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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 16.11.2006
Aktenzeichen: 7 ME 128/06
Rechtsgebiete: GewO
Vorschriften:
GewO § 35 Abs. 1 | |
GewO § 35 Abs. 7a |
Gründe:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die dargelegten Beschwerdegründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen die Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses nicht.
1. Das Verwaltungsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt, dass die Einleitung eines Untersagungsverfahrens gegen den Vertreter eines Gewerbetreibenden voraussetzt, dass gegen den Gewerbetreibenden selbst, also der Hausvertriebszentrum Nord GmbH, ein Untersagungsverfahren gemäß § 35 Abs. 1 GewO eingeleitet ist. Als Zeitpunkte der Einleitung der Untersagungsverfahren sind gegen die Gewerbetreibende der 26. August 2005 und gegen die Antragstellerin als Vertreterin der Gewerbetreibenden der 2. November 2005 festzustellen. Weiter geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass bei Einleitung der Untersagungsverfahren im August bzw. November 2005 die Gewerbetreibende noch gewerblich tätig war, da noch im Zeitpunkt des Erlasses der Untersagungsverfügung gegen die Gewerbetreibende am 22. März 2006 deren Internetseite in Betrieb und unter der dort angegebenen Telefonnummer eine Bandansage geschaltet war, die nach Hinterlassen einer Nachricht einen Rückruf ankündigte.
Hiergegen richtet sich das Beschwerdevorbringen. Nach Auffassung der Antragstellerin - unter Berufung auf das Urteil des Senats vom 18. Juni 1997 (Az. 7 L 6029/95) - setze die Einleitung des gegen sie gerichteten Untersagungsverfahrens voraus, dass das Gewerbe noch ausgeübt werde. Dies sei am 2. November 2005 nicht mehr der Fall gewesen, da zu diesem Zeitpunkt die Antragstellerin nicht mehr im Rahmen der Geschäftsführung für die Antragstellerin tätig gewesen sei und die Gewerbetreibende als solche ihre Tätigkeit eingestellt habe. Der Internetauftritt habe wegen der Vertragsbindung bis Mai 2006 nicht abgeschaltet werden können. Der Anrufbeantworter sei kein Indiz für eine gewerbliche Tätigkeit. Der Telefonanschluss sei nicht abgemeldet worden, weil ein anderer Gewerbetreibender in den Räumen der Gewerbetreibenden habe arbeiten wollen.
Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Zutreffend ist nach der Rechtsprechung des Senats, dass ein Untersagungsverfahren gegen den Vertreter eines Gewerbetreibenden nach § 35 Abs. 7a GewO nicht eingeleitet und die Untersagung nicht ausgesprochen werden darf, wenn der Vertretungsberechtigte oder leitende Angestellte seine Stellung vor Einleitung des Verfahrens aufgegeben hat. Darüber hinaus darf das Verfahren gegen den Vertretungsberechtigten oder leitenden Angestellten nicht durchgeführt werden, wenn der Gewerbetreibende sein Gewerbe vor Einleitung des Verfahrens aufgegeben hat (vgl. Senat, Urt. v. 18.06.1997 - 7 L 6029/95 -, GewArch 1998, 30; zweifelnd an Letzterem für bestimmte Konstellationen BVerwG, 19.12.1995 - 1 C 3.93 -, BVerwGE 100, 187 <193>). Keine dieser Fallgruppen ist vorliegend nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand gegeben.
