Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Beschluss verkündet am 09.01.2003
Aktenzeichen: 8 LA 149/02
Rechtsgebiete: BauGB, NNatSchG


Vorschriften:

BauGB 35 II
BauGB 35 III 1
NNatSchG 45 III Nr 6
NNatSchG 45c III
1. Ein aus Liebhaberei betriebenes Damwildgehege widerspricht der Darstellung der Fläche im Flächennutzungsplan als Fläche für die Landwirtschaft und beeinträchtigt daher öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB.

2. Ein 1,80 m hoher Zaun eines Damwildgeheges beeinträchtigt die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB), weil er die umzäunte Fläche aus der freien Landschaft "ausgrenzt", ohne einer landwirtschaftlichen Nutzung zu dienen.


Gründe:

Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, weil die Berufungszulassungsgründe, die der Kläger geltend gemacht hat, nicht vorliegen.

Entgegen der Annahme des Klägers bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, so dass die Berufung nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen ist.

Das erstinstanzliche Urteil ist nicht zu beanstanden, soweit das Verwaltungsgericht die Klage mit dem Antrag, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die unter dem 2. April 1997 beantragte Genehmigung für ein Damwildgehege zu erteilen, abgewiesen hat. Dabei kann dahinstehen, ob das Gehege aus allen vom Verwaltungsgericht angeführten Gründen nicht genehmigungsfähig ist. Der Erteilung einer Genehmigung steht jedenfalls entgegen, dass das Damwildgehege mit dem öffentlichen Baurecht nicht im Einklang steht (§ 45 c Abs. 3 i.V.m. § 45 Abs. 3 Nr. 6 NNatSchG).

Bei dem im Außenbereich der Stadt C. gelegenen Damwildgehege handelt es sich aus den vom Verwaltungsgericht dargelegten Gründen um ein sonstiges Vorhaben im Sinne des § 35 Abs. 2 BauGB, weil es weder einem landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dient noch zu den von § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegierten Vorhaben gehört (vgl. dazu auch BVerwG, Beschl. v. 10.4.1987 - 4 B 58 u. 63/87 - NVwZ 1988 S. 56). Sonstige Vorhaben können nach § 35 Abs. 2 BauGB nur zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB insbesondere vor, wenn das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht. Das ist hier der Fall, weil der Flächennutzungsplan der Stadt C. die Fläche, auf der das Damwildgehege errichtet worden ist, und dessen Umgebung als Fläche für die Landwirtschaft darstellt, die aus Liebhaberei betriebene Damwildhaltung aber nicht als landwirtschaftliche Nutzung anzusehen ist. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, dass es sich bei der Haltung von Damwild in einem Gehege grundsätzlich um Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB handele. Weidewirtschaft ist nämlich nur dann Landwirtschaft im Sinne dieser Bestimmung, wenn die Bodenertragsnutzung planmäßig und eigenverantwortlich erfolgt (BVerwG, Urt. v. 11.4.1986 - 4 C 67.82 - BauR 1986 S. 419; Urt. v. 13.12.1974 - 4 C 22.73 - BRS 28 Nr. 45; Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 3. Aufl., § 201 Rn. 1). Dementsprechend stellt eine Tierhaltung, die lediglich aus Liebhaberei erfolgt, keine Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB dar (vgl. Ernst-Zinkahn-Bielenberg, BauGB, Komm., § 201 Rn. 31 f.; Schrödter, BauGB, Komm., 6. Aufl., § 201 Rn. 6 und 9). Daher widerspricht die Damwildhaltung durch den Kläger der Darstellung seines Grundstücks als Fläche für die Landwirtschaft im Flächennutzungsplan der Stadt C.. Das hat die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Geheges zur Folge, weil sich ein Flächennutzungsplan mit dieser Darstellung gegenüber einem nicht privilegierten Vorhaben im Außenbereich grundsätzlich durchsetzt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.10.1997 - 4 B 185/97 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 333; Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, § 35 Rn. 62).

