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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 25.09.2003
Aktenzeichen: 8 KN 2073/01
Rechtsgebiete: GG, NNatSchG, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 28 II
NNatSchG § 28
VwGO § 47 II 1
Eine Gemeinde, die durch den Erlass einer Verordnung zum Schutz eines Landschaftsbestandteils durch die Naturschutzbehörde daran gehindert wird, eine gemeindliche Satzung zum Schutz desselben Landschaftsbestandteils zu erlassen, ist im Normenkontrollverfahren antragsbefugt.
Tatbestand:

Die Antragstellerin wendet sich gegen die Verordnung zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup, die das Befahren der Hunte mit Wasserfahrzeugen beschränkt.

Das Huntetal zwischen Wildeshausen und Astrup ist im Landes-Raumordnungsprogramm und im Regionalen Raumordnungsprogramm des Antragsgegners streckenweise als Vorranggebiet für Natur und Landschaft dargestellt. Es liegt darüber hinaus im Landschaftsschutzgebiet "Mittlere Hunte", das seit 1976 besteht.

Die Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup wird seit langem zum Bootsfahren benutzt. Im Laufe der 90er Jahre nahm der Bootsverkehr erheblich zu. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre boten auch Fremdenverkehrsbetriebe organisierte Floßfahrten auf der Hunte an, die insbesondere bei Gruppenreisenden auf großen Zuspruch stießen. Die Flöße, die dabei eingesetzt wurden, bestanden aus festen Holzplattformen, unter denen Auftriebskörper angebracht waren. Sie hatten eine Größe von ca. 2,50 m x 4,00 m und verfügten über feste Sitzbänke, die bis zu 16 Personen Platz boten.

Der Boots- und Floßtourismus wurde auch von den Gemeinden, durch deren Gebiet die Hunte fließt, erheblich gefördert. So warb die Antragstellerin mit einer im April 2000 in Auftrag gegebenen Werbebroschüre für Kanu- und Floßfahrten auf der Hunte. Außerdem förderte sie die Errichtung einer Anlegestelle für Floßfahrer mit ca. 25.000,- DM. Darüber hinaus engagierte sie Gästeführerinnen für organisierte Floßfahrten, an denen jährlich bis zu 1.500 Personen teilnahmen.

Der Antragsgegner erließ am 16. Oktober 2000 die Verordnung zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup - VO -. Diese Verordnung, die im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Weser-Ems vom 17. November 2000 bekannt gemacht wurde, hat folgenden Wortlaut:

§ 1 Unterschutzstellung

Der in § 3 genannte Gewässerabschnitt der Hunte wird zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärt und der Gemeingebrauch daran eingeschränkt. Die Verordnung vom 04.11.1976 zum Schutze von Landschaftsteilen im Gebiet der Stadt Oldenburg und der Landkreise Oldenburg und Vechta - Landschaftsschutzgebiet Mittlere Hunte - Nr. OL 141 bleibt unberührt.

§ 2 Schutzzweck

Die Einschränkung des Gemeingebrauchs dient dem Schutz, dem Erhalt und der weiteren Entwicklung des in § 3 genannten Gewässerabschnitts als Lebensraum für seltene und teilweise in ihrem Bestand bedrohte, fließgewässertypische Tier- und Pflanzenarten.

§ 3 Räumlicher Geltungsbereich

Diese Verordnung gilt für den Abschnitt des Gewässers "Hunte" zwischen dem Kraftwerk in Wildeshausen und der Überführung der Kreisstraße 235 "Sandkruger Straße" in Astrup.

§ 4 Schutzbestimmungen

In dem in § 3 genannten Gewässerabschnitt ist das Befahren ganzjährig mit Wasserfahrzeugen mit mehr als 6 m Länge oder mehr als 1 m Breite verboten.

In der Zeit vom 1. April bis zum 15. Juni eines jeden Jahres ist das Befahren des in § 3 genannten Gewässerabschnitts mit Wasserfahrzeugen jeder Art verboten.

§ 5 Freistellungen

Freigestellt ist das Befahren im Rahmen der Gewässer- und Brückenunterhaltung.

§ 6 Befreiungen

Auf Antrag kann der Landkreis von den Verboten des § 4, nach Maßgabe des § 53 NNatG, eine Befreiung erteilen.

Die Befreiung kann mit Bedingungen und Auflagen versehen und befristet werden.

§ 7 Ordnungswidrigkeiten

Ordnungswidrig gem. § 64 Abs. 1 Nr. des Nieders. Naturschutzgesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig, ohne im Besitz einer Befreiung zu sein, den in § 3 genannten Gewässerabschnitt entgegen § 4 befährt.

Die Ordnungswidrigkeit kann gem. § 65 des Nieders. Naturschutzgesetzes mit einer Geldbuße bis zu 50.000,00 DM geahndet werden.

§ 8 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft.

Am 12. Juni 2001 hat die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag gestellt.

