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Gericht: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Urteil verkündet am 08.12.2005
Aktenzeichen: 8 LB 119/03
Rechtsgebiete: GG, RBerG, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 2 I
RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1
RBerG Art. 1 § 1 Abs. 2
VwGO § 67
Berufserfahrene Volljuristen bedürfen zur unentgeltlichen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten keiner Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz.
Tatbestand:

Der F. geborene Kläger, Richter am G. im Ruhestand, möchte unentgeltlich "rechtsbesorgend" im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes (nachfolgend: RBerG) tätig sein.

Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten geschäftsmäßig nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt worden ist. Über eine solche Erlaubnis verfügt der Kläger nicht.

Ungeachtet dessen gab er im Mai 1998 in einer "Selbstanzeige im Hinblick auf Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG" an die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Braunschweig an, nicht nur als vom Gericht zugelassener Wahlverteidiger eines Betroffenen nach § 138 Abs. 2 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG tätig geworden zu sein, sondern in der Vergangenheit auch häufig und in größerem Umfang andere rechtsbesorgende Tätigkeiten ausgeübt und wiederholt Bürger in Rechtssachen eingehend individuell beraten zu haben. Daraufhin wurde der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts Braunschweig vom 13. Oktober 1999 zu einer Geldbuße in Höhe von 600,-- DM verurteilt.

Diese Verurteilung nahm der Kläger im April 2000 zum Anlass, bei dem Beklagten die Ausstellung eines sogenannten Negativattestes für eine unentgeltliche rechtsbesorgende Tätigkeit i. S. d. RBerG zu beantragen. Er (der Kläger) habe Anspruch auf die Ausstellung eines solchen Negativattestes, da eine unentgeltlich ausgeübte Rechtsbesorgung, die auch eine Rechtsberatung einschließe, unabhängig von ihrer Häufigkeit nicht "geschäftsmäßig" im Sinne von Art. 1 § 1 RBerG ausgeübt werde und deshalb erlaubnisfrei zulässig sei. Er bedürfe jedoch zu seiner eigenen Sicherheit einer Bestätigung des Beklagten hierüber durch Ausstellung des beantragten Attestes, da die vorgenannte Auffassung nicht unstreitig sei, sondern im Gegenteil überwiegend abgelehnt werde. Hilfsweise beantragte der Kläger die Erteilung einer möglichst uneingeschränkten Erlaubnis für eine unentgeltliche rechtsbesorgende Tätigkeit.

Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 22. August 2000 ab. Die Ausstellung eines Negativattestes komme schon deshalb nicht in Betracht, weil sich aus dem Antrag die Anzahl und der Umfang der vom Kläger zu erwartenden und von dem beantragten Negativattest umfassten rechtsbesorgenden Aktivitäten nicht hinreichend genau ergebe. Im Ergebnis würde das vom Kläger erwartete Negativattest deshalb der Sache nach der Erteilung einer Erlaubnis für eine umfassende geschäftsmäßige Tätigkeit im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes gleichkommen. Eine solche unbeschränkte Erlaubnis (Vollerlaubnis) dürfe jedoch nach der Neufassung des Art. 1 § 1 RBerG durch Änderungsgesetz vom 18. August 1980 nicht mehr erteilt werden, und zwar unabhängig davon, ob die Tätigkeit entgeltlich oder unentgeltlich wahrgenommen werde.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 25. August 2000 Widerspruch ein und führte zur Begründung ergänzend an, pro Jahr nicht mehr als drei Rechtsbesorgungen durchführen zu wollen. Der Präsident des Oberlandesgerichts Braunschweig wies diesen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2000 zurück. Die Ausstellung des beantragten Negativattestes stehe im Ermessen der zuständigen Behörde. Dieses Ermessen sei restriktiv auszuüben, da die Ausstellung eines solchen Negativattestes der Erteilung einer unbeschränkten Erlaubnis gleichkomme. Wenn daher der Präsident des Landgerichts die Erteilung eines Negativattestes schon aus grundsätzlichen Erwägungen ablehne, so sei dies nicht zu beanstanden. Im Übrigen lägen aber auch die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vor. Wer - wie der Kläger - beabsichtige, in gleicher Art wiederholend rechtsbesorgend tätig zu werden, handele geschäftsmäßig im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG und bedürfe daher der Erlaubnis. Dies gelte auch für eine Tätigkeit, die unentgeltlich ausgeübt werde und auf drei Fälle jährlich beschränkt werden solle. Ebenso wenig könne die hilfsweise beantragte Erlaubnis erteilt werden. Eine sachlich unbeschränkte Rechtsbesorgung könne schon deshalb nicht erlaubt werden, weil eine Zulassung zur Rechtsbesorgungstätigkeit nach dem Rechtsberatungsgesetz in der seit 1980 geänderten Fassung nur noch für bestimmte Rechtsgebiete möglich sei. Eine sachlich beschränkte Teilerlaubnis könne nicht erteilt werden, weil der Kläger ein hinreichend konkretes Teilgebiet nicht angegeben habe.

