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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 14.02.2003
Aktenzeichen: 7 ME 64/02
Rechtsgebiete: BBodSchG, BBodSchV, GefStoffV, KrW-/AbfG


Vorschriften:

BBodSchG § 8
BBodSchV Anhang 1
BBodSchV Anhang 2
GefStoffV Anhang IV Nr 13
KrW-/AbfG § 3 IV
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Anordnung des Antragsgegners vom 17. September 2001, die auf seinem Grundstück in B., Ortsteil C., zur Einzäunung einer Pferdekoppel verwendeten gebrauchten und aufgetrennten Bahnschwellen zu entfernen und einer geordneten Entsorgung zuzuführen, mit Beschluss vom 14. März 2002, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, zu Recht abgelehnt. Die dargelegten Beschwerdegründe geben keinen Anlass, die angefochtene Entscheidung abzuändern oder aufzuheben.

Der Antragsteller vertritt die Auffassung, bei den als Weidepfählen eingebauten halbierten Bahnschwellen handele es sich nicht um Abfall im Sinne des § 3 Abs. 1 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG), sondern um ein Produkt, und sieht sich in dieser Auffassung gestützt durch den Erlass des Niedersächsischen Umweltministeriums vom 19. Februar 1999. Dieser Ansicht vermag der Senat - unabhängig davon, ob dieser Erlass nach dem Inkrafttreten der Vierten Verordnung zur Änderung chemikalienrechtlicher Verordnungen vom 13. August 2002 (BGBl. I S. 3185) unverändert gilt - nicht zu folgen. Zwar heißt es in dem Erlass, dass behandelte Bahnschwellen ihre Abfalleigenschaft (erst) verlören, wenn sie nach Behandlung/Sortierung/Aufarbeitung als "neue Produkte" erneut als Bahnschwelle oder andere Produkte, z. B. Zaunpfähle, "hergestellt" würden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Bahnschwellen einer zugelassenen Verwendung zugeführt werden (können) und eine abfallspezifische Behandlung nicht erforderlich ist (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 24.6.1993 - 7 C 11.92 -, BVerwGE 92, 353). So verhält es sich hier nicht. Die Verwendung der Bahnschwellen steht nicht im Einklang mit dem Gefahrstoff- und Chemikalienrecht und erfordert eine umweltunschädliche Entsorgung.

Der objektive Abfallbegriff, den das Verwaltungsgericht vorliegend als erfüllt angesehen hat, ist in § 3 Abs. 4 KrW-/AbfG geregelt. Danach muss sich der Besitzer beweglicher Sachen im Sinne des Absatzes 1 entledigen, wenn diese entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung nicht mehr verwendet werden, aufgrund ihres konkreten Zustandes geeignet sind, gegenwärtig oder zukünftig das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die Umwelt zu gefährden und deren Gefährdungspotential nur durch eine ordnungsgemäße und schadlose Verwertung oder gemeinwohlverträgliche Beseitigung nach den abfallrechtlichen Vorschriften ausgeschlossen werden kann. Diese Voraussetzungen sind nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich gegeben.

Die ursprüngliche Zweckbestimmung der gebrauchten Bahnschwellen ist entfallen, denn sie werden nunmehr als Weidepfähle verwendet.

Weitere Voraussetzung des objektiven Abfallbegriffs ist, dass die fraglichen Gegenstände in ihrem konkreten Zustand geeignet sind, das Wohl der Allgemeinheit zu gefährden. Das bedeutet jedoch nicht, dass eine konkrete Gefahr vorliegen muss. Vielmehr genügt es, wenn die gegenwärtige Verwendung der Gegenstände aufgrund allgemeiner Erfahrungen und wissenschaftlicher Erkenntnisse typischerweise zu einer Gemeinwohlgefährdung führen wird. Das Merkmal "konkret" bezieht sich nur auf den aktuellen Zustand der Sache in ihrer "Situationsgebundenheit". Aufgrund dieses Zustandes ist das sich daraus ergebende Gefährdungspotential abzuschätzen (vgl. Beckmann/Kersting, in: Landmann-Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Rn. 60 zu § 3 KrW-/AbfG; Frenz, KrW-/AbfG, 3. Aufl., Rn. 39 f. zu § 3; Kunig/Paetow/Versteyl, KrW-/AbfG, Rn. 48 zu § 3). Dabei sind an den Grad der Gefährdung von Schutzgütern umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist. Wenn es genügt, dass von der Sache typischerweise Gefahren ausgehen, darf der Eintritt eines Schadens sich nicht lediglich als theoretische und fernliegende Möglichkeit darstellen (vgl. Kunig/Paetow/ Versteyl, aaO, Rn. 49 m.w.N.). Sieht der Gesetz- und Verordnungsgeber das Inverkehrbringen und Verwenden bestimmter Erzeugnisse als unvereinbar mit dem Schutzzweck spezieller Rechtsvorschriften, etwa des Chemikalien- und Gefahrstoffrechts, an, so besteht eine Vermutung dafür, dass diese Gegenstände einer schadlosen Beseitigung nach den abfallrechtlichen Vorschriften zugeführt werden müssen. So liegt es hier.

