und der Länder getroffene Beschaffungsentscheidung ist nicht Gegenstand der naturschutzrechtlichen Alternativenprüfung, weil diese sich an dem Ziel der Planung zu orientieren hat. Das Planungsziel ist aber gerade, den an den Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg herangetragenen Bedarf der Nutzer, also auch des DLR, bedienen zu können. Darüber hinaus hat das DLR in der mündlichen Verhandlung durch seinen Direktor des Instituts für Flugsystemtechnik die Gründe für den Kauf gerade dieses Flugzeugmusters bis hin zu den notwendigen Triebwerken überzeugend begründet. Die sich aus den Spezifikationen dieses konkreten Flugzeugs ergebende Start- und Landebahnlängen-Berechnung ist nicht zu beanstanden. Die Berechnungen der Start-/Landebahnlänge von T. (Januar 2005, Planunterlage 3) sind im Juli 2006 durch U. GmbH überprüft und hinsichtlich der für erforderlich gehaltenen Start-/Landebahnlänge bestätigt worden (in BA "K" = GA Bl. 219 ff.). Sie enthalten Faktoren für die Neigung der Start- und Landebahn in Braunschweig sowie für eine im Sommer nicht seltene Temperatur von 25° C, nicht hingegen, wie von den Klägern vermutet, weitere Zuschläge für regennasse Bahn u.ä., weil bei schlechtem Wetter in der Regel Experimentalflüge nicht durchgeführt werden. Die Temperaturvorgabe von 25° C hat das DLR für den Senat überzeugend damit begründet, dass in der Sommerzeit besonders viele Flugversuche stattfinden und Ausfallzeiten bei Schönwetterlagen wegen der dadurch entstehenden sehr hohen Kosten möglichst vermieden werden sollen. Weiterhin hat das DLR in nicht zu beanstandender Weise 90 % des maximalen Abfluggewichtes (MTOW) in die Berechnungen einstellen lassen. Dieses Erfordernis hat es mit der Forschung an Hochauftriebssystemen begründet, die ein wesentlicher deutscher Bauteil für alle Airbus-Flugzeuge sind. Für die Überprüfung der Wirksamkeit neuer Konzepte in diesem Forschungsbereich sind nach der Darstellung des Direktors des Instituts für Flugsystemtechnik des DLR besonders Flugbereiche mit hohem Gewicht und niedriger Geschwindigkeit von entscheidender Bedeutung. Gestützt wird diese Aussage durch das Schreiben der Fa. Airbus vom 06. Juni 2006 (in BA "K"), wonach kritische Lastfälle eines Hochauftriebssystems mit mindestens 90 % MTOW erprobt werden müssten, um Messungen nicht durch teilweise nichtlineare Effekte zu verfälschen. In diesem Zusammenhang ist dem Hilfsbeweisantrag der Kläger, durch Sachverständigengutachten zu der Tatsache Beweis zu erheben, dass bei der vom DLR beabsichtigten Erprobung von Hochauftriebskomponenten mit dem A 320 ATRA die für die Auswertung benötigten Auftriebsbeiwerte auch bei geringeren Gewichten als 90 % vom MTOW erreicht werden, nicht nachzugehen, weil die sachverständigen Angaben des Direktors des Instituts für Flugsystemtechnik des DLR von den Klägern nicht in einer Weise in Zweifel gezogen sind, dass die Einholung eines anderen, gerichtlich bestellten Sachverständigen zur Aufklärung geboten ist. Sie haben keine Umstände dargelegt, die an den sachverständigen, auf objektiv erhobenen Tatsachen beruhenden Äußerungen zweifeln lassen (vgl. BVerwG, B. v. 18.06.2007 - 9 VR 13.06 -, NuR 2007, 754 = NuR 2008, 36; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 98 Rn. 180) und sie im gerichtlichen Verfahren zur Sachverhaltsfeststellung ungeeignet erscheinen lassen oder weil die beigebrachten Unterlagen durch substantiierten Vortrag eines der Beteiligten oder durch eigene Überlegungen des Gerichts ernsthaft erschüttert wurden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.04.2007 - 4 C 12.05 -, Mühlenberger Loch, Rn. 71 m.w.N., in BVerwGE 128, 358 nicht abgedruckt = NVwZ 2007, 1074 (1080)). Die Behauptung, die Vorgabe der Firma Airbus sei nicht näher belegt oder begründet, ist ausweislich des bereits zitierten Schreibens nicht zutreffend, da es auf die teilweise fehlende Linearität der Ergebnisse zur Hochauftriebsforschung in Abhängigkeit u.a. vom Startgewicht hinweist. Hingegen geht die Begründung des Hilfsbeweisantrages ohne Anknüpfungstatsache von der gegenteiligen Behauptung aus, dass zuverlässige Schlüsse von niedrigeren auf höhere Startgewichte möglich seien. Zudem geht es bei der mit dem Vorhaben zu ermöglichenden Forschung um die Überprüfung der Wirksamkeit neuer Konzepte, die - weil sie gerade erforscht werden sollen - nicht zu dem gesicherten Wissen von (auch gerichtlich bestellten) Sachverständigen gehören können. Forschung bedeutet, dass sie sich hinsichtlich der Flugverfahren im Einzelnen nicht an bereits bewährten Anforderungen orientieren kann, indem sie etwa ein in seinem Gewicht beschränktes Flugzeug "irgendwie" starten und unbeschadet landen lässt. Es liegt in der Natur der Sache, dass gesicherte Anforderungen der Hersteller hinsichtlich noch zu erforschender Konfigurationen bzw. Flugverfahren nicht vorhanden sind. Wenn aber ein Hersteller, der Forschung in Auftrag gibt oder nutzen will, Vorgaben macht, nach denen er die gewonnenen Erkenntnisse für plausibel und damit zur technischen Entwicklung geeignet halten kann, ist eine mindere Konfiguration von vornherein nicht tauglich, weitere gesicherte Erkenntnisse zu gewinnen. Forschung bewegt sich regelmäßig an der Grenze des bereits Bekannten und Gewussten, um diese Grenze hinauszuschieben.

Da der Forschungsbetrieb nicht mit den Maßgaben betrieben werden kann wie (u. U. nach entsprechenden Forschungen) zugelassene Flugzeugmuster, ist der in die Berechnung der erforderlichen Start- und Landebahnlänge eingestellte Sicherheitszuschlag von 30 % nicht zu beanstanden. Für die Nutzung eines Experimentalsystems und/oder zu erprobender Anflugverfahren muss es Sicherheitsreserven vor allem für das fliegende Personal, aber auch - bei Anflügen von Osten - für die in der Verlängerung der Start- und Landebahn lebende Bevölkerung geben. Deshalb kommt es nicht darauf an, dass der Airbus A 320-200 auch auf einer kürzeren Bahn gestartet und gelandet werden kann, weil diese Möglichkeit (die das DLR derzeit wegen der noch nicht verlängerten Bahn nutzen muss) mit einer Beschränkung des Forschungsprogramms verbunden ist. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Sicherheitsreserve, die der Hersteller wegen der zu erwartenden erheblichen Abweichungen vom Serienbauzustand mit 30 % angegeben hat, übersetzt ist, zumal der Direktor des Instituts für Flugsystemtechnik des DLR in der mündlichen Verhandlung angesichts der Streuung bei Startstrecken für Experimentalflugzeuge diesen Wert als eher konservativ bezeichnet hat.