Nach Zustellung dieses Widerspruchsbescheides am 24. Oktober 2000 hat der Kläger am 21. November 2000 den Verwaltungsrechtsweg beschritten und sich vorrangig darauf berufen, dass er schon nicht "geschäftsmäßig" im Sinne von Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG handele. Hiervon seien entgegen der herrschenden Meinung unentgeltlich vorgenommene Tätigkeiten ausnahmslos nicht erfasst. Bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung müsse ihm jedenfalls eine Berufung auf den anerkannten Ausnahmefall der zulässigen Tätigkeit "aus besonderen Gründen bzw. bei einem aus besonderem Anlass ausgeübten Gelegenheitsfall" zugute kommen. Zumindest müsse eine rechtsbesorgende Tätigkeit ohne gesonderte Erlaubnis nach dem RBerG aber dann zulässig sein, wenn eine solche Tätigkeit bereits kraft besonderer gerichtlicher Erlaubnis im Einzelfall gestattet worden sei, wie etwa bei einer Zulassung als Wahlverteidiger gemäß § 138 Abs. 2 StPO. Würde man hingegen annehmen, die Erlaubnispflicht nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG beziehe sich auch auf eine zwar wiederholend, aber unentgeltlich ausgeübte Rechtsbesorgung, sei also erlaubnispflichtig, ohne dass hierfür jedoch nach dem RBerG eine solche Erlaubnis erteilt werden könne, so sei das daraus folgende Verbot einer solchen unentgeltlichen Rechtsbesorgung mit dem Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG unvereinbar. Die von dem Kläger beabsichtigte unentgeltliche - und von ihm als altruistisch eingestufte - Tätigkeit genieße besonderen Schutz. Ein vollständiges Verbot werde von keinem der drei zur Rechtfertigung des Art. 1 Abs. 1 RBerG geltend gemachten Gründe getragen. Der Schutz der rechtsuchenden Bevölkerung vor unzuverlässiger Rechtsbesorgung werde nicht beeinträchtigt, sondern durch eine unentgeltliche Beratung und ggf. Vertretung durch einen Volljuristen gerade erst gewährleistet, soweit die in Betracht kommenden Mandanten wegen fehlender finanzieller Mittel und sonstiger Zugangsbarrieren andernfalls keinen Rechtsanwalt aufsuchen würden. Ebenso wenig gebiete der weitere Schutzzweck "Funktionsfähigkeit der Justiz" das vollständige Verbot der unentgeltlichen Rechtsbesorgung durch einen Volljuristen. Zur Gewährleistung dieses Schutzzwecks reiche ein Prüfverfahren allemal aus. Schließlich beeinträchtige die beabsichtigte unentgeltliche Rechtsberatung auch die Anwaltschaft nicht nennenswert, so dass auch zu deren Schutz kein Verbot der rechtsberatenden Tätigkeit geboten sei.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 22. August 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Präsidenten des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 19. Oktober 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm ein Negativattest dahingehend auszustellen, dass die von ihm beabsichtigten Rechtsberatungstätigkeiten nicht erlaubnispflichtig im Sinne des Art. 1 § 1 RBerG sind,

hilfsweise,

ihm eine Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG für die in dem Antrag des Klägers vom 14. April 2000 und in dem Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 19. Oktober 2000 umschriebenen Tätigkeiten zu erteilen,

hilfsweise,

ihm eine Erlaubnis zur Übernahme von Strafverteidigungen nach § 138 Abs. 2 StPO zu erteilen,

hilfsweise,

ihm eine Erlaubnis zur unentgeltlichen Beratung der Mitglieder des Vereins " H." in Fragen des Archivrechts und des archivrechtlichen Datenschutzes zu erteilen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die von dem Kläger beabsichtigte Tätigkeit gehe über die allein erlaubnisfrei zulässige rechtsbesorgende Tätigkeit in einem aus besonderen Gründen ausgeübten Gelegenheitsfall hinaus und sei deshalb ungeachtet ihrer Unentgeltlichkeit "geschäftsmäßig" im Sinne der verfassungsgemäßen Bestimmung des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20. August 2002 abgewiesen. Für die vorrangig begehrte Erteilung eines Negativattestes fehle schon die erforderliche Rechtsgrundlage. Die hilfsweise beantragte Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG könne dem Kläger weder uneingeschränkt noch bezogen auf Teilbereiche erteilt werden. Denn auch die von dem Kläger wiederholend beabsichtigte unentgeltliche rechtsberatende Tätigkeit erfolge geschäftsmäßig im Sinne von Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1RBerG und sei somit erlaubnispflichtig. Eine solche Erlaubnis könne nur für die in Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 RBerG abschließend aufgeführten Sachbereiche erteilt werden. Die von dem Kläger beabsichtigten Tätigkeiten ließen sich diesen Sachbereichen nicht zuordnen. Art. 1 § 1 RBerG sei schließlich auch verfassungsgemäß.