Zur Begründung des Normenkontrollantrags trägt sie im Wesentlichen Folgendes vor: Der Antrag sei zulässig, da sie geltend machen könne, durch die Verordnung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Der Antragsgegner habe das Gewicht ihres Interesses an einer Stärkung des Fremdenverkehrs bei der Abwägung verkannt und damit gegen das auch ihre Belange schützende Abwägungsgebot verstoßen. Außerdem werde sie in ihrem Selbstverwaltungsrecht, insbesondere der gemeindlichen Planungshoheit, verletzt. Darüber hinaus sei sie antragsbefugt, weil die Verordnung zum Schutz der Hunte sie daran hindere, selbst über die Unterschutzstellung des Gewässers und die geeigneten Maßnahmen zum Schutz dieses Landschaftsbestandteils zu entscheiden. Der Normenkontrollantrag sei auch begründet, weil die Verordnung zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup gegen höherrangiges Recht, insbesondere § 28 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes - NNatSchG -, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße. Die Hunte sei in dem geschützten Abschnitt kein schutzwürdiger Landschaftsbestandteil. Der Antragsgegner berufe sich zwar auf das Vorkommen einer schutzbedürftigen Flora und Fauna an und in der Hunte. Er verfüge jedoch über keine genauen Kenntnisse darüber, welche gefährdeten und schutzbedürftigen Tier- und Pflanzenarten bei Erlass der Verordnung dort vorhanden gewesen seien. Die Untersuchungen über den Tier- und Pflanzenbestand, auf die er sich beziehe, seien mehr als 10 Jahre alt und daher nicht mehr aktuell. Die Feststellungen von Dr. E. zum Vorkommen des gefährdeten Eisvogels an der mittleren Hunte hätten dem Antragsgegner bei Erlass der Verordnung noch nicht vorgelegen und könnten daher nicht berücksichtigt werden. Folglich sei nicht nachgewiesen, dass die Hunte eine schutzbedürftige und gefährdete Flora und Fauna beherberge. Bedenken gegen die Verordnung ergäben sich ferner daraus, dass der Antragsgegner nur das Gewässerbett und nicht auch die Uferböschungen und Uferrandstreifen unter Schutz gestellt habe. Diese seien nämlich keine Bestandteile des geschützten Gewässers. Weiterhin werde die Einschränkung des Gemeingebrauchs zum Zwecke der weiteren Entwicklung des Gewässerabschnitts als Lebensraum für Tiere und Pflanzen von § 28 NNatSchG nicht gedeckt. Denn diese Bestimmung erlaube keine Regelungen, die der Entwicklung eines Landschaftsbestandteils dienten. Außerdem habe der Antragsgegner den räumlichen Geltungsbereich der Verordnung nicht hinreichend bestimmt. Der Verordnung könne nicht entnommen werden, welche Seite der Überführung der Kreisstraße 235 in Astrup die Grenze des geschützten Gebiets darstelle. Die Grenze in Höhe des Kraftwerks in Wildeshausen sei ebenfalls nicht genau bestimmbar. Sollte sich die Verordnung wider Erwarten auch auf die Uferböschungen der Hunte erstrecken, wäre die Verordnung möglicherweise auch deshalb rechtswidrig, weil die Ausdehnung des Gewässers aufgrund der Instabilität der Uferböschungen nicht unerheblichen Veränderungen unterliege. Weiterhin sei das Befahrensverbot des § 4 Abs. 1 VO rechtswidrig. Der Antragsgegner gehe zu Unrecht davon aus, dass das Befahren der Hunte mit Flößen die Flora und Fauna beeinträchtige. Die sich nur langsam bewegenden Flöße könnten mit Stangen sicher gelenkt werden. Sie seien auch in Kurven manövrierfähig, weil sie der Strömung folgten. Daher würden die Uferbereiche und deren Vegetation nicht nennenswert beeinträchtigt. Entsprechendes gelte für die Gewässersohle, da Flöße Untiefen ausweichen könnten. Folglich habe das Befahren der Hunte mit Flößen keine negative Auswirkungen auf die Flora und Fauna im Gewässer und an den Uferböschungen. Selbst wenn das anders wäre, wäre ein ganzjähriges Befahrensverbots nicht erforderlich. Während der kalten Jahreszeit seien nachteilige Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt nahezu ausgeschlossen. Außerdem wäre ein auf bestimmte Tageszeiten beschränktes Verbot ausreichend. Das pauschale Verbot von Floßfahrten sei aber auch deshalb nicht gerechtfertigt, weil der Schutzzweck der Verordnung durch andere Maßnahmen wie die Registrierung, Kennzeichnung oder Kontingentierung der Wasserfahrzeuge, die Verpflichtung zum Mitführen von geschulten Begleitpersonen, Befahrensverbote bei niedrigem Wasserstand, Anlegeverbote in bestimmten Bereichen oder Anmeldepflichten für Gruppen verwirklicht werden könne. Daher gehe das repressive Verbote des § 4 Abs. 1 VO zu weit. Das Verbot von Floßfahrten sei außerdem unverhältnismäßig, weil es zu einer massiven Beeinträchtigung der Gewerbebetriebe führe, die von den Teilnehmern an Floßfahrten lebten. Diese Personen seien häufig nicht bereit oder in der Lage, auf Kanus und Kajaks auszuweichen. Daher wirke sich das Verbot der Floßfahrten auch auf die Gastronomie und das Hotelgewerbe negativ aus. Das Verbot sei zur Erreichung des Schutzzwecks auch nicht geeignet, weil es bewirke, dass die Zahl der Flussfahrten mit kleinen Fahrzeugen wie Kanus, Kajaks und Ruderbooten zunehme. Weiterhin verstoße § 4 Abs. 1 VO gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da es keine sachlichen Gründe dafür gebe, das Befahren des Gewässerabschnitts mit Fahrzeugen mit mehr als 6 m Länge oder mehr als 1 m Breite ganzjährig zu verbieten, das Benutzen von kleineren Fahrzeugen aber nur zwischen dem 1. April und dem 15. Juni zu untersagen. Zweifel im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz ergäben sich zudem daraus, dass das Schwimmen in der Hunte oder andere nicht fahrzeuggebundene Nutzungen des Gewässers nicht verboten worden seien. Außerdem sei die Rechtmäßigkeit des § 4 Abs. 2 VO zu bezweifeln, weil Vögel und Fische durch den Bootsverkehr in der Zeit zwischen dem 1. April und dem 15. Juni nicht nennenswert beeinträchtigt würden. Darüber hinaus sei zu bemängeln, dass der Antragsgegner den abwägungsrelevanten Sachverhalt nicht umfassend ermittelt und andere Möglichkeiten zum Schutz der Natur nicht ernsthaft geprüft habe. Daher liege auch ein Abwägungsmangel vor.