Die von den Klägern vorgelegte Ausarbeitung des Dipl. Ing. V. beschränkt sich hingegen im Wesentlichen darauf, die im Planfeststellungsbeschluss mitgeteilten Entscheidungsgrundlagen zu bezweifeln. Soweit er bemängelt, dass zur Berechnung der erforderlichen Start- und Landebahnlänge weder das Operating Manual noch die Performance-Daten vorgelegt worden seien, ist dies ausweislich der Anlagen zum Schreiben des DLR vom 13. Juli 2006 (in BA "K") nicht zutreffend. Auch der Sachbeistand der Kläger, Architekt Dipl. Ing. Faulenbach da Costa, hat die von ihm vorgenommenen Berechnungen nicht mit den vom DLR und der Firma Airbus mitgeteilten konkreten Flugzeugdaten (und damit auf der Basis des von ihm zu Unrecht vermissten "Bemessungsflugzeugs") vorgenommen, sondern sich auf allgemeine Flugzeugdaten teilweise anderer Hersteller und mit niedriger Triebwerksleistung bezogen und ist von bestimmten Betriebsbedingungen ausgegangen, die er als wirtschaftlich bezeichnet, die aber nicht dem Bedarf der Nutzer des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg entsprechen. Dies ist nicht geeignet, die konkreteren Angaben des DLR und der anderen Nutzer zu widerlegen. Die Kläger verlagern die Vermeidungsanstrengungen vom Planungsträger auf die einzelnen Nutzer, etwa indem diesen angesonnen wird, im Rahmen unternehmerischer Entscheidungen andere oder geringer motorisierte Flugzeugmuster anzuschaffen als von ihnen geplant oder die Zuladung, die Menge der zu transportierenden Passagiere oder die Reichweite des Fluges zu modifizieren. Das Planungsziel ist aber gerade, den an den Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg herangetragenen Bedarf der Nutzer bedienen zu können.

Eine Verlängerung der Start- und Landebahn in Richtung Westen hat die Beklagte als zumutbare Alternative abgelehnt, weil sie den derzeit etwa 500 m von der Rollbahn entfernten Ortsrand von Bienrode unzumutbaren Lärmbelästigungen aussetzen würde. Zudem könnte eine Startbahnverlängerung nach Westen die in der Betriebsrichtung 08 (also von Westen nach Osten) zur Verfügung stehende Landebahn nicht verlängern, da der Ortsteil Bienrode nicht tiefer als jetzt überflogen werden darf; aus diesem Grund kann schon jetzt die vorhandene Bahn in dieser Betriebsrichtung nicht in voller Länge zur Landung genutzt werden. Ein Teil des Waldes im Vogelschutzgebiet wäre zur Herstellung der Hindernisfreiheit gleichwohl, wenn auch in geringerem Maß, betroffen. Da eine solche Planung einen Teil der Betriebsbeschränkungen, die durch sie beseitigt werden sollen, unverändert ließe, scheidet sie als zumutbare Alternative i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG aus.

Ebenso wenig kommen Verschwenkungsalternativen in Frage. Verschwenkungen im Uhrzeigersinn sind unzumutbar, da bereits bei geringen Verschwenkungen der Landebahn Gebäude wie die Flugabfertigungshalle, Gebäude des DLR und das Waggumer Weghaus in die seitliche Übergangsfläche geraten würden und abgerissen werden müssten. Eine Maßnahme ist mit dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dann nicht vereinbar, wenn sie die Grenzen dessen überschreitet, was zur Erfüllung der mit der gemeinschaftsrechtlichen Regelung verfolgten Ziele angemessen und erforderlich ist. Danach ist eine Alternative, bei der es zu einem Abriss bestehender Gebäude kommen würde, unverhältnismäßig, denn sie stellt einen erheblichen Eingriff in den rechtlich geschützten Bestand des Flughafens bzw. hinsichtlich des Waggumer Weghauses in das auch gewerblich genutzte Eigentum dar (vgl. Hess. VGH, Urt. v. 28.06.2005 - 12 A 8/05 -, NVwZ 2006, 230 (237)).

Gleiches gilt für Verschwenkungsvarianten von mehr als 6° gegen den Uhrzeigersinn. Dabei würden entweder die Gebäude der Firma R. oder zwischen 4 und 18 Gebäude im südlichen Waggum sowie die dortige Sportanlage die seitliche Übergangsfläche durchdringen und müssten zur Sicherstellung der Hindernisfreiheit beseitigt werden. Damit würden Dritten wirtschaftliche Belastungen auferlegt, die sich nicht durch das Ziel besseren Habitatschutzes rechtfertigen ließen. Darüber hinaus würde eine solche Variante auch nicht zu geringeren Beeinträchtigungen des Vogelschutzgebietes V48 führen. Denn je weiter die Start- und Landebahn dem Uhrzeigersinn entgegengesetzt verschwenkt würde, desto weiter nördlich schnitte sie in die Gebiete des Querumer Forstes. Weil dessen ornithologische Bedeutung für die wertgebenden Vogelarten aber von Süden nach Norden zunimmt, fehlt es bei diesen Alternativen am Tatbestandsmerkmal der "geringeren Beeinträchtigung" gemäß § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG, so dass hinsichtlich dieser Alternativen dahingestellt bleiben kann, ob Abstriche vom Planungsziel der Hindernisfreiheit zumutbar wären.

Die sog. 6°-Verschwenkungsalternative, bei der die Start- und Landebahn um 6° gegen den Uhrzeigersinn verschwenkt neu gebaut werden müsste, würde insgesamt nicht zu einer geringeren Eingriffsintensität führen. Es müsste eine größere Waldfläche vor allem des als Specht-Lebensraum wichtigen Eichen-Hainbuchenwaldes für den Ausbau des Flughafens, insbesondere durch Schaffung der Hindernisfreiheit, in Anspruch genommen werden. Zwar ist bei der planfestgestellten Variante der Verlust an wertvollen Alt- und Totholzbeständen mit 25 ha größer als bei der 6°-Verschwenkungsalternative (22 ha). Da bei dieser der Waldverlust insgesamt aber deutlich höher ausfiele (um 14,52 ha), ist die Alternativenwahl der Beklagten nicht zu beanstanden. Auch im Hinblick auf die wertgebenden Vogelarten ist die Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass die Verschwenkungsvariante gegenüber der festgestellten eine geringere Eingriffsintensität nicht aufweist. Die Brutvogelhabitate der in dem Gebiet besonders geschützten Vogelarten Mittelspecht und Schwarzspecht, die durch den Ausbau verloren gingen, halten sich bei dem festgestellten Vorhaben und bei der Alternative in etwa die Waage. Durch den geplanten Ausbau werden zwar elf Habitate für Mittelspechtbrutpaare verlorengehen, während ein Schwarzspechthabitat lediglich am Rande betroffen wäre, bei der Verschwenkungsalternative würden aber auch zehn Bruthabitate für den Mittelspecht zerstört werden, darüber hinaus auch noch eines für den Schwarzspecht. Die Zerschneidungswirkung für den Wald ist zwar bei der festgestellten Variante höher (1.240 m = 100% des dortigen Walddurchschnitts) als bei der Verschwenkungsalternative (1.050 m = 66% des dortigen Walddurchschnitts), so dass sie eine stärkere Zerschneidungswirkung auch für das Gebiet aufweist. Es ist jedoch für den Senat nachvollziehbar und nicht zu beanstanden, dass die Beklagte den Waldverlust stärker gewichtet als die Zerschneidungswirkung. Bei einem Waldverlust verlieren diese Flächen weitgehend ihre Eignung als Bruthabitate für die wertgebenden Vogelarten, während es bei Zerschneidung für die Vogelarten möglich bleibt, den jeweils anderen Waldteil zu erreichen.

Nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte die Verminderung von Sicherheitsstandards nicht in die Alternativenprüfung gemäß § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG einbezogen hat. Eines der mit der Planung verfolgten Ziele ist die vollständige Herstellung der Hindernisfreiheit. Die Standards des sog. ICAO Annex 14, der die Anforderungen an Flughäfen beschreibt, sind Gegenstand der Richtlinien des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Die Richtlinien sind zwar keine Rechtsquellen und für die Gerichte nicht verbindlich. Sie enthalten aber technische Vorgaben, die auf internationalen Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen und insoweit die Bedeutung von allgemeinen Erfahrungssätzen und antizipierten generellen Sachverständigengutachten haben. Insofern gibt das Regelwerk Hinweise darauf, welche technischen Vorgaben für einen den aktuellen internationalen Sicherheitsstandards entsprechenden Betrieb von Flugplätzen einzuhalten sind (vgl. Nds.OVG, Urt. v. 18.07.2007 - 12 LC 56/07 -, dbovg = juris Rn. 56). Dass die Hindernisfreiheit der Sicherheit des Flugverkehrs dient, liegt auf der Hand, dementsprechend soll der Flughafen so ausgebaut werden, dass er einer Ausnahmegenehmigung nicht mehr bedarf, die eine - wenn auch in der Vergangenheit für eine geringer dimensionierte Start- und Landebahn hingenommene - Verminderung der Sicherheit zur Folge hatte. Die Planung geht nicht über diese Standards hinaus. Der von den Klägern in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf, die Beklagte habe diese Belange der Sicherheit über- und deswegen die Eingriffsintensität unterschätzt, beruft sich schon deshalb zu Unrecht auf das Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom 17. Januar 2007 (- 9 A 20.05 -, Westumfahrung Halle, BVerwGE 128, 1, LS 15 und Rn. 114), weil Belange der luftverkehrlichen Sicherheit nicht Gegenstand der Verträglichkeitsuntersuchung waren und auch nicht sein können.

Eine nicht zumutbare Alternative im Sinne des § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG wäre auch der Verzicht auf die parallele Rollbahn A neu zur Erschließung des östlichen Endes der verlängerten Start- und Landebahn. Wie bereits zur Planrechtfertigung ausgeführt, dient die räumliche Trennung der rollenden und der startenden/landenden Flugzeuge (Vermeidung des sog. Back-Track-Verfahrens) durch einen auf ganzer Länge parallelen Rollweg der Sicherheit sowohl der zum Start rollenden wie der landenden Flugzeuge. Zudem würde ein Verzicht auf die nur teilweise im Vogelschutzgebiet, teilweise in Schutzzone III des Landschaftsschutzgebiets geplante Rollbahn nicht zu einem "Gewinn" für die geschützten Vogelarten führen, denn sie wird mit dem Abstand von 176 m zur Start- und Landebahn nach den Ausführungen des Sachbeistands der Beigeladenen Dipl. Ing. W. auch im Vogelschutzgebiet vollständig in dem 210 m breiten Bereich liegen, der zur Herstellung der Hindernisfreiheit gerodet werden bzw. zu einem geringeren Teil (für den außerhalb eines 150 m-Abstands zur Start- und Landebahn im Waldbetroffenheitsbereich liegende Teil der Rollbahn) bis auf 10 m Höhe gekappt werden muss. Der planfestgestellte Bau der Rollbahn A neu ist darüber hinaus Bestandteil des betrieblichen Konzepts zur Verminderung des Fluglärms von Bienrode. Es ist zukünftig vorgesehen, alle - auch kleinere - Flugzeuge Richtung Westen nur noch vom neuen östlichen Bahnende und nicht mehr in der Pistenmitte starten zu lassen, so dass im Bereich Bienrode eine größere Überflughöhe und damit eine geringere Lärmimmission erreicht wird. Ob die Beibehaltung des von dem derzeitigen Ende der Rollbahn A startenden Flugverkehrs verursachten Fluglärms eine für die Bewohner Bienrodes zumutbare Alternative i.S.d § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG ist, kann hier aus den zuvor genannten Gründen offenbleiben.

Nicht den Maßstäben des § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG genügt derzeit die planfestgestellte Verlegung der L 293 (Grasseler Straße) im Bereich des Flughafenausbaus, so dass dieser abtrennbare Teil der Planung für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären war. Ein Verzicht auf diese Straße würde die mit dem Flughafenausbau verfolgten Zwecke nicht beeinträchtigen. Er würde auch die Beeinträchtigung des Vogelschutzgebiets vermindern, denn durch die sog. Ostumfahrung wird anlagebedingt zusätzlich ein weiteres Brutpaar des Mittelspechts betroffen, da die Straße Bereiche mit Eichen-Altholzbeständen quert, die Brutbiotop eines Mittelspecht-Brutpaares sind. Einzelne Exemplare der wertgebenden Vogelarten werden überdies durch Straßenverkehrslärm und Fahrzeugbewegungen beeinträchtigt werden. In die naturschutzrechtliche Eingriffsbilanz ist die Anlage der neuen Straße mit einer Flächenbeanspruchung von 4,28 ha, davon 2,43 ha überbauter Waldfläche, eingegangen (vgl. Landschaftspflegerischer Begleitplan Planunterlage 6.1 S. 23 f.). Zwar wird das Gewicht der Beeinträchtigung dadurch gemindert, dass die Straße weitgehend innerhalb des für den Luftverkehr erforderlichen Hindernisfreiheitsbereiches verlaufen würde, in dem sich auf Grund der Höhenbeschränkungen lediglich eine niedrige Strauchvegetation bzw. eine mittel- und niederwaldartige Gehölzstruktur entwickeln dürfen, jedoch müssen alle Alternativen gewählt werden, die zu einer - wenn auch nur geringfügigen - geringeren Beeinträchtigung führen, solange sie zumutbar sind. Die Beklagte ist davon ausgegangen, dass die von ihr insoweit geprüften Alternativen i.S.d. § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG nicht zumutbar sind.

Ohne weiteres bestätigen lässt sich das für die Tunnellösung, die das erweiterte Flughafengelände auf einer Länge von 410 m unterführen würde. Vermeidungsanstrengungen übersteigen das zumutbare Maß dann, wenn sie außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem mit ihnen erreichbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen (BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, A 44 Hessisch Lichtenau, BVerwGE 116, 254 Rn. 37). Die Unzumutbarkeit kann auch aus einer unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Belastung folgen (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, B 1 Hildesheim, BVerwGE 110, 302 (309 f.)). Die Tunnellösung wäre mit Mehrkosten gegenüber der planfestgestellten Variante in Höhe von etwa 15 Millionen Euro verbunden und würde wegen ihrer Länge von 410 m zudem vom nichtmotorisierten Verkehr nicht angenommen. Diese Mehrkosten und Nachteile stehen gegenüber dem zu erwartenden ökologischen Vorteil außer Verhältnis.

Für andere Alternativen kann der Senat deren Zumutbarkeit nicht eindeutig verneinen. Die landesplanerische Feststellung vom 03. September 2004 hatte keine der im Raumordnungsverfahren untersuchten Alternativen zur Vorzugsvariante erklärt.