Bezüglich der Verwendung der Bahnschwellen ist maßgebliche Rechtsgrundlage die Gefahrstoffverordnung in der Fassung des Art. 2 der Vierten Verordnung zur Änderung chemikalienrechtlicher Verordnungen vom 13. August 2002 (BGBl. S. 3185). Da die Sach- und Rechtslage nach den sich im Zeitpunkt der - noch nicht ergangenen - Widerspruchsentscheidung ergebenden Umständen zu beurteilen ist, kommt es auch für die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes auf bis zu diesem Zeitpunkt eintretende erhebliche Änderungen an. Besondere Umstände, die ausnahmsweise eine Berücksichtigung der aktuellen Rechtslage verbieten, sind hier weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Nach Anhang IV Nr. 13.3 Abs. 1 Nr. 2 der Gefahrstoffverordnung gilt das Verwendungsverbot nach Nr. 13.1 Abs. 2 nicht für gebrauchte Erzeugnisse, die vor der Anwendung dieser Verordnung mit Holzschutzmitteln nach Nr. 13.1 Abs. 1 behandelt wurden, die nicht den Anforderungen der Nr. 13.2 entsprechen, sofern diese ausschließlich erneut als Eisenbahnschwellen oder Strom- und Telegrafenmasten oder für gewerbliche oder industrielle Zwecke anderer Art gemäß dem ursprünglichen Herstellungszweck wiederverwendet werden. Mit dieser Regelung ist die hier streitige Verwendung durch den Antragsteller nicht vereinbar. Dieser meint allerdings, Anhang IV Nr. 13.3 in der Fassung der Vierten Verordnung zur Änderung chemikalienrechtlicher Vorschriften sei nicht anwendbar, weil die Vorschrift des Anhangs IV Nr. 13.3 von der übergeordneten Richtlinie 2001/90/EG, der sogenannten Kreosot-Richtlinie, abweiche und die strengere innerstaatliche Regelung nicht gemäß Art. 95 Abs. 5 des EG-Vertrages von der EG-Kommission genehmigt worden sei. Diese Auffassung überzeugt nicht.