Die Antragstellerin beantragt,

die Verordnung des Antragsgegners zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup vom 16. Oktober 2000 für nichtig zu erklären, soweit sie sich auf das Gemeindegebiet der Antragstellerin bezieht.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen,

und erwidert: Der Antrag sei unzulässig, weil die Antragstellerin keine Verletzung eigener Rechts geltend machen könne. Der Normenkontrollantrag sei darüber hinaus unbegründet, da die Verordnung zum Schutz der Hunte nicht gegen höherrangiges Recht verstoße. Die Verordnung diene dem Schutz und dem Erhalt des Lebensraums der Flora und Fauna an und in der Hunte. Seit Mitte der 90er Jahre habe sich in dem nunmehr geschützten Abschnitt der Hunte ein Massen-Bootstourismus entwickelt, der aus ökologischer Sicht nicht weiter hinnehmbar gewesen sei. Da es nicht gelungen sei, den Bootstourismus z. B. durch öffentliche Aufklärungsmaßnahmen auf ein ökologisch vertretbares Maß zu reduzieren, sei er gezwungen gewesen, das Befahren der Hunte zu regeln. Die Verordnung, die er erlassen habe, verstoße nicht gegen § 28 Abs. 1 NNatSchG, weil der unter Schutz gestellte Abschnitt der Hunte schutzbedürftig sei. Die mittlere Hunte sei ein naturnahes Fließgewässer, das sich aufgrund der Einbeziehung des Huntetals in das Landschaftsschutzgebiet "Mittlere Hunte" zu einem wertvollen Lebensraum für Pflanzen und Tiere entwickelt habe. Dort gebe es zahlreiche Kies- und Steinbänke, die von Fließwasser-Wirbellosen besiedelt seien und einen wertvollen Laich- und Lebensraum für gefährdete Fließwasserfische wie Steinbeißer, Koppe und Bachneunauge darstellten. Außerdem seien an der Hunte gefährdete Vogelarten wie Flussuferläufer, Eisvogel und Wasseramsel anzutreffen. Das Vorkommen dieser Tiere werde durch zahlreiche Untersuchungen bestätigt, die keineswegs überholt seien. Um den Lebensraum dieser Tiere nicht zu gefährden, dürfe die Hunte nur mit gut steuerbaren Wasserfahrzeugen befahren werden. Flöße verfügten aber über keine Steuerungseinrichtungen, drehten sich ständig um die eigene Achse und seien insbesondere in den Kurvenbereichen nahezu manövrierunfähig. Daher müssten sie häufig mit Stangen unter Kontrolle gebracht und vom Ufer abgestoßen werden. Das habe zur Folge, dass die Gewässersohle in den Flachzonen geschädigt werde. Außerdem würden der Uferbereich und die dortige Vegetation erheblich in Mitleidenschaft gezogen. Diese Beeinträchtigungen träten in geringerem Umfang auch bei anderen Wasserfahrzeugen wie z. B. Kanus auf. Dem habe er, der Antragsgegner, durch das Verbot des § 4 Abs. 2 VO, die Hunte in der sensiblen Brut- und Setzzeit mit Wasserfahrzeug jeglicher Art zu befahren, Rechnung getragen. Die Verbote der Verordnung seien zur Erreichung des Schutzzwecks auch erforderlich, weil es keine weniger einschneidenden, aber gleichermaßen geeigneten Mittel zur Vermeidung von Störungen der Tier- und Pflanzenwelt gebe. Eine tageszeitliche Beschränkung der Verbote sei ungeeignet, weil die Störungen unabhängig von der Tageszeit einträten. Die Kennzeichnungspflicht stelle kein geeignetes Mittel dar, weil die Störungen von der Art und Größe des Wasserfahrzeugs ausgingen. Die anderen von der Antragstellerin angesprochenen Maßnahmen könnten eine Gefährdung der Flora und Fauna ebenfalls nicht ausschließen. Die Verbote seien entgegen der Darstellung der Antragstellerin auch nicht unverhältnismäßig. Die vom Floßtourismus profitierenden Gastronomie- und Hotelbetriebe würden keineswegs in ihrer Existenz gefährdet, weil das gewerbliche Organisieren von Floßtouren lediglich ein Geschäftszweig von mehreren sei. Außerdem könne ein Teil der Personen, die bisher auf Flößen gefahren seien, auf kleinere Wasserfahrzeuge ausweichen. Schließlich liege auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor, weil die Unterscheidung zwischen kleinen und großen Wasserfahrzeugen sachgerecht sei. Große Wasserfahrzeuge seien wesentlich schwerer als kleine Fahrzeuge zu steuern. Das gelte in besonderer Weise für Flöße.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (Beiakten A - Z, A 1 - G 1) verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist zulässig, aber unbegründet.

Der Antrag ist statthaft, weil die Verordnung des Antragsgegners zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup - VO - vom 16. Oktober 2000 nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 7 Nds. VwGG der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht unterliegt.

Der Antrag erfüllt auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen. Die Antragstellerin hat den Normenkontrollantrag innerhalb der 2-Jahres-Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO und damit rechtzeitig gestellt. Sie ist außerdem nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt, weil sie geltend machen kann, durch die Verordnung oder deren Anwendung in eigenen Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden.

Für die Geltendmachung einer Rechtsverletzung im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO genügt es, wenn die Antragstellerin hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es als möglich erscheinen lassen, dass sie durch die zur Prüfung gestellte Norm in ihren subjektiven Rechten verletzt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.9.1998 - 4 CN 2.98 - DVBl. 1999 S. 100; Urt. v. 17.12.1998 - 1 CN 1.98 - BVerwGE 108, 182 (184); Beschl. v. 17.5.2000 - 6 CN 3.99 -). Das ist im vorliegenden Fall geschehen.

