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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 19.03.2008
Aktenzeichen: 7 ME 41/08
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO
Vorschriften:
VwGO § 54 Abs. 1 | |
ZPO § 42 Abs. 2 | |
ZPO § 44 Abs. 3 |
Zu den Anforderungen an die dienstliche Äußerung des Richters nach § 44 Abs. 3 VwGO.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin hat im Hinblick auf eine drohende Abschiebung am 18. Dezember 2007 beim Verwaltungsgericht Oldenburg um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und zugleich einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt. Das Verwaltungsgericht - 1. Kammer - hat mit Beschluss vom 17. Januar 2008 die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Der Beschluss ist dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 21. Januar 2008 zugestellt worden.
Am 21. Januar 2008 hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts eingelegt und für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe beantragt. Des Weiteren hat er Einsicht in die Akten beantragt und angekündigt, dass eine Beschwerdebegründung innerhalb der gesetzlichen Frist erfolgen werde.
Nach gewährter Einsicht in die Akten hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 6. Februar 2008 die Beschwerde näher begründet. Der Senat hat daraufhin mit Beschluss vom 12. Februar 2008 die Beschwerde zurückgewiesen und den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abgelehnt.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten am 21. Februar 2008 ihre Beschwerde ergänzend begründet und hilfsweise Gehörsrüge erhoben. Sie macht geltend, die geübte Praxis des Senats, vor einer Entscheidung die gesetzliche Beschwerdebegründungsfrist nicht abzuwarten, stelle eine Verletzung ihres Rechts auf rechtliches Gehör dar. Daher lehne sie die Richter am Oberverwaltungsgericht B., C. und D. wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.
II.
Das Gesuch der Antragstellerin, den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht B., die Richterin am Oberverwaltungsgericht C. und den Richter vom Oberverwaltungsgericht D. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, hat keinen Erfolg.
Das zulässige Ablehnungsgesuch ist unbegründet. Nach § 54 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 42 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Gründe für ein solches Misstrauen sind gegeben, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden wird. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung wirklich von Voreingenommenheit beeinflusst ausfiele. Entscheidend ist vielmehr, ob der Beteiligte, der das Ablehnungsgesuch angebracht hat, von seinem Standpunkt aus bei Anlegung des angeführten objektiven Maßstabs Anlass hat, Voreingenommenheit zu befürchten. Verfahrensverstöße oder sonstige Rechtsfehler eines Richters begründen für sich genommen keinen Ablehnungsgrund. Anders verhält es sich nur, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Fehlerhaftigkeit auf einer unsachlichen Einstellung des Richters oder auf Willkür beruht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. März 2004 - BVerwG 6 B 71.03 -, juris; BFH, Beschluss vom 23. August 2000 - IV B 148/99 -, juris; J. Schmidt, in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung - 12. Auflage, 2006 -, § 54 Rdnr. 14; Kopp/Schenke, VwGO - 15. Aufl., 2007 -, § 54 Rdnr. 11; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung - 2. Auflage, 2006 -, § 54 Rdnr. 68).
Nach Maßgabe dessen besteht bei objektiver Betrachtung vom Standpunkt der Antragstellerin aus kein Anlass zu Misstrauen in die Unvoreingenommenheit der genannten Richter. Es kann dahinstehen, ob in der Entscheidung über die Beschwerde und den Prozesskostenhilfeantrag vor Ablauf der Frist nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO ein Verfahrensfehler zu sehen ist. Denn selbst wenn dies zuträfe, lässt die Entscheidung des Senats keinen Anhaltspunkt dafür erkennen, dass die hieran beteiligten Richter auf Grund einer unsachlichen Einstellung oder gar willkürlich gehandelt haben könnten. Zwar weist die Antragstellerin zu Recht darauf hin, dass sie die gesetzliche Begründungsfrist voll ausschöpfen kann. Allerdings ist ein Gericht nicht stets verpflichtet, den Ablauf der Begründungsfrist vor seiner Entscheidung abzuwarten. So ist eine Entscheidung des Gerichts über das Beschwerdevorbringen vor Ablauf der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO geboten, wenn andernfalls effektiver Rechtsschutz nicht mehr gewährleistet ist. Eine die Befangenheit eines Richters begründende unsachliche Einstellung oder ein willkürliches Verhalten kann nicht darin gesehen werden, wenn der Richter den Ablauf der Begründungsfrist deshalb nicht abwartet, weil eine Begründung des Beschwerdeführers bereits vorgelegen und kein Anhalt für die Annahme bestanden hat, dass sie noch ergänzt werden sollte. So lag der Fall hier. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat nach Einsicht in die Akten mit Schriftsatz vom 6. Februar 2008 die Beschwerde näher begründet. Er hat hierin nicht zum Ausdruck gebracht, dass die Beschwerde zunächst nur vorläufig begründet werden sollte und beabsichtigt ist, sie zu ergänzen. Im Rahmen der prozessualen Mitwirkungsverpflichtung der Antragstellerin hätte es aber eines entsprechenden Hinweises auf die Vorläufigkeit der Begründung an das Gericht bedurft, weil andernfalls der Eindruck erweckt wird, dass die vorgebrachte Begründung - wie dies in der verwaltungsgerichtlichen Praxis der Regelfall ist - abschließend ist.
Dass sich die Richter in ihren dienstlichen Stellungnahmen zu dem Vorbringen der Antragstellerin nicht näher eingelassen haben, begründet ebenfalls keine Besorgnis der Befangenheit. Nach § 54 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 44 Abs. 3 ZPO hat sich der abgelehnte Richter über den Ablehnungsgrund dienstlich zu äußern; hierzu soll er sich zu den für das Ablehnungsgesuch entscheidungserheblichen Tatsachen erklären. Da die Antragstellerin ihr Ablehnungsgesuch darin begründet sieht, dass der Senat vor Ablauf der Begründungsfrist über ihre Beschwerde entschieden hat, und der gerügte Verfahrensgang sich ohne weiteres der Gerichtsakte entnehmen lässt, bedurfte es keiner näheren dienstlichen Stellungnahme der abgelehnten Richter.
Ende der Entscheidung
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