Auf den Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 11. Juli 2003 gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO die Berufung gegen das Urteil zugelassen. Nach Zustellung dieses Beschlusses am 16. Juli 2003 ist die Berufung am 18. August 2003, einem Montag, begründet worden. Der Kläger trägt über sein bisheriges Vorbringen hinaus vor, dass es für die Ausstellung des von ihm begehrten Negativattestes keiner ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bedürfe. Er habe auch Anspruch auf die Ausstellung eines solchen Attestes, da das Verbot der zwar wiederholend, aber unentgeltlich ausgeübten Rechtsbesorgung verfassungswidrig sei. Diese Feststellung gelte uneingeschränkt und nicht lediglich bezogen auf die vorliegend maßgebliche Konstellation der Beratung durch ihn als berufserfahrenen Volljuristen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Auf die von ihm erhobenen Verfassungsbeschwerden seien zwar durch Kammerbeschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Juli und vom 20. Oktober 2004 (1 BvR 737/00 und 1 BvR 130/03) die gegen ihn verhängten Verurteilungen wegen Verstoßes gegen das RBerG aufgehoben und er nach Zurückverweisung der Verfahren zwischenzeitlich jeweils rechtskräftig freigesprochen worden. Auch durch diese beiden Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts sei die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Verbots der unentgeltlichen rechtsbesorgenden Tätigkeit aber noch nicht abschließend beantwortet worden. Dass ein solches Verbot verfassungsrechtlich nicht haltbar sei, zeige - über die bereits angeführten Argumente hinaus - auch ein Vergleich mit erlaubten, aber viel gefährlicheren unentgeltlichen Tätigkeiten im Bereich der Heilkunde oder der gefahrgeneigten Handwerksausübung. Ein Verbot der unentgeltlichen rechtsbesorgenden Tätigkeit sei insbesondere nicht zum Schutz der Anwaltschaft erforderlich, da tatsächlich nicht erkennbar sei, dass durch die Übernahme entsprechender Mandate für die Anwaltschaft ein fühlbarer wirtschaftlicher Schaden entstehe. Ein dahingehender "Altruismus" halte sich doch sehr in Grenzen.

Der Kläger ist der Ansicht, ihm sei mit der Erteilung eines Negativattestes jetzt nicht mehr ausreichend gedient.

Er beantragt deshalb,

den Bescheid des Beklagten vom 22. August 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Präsidenten des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 19. Oktober 2000 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Erlaubnis zur Ausübung der unentgeltlichen geschäftsmäßigen Rechtsbesorgung zu erteilen,

hilfsweise,

ihm eine Erlaubnis zur Übernahme unentgeltlicher rechtsberatender und rechtsbesorgender Tätigkeiten in allen Rechtsgebieten zugunsten von Pazifisten und von Mitgliedern des Vereins "H. e.V." und weiterer Wissenschaftler, auch in Fragen des Archivrechts und des archivrechtlichen Datenschutzes, zu erteilen,

hilfsweise,

dem Kläger ein Negativattest dahingehend auszustellen, dass die von ihm beabsichtigten Rechtsbesorgungstätigkeiten nicht erlaubnispflichtig im Sinne des Art. 1 § 1 RBerG sind.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung seines Antrags verweist er über das bisherige Vorbringen hinaus darauf, dass bei Zulassung der altruistischen Rechtsbesorgung eine fühlbare Beeinträchtigung der für eine ordnungsgemäße Rechtspflege notwendigen Anwaltschaft zu besorgen sei. Gut situierte Volljuristen könnten dann ohne Erhebung der nach § 49 b BRAO für die Anwaltschaft unverzichtbaren Gebühren tätig werden. Im Hinblick auf die bundesverfassungsgerichtliche Entscheidung vom 29. Juli 2004 erklärt sich der Beklagte nunmehr allerdings bereit, dem Kläger "bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen" ein Negativattest auszustellen. Dies sei der Fall, soweit der Kläger zuvor als Verteidiger gemäß § 138 Abs. 2 StPO zugelassen worden sei. Für die Ausstellung eines weitergehenden Negativattestes sei das Tätigkeitsfeld des Klägers hingegen zu unbestimmt.

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren vorrangig die Erteilung einer Erlaubnis nach dem RBerG und lediglich hilfsweise die Erstellung eines Negativattestes begehrt, hat der Beklagte einer darin liegenden Klageänderung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird ergänzend auf die Gerichtsakte nebst Anlagen und die Beiakten B bis D verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene und hinreichend begründete Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts ist mit dem Haupt- und dem ersten Hilfsantrag unbegründet, hat aber mit dem zweiten Hilfsantrag Erfolg.