Die Antragstellerin hat u. a. geltend gemacht, dass der Erlass der Verordnung sie daran hindere, selbst über die Unterschutzstellung der Hunte und die geeigneten Maßnahmen zum Schutz des Gewässers zu entscheiden. Diese Annahme ist zutreffend, weil Gemeinden nach § 28 Abs. 2 Satz 3 NNatSchG für die Unterschutzstellung von Landschaftsbestandteilen nur zuständig sind, solange die Naturschutzbehörden keine Anordnungen getroffen haben. Daher ist es keineswegs ausgeschlossen, dass die Verordnung des Antragsgegners die Antragstellerin in ihrem Recht auf gemeindliche Selbstverwaltung verletzt, weil der Erlass einer gemeindlichen Satzung zum Schutz eines Landschaftsbestandteils, an dem die Antragstellerin durch die Verordnung des Antragsgegners gehindert wird, zum eigenen Wirkungskreis gehört, der durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützt wird (vgl. Louis, Niedersächsisches Naturschutzgesetz, Kommentar, § 28 Rn. 7, 11; Blum/Agena/Franke, Niedersächsisches Naturschutzgesetz, Kommentar, § 28 Rn. 29).

Der Normenkontrollantrag ist indessen unbegründet, weil die Verordnung zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup mit höherrangigem Recht im Einklang steht.

Anhaltspunkte dafür, dass die Verordnung wegen formeller Mängel nichtig sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Verordnung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

Der Antragsgegner hat die Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup nach § 28 Abs. 1 des Niedersächsischen Naturschutzgesetzes - NNatSchG - vom 20. März 1981 (Nds. GVBl. S. 31), zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Januar 2003 (Nds. GVBl. S. 39), zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärt. Diese Unterschutzstellung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

Nach § 28 Abs. 1 NNatSchG können Bäume, Hecken, Wasserläufe und andere Landschaftsbestandteile einzeln oder allgemein in einem bestimmten Gebiet geschützt werden, wenn sie 1.) das Orts- oder Landschaftsbild beleben oder gliedern, 2.) zur Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts beitragen oder 3.) das Kleinklima verbessern oder schädliche Einwirkungen abwehren. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Bei dem in § 3 VO bezeichneten Abschnitt der Hunte handelt es sich um einen Teil eines Wasserlaufs und damit um einen Landschaftsbestandteil im Sinne des § 28 Abs. 1 NNatSchG (vgl. Louis, Niedersächsisches Naturschutzgesetz, Kommentar, § 28 Rn. 2). Dieser Landschaftsbestandteil ist auch schützwürdig, weil er das Landschaftsbild belebt (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 NNatSchG) und zur Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts beiträgt (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 NNatSchG).

Dass ein Fluss wie die Hunte, der auch heute noch relativ naturnah ist und teilweise stark mäandriert, das Landschaftsbild belebt, liegt auf der Hand und bedarf daher keiner näheren Begründung. Die Hunte trägt aber auch zur Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts bei, weil sie einer schutzwürdigen und schutzbedürftigen Flora und Fauna Lebensraum bietet.

Die Hunte ist nach den Angaben des Gewässerkundlichen Landesdienstes des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft und Küstenschutz - Betriebsstelle Brake - in seiner vom Antragsgegner überreichten Stellungnahme vom 24. Juni 2003 zwischen Wildeshausen und Oldenburg ein relativ naturnahes Gewässer. Sie ist durchschnittlich ca. 15 m breit, wegen der Ufergehölze und umgestürzter Bäume aber streckenweise nur auf einer Breite von 5 m befahrbar. Das Totholz, das ein wertvolles Siedlungs- und Eiablagesubstrat für viele Wasserorganismen darstellt, wird im Sommer regelmäßig nur sehr flach überströmt. Gleiches gilt für die zahlreichen Kies- und Sandbänke in der Hunte, die von gefährdeten Fließwasser-Wirbellosen, die sehr arten- und individuenreich sind, besiedelt werden. Die Stein- und Kiesbänke stellen auch wertvolle Laich- und Lebensräume für gefährdete Fließwasserfische, insbesondere Kieslaicher wie Lachs, Meerforelle, Meer-, Fluss- und Bachneunauge sowie Koppe dar.

Dass die Hunte einer schutzwürdigen und schutzbedürftigen Fauna Lebensraum bietet, belegt auch die "Limnologische Studie zur Sanierung der Hunte unterhalb von Wildeshausen" des Staatlichen Amtes für Wasser und Abfall Brake vom Dezember 1991. Nach dieser Studie wird der Fließbereich der Hunte von einer sehr artenreichen Fauna besiedelt. Dazu gehören u. a. 230 Wirbellosenarten wie Schnecken, Muscheln, Libellen und Fliegen, von denen 43 in der "Roten Liste der gefährdeten oder vom Aussterben bedrohten Tierarten" aufgeführt sind. Außerdem haben gefährdete Fische und Vögel wie Koppe, Eisvogel und Wasseramsel dort ihren Lebensraum. Der Studie ist auch zu entnehmen, dass die Siedlungsdichte der aus ökologischer Sicht besonders bedeutsamen und gefährdeten Arten in der Hunte sehr hoch ist.

Der Abschlussbericht zum BMFT-Forschungsvorhaben "Modellhafte Erarbeitung eines ökologisch begründeten Sanierungskonzeptes kleiner Fließgewässer am Beispiel der Hunte", der sich u. a. auf einen Abschnitt des Gewässers nördlich der Bundesautobahn A 1 erstreckt, bestätigt ebenfalls das Vorkommen der in der "Roten Liste" aufgeführten Fischarten Steinbeißer, Koppe und Bachneunauge (Abschlussbericht Nr. 3.1) und verschiedener Libellenarten wie der gefährdeten Gemeinen Keiljungfer (Abschlussberichte Nr. 5.1 und Nr. 5.2). Nach dem Abschlussbericht Nr. 7 kommt der Hunte auch erhebliche Bedeutung für die Vogelfauna zu, da dort 69 Vogelarten anzutreffen sind. Der Bericht be-stätigt, dass die Strecke der Hunte nördlich der Bundesautobahn A 1 insbesondere während der Fortpflanzungsperiode u. a. Flussregenpfeifern, Flussuferläufern und Eisvögeln, die auf der "Roten Liste" stehen, einen Lebensraum bietet, weil die Hunte dort wegen der starken Flussdynamik zahlreiche Abbruchkanten und trockenliegende Sandbänke aufweist und mäandriert. Darüber hinaus ist dem Abschlussbericht Nr. 2.1 zu entnehmen, dass die Wasservegetation nördlich der Bundesautobahn A 1 arten- und wuchsformenreich ist und eine hervorragende Basis für die Besiedlung flussabwärts gelegener Gewässerabschnitte darstellt.

