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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 13.04.2007
Aktenzeichen: 7 ME 37/07
Rechtsgebiete: GewO, StGB, VwGO


Vorschriften:

GewO § 35 Abs. 1 S. 1
StGB § 56
VwGO § 146 Abs. 4 S. 3
VwGO § 146 Abs. 4 S. 6
Zur Bedeutung einer Strafaussetzung zur Bewährung für die Erforderlichkeitsprognose bei der Gewerbeuntersagung.
NIEDERSÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT LÜNEBURG

BESCHLUSS

Aktenz.: 7 ME 37/07

Datum: 13.04.2007

Gründe:

Mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss hat es das Verwaltungsgericht unter gleichzeitiger Ablehnung der Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den für sofort vollziehbar erklärten Bescheid des Antragsgegners vom 17. November 2006 wiederherzustellen. Mit diesem ist dem Antragsteller die weitere Ausübung seines Gewerbes "Überführung von Kraftfahrzeugen, Fahrdienst im internationalen Fernverkehr" sowie aller anderen gewerblichen Tätigkeiten untersagt worden, weil er sich aufgrund begangener Straftaten als unzuverlässig erwiesen habe und die Untersagung erforderlich sei. Das Verwaltungsgericht hat diese Entscheidung als voraussichtlich rechtmäßig und den Sofortvollzug rechtfertigend bewertet.

Mit seiner fristgerecht eingelegten und begründeten Beschwerde verfolgt der Antragsteller, der ferner Prozesskostenhilfe anstrebt, sein Aussetzungsbegehren weiter. Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Beschluss.

II.

Prozesskostenhilfe kann auch für das Beschwerdeverfahren nicht bewilligt werden, weil, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt, die beabsichtigte Rechtsverteidigung des Antragstellers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 S. 1 ZPO).

Die vom Antragsteller gegen den auf § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO gestützten verwaltungsgerichtlichen Beschluss vorgetragenen Gründe führen zu keiner Änderung dieser Entscheidung, § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO.

Unberücksichtigt muss der Beschwerdevortrag bleiben, soweit mit ihm gerügt wird, der Antragsgegner habe den Antragsteller nicht auch zu der verfügten Erstreckung der Untersagung auf alle Gewerbe (§ 35 Abs. 1 S. 2 GewO) angehört. Dafür kann offenbleiben, ob diese im angefochtenen Bescheid u.a. ausgesprochene Rechtsfolge überhaupt zu den "für die Entscheidung erheblichen Tatsachen" im Sinne von § 28 Abs. 1 VwVfG gehört und nicht, wofür vieles spricht, nur eine (weitere) rechtliche Konsequenz aus dem die Unzuverlässigkeit begründenden Tatsachenmaterial ist, zu dem der Antragsteller unter dem 4. Oktober 2006 im Einzelnen angehört worden ist. Denn jedenfalls kann dieser eventuelle Mangel nicht, wie nach § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO aber erforderlich, in Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses vorgetragen werden, weil der Beschluss sich zu diesem Thema nicht verhält. Das ist deshalb so, weil das Verwaltungsgericht dazu im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes mangels Vortrags des Antragstellers keinen Anlass hatte. Mögliche Mängel, die bereits in der Zeit des erstinstanzlichen Verfahrens vorlagen, vom Antragsteller aber - wie hier - trotz der Möglichkeit dazu nicht vorgebracht worden sind, müssen im Rechtsmittelverfahren nach § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO außer Betracht bleiben (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 8. November 2004 - 9 S 1536/04 -, NVwZ-RR 2006, 74, "Außerbetrachtbleiben aufgesparte Gründe"; Bader in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 3. A., Rn. 36 zu § 146).

Im Ergebnis zu Unrecht greift die Beschwerde die Bewertung des Verwaltungsgerichts an, wonach der Antragsteller wegen der von ihm wiederholt begangenen Vermögensdelikte, insbesondere aufgrund der letzten Verurteilung durch das C. D. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten wegen gemeinschaftlichen Subventionsbetrugs (Urteil 6b Ls 111 Js 27770/04 vom 14. Juni 2006), als derzeit unzuverlässig im Sinne von § 35 Abs. 1 GewO anzusehen ist.

Zur Begründung der Strafe wird in dem Urteil u.a. ausgeführt, dass der Antragsteller als Urheber der Tat anzusehen sei und er es sich zum Nachteil anrechnen lassen müsse, in der Vergangenheit bereits mehrfach, auch wegen Vermögensdelikten, strafrechtlich in Erscheinung getreten zu sein. Es unterliegt danach keinem Zweifel, dass der dem Strafurteil zugrunde liegende Sachverhalt, an den die Verwaltungsbehörde nach § 35 Abs. 3 GewO gebunden ist, die Prognose rechtfertigt, dass der Antragsteller auf absehbare Zeit keine hinreichend sichere Gewähr dafür bietet, ein Gewerbe in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht zu führen. Denn entgegen der Auffassung des Antragstellers ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, die der letzten Verurteilung zugrunde liegende - gewerbebezogene - Straftat, bei der ein Schaden von 100.000 Euro entstanden ist, von ganz erheblichem Gewicht und liegt noch nicht so lange zurück, dass bereits deshalb von veränderten Umständen auszugehen wäre. Völlig unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Antragsteller zur Tatzeit nicht Geschäftsführer einer deutschen, sondern einer holländischen Gesellschaft war.

Zutreffend moniert die Beschwerde allerdings im Ansatz, dass die vom Strafrichter gewährte Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 Abs. 2 StGB nicht, wie man die Beschlussgründe verstehen könnte, von vornherein bedeutungslos für die Erforderlichkeit der Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 GewO ist. Diese Entscheidung ist für die Verwaltungsbehörde zwar nicht bindend, zumal sich aus § 56 StGB einerseits und § 35 Abs. 1 GewO andererseits verschiedene Gefahrenmaßstäbe herleiten lassen. Doch ist eine näher begründete Prognose des Strafrichters für Verwaltungsbehörde und Verwaltungsgericht "von tatsächlichem Gewicht" (vgl. (BVerwG, Beschl. v. 16. Juni 1987 - 1 B 93.86 -, GewArch 1987, 351 <352> m.w.N.).

Indessen führt die danach angezeigte nähere Würdigung der strafgerichtlichen Prognose hier zu keiner für den Antragsteller günstigeren Entscheidung, weil diese Prognose, gemessen an § 56 Abs. 2 StGB, wenig ergiebig ist. Insbesondere lassen sich ihr keine "Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit" oder gar "besondere Umstände" im Sinne der Vorschrift entnehmen, für welche das Aufführen von zwei Monaten Untersuchungshaft und das Einräumen der Tat jedenfalls nicht ausreichend erscheinen. Die für ein Verneinen der Erforderlichkeit der Untersagung nach § 35 Abs. 1 GewO erforderliche Gewissheit der Einhaltung der mit einem Gewerbe verbundenen gesetzlichen Verpflichtungen lässt sich auf die strafrichterlichen Ausführungen jedenfalls nicht stützen. Derartige Gesichtspunkte werden von der Beschwerde auch sonst nicht vorgetragen, so dass jedenfalls aktuell am Vorliegen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 S. 1 GewO keine begründeten Zweifel geltend gemacht worden sind.

Ende der Entscheidung

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