Der Umstand, dass mit Beschluss des Amtsgerichts Delmenhorst vom 6. Oktober 2005 (Az. 12 IN 127/05) der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gewerbetreibenden mangels Masse abgelehnt worden ist und sich damit die Gewerbetreibende seit diesem Zeitpunkt in Liquidation befunden hat, steht der Annahme einer gewerblichen Tätigkeit ihrerseits nicht entgegen. Im Gegenteil ist auch die Abwicklung der Geschäftsbeziehungen im Rahmen der Liquidation als gewerbliche Tätigkeit anzusehen (vgl. BVerwG, a. a. O., 187 <194 f.>). Anhaltspunkte dafür, dass bereits zum 2. November 2005 die Liquidation abgeschlossen war und damit die gewerbliche Tätigkeit der Gewerbetreibenden eingestellt worden ist, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Selbst wenn der Senat die Ausführungen der Antragstellerin in Bezug auf den Internetauftritt und den Telefonanschluss als zutreffend unterstellt, ergeben sich daraus lediglich Anhaltspunkte dafür, dass die Gewerbetreibende nicht mehr aktiv eine auf Fortführung ihres Gewerbes gerichtete Tätigkeit ausgeübt hat, nicht aber für den Abschluss der Liquidation. Nach ihren Angaben in der Klageschrift vom 21. April 2006 die Antragstellerin vielmehr bestätigt, dass sich die Gewerbetreibende noch in Liquidation befindet und es ihre Aufgabe ist, die Geschäfte abzuwickeln. Mit diesem Vortrag setzt sich die Antragstellerin in Widerspruch zu ihrem Beschwerdevorbringen, wonach sie für die Gewerbetreibende im Zeitpunkt der Einleitung des Untersagungsverfahrens am 2. November 2005 nicht mehr tätig gewesen sei. Ihrer Darlegungslast in Bezug auf die tatsächliche Einstellung des Gewerbebetriebs und die Aufgabe ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin (vgl. Senat, a. a. O.) ist die Antragstellerin damit nicht in ausreichendem Maße nachgekommen.
2. Das Beschwerdevorbringen vermag auch nicht die vom Verwaltungsgericht als rechtfehlerfrei bewertete Unzuverlässigkeitsprognose des Antragsgegners in Frage zu stellen.
Die Antragstellerin macht geltend, sie habe rechtzeitig einen Insolvenzantrag gestellt. Die im Insolvenzverfahren festgestellte Zahlungsunfähigkeit führe automatisch dazu, dass Forderungen nicht mehr beglichen werden konnten. Die Steuerrückstände seien nicht durch weitere gewerbliche Tätigkeiten, sondern durch Säumniszuschläge gewachsen. Sie habe sich um eine Rückführung der Steuerschulden bemüht. Das Finanzamt habe jedoch einen Ratenstundungsantrag mit einer unzutreffenden Begründung abgelehnt, denn die geforderten Unterlagen habe sie wegen der Insolvenz und des Zurückbehaltungsrechts des Steuerberaters nicht vorlegen können.
Hinsichtlich dieses Vortrags verkennt die Antragstellerin, dass die Steuerrückstände bereits am 3. August 2005 und damit noch während ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin für die Gewerbetreibende und vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 11. August 2005 auf 19.224,95 EUR betragen hatten. Im Laufe des Untersagungsverfahrens gegen die Gewerbetreibende und die Antragstellerin sind die Steuerrückstände bis auf 33.315,00 EUR am 22. März 2006 angestiegen. Dies ist nicht allein auf Säumniszuschläge, sondern auf nachfolgende Steuerfestsetzungen zurückzuführen. Der Umstand, dass die Antragstellerin nicht in der Lage gewesen ist, die für den Ratenstundungsantrag erforderlichen Unterlagen dem Finanzamt vorzulegen, ist für die Beurteilung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit nicht maßgeblich, da es insoweit auf ein Verschulden nicht ankommt (std. Rspr.; vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 16.02.1998 - 1 B 26.98 -, Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 69).
In Bezug auf die bestehenden Rückstände bei den gesetzlichen Krankenkassen ist anzumerken, dass die Beiträge bereits ab Februar 2005 nicht mehr (regelmäßig) gezahlt worden sind. Die Antragstellerin hat sich zudem an eine von ihr mit der AOK Niedersachsen geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung entgegen ihren Angaben im Beschwerdevorbringen nicht gehalten (vgl. Telefax der AOK vom 21.11.2005, Beiakte A Bl. 133).
Schließlich ist die Unzuverlässigkeitsprognose auch deshalb nicht zu beanstanden, weil die Antragstellerin während des Untersagungsverfahrens einer mehrfachen Aufforderung des zuständigen Finanzamts Delmenhorst, den Betriebseröffnungsbogen für ihr in der Samtgemeinde C. angemeldetes Gewerbe abzugeben, nicht nachgekommen ist, sie also ihre steuerrechtlichen Erklärungspflichten in diesem Gewerbe vernachlässigt.
Das Beschwerdevorbringen lässt zudem nicht erkennen, dass die erweiterte Untersagungsverfügung unverhältnismäßig und nicht erforderlich ist. Der Senat schließt sich insoweit den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluss an, auf die er gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verweist.
Ende der Entscheidung
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