Nach derzeitigem Stand nicht eindeutig unzumutbar ist ein vollständiger Verzicht auf eine Umfahrung und die damit verbundene ersatzlose Sperrung der Grasseler Straße. Sie wurde von der Beklagten verworfen, weil damit erhebliche Umwege für den Verkehr und eine Kappung der ÖPNV-Verbindung hinzunehmen wären, denn die Straße dient auch der Schulbusverbindung für Bevenrode und Waggum nach Querum. Ein Verzicht auch die Ostumfahrung brächte Umwege für die bisherigen Nutzer der Straße mit sich, die länger auch als die gegenüber der jetzigen direkten Verbindung längeren neuen Kreisstraße wären. Ähnlich argumentiert die Beklagte hinsichtlich der von ihr geprüften Variante einer Westumfahrung. Zutreffend ist, dass vor allem die Anwohner in Waggum und Bienrode durch Umwegverkehr stärker belastet würden, der Planfeststellungsbeschluss gibt insoweit die tägliche Verkehrsbelastung mit 6.400 Kraftfahrzeugen an (Planfeststellungsbeschluss S. 69). Sie stellte in die Zumutbarkeitsüberlegungen vor allem ein, dass der bereits jetzt am stärksten durch Fluglärm in Mitleidenschaft gezogene Raum, nämlich der Südosten von Bienrode, durch diese Auswirkungen zusätzlich beeinträchtigt würde. Gleiches gelte für den bisher durch vom Flughafen ausgehenden Bodenlärm belasteten Süden von Waggum. Im Rahmen der fachplanerischen Abwägung wären diese Erwägungen möglicherweise ausreichend, für die Alternativenprüfung im Rahmen des § 34 c Abs. 3 Nr. 2 NNatG genügen sie hingegen nicht, weil die Planfeststellungsunterlagen die Lärmbelastung nicht quantifizieren und sie deshalb in ihrem Gewicht, das die (Un-)Zumutbarkeit bestimmen könnte, nicht bewertet werden kann. Auch fehlen Angaben zum ÖPNV und der Schulbusverbindung dahingehend, wie viele Schüler aus Bevenrode und Waggum die IGS Querum besuchen und mit welchen Zahlen die Busse des ÖPNV frequentiert werden. Nicht nachvollziehbar ist bislang auch der Hinweis der Beklagten im gerichtlichen Verfahren, dass die Sportanlage der Sportgemeinschaft Bevenrode bei Veranstaltungen nicht mehr aus beiden Richtungen erreichbar wäre. Es fehlt an Zahlen, wie viele Besucher aus den Ortsteilen Hondelage oder Querum diese Veranstaltungen mit einem PKW oder unter Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nutzen und wie häufig diese Veranstaltungen stattfinden. Fahrradfahrer und Fußgänger werden tagsüber ohnehin im Wald vorhandene Forstwege nutzen. Soweit der Planfeststellungsbeschluss (a.a.O.) damit argumentiert, dass die L 293 eine regional herausragende Bedeutung habe, da sie mehrere kreisfreie Städte und Landkreise verbinde, ist dies wenig überzeugend, da die neue Ostumfahrung zur Kreisstraße abgestuft werden soll. Gleiches gilt für das Argument, dass diese Straßenverbindung für die Volkswagen AG eine schnelle Verbindung zum Flugplatz Braunschweig bei Engpasssituationen auf den Autobahnen BAB A 39/A 2 sei. Zum einen bleibt als überregionale Straßenverbindung die B 248 über Lehre, zum anderen könnte mit diesem Argument der Neubau nahezu jeder Straßenverbindung gerechtfertigt werden.

Nicht genügend untersucht sind Varianten für eine Verbindungsstraße als Westumfahrung. Das der Landesplanerischen Feststellung zugrundeliegende Raumordnungsverfahren betrachtete nur eine Variante (Südumgehung Waggum - Ostumgehung Bienrode, Anschluss an die L 625). Dem Planfeststellungsbeschluss lässt sich entnehmen, dass im Fall des Neubaus einer solchen Westumfahrung an drei Gebäuden der entsprechende Grenzwert der 16. BImSchV für Tag und Nacht überschritten wird, so dass insoweit Ansprüche auf Schallschutzmaßnahmen bestünden. Alternativen, die eine Westumfahrung ähnlich eng am Flughafengelände wie die planfestgestellte Ostumfahrung auf die L 635 führen, sind - soweit erkennbar - nicht betrachtet worden, obwohl auf diese Weise Grenzwertüberschreitungen an zwei der drei betroffenen Gebäude (und damit fünf von sieben betroffenen Gebäudeseiten) augenscheinlich vermieden werden könnten. Gleiches gilt für die Südumgehung von Waggum dahingehend, ob Stellplatz- und Vorfeldflächen des Segelflugbetriebes nicht so angeordnet werden können, dass eine Trennung von der Segelflug-Start- und Landebahn durch eine öffentliche Straße vermieden wird.

2.3.2.2.5 Die Beklagte hat in ausreichendem Umfang Maßnahmen getroffen, um den Schutz der Kohärenz des ökologischen Netzes "Natura 2000" sicherzustellen.

Nach § 34 c Abs. 5 S. 1 NNatG (= § 34 Abs. 5 Satz 1 BNatSchG bzw. Art. 6 Abs. 4 Satz 1 FFH-Richtlinie) sind die zur Sicherung dieses Netzes notwendigen Maßnahmen vorzusehen, wenn ein Projekt nach § 34c Abs. 3 NNatG zugelassen werden soll. Weil der Begriff der Ausgleichsmaßnahme zur Kohärenzsicherung i.S.d. Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie weder in dieser Richtlinie noch in den deutschen Umsetzungsregelungen definiert wird, ist der Bedeutungsgehalt aus dem Sinnzusammenhang zu erschließen. Da die Funktionseinbuße für die Erhaltungsziele durch Maßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, zu kompensieren ist, hat sich die Ausgestaltung der Kohärenzsicherungsmaßnahme funktionsbezogen an der jeweiligen erheblichen Beeinträchtigung auszurichten, derentwegen sie ergriffen wird. Das gilt sowohl für die Art als auch für den Umfang der Maßnahme. Der Auslegungsleitfaden der EU-Kommission zu Art. 6 Abs. 4 der "Habitat-Richtlinie" 92/43/EWG, 2007, S. 16, nennt dementsprechend die Wiederherstellung des beeinträchtigten oder die Verbesserung des verbleibenden Lebensraums, die Neuanlage eines Lebensraums und die Beantragung der Eingliederung eines neuen Gebiets in das Netz "Natura 2000" als Beispiele für Kohärenzsicherungsmaßnahmen. Der Funktionsbezug ist das maßgebliche Kriterium insbesondere auch zur Bestimmung des notwendigen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs zwischen Gebietsbeeinträchtigung und Kohärenzsicherung. Der Ausgleich muss nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen; es reicht vielmehr aus, dass die Einbuße ersetzt wird, die das Gebiet hinsichtlich seiner Funktion für die biogeografische Verteilung der beeinträchtigten Lebensräume und Arten erleidet (vgl. Auslegungsleitfaden S. 20). In zeitlicher Hinsicht muss mindestens sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird. Ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber - wie im Regelfall - nicht zeitnah ausgleichen, so ist es hinnehmbar, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbußen hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht werden. Die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme ist ausschließlich nach naturschutzfachlichen Maßstäben zu beurteilen. An die Beurteilung sind weniger strenge Anforderungen zu stellen als an diejenige der Eignung von Schadensvermeidungs- und -Minderungsmaßnahmen, es genügt für die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme, dass nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine hohe Wahrscheinlichkeit ihrer Wirksamkeit besteht. Mit Rücksicht auf den prognostischen Charakter der Eignungsbeurteilung besteht für die Planfeststellungsbehörde bei der Entscheidung über Kohärenzsicherungsmaßnahmen eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau II, NuR 2008, 633 Rn. 199 ff.; zur zeitlich verzögerten Wirksamkeit vgl. auch OVG R-P, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, Hochmoselübergang II, DVBl 2008, 321, Rn. 108, bestätigt durch BVerwG, B. v. 17.07.2008 - 9 B 15.08 -, NVwZ 2008, 1115 (1117), Rn. 26).

Die Beklagte hat eine Reihe von Maßnahmen planfestgestellt, die dazu bestimmt und geeignet sind, die Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000 zu gewährleisten (Planunterlage 10.5 Anlage 6 sowie Pläne 5 und 6; Auflagen 2.5.6, 2.5.8 und 2.5.9, Planfeststellungsbeschluss S. 17 f.). Auf einer Waldfläche von 45 ha sind im etwa 5 km nordwestlich vom Vogelschutzgebiet V48 und dem Flughafen entfernten, zwischen Thune und Vordorf gelegenen Waldgebiet "Sundern", in dem Eichen- und Hainbuchenwälder dominieren, vor allem eine Sicherung und Entwicklung von Alt- und Totholzbäumen, eine frühzeitige Umwandlung von Nadelwald in eine Laubholzbestockung, die Erhöhung der Umtriebszeit, Zurückdrängung der Buche, Sicherung und Entwicklung von Eichenbeständen und die Einrichtung von Versuchsflächen vorgesehen. Der Sundern liegt in derselben biogeographischen Region wie der Querumer Forst und die beeinträchtigten Flächen des Vogelschutzgebietes V48. Die dort vorgesehenen Maßnahmen sind auch geeignet, die Kohärenz zu sichern und zur Erhaltung des Lebensraumtyps Eichen-Hainbuchenwälder sowie der wertgebenden Arten des Vogelschutzgebiets V48, nämlich Schwarz-, Mittel, und Grauspecht sowie Rotmilan, beizutragen. So können durch Aufwertung des Sundern etwa durch die vorgesehene Sicherung und Entwicklung insbesondere von Alt- und Totholzbeständen die dort bereits vorkommenden Spechtpopulationen des Erhaltungszustands "B" den Erhaltungszustand "A" erreichen (vgl. Planunterlage 10.5, S. 126). Bei der Festlegung dieser Maßnahmen ist der Fachbeitrag von den ermittelten erheblichen Beeinträchtigungen ausgegangen.