Des Weiteren steht der Genehmigungsfähigkeit des Damwildgeheges entgegen, dass die Umzäunung die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB). Der öffentliche Belang der Wahrung der natürlichen Eigenart der Landschaft verfolgt außer dem Schutz der Landschaft vor ästhetischen Beeinträchtigungen das Ziel, das Vordringen von Vorhaben in den Außenbereich zu verhindern, die dort wesensfremd sind (BVerwG, Beschl. v. 30.7.1971 - IV B 109.70 - RdL 1972 S. 65, m.w.N.; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, Komm., 8. Aufl., § 35 Rn. 61). Der 1,80 m hohe Zaun, der das Gehege des Klägers umgibt, stellt ein dem Außenbereich wesensfremdes Vorhaben dar, weil er das Grundstück des Klägers aus der freien Landschaft "ausgrenzt", ohne einer landwirtschaftlichen Nutzung zu dienen (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 30.7.1971, a.a.O.; Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, § 35 Rn. 53, Stichwort: Zäune).

Entgegen der Annahme des Klägers bestehen auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils, soweit das Verwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit der Anordnung, die Einzäunung und die sonstigen baulichen Anlagen zu entfernen, bestätigt hat. Der Einwand des Klägers, sein Gehege genieße Bestandsschutz, weil es seinerzeit im Einklang mit formellem und materiellem Recht errichtet worden sei, ist unzutreffend, da das Anfang der 80er Jahre errichtete Gehege Zeit seines Bestehens mangels Genehmigung formell illegal und mangels Unvereinbarkeit mit dem Bauplanungsrecht materiell rechtswidrig gewesen ist. Dem Verwaltungsgericht ist ferner darin zuzustimmen, dass die angefochtene Verfügung insoweit auch keine Ermessensfehler aufweist.

Der Kläger geht weiterhin zu Unrecht davon aus, dass das Verwaltungsgericht die im Widerspruchsbescheid enthaltene Zwangsgeldandrohung hätte aufheben müssen. Er übersieht bei diesem Einwand, dass die zur Beseitigung der baulichen Anlagen gesetzte Frist bis zum 1. Mai 2001 gegenstandslos geworden ist, weil er der Beseitigungsanordnung wegen der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs und seiner Klage (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nicht innerhalb dieser Frist nachkommen musste (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.10.1979 - 1 C 20.75 - DVBl. 1980, S. 745; Senatsurt. v. 25.4.2002 - 8 LB 47/01 -). Das hat zur Folge, dass auch die Zwangsgeldandrohung, die nach § 63 Satz 3 NNatSchG i.V.m. § 70 Abs. 1 Satz 2 NGefAG mit einer Fristsetzung verbunden sein muss, gegen-standslos geworden ist und daher nicht aufgehoben werden muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.10.1979, a.a.O.; Senatsurt. v. 25.4.2002, a.a.O.).

Die Berufung kann auch nicht wegen der vom Kläger behaupteten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassen werden. Denn die Fragen, deren Beantwortung der Kläger für besonders schwierig hält, sind im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich, weil sie in keinem Zusammenhang mit der Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Damwildgeheges stehen.

Der vom Kläger weiterhin geltend gemachte Berufungszulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegt ebenfalls nicht vor. Die von ihm aufgeworfene Frage zur Beeinträchtigung der Jagd durch das Gehege verleiht seiner Rechtssache nämlich keine grundsätzliche Bedeutung, da sie im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich und daher nicht grundsätzlich klärungsbedürftig ist.

Schließlich kann die Berufung auch nicht wegen eines Verfahrensmangels nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zugelassen werden. Dass das Verwaltungsgericht zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg vom 30. Januar 2001 verwiesen und zugleich festgestellt hat, dass es diesen folgt, stellt keinen Verfahrensmangel dar. Nach § 117 Abs. 5 VwGO kann das Gericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nämlich absehen, soweit es - wie im vorliegenden Fall - der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt. Des Weiteren lässt der Umstand, dass das Verwaltungsgericht auf die gegen den Widerspruchsbescheid erhobenen Einwände des Klägers nicht im Einzelnen eingegangen ist, keineswegs darauf schließen, dass es dieses Vorbringen bei seiner Entscheidung nicht zur Kenntnis genommen und erwogen hat. Daher bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass das Verwaltungsgericht dem Kläger rechtliches Gehör versagt hat.

Ende der Entscheidung

Zurück