Nach Art. 95 Abs. 5 EG-Vertrag teilt ein Mitgliedstaat, der es nach dem Erlass einer Harmonisierungsmaßnahme durch den Rat oder die Kommission für erforderlich hält, auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse gestützte einzelstaatliche Bestimmungen zum Schutz der Umwelt oder der Arbeitsumwelt aufgrund eines spezifischen Problems für diesen Mitgliedstaat, das sich nach dem Erlass der Harmonisierungsmaßnahme ergibt, einzuführen, die in Aussicht genommenen Bestimmungen sowie die Gründe für ihre Einführung der Kommission mit. Es ist nicht ersichtlich, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Norm hier gegeben sind. Den von dem Antragsteller selbst vorgelegten Unterlagen ist zu entnehmen, dass sich die europarechtlichen Anforderungen an mit Kreosot behandeltes Holz durch die Richtlinie 2001/90/EG im Vergleich zur Richtlinie 94/60/EG nicht geändert haben, soweit sie mit Kreosot behandeltes Holz, das Benzo(a)pyren in einer Massenkonzentration von über 0,05 % enthält, betreffen. Die sich daraus zum innerstaatlichen Recht ergebenden Unterschiede waren bereits Gegenstand eines Notifizierungsverfahrens, welches mit der Entscheidung der Kommission vom 26. Oktober 1999 (ABl. EG L 329, S. 43) abgeschlossen worden ist. In diesem Verfahren war der Kommission durchaus bewusst, dass die seinerzeit zur Beurteilung anstehenden deutschen Bestimmungen über die Beschränkungen des Inverkehrbringens und der Verwendung von Kreosot weitere Einschränkungen im Vergleich zu den zuvor geltenden Bestimmungen enthielten und insbesondere behandelte Bahnschwellen nur "als solche" erneut in Verkehr gebracht werden durften (vgl. ferner Senat, Beschl. v. 16. 02. 2000 - 7 M 3703/99 -; v. 05. 05. 1997 - 7 M 6317/96 -, Nds. Rpfl. 1997, 181 = GewArch 1998, 80). Wenn die Bundesregierung unter diesen Umständen davon abgesehen hat, die erneuten Änderungen der chemikalienrechtlichen Verordnungen im vergangenen Jahr der Kommission zur Billigung vorzulegen, so mag dies auch darauf beruhen, dass der Verordnungsgeber den Regelungen der Vierten Änderungsverordnung lediglich klarstellenden Charakter beigemessen und die erneute Billigung einer bereits gebilligten Regelung nicht für erforderlich gehalten hat. Diese Beurteilung kann - jedenfalls was das Inverkehrbringen und die Verwendung von gebrauchten Bahnschwellen angeht - nicht als ersichtlich fehlsam bezeichnet werden. Vielmehr fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten dafür, dass die Vierte Änderungsverordnung insoweit Regelungen enthält, die von einer Harmonisierungsmaßnahme abweichen und hinsichtlich derer die Kommission eine billigende Entscheidung noch nicht getroffen hat. Selbst wenn ein Notifizierungsverfahren aus anderen Gründen angezeigt gewesen sein sollte, könnte der Antragsteller daraus im Hinblick auf die hier beanstandete Verwendung der gebrauchten Bahnschwellen zu seinen Gunsten nichts herleiten.

Da somit hier die Verwendung der Bahnschwellen mit dem geltenden Gefahrstoffrecht nicht vereinbar ist, kann nicht angenommen werden, dass die mit der Verwendung verbundenen Risiken durch Regelungen dieses speziellen Stoffrechts hinreichend kontrolliert werden können. Vielmehr ist mit der Verwendung der Bahnschwellen ein Besorgnispotential verbunden, dass es rechtfertigt, sie als umweltgefährdend anzusehen und eine gemeinwohlverträgliche Beseitigung für geboten zu halten.

Bei den zur Imprägnierung von Bahnschwellen früher verwendeten Holzschutzmitteln handelt es sich um Teeröle (insbesondere Kreosot) und damit um komplexe Stoffgemische mit einer Fülle von Einzelkomponenten, zumeist polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die erhebliche Anteile an krebserzeugenden Stoffen, wie das vielfach als Leitsubstanz gewählte Benzo(a)pyren, enthalten. Bei älteren Bahnschwellen - wie hier - ist regelmäßig ein höheres Gefahrenpotential anzunehmen, weil die zur Imprägnierung verwendeten Teeröle hohe Gehalte dieser krebserzeugenden Stoffe aufwiesen. Wie groß das Krebsrisiko für den Menschen ist, hängt von zahlreichen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und lässt sich nicht allgemein einschätzen. Jedenfalls verfolgt der Gesetz- und Verordnungsgeber seit langem das Ziel, die Wahrscheinlichkeit eines Kontakts mit Teerölen und teerölbehandeltem Holz so weit wie möglich zu reduzieren.

Die Verwendung aufgetrennter Bahnschwellen als Weidepfähle begründet hier die Gefahr gesundheitsschädlicher Hautkontakte. Der Senat vermag dem Antragsteller nicht in seiner Einschätzung zu folgen, dass die Pfähle - soweit nicht bereits ausgetauscht - nur in einem Gebiet eingebaut worden seien, das von Menschen nicht betreten werde. Der Antragsgegner hat nachvollziehbar vorgetragen und durch fotografische Aufnahmen verdeutlicht, dass der Zustand der vormaligen Bahnschwellen in der Örtlichkeit durchaus die Gefahr eines solchen Kontakts, sogar durch besonders gefährdete Kinder, begründet und diese sich nicht lediglich als eine bloß theoretische und fernliegende Möglichkeit darstellt. In diesem Zusammenhang kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die vom Antragsteller verwendeten Weidepfähle an den Schnittflächen mit Klarlack versiegelt worden sind und ob die Versiegelung dazu führt, dass die PAK-Emissionen an der Oberfläche geringer sind als an den unveränderten "alten" Oberflächen.

