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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 31.07.2008
Aktenzeichen: 7 LA 53/08
Rechtsgebiete: BGB, GewO
Vorschriften:
BGB § 705 f. | |
GewO § 1 | |
GewO § 35 Abs. 1 |
Gründe:
Der Kläger begehrt im Gewerbeuntersagungsverfahren nach für ihn negativer erstinstanzlicher gerichtlicher Entscheidung die Zulassung der Berufung.
Mit Bescheid vom 27. Juli 2007 untersagte ihm der Beklagte die weitere Ausübung seines Gewerbes "Fliesenverlegung", die Ausübung aller anderen Gewerbe sowie die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragten Person. Er habe fortdauernde erhebliche Rückstände bei Rentenversicherung und vor allem beim Finanzfiskus entstehen lassen und sich damit als gewerblich unzuverlässig erwiesen. Da eine Rückführung der Verbindlichkeiten nicht absehbar sei - so habe er die eidesstattliche Versicherung abgeben müssen -, sei die Beendigung aller gewerblichen Betätigungen des Klägers erforderlich.
Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht mit dem im Tenor bezeichneten Urteil abgewiesen. Der Bescheid sei nach § 35 Abs. 1 S. 1, S. 2 der Gewerbeordnung - GewO - rechtmäßig. Die die Unzuverlässigkeit maßgeblich begründenden Steuerrückstände des Klägers seien weiter angestiegen, ohne dass ein Sanierungskonzept bestehe oder ein Abbau der Verbindlichkeiten sonst erkennbar sei.
Mit seinem Berufungszulassungsantrag äußert der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Gewerbetreibende sei vorliegend die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, welcher er angehöre. Denn sowohl bei dieser wie bei einer offenen Handelsgesellschaft, die sie materiell wohl darstelle, lege es die neuere Rechtsprechung nahe, die Gesellschaft selbst als Gewerbetreibende anzusehen. Diese habe aber unstreitig keine Steuerrückstände. Im Übrigen sei es verfassungsrechtlich nicht angängig, die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit aus einer Schuldensituation abzuleiten, in die der Betreffende - wie er - unverschuldet geraten sei. Die Steuerrückstände seien im Übrigen vor so langer Zeit entstanden, dass nicht ersichtlich sei, weshalb daraus jetzt noch Gefahren für die Allgemeinheit erwachsen könnten.
II.
Der Antrag ist unbegründet. Die Darlegungen des Klägers begründen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils, §§ 124a Abs. 4 S. 4, 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
1.) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts "C. D. und A. B. ", für die das Gewerbe des Klägers unter dem 2. April 2002 angemeldet worden ist, selbst nicht Gewerbetreibende und die Untersagung zu Recht gegen den Kläger ausgesprochen worden ist, in dessen Person die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen.
Entgegen der im Zulassungsantrag vertretenen Auffassung sind Personengesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit wie die BGB-Gesellschaft (GbR) oder die offene Handelsgesellschaft (oHG) nicht selbst Gewerbetreibende im Sinne der §§ 1 Abs. 1, 35 Abs. 1 S. 1 GewO.
Bei der oHG sind dies vielmehr die Gesellschafter, jedenfalls soweit sie Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse haben und damit unternehmerisch tätig sind, bei der GbR sind es grundsätzliche alle Gesellschafter, wenn sie Einfluss auf die Geschäftsführung haben (Landmann/Rohmer/Marcks, GewO, Stand Juni 2006, Rn. 64 zu § 35 m.w.N.; Tettinger/Wank, GewO, 7. Aufl., Rn. 85 zu § 35). Der Kläger missversteht das von ihm in diesem Zusammenhang angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29. Januar 2001 - II ZR 331/00 - (BGHZ 146, 341) zur partiellen Rechts- und Parteifähigkeit der GbR im (Zivil)prozess, wenn er aus ihm ableiten will, dass danach auch die Unternehmereigenschaft einer GbR im Sinne der Gewerbeordnung anzunehmen sei. Der BGH stellt in seiner Entscheidung vielmehr die GbR in Bezug auf ihre Rechtsfähigkeit weitgehend der oHG gleich, die, obgleich nicht juristische Person, nach der ausdrücklichen Regelung in § 124 Abs. 1 HGB gleichwohl Rechte erwerben und klagen kann. Soweit die GbR durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, soll auch sie - überwiegend aus Gründen der Praktikabilität - aktiv und passiv partei- und prozessfähig sein (a.a.O., LS 1. und 2.).