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren vorrangig die Erteilung einer Erlaubnis nach dem RBerG und lediglich hilfsweise die Erstellung eines Negativattestes begehrt, also die Reihenfolge seines Haupt- und seiner Hilfsanträge nachträglich verändert hat, liegt darin zwar eine Klageänderung (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Kommentar, § 44 Rn. 12) i. S. d. für das Verfahren in zweiter Instanz entsprechend geltenden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, § 91 Rn. 1) § 91 VwGO. Diese Klageänderung ist aber gemäß § 91 Abs. 1 VwGO zulässig, da der Beklagte eingewilligt hat. Die darüber hinausgehende Erweiterung des Hauptantrages, der nunmehr auf die Erteilung einer Vollerlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG gerichtet ist, und des - in zweiter Instanz gestellten - ersten Hilfsantrages, der sich jetzt auch auf die Rechtsberatung von Pazifisten und weiteren Wissenschaftlern erstreckt, gilt nach § 173 VwGO i. V. m. § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung.

Die demnach mit den geänderten Anträgen und auch im Übrigen zulässige Klage ist mit dem Haupt- und dem ersten Hilfsantrag unbegründet. Dem Kläger steht der vorrangig geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Vollerlaubnis für eine unentgeltliche, aber wiederholende Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten (= Rechtsbesorgung) ebenso wenig wie der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer auf die unentgeltliche Rechtsbesorgung zugunsten von Pazifisten, von Mitgliedern des Vereins H. e.V. und weiterer Wissenschaftler beschränkten Teilerlaubnis zu. Der Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis steht entgegen, dass der Kläger aus den nachfolgend angeführten Gründen nach Art. 1 § 1 Abs. 1 und 2 RBerG weder eine Vollerlaubnis noch eine Teilerlaubnis beanspruchen kann, für eine unentgeltliche Tätigkeit ohnehin keine solche Erlaubnis erteilt werden darf und der Kläger ihrer zudem gar nicht bedarf.

Nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, einschließlich der Rechtsberatung und der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen, geschäftsmäßig - ohne Unterschied zwischen haupt- und nebenberuflicher oder entgeltlicher und unentgeltlicher Tätigkeit - nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt ist.

Eine solche Erlaubnis kann nur für die in Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 genannten Tätigkeiten bzw. Sachbereiche erteilt werden (vgl. zuletzt Urt. d. BVerwG v. 27.10.2004 - 6 C 30/03 -, BVerwGE 122, 130 ff. mit Anmerkung Vormeier, Juris PR - BVerwG 12/2005 Anmerkung 4, m. w. N.). Dies folgt zwar nicht zwingend aus dem Wortlaut. Denn Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 RBerG besagt nicht ausdrücklich, dass die Erlaubnis "nur" für eine Tätigkeit auf einem der nachfolgend abschließend aufgeführten Sachbereiche erteilt wird. Dass die Norm so zu verstehen ist, ergibt sich aber aus ihrer Entstehungsgeschichte sowie der Systematik der Bestimmung. Vor der Änderung durch das 5. Gesetz zur Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 18. August 1980 (BGBl I. S. 1503) unterschied das Rechtsberatungsgesetz zwischen Erlaubnisinhabern (Rechtsbeiständen) mit einer Vollerlaubnis und Erlaubnisinhabern mit einer auf bestimmte Rechtsgebiete beschränkten Teilerlaubnis. Aufgrund des Änderungsgesetzes vom 18. August 1980 dürfen demgegenüber mit Wirkung vom 27. August 1980 an Erlaubnisse zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten nicht mehr unbeschränkt, sondern nur noch für die in Art. 1 § 1 Abs.1 Satz 2 RBerG genannten Sachbereiche erteilt werden (vgl. den Bericht des Rechtsausschusses ... zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, BT-Drucks. 8/4277, S. 20, 22). Dieser gesetzgeberische Wille, nur noch eine auf die in Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 RBerG genannten Bereiche beschränkte Erlaubnis zuzulassen, wird durch Satz 3 dieser Bestimmung unterstrichen. Danach darf die Erlaubnis nur unter der entsprechenden Berufsbezeichnung ausgeübt werden. Die von Inhabern von Vollerlaubnissen geführte und nach Art. 1 § 8 Abs. 1 Nr. 3 RBerG geschützte Berufsbezeichnung "Rechtsbeistand" ist hingegen nicht mehr vorgesehen.

Aus der in Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 RBerG enthaltenen Aufzählung, der in Satz 3 dieser Bestimmung geforderten "Berufsbezeichnung" und der ergänzenden Regelung in Art. 1 § 1 Abs. 2 RBerG, wonach die Erlaubnis nur erteilt werden darf, wenn der Antragsteller die für den Beruf erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung sowie genügende Sachkunde besitzt und ein Bedürfnis für die Erlaubnis besteht, folgt zugleich, dass sowohl eine Voll- als auch eine Teilerlaubnis nur für eine berufliche, zumindest nebenberufliche Betätigung erteilt werden kann. Eine "berufliche" Tätigkeit zielt auf die Schaffung einer Lebensgrundlage ab, wird also entgeltlich ausgeübt. Für eine unentgeltliche, aber gleichwohl geschäftsmäßig wahrgenommene Rechtsbesorgung kann deshalb generell keine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 RBerG erteilt werden. Insoweit stellt sich Art. 1 § 1 Abs. 1 und 2 RBerG als Verbotsnorm dar (Chemnitz/Johnigk, RBerG, Kommentar, 11. Aufl., Art. 1 § 1 Rn. 115, 241; Senge, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, R 55, § 1 RBerG, Rn. 31; Rennen/Caliebe, RBerG, Kommentar, 2. Aufl., Art. 1 § 1, Rn. 48).