Diese fachlichen Annahmen haben die Kläger nicht substantiiert in Zweifel ziehen können. Soweit sie die Eignung der für Kohärenzmaßnahmen vorgesehenen Waldfläche damit in Frage stellen, dass sie wegen ihrer u-förmigen Ausbildung viele Randeffekte aufweise, die für den eher in geschlossenen Waldbeständen auftretenden Mittelspecht potentiell nachteilig seien, lässt sich dies nicht nachvollziehen. Ausweislich des Plans 6 zur Planunterlage 10.5 hat die Fläche der Kohärenzmaßnahmen eine annähernd quadratische Form, die zudem im Osten und Süden vollständig, im Westen überwiegend an weitere Waldbereiche grenzt. Das planfestgestellte Vorhaben nimmt - gerade auch auf dem Grundstück der Klägerin zu 2) - ebenfalls Randbereiche des Waldes in Anspruch.

Die planfestgestellten Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Europäischen ökologischen Netzes Natura 2000 werden den Anforderungen des § 34 c Abs. 5 NNatG auch in zeitlicher Hinsicht gerecht. Die Maßnahmen können zeitgleich mit dem Eingriff durchgeführt werden, teilweise zahlt die Beigeladene bereits jetzt schon im Hinblick auf dieses Verfahren "Stillstandsgelder" an die Forstverwaltungen, um das Schlagen hiebreifer Eichen zu verhindern, das im Rahmen der üblichen forstwirtschaftlichen Nutzung anstünde. Dass der volle Funktionsausgleich erst mit zeitlicher Verzögerung eintreten wird, ist unschädlich, weil durch die entstehende zeitliche Funktionslücke weder ein geschützter Lebensraumtyp im vollen Umfang zerstört wird noch der Fortbestand einer wertgebenden Population gefährdet ist. Durch das Vorhaben sind 2,11% der Fläche des Schutzgebiets V48 betroffen. Hinsichtlich der wertgebenden Vogelarten erleiden elf Brutpaare des Mittelspechts insoweit Einbußen, als ihre Bruthabitate zerstört werden. Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass davon die Gesamtpopulation von 441 Mittelspechtbrutpaaren nicht beeinträchtigt wird, da bei elf beeinträchtigten Brutpaaren die (mögliche) Dichteabnahme von 0,04 innerhalb der natürlichen Schwankungen liegt. Auch können die Brutpaare in die unmittelbare Umgebung abwandern, da für das Gebiet des Querumer Forstes vom Niedersächsischen Landesamt für Ökologie eine potentielle Population von bis zu 500 Mittelspechtbrutpaaren angenommen wurde (vgl. Planunterlage 10.5, S. 120 f.). Für die anderen wertgebenden Vogelarten kann eine unmittelbare Bedrohung der Population nicht ausgemacht werden, da deren Lebensräume gar nicht (Grauspecht), nur theoretisch (Rotmilan) oder nur zum Teil (Schwarzspecht) durch das Ausbauvorhaben betroffen sind. Mit der langfristigen Sicherung günstiger Überlebensbedingungen für die erhaltungszielbestimmenden Vogelarten wird trotz der eingriffsbedingten Beeinträchtigungen des Vogelschutzgebiets V48 die globale Kohärenz des Natura 2000-Netzes gewahrt (vgl. OVG R-P, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, Hochmoselübergang II, a.a.O.).

Die Beklagte hat darüber hinaus den Erfolg auch der angeordneten Kohärenzmaßnahmen durch eine Monitoringauflage abgesichert (Auflage 2.5.9, Planfeststellungsbeschluss S. 18). Da die detailliert bestimmten Maßnahmen damit hinreichend und auf mehrfache Weise gesichert sind, bedarf es zu ihrer Wirksamkeit entgegen der Ansicht der Kläger nicht einer Einbeziehung des kohärenzsichernden Waldgebiets in das Vogelschutzgebiet V48 (vgl. OVG R-P, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, Hochmoselübergang II, a.a.O., R. 109).

2.3.2.3 Der Planfeststellungsbeschluss verstößt auch nicht gegen die zwingenden Vorgaben des nationalen oder gemeinschaftsrechtlichen Artenschutzrechts.

Er erteilt unter A 3.2.3 (Planfeststellungsbeschluss S. 23 ff.) auf der Grundlage des artenschutzrechtlichen Fachbeitrags (Planunterlage 10.6) eine Befreiung gem. § 62 Abs. 1 BNatSchG a.F. von dem Verbot nach § 42 BNatSchG a.F., die nicht zu beanstanden ist. Nach § 62 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BNatSchG a.F. konnte eine Befreiung vom Verbot des § 42 BNatSchG a.F. erteilt werden, wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern und die Art. 12, 13, 16 der FFH-Richtlinie oder die Art. 5, bis 7 und 9 der Vogelschutz-Richtlinie nicht entgegenstehen.

Gegen den artenschutzrechtlichen Fachbeitrag können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass er nicht alle potentiell vorkommenden Artengruppen abgearbeitet hat. Dieses Verlangen findet weder in Art. 5 und 9 Vogelschutz-Richtlinie noch in Art. 12, 13 und 16 FFH-Richtlinie oder in § 62 BNatSchG a.F. eine rechtliche Grundlage. Hinsichtlich solcher Arten, die nicht dem Schutz der FFH- oder der Vogelschutz-Richtlinie unterfallen, sondern nur nach nationalem Recht streng oder besonders geschützt sind, fand die Legalausnahme des § 43 Abs. 4 BNatSchG a.F. weiterhin Anwendung (vgl. OVG R-P, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, Hochmoselübergang II, DVBl 2008, 321, Rn. 167). Im Rahmen der im Übrigen zweistufigen Prüfung, ob das Vorhaben einen Verbotstatbestand des § 42 BNatSchG a.F. verwirklicht und ob bejahendenfalls eine Befreiung unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG a.F. erteilt werden kann (vgl. zu diesem gestuften Verfahren BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau II, a.a.O., Rdnr. 215) untersucht der artenschutzrechtliche Fachbeitrag eine Vielzahl von Fledermaus- und Vogelarten sowie den Kammmolch. Hinsichtlich der streng geschützten Fledermausarten werden die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. und der Art. 12, 13 FFH-Richtlinie angenommen. Hinsichtlich der streng geschützten Vogelarten sieht der artenschutzrechtliche Fachbeitrag die Verbotstatbestände gemäß § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F. und Art. 5 Buchst. b und d der Vogelschutzrichtlinie bei Verwirklichung des Vorhabens als erfüllt an. Für den Kammmolch verneint der Fachbeitrag bau- oder anlagebedingte Auswirkungen der Flughafenerweiterung, da es keine aktuellen Nachweise der Art in den entsprechenden Bereichen gebe; er hält aber wegen des Betroffenseins von Teilen des potentiellen Landlebensraums einen Befreiungsantrag vorsorglich für notwendig.