Dass der gefährdete Eisvogel im Bereich der mittleren Hunte brütet, belegt auch die Stellungnahme von Dr. E. vom Institut für Naturschutz und Umweltbildung der Hochschule Vechta zu den "Auswirkungen der Befahrensregelung auf den Eisvogelbestand an der mittleren Hunte zwischen Wildeshausen und dem Barneführer Holz" vom 14. Juni 2003. Nach den Beobachtungen von Dr. E. sind am Hunte-Mittellauf auch Flussuferläufer, Grünspechte, Kleinspechte, Gartenrotschwänze und Nachtigallen als Brut- und Gastvogelarten anzutreffen.

Die Stellungnahme der Bezirksregierung Weser-Ems zur Befahrensregelung aus der Sicht des Artenschutzes vom 21. Februar 2000 bestätigt ebenfalls, dass in der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup zahlreiche in ihrem Bestand gefährdete Tierarten vorkommen. Danach sind dort u. a. Bachneunaugen, die zu den nach der Bundesartenschutzverordnung besonders geschützten Fischarten gehören, Koppen, Steinbeißer, verschiedene nach der Bundesartenschutzverordnung geschützte Libellenarten, Eintagsfliegen, Steinfliegen und Süßwassermuscheln, die an Mikrohabitate des Sohl- und Ufersubstrats und das Vorkommen einer krautreichen Ufervegetation gebunden sind, nachgewiesen worden.

Diese Feststellungen stellen eine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Schutzwürdigkeit der Flora und Fauna in der Hunte dar. Sie sind zwar teilweise mehr als 10 Jahre alt. Es bestehen jedoch keine begründeten Anhaltspunkte dafür, dass sich die Verhältnisse an der Hunte, die seit 1967 unter Landschaftsschutz steht, seitdem nennenswert verändert haben. Außerdem belegen die Stellungnahmen des Gewässerkundlichen Landesdienstes des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft und Küstenschutz vom 24. Juni 2003 und der Bezirksregierung Weser-Ems vom 21. Februar 2000 das Vorhandensein einer schutzwürdigen Flora und Fauna. Dass sich der mit der erforderlichen Sachkunde ausgestattete Gewässerkundliche Landesdienst auch auf Erfassungen des Tierbestands in den Jahren 1988 und 1989 bezieht, bestätigt ebenfalls, dass diese Feststellungen nicht überholt sind. Außerdem liegen bezüglich der Vogelfauna Erkenntnisse aus den Jahren 2002 und 2003 vor (vgl. die Stellungnahme von Dr. E. vom 14. Juni 2003), die im Normenkontrollverfahren zu berücksichtigen sind, weil die Sachlage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung für die Rechtmäßigkeit der Verordnung maßgeblich ist (vgl. Senatsurt. v. 25.9.2003 - 8 KN 2044/01 -; Eyermann, VwGO, Kommentar, 11. Aufl., § 47 Rn. 11; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 13. Aufl., § 47 Rn. 117).

Demzufolge war der Antragsgegner befugt, die Hunte nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 NNatSchG zum geschützten Landschaftsbestandteil zu erklären.

Die in § 4 VO enthaltenen Verbote sind ebenfalls mit höherrangigem Recht vereinbar.

§ 4 Abs. 1 VO verbietet das ganzjährige Befahren der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup mit Wasserfahrzeugen von mehr als 6 m Länge oder mehr als 1 m Breite. Dieses Verbot, das insbesondere Floßfahrten betrifft, wird durch § 28 Abs. 3 Satz 1 NNatSchG gedeckt, der die Naturschutzbehörde ermächtigt, alle Handlungen zu untersagen, die den geschützten Landschaftsbestandteil schädigen, gefährden oder verändern. Denn das Befahren der Hunte mit Flößen oder anderen großen Wasserfahrzeugen gefährdet den geschützten Landschaftsbestandteil, weil es geeignet ist, die Hunte als Lebensraum schutzwürdiger Tiere und Pflanzen zu beeinträchtigen und die natürliche Entwicklung der Flora und Fauna zu stören.

Wie bereits ausgeführt bietet die Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup zahlreichen gefährdeten Tierarten wie z. B. den Vogelarten Flussuferläufer, Eisvogel und Wasseramsel, der Libellenart Gemeine Keiljungfer und den Fischarten Steinbeißer, Koppe und Bachneunauge einen Lebensraum. Dieser Lebensraum wird durch das Befahren des Gewässers mit größeren Wasserfahrzeugen wie Flößen gefährdet und beeinträchtigt.