Was die Frage der Bodenbelastung angeht, teilt der Senat die Auffassung des Antragstellers, die PAK-Werte im entnommenen Bodenmaterial seien unproblematisch, nicht. Der Antragsteller beruft sich zur Begründung auf die gutachtliche Stellungnahme des von ihm beauftragten Sachverständigen Dr. D. (TÜV Nord Umweltschutz) vom 2. Dezember 2002, welcher allerdings seiner Beurteilung nicht die aktuell geltende Fassung der Chemikalienverbots- und der Gefahrstoffverordnung zugrunde legt und damit die für die Wiederverwendung gebrauchter Bahnschwellen maßgebende Rechtslage schon im Ansatz verfehlt. In der Stellungnahme heißt es, die Auswertung der PAK-Untersuchung zeige eine messbare PAK-Emission im Bodenmaterial der Kontaktflächen der Weidepfähle. Der Schadstoffaustrag sei unter Zugrundelegung der Bodenkennwerte der gebräuchlichen Bodenschutzrichtwerte als gering bis leicht auffällig zu bezeichnen. Eine nähere Begründung dieser Feststellung unter konkreter Heranziehung einschlägiger Regelwerke fehlt. Wenn der Antragsteller selbst insoweit auf Prüfwerte nach § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) in Verbindung mit Anhang 2 Nr. 1.4 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) verweist, so ist zwar richtig, dass die Untersuchung der Bodenproben auf Benzo(a)pyren einen Wert ergeben hat, der unter dem Prüfwert der Verordnung für Kinderspielflächen liegt. Dieser Umstand erlaubt aber nicht den Schluss auf das Nichtvorhandensein einer schädlichen Bodenveränderung.

Der Antragsteller vernachlässigt zum einen, dass der Benzo(a)pyren-Gehalt noch kein ausreichendes Indiz für den PAK-Gesamtgehalt darstellt, der - wie der Untersuchung ebenfalls zu entnehmen ist - ein Vielfaches dieses Einzelwertes beträgt. Der Heranziehung des PAK-Gesamtgehalts kann nicht entgegengehalten werden, dass in der Tabelle zu Anhang 2 Nr. 1.4 nur auf den Stoff Benzo(a)pyren abgestellt wird. Die Werte dieser Tabelle beziehen sich allein auf den Wirkungspfad Boden-Mensch im Sinne eines direkten Kontakts. Demgegenüber kommt es z.B. bezogen auf den Wirkungspfad Boden-Grundwasser nach Anhang 2 Nr. 3.1 auf die Summe der PAK an. Insoweit erlaubt die gutachtliche Stellungnahme allerdings eine an den Vorgaben der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung orientierte abschließende Beurteilung nicht. Im Anhang 2 Nr. 4.2 finden sich zudem Vorsorgewerte für Böden nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 BBodSchG bezogen auf Benzo(a)pyren und polycylische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK 16). Ob die hier durchgeführte Untersuchung den Anforderungen nach Anhang 1 BBodSchV entspricht, lässt sich dieser ebenso wenig entnehmen wie abschließend eine Zuordnung zu den Vorsorgewerten nach Anhang 2 Nr. 4.2 erfolgen kann. Nimmt man aber den festgestellten PAK-Gehalt insgesamt in den Blick, so handelt es sich um eine Größenordnung, die die Besorgnis einer schädlichen Bodenveränderung begründen kann, welche durch die gutachtliche Stellungnahme nicht ausgeräumt wird.