Der Planfeststellungsbeschluss erteilt unter 3.2.3.2 hinsichtlich der betroffenen Fledermaus- und Vogelarten, des Kammmolchs und der Libellenart Große Moosjungfer Befreiung von den Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG a.F.. Die Befreiungsvoraussetzungen § 62 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BNatSchG a.F. lagen zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses vor. Zu den überwiegenden Gründen des Gemeinwohls, den zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses i.S.d. Art. 16 Abs. 1 Buchst. c) der FFH-Richtlinie und dem Interesse der Sicherheit der Luftfahrt gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchst. a) 2. Spiegelstrich der Vogelschutz-Richtlinie kann auf die Ausführungen zur Abweichensprüfung gemäß § 34 c Abs. 3 NNatG (s. o. unter 2.3.2.2.3) verwiesen werden, da insoweit artenschutzrechtlich strengere Anforderungen nicht zu stellen sind (vgl. BVerwG, BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau II, a.a.O., Rdnr. 239). Die Beeinträchtigungen für die betroffenen, nach Anhang IV der FFH- und der Vogelschutz-Richtlinie streng geschützten Arten wiegen nicht so schwer, dass ihnen eine größere Durchsetzungskraft gegenüber dem bedarfsgerechten Ausbau des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg, der Sicherung und Stärkung des luft- und verkehrstechnischen Forschungsstandorts, der regionalen Strukturhilfe und der Sicherheit der Flughafennutzer zukäme als die schon oben geprüften Belange des Gebietsschutzes.

Auch Art. 16 FFH-Richtlinie oder Art. 9 Vogelschutz-Richtlinie stehen der Befreiung gemäß § 62 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BNatSchG a.F. nicht entgegen. Dass es eine anderweitige zufriedenstellende, im Hinblick auch auf den Artenschutz schonendere Lösung nicht gibt, ist bereits Ergebnis der Alternativenprüfung nach § 34 c Abs. 2 Nr. 2 NNatG. Soweit Alternativen zur Ostumfahrung für zumutbar zu bewerten sein könnten, führen sie allenfalls dazu, die durch die Flughafenerweiterung angenommenen Beeinträchtigungen gemäß § 42 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 BNatSchG a.F. der streng geschützten Arten zu vermindern, nicht aber sie insgesamt auszuschließen.

Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie setzt weiter voraus, dass die Populationen der betroffenen Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen. Dies ist ebenso der Fall wie für die durch das Planvorhaben betroffenen Vogelarten der maßgebliche Schutzstandard gewahrt bleibt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, bleibt nämlich Art. 9 Abs. 1 Vogelschutz-Richtlinie, trotz des von Art. 16 Abs. 1 FFH-RL abweichenden Wortlautes, nicht hinter dessen Schutzanforderungen zurück (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, Berlin-Schönefeld, Beilage Nr. I 8/2006 zu NVwZ Heft 8/2006 Rn. 570). Erhaltungszustand ist nach Art. 1 Buchst. i) FFH-Richtlinie die Gesamtheit der Einflüsse, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Population der betreffenden Art auswirken können. Population ist nach § 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen. Günstig ist ein Erhaltungszustand nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, a.a.O. Rn. 43), wenn ein Lebensraumtypus oder eine Art in quantitativer und qualitativer Hinsicht ausreichend stabil ist und gute Aussichten hat, dass dies auch in Zukunft so bleibt (vgl. auch Nr. 14 des Guidance document on the strict protection of animal species of community interest provided by the "Habitats" Directive 92/43/EEC, Final version February 2007, 2.1.1., S. 9). Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder Verlust eines Reviers oder eines Individuums zwangsläufig zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes führen muss, wenn auf Grund der Daten angenommen werden kann, dass die Art weiterhin als lebensfähiges Element in einem ausreichend großen Lebensraum erhalten bleibt. Auch sind die Ausgleichmaßnahmen zu berücksichtigen, wenn diese orts- und zeitnah geschaffen werden oder in ihrer Qualität deutlich verbessert werden (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, a.a.O. Rn. 571 ff.).

Danach ist eine Beeinträchtigung des günstigen Erhaltungszustandes der hier betroffenen Arten nicht zu erwarten. Denn für die das Gebiet besiedelnden Arten wird angesichts der Gesamtgröße des Schutzgebiets weiterhin genügend Lebensraum vorhanden sein, um ihr Überleben langfristig zu gewährleisten, wie sich aus dem artenschutzrechtlichen Gutachten (Nr. 10.6 der Antragsunterlagen) ergibt. Zudem sind Ausgleichsmaßnahmen im Sundern durchzuführen und eine erheblich größere Fläche als die gerodete wiederaufzuforsten. Durch Auflagen des Planfeststellungsbeschlusses werden die artenschutzrechtlichen Beeinträchtigungen minimiert. So darf nur im Zeitraum von Anfang Oktober bis Ende Februar gerodet werden, geeignete Brutbäume sind unmittelbar nach der Fällung auf Besatz zu überprüfen, wobei fachkundiges Personal eventuell vorkommende Tiere bergen soll (Planfeststellungsbeschluss Auflage 2.5.2., S. 17); das Kleingewässer, das überbaut wird, ist auf Amphibienbesatz zu prüfen und gegebenenfalls erforderliche Umsetzungen sind artgerecht durchzuführen (Planfeststellungsbeschluss Auflage 2.5.5., S. 17). In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss um weitere Auflagen ergänzt, um ein Einwandern von Kammmolchen in das zur Rodung vorgesehene Waldgebiet zu verhindern, potentielle Wohn-, Schlaf- und Brutstätten für Spechte auch in dem Vorhaben benachbarten jüngeren Eichenbeständen zu schaffen, Lebensstätten für höhlenbewohnende Fledermäuse, Bilche und Spechte zu erhalten und Individuenverluste streng geschützter Säugetierarten und nach der Vogelschutz-Richtlinie geschützter Vogelarten zu vermeiden. Die Modifikation einer bereits im Landschaftspflegerischer Begleitplan vorgesehenen Maßnahme (Ausbringen von Fledermauskästen bereits vor Beginn der Baumaßnahmen) soll die ökologische Funktion der von dem Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten vorgezogen sicherstellen.

Die Kläger haben demgegenüber nicht dartun können, dass der Erhaltungszustand einer Art konkret gefährdet ist. Sie beanstanden, dass das artenschutzrechtliche Fachgutachten wesentliche Mängel aufweise, insbesondere, dass die Feststellungen zu diversen Fledermausarten sowie hinsichtlich des Kammmolchs nicht den fachlichen Standards entsprächen und unzureichend seien (Schreiber, "Stellungnahme zu ausgewählten naturschutzfachlichen Fragen im Zusammenhang mit dem geplanten Ausbau des Forschungsflughafens Braunschweig-Wolfsburg" v. 13.07. 2007, GA Bl. 316 ff.). Es ist jedoch nicht dargetan, weshalb die im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung angewendeten Methoden unzulänglich sind. Die Untersuchung hinsichtlich der Fledermausarten wurde mittels Fledermausdetektoren, also Geräten, welche die Ultraschalllaute der Fledermäuse für das menschliche Ohr hörbar machen, durch einzelne Netzfänge und durch gezieltes Aufsuchen möglicher Quartierbäume durchgeführt. Dass daneben der Einsatz von mit Sendern versehenen Fledermäusen wissenschaftlich unumgänglich ist, haben die Kläger nicht dargelegt. Hinsichtlich des Kammmolches wurde festgestellt, dass dieser im überplanten Kleingewässer nicht vorkommt. Auch hier geben die Kläger keinen Hinweis, weshalb eine Population gefährdet sein sollte. Die Kritik der Kläger beruht unter Verkennung der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Beklagten ersichtlich auf dem Verständnis, dass sich ein artenschutzrechtlicher Fachbeitrag an den Standards für Verträglichkeitsuntersuchungen messen lassen möge (dazu BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, Hessisch-Lichtenau II, NuR 2008, 633 Rn. 243) und dass für Feststellungen zur "lokalen Population" nur der unmittelbare Bereich des Eingriffs in den Blick zu nehmen sei, nicht etwa das über das Plangebiet hinausgehende Schutzgebiet (dazu a.a.O. Rn. 249). Dies wäre hier nicht zuletzt deshalb verfehlt, weil die Aktionsradien der Individuen der zu betrachtenden Vogel- und Fledermausarten nicht auf das direkt in Anspruch genommene Gebiet beschränkt sind und schon bisher betriebsbedingt beeinflusst waren.