Der Antragsgegner hat zutreffend dargelegt, dass Flöße über keine Antriebs- und Steuerungseinrichtungen verfügen, Strömungen und Strudeln ausgesetzt sind und daher mit Stangen auf Kurs gehalten werden müssen. Das hat zur Folge, dass die Gewässersohle beim Befahren der Hunte mit Flößen immer wieder berührt wird. Außerdem sind Grundberührungen bei niedrigem Wasserstand oder im flachen Wasserzonen zu erwarten, weil Flöße, die mit Auftriebskörpern versehen und in der Regel mit vielen Personen besetzt sind, einen nicht unerheblichen Tiefgang haben. Darüber hinaus kommt es immer wieder zu Uferberührungen, weil Flöße insbesondere in der Querströmung der Kurvenbereiche kaum zu manövrieren sind und die Hunte in dem unter Schutz gestellten Abschnitt relativ schmal ist, zahlreiche Hindernisse aufweist und teilweise stark mäandriert. Durch die mechanischen Einwirkungen der Bootskörper, Stangen und Paddel auf den Gewässergrund und die damit verbundene Aufwirbelung von Feinsand und Schlamm werden nicht nur die Wirbellosen, die in den flachen Wasserzonen und auf den zahlreichen Sandbänken in der Hunte vorkommen, sondern auch die Fischarten, die wie Lachs, Meerforelle, Bachneunauge und Koppe das Kiesbett des Gewässers zur Aufzucht ihrer Brut nutzen, geschädigt. Darüber hinaus kommt es zu Schädigungen der Wasserpflanzen im Gewässerbett. Außerdem wird die Ufervegetation geschädigt und damit der Lebensraum der Vögel, die dort brüten, rasten oder Nahrung suchen, beeinträchtigt. Schädigungen der Ufervegetation und der Gewässersohle sind auch zu erwarten, wenn die Flöße zu Wasser gelassen und aus dem Wasser gezogen werden. Außerdem werden die Tiere, die sich an den Sandbänken und Uferböschungen der Hunte aufhalten, durch den Lärm gestört, der von den Benutzern größerer Wasserfahrzeuge wie Flöße erfahrungsgemäß ausgehen.

Derartige Störungen werden durch die Stellungnahme des Gewässerkundlichen Landesdienstes des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft und Küstenschutz - Betriebsstelle Brake - vom 24. Juni 2003 bestätigt. Ihr ist zu entnehmen, dass die Hunte in dem hier interessierenden Abschnitt aufgrund der geringen und stark schwankenden Wasserspiegelbreite, der vielen Hindernisse und der oft sehr engen Kurvenradien mit größeren Fahrzeugen wie z. B. Flößen nur unter erheblichen Schäden an den Uferböschungen und deren Vegetation sowie an den ökologisch und flussmorphologisch besonders wertvollen Kies- und Steinbänken und Totholzstrukturen befahren werden kann. Die Stellungnahme der Bezirksregierung Weser-Ems zur Befahrensregelung vom 21. Februar 2000 bestätigt ebenfalls, dass bei Floßfahrten Beeinträchtigungen der Ufervegetation und der in der Hunte lebenden gefährdeten Tierarten nicht vermieden werden können.

Diese Gefährdungen und Beeinträchtigungen der Flora und Fauna rechtfertigen das Befahrensverbot für Flöße und für andere Wasserfahrzeuge, die die in § 4 Abs. 1 VO aufgeführte Größe überschreiten.

Dem kann die Antragstellerin nicht entgegenhalten, dass allenfalls ein präventives Verbot des Floßfahrens mit Erlaubnisvorbehalt angemessen wäre. Der Antragstellerin ist zwar einzuräumen, das repressive Verbote ohne Erlaubnisvorbehalt nur dann zulässig sind, wenn von vornherein feststeht, dass die verbotenen Maßnahmen den geschützten Landschaftsbestandteil schädigen, gefährden oder verändern, da landschaftsschutzrechtliche Verbote nicht weiterreichen dürfen, als es im Interesse der gesetzlich anerkannten Schutzgüter erforderlich ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.7.1956 - 1 C 61.54 - Buchholz 406.40, § 24 NNatSchG Nr. 3, m.w.N.; Senatsurt. v. 25.4.2002 - 8 KN 230/01 - NVwZ-RR 2002 S. 568; Senatsurt. v. 24.8.2001 - 8 KN 41/01 - NVwZ-RR 2002 S. 343.; Bay.VGH, Urt. v. 1.8.1988 - 9 N 87.01708 - NuR 1988 S. 182; Blum/Agena/Franke, § 26 Rn. 10 a, m.w.N.). Das Befahren der Hunte mit Wasserfahrzeugen, die die in § 4 Abs. 1 VO genannte Größe überschreiten und daher nur schwer zu steuern sind, führt aber generell zu einer Gefährdung des unter Schutz gestellten Gewässerabschnitts als Lebensraum einer schutzbedürftigen Flora und Fauna. Daher kann nicht beanstandet werden, dass die Verordnung keine präventiven Verbote mit Erlaubnisvorbehalt, sondern repressive Verbote enthält.

Die Antragstellerin kann auch nicht einwenden, dass Beeinträchtigen der Uferböschungen nicht zu berücksichtigen seien, weil der Antragsgegner nur das Gewässerbett der Hunte geschützt habe. Denn diese Annahme ist unzutreffend. Der Antragsgegner hat einen Abschnitt der Hunte zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärt und damit das gesamte Gewässer in diesem Abschnitt unter Schutz gestellt. Dieses umfasst aber nicht nur die Gewässersohle, sondern auch das Ufer bis zur Böschungsoberkante, d. h. bis zu der Linie, an der die Eintiefung der Erdoberfläche beginnt (vgl. Haupt/Reffken/Rhode, Niedersächsisches Wassergesetz, Kommentar, § 98 Rn. 3). Daher sind auch die Uferböschungen der Hunte geschützt.

§ 4 Abs. 2 VO, der das Befahren des Gewässerabschnitts zwischen dem 1. April und dem 15. Juni eines jeden Jahres mit Wasserfahrzeugen jeder Art untersagt, ist ebenfalls von § 28 Abs. 3 Satz 1 NNatSchG gedeckt. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Tiere, die in der Hunte ihren Lebensraum haben, in der Brut- und Setzzeit, die in den o. g. Zeitraum fällt, wegen der erhöhten Störanfälligkeit auch durch das Befahren mit kleinen Wasserfahrzeugen gefährdet werden. Das gilt nicht nur für die Vögel, die wie z. B. der Eisvogel und die Wasseramsel in dieser Zeit in den Uferböschungen der Hunte brüten, sondern auch für die Fische, die wie Bachneunauge, Flussneunauge, Koppe und Steinbeißer zwischen dem 1. April und dem 15. Juni auf den Sand- und Kiesbänken der Hunte laichen. Daher findet auch das Verbot des § 4 Abs. 2 VO in § 28 Abs. 3 Satz 1 NNatSchG seine Rechtsgrundlage.