Sieht man die von dem Kläger beabsichtigte rechtsbesorgende Tätigkeit schließlich auch als "geschäftsmäßig" an, d.h. als eine selbstständige Tätigkeit, bei der der Handelnde beabsichtigt, sie - sei es auch nur bei sich bietender Gelegenheit - in gleicher Art zu wiederholen und dadurch zu einem dauernden oder wiederkehrenden Teil seiner Beschäftigung zu machen, wofür unter Umständen eine einmalige Tätigkeit genügen kann (vgl. dazu BGH, Urt. v. 26.7.2001 - III ZR 172/00 -, BGHZ 148, 313 ff. = NJW 2001, 3541 f.; BVerwG, Beschl. v. 27.8.1987 - 1 WB 34/87 -, BVerwGE 83, 315 ff.), so ist sie auch erlaubnispflichtig i. S. d. Art.1 § 1 Abs. 1 Satz 1, kann aber nicht erlaubt werden, weil der Kläger nicht beschränkt auf eines der in Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 RBerG abschließend genannten Sachgebiete und zudem unentgeltlich tätig werden will.

Ob und ggf. in welchem Umfang ein solches, für jedermann geltendes gesetzliches Verbot der unentgeltlichen "geschäftsmäßigen" Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten mit höherrangigem Recht, insbesondere dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG vereinbar ist, was von dem Kläger in Abrede gestellt wird, braucht vorliegend nicht geklärt zu werden (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 20.10.2004 - 1 BvR 1356/02 -, NJW 2005, 966 f., sowie Beschl. v. 7.6.1989 - 1 BvR 525/89 -). Denn diese Frage würde sich vorliegend nur entscheidungserheblich stellen und müsste dann beantwortet werden, wenn der Kläger bei seiner beabsichtigten Rechtsbesorgung "geschäftsmäßig" handeln und deshalb das Verbot auch für ihn gelten würde. Dies ist jedoch aus den nachfolgend angeführten Gründen nicht der Fall.

Wie das Bundesverfassungsgericht in den jeweils auf Verfassungsbeschwerden des Klägers ergangenen Beschlüssen vom 29. Juli 2004 (- 1 BvR 737/00 -, NJW 2004, 2662 f.) und 20. Oktober 2004 (- 1 BvR 130/03 -, WM 2004, 2363 f.) entschieden hat, ist einer ausufernden und nicht mehr verfassungskonformen Anwendung des Art. 1 § 1 RBerG, die zu einem Verbot auch der unentgeltlichen geschäftsmäßigen Rechtsbesorgung führt, durch eine restriktive Auslegung des Begriffs der "Geschäftsmäßigkeit" in Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG entgegen zu treten. Es muss "in Erwägung gezogen werden, ob der Begriff der "Geschäftsmäßigkeit" unter Berücksichtigung der durch das Rechtsberatungsgesetz geschützten Interessen und des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 2 Abs. 1 GG von Verfassungs wegen im konkreten Fall eine Auslegung erfordert, die die unentgeltliche Rechtsbesorgung durch einen berufserfahrenen Juristen nicht erfasst" (Beschl. v. 29.7.2004 und v. 20.10.2004, a.a.O.). Werden die durch das Rechtsberatungsgesetz geschützten Rechtsgüter durch die in Rede stehenden rechtsbesorgenden Tätigkeiten überhaupt nicht berührt, so haben die Gerichte vor dem Hintergrund, dass das Rechtsberatungsgesetz "in einem Umfeld sozialer Verhältnisse und gesellschaftspolitischer Anschauungen steht, mit deren Wandel sich auch der Norminhalt wandeln kann, unter Anwendung der allgemein anerkannten Auslegungsmethoden - zu denen auch die telelogische Reduktion gehört - zu prüfen, ob die gesetzliche Regelung zwischenzeitlich lückenhaft geworden ist. Am Wortlaut einer Norm braucht der Richter dabei nicht Halt zu machen" (Beschl. v. 29.7.2004 und v. 20.10.2004, a.a.O.).

In Anwendung und Fortführung dieser Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG im Wege der teleologischen Reduktion seines Wortlauts um den Halbsatz zu ergänzen, dass die unentgeltliche Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten durch einen berufserfahrenen Volljuristen - wie den Kläger im vorliegenden Verfahren - nicht "geschäftsmäßig" erfolgt, d.h. ohne besondere Genehmigung erlaubt ist.