2.3.3 Die Planung leidet nicht an einem gemäß § 10 Abs. 8 LuftVG erheblichen Abwägungsmangel.

2.3.3.1 Die Beklagte hat die von der Erweiterung des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg betroffenen öffentlichen Belange beanstandungsfrei ermittelt, gewichtet und abgewogen.

2.3.3.1.1 Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss entspricht den Erfordernissen der Raumordnung, das Vorhaben steht mit den Bestimmungen des Landes- und des regionalen Raumordnungsprogramm in Einklang. Dies bestreiten die Kläger nicht. Vielmehr wenden sie sich gegen die von der Beklagten auch herangezogene landesplanerische Feststellung vom 03. September 2004 bzw. deren Behandlung im Planfeststellungsbeschluss. Die Kläger zu 2) und 3) haben sich zur Begründung dieser Rüge auf den Vortrag der Kläger im Verfahren 7 KS 59/07 bezogen, legen aber - anders als diese - nicht dar, wieso eine andere als die dort favorisierte und hier planfestgestellte Variante der Verlängerung der Start- und Landebahn in bestehender Ausrichtung sie weniger in ihren Rechten beeinträchtigen würde. Die Grundstücke wären unverändert (bzw. das der Klägerin zu 2) wohl in noch stärkerem Maß) in Anspruch zu nehmen; günstiger wäre eine Verschwenkung der Start- und Landebahn gegen den Uhrzeigersinn zwar für den Kläger zu 3) hinsichtlich einer Lärmbetroffenheit, insoweit ist er aber präkludiert. Selbst wenn raumordnerische Belange die Nullvariante erzwingen könnten, wären die Kläger zu 2) und 3) immer noch von den Maßnahmen zur Herstellung der Hindernisfreiheit betroffen, weil ihre Grundstücke in der Nähe der bestehenden Start- und Landebahn liegen.

Im Übrigen verkennen die Kläger, dass einzelnen Bewertungen in der Landesplanerischen Feststellung eine Bindungswirkung für die planerische Abwägung der Varianten nicht zukommt. Es handelt sich vielmehr um eine bloße gutachterliche Äußerung der Raumordnungsbehörde, die der dem eigentlichen Zulassungsverfahren vorgeschalteten verwaltungsinternen Abklärung der raumordnerischen Verträglichkeit des Vorhabens dient (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.07.2005 - 9 VR 43/04 -, Buchholz 406.14 § 4 ROG 1998 Nr. 1 m.w.N.; Nds.OVG, Urt. v. 19.02.2007 - 7 KS 135/03 -, juris Rn. 87). Diese in raumordnerischer Hinsicht gutachtliche Äußerung ist von der Beklagten im Hinblick auf die Variantenwahl nach Würdigung der in diesem Planfeststellungsverfahren erhobenen Daten neu bewertet worden. Sie hat dabei auch die von den Klägern bevorzugten Varianten "kein Ausbau" (sog. Nullvariante) und "2 b" (Neubau einer um 6° in Richtung Norden verschwenkten Start- und Landebahn von 2.300 m) geprüft (Planfeststellungsbeschluss S. 48 ff.). Dabei hat sie sich der Einschätzung der Landesplanerischen Feststellung angeschlossen, dass im Hinblick auf bestimmte Belange, wie Kompensationsumfang, anlagebedingte Zerschneidungswirkung und punktuelle lokale Vorteile hinsichtlich der Lärmbelastung, die Beurteilung dieser Variante gegenüber der nicht-verschwenkten Verlängerung etwas günstiger ausfällt (a.a.O. S. 56). Hinsichtlich der Lärmbelastung hat sie andererseits auch darauf verwiesen, dass jede dem Uhrzeigersinn entgegengesetzte Drehung der Start- und Landebahn zwar zu einer Entlastung der Ortslage von Bienrode, Wenden und Hondelage führen, gleichzeitig aber eine Zunahme der Belastung für Waggum und den Nordrand von Braunschweig bedeuten würde. Aus Gründen des Lärmschutzes dränge sich somit eine Verschwenkungsvariante nicht auf, so dass die Beklagte alle Lagen der Start- und Landebahn insoweit als gleichwertig eingeschätzt hat (a.a.O. S. 55). Für die planfestgestellte Variante hat sie sich, nach einer Bewertung der meisten entscheidungserheblichen Belange als gleich gewichtig, wegen der auf diese Weise zu vermeidenden erstmaligen Bodenversiegelung und der mit einem Neubau verbundenen Mehrkosten von etwa 8.000.000 EUR entschieden. Zu ergänzen wäre der bei der naturschutzrechtlichen Alternativenprüfung bereits erwähnte Gesichtspunkt, dass die bei einer Verschwenkung betroffenen nördlicheren Waldbereiche wertvoller sind als die in der direkten Verlängerung liegenden, weshalb der - insoweit allerdings präkludierte Kläger zu 1) - diese Variante ablehnt.

Dieses Abwägungsergebnis hält sich innerhalb des der Beklagten eröffneten Planungsermessens, so dass sich die Variantenauswahl durch die Planfeststellungsbehörde nicht als abwägungsfehlerhaft erweist und gerichtlich nicht zu beanstanden ist. Die Auswahl unter verschiedenen in Frage kommenden Varianten ist ungeachtet hierbei zu beachtender, rechtlich zwingender Vorgaben eine fachplanerische Abwägungsentscheidung (§ 8 Abs. 2 LuftVG). Sie ist gerichtlicher Kontrolle nur begrenzt auf erhebliche Abwägungsmängel hin (§ 10 Abs. 8 Satz 1 LuftVG) zugänglich. Wesentliches Element planerischer Gestaltungsfreiheit ist die Gewichtung der verschiedenen Belange. Nach ständiger Rechtsprechung handelt eine Planfeststellungsbehörde nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Variante ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen ersatzweise zu planen und sich hierbei gar von Erwägungen einer "besseren" Planung leiten zu lassen. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Auswahl zwischen verschiedenen Varianten sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Alternative sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, wenn sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen (vgl. zur Straßenplanung BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, Ortsumgehung Michendorf, DVBl. 2004, 1546 = NVwZ 2004, 1486 = NuR 2004, 795, m.w.N.). Eine derartige Alternative besteht hier nicht.

Soweit die Kläger meinen, dass die Beklagte die Angaben des Vorhabensträgers zur Grobkostenschätzung hätte einer "intensiven Prüfung" unterziehen müssen, sind Abwägungsfehler ebenfalls nicht erkennbar. Die Kläger haben weder dargetan, welches Ergebnis eine intensive Prüfung ergeben hätte, noch die Angaben der Beigeladenen substantiiert in Zweifel gezogen. Dass ein weitgehender Neubau einer 2.300 m langen Start- und Landebahn einschließlich des notwendigen Rückbaus der nicht länger benötigten Flächen teurer ist als aus dem Bestand zu verlängern und zu verbreitern, liegt auf der Hand.

2.3.3.1.2 Soweit die Kläger "allgemeine Lärmbetroffenheiten", die Ablehnung eines Nachtflugverbots und (allgemein) "Grundstücksbetroffenheiten" als von der Beklagten abwägungsfehlerhaft behandelte öffentliche Belange rügen, handelt es sich nicht um öffentliche, sondern um private Belange, von denen die Kläger nur jeweils diejenigen geltend machen können, hinsichtlich derer sie selbst betroffen und die nicht in der gerichtlichen Geltendmachung ausgeschlossen sind. Der Kläger zu 1) hat in Bezug auf den Gesichtspunkt "Lärm" zwar seine Rügebefugnis aus § 2 Abs. 1 UmwRBehG hergeleitet, ist aber insoweit nach § 2 Abs. 3 UmwRBehG präkludiert, weil sich in seinem Einwendungsschreiben vom 19. September 2005 Rügen hinsichtlich einer mit der Erweiterung des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg verbundenen Lärmbelastung nicht finden.