Die Verbote der Verordnung sind zur Erreichung des Schutzzwecks auch geeignet, weil die Einschränkung des Befahrens der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup ein taugliches Mittel ist, den Gewässerabschnitt als Lebensraum von Tier- und Pflanzenarten zu schützen. Dem kann die Antragstellerin nicht entgegenhalten, dass das Befahrensverbot für große Wasserfahrzeuge zur Folge habe, dass vermehrt kleine Wasserfahrzeuge genutzt würden. Denn dieses Verbot dient ausschließlich dazu, die Beeinträchtigungen des Gewässers, die das Befahren mit großen Wasserfahrzeugen zur Folge hat, zu verhindern. Daher lassen sich Zweifel an der Eignung des in § 4 Abs. 1 VO enthaltenen Verbots nicht damit begründen, dass es zu einer stärkeren Nutzung kleinerer Wasserfahrzeuge komme. Die Verbote sich auch erforderlich, weil mildere Mittel, die ebenso geeignet sind, den Schutzzweck zu verwirklichen, nicht zur Verfügung stehen. Entgegen der Annahme der Antragstellerin stellt ein auf bestimmte Tageszeiten beschränktes Befahrensverbot kein gleichermaßen taugliches Mittel dar. Die Befahrensverbote lassen sich auch nicht durch eine Registrierungs- und Kennzeichnungspflicht der Wasserfahrzeuge, eine Kontingentierung der Fahrzeuge, eine Pflicht zum Mitführen von geschulten Begleitpersonen bei Floßfahrten, Befahrensverbote bei niedrigem Wasserstand, Anlegeverbote in bestimmten Bereichen oder die Verpflichtung, nur an gekennzeichneten Anlegestellen die Wasserfahrzeuge zu besteigen bzw. zu verlassen, gleichwertig ersetzen. Diese Maßnahmen würden die zu erwartenden Gefährdungen und Beeinträchtigungen der Flora und Fauna allenfalls einschränken, aber nicht ausschließen.

Die Verbote erweisen sich auch als verhältnismäßig, weil die Belange des Naturschutzes, denen sie Rechnung tragen, den Interessen der Boots- und Floßfahrer, der vom Boots- und Floßtourismus profitierenden Betriebe und der Gemeinden vorgehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die zuletzt genannten Interessen nur teilweise zurückstehen müssen, weil die Verbote der Verordnung die Wassersportler und Touristen nicht daran hindern, die Hunte während des größten Teils des Jahres mit kleinen Wasserfahrzeugen zu befahren. Da viele derjenigen, die die Hunte in der Vergangenheit mit Flößen oder anderen großen Wasserfahrzeugen befahren haben, auf kleine Wasserfahrzeuge umsteigen können, sind auch die Auswirkungen der Verbote auf die vom Bootstourismus profitierenden Betriebe begrenzt. Abgesehen davon haben deren Belange ohnehin nicht erhebliches Gewicht. Das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb wird durch das teilweise Befahrensverbot nämlich nicht berührt, weil die vom Bootstourismus profitierenden Betriebe lediglich Erwerbschancen genutzt haben, deren Fortbestand eigentumsrechtlich nicht geschützt ist (vgl. BVerfG, Beschl. V. 18.5.1988 - 2 BvR 579/81 - BVerfGE 78, 205 (211); VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 7.9.1994 - 5 S 2108/94 - NVwZ-RR 1995 S. 323).

Weiterhin lässt sich kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG feststellen. Die vom Antragsgegner vorgenommene Differenzierung zwischen Wasserfahrzeugen von mehr als 6 m Länge oder mehr als 1 m Breite und kleineren Wasserfahrzeugen ist bei der hier nur möglichen generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise nicht zu beanstanden. Das Befahren der Hunte mit kleinen Wasserfahrzeugen wie z. B. Kanus hat bei weitem nicht so negative Auswirkungen auf die dort vorkommende Flora und Fauna wie das Befahren mit großen Wasserfahrzeugen wie z. B. Flößen, weil kleine Wasserfahrzeuge leichter und genauer gesteuert werden können, weniger anfällig für Berührungen der Uferböschungen sind und seltener den Grund berühren. Daher besteht ein sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung kleiner und großer Wasserfahrzeuge. Dass der Antragsgegner die Grenze bei 6 m Länge oder 1 m Breite gezogen hat, begegnet ebenfalls keinen Bedenken, da Fahrzeuge, die diese Maße überschreiten, im allgemeinen schwer steuerbar sind.

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz liegt auch nicht darin, dass der Antragsgegner andere Nutzungen der Hunte, wie z. B. das Schwimmen, die Jagd und die Fischerei, nicht untersagt hat. Denn die Auswirkungen dieser Betätigungen auf die Flora und Fauna in der Hunte sind mit denen, die auf das Befahren des Gewässers mit Wasserfahrzeugen zurückzuführen sind, nicht vergleichbar. Daher kann von einer willkürlichen Ungleichbehandlung keine Rede sein.

Die Schutzbestimmungen des § 4 VO sind ferner nicht deshalb zu beanstanden, weil sie nach § 2 VO nicht nur dem Schutz und dem Erhalt, sondern auch der weiteren Entwicklung des Gewässerabschnitts als Lebensraum für bestimmte Tier- und Pflanzenarten dienen. Der Antragstellerin ist zwar einzuräumen, dass eine Verordnung nach § 28 NNatSchG nur zum Schutz von Landschaftsbestandteilen erlassen werden kann. Der Schutz eines Landschaftsbestandteils als Lebensraum bestimmter Tier- und Pflanzenarten fördert aber auch dessen weitere Entwicklung, so dass dagegen, dass § 2 VO auch die weitere Entwicklung des Gewässerabschnitts erwähnt, nichts zu erinnern ist. Abgesehen davon werden die Verbote der Verordnung allein durch den Zweck gedeckt, den Gewässerabschnitt als Lebensraum für bestimmte Tier- und Pflanzenarten zu schützen und zu erhalten.