Die teleologische Reduktion einer Vorschrift setzt voraus, dass sie nach ihrem Wortlaut Sachverhalte in ihren Anwendungsbereich aufnimmt, die sie nach ihrem Regelungszweck oder dem Sinnzusammenhang des Gesetzes nicht erfassen soll. In einem solchen Fall liegt eine verdeckte Regelungslücke vor. Die nach ihrem Wortlaut zu weit gefasste Vorschrift ist im Wege einer teleologischen Reduktion durch Hinzufügung der gebotenen Einschränkung auf den ihr nach Sinn und Zweck zukommenden Anwendungsbereich zurückzuführen (BVerwG, Urt. v. 20.06.2000 - 10 C 3/99 -, BVerwGE 111, 255, 257; vgl. BVerwG, Urt. v. 28.11.2002 - 3 C 44/01 -, DVBl. 2003, 677 ff.; BVerfG, Beschl. v. 30.3.1993 - 1 BvR 1045/89, 1 BvR 1381/90, 1 BvL 11/90 -, BVerfGE 88, 145, 166 f., Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Auflage, S. 375 f.). Hierzu besteht insbesondere dann Anlass, wenn die Vorschrift nur bei einer solchen einschränkenden Auslegung mit höherrangigem Recht vereinbar ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.4.2000 - 1 BvL 18/99 und 1 BvL 19/99 -, NVwZ 2000, 910 f.). Die teleologische Reduktion einer Vorschrift darf sich allerdings nur auf einen Teil der von ihrem Wortlaut erfassten Fälle beziehen (BVerfG, Beschl. v. 7.4.1997 - 1 BvL 11/96 -, NJW 1997, 2230 f.) und nicht im Widerspruch mit einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers stehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 6.4.2000, a.a.O.). Liegt danach eine verdeckte Regelungslücke vor, so steht ihrer Füllung durch Hinzufügung der gebotenen Einschränkung nicht der nur scheinbar eindeutige Wortlaut des Gesetzes entgegen (BVerwG, Urt. v. 28.5.1997 - 6 C 1/96 -, BVerwGE 105, 20, 23 f.). Diese Voraussetzungen für eine teleologische Reduktion des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG sind hier gegeben.

Durch eine einschränkende Auslegung wird zunächst die grundsätzliche Geltung des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG nicht in Frage gestellt. Vielmehr wird die Norm nur auf die Fälle reduziert, in denen die unentgeltliche Rechtsbesorgung nicht durch hinreichend qualifizierte Personen erfolgt (vgl. auch die Stellungnahme von Redeker/Karpenstein in den o.a. Verfassungsbeschwerdeverfahren des Klägers).

Dass berufserfahrene Volljuristen vom Anwendungsbereich des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG teilweise, nämlich für die unentgeltliche Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, ausgenommen werden, steht auch nicht im Konflikt mit einer gegenteiligen Entscheidung des Gesetzgebers. Dass der Bundestag als Gesetzgeber bei der Einführung des Verbots der unentgeltlichen geschäftsmäßigen Rechtsbesorgung im Jahr 1980 bewusst auch eine solche Betätigung durch berufserfahrene Volljuristen ausschließen wollte und an dieser Entscheidung bis heute festgehalten hat, ist nämlich nicht ersichtlich. Aus den Gesetzesmaterialien zum o.a. Gesetz vom 18. August 1980 lässt sich nicht entnehmen, dass dem Bundestag dieses Problem überhaupt bewusst war (BT-Drs. 8/4277). Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass eine Auslegung, die zu dem streitigen Verbot führt, dem gegenwärtigen Willen des Gesetzgebers entspricht. Zwar fehlt hierzu eine eindeutige Äußerung. Es liegen jedoch hinreichende Indizien vor, die eher für das Gegenteil sprechen. So ist die Reformbedürftigkeit des Rechtsberatungsgesetzes seit längerer Zeit anerkannt (vgl. zur rechtspolitischen Diskussion die Nachweise bei Rottleuthner, Gutachten H für den 65. Deutschen Juristentag, H 14 f., und Bräcklein, ZRP 2002, 413 ff.). Der dem Deutschen Bundestag bereits in der 14. Wahlperiode vorgelegte Bericht der Enquete-Kommission "Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements" empfiehlt ausdrücklich, das Verbot der Rechtsberatung aus altruistischen und karitativen Motiven abzuschaffen oder zumindest deutlich zu lockern (BT-Drs. 14/8900, S. 310). Dementsprechend ist auch im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vom 11. November 2005 eine Reform der Rechtsberatung vorgesehen. Nach Art. 1 § 6 Abs. 2 des Referentenentwurfes eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts (bmj.bund.de/media/archive/894.pdf) darf u. a. ein Volljurist unentgeltlich Rechtsdienstleistungen erbringen. Das Verbot unentgeltlicher Rechtsberatung wird in diesem Referentenentwurf ausdrücklich als "nicht zeitgemäß und mit dem Gedanken von bürgerschaftlichem Engagement nicht mehr in Einklang stehend" bezeichnet. Ergänzend wird ausgeführt, dass "Verbraucherschutzinteressen dieses umfassende Verbot unentgeltlicher Rechtsberatung nie gerechtfertigt haben."

