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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 17.04.2008
Aktenzeichen: 7 OA 51/08
Rechtsgebiete: VV-RVG, VwGO


Vorschriften:

VV-RVG Vorbemerkung 3 Abs. 4
VwGO § 162 Abs. 1
VwGO § 164
Im gerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren nach § 164 VwGO ist die für das vorangegangene Verwaltungsverfahren entstandene Geschäftsgebühr nach Maßgabe der Vorbemerkung 3 Abs. 4 Vergütungsverzeichnis RVG anteilig auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen (wie Nds.OVG, Beschl. v. 28.03.2008 - 10 OA 143/07 -).
Gründe:

I.

Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Göttingen - Einzelrichter der 3. Kammer - vom 02. Juli 2008 (Az. 3 A 262/06) mit einer Kostenentscheidung zulasten der Beklagten beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Kostenfestsetzung für im "Vorverfahren" entstandene Gebühren in Höhe von 740,18 EUR und für im Gerichtsverfahren angefallene Gebühren in Höhe von 650,75 EUR, wobei er 0,75 Geschäftsgebühren in Höhe von 225,65 EUR angerechnet hatte. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts setzte mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16. Oktober 2007 die von der Beklagten zu erstattenden Aufwendungen in Höhe von 650,75 EUR fest. Ein Vorverfahren habe nicht stattgefunden, sondern nur ein Verwaltungsverfahren, nach dessen Abschluss der Klageweg eröffnet gewesen sei. Mangels einer Rechtsgrundlage für eine Erstattung der im Ausgangsverfahren entstandenen Kosten habe die Klägerin diese selbst zu tragen. Die Geschäftsgebühr sei zutreffend angerechnet, weil nur die der Kostengläubigerin tatsächlich entstandenen Kosten erstattungsfähig seien.

Die mit Schreiben vom 24. Oktober 2007 unter Beifügen eines geänderten Kostenfestsetzungsantrages beschränkt auf die Anrechnung der Geschäftsgebühr gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss eingelegte Erinnerung wies das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 12. Februar 2008 zurück.

Mit der Beschwerde vom 28. Februar 2008 wendet sich die Klägerin weiterhin gegen eine Anrechnung der Geschäftsgebühr.

II.

Die statthafte Beschwerde hat keinen Erfolg. Die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Anrechnung der Geschäftsgebühr in Höhe von 225,65 EUR ist nicht zu beanstanden.

Der Prozessbevollmächtigte hat die Klägerin bereits im Verwaltungsverfahren vertreten. Entsprechend ist nach der Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses - VV - (Anlage 1 RVG) die Gebühr für das Verwaltungsverfahren nach Nr. 2400 VV zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Diese Anrechnung ist zwingend vorgeschrieben und vom Gesetzgeber gewollt (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 209 zu der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV).

Soweit sich die Klägerin zur Begründung ihrer Beschwerde auf den Beschluss des 10. Senats des Nds.OVG vom 8. Oktober 2007 - 10 OA 201/07 -, NJW 2008, 535 beruft, ist dies unbehelflich, weil dieser seine bisherige Rechtsprechung mit Beschluss vom 28. März 2008 - 10 OA 143/07 - ausdrücklich aufgegeben hat.

Entgegen der Ansicht der Klägerin widerspricht die Anrechnung auch nicht dem Wortlaut des § 162 Abs. 1 VwGO, denn erstattungsfähig sind nur die gesetzlich vorgesehenen Gebühren und Auslagen, so dass die nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und damit auch unter Berücksichtigung der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV vorgesehenen Gebühren anzusetzen sind. Nur diese schuldet der obsiegende Beteiligte dem von ihm beauftragten Prozessbevollmächtigten. Einer Titulierung der außergerichtlichen Geschäftsgebühr in dem Kostenfestsetzungsverfahren zulasten des unterlegenen Beteiligten bedarf es nicht, weil dieser wegen der fehlenden Rechtsgrundlage die außergerichtliche Geschäftsgebühr nicht zu erstatten hat. Es gibt keinen Rechtssatz, wonach die dem Bürger im Verwaltungsverfahren entstehenden Kosten bei Obsiegen im gerichtlichen Verfahren stets und uneingeschränkt zu erstatten sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.12.1989 - 1 BvR 1336/89 -, juris).

Eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Ungleichbehandlung des obsiegenden Beteiligten, für den der Rechtsanwalt bereits außergerichtlich tätig gewesen ist, gegenüber einem obsiegenden Beteiligten, für den der Rechtsanwalt allein im gerichtlichen Verfahren aufgetreten ist, besteht nicht. Vielmehr ergibt sich aus der o.a. Begründung zum Entwurf des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV eine vormals gerade wegen der in beiden Fällen identischen Verfahrensgebühr bestehende, "nicht zu rechtfertigende" Gleichbehandlung des Rechtsanwalts, der unmittelbar einen Prozessauftrag erhält, mit dem Rechtsanwalt, der bereits außergerichtlich tätig gewesen ist und deshalb mit der Angelegenheit vertraut ist, beseitigten wollte (vgl. Nds.OVG, Beschl. v. 28.03.2008 - 10 OA 143/07 - m. w. N.; OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 28.01. 2008, - 6 E 11203/07 -, juris). Eine Kostenfestsetzung ohne anteilige Anrechnung der Geschäftsgebühr hätte zur Folge, dass der im Kostenpunkt unterlegene Beteiligte entweder dem im Verwaltungsverfahren vorbefassten Rechtsanwalt mit dem überschießenden Betrag ein vom Gesetz nicht vorgesehenes "Erfolgshonorar" verschafft oder entgegen der gesetzlichen Regelung die vom obsiegenden Beteiligten allein zu tragende Geschäftsgebühr anteilig erstattet (vgl. Nds.OVG, a.a.O.).

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