Die Befahrensverbote sind auch nicht deshalb rechtswidrig, weil sie den durch § 73 Abs. 1 Satz 1 des Niedersächsischen Wassergesetzes - NWG - garantierten Gemeingebrauch an natürlichen fließenden Gewässern teilweise einschränken. Denn nach § 28 c NNatSchG können in Verordnungen nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG auch Regelungen über den Gemeingebrauch an Gewässern getroffen werden. Von dieser Möglichkeit hat der Antragsgegner Gebrauch gemacht, da er den Gemeingebrauch zum Schutz, zum Erhalt und zur weiteren Entwicklung der Hunte als Lebensraum für teilweise in ihrem Bestand bedrohte Tier- und Pflanzenarten eingeschränkt hat. Daher steht § 73 Abs. 1 Satz 1 NWG den Verboten des § 4 VO nicht entgegen.

Die Antragstellerin kann der Verordnung weiterhin nicht entgegenhalten, dass diese ihren räumlichen Geltungsbereich nicht hinreichend eindeutig bezeichne. Nach § 3 VO gilt die Verordnung für den Abschnitt der Hunte zwischen dem Kraftwerk in Wildeshausen und der Überführung der Kreisstraße 235 in Astrup. Dadurch werden der Anfangs- und der Endpunkt des geschützten Gewässerabschnitts hinreichend konkret bestimmt. Der Antragsgegner hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Verordnung den Gewässerabschnitt, der zwischen den baulichen Anlagen des Kraftwerks in Wildeshausen und der Brücke in Astrup liegt, schützt. Daher ist es den von der Verordnung Betroffenen möglich, die Grenze des unter Schutz gestellten Gebiets vor Ort zweifelsfrei zu bestimmen.

Der Einwand der Antragstellerin, dass die Verordnung möglicherweise deshalb rechtswidrig sei, weil die Ausdehnung des Gewässers aufgrund der Instabilität der Uferböschungen nicht unwesentlichen Veränderungen unterliege, ist ebenfalls unbegründet. Da sich die Verordnung auf das Gewässer erstreckt, ist deren Geltungsbereich hinreichend bestimmt. Kommt es zu Uferabbrüchen, kann sich der Geltungsbereich der Verordnung zwar geringfügig verändern, weil das zum geschützten Landschaftsbestandteil erklärte Gewässer nicht nur die Gewässersohle, sondern auch das Ufer bis zur Böschungsoberkante umfasst. Derartige geringfügige Veränderungen liegen aber in der Natur der Sache und stellen die Rechtmäßigkeit der Verordnung nicht in Frage, weil es ansonsten entgegen § 28 Abs. 1 NNatSchG nicht möglich wäre, Wasserläufe als Landschaftsbestandteile unter Schutz zu stellen.

Die Antragstellerin kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Antragsgegner beim Erlass der Verordnung ihre Belange nicht berücksichtigt habe. § 28 Abs. 1 NNatSchG knüpft die Unterschutzstellung von Landschaftsbestandteilen an bestimmte normativ vorgegebene Voraussetzungen, deren Vorliegen die Naturschutzbehörde zu prüfen hat. Der ihr danach verbleibende Handlungsspielraum ist in erster Linie durch eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der Interessen des Natur und Landschaftsschutzes auf der einen und der gegenläufigen Interessen auf der anderen Seite geprägt (vgl. Senatsurt. v. 24.8.2001 - 8 KN 209/01 - NuR 2002 S.99). Eine derartige Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen hat der Antragsgegner vorgenommen. Ausweislich der Verwaltungsvorgänge hat er die Interessen der Boots- und Floßfahrer, der vom Boots- und Floßtourismus profitierenden Betriebe und der betroffenen Gemeinden in seine Erwägungen einbezogen und bei der Abwägung berücksichtigt. Daher kann keine Rede davon sein, dass die Interessen der Antragstellerin beim Erlass der Verordnung zum Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup keine Berücksichtigung gefunden hätten.

Die Verordnung über den Schutz der Hunte zwischen Wildeshausen und Astrup wäre schließlich auch dann nicht zu beanstanden, wenn die Behauptung der Antragstellerin zuträfe, dass der Antragsgegner den abwägungsrelevanten Sachverhalt nicht umfassend ermittelt habe. Eine unzureichende Ermittlung und Zusammenstellung der bei der Abwägung zu berücksichtigenden Umstände zieht die Nichtigkeit einer nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlassenen Verordnung nicht nach sich (vgl. Senatsurt. v. 24.8.2001, a.a.O.). Das wäre nur dann der Fall, wenn die Anforderungen, die an die Rechtmäßigkeit planerischer Entscheidung gestellt werden (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 7.7.1978 - 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 (122 f.)), auch für Verordnungen, die nach den §§ 24 bis 28 NNatSchG erlassen werden, gelten würden. Das ist jedoch zu verneinen, weil die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verpflichtete Würdigung der sich gegenüberstehenden Interessen, die den Handlungsspielraum der Naturschutzbehörde prägt (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988 - 4 B 102/88 - NVwZ 1988 S. 1020), mit der Abwägung aller in Betracht kommenden Belange bei einer Planungsentscheidung nicht identisch ist (BVerwG, Beschl. v. 16.6.1988, a.a.O.; Nds. OVG, Urt. v. 14.12.2000 - 3 K 4802/99 -). Daher kommt es ausschließlich darauf an, ob die aufgrund der Abwägung getroffene Entscheidung über die Unterschutzstellung des Gebiets und die Verbote im Ergebnis zu beanstanden ist (Senatsurt. v. 24.8.2001, a.a.O.). Das ist hier aus den bereits dargelegten Gründen aber nicht der Fall.

Ende der Entscheidung

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