Schließlich liegt auch die für eine teleologische Reduktion des Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG weiterhin erforderliche Regelungslücke vor, weil die Vorschrift zwar nach ihrem Wortlaut, nicht aber nach ihrem Sinnzusammenhang die unentgeltliche Rechtsbesorgung durch berufserfahrene Volljuristen erfassen soll und die so lautende einschränkende Auslegung zur Wahrung des Grundrechts der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG auch verfassungsrechtlich geboten ist.

Die vom Kläger beabsichtigte unentgeltliche rechtsbesorgende Tätigkeit fällt in den Schutzbereich dieses Grundrechts. Nach den genannten bundesverfassungsgerichtlichen Beschlüssen vom 29. Juli und 20. Oktober 2004 ist ein Eingriff hierin nicht mehr gerechtfertigt, soweit die Schutzzwecke des Rechtsberatungsgesetzes nicht berührt werden; in diesem Fall wäre eine Untersagung der Rechtsberatung unverhältnismäßig. Das RBerG bezweckt, zum Schutz der Rechtsuchenden und auch im Interesse einer reibungslosen Abwicklung des Rechtsverkehrs fachlich ungeeignete und unzuverlässige Personen von der geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten fernzuhalten (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14.8.2004 - 1 BvR 725/03 -, NJW-RR 2004, 1886 f., m. w. N.; Begründung zum Rechtsberatungsgesetz, RStBl. 1935, 1528, auch abgedruckt bei Altenhoff/Busch/Kampmann/Chemnitz, RBerG, Kommentar, 8. Aufl., S. 321 F.). Diese Schutzzwecke des Rechtsberatungsgesetzes werden bei der beabsichtigten rechtsbesorgenden Tätigkeit des Klägers als berufserfahrenem Volljuristen aber überwiegend gar nicht berührt oder allenfalls in einem marginalen Umfang.

Soweit der Schutz der Anwaltschaft überhaupt noch als legitimer Grund für das Verbot anzuerkennen ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.10.1997 - 1 BvR 780/87 -, NJW 1998, 3481, 3483; Senge, a.a.O., Rn. 2, m. w. N.), fehlt es jedenfalls an der erforderlichen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.10.1997, a.a.O.) fühlbaren Beeinträchtigung der Anwaltschaft durch das Tätigwerden des Klägers und etwaiger anderer Personen mit gleichwertiger Qualifikation und Zielsetzung. Es widerspricht schon der allgemeinen Lebenserfahrung anzunehmen, dass sich in nennenswertem Umfang berufserfahrene Volljuristen der unentgeltlichen Rechtsberatung widmen werden. Zudem dürfte jedenfalls ein Teil der in Betracht kommenden Ratsuchenden, etwa Sozialhilfeempfänger oder Asylbewerber, anderenfalls nicht entgeltlich anwaltlichen Rat in Anspruch nehmen, sondern ohne sachkundigen Rechtsrat blieben (vgl. Rottleuthner, a.a.O., H 53 ff.; Kleine-Cosack, NJW 2003, 3009, 3013).

Da der Kläger Volljurist ist und aus seiner langjährigen Tätigkeit als Richter über ausreichende forensische Erfahrungen verfügt, gebietet es auch der Schutz von Gerichten und Behörden vor fachlich ungeeigneten Rechtsvertretern grundsätzlich nicht, dem Kläger und entsprechend berufserfahrenen Volljuristen eine unentgeltliche Rechtsbesorgung grundsätzlich zu versagen. Sollten sie sich im Einzelfall als zur Rechtsvertretung ungeeignet oder unzuverlässig erweisen, bieten die Prozess- und Verfahrensordnungen hinreichende Möglichkeiten, sie vom weiteren Verfahren auszuschließen, vgl. etwa § 67 Abs. 2 Satz 3 VwGO, § 14 Abs. 6 Satz 1 VwVfG. Zwar fehlt eine vergleichbare Bestimmung, soweit lediglich eine Rechtsberatung i. S. d. RBerG erfolgt, d.h. eine Auskunftserteilung ausschließlich im Innenverhältnis zum Ratsuchenden. Insoweit ist aber schon nicht erkennbar, dass bei einer solchen Form der unentgeltlichen Rechtsberatung Missstände auftreten könnten, die ein gesetzgeberisches Handeln geboten erscheinen lassen. Außerdem dürfte in der Regel ohnehin kaum überprüfbar sein, ob und im welchem Umfang etwa bei der Vorbereitung von behördlichen oder gerichtlichen Anträgen durch Naturalparteien professionelle Hilfe durch einen Volljuristen in Anspruch genommen worden ist. In der Literatur wird deshalb von einer Dunkelziffer der nicht angezeigten oder ermittelten Taten von knapp 100% ausgegangen (vgl. König, ZRP 2001, 409, 410).