2.3.3.1.3 Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass die Beklagte den Gesichtspunkt des Sicherheitsgewinns im Zusammenhang mit der Installation eines (leistungsfähigeren) Instrumentenlandesystems im Westen der Start- und Landebahn verkannt und damit übergewichtet hat.

Zunächst sind die Kläger zu 2) und 3) durch diesen Teil der Planfeststellung nicht in ihren Rechten betroffen, denn die Inanspruchnahme ihrer östlich der Grasseler Straße gelegenen Grundstücke bleibt davon unberührt, und es ist nicht im Ansatz erkennbar, dass mit einem Verzicht auf ein hochpräzises Instrumentenlandesystem (ILS) die Verlängerung der Start- und Landebahn hinfällig würde. Darüber hinaus ist auch dieser Teil der Planung nicht zu beanstanden. Ein ILS führt die Piloten anfliegender Maschinen auch bei schlechtem Wetter sicher zur Landebahn. Das hochpräzise ILS ermöglicht auch bei schlechten Sichtverhältnissen eine sichere Landung. In der kommerziellen Luftfahrt ist der Instrumentenflug auch bei guten Sichtverhältnissen üblich, weil er insbesondere wegen der Überwachung durch die Flugverkehrskontrollstellen sicherer ist. Aus diesem Grund kann die Installation eines solchen Systems nicht allein unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Kapazitätssteigerung betrachtet werden - die Zahl der Flugzeuge, die nur deshalb den Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg ansteuern werden, weil dieser über ein ILS verfügt, dürfte überschaubar sein. Nicht von der Hand zu weisen ist jedoch, dass ein ILS zumindest auch der Sicherheit des Luftverkehrs dient, weil Flugzeugführer bei ungünstigem Wetter nicht in der Luft bleiben müssen, um einen Flughafen mit ILS zu erreichen (vgl. OVG S-H, Beschl. v. 18.07.2005 - 4 MR 1/05 -, NordÖR 2005, 377 Rn. 8). Das für Flüge aus Richtung Osten vorhandene ILS kann das im Westen fehlende nicht ersetzen, weil gemäß § 22 Abs. 1 Nr. 6 LuftVO gegen den Wind gelandet werden muss.

2.3.3.2 Bei der Berücksichtigung der von der Planung berührten privaten Belange der Kläger zu 2) und 3) nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG ist der Beklagten ein zur Unausgewogenheit der Gesamtplanung und damit zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führender Mangel nicht unterlaufen.

2.3.3.2.1 Die Beklagte hat die von der Planung berührten privaten Belange der Klägerin zu 2), insbesondere die von ihr eingewendete Existenzgefährdung, zu ermitteln versucht. Indes hat die Klägerin zu 2) sich weder im Planfeststellungs- noch im gerichtlichen Verfahren konkret geäußert, welche Auswirkungen sie diesbezüglich befürchtet. Die Klägerin zu 2) kann diese unterlassene Mitwirkung nicht damit rechtfertigen, dass sie "über die Hintergründe der Planänderung nicht näher informiert worden" sei. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zu 2) hat die sie betreffenden Auszüge aus den Grunderwerbsunterlagen mit Schreiben der Beklagten vom 05. September 2006 erhalten, für existenzielle Auswirkungen eines Flächenentzugs ist dessen "Hintergrund" unerheblich. Konkrete Angaben zur existenzbedrohenden Wirkung hat die Klägerin zu 2) auch im gerichtlichen Verfahren nicht gemacht. Mit dem Wegfall von Einnahmen aus Verpachtung kann eine Existenzgefährdung nicht begründet werden, denn die für die Inanspruchnahme des Grundstücks zu leistende Entschädigung ermöglicht in Zukunft Kapitaleinkünfte, die die Pachteinnahmen ersetzen, oder den Kauf anderen Pachtlandes.

Die Inanspruchnahme des südwestlichen Randes der Ackerfläche für die Ausgleichsmaßnahme A 5 (Anlage einer Strauchhecke, Feldgehölz) rechtfertigt sich aus der Lage der Fläche (vgl. Landschaftspflegerischer Begleitplan Planunterlage 6.1 S. 26 und Lageplan P 2; die Angabe im Grunderwerbsverzeichnis und die diesem entsprechende einheitliche Einfärbung als "Flughafenausbau" auf dem Deckblatt 11.2 / 2 ist für diesen Bereich nicht zutreffend). Mit dieser Maßnahme wird eine Pufferzone zwischen der Flughafenerweiterung und der im Eigentum der Klägerin zu 2) bleibenden Ackerfläche geschaffen, die dieser durch ihre abschirmende Wirkung zugute kommt.

Auf die Ausführungen zur fluglärmbedingten Wertminderung von Wohnimmobilien der Flughafenanwohner braucht der Senat nicht einzugehen, denn die Klägerin hat - soweit ersichtlich - kein fluglärmbetroffenes Wohneigentum in der Nähe des Verkehrsflughafen Braunschweig-Wolfsburg. Gleiches gilt, soweit sie Auswirkungen von Wirbelschleppen als ihre Belange berührend angibt.

2.3.3.2.2 Die im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme seines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks berührten Belange des Klägers zu 3) hat die Beklagte nicht abgewogen, weil sie die Betroffenheit des Klägers zu 3) (statt von Frau Q.) verkannt hat. Dieser Mangel ist zwar offensichtlich, aber für das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss und deshalb unerheblich (§ 10 Abs. 8 Satz 1 LuftVG). Das sehr schmale Flurstück des Klägers liegt inmitten gleichgeschnittener Flurstücke, die alle gleichermaßen an ihrem nördlichen Rand für den Sicherheitsbereich des Flughafens wie zum überwiegenden Teil für die naturschutzrechtliche Ersatzmaßnahme E 1 "Entwicklung einer mageren Gras- und Staudenflur" in Anspruch genommen werden (vgl. Landschaftspflegerischer Begleitplan a.a.O. S. 28, Lageplan P 2). Diese Fläche ist u. a. deshalb besonders geeignet, weil mit ihr Beeinträchtigungen des Ockerfarbenen Kleinspanners (Idaea ochrata) kompensiert werden können, der in Niedersachsen erst wieder in jüngster Zeit u.a. auf den Flächen im Erweiterungsbereich des Flughafens nachgewiesen wurde. Es ist deshalb von einer besonderen Eignung gerade dieser den überbauten Flächen benachbarten Grundstücke und damit auch des Grundstücks des Klägers zu 3) für die naturschutzrechtliche Kompensation auszugehen. Angesichts dessen und des Umstands, dass die Eigentümerinnen und Eigentümer der benachbarten Grundstücke Einwendungen nicht erhoben bzw. nicht aufrechterhalten haben, ist ein Einfluss dieses Abwägungsausfalls auf das Abwägungsergebnis auszuschließen. Dies gilt umso mehr, als der Kläger zu 3) selbst im gerichtlichen Verfahren nicht vorgetragen hat, welche ihn konkret betreffenden Belange die Beklagte in die Abwägung einzustellen gehabt hätte. Gleiches gilt, soweit sich der Kläger zu 3) gegen die Inanspruchnahme seines Grundstücks für den verlängerten Rollweg wendet. Der überwiegende Teil der Fläche wird für die Ersatzmaßnahme benötigt, wegen ihrer besonderen Eignung und Lage ist diese Inanspruchnahme unabhängig von der Planung des Rollwegs, bei dessen Entfall allenfalls unwirtschaftliche Restflächen verblieben wären.

2.4 Die Kläger zu 2) und 3) haben auch keinen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten, der Beigeladenen weitere Naturschutzmaßnahmen oder weitere Schutzvorkehrungen zu ihren Gunsten aufzugeben. Anhaltspunkte für eine im Landschaftspflegerischen Begleitplan nicht zutreffend berechnete Kompensation haben die Kläger nicht dargetan. Schutzvorkehrungen zu ihren Gunsten haben sie weder konkretisiert noch ist ein Bedarf dafür erkennbar.

Ende der Entscheidung

Zurück