Die danach mögliche Begründung eigener Rechte und Pflichten im Rechtsverkehr hat - wie zuvor schon bei der oHG - aber nichts damit zu tun, wem im Gesellschaftsgefüge persönliche Eigenschaften wie Eignung oder Zuverlässigkeit nach öffentlichem Recht - hier nach der GewO - zuzurechnen sind. Bei nicht-rechtsfähigen Personenmehrheiten kommen dafür nur die verantwortlichen natürlichen Personen, also die Gesellschafter, in Betracht. Lediglich juristischen Personen werden selbst als Gewerbetreibende angesehen. Zwar kann auch hier persönlich unzuverlässig letztlich nur die handelnde natürliche Person sein; deren Unzuverlässigkeit wird jedoch der juristischen Person als eigene zugerechnet. Das beruht auf der Fiktion, dass juristische Personen in ihrer Rechtsfähigkeit wie natürliche Personen behandelt werden. Das ist bei Personengesellschaften ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerade nicht der Fall.
Der Kläger möchte mit dem Hinweis darauf, dass es nicht die GbR sei, die zum maßgeblichen Zeitpunkt der Gewerbeuntersagung dem Finanzamt knapp 124.000,00 Euro schuldete, erreichen, eine Zuverlässigkeit "der Gesellschaft" zu konstruieren und damit eine praktisch unveränderte weitere Gewerbeausübung "durch sie" - und damit für ihn - zu ermöglichen. Das ist, wie zuvor dargelegt, bereits im Ansatz verfehlt. Dass es auch am Sinn und Zweck des § 35 Abs. 1 S. 1 GewO vorbeigeht, zeigt die Überlegung, dass die GbR als Personengesellschaft, anders als etwa bei der Umsatzsteuer, weder der Einkommen- noch der Körperschaftssteuer unterliegt. Der Gewinn wird vielmehr einheitlich und gesondert festgestellt und unmittelbar den Gesellschaftern zugerechnet. Bei diesen unterliegen die Gewinnanteile der Einkommen- oder der Körperschaftssteuer, je nachdem, welche Rechtsform sie haben. Ein einkommensteuerrechtlich unzuverlässiges Verhalten, wie es vorliegend eine maßgebliche Rolle spielt, realisiert sich also nie bei der Gesellschaft, sondern stets nur bei den einzelnen Gesellschaftern. Sie können sich deshalb nicht durch den Hinweis auf fehlende Einkommensteuerschulden der Gesellschaft von der Verantwortlichkeit für ihre Säumigkeit freizeichnen.
Der Senat geht davon aus, dass vorliegend gesellschaftsrechtlich der Regelfall des § 709 Abs 1 S. 1 BGB vorliegt, wonach auch der Kläger als einer der beiden Gesellschafter geschäftsführungs- und vertretungsbefugt ist. Nach § 710 BGB mögliche Einschränkungen, vor allem ein völliger Ausschluss des Klägers, sind Dritten gegenüber nicht erkennbar geworden, so dass von solchen nicht auszugehen ist. Auch in der Gewerbeanmeldung vom 2. April 2002 sind beide Gesellschafter gleichberechtigt aufgeführt; der Kläger behauptet auch in der Begründung seines Zulassungsantrags nicht, keinen Einfluss auf die Geschäftsführung gehabt zu haben. Der mehrfachen Aufforderung des Senats, den Gesellschaftsvertrag vorzulegen, aus dem sich potentiell etwas anderes ergeben könnte, ist der Kläger nicht nachgekommen.
2.) Ohne Erfolg wiederholt der Kläger auch seinen erstinstanzlichen Vortrag zur unverschuldeten finanziellen Notlage. Dazu hat bereits das Verwaltungsgericht das Zutreffende ausgeführt, ohne dass das Vorbringen des Klägers im Zulassungsverfahren hier neue Gesichtspunkte aufzeigt.
Lediglich bekräftigend sei deshalb bemerkt: Es ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Annahme gewerblicher Unzuverlässigkeit kein Verschulden im Sinne etwa eines strafrechtlichen Vorwurfs voraussetzt. Es ist für § 35 Abs. 1 S. 1 GewO vielmehr belanglos, welche Ursachen zu der Überschuldung und einer daraus resultierenden wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Gewerbetreibenden geführt haben. Denn § 35 GewO ist eine im speziellen Ordnungsrecht wurzelnde und damit grundsätzlich wertneutrale Vorschrift, bei der es im Interesse der Allgemeinheit um die Beendigung von objektiv nicht im Einklang mit dem öffentlichen Recht stehender wirtschaftlicher Tätigkeit geht (stdg. Rspr., vgl. etwa Nds. OVG, Beschl. v. 21. Januar 1998 - 7 L 4223/97 -, unter Verweis auf BVerwG, Beschl. vom 30. Oktober 1969 - I B 54.69 -, GewArch 1970, 131; Urteil vom 2. Februar 1982 - 1 C 146.80 -, BVerwGE 65, 1; Senatsurteil vom 17. September 1997 - 7 L 2655/96 -, UA. S. 6). Auch an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung und Handhabung bestehen entgegen der Auffassung des Klägers keine begründeten Zweifel (vgl. etwa BVerwG, Beschl v. 12. Januar 1993 - 1 B 1.93 -, GewArch 1993, 155).
Ende der Entscheidung
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