Mit dem Schutz der Rechtsuchenden vor einer unzureichenden Rechtsbesorgung, d.h. zum Verbraucherschutz, ist ein Verbot der unentgeltlichen Tätigkeit von berufserfahrenen Volljuristen wie dem Kläger gleichfalls zu nicht rechtfertigen. Über die im Vordergrund stehende Sachkunde für eine solche Tätigkeit verfügt der Volljurist. Dass er - anders als Rechtsanwälte, die in erster Linie zur sachkundigen und umfassenden Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten berufen sind, aber auch Rechtsbeistände alten Rechts - keiner Berufsaufsicht unterliegt und auch nicht verpflichtet ist, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen (hierauf stellt z. B. Prütting ab, Gutachten G für den 65. Deutschen Juristentag, G 46 - 49), kann verfassungsrechtlich ein Verbot seiner Tätigkeit nicht tragen. Dies folgt bereits daraus, dass eine Haftpflichtversicherung für die Tätigkeit etwa der nach Art. 1 § 5 Nr. 1, 3 oder Art. 1 § 7 RBerG zur Rechtsbesorgung befugten Personen bzw. Vereinigungen ebenfalls nicht vorgeschrieben ist, also vom Gesetzgeber nicht als unverzichtbar angesehen wird. Im Übrigen wird dem dahingehenden Schutzinteresse der Ratsuchenden besser dadurch Rechnung getragen, dass der Ratgeber vor Aufnahme der Tätigkeit auf die mit seiner Tätigkeit verbundenen Risiken nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern etwa auch hinsichtlich eines fehlenden Zeugnisverweigerungsrechts und des Fehlens eines Beschlagnahmeverbots für beratungsbezogene Mitteilungen und Unterlagen ausdrücklich hinweist und dem Ratsuchenden selbst die Entscheidung überlässt, ob er die angebotene Rechtsbesorgung (dennoch) wünscht. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bedarf es für einen solchen Hinweis auf die Unterschiede zu einer erlaubnispflichtigen - hier rechtsbesorgenden - Tätigkeit nicht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 3.6.2004 - 2 BvR 1602/02 -, NJW 2004, 2891 f.)

Selbst wenn man jedoch im öffentlichen Interesse einen gesetzlichen Schutz vor der Rechtsbesorgung durch zwar sachkundige und berufserfahrene, aber ggf. unzuverlässige Volljuristen für erforderlich erachtet, so würde es dazu jedenfalls ausreichen, einen im RBerG fehlenden Erlaubnisvorbehalt einzuführen. Ein ausnahmslos geltendes Verbot, das auch die zwar unentgeltliche, dennoch aber zuverlässig und sachkundig erfolgende Rechtsbesorgung durch berufserfahrene Volljuristen unmöglich macht, wäre deshalb sowohl für die Ratsuchenden als auch die betroffenen Ratgeber nicht erforderlich und deshalb unverhältnismäßig.

Bedarf der Kläger als berufserfahrener Volljurist somit zur unentgeltlichen Rechtsbesorgung keiner Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs.1 Satz 1 RBerG, so kann seinem hierauf gerichteten Haupt- und ersten Hilfsantrag auch deshalb nicht entsprochen werden.

Der Beklagte ist aber verpflichtet, dem Kläger auf seinen zweiten Hilfsantrag ein Negativattest auszustellen.

Zwar lässt sich dem RBerG und den dazu ergangenen Ausführungsverordnungen nicht ausdrücklich eine Rechtsgrundlage für den Erlass eines solchen, das Nichtbestehen einer Erlaubnispflicht nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG feststellenden Verwaltungsaktes entnehmen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt jedoch allgemein und somit auch hier in der behördlichen Befugnis, eine nachgesuchte Genehmigung zu erteilen oder zu versagen, zugleich die Grundlage für die Feststellung, ob eine Erlaubnispflicht gegeben ist oder nicht (vgl. Beschl. v. 10.10.1990 - 1 B 131/90 - Buchholz 451.20 § 34 c GewO Nr. 4). Nach der - gerade zur Auslegung des Rechtsberatungsgesetzes ergangenen - weiteren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 16.7.2003 - 6 C 27/02 -, BVerwGE 118, 319 ff.) steht jedoch auch dann, wenn der Betroffene wegen Zweifeln an der Erlaubnispflichtigkeit einen Antrag auf Ausstellung eines Negativattestes gestellt hat und Erlaubnisfreiheit vorliegt, die Erteilung grundsätzlich im behördlichen Ermessen. Ob der Beklagte, der nach § 11 Abs. 1 der ersten Verordnung zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes (BGBl. III 303-12-1), geändert durch Gesetz vom 2. September 1994 (BGBl. I S. 2278), für die Erlaubniserteilung und damit auch für die Ausstellung des Negativattestes zuständig ist, hiernach wegen einer Ermessensreduzierung auf Null verpflichtet wäre, dem Kläger für die beabsichtigte, aus den vorgenannten Gründen erlaubnisfreie Betätigung ein Negativattest zu erteilen, kann im Streitfall offen bleiben. Der Beklagte hat sich nämlich in Ausübung seines Ermessens hierzu "bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen" vorab bereit erklärt und ist dementsprechend zu verpflichten. Die von dem Beklagten für geboten erachtete Klärung der Rechtslage ist in diesem Verfahren erfolgt.

Ende der Entscheidung

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