Zum anderen geht der Gutachter ohne nähere Begründung davon aus, "dass der Boden im nahen Umfeld der eingesetzten Pfähle nach einem Jahr der Zaunerstellung die emittierten PAK's adsorbiert und die emittierten PAK's ein worst-case-Szenario unter Berücksichtigung des möglichen Einsetzens der Verwitterung und Verletzung der versiegelten Oberfläche im Medium Boden erfolgt". Mit dieser Annahme lässt sich schwer in Einklang bringen, dass Bahnschwellen im Holzinnern noch nach Jahren erhebliche Holzschutzmittelmengen enthalten, die nach dem Aufschneiden vermehrt austreten. Aus diesem Grunde hat der Verordnungsgeber bei Erlass der Teerölverordnung im Jahre 1991 die Notwendigkeit gesehen, eine Versiegelung oder Abdeckung, die den Hautkontakt mit den austretenden Teerölen verhindert, an den Schnittflächen durchzuführen (vgl. BR-Drs. 9/91, S. 23). Warum hier trotz des vermehrten Austritts von Teerölen nach einem Anschnitt die Feststellung erlaubt ist, dass die ermittelten Werte den zu erwartenden Höchstgehalt im Boden darstellen, erläutert der Gutachter nicht. Wenn PAK unter anderem die Eigenschaft haben, sich fest an organische Substanzen im Boden zu binden, und sie dort oder in anderen Umweltmedien im allgemeinen nur langsam abgebaut werden, so dass Kreosotrückstände über viele Jahre lang in der Umwelt fortbestehen (vgl. hierzu nur die Entscheidung der Kommission v. 31.10.2002, ABl. EG L 308, S. 39), dann kann auch nach längerer Zeit eine weitere Schadstoffanreicherung im Boden nicht ausgeschlossen werden.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Erkenntnis des Gutachters, dass das Emissionsverhalten der versiegelten Fläche geringer sei als der unbehandelten. Insoweit hat der Antragsgegner eine fachliche Stellungnahme seiner unteren Bodenschutzbehörde vorgelegt, in der nachvollziehbar dargelegt wird, dass die Behandlung der Schnittflächen zwar eine vorübergehende Auswaschungsverzögerung bewirken, nicht aber den Austritt von Teerölen dauerhaft verhindern kann. Insoweit dürfte auch kaum ein Dissens zu der Auffassung des vom Antragsteller beauftragten Sachverständigen vorliegen. Dieser hat in seiner gutachtlichen Stellungnahme ausdrücklich ausgeführt, unter naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten könne unter dem Begriff der dauerhaften Versiegelung nicht verstanden werden, dass eine Null-Emission an der versiegelten Oberfläche zu erwarten sei. Im idealen Fall sollte davon ausgegangen werden, dass die Emissionen der behandelten Oberfläche der Weidepfähle mit den Emissionen der unbehandelten Oberflächen vergleichbar sind. Diese Betrachtungsweise bestätigt der Gutachter mit seiner abschließenden Feststellung, dass aus seiner Sicht durch die Verwendung der mechanisch behandelten und anschließend versiegelten Bahnschwellen im Vergleich mit unbehandelten wiederverwendeten Bahnschwellen keine ungünstigeren Umwelteinflüsse entstünden (S. 8 der Stellungnahme). Damit hebt er indes maßgebend auf ein Kriterium ab, auf das es unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht entscheidend ankommt.

Ob die angegriffene Verfügung des Antragsgegners auch mit den für das Grundwasser bestehenden Risiken begründet werden kann, zumal der betroffene Bereich in einem Trinkwassergewinnungsgebiet liegt, bedarf keiner weiteren Erörterung. Die Frage, ob und in welchem Maß mit Teeröl behandeltes Holz eine Gefährdung der Gewässer darstellt, wird sich letztlich nur unter Berücksichtigung sämtlicher den Einzelfall prägender Umstände beantworten lassen, mag dabei die Mobilität von PAK auch ein wichtiges Kriterium sein. Selbst wenn insoweit die Erkenntnisse einer in Schweden veröffentlichten Studie, wonach die Mobilität der ausgelaugten PAK-Verbindungen im Boden sehr gering ist (vgl. Entscheidung der Kommission v. 26.10.1999, a.a.O., unter Ziff. 56 sowie Entscheidung der Kommission v. 31.10.2002, a.a.O., unter Ziff. 57), verallgemeinerungsfähig und ohne weiteres auf die hier zu beurteilende Situation übertragbar wären, bliebe davon das Bestehen des unter anderen Gesichtspunkten begründeten Gefahrenpotentials unberührt.

Ende der Entscheidung

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